Rede von
Peter
Horn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nach den Ausführungen des Herrn Bundesarbeitsministers auf einige wenige Bemerkungen beschränken. Es ist selbstverständlich das gute Recht jeder Fraktion dieses Hauses und im besonderen der Opposition, bei der Etatberatung auch dieses Ministeriums Kritik anzubringen. Aber ich weiß nicht, ob es nun auch unbedingt zum Charakter der Opposition und ihrer Aufgabe gehört, dabei die tatsächlichen Leistungen zu übersehen, die in diesen Jahren für die Armen, für die Rentner und für alle im sozialen Bereich Anspruchsberechtigten erbracht worden sind. Das sind in der Tat Leistungen, die auch die Opposition vor dem Hause und draußen vor dem Volk ruhig deutlich und klar anerkennen sollte.
Wenn sie das tut, dann gewinnt ihre Kritik, die sie ansonsten zu üben hat, wahrscheinlich eine erheblich bessere Resonanz, als wenn sie sich nur in der Kritik ergeht. Insofern ist sich die Opposition auch in diesem Jahr bei der Beratung treu geblieben und hat die Linie eingehalten, die sie in den vergangenen Jahren hier bezogen hat. Ich halte das für eine, wenn Sie wollen, bedauerliche Tatsache.
Nun ist von Herrn Professor Preller von der „Konzeptionslosigkeit" des Bundesarbeitsministers gesprochen worden. Auch ich möchte mich nicht näher mit dem befassen, was Gegenstand der Debatte im Zusammenhang mit der Großen Anfrage der SPD sein wird. Aber ich möchte doch darauf hinweisen dürfen, daß die Konzeption, die bei der sogenannten Reform der Sozialversicherung zu befolgen ist, seinerzeit vom 1. Deutschen Bundestag dem Grunde nach schon festgelegt worden ist, als hier der Antrag der CDU/CSU-Fraktion im Zusammenhang mit der Schaffung des sogenannten Beirats angenommen wurde. An der Spitze des Antrags stand das Bekenntnis, daß wir im Grundsatz an der gegliederten Sozialversicherung festhalten, um nicht das Adjektiv „klassischen" wieder einmal zu gebrauchen. Damit ist der Grund eigentlich festgelegt.
Wir haben damals auch gesagt, daß alle Prüfungen und Überlegungen über die Reform der Sozialversicherung auf eine klare Trennung von Versicherung, Versorgung und Fürsorge Bedacht zu nehmen haben. Ich weiß sehr wohl, daß mit einer derartigen Festlegung der sehr schwierige, tiefgehende und umfassende Komplex dieses Problems nicht erschöpft ist. Die Probleme gehen darüber hinaus und liegen noch tiefer. Jedenfalls hat aber der 1. Bundestag in seiner Mehrheit diesen Antrag damals gebilligt, und damit ist das Fundament,
von dem aus die weiteren Arbeiten und Überlegungen zu entwickeln sind, gelegt. Dabei kann und muß natürlich über dieses und über jenes, ja über vieles noch gründlich gesprochen werden. Die Dinge müssen gründlich durchleuchtet werden. Aber ich möchte mich mit Bezug auf diesen damaligen Beschluß dagegen wehren, daß man in diesem Zusammenhang von absoluter Konzeptionslosigkeit spricht.
Verehrter Herr Professor P r e 11 er, von Ihnen stammt ein Zeitungsartikel, der vor einiger Zeit durch eine Reihe von Blättern gegangen ist und der die Überschrift trug „Der hilflose Storch". Ich weiß nicht, ob, wenn ein anderer, etwa Sie selber, verehrter Herr Professor, auf dem Stuhl des Herrn Bundesarbeitsministers säße, dieser, so wie die Dinge find die Zusammenhänge liegen, vielleicht auch Artikel zu gewärtigen hätte, die eine ähnliche Überschrift trügen.
Man sollte mit diesen Dingen doch etwas vorsichtig umgehen!
Tatsache ist, daß für alle grundlegenden Erwägungen in dieser Frage echte versicherungsmathematische Bilanzzahlen erforderlich sind. Diese lassen sich nun einmal nicht von heute auf morgen mit der notwendigen Schlüssigkeit hinstellen. Sie wissen genau so gut wie wir, daß man eine Sozialenquete eingeleitet hat, wenn auch nur mit einem Buchstaben des Alphabets, daß aber diese Ergebnisse auch erst gründlich erarbeitet werden müssen, damit wir Schlußfolgerungen daraus ziehen können, die auch von Ihnen als unerläßliche Voraussetzung angesehen werden. Ich habe mir noch vor wenigen Tagen vom Bundesarbeitsministerium sagen lassen, daß die Ergebniszahlen dieser Enquete auch beim allerbesten Willen und bei aller Kraftanstrengung, die man darauf verwendet, immerhin noch einige Monate auf sich warten lassen werden. Ich weiß aus gelegentlichen Unterhaltungen mit Herrn Professor Preller, daß er auch selber der Meinung ist, daß so gründliche Durchforschungen — ich wiederhole damit nur etwas, was der Herr Minister eben schon gesagt hat — wirklich einer geraumen Zeit bedürfen und daß man das nicht einfach so im Handumdrehen hinstellen kann.
