Rede von
Dr.
Wilhelm
Gülich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrage meiner Fraktion habe ich zunächst noch eine Bemerkung zum soeben abgeschlossenen Einzelplan 06 Kap. 20 — Bundesamt für Landbeschaffung — zu machen, das der Ausschuß mit Mehrheit gestrichen hat und zu dem ich infolgedessen gestern nicht sprechen konnte. Ich möchte dazu bemerken, daß die sozialdemokratische Fraktion nicht wünscht, daß die Landbeschaffung der Dienststelle Blank unterstellt wird, und daß sie auch nicht wünscht — das hat sie bei den Beratungen des Haushalts des Bundesinnenministeriums zum Ausdruck gebracht —, daß eine solche Bundesanstalt für Landbeschaffung geschaffen wird. Sie ist vielmehr der Meinung, daß die Landbeschaffung im Bundesministerium der Finanzen bestens aufgehoben ist.
Wir haben im Bundesministerium der Finanzen eine Vermögens- und Bauabteilung.
Diese Abteilung verwaltet die gesamten Liegenschaften des Bundes, sie stößt Liegenschaften ab, sie gibt Liegenschaften für Zwecke der Dienststelle Blank ab, sie erwirbt neue Liegenschaften, wenn es nötig ist, oder gibt alte Liegenschaften in Tausch. Das ist also bestens eingerichtet, und es ist nicht einzusehen, warum man hier eine Neuerung einführen sollte.
In Verfolg dieser Dinge möchte ich an den Bundesfinanzminister die Bitte richten, nun doch einen Teil seiner Kraft darauf zu konzentrieren, daß im 2. Deutschen Bundestag die Auseinandersetzung über Bundes- und Ländervermögen endlich abgeschlossen wird. Wir haben es im 1. Bundestag nicht geschafft, das nach Art. 134 Abs. 4 des Grundgesetzes notwendige Ausführungsgesetz zu machen. Wegen der schwierigen Verhandlungen mit den Ländern ist es nur zu dem sogenannten Vorschaltegesetz gekommen. Aber es ist nun an der Zeit, daß wir das Problem endgültig lösen, und dazu möchten wir die ausdrückliche Unterstützung der sozialdemokratischen Fraktion zusagen.
Eine weitere Bemerkung, die ich machen möchte, betrifft die Finanzpolitischen Mitteilungen des Bundesministers der Finanzen, die dem Bulletin des Presse- und Informationsamtes beigegeben sind. Im allgemeinen kann man mit diesen Finanzpolitischen Mitteilungen zufrieden sein.
Sie enthalten sehr viel gutes Material. Hier und da wird in den Finanzpolitischen Mitteilungen auch, wie mir scheint, nicht zulässige Propaganda gemacht, oder es wird mal eine ministerielle Darstellung gegeben, um — das habe ich im vorigen Jahre einmal gerügt — damit in eine Auseinandersetzung einzugreifen, die nur im Plenum des Bundestages möglich ist.
— Nein, Herr Dresbach, es soll nur darin alles so dargestellt werden, wie es nun einmal dem Ansehen des Finanzministeriums entspricht.
— Man kann darüber geteilter Meinung sein. Aber, Herr Willeke, ich glaube, wenn wir beide die Dinge konkret betrachten, werden wir feststellen, daß die Dinge, die ich beanstande, auch von Ihnen beanstandet werden; davon bin ich überzeugt. Wenn wir schon ein Organ brauchen, das die Bevölkerung über finanz- und steuerpolitische Tatsachen und Maßnahmen und über Haushaltsfragen unterrichtet, dann sollte man auch ein paar Mark mehr ausgeben — Mittel für Propaganda stehen im Etat ja genug zur Verfügung — und die Finanzpolitischen Mitteilungen verselbständigen.
Dann muß ich eine weitere Bemerkung machen zum Herrn Bundesfinanzminister selber, der nun leider nicht da ist. Wir wissen, daß ein Finanzminister ein sehr schweres Amt hat, und wir erkennen an, daß die Beamten des Finanzministeriums in allen Ausschußsitzungen eine außerordentlich gute, treffliche und sachliche Arbeit leisten.
Wir haben — auch eine Feststellung, die ich treffen möchte — lange beobachten können, daß der Bundesfinanzminister selbst von politischen Gegnern so weit geschätzt wurde, wie es seine Persönlichkeit, sein Fachwissen und sein Dienstwissen betrifft. Daß dieser Bundesfinanzminister nun als Bayer und als Föderalist eine besonders schwere Stellung im System des Grundgesetzes hat, ist eine bekannte Tatsache. Man könnte lediglich wünschen — damit spreche ich etwas aus, was ich schon oft gesagt habe —, daß der Bundesfinanzminister endlich über den bayerischen Föderalisten siegen möge.
