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    2. Deutscher Bundestag — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. März 1954 6S7 20. Sitzung Bonn, Freitag, den 19. März 1954. Geschäftliche Mitteilungen 688 D, 707 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Dr. Weber (Aachen) und Meitmann 688 D Mitteilung über Vorlage des Nachtrags zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1953 688 D Ergänzung der Tagesordnung 688 D Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (Drucksache 263) 688 D, 689 A Beschlußfassung 689 A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 295) 689 A Überweisung an die Ausschüsse für Finanz- und Steuerfragen und für Geld und Kredit 689 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vertretern der Gläubiger und Garantiemächte über die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für gewisse österreichische Auslandsanleihen, des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die Regelung der Forderungen der Französischen Republik an die Bundesrepublik Deutschland und des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Liechtenstein über die Regelung der Forderungen des Fürstentums Liechtenstein an die Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 64); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 298) 689 B Seuffert (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 708 Abstimmungen 689 C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Besoldungsrechts (Drucksache 282) 689 D Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht 689 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben (Personalvertretungsgesetz) (Drucksache 160 [neu]) 689 D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 690 A, 702 D Sabel (CDU) 693 B Kühn (Bonn) (FDP) 695 B Böhm (Düsseldorf) (SPD) 697 B Dr. Sornik (GB/BHE) 699 C Dr. Kleindinst (CDU/CSU) 700 D Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 701 C Überweisung an die Ausschüsse für Arbeit und für Beamtenrecht 703 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Übereinkommen Nr. 45 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 1935 über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagarbeiten in Bergwerken jeder Art (Drucksache 288) 704 A Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 704 A Erste Beratung des von den Abg. Dr. Horlacher, Stücklen u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Herkunftsbezeichnung des Hopfens (Drucksache 278) 704 A Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 704 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die staatliche Genehmigung der Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen (Drucksache 272) 704 B Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit und an den Rechtsausschuß 704 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen über den Straßenverkehr vom 19. September 1949, dem Protokoll über Straßenverkehrszeichen vom 19. September 1949 und der Europäischen Zusatzvereinbarung vom 16. September 1950 zum Abkommen über den Straßenverkehr und zum Protokoll über Straßenverkehrszeichen (Drucksache 291) 704 B Überweisung an den Ausschuß für Verkehr 704 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den vier Genfer Rotkreuz- Abkommen vom 12. August 1949 (Drucksache 152) 704 C Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit 704 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den deutsch-chilenischen Briefwechsel vom 3. November 1953 betr. die zollfreie Einfuhr von 50 000 t Chilesalpeter in der Zeit vom 1. Juli 1953 bis 30. Juni 1954 (Drucksache 289) 704 C Überweisung an die Ausschüsse für Außenhandelsfragen und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 704 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Handelsvertrag und den Notenwechsel vom 1. August 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ecuador (Drucksache 290) . . . . 704 D Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 704 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Allgemeinen Abkommen vom 2. September 1949 über die Vorrechte und Befreiungen des Europarates und zu dem Zusatzprotokoll vom 6. November 1952 zu diesem Abkommen (Drucksache 70); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 214) 704 D Dr. Kopf (CDU/CSU), Berichterstatter 704 D Paul (SPD) 705 C Abstimmungen '706 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Freundschafts- und Handelsvertrag vom 21. April 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich des Jemen (Drucksache 72); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 121) 706 D Margulies (FDP), Berichterstatter . '707 A Abstimmungen 707 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag der Fraktion der DP betr. Fahrpreisermäßigung für „Flüchtlinge B" (Drucksachen 302, 98) 707 B, 710, 712 Schoettle (SPD), Berichterstatter . . . 707 B Beschlußfassung 707 D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 16) 707 D, 714 Beschlußfassung 707 D Nächste Sitzung 707 D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über die Gesetzentwürfe betr. die Vereinbarungen mit den Vertretern der Gläubiger und Garantiemächte über die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für gewisse österreichische Auslandsanleihen; mit der Französischen Republik über die Regelung der Forderungen der Französischen Republik an die Bundesrepublik Deutschland und mit dem Fürstentum Liechtenstein über die Regelung der Forderungen des Fürstentums Liechtenstein an die Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 64, 298) 708 Anlage 2: Gemeinsames Rundschreiben des Bundesministers des Innern und des Bundesministers der Finanzen an die Landesregierungen und die Landesvertretungen beim Bund vom 11. Januar 1954 betr Fahrpreisermäßigung für Evakuierte auf der Bundesbahn 710 Anlage 3: Gemeinsames Rundschreiben des Bundesministers des Innern und des Bundesministers der Finanzen an die Landesregierungen vom 24. April 1952 betr. Fahrpreisermäßigung für Evakuierte auf der Bundesbahn 712 Anlage 4: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse 714 Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 2 Seite 710 und Anlage 3 Seite 712 **) Siehe Anlage 4 Seite 714 Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 20. Sitzung Schriftlicher Bericht (Drucksache 298) des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über 1. Entwurf eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vertretern der Gläubiger und Garantiemächte über die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für gewisse österreichische Auslandsanleihen, 2. Entwurf eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die Regelung der Forderungen der Französischen Republik an die Bundesrepublik Deutschland, 3. Entwurf eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Liechtenstein über die Regelung der Forderungen des Fürstentums Liechtenstein an die Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 64) Berichterstatter: Abgeordneter Seuffert Der Ausschuß hat über die Vorlage gemeinsam mit den Ausschüssen für auswärtige Angelegenheiten und Geld und Kredit beraten. Den Gesetzen über die Vereinbarungen mit der Französischen Republik und mit dem Fürstentum Liechtenstein haben die Ausschüsse nach Erörterung der finanziellen und rechtlichen Grundlage einstimmig zugestimmt. Bezüglich des Gesetzes betreffend die Vereinbarungen über die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für gewisse österreichische Auslandsanleihen haben die Ausschüsse es begrüßt, daß die Bundesrepublik die Haftung nur für Zinsleistungen, jedoch nicht für Tilgungsleistungen übernommen hat. Wegen des Zusammenhangs dieser Frage mit der Gesamtabrechnung zwischen der Bundesrepublik und der Bundesrepublik Österreich, insbesondere auch mit der Lage des deutschen Vermögens in Österreich, haben es die Ausschüsse für richtig gehalten, sich über den Stand dieser Fragen zu orientieren. Sie haben zu diesem Zweck einen gemeinsamen Unterausschuß gebildet, der sich über die Lage des deutschen Vermögens in Österreich, den Stand der diesbezüglichen Ermittlungen und die Schwierigkeiten, welche Verhandlungen über diese Fragen entgegenstehen, eingehend berichten ließ. Auf Vorschlag des Unterausschusses haben die Ausschüsse den Wunsch ausgesprochen, daß die im Gang befindlichen Arbeiten beschleunigt weitergeführt und ausgewertet werden und daß die Bundesregierung alle Möglichkeiten ausnützen möge, um in Verhandlungen über das deutsche Vermögen in Österreich und die sonstigen im Verhältnis zu Österreich schwebenden Fragen zu kommen. Dieser Wunsch hat seinen Niederschlag gefunden in einem gemeinsamen Schreiben der drei Ausschüsse an den Herrn Bundesminister der Finanzen, welches lautet: Deutscher Bundestag Bonn, den 26. Februar 1954 Die Vorsitzenden der Ausschüsse für Finanz- und Steuerfragen, Geld und Kredit, auswärtige Angelegenheiten An den Bundesminister der Finanzen Herrn Fritz Schäffer Bonn Betr.: Entwurf eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vertretern der Gläubiger und Garantiemächte über die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für gewisse österreichische Auslandsanleihen — Drucksache 64, Anlage I —. Sehr verehrter Herr Schäffer! Die Ausschüsse für Finanz- und Steuerfragen, auswärtige Angelegenheiten und Geld und Kredit haben im Zusammenhang mit der Beratung der Drucksache 64 am 15. Januar 1954 einen Unterausschuß gebildet, der sich am 21. Januar in Anwesenheit von Sachverständigen einen Überblick über die Lage des deutschen Vermögens in Österreich zu verschaffen suchte. Zu seinem Bedauern mußte der Unterausschuß feststellen, daß das vorhandene umfangreiche Ma- (Seuffert) terial noch nicht so weit ausgewertet ist, daß sich ein genauer zahlenmäßiger Überblick über die 1945 vorhandenen deutschen Vermögenswerte und über ihr derzeitiges Schicksal gewinnen ließ. Besonders in Kenntnis des umgekehrten Bemühens der österreichischen Behörden, eingehendes Material über eventuelle österreichische Ansprüche gegenüber dem Reich zusammenzustellen, hielt es der Unterausschuß für dringend erforderlich, daß seitens der Bundesregierung die Auswertung und Ergänzung des Materials beschleunigt durchgeführt wird. Der Unterausschuß hielt es für wünschenswert, daß eine solche Übersicht nach zwei Gesichtspunkten aufgegliedert würde. Einmal sollte unterschieden werden zwischen privaten und öffentlichen Vermögen in Österreich, zum anderen sollte festgestellt werden, welches Schicksal diese Vermögen inzwischen genommen haben, unter wessen Verwaltung sie stehen, ob sie verstaatlicht wurden, wieviel Rückstellungsfälle vorliegen und welche Werte in die USIA aufgegangen sind; auch sollten, soweit