Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bisherige Aussprache über das außerordentlich wichtige Problem des Haushalts Berlin hat gezeigt, daß die Motive auf allen Seiten des Hauses im wesentlichen die gleichen sind: die Sorge, der kämpfenden und immer noch leidenden Stadt Berlin zu helfen. Ich möchte dazu ausdrücklich mit Genugtuung feststellen, daß es in diesem Punkt wesentliche Unterschiede in den Auffassungen nicht gibt. Vieles von dem, was Herr Kollege Neumann hier vorgebracht hat, wird von uns durchaus zu billigen sein. Ich will aber zugeben, daß es natürlich Unterschiede in der Methode gibt, die da und dort zur Anwendung kommen soll.
Ich möchte eines vorausschicken. Wir haben es hier mit zwei Problemen zu tun, die sich voneinander unterscheiden. Der Deutsche Bundestag beschäftigt sich heute mit dem Bundeshaushalt. Etwas anderes ist es, wenn in naher Zukunft — wie ich hoffe, in wenigen Wochen — hier die Steuervorlagen zu besprechen sein werden, bei denen dann viel von dem nachgeholt werden muß,
was heute besser noch nicht gesagt wird, da es nur dazu beitragen dürfte, die Dinge zu verwirren.
Der Berliner Haushalt ist durch Vereinbarung zwischen dem Senat von Berlin und dem Herrn Bundesfinanzminister in etwa ausgeglichen.
Die Form, in der das geschehen ist, mag Anlaß zu Diskussionen sein. Als meine persönliche Auffassung bekenne ich, daß ich nicht absolut glücklich bin über die Lösung, die dabei gefunden ist, über die Lösung nämlich, die den Zuschuß, den der Bund der Stadt Berlin zu geben hat, nun in Form einer Anleihe gewährt, die ihrerseits ja nicht vom Bunde, sondern von der Privatwirtschaft bzw. von den Kapitalgebern aufzubringen ist. Wenn wir das aber zunächst einmal außer acht lassen — es ist eine Frage, die mehr in Berlin zu behandeln sein wird als hier —, bleibt übrig, daß zwischen der Regierung im Bunde und dem Senat in Berlin ein Einvernehmen besteht, das auch durch den Haushaltsausschuß des Bundestages einmütig bestätigt worden ist.
Wenn wir, wenn auch mit Bedauern, hier von einer vollendeten Tatsache auszugehen haben, so heißt das in gar keiner Weise, daß wir etwa über diesen Ausgang beglückt wären. Ich bin in der Tat der Meinung, daß hier mehr hätte geschehen können, als im Augenblick durch den Bund gegeben worden ist. Ich bin aber weit davon entfernt, zu glauben, daß es der Sache Berlins irgendwie nützen könnte, wenn wir nun zu einer Schärfe in der Diskussion kämen und es darauf anlegten, etwa nun, wie das anscheinend in Berlin von manchen Kreisen gewünscht wird, hier mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, und versuchten, mit Gewalt etwas zu erreichen, was doch nur auf dem Wege der Verhandlung und des guten Willens zu erreichen ist.
Tatsache ist, daß Berlin nicht einmal die Hälfte seines Bedarfs aus eigenen Kräften zu decken vermag und daß es daher immer wieder der Bund sein wird, an den wir uns jetzt und noch auf Jahre hinaus zu wenden haben werden, nicht nur um unseren Haushalt auszugleichen, sondern auch um das Leben unserer Mitbürger und vor allem die Existenz unserer Wirtschaft in Berlin zu sichern.
Wenn wir davon ausgehen, daß diese freundschaftliche Haltung, dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit unter keinen Umständen verlorengehen darf, dann allerdings bin ich der Meinung, daß wir in Zukunft auch zu einer Regelung kommen können, die noch günstiger ist, als sie bisher im ersten Anlauf erreicht werden konnte. Denn es ist doch nicht etwa so, als ob mit dieser Vereinbarung weitere Unterhaltungen zwischen dem Land Berlin und dem Bundesfinanzministerium überflüssig wären. Wir werden uns also in Zukunft noch öfters über diese Dinge zu unterhalten haben.
