Rede von
Wilhelm
Brese
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Beratung steht der Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und seiner nachgeordneten Dienststellen, über den ich in den vergangenen sechs Jahren, zuerst in Frankfurt und dann hier in Bonn, regelmäßig berichtet habe. Ich bin dabei in der glücklichen Lage, mich trotz des Umfanges dieses Haushalts recht kurz fassen zu können.
Zunächst eine erfreuliche Feststellung. Der Zuschußbedarf des Rechnungsjahres 1954 hat sich gegenüber dem Vorjahr vermindert. Die Verminderung ergibt sich im besonderen aus einer Steigerung der Einnahmen und hier wiederum wesentlich bei den Abschöpfungen.
Was nun die Einnahmeseite angeht, so habe ich eben schon erwähnt, daß hier eine wesentliche Erhöhung bei den Abschöpfungen eingetreten ist. Es handelt sich dabei bekanntlich um den Unterschiedsbetrag, der auf Grund der Marktordnungsgesetze bei der Einfuhr von Lebensmitteln erhoben wird, um die Auslandspreise an den Inlandsmarkt anzupassen. Solche Abschöpfungen kommen im Rechnungsahr 1954 ebenso wie im abgelaufenen Rechnungsjahr nur bei Getreide und Zucker in Betracht. Das Gesamtaufkommen war in der Regierungsvorlage mit 198,2 Millionen DM veranschlagt. Der Haushaltsausschuß hat geglaubt, angesichts der Entwicklung, die die Weltmarktpreise in der Zwischenzeit gezeigt haben, eine Erhöhung des Abschöpfungsaufkommens um 27,6 Millionen DM vornehmen zu können.
In diesem Zusammenhang möchte ich gleich erwähnen, daß in der Regierungsvorlage zwischen dem Abschöpfungsaufkommen und den neuen Ausgaben eine Bindung vorgenommen war. Es handelt sich dabei um die Durchführung von Maßnahmen des neuen Programms zur Verbesserung der Agrarstruktur, auf die ich noch näher zu sprechen kommen werde. Nach der Regierungsvorlage sollten diese neuen Ausgaben bzw. Mehrausgaben in einem
Umfange von 78,2 Millionen DM nur zum Zuge kommen, soweit sie 120 Millionen DM überschreiten. Der Haushaltsausschuß hat geglaubt, diese Bindung nicht aufrechterhalten zu sollen. Er stimmt dem Programm zur Verbesserung der Agrarstruktur in vollem Umfange zu und ist der Meinung, daß die im Rahmen dieses Programms vorgesehenen Maßnahmen von so grundlegender Bedeutung sind, daß sie nicht von bestimmten Einnahmen abhängig gemacht werden können. Der Haushaltsausschuß hat daher die Bindungsvermerke sowohl bei dem Einnahmetitel — Kap. 1002 Tit. 67 — als auch bei den entsprechenden Ausgabetiteln — Kap. 1002 vor Tit. 531 sowie bei Tit. 532, 603, 618, 663, 670 und 956 — gestrichen.
Auf der Ausgabeseite ist zu erwähnen, daß bei den Subventionen eine erhebliche Verminderung eingetreten ist. Sie beträgt nach der Regierungsvorlage rund 101,8 Millionen DM. Die Subventionen — Kap. 1002 Tit. 951 — beruhen wie die Abschöpfungen auf den Marktordnungsgesetzen und stellen ihr Gegenstück dar. Sie sind der Unterschiedsbetrag zwischen den höheren Einfuhrpreisen und den vergleichbaren niedrigeren Verkaufspreisen. Bei der heutigen Weltmarktlage kommen sie nur noch bei einem geringfügigen Teil der Getreideeinfuhren in Betracht.
Diese Ausgabenverminderung ist die wesentlichste, die zu verzeichnen ist. Ihr stehen gegenüber die schon erwähnten Ausgaben bzw. Ausgabeerhöhungen, die mit dem Programm zur Verbesserung der Agrarstruktur zusammenhängen. Es handelt sich hierbei um folgende Ausgabepositonen.
1. Flurbereinigung, Kap. 1002 Tit. 532 und 663. Sie war im Haushalt 1953 nur mit dem Betrag von 1 Million DM ausgestattet. Nach der Regierungsvorlage wird dieser Betrag auf 50 Millionen DM erhöht. Ich brauche über die große Bedeutung der Flurbereinigung nicht zu sprechen, da Ihnen allen die Größe der noch umlegungsbedürftigen Flächen und der Umfang dieser grundlegenden Maßnahme für eine rationale Wirtschaftsführung bekannt sind. Die Beträge sollen Verwendung finden für die Ausführungskosten von Meliorationen sowie für die Aussiedlung und Aufstockung von Betrieben im Rahmen der Flurbereinigung.
