Rede von
Paul
Lücke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sollen uns kurz fassen, um heute noch mit der zweiten Lesung fertig zu werden. Ich will diesem Wunsch entsprechen und unsere Wünsche an den Wohnungsbau in Stichworten bekanntgeben. Wir wünschen, daß die einmalige Gelegenheit mehr als bisher genutzt wird, eigentumslosen Menschen über den Wohnungsbau zu einem persönlichen Eigentum zu verhelfen. Wir kritisieren, daß das bisher nicht in dem möglichen Umfange geschehen ist. Der Anteil der Eigentumsmaßnahmen ist zu gering. Die Beratungen des Gesetzes zur Schaffung von Familienheimen im Ausschuß sind im Gange. In dem Gesetzentwurf sind unsere Grundforderungen festgelegt. Wir hoffen, daß dieser Gesetzentwurf bis zum Herbst fertiggestellt werden kann, mit den entsprechenden Maßnahmen, die das Bundeswohnungsbauministerium und die Regierung hierzu ergänzend vorgeschlagen werden.
Zweitens fordern wir, daß die Kapazität im Wohnungsbau gesteigert wird. Es muß mehr gebaut werden. Wir begrüßen es sehr, daß höhere Zahlen genannt wurden, und werden alles tun, um dieses Mehr im Wohnungsbau durchzusetzen.
Das dritte wesentliche Anliegen ist, daß so gebaut wird, daß die Familien in den Wohnungen Platz haben, daß Schluß gemacht wird mit der Überfülle an Klein- und Kleinstwohnungen, in denen unsere Familien keinen Platz haben. Wir wünschen, daß Wohnungen für kinderreiche Familien und auch für junge Familien gebaut werden. Diese Anliegen sind so brennend, daß sie endlich erfüllt werden sollten.
Weiter fordern wir, daß die Qualität im Wohnungsbau wo irgend möglich verbessert wird. Ich brauche die Formularschlange hier nicht zu entfalten. Ich rufe sie, Herr Kollege Stierle, auch meinerseits in die Erinnerung zurück und richte den dringenden Appell an das Wohnungsbauministerium, endlich durchgreifende Vorschläge vorzulegen, um die Formularschlange der Genehmigungsverfahren zu vereinfachen.
Herr Kollege Stierle hat im Zusammenhang mit der Großen Steuerreform die Frage des § 7 c angeschnitten. Die Beratung dieses Gesetzentwurfs in den Ausschüssen und Fraktionen findet in den nächsten Wochen und Monaten statt. Auch meinen Freunden ist bisher keine befriedigende Ersatzlösung bekanntgegeben worden; wir hoffen aber, daß sie bis zum Schluß der Beratungen gefunden wird. Wir können dem Wegfall des § 7 c nicht zustimmen, auch dann nicht, wenn ein teilweiser Ersatz geboten wird.
Ich darf dann die Meinung meiner Freunde zu dem Mietenproblem bekanntgeben. Die schrittweise Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit im Hausbesitz ist eine Forderung, der sich in Deutschland erfreulicherweise kein vernünftiger Mensch mehr verschließt. Aber wir werden einer Korrektur, einer Entzerrung — oder wie Sie es nennen wollen — der Mieten nur zustimmen, wenn gleichzeitig in wirkungsvoller Form ein Verfahren eingebaut wird, ein System der Lasten- und Mietsubventionen — ähnlich wie es das Land Nordrhein-Westfalen für kinderreiche Familien durchgeführt hat —, das sozial schwachen Kreisen unseres Volkes, vor allem kinderreichen Familien
— und vor allem den Invaliden den Unterhalt solcher Wohnungen ermöglicht. Wir wünschen nicht, daß in der öffentlichen Diskussion künftighin die notwendige Anhebung der Renten immer in Zusammenhang mit der Entzerrung des Mietgefüges genannt wird. Wir glauben nicht, daß eine Anhebung der Renten für die untersten Einkommensschichten zur Deckung der Mieterhöhung verwendet werden soll. Hier muß ein sinnvolles System gefunden werden. Daran werden wir mitarbeiten.
