Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem die Aufgabe Nr. 1 der Bundesregierung, der Wohnungsbau, nun leider in der Tagesordnung des Bundestages an einen viel späteren Punkt gerückt
ist und die Zeit sehr vorgeschritten ist, möchte ich mich auf ein paar kurze Bemerkungen beschränken. Ich werde später noch Gelegenheit haben, zu den grundsätzlichen Fragen mehr zu sagen.
Herr Kollege Stierle, Sie sprachen davon, daß Sie der Wohnungsbaupolitik der Bundesregierung in der zweiten Legislaturperiode mit dem gleichen Mißtrauen gegenüberständen wie in der ersten. Das ist Ihr gutes Recht. Wir hoffen, Sie ebenso wie in der ersten Legislaturperiode auch in der zweiten durch die Taten und durch die Erfolge überzeugen zu können.
Ich darf damit anfangen, Ihnen schon bezüglich der Ergebnisse des Jahres 1953 eine Korrektur Ihrer bisherigen Zahlen bekanntzugeben. Wir haben im Jahre 1953 nicht 475 000, sondern, wie jetzt die endgültigen Feststellungen des Statistischen Bundesamts beweisen, 515 000 Wohnungen bauen und fertigstellen können.
Ich will zunächst keine Prophezeiungen für dieses Jahr machen, mindestens heute nicht. Aber lassen Sie mich das eine sagen: ich begrüße es außerordentlich, daß Sie daran mitarbeiten wollen, daß mehr und bessere Wohnungen gebaut werden, daß die Finanzierung gesichert werden soll und daß insbesondere auch mehr Wohnungen für die ärmeren Bevölkerungskreise zur Verfügung gestellt werden.
Hierzu muß ich einmal eines mit aller Deutlichkeit aussprechen. Es war eine der ersten Handlungen nach Übernahme meines Amtes, daß ich die
Länder, die ja für die Durchführung des Wohnungsbaugesetzes zuständig sind, gebeten habe, zu
prüfen, ob sie nicht den Anteil der Wohnungen,
die sie den ärmeren Bevölkerungskreisen zur Verfügung stellen, ohne daß diese Finanzierungsbeiträge in irgendeiner Form zu leisten vermögen,
stärker heraufsetzen könnten. Ich habe leider in
dieser Hinsicht keine positive Antwort in der Art
bekommen, daß ich hier sagen könnte, das würde
nun als selbstverständlich erwartet werden können.
In die Novelle zum Bundeswohnungsbaugesetz, die wir unmittelbar nach Ostern im Bundestag einzubringen hoffen und die, zusammen mit der Vorlage der CDU, dann den endgültigen Rahmen für die Wohnungsbaupolitik abgeben soll, haben wir deshalb eine Bestimmung hineingebracht und Änderungen im System vorgesehen, wonach in den kommenden Jahren sichergestellt werden kann, daß gerade der Wohnungsbau für die ärmere Bevölkerung, die keine eigenen Finanzierungsbeiträge zu leisten vermag, von sich aus wesentlich verstärkt wird, auch ohne daß die Länder dann in irgendeiner Weise besonders angesprochen werden müssen. Obendrein soll dies zu Bedingungen geschehen, bei denen sich die Mieten hoffentlich noch unter die derzeitigen Richtsätze herunterbringen lassen werden.
Das steht neben der starken Förderung der Eigentumsbildung, der Eigenheime und des Wiederaufbaues in unseren zerstörten Stadtkernen. Dabei kann ich nur wieder das eine sagen: es denkt niemand daran, jemanden zum Eigentum zu zwingen, sondern wir werden alle diejenigen, die bereit sind, Eigentum zu erwerben, dabei zusätzlich fördern und unterstützen.
Es ist hier ein Antrag eingebracht worden, 20 Millionen DM zusätzlich als Darlehen an die
Länder für den Bau von Wohnungen für rückkehrwillige Evakuierte, die unter das Evakuiertengesetz fallen, in den Einzelplan 25 einzustellen. Herr Kollege Stierle sagte, er wünschte eigentlich, die 500 Millionen für den sozialen Wohnungsbau stünden im ordentlichen statt im außerordentlichen Haushalt. Herr Kollege Stierle, ich glaube, das ist nicht das Entscheidende; das Entscheidende ist, daß die 500 Millionen tatsächlich da sind,
daß sie dem Wohnungsbau tatsächlich zur Verfügung gestellt werden können. Die Bundesregierung kann doch darauf hinweisen, daß sie die Mittel für das Baujahr 1954 so früh wie bisher in keinem andern Jahr, nämlich bereits Mitte Oktober 1953, verteilt hat, so daß sie in den Ländern verplant werden konnten und die Bautätigkeit zu Beginn dieses Jahres, in vollem Umfange gesichert, beginnen konnte.
