Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Gesamtdeutsche Block/ BHE stellt in den Mittelpunkt des Anliegens, das diese beiden Gesetzentwürfe beinhalten, die ethische Achtung und die Würdigung des Kindes überhaupt. Wir stimmen der Verwirklichung des Anliegens der beiden Gesetzentwürfe gern und freudig zu. Dabei möchte ich gleich betonen, daß meine Fraktion von dem zweiten Kind ausgeht. Dieses Anliegen für das Kind darf nicht etwa an Berufsstände, Berufsschichten oder irgendwelche soziologische Schichtungen unseres Volkes gebunden werden, es geht uns vielmehr ganz schlicht um das Kind überhaupt. Deshalb muß der gesamte Personenkreis, der Kinder aufzuziehen hat, erfaßt werden.
Ich betone, daß sich sehr viele Gruppen von Menschen noch in einem besonders harten Notstand befinden. Ich denke an die Existenzlosen, die Arbeitslosen. Wenn man bedenkt, daß der Arbeitslose eine monatliche Kinderzulage von nur 13 DM erhält, ist es unmöglich, diesen Kreis aus diesem Gesetz herauszunehmen. Wir hätten im Gegenteil zuerst an diese Menschen denken müssen.
Wir wünschen die Anwendung des Gesetzes für alle Familien vom zweiten Kind an, weil es uns darum geht, daß eine echte ethische Würdigung der Familien und ihrer Kinder erfolgt. Wir wissen sehr wohl — das ist hier schon ausgesprochen worden —, daß man mit 20 DM im Monat kein Kind erziehen kann. Uns wäre es lieber, wenn wir von einem Betrag von 25 DM monatlich ausgehen könnten, obwohl auch dieser Betrag keineswegs ausreicht. Aber wir glauben, daß hiermit ein Beginn gemacht ist, auf dem eine spätere Entwicklung aufbauen kann.
Ich komme zur Frage des Verwaltungsapparats. Wenn ich bedenke, daß seit 1949 diesem Hohen Hause allein sechs Entwürfe vorgelegen haben, daß inzwischen eine Reihe von Jahren darüber hinweggegangen ist, in denen sich die Beteiligten immer wieder mit der Problematik dieses Anliegens beschäftigt haben, dann stimmt es mich persönlich traurig, daß ich hier so entgegengesetzte Standpunkte feststellen mußte. Ich habe das Gefühl, daß im Laufe der vergangenen Jahre keine Annäherung der Auffassungen erreicht worden ist.
Wenn ich hier gewisse Anregungen und Betrachtungen meiner politischen Freunde vorbringe, möchte ich im voraus noch folgendes sagen. Um der echten Würdigung des Anliegens des Kindes und der Eltern dieser Kinder willen werden wir uns keinesfalls auf eine Prinzipienreiterei einlassen. Es geht uns darum, daß wir schnell zum Zuge kommen und daß ein solches Anliegen nicht wieder Jahre in Anspruch nimmt, während diejenigen, die es betrifft, sich bescheiden müssen und den Eindruck haben, daß hier anscheinend gewisse Prinzipien wichtiger sind als der Wille, diesen Menschen eine echte Hilfe zuteil werden zu lassen.
Ich möchte hier nur gewisse Gedankengänge aufzeigen, werde das, was ich hier nur kurz andeuten kann, vielleicht im Ausschuß für Sozialpolitik noch etwas mehr vertiefen, ohne damit die Entwicklung dieser Dinge zu behindern oder gar aufzuhalten.
Es sollte uns doch allen darauf ankommen, Verwaltungsmaßnahmen zu treffen, die recht wenig Aufwand notwendig machen; denn all das, was wir bei der Verwirklichung dieses Anliegens an der Verwaltung einsparen, kommt doch den Eltern und ihren Kindern zugute. Aus diesem Grunde können wir nicht einsehen, warum man meint, für die Durchführung die berufsständischen Einrichtungen der Berufsgenossenschaften oder gar einen Gesamtverband der Familienausgleichskassen einschalten zu müssen. Gerade dieser Gesamtverband würde doch eine sehr große und aufwendige Verwaltung erforderlich machen. Aber auch die Verwaltungskosten, die bei den Berufsgenossenschaften zusätzlich anfallen, würden nicht gering sein.
Wir sollten den einfachsten Weg wählen. Wir sollten uns nicht scheuen — ja, es sollte geradezu eine Verpflichtung des Staates zur Lösung dieses Problems sein —, die Durchführung der Kinderbeihilfen dem Staate zu überlassen.