2. Der Ansatz für die Wirtschaftsberatung, Kap. 1002 Tit. 603, wird nach der Regierungsvorlage von 4,2 Millionen DM auf 9,7 Millionen DM erhöht. Die Erhöhung soll u. a. für die verstärkte Wirtschaftsberatung in flurbereinigten Gemeinden sowie für die Wirtschaftsberatung auf dem Gebiete der Forstwirtschaft und der Jugendberatung Verwendung finden.
3. Neu ist der Bundeswasserwirtschaftsfonds, Kap. 1002 Tit. 618, der nach der Regierungsvorlage mit 15 Millionen DM ausgestattet ist. Hier werden damit erstmals Bundesmittel auch für die Durchführung von binnenwasserwirtschaftlichen Maßnahmen bereitgestellt. Bisher war das nur hinsichtlich der Küstenschutzmaßnahmen, Kap. A 1002 Tit. 600, der Fall.
4. Neu ist ebenfalls die Ausgabeposition für die Zinsverbilligung, Kap. 1002 Tit. 956. Hier sind 16,275 Millionen DM vorgesehen. Diese Zinsverbilligungen sollen für Besitzfestigung, Gemüse-, Obst- und Gartenbau, Binnenwasserwirtschaft, Anschaffung von Gemeinschaftseinrichtungen, Molkereiwirtschaft sowie für landwirtschaftliche Um- und Neubauten und die Aussiedlung von Gehöften
außerhalb der Flurbereinigung und Siedlung verwendet werden. Der Haushaltsausschuß hat bei dem letzteren Punkte eine Ergänzung der Erläuterungen beschlossen. Es soll auch der Landarbeiterwohnungsbau bei der Zinsverbilligung berücksichtigt werden. Erwähnenswert ist dabei die Ergänzung der Erläuterungen, durch die die Grundlage dafür geschaffen wird, daß die Zinsverbilligungsbeträge nicht nur für ein Haushaltsjahr, sondern darüber hinaus für die erforderliche Dauer der Zinsverbilligung gegeben werden können.
Auf der Ausgabeseite, wie sie die Regierungsvorlage zeigt, ist noch die Erhöhung der Vorratskosten, Kap. 1002 Tit. 620, von 140,9 Millionen DM auf 181,2 Millionen DM bemerkenswert. Diese Erhöhung um rund 40,3 Millionen DM ist aber keine echte Erhöhung der Vorratshaltungskosten. Sie beruht vielmehr darauf, daß im Rechnungsjahr 1953 noch Gewinne der Einfuhr- und Vorratsstellen von insgesamt 29 Millionen DM hinzugezogen werden konnten. Dazu sind im Rechnungsjahr 1954 10,3 Millionen DM ausgebracht, die zur Abdeckung eines Vorgriffs aus dem Rechnungsjahr 1952 dienen sollten. Da dieser Vorgriff, wie sich nachträglich herausgestellt hat, schon im Rahmen des Haushaltsansatzes für 1953 seine Erledigung finden kann, hat der Haushaltsausschuß beschlossen, den in der Regierungsvorlage ausgebrachten Gesamtbetrag um 10 Millionen DM zu ermäßigen.
Der Haushaltsausschuß hat sich im Laufe seiner Beratungen dann noch mit einer Reihe von Mehranforderungen auseinandersetzen müssen. Er ist dabei zu folgenden Ergebnissen gekommen.
1. Es ist unbedingt notwendig, die Bekämpfung der Rindertuberkulose, für die bisher ERP-Mittel zur Verfügung standen, auch weiterhin von Bundesseite zu fördern. Der Haushaltsausschuß hat daher beschlossen, den Titel für die Zuschüsse zur Bekämpfung der Tierseuchen, Kap. 1002 Tit. 615, auf 10 Millionen DM zu erhöhen und damit für die Bekämpfung der Rindertuberkulose 9,770 Millionen DM zur Verfügung zu stellen.