Wir haben ferner im Rahmen der Steuervorlagen, die den Bundestag in Kürze beschäftigen werden, dafür gesorgt, daß bis zu 60 Millionen DM, die bisher aus den 500 Millionen DM entnommen werden mußten, um die Prämien nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz zahlen zu können, aus besonderen Mitteln des Bundeshaushalts entnommen werden, so daß hier zusätzlich 60 Millionen für den sozialen Wohnungsbau unmittelbar zur Verfügung stehen werden. Ich glaube, daß damit auch der Wunsch, der in dem Änderungsantrag Umdruck .40 zum Ausdruck kommt, etwas stärker berücksichtigt werden kann.
Ich darf ferner darauf hinweisen, daß es durch eine Absprache mit dem Herrn Bundesfinanzminister gelungen ist, noch aus dem Jahre 1953 stammende Mittel in der Größenordnung, die dieser Antrag Umdruck 40 vorsieht, zusätzlich für die Förderung des Wiederaufbaus in den zerstörten Städten verfügbar zu machen. Das sind ja gerade diejenigen Städte, in die die Evakuierten zurückkehren möchten. Auch dadurch wird Ihrem Anliegen entsprochen.
Zum dritten ist es uns gelungen, aus zusätzlichen Mitteln, die der Lastenausgleichsfonds zur Verfügung stellen konnte, in Übereinstimmung mit den Gremien, die für die Zuteilung dieser Mittel zuständig sind, 20 Millionen speziell für den Wohnungsbau für Evakuierte im Jahre 1954 bereitzustellen und in diesen Tagen weitere 90 Millionen zur Durchführung von Umsiedlungsmaßnahmen innerhalb der einzelnen Länder, d. h. wiederum zum erheblichen Teil Rückführungsmaßnahmen für Evakuierte, zu verteilen. Ich glaube daher, daß ich es im Augenblick nicht verantworten kann, diesen Antrag zu befürworten, weil es einfach nicht mehr möglich ist, weitere Quellen auszuschöpfen oder noch mehr Geld aus dem Haushalt „zusammenzukratzen".
Im übrigen darf ich Ihnen sagen, daß auch weiterhin ein „Zusammenkratzen" des Geldes für den Wohnungsbau an allen Ecken und Enden nötig ist; denn wir wollen ja nicht nur die Leistung von zuletzt 515 000 Wohnungen halten, sondern diese Leistung noch erheblich steigern. Das ist zum Teil auch nur möglich, wenn derjenige, der sein Geld im Wohnungsbau anlegen soll, weiß, daß dieses Geld dort genau so wertbeständig und sicher angelegt sein wird, wie wenn er es für irgendeine andere wirtschaftliche Betätigung gibt. Das bedeutet zwangsläufig, daß die Selbsterhaltungsfähigkeit, die Eigenwirtschaftlichkeit des Hausbesitzes
Schritt um Schritt wiederhergesellt werden muß.
Wir werden uns über die Einzelheiten dieser Maßnahmen hier unterhalten; denn ich darf ausdrücklich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung nicht daran denkt, eine Mieterhöhung im Verwaltungswege durchzuführen, sondern daß sie dazu den Entwurf eines ersten Bundesmietengesetzes vorbereitet hat.
Ich darf auch ausdrücklich darauf hinweisen, daß niemand daran gedacht hat, den Wohnwert überhaupt nicht zu berücksichtigen. Vielmehr ist in dem Gesetzentwurf von vornherein vorgesehen, daß diejenigen Wohnungen, die in ihrem Wohnwert wirklich berechtigten Anforderungen nicht entsprechen, außerhalb der Mieterhöhung bleiben müssen. Ferner ist eine absolute Grenze nach oben insoweit gezogen, als die sozialen Richtsatzmieten mit den jeweiligen Zuschlägen nicht überschritten werden dürfen.
Innerhalb dieses Rahmens ist ohnehin daran gedacht, das alles in eine Gesamtkonzeption zu stellen, wie Sie vorhin sagten, Herr Stierle, nämlich mit der Steuerreform und mit den Maßnahmen zu verknüpfen, die auf dem sozialen Gebiet sonst vorgesehen sind — Familienausgleichskassen — und hier noch beraten werden. Wir haben schließlich auch eine Vorlage — sie wird zur Zeit in den Ressorts besprochen — über die Erstattung von Mietbeihilfen vorbereitet. Dabei hoffen wir allerdings darauf, daß es uns durch möglichst viele generelle soziale Maßnahmen möglich sein wird, den Kreis derjenigen, die hierauf zurückgreifen müssen, auf ein Minimum zu beschränken.