möglich, Feststellungen über die Herkunft der Vermögen getroffen werden. Die Hauptausschüsse haben sich am 25. Februar 1954 diese Ansicht des Unterausschusses zu eigen gemacht. Sie waren der Meinung, daß es dringend notwendig sei, die erforderlichen — z. T. auch organisatorischen — Maßnahmen zu treffen, um für den Zeitpunkt der Auseinandersetzung mit Österreich über die Abrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten gerüstet zu sein. In der Zwischenzeit möge die Bundesregierung alle Anstrengungen machen, um mit österreichischen Stellen ins Gespräch über die derzeitige Behandlung des deutschen Vermögens in Österreich zu kommen, wobei die Härtefälle besonders beschleunigt behandelt werden sollten. Die Ausschüsse geben der Hoffnung Ausdruck, daß der Bundesminister der Finanzen diesem Schreiben dasselbe Gewicht beilegt wie einer vom Bundestag gefaßten Entschließung. Sie haben deshalb davon abgesehen, dem Bundestag eine Entschließung zur Annahme vorzulegen. Mit vorzüglicher Hochachtung! gez. Dr. Wellhausen gez. D. Dr. Gerstenmaier gez. Scharnberg Die Ausschüsse haben sodann einstimmig beschlossen, auch diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Die vorgeschlagenen redaktionellen Änderungen ergeben sich aus dem Zeitablauf bei der Inkraftsetzung des Londoner Schuldenabkommens. Der Berichterstatter erlaubt sich, noch darauf hinzuweisen, daß nach neuesten Pressemeldungen nunmehr auch die Österreichische Bundesrepublik den Wunsch ausgesprochen hat, in Verhandlungen mit der Bundesrepublik einzutreten. Bonn, den 5. März 1954 Seuffert Berichterstatter Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 20. Sitzung Gemeinsames Rundschreiben des Bundesministers des Innern und des Bundesministers der Finanzen an die Landesregierungen und die Landesvertretungen beim Bund Der Bundesminister des Innern Az. 5608 — 6 — 658/53 Der Bundesminister der Finanzen Az. II C — S. K. 0330 — 22/53 An die Landesregierungen die Landesvertretungen beim Bund Bonn, den 11. Januar 1954 Betr.: Fahrpreisermäßigung für Evakuierte auf der Bundesbahn. Bezug: Gemeinsames Rundschreiben des Bundesministers des Innern und des Bundesministers der Finanzen vom 24. 4. 1952 — 5603 — 2/2887/1952 – und II C 4713 a —17/ 52 —*). Von verschiedenen Seiten, so auch in der Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Länder zur Koordinierung der Durchführungsmaßnahmen auf Grund des Bundesevakuiertengesetzes am 10. September 1953 in Düsseldorf, wurde angeregt, die mit dem 31. Dezember 1953 auslaufende Regelung der Fahrpreisermäßigung für Evakuierte auf der Bundesbahn zu verlängern. Diese Anregung wird von uns vor allem auch im Hinblick darauf als berechtigt anerkannt, daß die Evakuierten sich auf Grund des Bundesevakuiertengesetzes vor die Notwendigkeit gestellt sehen, zur Vorbereitung ihrer Rückkehr oder Rückführung mit ihrem Heimatort nähere Verbindung aufzunehmen. Wir erklären uns daher bereit, Fahrkostenzuschüsse der Bezirksfürsorgeverbände für zwei Reisen der Evakuierten in ihren Heimatort im Kalenderjahr 1954 als verrechnungsfähig im Rahmen der Kriegsfolgenhilfe unter den gleichen Voraussetzungen, wie sie im gemeinsamen Rundschreiben vom 24. 4. 1952*) festgelegt sind, anzuerkennen. Darüber hinaus sind wir bereit, entsprechend einem in der Vergangenheit immer wieder vorgebrachten Wunsche auch Fahrkostenzuschüsse für die aus Berlin (West) und dem Saarland in das Bundesgebiet Evakuierten für zwei Reisen in den Heimatort im Kalenderjahr 1954 für verrechnungsfähig im Rahmen der Kriegsfolgenhilfe anzuerkennen, und zwar unter den gleichen *) Siehe Anlage 3 Seite 712 Voraussetzungen, wie sie für die bereits begünstigten Evakuierten nach dem gemeinsamen Rundschreiben vom 24. 4. 1952 bestehen. Für die Verrechnung der nach diesem Rundschreiben gewährten Leistungen ist die für den § 7 Abs. 2 Ziffer 2 des Ersten Überleitungsgesetzes geltende Begriffsbestimmung des Evakuierten weiterhin maßgebend. Die Deutsche Bundesbahn ist bereit, die Fahrpreisermäßigungsaktion in dem bisherigen Rahmen durchzuführen und auch die Abrechnung mit den Privatbahnen, soweit diese sich an der Fahrpreisermäßigung beteiligen, weiterhin zu übernehmen. Aus technischen Gründen kann jedoch bei Reisen nach Berlin (West) und dem Saarland die Fahrpreisermäßigung nur durch Lösung einer vollen normalen Fahrkarte für die Hin fahrt auf Grund eines allgemein üblichen Gutscheines des Bezirksfürsorgeverbandes gewährt werden. Die Bundesbahn ist bereit, den Bezirksfürsorgeverbänden auf den normalen Fahrpreis für die Hinfahrt einen Nachlaß von 10 % zu gewähren, der bei Rechnungsstellung von dem Fahrpreis abgesetzt wird. Der Evakuierte, der nach Berlin (West) und dem Saarland fährt, muß also die Rückfahrt voll bezahlen und trägt dadurch im Endergebnis den Fahrpreis in der gleichen Höhe wie Evakuierte für Reisen nach den innerhalb des Bundesgebietes gelegenen Ausgangsorten. 1 Die Bundesbahn wird die Vordrucke für die mit vier Stundungs- und Verrechnungsabschnitten versehenen Fahrpreisverbilligungsscheine für Reisen nach den im Bundesgebiet gelegenen Ausgangsorten bei den bisherigen Ausgabestellen zur Bestellung bereithalten. Mit Rücksicht auf den zahlenmäßig erheblich geringeren Personenkreis der Reisenden nach Berlin und dem Saarland werden jedoch die für diese Reisen mit zwei Gutscheinvordrucken versehenen Fahrpreisverbilligungsscheine nur bei den Fahrkartenausgabestellen München, Hauptbahnhof, und Hannover, Hauptbahnhof, zur Bestellung vorrätig gehalten. Sie können von dort durch die Landesregierungen und Bezirksfürsorgeverbände zum Preise von 0,01 DM je Stück bezogen werden. Ich wäre für eine Mitteilung darüber dankbar, ob die Verlängerung bzw. Erweiterung der Fahrpreisermäßigung durchgeführt wird und empfehle, gegebenenfalls die Ausschlußfrist für die Stellung von Anträgen im Interesse der Einheitlichkeit auf den 31. 5. 1954 festzusetzen. Der Bundesminister des Innern In Vertretung gez. Sleek Der Bundesminister der Finanzen In Vertretung gez. Hartmann Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 20. Sitzung Gemeinsames Rundschreiben des Bundesministers des Innern und des Bundesministers der Finanzen an die Landesregierungen Der Bundesminister des Innern — 5608 — 2/2887/1952 —Der Bundesminister der Finanzen — II C 4713a — 17/52 — Gemeinsames Rundschreiben An die Landesregierungen Nachrichtlich: Berlin. Bonn, den 24. April 1952 Betr.: Fahrpreisermäßigung für Evakuierte auf der Bundesbahn Seitens der Evakuierten ist fortlaufend gefordert worden, ihnen eine gleiche Fahrpreisermäßigung, wie sie den Heimatvertriebenen bewilligt worden ist, zuzugestehen. Die Fahrpreisermäßigung für Evakuierte ist auch wiederholt Gegenstand der Erörterungen in den zuständigen Ausschüssen des Bundestages und in der Bundesregierung gewesen. Da wir den Wunsch der Evakuierten nach Gleichstellung mit den Heimatvertriebenen in bezug auf verbilligte Reisen in ihre Heimatorte und zurück als berechtigt anerkennen, erklären wir uns bereit, wenn die Bezirksfürsorgeverbände des gegenwärtigen Wohnorts Fahrkostenzuschüsse an Evakuierte gewähren, solche als außerordentliche Beihilfen gemäß § 9 Abs.2 des Erstent Überleitungsgesetzes in der Fassung vom 21. August 1951 (BGBl. I S. 779) als verrechnungsfähig im Rahmen der Kriegsfolgenhilfe anzuerkennen. Voraussetzung für die Verrechnungsfähigkeit ist, daß die Bezirksfürsorgeverbände die über die Hälfte des gewöhnlichen Fahrpreises hinausgehenden Fahrkosten unter den gleichen Bedingungen übernehmen, wie sie nach dem Schreiben des Bundesministers für Vertriebene vom 28. 12. 1951 — IV 2 c — 9080 a — Tgb. Nr. 19055/51 — für Heimatvertriebene gelten. Die Evakuierten sollen also denselben Fahrpreis tragen, wie er von den Vertriebenen gezahlt wird, nämlich je die Hälfte des gewöhnlichen Fahrpreises III. Klasse für die Hin- und Rückfahrt. Die mit der Hauptverwaltung der Bundesbahn geführten Verhandlungen haben in dieser Frage zu folgender Regelung geführt: Die Evakuierten lösen für die Hin- und Rückfahrt je eine besondere Fahrkarte, aus welcher nur der von ihnen gezahlte Fahrpreis ersichtlich ist. Den auf die Bezirksfürsorgeverbände entfallenden Teil der Fahrkosten stundet die Bundesbahn im Rahmen ihrer Bestimmungen über das Stundungsverfahren. Die Hauptverwaltung der Bundesbahn hat sich bereit erklärt, bei Reiseentfernungen von über 100 km den Bezirksfürsorgeverbänden nicht die Hälfte des gewöhnlichen Fahrpreises, sondern die Differenz zwischen dem Fahrpreis einer Rückfahrkarte und der von dem Evakuierten gezahlten Hälfte des normalen Fahrpreises für Hin- und Rückfahrt in Rechnung zu stellen (Beispiel: Bei einer Entfernung von 115 km beträgt der gewöhnliche Fahrpreis für die einfache Fahrt 8 DM, für die Hin- und Rückfahrt 16 DM, für eine Rückfahrkarte 14,40 DM. Der Evakuierte zahlt 2 X 4 DM = 8 DM, zu Lasten des Bezirksfürsorgeverbandes würden gehen 2 X 3,20 = 6,40 DM. Für Kinder von 4 bis 10 Jahren ermäßigen sich die Beträge um je die Hälfte). Bei dieser Regelung sollen die Evakuierten weder bei einer Reiseentfernung bis zu 100 km noch darüber hinaus an die für Rückfahrkarten bestehende Geltungsdauer von 4 Tagen bzw. 2 Monaten gebunden sein. Die Inanspruchnahme der Fahrpreisermäßigung wird von der Bundesbahn von der Vorlage einer von den Bezirksfürsorgeverbänden oder der von diesen beauftragten Stellen ausgestellten Bescheinigung zum Bezug verbilligter Fahrkarten für Fahrten hilfsbedürftiger Evakuierter zum Besuch ihres Heimatortes abhängig gemacht. Ein Muster dieser Bescheinigung liegt bei. Die Vordrucke können nur von den Landesregierungen und Bezirksfürsorgeverbänden bei den Eisenbahn-Direktionen bezogen werden. Vor Mitte Mai ist jedoch mit der Lieferung nicht zu rechnen. Als Stundungs- und Verrechnungsschein gilt für jede Reise je ein von der Fahrkartenausgabe abzutrennender Abschnitt der Bescheinigung. Der gestundete Fahrpreis wird nach Abtrennung des Abschnittes in die am Ende des Abschnittes vorhandene Leerspalte von der Bundesbahn eingetragen. Bei den Verhandlungen hat die Bundesbahn den dringenden Wunsch geäußert, im Interesse der Vereinfachung des Verfahrens die gestundeten Fahrpreise nur mit den Ländern abzurechnen. Wir empfehlen, diesem berechtigten Wunsche zu entsprechen. Die Geltungsdauer der Fahrpreisermäßigung ist auf den 31. Dezember 1953 festgesetzt; sie entspricht damit der für die Fahrpreisermäßigung für die Vertriebenen abgeänderten Frist. Von einer Verteilung der 3 Reisen auf die Jahre 1952 und 1953 konnte abgesehen werden. Im Interesse des Geschäftsverkehrs würden wir es für vertretbar halten, für die Antragstellung eine Anschlußfrist festzusetzen, wie diese auch für die Anträge der Vertriebenen festgesetzt wurde. Im Hinblick auf die erstrebenswerte Einheitlichkeit wird für den Fristablauf der 31. 