Der Staat ist keine zweitrangige Einrichtung, und wir alle sind Träger dieses Staates.
Wollen wir uns doch nicht selber dadurch entwerten, daß wir etwa meinen, der Staat könne die Durchführung einer solchen Maßnahme nicht übernehmen. Es ist eine Verpflichtung des Staates, hier hilfreich zur Seite zu stehen und unterstützend mitzuwirken; der Staat ist an eine solche Verpflichtung besonders hohen ethischen Wertes gebunden.
Darüber hinaus haben auch ganz reale Gesichtspunkte eine wesentliche Rolle zu spielen. Ich habe soeben schon gesagt: wir wollen den geringsten Aufwand an Verwaltungskosten. Aus diesem
Grunde können wir nicht einsehen, weshalb die Durchführung nicht vom Staate übernommen werden soll; denn selbst wenn dort zusätzliche Verwaltungskosten entstehen, scheinen sie mir da immer noch am geringsten zu sein.
Nun zu der Aufbringung der Mittel. Die Debatte, die wir bisher erlebt haben, hat das Für und Wider bei dem einen und dem anderen Vorschlag ergeben. Zu dem Antrag der SPD auf Drucksache 318 müssen wir sagen, daß eine volle Deckung damit nicht gegeben ist. Wir glauben allerdings, daß eine ausreichende Deckung auch dann nicht erzielt werden kann, wenn, wie es in dem Entwurf der CDU/CSU vorgesehen ist, nach dem sozialen Gerechtigkeitsprinzip a 11 e erfaßt werden sollen. Bei beiden Entwürfen handelt es sich um ein Umlageprinzip; bei dem SPD-Entwurf teilweise, bei dem CDU-Entwurf völlig.
Die Steuer ist auch gewissermaßen eine Umlage für Aufwendungen allgemeiner Art, die der Staat hat. Es ist nicht einzusehen, weshalb wir nicht auch für diese Umlage den Begriff einer Besteuerung verwenden sollen. Das auszusprechen, sollten wir uns gar nicht genieren und sollten durchaus den Mut dazu haben.
Es kommt darauf an, was von der Allgemeinheit aufgebracht werden kann.
Wenn wir die Apparatur der Steuererhebung bei der Durchführung dieses Anliegens, an dem wir doch alle den gleichen Anteil nehmen, einschalten, werden, wie wir glauben, die Mittel in einer sehr viel gerechteren Weise aufgebracht werden können. Wir haben auch den Mut, folgendes auszusprechen: wir bekennen uns zum Kind, wir bekennen uns zur Familie und wissen, daß die Familie die Grundlage unseres Volkes überhaupt ist. Wenn unser Volk gesund werden und gesund bleiben will, wenn wir lebenstüchtige Menschen und lebenstüchtige Staatsbürger heranziehen wollen und diese Verpflichtung den Eltern auferlegen, wenn die Eltern durch viele Jahre der Entbehrung gehen, um diese lebenstüchtigen Menschen für uns heranzuziehen — für uns alle! —, dann kann ein echter Familienausgleich nur dadurch geschaffen werden, daß die Kinderarmen und Kinderlosen in entsprechend stärkerem Maße herangezogen werden, damit das realisiert werden kann, was uns vorschwebt und was Anliegen dieser beiden Entwürfe ist.
Wir möchten die Aufwendungen, die die Eltern für ein Kind haben, und die Entbehrungen, die diese Eltern für ihre Kinder auf sich nehmen, dabei sicherlich nicht in den Hintergrund gestellt sehen. Dennoch sollten wir uns in den Ausschüssen sehr stark überlegen, ob wir nicht auch auf diesem Wege Mittel schaffen könnten, um vom zweiten Kinde an Kinderbeihilfen zu zahlen.
Wenn wir ernsthaft an das Problem herangehen — nachdem schon diese vielen Jahre vergangen sind, ohne daß ein Ergebnis erzielt wurde —, sollten wir alle — und dazu seien namentlich diejenigen aufgerufen, die im Ausschuß für Sozialpolitik an der Lösung mitzuwirken haben — uns in unseren verschiedenen Auffassungen entgegenkommen. Das würde die beste Würdigung dieses
Gedankens sein. Das wäre das Gebot der Stunde. Damit würden wir dem Wert der Familie und dem Wert der Kinder jene Beachtung schenken, die diese beiden ethischen Begriffe verdienen.