Die andere Frage, die ich hier anschneiden möchte, bezieht sich auf das, was mein Vorredner, Herr Dr. Bucerius, schon gesagt hat, nämlich die absolute Notwendigkeit, über den Berliner Haushalt hinaus zu einer Erleichterung der wirtschaftlichen Lage Berlins, das heißt zu gewissen Vorrechten zu kommen, die die Stadt Berlin in ihrer isolierten Situation und in der Lage, in die sie durch den Kriegsausgang gebracht ist, unbedingt braucht.
Ich möchte nicht Tatsachen wiederholen, die Ihnen doch allen bekannt sind. Jeder von Ihnen weiß, daß die Demontage und die Zerstörungen in Berlin ungefähr 85 % der Substanz verbraucht haben, während der Prozentsatz im Bundesgebiet nur 10 oder 15 beträgt. Jeder von uns weiß, daß die Arbeitslosensituation in Berlin immer noch unendlich viel trostloser ist, als sie im Bundesgebiet jemals war. Jeder von uns weiß, daß die schlechte Transportlage die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft außerordentlich beeinträchtigt.
Diese Dinge außerhalb des Etats einigermaßen auszugleichen, wird Aufgabe des Bundestages in den nächsten Wochen und Monaten sein, bei der Beratung des Gesetzes über das Notopfer Berlin, dann aber auch bei den übrigen zur Beratung vorliegenden Steuergesetzen, insbesondere der Einkommen- und Lohnsteuer und der Körperschaftsteuer.
Es ist insbesondere von Herrn Neumann mit Recht darauf hingewiesen worden, daß der oft zitierte § 16 des Dritten Überleitungsgesetzes zu Meinungsverschiedenheiten Veranlassung gegeben hat. Diese sind allerdings niemals so deutlich geworden wie jetzt. Man wird ohne weiteres zugeben müssen, daß in der Tat die Fassung des § 1 dieses Gesetzes außerordentlich unglücklich gewählt ist, insofern als sie nämlich in der breiten Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, daß in der Tat den Berlinern etwas vorenthalten wird, was ihnen eigentlich zusteht.
Man wird es den Berlinern nicht klarmachen können, daß das Aufkommen einer Abgabe, die „Notopfer Berlin" heißt, nicht Berlin, sondern dem Bund zufließt. Diese bedauerliche Situation hat mit Recht zu den Meinungsverschiedenheiten geführt, und wir werden unsere Aufgabe darin sehen müssen, dies Mißverständnis auszuräumen.
Es ist darauf hingewiesen worden, daß die Leistungen des Bundes an Berlin keineswegs nur in diesem Zuschuß bestehen, sondern auch in anderen Zuwendungen; wir wissen aber auch, daß diese Leistungen allen Ländern und nicht nur Berlin durch den Bund gegeben werden müssen.
Bei dieser Situation möchte ich glauben, daß wir an den Herrn Bundesfinanzminister — der zwar augenblicklich nicht mehr da ist — in dem Sinne zu appellieren haben, daß auch bei den weiteren Verhandlungen, die jetzt anstehen, erreicht wird, daß unser Land, unsere Stadt besser gestellt wird, als es im ersten Anlauf möglich gewesen ist, vor allem aber, daß es uns ermöglicht wird, unsere Berliner Wirtschaft, die durch den bisherigen Gang der Verhandlungen aufs äußerste beunruhigt ist, die Sicherheit zu geben, daß ihre Interessen, auch im deutschen Bunde nachdrücklich gewahrt werden. Ich habe bei dieser Situation zu erklären, daß wir entsprechend dem Antrag, den wir gleichzeitig mit der CDU/CSU gestellt haben, erwarten, daß in naher Zukunft diese Förderung der Berliner Wirtschaft vor sich gehen wird. Im übrigen bin ich der Meinung, daß wir den Antrag der SPD, wie das bereits von meinem Herrn Vorredner vorgeschlagen worden ist, dem Haushaltsausschuß überweisen sollten.