8. 1952 empfohlen. Nach den vorstehenden Ausführungen würde der Bund mithin Fahrkostenzuschüsse als verrechnungsfähig anerkennen, wenn bei ihrer Gewährung folgende Punkte beachtet worden sind: 1. Beihilfen können Evakuierten bis zum 31. 12. 1953 zu 3 Reisen vom gegenwärtigen gewöhnlichen Aufenthaltsort in ihren Heimatort gewährt werden. Hin- und Rückfahrt zählen als eine Reise. 2. Im Verkehr mit der Ostzone wird eine Beihilfe nicht gewährt. 3. Die Beihilfe wird ferner nicht gewährt, wenn andere Kostenträger für die Reisekosten aufzukommen haben. 4. Verrechnungsfähig ist bei Reiseentfernungen bis zu 100 km der halbe gewöhnliche Fahrpreis, für Kinder von 4 bis 10 Jahren ein Viertel des gewöhnlichen Fahrpreises III. Klasse für Personenzüge. Bei Reiseentfernungen über 100 km ist verrechnungsfähig der Differenzbetrag zwischen dem Preis der Rückfahrkarte und dem halben gewöhnlichen Fahrpreis, für Kinder von 4 bis 10 Jahren der Differenzbetrag zwischen dem Preise der Rückfahrkarte für Kinder und einem Viertel des gewöhnlichen Fahrpreises III. Klasse für Personenzüge. 5. Außer den in der öffentlichen Fürsorge laufend unterstützten Personen können die Beihilfen auch gewährt werden: Ledigen und Alleinstehenden mit einem monatlichen Netto-Einkommen bis zu DM 120,—Verheirateten ohne Kinder mit einem monatlichen Netto-Einkommen bis zu DM 180,—Verheirateten mit Kindern mit einem monatlichen Netto-Einkommen bis zu DM 180,—zuzüglich DM 30,— für jedes Kind, sofern der Antragsteller zum Unterhalt gesetzlich verpflichtet ist. Als Netto-Einkommen gilt das Brutto-Einkommen abzüglich der zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge (Pflichtbeiträge). 6. In folgenden Fällen können die unter Ziffer 5 festgesetzten Beträge bis zu 20 v. H. überschritten werden: a) bei längerer Arbeitslosigkeit oder Krankheit des Haupternährers in der Familie innerhalb der letzten 12 Monate, b) bei längerer Krankheit in der Familie in den letzten 12 Monaten, soweit zusätzliche Aufwendungen gemacht worden sind, deren Aufbringung dem Familienvorstand schwerfällt. Der Bundesminister des Innern gez. Dr. Lehr Der Bundesminister der Finanzen gez. Schäffer Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 20. Sitzung Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 16) Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Absatz 1 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen: 1. Antrag der Fraktion der FDP betreffend Änderung der Entfernungstarife der Deutschen Bundespost für den Postverkehr mit Berlin (Drucksache 279) 2. Antrag der Fraktion der FDP betreffend Magermilchpulver (Drucksache 283) 3. Antrag der Fraktion der FDP betreffend Bekämpfung der Rindertuberkulose (Drucksache 284) 4. Antrag der Abgeordneten Rümmele, Maier (Freiburg), Dr. Hoffmann und Genossen betreffend Aufbauhilfe für die Stadt Kehl (Drucksache 285) 5. Antrag der Fraktion der DP betreffend Ausbau der Mittelweser und des Dortmund-Ems-Kanals (Drucksache 287) 6. Antrag der Abgeordneten Schoettle, Rümmele, Dr. Hoffmann und Genossen betreffend Beteiligung des Landes Baden-Württemberg an den Bundesmitteln für Grenzbezirke (Drucksache 294) 7. Antrag der Abgeordneten Miller und Genossen betreffend Fahrpreisermäßigung für Sowjetzonenflüchtlinge (Drucksache 301) an den Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen; an den Haushaltsausschuß (federführend) und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; an den Haushaltsausschuß (federführend) und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und an den Ausschuß für Grenzlandfragen; an den Haushaltsausschuß (federführend) und an den Ausschuß für Verkehrswesen; an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Ausschuß für Grenzlandfragen; an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Heimatvertriebene, an den Ausschuß für Verkehrswesen und an den Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen. Bonn, den 9. März 1954 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Haasler und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Schröder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bedeutung des Gesetzentwurfs, den ich im Namen der Bundesregierung heute hier einzubringen die Ehre habe, wird man nur dann richtig würdigen können, wenn man ihn als einen Teil eines größeren Ganzen ansieht. Dem 1. Bundestag war die Aufgabe gestellt, das Problem der Mitbestimmung gesetzgeberisch in seinen Grundzügen zu lösen. Alle diejenigen von Ihnen, die diese großen und dramatischen Auseinandersetzungen miterlebt haben, werden bestätigen können, daß das Betriebsverfassungsgesetz und das Kohle-Eisen-Mitbestimmungsgesetz zu den markantesten und gewichtigsten Kapiteln der ersten Gesetzgebungsperiode dieses Hauses gehört haben. Sie werden Marksteine in der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte bleiben. Ich will hier nicht davon sprechen, ob jeder Akt dieser früheren Gesetzgebung in den Augen aller als voll befriedigend angesehen werden kann. Das, was dem einen Teil zu weit zu gehen schien, genügte dem anderen nicht. Das pflegt häufiger so zu sein. Wenn ich aber einmal den Gesetzgeber als die Komponente aus den verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Kraftfeldern ansehen darf, auf denen sich das Ringen um die Gestaltung des Mitbestimmungsproblems abgespielt hat, dann wird man wohl aus allen Lagern anerkennen müssen, daß mindestens die Linie, die das Betriebsverfassungsgesetz vorgezeichnet hat, maßvoll und reformerisch zugleich ist. Dieses Gesetz bewährt sich seit beinahe 1 1/2 Jahren in der Praxis, und wir hoffen, daß es sich zum Wohle aller weiter bewähren möge.
    Wir sind uns alle klar darüber, daß das Personalvertretungsgesetz, mit dem sich das Hohe Haus in den kommenden Wochen beschäftigen wird, nichts anderes sein kann als die Abrundung des großen Gesetzgebungswerkes, das unsere Vorgänger in den ersten vier Jahren geschaffen haben. Dieses Gesetz soll für mehr als 2 Millionen Arbeiter, Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst gelten, während der Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes mehr als 13 1/2 Millionen private Arbeitnehmer umschließt.
    Ich darf daran erinnern, daß der erste Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes schon im Juli 1952 eingebracht und vom 1. Bundestag am 10. September 1952 behandelt worden ist. Als ein Mitglied des 1. Bundestages habe ich es immer sehr bedauert, daß es damals nicht mehr möglich gewesen ist, die Ausschußberatungen vor Ablauf der 1. Legislaturperiode aufzunehmen. Es hat sich seinerzeit gezeigt, daß gegen Ende der 1. Legislaturperiode die Beanspruchung der Ausschüsse und der für ihre Arbeit verantwortlichen Vorsitzenden so gewachsen war, daß der Schlußstein in dem Mitbestimmungsgebäude nicht mehr gesetzt werden konnte.
    Die derzeitige Bundesregierung ist am 20. Oktober ins Amt gekommen. Sie hat sich von Anfang an bemüht, dem Hohen Haus den Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes so schnell wie möglich zuzuleiten. Dabei standen wir vor der Frage, ob es zwingende Gründe gäbe, die dafür gesprochen hätten, das ganze Thema neu aufzurollen und es etwa aus der Kabinettsebene wieder auf die der Ressorts, der Referenten, der Verbände und auf die Länderebene zu verweisen. Solche zwingenden Gründe waren nach Auffassung der Bundesregierung nicht gegeben. Es überwog das Interesse daran, daß sich das Hohe Haus möglichst schnell mit diesem Gesetz befassen sollte. Dafür sprachen in erster Linie die Absicht, die Mitbestimmung als ein Ganzes aufzufassen und als ein Ganzes abschließend zu regeln, in zweiter Linie die Notwendigkeit der Rechtseinheitlichkeit in der Bundesrepublik. Denn nichts, meine Damen und Herren, klammert ein Volk, ungeachtet seiner staatlichen Rechtsform, im einzelnen stärker zusammen als ein gemeinsames Recht und das Bewußtsein eines gemeinsamen Rechts.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Es bestand die Sorge, daß, falls der Bund zu lange zögerte, seine Verpflichtung zur Rechtsetzung auf diesem Gebiete zu erfüllen, einzelne Länder sich veranlaßt sehen könnten, Zwischenlösungen zu schaffen, die das Bedürfnis nach einer in den Grundzügen übereinstimmenden Gesetzgebung beeinträchtigt hätten.
    Schließlich war zu bedenken, daß die Amtsdauer der Personalvertretungen im öffentlichen Dienst, die — bereits einmal verlängert — Ende dieses Monats ausgelaufen wäre, nicht ohne Schaden unbegrenzt verlängert werden konnte. Wir alle wissen, wie problematisch es ist, Vertretungsgremien ohne Rücksicht auf ihre Bewährung und ohne Rücksicht auf den Willen derjenigen, die durch sie vertreten werden, durch Verlängerung im Amte zu halten. Das ist ein Behelf, von dem nur sparsam Gebrauch gemacht werden darf. Ich glaube, daß wir in der Verlängerung der Amtsdauer der Personalvertretungen bis zum Ende dieses Jahres schon an die Grenze des hier Möglichen gegangen sind.
    Ich übergehe die Verzögerung, die diese Vorlage dadurch erlitten hat, daß wir sie, obwohl unverändert, entgegen unserer ursprünglichen Auffassung doch noch einmal dem Bundesrat haben vorlegen müssen.
    Alle Gesichtspunkte, die von vornherein für die größtmögliche Beschleunigung gesprochen haben, gelten auch noch heute: Das Kontrollratsgesetz Nr. 22, das für weite Bereiche des öffentlichen Dienstes gilt, stellt nur eine unzulängliche Regelung dar; in der privaten Wirtschaft ist die umfassende Regelung des Betriebsverfassungsgesetzes längst in Kraft; die Uneinheitlichkeit hinsichtlich der Bildung und der Befugnisse der Personalvertretung im öffentlichen Dienst mußte beseitigt werden; die Grundzüge der Personalvertretung für den öffentlichen Dienst durften und dürfen sich von der Regelung der privaten Wirtschaft nicht weiter entfernen, als es die besonderen Aufgaben des öffentlichen Dienstes zwingend vorschreiben.
    Der Entwurf nun, meine Damen und Herren, der Ihnen heute vorliegt, weicht in den prinzipiellen Fragen nicht von der ersten Vorlage aus dem Juli 1952 ab. Einiges von der Kritik, die damals geäußert worden ist, ist heute überholt. Die damals offene Frage, ob der öffentliche Dienst in das Personalvertretungsgesetz einbezogen werden sollte, ist durch den § 88 des Betriebsverfassungsgesetzes bereits endgültig zugunsten eines besonderen Gesetzes entschieden. Wenn damals auf das Kontrollratsgesetz Nr. 22 als eine angeblich einheitliche Regelung hingewiesen wurde, so ist der Streit über diese Frage inzwischen müßig geworden. Aber auch beim Kontrollratsgesetz war nicht unbestritten, ob es auf Beamte überhaupt anwendbar sei.