Ich glaube, man wird insgesamt sagen müssen, daß es eine schlechte Politik wäre, wollte die Bundesregierung auf der einen Seite mit jährlich 2,5 Milliarden DM an öffentlichen Förderungsmitteln Neubauten fördern, und gleichzeitig die gleichen Werte infolge der mangelnden Fähigkeit, den Altbestand zu erhalten, verlorengehen lassen. Wir kämen dann niemals zur Abdeckung des Fehlstands. Wir würden für ewige Zeiten unsere Bevölkerung mit der Aufbringung der zusätzlichen öffentlichen Mittel belasten müssen. Hier muß also etwas geschehen. Aber die Bundesregierung hat von Anbeginn an bei ihren Plänen einer Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit des Altbesitzes und für die weitere Durchführung des sozialen Wohnungsbaus erklärt, daß sie die Spekulation im sozialen Wohnungsbau ebensowenig zulassen wird wie die Spekulation mit dem täglichen Brot.
Jetzt noch kurz ein paar Bemerkungen zu dem Antrag Umdruck 23, der von Herrn Kollegen Lücke begründet worden ist. Ich darf eines grundsätzlich bemerken. Die Bundesregierung im ganzen und ich im besonderen sind der Meinung, daß es nicht Aufgabe des Bundes ist, sich an erwerbswirtschaftlichen Unternehmen zu beteiligen oder Vermögen anzuhäufen, wenn dies nicht aus irgendwelchen Gründen im Gesamtinteresse unabdingbar geboten ist. Diese Auffassung ist ja in einem Antrag Ihrer Fraktion, Herr Stierle, in der letzten Legislaturperiode des Bundestages ebenfalls zum Ausdruck gekommen und hinsichtlich des Bundesvermögens wiederholt vertreten worden.
Es ist aber etwas völlig anderes, wenn der Bund eine Beteiligung an Unternehmen erwirbt, die weder Vermögen anhäufen sollen noch eine erwerbswirtschaftliche Aufgabe haben, sondern der Wahrnehmung von reinen Betreuungsaufgaben dienen, wie sie die Heimstättengesellschaften nun einmal nach dem Gesetz auf dem Gebiet des Wohnungsbau zu erfüllen haben. Diesem Ziel sollen ja auch die Mittel aus der inzwischen auf 9 Millionen DM herabgesetzten Haushaltsposition dienen.
Nun ist allerdings eines zu bemerken. Die Heimstätten haben im Augenblick ebenso wie wohnungswirtschaftliche Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, noch eine Reihe von Sonderaufgaben durchzuführen. Dazu gehört einmal der Bau von Wohnungen für Bundesbedienstete und die Verwaltung dieser Wohnungen, soweit diese nicht aus ganz bestimmten Gründen an zivile Träger gegeben werden konnten — denken Sie etwa an Bundesgrenzschutz und ähnliches —, oder aber es sind im Rahmen des Sowjetzonenflüchtlingsprogrammes auf Grund gesetzlicher oder sonstiger sonstiger Verpflichtungen bestimmte Sonderprogramme mit größter Beschleunigung durchzuführen. Ich möchte deshalb anregen — und ich würde mich freuen, wenn die Antragsteller damit übereinstimmten —, daß die Entschließung auf Umdruck 23 in folgender Fassung angenommen wird:
Die Bundesregierung wird ersucht,
in Kap. 2501 die Erläuterungen zu Tit. 895 dahin zu ergänzen, daß sich der Bund nur an solchen wohnungswirtschaftlichen Unternehmen, Heimstätten und Betreuungsgesellschaften beteiligt, bei denen die Gewähr gegeben ist, daß sie mit Ausnahme der Betreuung von Sonderprogrammen des Bundes oder der Wohnungsfürsorge für Bundesbedienstete zukünftig ausschließlich Bauvorhaben durchführen bzw. betreuen, durch welche die Eigentumsbildung im Wohnungsbau gefördert wird.
Im zweiten Absatz würden dann auch hinter „dieser
Unternehmen" die Worte „zukünftig ebenfalls"
eingesetzt, so daß es in diesem Absatz heißt:
..., daß sich die Tochtergesellschaften dieser Unternehmen zukünftig ebenfalls im gleichen Sinne betätigen.
Wenn es so gemacht wird, würde ich von mir aus keine Bedenken haben. Ihr Anliegen wird dadurch in keiner Weise berührt. Die öffentlichen Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaus werden den Trägern nach wie vor zur Verfügung stehen, auch ohne daß andere Auflagen gemacht werden als solche, die nach der Prüfung des effektiven Bedarfs oder im Hinblick auf den tatsächlichen Willen zum Eigentum, vom Leistungswillen her, gerechtfertigt sind.
— Des Bundes, jawohl.
Ich glaube, daß ich damit zu den Anträgen das Notwendige gesagt habe. Das Weitere hinsichtlich der grundsätzlichen wohnungspolitischen Fragen, das hier noch zu sagen ist, hoffe ich unmittelbar nach Ostern bei der Einbringung der Regierungsvorlage des Wohnungsbaugesetzes sagen zu können.