Rede von
Dr.
Heinrich
Deist
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat ein Wort ausgesprochen, das ich für meine Fraktion vorbehaltlos unterstreichen möchte. Er hat gesagt, jeder, der hier im Hause Anträge stelle, müsse sich bewußt sein, daß er sie eines Tages auch durchführen und zu ihnen stehen müsse, wenn er einmal selbst die Verantwortung dafür zu übernehmen habe. Dazu stehen wir hundertprozentig.
— Zu dieser Auffassung haben wir immer gestanden.
Meine Damen und Herren, ich darf dann eine zweite Bemerkung machen. Der Herr Bundesfinanzminister hat uns insgesamt Neuanträge von, ich glaube, etwas über 2 Milliarden DM vorgerechnet. Ich weiß nicht, wie diese Zahl von 2 Milliarden zustande kommt. Ich weiß nur, daß die Berechnungen des Herrn Bundesfinanzministers immer etwas komplizierte Wege gehen und daher nicht immer vorbehaltlos übernommen werden können. Aber ich möchte auf eines hinweisen. Der Ausgangspunkt für seine Bemerkung war der Antrag auf Umdruck 30. Dem Herrn Bundesfinanzminister wird nicht entgangen sein, daß das an sich der geringste Betrag ist und daß wir zugleich einen Deckungsvorschlag eingebracht hatten, der leider vom Hause abgelehnt worden ist. Ich glaube, es ist ein Zeichen von Verantwortung, wenn man Anträge stellt und sie zugleich mit den entsprechenden Deckungsanträgen versieht.
Ich darf weiterhin auf folgendes hinweisen. Unter den Anträgen befindet sich ein zweiter auf Bereitstellung eines Betrages von mehr als 1 Milliarde DM für Luftschutzmaßnahmen, bei dem wir
— vielleicht ist es dem Herrn Bundesfinanzminister entgangen — ebenfalls für die erforderliche Deckung Vorsorge getragen haben. Wir glaubten nämlich, diesen Betrag aus einem Titel entnehmen zu müssen, in dem er nicht so notwendig ist wie für den Luftschutz.
Aber ich möchte mich im übrigen, meine Damen und Herren — so reizvoll das wäre —, nicht persönlich an den allgemeinen Erörterungen über die Bundeswirtschaftspolitik beteiligen, sondern auf die Dinge eingehen, die mit den Fragen des Eisenerzbergbaues zusammenhängen.
Wir haben heute — man darf es wohl so nennen
— den Schwanengesang des Herrn Staatssekretärs des Bundeswirtschaftsministers über den Eisenerzbergbau gehört. Wenn ich mir die Situation unseres Kollegen Dr. Höck vorstelle, der gestern so mutig dafür eingetreten ist, solche „Almosen" von 4 Millionen abzulehnen, dann kann ich nur sagen, er muß eigentlich denken: Das war der Dank vom Hause Habsburg!
Meine Damen und Herren, das Problem des Eisenerzbergbaus ist zweifellos nicht einfach, und ich glaube, ich habe es mir auch in der Debatte gestern mit diesem Problem nicht einfach gemacht. Aber man sieht es doch wohl zu einfach, wenn man meint, der Rückgang der Eisen- und Stahlindustrie und die Entwicklung der Gestehungskosten müßten dazu führen, daß eben der deutsche Eisenerz-
bergbau in Zukunft nur in kleinstem Umfange betrieben werden könne und daß man sich mit dieser Tatsache ohne weiteres abzufinden habe.
So einfach liegen die Dinge im deutschen Eisenerzbergbau wirklich nicht.
Ich glaube auch nicht, daß das eine gute Formulierung ist, zu sagen, der Eisenerzbergbau könne nur noch im Rahmen des Möglichen durchgeführt werden. Man sollte vielmehr Untersuchungen gen darüber anstellen, was volkswirtschaftlich unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte wohl zweckmäßig wäre, und danach die Wirtschaftspolitik hinsichtlich des Eisenerzbergbaus einrichten.
Bei stärkeren Gruppen der Grundstoffindustrien, z. B. beim Kohlenbergbau, der sicherlich eine größere Durchschlagskraft hat, weiß man, daß man eine planmäßige Wirtschaftsführung betreiben muß und das Schicksal dieses Bergbaus nicht einfach von den Konjunkturschwankungen abhängig machen kann. Der Eisenerzbergbau ist eine schwache Position, das weiß jeder, und es ist wirklich keine gute Wirtschaftspolitik, ihn im wesentlichen seinem Schicksal zu überlassen, sondern es wäre Aufgabe der Wirtschaftspolitik, sich dieser Dinge anzunehmen.
Ich habe gestern schon mit Genugtuung festgestellt, daß die Kleine Anfrage 39 auf diese Notwendigkeit einer konstruktiven Einflußnahme der amtlichen Wirtschaftspolitik sehr deutlich hingewiesen hat. Ich möchte den Herrn Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministers auch bitten, sich doch noch einmal zu überlegen, ob es nicht wirklich eine Aufgabe des Bundeswirtschaftsministeriums wäre, in Zusammenarbeit mit den Länderwirtschaftsministern für eine Entwicklung zu sorgen, die eine planmäßige Führung des Eisenerzbergbaus zuläßt.