    (Bundesinnenminister Dr. Schröder)

    Der Art. 130 der Weimarer Verfassung und das Betriebsrätegesetz von 1920 zogen zwischen Beamten und Arbeitnehmern einen Trennungsstrich. Die Beamten sollten eine besondere Vertretung erhalten und galten zunächst nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsrätegesetzes. Die Bundesregierung hat vor Jahren den Standpunkt vertreten und hält daran fest, daß sich die Personalvertretungen mit innerbetrieblichen oder inner-behördlichen Fragen befassen sollen und daß der Trennungsstrich daher folgerichtig nach Betrieben gezogen werden muß, d. h. Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes müssen grundsätzlich mit Beamten zusammen in einer gemeinsamen Personalvertretung die gemeinsamen Angelegenheiten der Angehörigen einer Dienststelle oder eines Betriebes regeln.
    Diese Zusammenfassung wird auch dadurch gerechtfertigt, daß die Verhältnisse im Staat und in der Wirtschaft verschieden sind. Das gilt für die Arbeiter und Angestellten und insbesondere für die Beamten. Schon das Arbeitsverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst unterscheidet sich von dem privaten Arbeitnehmerverhältnis. Im öffentlichen Dienst gilt das Gelöbnis, es gelten verschärfte Bestimmungen über Bestechung und Geheimnisverrat. Es gelten besondere Strafbestimmungen bei Beschäftigung mit Beamtenangelegenheiten. Und was die Beamten anlangt, so liegt ihnen eine besondere Treue- und eine besondere Gehorsamspflicht ob.
    Diese Grundauffassung hat folgerichtig dazu geführt, auch die öffentlichen Betriebe in das Personalvertretungsgesetz einzubeziehen. Nur öffentliche Betriebe mit privater Rechtsform fallen unter das Betriebsverfassungsgesetz. Öffentliche Betriebe des Bundes haben — an der Beschäftigtenzahl gemessen — überwiegend keine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie werden regelmäßig von einer öffentlichen Verwaltung als Regiebetriebe geführt. Die Einbeziehung der öffentlichen Betriebe in das Personalvertretungsgesetz ist nicht unbestritten geblieben. Im 1. Bundestag sind Bedenken dagegen geäußert worden, Betriebe und Verwaltungen von großer Verschiedenheit, wie z. B. die Justizverwaltung einerseits und einen Rangierbahnhof andererseits, demselben Gesetz zu unterstellen.