Der Herr Kollege Stierle hat die Änderung des Gemeinnützigkeitsgesetzes angedeutet. Wir halten diese für dringend erforderlich. Ich freue mich, daß Sie und Ihre Freunde, Herr Kollege Stierle, mit unserer alten Forderung einverstanden sind, die wir seit Jahren durch Deutschland tragen und die lautet, daß derjenige, der öffentliche Mittel für Wohnungen verbaut, veranlaßt werden sollte,
solche Wohnungen und Heime an eigentumswillige Bevölkerungskreise aufzulassen, wenn eigentumswillige Bevölkerungskreise, die anspruchsberechtigt sind, dies wünschen. Also die Anbietungspflicht in bezug auf alle mit öffentlichen Geldern geförderten Wohnungen, gleichgültig, ob es gemeinnützige oder freie Wohnungsunternehmen sind, ist nach wie vor unsere Meinung. Wir sind der Meinung, daß die gemeinnützige Wohnungswirtschaft neben der großen Leistung, die sie vollbracht hat, in besonderem Maße dem staatspolitischen Anliegen entsprechen sollte, Eigentum im Wohnungsbau zu schaffen. Wir hoffen, daß über eine Anbietungspflicht die Erreichung dieses Ziels erleichtert wird.
Sie haben den Anteil der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft am Eigentum erwähnt. Wir freuen uns darüber. Ich kenne im Bundesgebiet gemeinnützige Wohnungsunternehmen und Wohnungsgesellschaften, insbesondere die Siedlungsdienste der Kirchen und Heimstätten, die über 80 oder 90 % ihrer im sozialen Wohnungsbau errichteten Wohnungen als Eigenheime oder als Wohnungseigentum erstellt haben. Es war also bisher schon möglich. Wir wünschen, daß das künftighin in größerem Umfange geschieht. Wir haben in Umdruck 23 *) entsprechende Gedanken geäußert — insofern stehe ich etwas in Widerspruch zu Ihnen, Herr Kollege Stierle —, die ich hier vertreten darf. Meine Freunde sind der Meinung, wenn der Bund aus Haushaltsmitteln sich an Wohnungsgesellschaften usw. beteiligt, soll er auch fordern, daß diese Wohnungsunternehmen so bauen, wie es notwendig ist. Diese Beteiligung ist bisher vorwiegend bei den Heimstätten erfolgt und soll weiterhin dort erfolgen. Es war die ursprüngliche Aufgabe der Heimstätten, den Anwärter auf ein Eigenheim zu betreuen. Diese Betreuungsfunktion wird auch heute noch wahrgenommen. Wir haben diesen Antrag unterschrieben, weil aus der mir vorliegenden Statistik zu ersehen ist, daß die Naussauische Heimstätte GmbH. Frankfurt am Main neben 3919 Mietwohnungen lediglich 451 Eigenheime gebaut hat. Das sind rund 10 N. Dagegen hat z. B. die Niedersächsische Heimstätte GmbH. Hannover neben 3246 Mietwohnungen zur gleichen Zeit 5511 Eigentumsmaßnahmen durchgeführt. Wir meinen, wenn der Bund Beteiligungen vornimmt, sollen sie mit der besonderen Auflage verknüpft sein, daß solche Gesellschaften sich der schwierigen Aufgabe der Eigenheimförderung, der Betreuung der Siedler usw. widmen.
Dem Etat stimmen wir zu. Ich bitte Sie, dieser Entschließung ebenfalls Ihre Zustimmung zu geben. Ich hoffe, daß wir nach den negativen Erfahrungen, die wir leider auch machen mußten, endlich im Herbst die Maßnahmen vorlegen können, die den Wohnungsbau so gestalten, wie wir es uns vorstellen.
Zum Schluß bleibt mir die Aufgabe, namens meiner Freunde allen denen in Deutschland zu danken, die an diesem großen Werk mitgewirkt haben, denen, die draußen sparen und arbeiten, und allen Stellen, die geholfen haben, dieser Volksnot Herr zu werden. Ich hoffe, daß auch im kommenden Jahr dieses Haus weiter in großer Einmütigkeit die vornehmste Aufgabe darin sieht, endlich mit der Wohnungsnot fertig zu werden.
*) Siehe Anlage 6 Seite 1030 A