Vollständig einig bin ich mit Herrn Professor Preller, wenn er in seinen Ausführungen bezüglich der hier behandelten Fragen auf die notwendige Selbständigkeit des Bundesarbeitsministers hingewiesen hat. Auch wir sind der Auffassung, daß hier keine irgendwie gearteten ressortmäßigen Verschiebungen Platz greifen dürfen. Der Bundesarbeitsminister ist für uns nun einmal der Verantwortliche für diese Dinge.
Aber in dem Augenblick — und diese Tatsache liegt ja vor —, wo auch für die sozialen Leistungen so erhebliche Mittel des Bundeshaushalts beansprucht werden, wird doch niemand hier im Hause etwa bestreiten wollen, daß der Herr Bundesfinanzminister notwendigerweise sein Wort bei der Angelegenheit mitzureden hat.
So wie es bei allen anderen Ressorts ist, wird es
auch beim Bundesarbeitsministerium in dieser und
jener Beziehung notwendigerweise, möchte ich fast sagen, zu gewissen Meinungsunterschieden und Auseinandersetzungen zwischen dem Ressortminister und dem Bundesfinanzminister kommen und kommen müssen, wenn Sie so wollen. Ich möchte deshalb unsere Auffassung nachdrücklich unterstreichen, daß auch wir den Herrn Bundesarbeitsminister als den in erster Linie verantwortlichen Mann für diese Aufgaben und für dieses Ressort ansehen.
Nun ist hier wiederum — wie schon so oft — davon gesprochen worden, daß der Herr Bundesfinanzminister Mittel der Sozialversicherungsträger oder auch der Bundesarbeitsverwaltung in Anspruch nehme, diesen Trägern wegnehme, um damit seinen Bundeshaushalt auszugleichen. Ich glaube, ich habe es bei einer früheren Debatte schon einmal gesagt und möchte es heute sehr deutlich wiederholen: auch wenn man diese Formulierung noch so oft gebraucht, sie wird deshalb doch nicht richtig.
— Meine sehr wohl; vielleicht kapieren Sie das nur nicht.
Die Dinge sind so: Im vorigen Jahr, als wir die Sache erstmalig durch Gesetz für ein Jahr gemacht haben, haben wir auch von unserer Seite erklärt: Wir tun das nur für dieses eine Mal. Im nächsten Jahr sind die Selbstverwaltungsorgane in Funktion, und dann gehört das zu deren Zuständigkeit. — Wenn nun ein Selbstverwaltungsorgan — also die Bundesanstalt — schon zu einer Verständigung in diesem Sinne mit dem Herrn Bundesfinanzminister gekommen ist, ist dazu nur zu sagen, daß das dann einzig und allein in der Aufgabe und Verantwortung dieses Selbstverwaltungsorgans liegt.
In diesem Organ sind ja die Sozialpartner und die Gebietskörperschaften vertreten. Ich halte es für eine etwas komische Angelegenheit — ich will das einmal sehr deutlich sagen —, wenn, nachdem nun ein solches Selbstverwaltungsorgan in einer solchen Angelegenheit gesprochen hat, nachher noch eine Organisation der an dieser Selbstverwaltung Beteiligten glaubt, durch ihren Einspruch diese Dinge etwa wieder revidieren zu können.
Dieses Verfahren halte ich weder für zweckmäßig noch für richtig.
Zu den Sozialversicherungsträgern! Wenn ich den Haushalt richtig gelesen habe, dann habe ich den Eindruck, daß sich Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern über eine nochmalige Hergabe von Millionenbeträgen inzwischen erübrigt haben, daß sie gar nicht mehr zu führen sind, nachdem im außerordentlichen Haushalt 250 Millionen DM eingesetzt worden sind, die der Bund wahrscheinlich den Sozialversicherungsträgern in der Weise auszuzahlen gedenkt, daß er ihnen halt für diese 250 Millionen DM wieder Eintragungen in das Bundesschuldbuch gibt.
So, glaube ich, ist das zu sehen. Das ist aber doch
— und das ist der Knalleffekt bei dieser Angelegenheit — kein Entzug und keine Entnahme von
Vermögensteilen, die dann im Bundeshaushalt irgendwie verarbeitet werden.
— Nein, das ist nicht der Fall.
Wir müssen auch hier wieder darauf verweisen, daß es sich eben, wenn so verfahren wird, um eine durchaus mögliche und nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung zugelassene Vermögensanlage dieser Versicherungsträger handelt und um sonst gar nichts. Hier wird verzinst und hier wird amortisiert. Die Art und Weise, wie sich das im einzelnen regelt, muß eben auch wiederum mit den Selbstverwaltungsorganen vereinbart werden.
Die Dinge sind also, so gesehen, durchaus in Ordnung.
Zum Schluß möchte ich noch mein Bedauern ausdrücken, daß sich die Opposition trotz der tatsächlichen großen Leistungen, die hier erbracht worden sind, in der zweiten Lesung nicht entschließen kann, diesem Haushalt zuzustimmen. Wir möchten aber unsererseits an dieser Stelle dem Herrn Bundesarbeitsminister für seine Arbeit und seine Leistungen gerade im Interesse der bedürftigen Menschen in unserer Bundesrepublik unseren ausdrücklichen Dank aussprechen.