    (Abg. Rümmele: Sehr richtig!)

    — Ich höre zu meiner Freude, daß der Herr Kollege Rümmele, der das, was ich hier gerade vortrage, im 1. Bundestag geäußert hat, heute daran festhält, obwohl ich sagen möchte, Herr Kollege Rümmele: es ist keine uneingeschränkte Freude.
    — Es ist aber zu bedenken, daß die wirtschaftlichen und ein großer Teil der personalrechtlichen Entscheidungen, so z. B. alle beamtenrechtlichen Entscheidungen, für die Regiebetriebe in den übergeordneten Verwaltungsinstanzen und letztlich vom Minister getroffen werden. Was seine Verantwortlichkeit anlangt, so kann nicht danach unterschieden werden und wird nicht danach unterschieden, ob sein Geschäftsbereich große Betriebe umfaßt oder nicht. Das zeigt ein Blick auf die Ressorts des Verkehrs und der Post einerseits und der Justiz andererseits.
    Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, in einigen kurzen Bemerkungen zur Frage der Bildung der Personalvertretungen Stellung nehmen. Das hier umstrittene Prinzip ist die Frage der Gruppenwahl. Es wird immer wieder die Behauptung aufgestellt, daß das neue Gesetz einen Rückschritt gegenüber dem Betriebsrätegesetz von 1920 bedeute. Das trifft nicht zu. Das Betriebsrätegesetz kannte vielmehr innerhalb des Betriebsrats Arbeiter- und Angestelltenräte. Arbeiter und Angestellte wählten ihre Vertretungen getrennt. Eine gemeinsame Wahl fand nur statt, wenn jede Gruppe dies vorher mit Zweidrittelmehrheit beschlossen hatte. Die damaligen Bestimmungen — und dieser Gesichtspunkt wird leider in der Diskussion der neueren Zeit übersehen — begünstigten die Gruppenwahl wesentlich stärker als der Regierungsentwurf, denn dieser sieht die gemeinsame Wahl schon dann vor, wenn in den einzelnen Gruppen vorher mit einfacher Mehrheit so beschlossen worden ist. Das Betriebsrätegesetz von 1920 sprach überdies, wie ich das bereits erwähnt habe, von besonderen Beamtenvertretungen.
    In der Frage der Gruppenwahl ist sich nun die Bundesregierung mit dem Bundesrat nicht einig. Sie wissen, daß der Bundesrat sich für gemeinsame Wahlen ausgesprochen hat und die Gruppenwahl nur dann zulassen will, wenn eine Gruppe es beschließt. Es ist richtig, daß nach 1945 die Gemeinschaftswahl im Vordergrund stand. Ich darf aber darauf hinweisen, daß verschiedene Landesarbeitsgerichte dahin entschieden haben, daß nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 22 die Gruppenwahl die einzige demokratische Form sei. Sie war auch im bayerischen Betriebsrätegesetz als Regelfall vorgesehen. Wenn die Bundesregierung an der Gruppenwahl festhält, so aus der Erwägung, daß die Rechte der Minderheiten unter allen Umständen gewahrt werden müssen.
    Lassen Sie mich dafür einige Beispiele anführen. Es gibt im öffentlichen Dienst Dienststellen mit vielen Beamten und Angestellten, aber nur wenigen Arbeitern, z. B. die Bundesbehörden selbst. Andererseits haben wir Betriebe mit vielen Arbeitern und nur wenigen Beamten als Aufsichtskräften, z. B. große Dienststellen der Betriebsverwaltungen. In beiden Fällen — und ich unterstreiche: in beiden Fällen — muß vermieden werden, daß die Minderheit eine Vertretung erhält, die nicht ihren eigenen Wünschen entspricht.
    Mir ist in diesen Tagen ein Aufsatz mit der merkwürdigen Frage zu Gesicht gekommen, wer denn die Minderheit einer Gruppe schütze, die nicht für Gruppenwahl, sondern für Gemeinschaftswahl eintrete.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Es mag sein, daß man den Schutz der Minderheit noch stärker ausbauen könnte, als die Regierungsvorlage es vorsieht. Man wird es aber schwerlich so einrichten dürfen, daß die Minderheit einer Gruppe der Mehrheit dieser Gruppe ihren Willen aufzwingen kann.
    Der Beamtenbund hat besondere Beamtenvertretungen gefordert, weil spezifisch beamtenrechtliche Fragen zu behandeln seien, deren Regelung beamtenrechtliche Grundkenntnisse und Vertrautheit mit der besonderen inneren Einstellung der Beamten zum Staat voraussetze. Das Lt sicher richtig. Es gilt aber umgekehrt auch für reine Arbeitnehmerangelegenheiten. Es scheint mir daher eine angemessene Erwägung zu sein, wenn der Regierungsentwurf Gruppenentscheidungen für die Angelegenheiten vorsieht, die eine Gruppe allein berühren.
    Die meisten Angelegenheiten aber sind gemeinsam. Deshalb sollte es keine getrennte Personalvertretung geben. Aber da für die Einrichtung der