Aber ich muß nun doch eine sehr ernsthafte Anmerkung machen zu den gestrigen Ausführungen, die der Herr Finanzminister hier, ich kann nur sagen, sich erlaubt hat. Das war ein Stil, mit dem Bundestag, ein Stil, mit der Opposition umzugehen, den wir in aller Form und in aller Entschiedenheit zurückweisen müssen.
Er möge damit vergleichen die sympathische und
verbindliche Art, mit der sein um Jahrzehnte jün-
gerer Innenminister-Kollege heute mit der Opposition gesprochen hat. So kann man es ja auch machen, man braucht nicht derartige Schärfen herauszuholen.
Wenn ich eben sagte, daß selbst politische Gegner ihn geschätzt haben, so nimmt das in einem für die Stellung des Finanzministers bedrohlichen Ausmaß ab. Wir erleben immer wieder, daß der Herr Bundesfinanzminister in den Ausschüssen Ausführungen macht, mit denen er nicht bestehen kann. So hat er beispielsweise jetzt, als wir über Berlin sprachen, alle möglichen Leistungen des Bundes aufgezählt, um dadurch begreiflich zu machen, daß die Forderungen Berlins nicht erfüllt zu werden brauchten. Damit hat er Dinge aufgezählt, die er auch in bezug auf Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein oder jedes andere deutsche Land aufzählen könnte. So — das möchte ich dem Herrn Bundesfinanzminister sagen — geht es nicht. So bringt er sich um seine Glaubwürdigkeit, so mindert er sein Ansehen.
Wenn er gestern nicht so zur Opposition gesprochen hätte, würde ich das heute nicht mit solcher Schärfe sagen.
In den letzten Tagen — so liest man — ist das großartige Gebäude der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein in Frankfurt eingeweiht worden. Dazu waren zahlreiche Gäste erschienen, und dann wurde den Gästen mitgeteilt, sie hätten auf Wunsch des Bundesfinanzministers ihr Frühstück selber zu bezahlen. Daraufhin wurden von jedem 5 Mark kassiert.
— Es traf natürlich keine Minderbemittelten; aber das ist ja nicht das Problem.
— Ach, Herr Dresbach, wenn auf diese Art die blödsinnige Frühstückerei eingeschränkt würde, dann würde ich Ihnen voll zustimmen, denn ich bin auch der Meinung, daß zu viel gefrühstückt wird.
Wir haben immerhin in den Einzelplänen, die wir jetzt verabschieden, eine runde halbe Million als Frühstücksfonds für die Herren Minister stehen, auch für den Herrn Bundesfinanzminister neben der Aufwandsentschädigung. Aber im Haushaltsausschuß haben wir diese Sonderposition für die vier Sonderminister von je 20 000 DM — ich glaube, wir waren im Haushaltsausschuß einmütig
— auf je 10 000 DM gekürzt und haben die dadurch eingesparten 40 000 DM einem guten wissenschaftlichen und demokratischen Zweck zugeführt, nämlich als Zuschuß an die Gesellschaft für die Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien.
Im übrigen lädt jedes Dorf, wenn es eine Schule einweiht, Gäste ein und bewirtet sie. Wenn man schon einlädt, dann soll man den Gästen nicht hinterher sagen, sie sollten bezahlen. Das geschieht
nämlich nicht um der Sparsamkeit willen, sondern das geschieht, damit man entsprechend in die Zeitung kommt und dann in den Zeitungen gesagt wird: Was ist doch dieser arme Bundesfinanzminister, der es so schwer hat — er hat es schwer! — für ein sparsamer Mann! Wenn das zutreffen soll, dann soll er zunächst einmal seinen Frühstücksfonds streichen; dann könnten wir darüber reden.
— Ich denke nicht, Herr Vogel, denn ich antworte ja nur dem Bundesfinanzminister auf eine Maßnahme, die ich, wenn Sie wollen, als ein Mätzchen bezeichnen muß.
Denn das ist keine ernsthafte Art, Sparsamkeit zu treiben. Und ich sage diese Dinge nur — ich wiederhole es —, weil der Herr Bundesfinanzminister in seinen gestrigen Ausführungen jeden Sinn für Maß und Wert hat vermissen lassen.