2. Der Absatz von Magermilchpulver, der im Interesse der Verwertung der überschüssigen Magermilch von großer Bedeutung ist, ist ein dringendes Problem geworden. Um hier Erleichterungen zu schaffen, hat der Haushaltsausschuß unter Kap. 1002 Tit. 950 einen Betrag von
5 Millionen DM unter Hinzufügung eines Sperrvermerks neu eingestellt.
3. Bei den Küstenschutzmaßnahmen, für die im außerordentlichen Haushalt Kap. 1002 Tit. 600 24 Millionen DM vorgesehen sind, schlägt der Haushaltsausschuß zusätzlich eine Erhöhung um
6 Millionen DM vor. Wie die Katastrophen der letzten Zeit gezeigt haben, ist es unbedingt notwendig, die schwachen Stellen in den Nordseedeichen schleunigst zu sichern. Als Deckung hierfür hat der Haushaltsausschuß eine entsprechende Ermäßigung bei den Betriebsmittelzuweisungen an die Einfuhr- und Vorratsstelle, Kap. 1002 Tit. 950, vorgesehen. Er geht davon aus, daß mit dem dann verbleibenden Rest von 6 Millionen DM im Rechnungsahr 1954 noch der Ausgleich gefunden werden kann.
4. Im Interesse der Förderung der Tierzucht ist der Ausbau von bestehenden und die Errichtung neuer Schweinemastprüfungsanstalten sowie die Errichtung einer Mastversuchsstation für Schafe von großer Bedeutung. Der Haushaltsausschuß hat
es daher für notwendig angesehen, daß vom Bunde aus hierfür ein Betrag von wenigstens 190 000 DM zur Verfügung gestellt werde, und deshalb hierfür einen neuen Ausgabetitel bei Kap. 1002 Tit. 957 ausgebracht.
5. Den Ausgabeansatz für die Förderung des Weinbaues, Kap. 1002 Tit. 607, hat der Haushaltsausschuß um 100 000 DM erhöht und damit wieder auf den Vorjahrsbetrag gebracht. Für die Förderung der Landtechnik und zur Förderung des landwirtschaftlichen Bauwesens hat der Haushaltsausschuß den Zuschuß um 240 000 DM erhöht. Mit diesem Betrag sollen insbesondere neue Deulaschulden bei dem Kuratorium für Technik in der Landwirtschaft ausgestattet werden und die Maschinenprüfungen bei der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in Verbindung mit dem Kuratorium für Technik in der Landwirtschaft ausgebaut werden. Als Deckung für diese Erhöhung um 340 000 DM hat der Haushaltsausschuß geglaubt, bei der Ausgabeposition für Schädlingsbekämpfung, Kap. 1002 Tit. 614, diesen Betrag einsparen und auch absetzen zu können.
Damit habe ich die wesentlichen Veränderungen, die auf der Einnahme- und Ausgabeseite des Ministeriums selbst zu verzeichnen sind, erläutert. Es ist nun noch hinzuzufügen, daß der Stellenplan des Ministeriums nur eine geringfügige Ausweitung erfahren hat, und zwar um insgesamt 14 Stellen. Es handelt sich dabei um 5 Beamte, 5 Angestellte und 4 Arbeiter. Der Stellenplan der nachgeordneten Dienststellen des Ministeriums hat verschiedene größere Veränderungen erfahren. Hervorzuheben ist hier der Stellenplan der Außenhandelsstelle, Kap. 1003. Auf der Grundlage eines Gutachtens des Bundesrechnungshofes ist hier eine Verminderung um 50 Dienstkräfte zu verzeichnen. In diesem Rahmen war auch die Umwandlung von 18 Angestelltenstellen in Beamtenstellen vorgeschlagen worden. Der Haushaltsausschuß war aber der Überzeugung, daß eine Umwandlung von 10 Angestelltenstellen ausreichen würde. Die übrigen nachgeordneten Dienststellen sind Forschungsanstalten. Hier sind einige Stellenvermehrungen zu verzeichnen. Sie sind aber im wesentlichen auf besondere Umstände zurückzuführen, nämlich auf die Übernahme der Biologischen Zentralanstalt in Berlin — 88 Dienstkräfte —, auf den Ausbau der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft in Reinbek — 19 Dienstkräfte —, auf den Ausbau der noch im Anfangsstadium befindlichen Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere in Tübingen —105 Dienstkräfte — und auf den im Zusammenhang mit dem neuen Saatgutgesetz stehenden Ausbau des Bundessortenamtes in Rethmar, 19 Dienstkräfte.
Meine Damen und Herren, in Bundestagsdrucksache 360 sind die Ergebnisse der Beratungen im Haushaltsausschuß enthalten. Sie liegt Ihnen vor. Soweit die Beschlüsse des Haushaltsausschusses von besonderer Bedeutung sind, habe ich sie Ihnen bereits vorgetragen. Ich darf daher namens des Haushaltsausschusses nun die Bitte ausprechen, den Anträgen in Bundestagsdrucksache 360 zuzustimmen.