    (Bundesinnenminister Dr. Schröder)

    Gruppenentscheidung objektive Merkmale bestimmend sind, nämlich Sachkunde und spezifische Interessen der Gruppen, kann die Frage, ob eine Gruppenentscheidung stattfinden soll, nicht, wie der Bundesrat es tun möchte, von der subjektiven Entschließung der betroffenen Gruppe des Personalrats abhängig gemacht werden.
    Die Personalvertretung soll eine echte Repräsentation der Belegschaft sein. Nun wissen wir und Sie alle aus den Kämpfen um das Wahlgesetz, daß die Meinungen darüber, was eine echte Repräsentation ist, auseinandergehen. Man wird hier, wie mir scheint, zwischen der Repräsentation im politischen Leben überhaupt und zwischen der Repräsentation in einem gegliederten Betrieb unterscheiden können und müssen. Deswegen werden für die Wahl der Personalvertretung die Grundsätze der Verhältniswahl vorgeschlagen, wie es das Betriebsverfassungsgesetz und das Betriebsrätegesetz von 1920 vorsehen. Der Unterschied zwischen einer Personalvertretung und einer politischen Vertretung liegt darin, daß die Parlamente tragfähige und regierungsfähige Mehrheiten brauchen, während die Verhältniswahl auch dem letzten Mann im Betrieb seine Vertretung verschafft.
    So viel zu den Grundsätzen der Gruppenwahl und der Verhältniswahl.
    Der Bundesrat möchte auch im Rahmen der Personalvertretung den Grundsatz der Persönlichkeitswahl nicht vernachlässigt sehen. Die Bundesregierung teilt diesen Standpunkt. Sie sieht jedoch zwischen einer Verhältniswahl in den Betrieben und der Wahl von Persönlichkeiten keinen unüberbrückbaren Gegensatz. Dem Wunsch nach Persönlichkeitswahl kann durch eine Wahlordnung entsprochen werden, die innerhalb einer Liste den
    3 Bewerber mit der höchsten Stimmenzahl zum Zuge kommen läßt. Da die Bewerber zu einem großen Teil innerhalb ihrer Betriebe bekannt sind, stehen der Verwirklichung dieses Grundsatzes keine unüberwindlichen Schwierigkeiten entgegen.
    Es ist nun von der Opposition gesagt worden, der Regierungsentwurf bleibe weit hinter dem Betriebsrätegesetz von 1920 zurück. Auf diese allgemeine Behauptung möchte ich zunächst mit einer allgemeinen Feststellung antworten: Die neuere Entwicklung des Mitbestimmungsrechts hat den Arbeitnehmern und den Gewerkschaften Befugnisse gebracht, die weit über das hinausgehen, was vor 1933 gegolten hat. In keinem anderen Land der Welt findet sich eine Parallele zu einer so umfassenden gesetzlichen Regelung dieser Rechte, wie sie in der Bundesrepublik verwirklicht sind. Nach dem Betriebsrätegesetz von 1920 hatten die Betriebsräte in den sozialen Angelegenheiten nur das Recht der Beratung oder Mitwirkung, aber keine Mitbestimmung. In personellen Fragen hatten sie nur das Recht, mit dem Arbeitgeber allgemeine Richtlinien über die Einstellung von Arbeitnehmern zu vereinbaren. Über die Einstellung des einzelnen Arbeitnehmers entschied der Arbeitgeber allein. Sie waren in wirtschaftlichen Fragen auf das Recht beschränkt, die Betriebsleitung durch Rat zu unterstützen, und hatten ein gewisses Recht auf Information.
    Demgegenüber bringt der Regierungsentwurf in allen Fragen, die die Bediensteten berühren, eine Beteiligung, und zwar a) eine Mitbestimmung bei personellen Angelegenheiten der Arbeitnehmer, b) Dienstvereinbarungen in den wichtigsten sozialen Fragen und schließlich c) eine Mitwirkung
    oder Anhörung in Angelegenheiten der Beamten sowie in arbeitstechnischen und betriebsorganisatorischen Fragen.
    Ich glaube, alle Beteiligten sollten sich darin einig sein, daß es zwischen dem öffentlichen Dienst und der privaten Wirtschaft Unterschiede gibt, die eine gleichmäßige und übereinstimmende Regelung der Beteiligung nicht zulassen. Das, was man den Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit zu nennen gewohnt ist — wobei ich einmal ganz offenlasse, ob dieser Gegensatz in der alten Form überhaupt noch besteht —, gibt es im öffentlichen Dienst nicht. Der öffentliche Dienst braucht auch keine „Demokratisierung der Verwaltung", weil der Behördenleiter keine „autoritäre" Stellung hat. Der Behördenleiter ist vielmehr gegenüber seiner vorgesetzten Behörde verantwortlich, von ihrer Weisung abhängig und letztlich über seinen Minister parlamentarisch gebunden und kontrolliert. Alle letzten Entscheidungen liegen im öffentlichen Dienst beim Parlament oder der entsprechenden Vertretungskörperschaft. Die Personalvertretung kann nicht in die Verantwortung der Behördenspitze gegenüber dem Parlament oder der Vertretungskörperschaft eingreifen. Ich muß es daher als abwegig bezeichnen, wenn man die Dinge so darstellt, als ob für den öffentlichen Dienst ein „Ausnahmegesetz" geschaffen würde.
    Auf eine Besonderheit möchte ich jedoch hinweisen. Es ist eine Besonderheit, die für kasernierte Verbände notwendig ist. Es bedarf keiner Erörterung, daß die Erhaltung der Einsatzfähigkeit solcher Verbände die Anwendbarkeit einzelner Vorschriften dieses Gesetzes ausschließt. Im Grundsatz jedoch soll das Gesetz auch für diese Verbände gelten. Die Bundesregierung hat sich in diesem Punkt dem Vorschlag des Bundesrats angeschlossen.
    Ich möchte noch einige Worte zu den Fragen der Stufen-Personalräte und der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte sagen. Die Bundesregierung hält es nicht für richtig, Stufen-Personalräte nach Art von Instanzenzügen aufzubauen. Alle Personalräte sollen vielmehr gleichrangig sein, auch wenn sie einer vorgesetzten Verwaltungsbehörde angehören. Denn Entscheidungen, bei denen Personalräte mitzuwirken haben, werden nach organisatorischen Grundsätzen unter Umständen von verschiedenen Instanzen getroffen. Dementsprechend soll der Personalrat mitwirken, der bei der Behörde besteht, die von der Entscheidung betroffen wird.
    Die Bundesregierung hält auch daran fest, daß Streitigkeiten aus diesem Gesetz vor den Verwaltungsgerichten ausgetragen werden. Das Personalvertretungsrecht des öffentlichen Dienstes des Bundes ist Bundesdienstrecht. Den Kern des Verwaltungspersonals bilden die Beamten. Ihr Recht ist öffentliches Recht. Die Mitwirkung der entsprechenden Vertretungen bezieht sich auf Verwaltungsakte der Behörden. Auch hierbei handelt es sich um öffentliches Recht. Ich begrüße es, daß sich auch der Bundesrat nunmehr dieser Auffassung angeschlossen hat.
    Eine Meinungsverschiedenheit besteht jedoch zwischen Bundesregierung und Bundesrat, und zwar in der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit. Sie wissen bereits oder Sie werden es noch erfahren, daß der Bundesrat eine sehr weite Auffassung hinsichtlich der Zustimmungsbedürftigkeit hat. In diesem Falle beruft er sich auf Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes. Es ist aber durchaus