Sodann muß ich mich aber noch mit zwei Bemerkungen befassen, die Herr Kollege Dr. Höck gemacht hat, weil uns gerade im Interesse des Gebietes, für das wir ja beide eintreten, und zwar nicht nur, weil uns dieses Gebiet besonders am Herzen liegt, sondern aus gesamtvolkswirtschaftlichen Gründen die Argumentation höchst abträglich und unzweckmäßig erscheint. Ich glaube, es geht sehr weit, wenn man behauptet, das Gebiet an der Zonengrenze, das Salzgittergebiet, sei wirtschaftlich gesund und politische Gefahren bestünden dort nicht. Das ist ein großes Wort, sehr gelassen von Herrn Kollegen Dr. Höck ausgesprochen, entspricht aber zweifellos nicht ganz den Tatsachen.
— Ich habe sie mir notiert. Herr Kollege Dr. Höck hat das gestern gesagt; wir werden es ja vielleicht im Stenogramm feststellen können, was er tatsächlich gesagt hat.
Herr Kollege Dr. Höck, man sollte die Dinge etwas realistischer sehen, und da treffen wir uns wieder so ziemlich auf einem Boden, anders als bei dem, was der Herr Staatssekretär heute vorgebracht hat. In dem Grenzgebiet sind zweifellos Grundlagen für eine wirtschaftliche Gestaltung vorhanden, man muß die Probleme des Salzgittergebiets nur im Rahmen einer großzügigen konstruktiven deutschen Wirtschaftspolitik sehen.
Diese Grundlagen gilt es zu nutzen, und wir mähten mit Ihnen dahin wirken, daß das geschieht.
Aber, Kollege Dr. Höck, daß dort im Salzgittergebiet keine Schwierigkeiten politischer Art wären, ich glaube, das ist auch zuviel gesagt. Selbst wenn Sie meinen, durch eine 47 %ige Mehrheit der CDU bei den letzten Wahlen sei dort alles gesichert, Herr Kollege Dr. Höck, so wissen wir doch beide, was in diesem Gebiet gespielt wird und welche Infiltrationsversuche dort vor sich gehen. Ihnen kann nur begegnet werden, wenn wir in diesem Gebiet für gesunde soziale Verhältnisse sorgen, und da sollte man sich nicht ein gewichtiges Argument für die Zukunft einfach dadurch nehmen lassen, daß man behauptet, dieses Gebiet sei wirtschaftlich gesund und politisch nicht gefährdet.
Aber nun zu unserem Antrag. Ich glaube, aus meinen Darlegungen ist deutlich geworden, daß wir viel lieber gesehen hätten, man hätte sich frühzeitig mit wirklich aktiven Maßnahmen der Wirtschaftspolitik um dieses Problem des Eisenerzbergbaues gekümmert. Aber nachdem es nunmehr zu diesen Entlassungen gekommen ist — und 520 junge freiwillig Abgekehrte haben für dieses Gebiet ebenfalls ihre Bedeutung—, bleibt ja schließlich nichts anderes übrig, als dafür zu sorgen, daß die Folgen dieser Entwicklung möglichst gering gehalten werden.
— Nein, ich antworte nur auf die Darlegungen, die der Herr Staatssekretär und der Herr Kollege Dr. Höck gemacht haben, zumal ich glaube, daß ein nicht unwesentlicher Unterschied zwischen den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Höck und den Überlegungen des Herrn Staatssekretärs besteht.
— Herr Kollege, vielleicht darf ich kurz noch eines sagen. Der Kollege Dr. Höck hat dargelegt, es handele sich hier um Almosen. Ich weiß nicht, ob der Kollege Dr. Höck die entsprechenden Bestimmungen des Vertrages kennt.
Nach diesen Bestimmungen handelt es sich nämlich nicht nur um soziale Hilfsmaßnahmen, sondern um Maßnahmen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, wenn Entlassungen vorgekommen sind, und zur Bereitstellung der erforderlichen Mittel für die Umschulung. Ich glaube nicht, daß man solche Maßnahmen als Almosen bezeichnen kann.
- Herr Kollege Dr. Höck, zunächst einmal ist das der halbe Betrag, weil die andere Hälfte von der Hohen Behörde zur Verfügung gestellt wird. Zweitens haben wir in diesem Augenblick nur die Möglichkeit, für einen speziellen Zweck, nämlich für Anpassungsmaßnahmen für die etwa 2000 entlassenen Bergarbeiter, die es zur Zeit im Erzbergbau gibt, Beträge bereitzustellen. Diese Beträge reichen nach den üblichen Berechnungen der Hohen Behörde in etwa aus. Wenn Sie, Herr Kollege Dr. Höck, der Auffassung sind, daß größere Mittel für eine konstruktive Regelung der Fragen des Erzbergbaus notwendig sind, dann muß ich Sie bitten, den entsprechenden Antrag zu stellen. Können wir ihn als berechtigt anerkennen und sollte die erforderliche Deckung vorhanden sein, dann sind wir im Interesse des Eisenerzbergbaus gern bereit, einem solchen Antrag zuzustimmen.