    (Bundesinnenminister Dr. Schrader)

    fraglich, ob es sich bei § 82 des Regierungsentwurfs überhaupt um einen Fall der Ausführung eines Bundesgesetzes durch die Länder als eigene Angelegenheit handelt. Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, läge eine Zustimmungsbedürftigkeit nicht vor, weil § 82 des Regierungsentwurfs weder die Einrichtung von Landesbehörden fordert noch ein Tätigwerden der Länder im Sinne eines Verwaltungsverfahrens auslöst.
    Der Bundesrat hat nun aber auch vorgeschlagen, den Ländern völlige Freiheit bei der Gestaltung des Personalvertretungsrechts zu lassen. Ich habe bereits eingangs gesagt, daß das Bedürfnis der Rechtseinheitlichkeit insbesondere auf dem Gebiet des Wirtschafts- und Sozialrechts eine der unverzichtbaren Klammern unseres staatlichen Gefüges darstellt. Die Bundesregierung vertritt daher übereinstimmend mit den Wünschen der Gewerkschaften, wie ich mich freue, sagen zu können, die Auffassung, daß Rahmenvorschriften grundsätzlich notwendig sind. Die Einheitlichkeit gerade des Dienstrechts im öffentlichen Dienst bindet Bund, Länder und Gemeinden für ihre gemeinsame Aufgabe fest zusammen. Die weitgehende Übereinstimmung in den grundsätzlichen Fragen ist deshalb gerade hier ein staatspolitisches Erfordernis ersten Ranges. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß die von ihr vorgeschlagenen Bestimmungen das Mindestmaß dessen sind, was zur Wahrung der Einheitlichkeit erforderlich ist.
    Ich möchte abschließend dem Wunsch und der Hoffnung Ausdruck geben, daß es dem Hohen Hause gelingen wird, diese wichtige Vorlage zügig zu verabschieden. Die vornehmste Aufgabe unserer Gesetzgebungsarbeit ist die Wahrung des inneren Friedens. Der innere Frieden ist bedroht, solange wichtige Teilgebiete unserer Wirtschafts- und Sozialverfassung ungeklärt und umstritten sind. Die Verabschiedung dieser Vorlage wird, wie ich hoffe, dem inneren Frieden dienen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Anton Sabel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Hause wiederholt eine Diskussion des Problems erlebt, das uns nun auch heute wiederum beschäftigt. Ich darf an die Auseinandersetzungen um das Betriebsverfassungsgesetz und an die Diskussionen mit den beteiligten Kreisen, ich darf auch an die erste Lesung des Personalvertretungsgesetzes im September des vergangenen Jahres erinnern.
    Der Herr Bundesminister des Innern hat schon darauf hingewiesen, daß es in der ersten Legislaturperiode nicht mehr möglich war, auch dieses Stück des Mitbestimmungsrechtes im Bundestag zu verabschieden. Er hat auf die Gründe hingewiesen. Ich weiß, daß man zum Schluß der ersten Legislaturperiode noch versuchte, dieses Gesetz zu verabschieden. Dann wäre aber nicht die Möglichkeit gegeben gewesen, die verschiedenen Probleme, die in dem Gesetz enthalten sind, eingehend zu diskutieren. Zweifellos wäre die Verabschiedung zu dem damaligen Zeitpunkt für die Sache nicht gut gewesen.
    In der ersten Legislaturperiode ist eingehend darüber diskutiert worden, ob es zweckmäßig sei, das Problem in einem besonderen Gesetz zu regeln, oder ob man die Regelung in das allgemeine Betriebsverfassungsrecht einbeziehen solle. Ich glaube, es ist abwegig, diesen Streit heute fortzusetzen, da ja durch die Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes eine Entscheidung erfolgt ist.
    Die Bedeutung dieses Gesetzes mag daran erkennbar sein, daß nach Verabschiedung des Gesetzes eine beträchtliche Zahl von Arbeitern, Angestellten und Beamten den in ihm getroffenen Regelungen unterstellt sein wird. Rund 900 000 Bundesbedienstete sind vorhanden. Auch die indirekte Wirkung eines solchen Gesetzes auf die Landesbediensteten, die Bediensteten der Gemeinden und die der nicht bundesunmittelbaren Körperschaften muß noch beachtet werden.
    Aber ich glaube, rein zahlenmäßig, mit dem Blick allein auf die Beschäftigtenziffern, ist die Bedeutung des Gesetzes, das zur Diskussion steht, nicht zu erfassen. Ich möchte sagen, im Rahmen der ganzen Mitbestimmungsprobleme soll dieses Gesetz mit dazu helfen, auch im öffentlichen Dienst von einem Untertanenverhältnis zu einem echten Mitarbeiterverhältnis zu kommen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das soll wohl letztlich der Sinn dieser gesetzlichen Regelung sein. Ich will damit nicht sagen, daß nun noch allüberall Situationen vorhanden sind, die nicht der Zeit entsprechen, aber da und dort wird es notwendig sein, daß auch im öffentlichen Dienst ein etwas frischerer Wind weht und daß man hier — sagen wir es ruhig — zu etwas zeitgemäßeren Auffassungen kommt.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Niemand verkennt, daß wir im öffentlichen Dienst eine Sondersituation haben. Die Dinge können nicht genau so wie in der privaten Wirtschaft betrachtet und behandelt werden. Ich glaube wohl feststellen zu dürfen, daß ganz allgemein der Grundsatz bejaht wird, daß der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst dort eine Grenze gesetzt ist, wo das Recht parlamentarischer Körperschaften beginnt. Das ist wohl eine allgemeine Auffassung, und das erleichtert uns zweifellos die Diskussion über das ganze Problem.
    Allerdings wird zu prüfen sein — auch der Herr Bundesinnenminister hat das Problem eben angeschnitten —, ob nicht bestimmte Differenzierungen zwischen den Hoheitsverwaltungen einerseits und Regiebetrieben andererseits auch eine gewisse Differenzierung im Gesetz erforderlich machen.

    (Abg. Rümmele: Sehr richtig!)

    Bei der Diskussion des ganzen Fragenkomplexes in der vergangenen Zeit haben sich einige Grund' herauskristallisiert. Wir haben gerade von uns aus wiederholt auf diese Grundsätze hingewiesen. Einer von ihnen ist: Für den öffentlichen Dienst soll kein schlechteres, sondern ein passenderes Recht geschaffen werden. Schon in der ersten Diskussion des Problems vor wenigen Jahren in den Ausschüssen des Bundestages, als es um das Betriebsverfassungsgesetz ging, hat der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ritter von Lex, diese Auffassung vertreten. Weiterhin ist der Grundsatz aufgestellt worden, daß Abweichungen vom Betriebsverfassungsgesetz nur dort erfolgen sollen, wo sie auf Grund der besonderen Situation des öffentlichen Dienstes notwendig sind. Und ein dritter Grundsatz scheint mir wesentlich zu sein. Er lautet: Wo der Behördenleiter allein das Recht auf Entscheidung hat, muß


    (Sabel)

    er sich gleichermaßen wie der Unternehmer in der Privatwirtschaft ein Mitwirkungs- oder ein Mitbestimmungsrecht gefallen lassen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Nun ist zu prüfen, ob bei dem uns heute vorliegenden Gesetzentwurf diese Grundsätze, die ich eben angedeutet habe, beachtet worden sind. Das ist bei den organisatorischen Bestimmungen zweifellos geschehen. Aber bei der materiellen Gestaltung des Rechts in diesem Gesetz bestehen noch manche Lücken,

    (Abg. Rümmele: Sehr richtig!)

    und manche berechtigte Wünsche sind noch nicht erfüllt worden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich will es mit einigen Hinweisen deutlich machen. Es sollen nur Hinweise sein, weil ja heute nicht die Möglichkeit besteht, das Gesetz in allen Details zu diskutieren.
    In § 9 beispielsweise ist eine Bestimmung eingefügt worden, nach der das aktive Wahlrecht nur solche Personen haben sollen, die mindestens drei Monate im öffentlichen Dienst stehen. Eine derartige Regelung haben wir im Betriebsverfassungsgesetz nicht. Wohl haben wir bestimmte Voraussetzungen für das passive Wahlrecht verlangt. Sie sind auch in diesem Gesetz enthalten, und ich halte sie für notwendig; dagegen habe ich keine Bedenken. Aber ich halte es nicht für notwendig, daß man das aktive Wahlrecht an eine längere Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst bindet.
    § 30 besagt — es geht da um den Vorsitz im Personalrat —, daß eines der Mitglieder Beamter sein muß, ein anderes Angestellter bzw. Arbeiter. Ich glaube, es besteht kein Anlaß, hier eine Gruppe besonders hervorzuheben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es genügt vollkommen, wenn man im Gesetz sagt, daß die Vorsitzenden nicht der gleichen Gruppe angehören sollen. Wir wissen ja aus der Praxis, daß es Verwaltungen gibt, bei denen die Zahl der Beamten sehr niedrig ist. Da würde eine solche Bestimmung doch eine nicht berechtigte Differenziertheit in der Wertung bedeuten.
    In der Diskussion bzw. in den Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers ist noch ein anderer Punkt angeschnitten worden, nämlich die Frage, wer in bestimmten Streitfällen entscheiden soll. Die Regierungsvorlage sieht hier vor, daß für diese Streitfälle der Verwaltungsrechtsweg beschritten werden soll. Nach den Ländergesetzen unterstanden diese Fragen bisher der Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit. Gegen die hier vorgeschlagene Regelung haben wir gewisse Bedenken, und zwar Bedenken praktischer Art. Es besteht hier nämlich die Gefahr einer Zweigleisigkeit der Arbeitsrechtsprechung. Daran aber können wir nicht interessiert sein. Wir haben durch das Arbeitsgerichtsgesetz wiederum die drei Instanzen in der Arbeitsgerichtsbarkeit geschaffen. Dadurch haben wir dafür Sorge getragen, daß die Rechtsprechung hier in Ordnung geht. Ich glaube nicht, daß die Verwaltungsgerichte in diesem Fragenkomplex sonderliche Erfahrung haben. Jedenfalls läßt sich nicht bestreiten, daß die größere Erfahrung bei den Arbeitsgerichten vorliegt. Ich habe, wie gesagt, die Sorge, daß die Rechtsprechung sich zersplittert und voneinander abweichende Entscheidungen trifft.

    (Abg. Albers: Sehr richtig!)

    Lassen Sie mich nun etwas sagen zu dem Problem der Gruppenwahlen und der Verhältniswahlen. Ich stimme hier den Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers zu und sage in aller Offenheit: ich halte es auch nicht für möglich, dieses Problem anders zu regeln als im Betriebsverfassungsgesetz. Was wir bei der Diskussion des Betriebsverfassungsgesetzes zu dieser Frage gesagt haben, gilt noch heute. Wir möchten wirklich die Garantie dafür geschaffen wissen, daß jede Gruppe im Personalrat durch Personen vertreten wird, die das Vertrauen der Gruppe haben. Das ist der Sinn dieser Regelung.
    Zu dem Einwand, diese Regelung führe dazu, die Menschen im Betrieb aufzuspalten, möchte ich nur sagen: diese Kritik wäre dann berechtigt, wenn wir besondere Gruppenräte schafften. Das wollen wir aber nicht. Wir wollen den gemeinsamen Personalrat, der sich dann aus den Angehörigen der einzelnen Gruppen zusammensetzt. Eine Bestimmung des Gesetzes birgt allerdings die Gefahr in sich, daß es auf Umwegen unter Umständen doch zum Gruppenrat kommen kann. Im Satz 2 des § 36 heißt es:
    Bei Angelegenheiten, die lediglich die Angehörigen einer Gruppe betreffen, sind nur ihre Vertreter zur Beschlußfassung berufen.
    Der Herr Bundesinnenminister hat versucht, diese Bestimmung noch näher zu begründen. Ich sage: ich habe Bedenken, weil ich glaube, daß hier unter Umständen das erreicht wird, was wir nicht wollen: daß Wir praktisch dann doch weitgehend zu Gruppenräten kommen, wenn alle die Detailfragen nur immer in dem engeren Kreis der Gruppe zur Diskussion stehen.
    Zur Frage des Verhältniswahlrechts möchte ich folgendes sagen. Was wir wünschen, haben wir bei der Beratung des Betriebsverfassungsgesetzes zum Ausdruck gebracht. Wir wollen es auch hier wieder zum Ausdruck bringen. Es ist dies, daß die Personalvertretung ein echtes Spiegelbild der Belegschaft darstellen soll. Das ist für uns das Entscheidende, und das kann eben nur durch das Verhältniswahlrecht sichergestellt werden. Sonst besteht die Gefahr, daß eine Mehrheitsgruppe eine Minderheitsgruppe ausschaltet, ein Zustand, den wir nicht wünschen, den wir auch nicht für glücklich halten.
    Nun sind, um zu einigen anderen materiellen Bestimmungen des Gesetzes zu kommen, in dem Gesetzentwurf verschiedene Stufen der Beteiligung der Bediensteten an bestimmten Entscheidungen festgelegt worden: das Recht zur Anhörung, ein Mitwirkungsrecht und ein Mitbestimmungsrecht. Auch hier bin ich der Auffassung, daß wir zu einer weitgehenden Anpassung an die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes kommen müssen. Ich habe nicht den Eindruck, daß hier schon das letzte geschehen ist. Bei aller Anerkennung der Sondersituation im öffentlichen Dienst muß doch zum Ausdruck gebracht werden, daß hier noch eine weitergehende Anpassung an das Betriebsverfassungsgesetz möglich ist. Ich darf daran erinnern, daß einige der im § 65 angeführten Tatbestände nicht nur ein Anhörungsrecht, sondern ein Mitbestimmungsrecht rechtfertigen; ich darf daran erinnern, daß im § 69 andere Tatbestände enthalten sind, bei denen man das Anhörungsrecht durch ein Mitwirkungsrecht ablösen kann, um nur einmal einige Beispiele zu nennen.
    Lassen Sie mich noch auf ein letztes Anliegen hinweisen. Es scheint mir notwendig zu sein, zu


    (Sabel)

    prüfen, ob nicht bestimmte Vorschriften über das Mitbestimmungsrecht in wirtschaftlichen Fragen aus dem Betriebsverfassungsgesetz auch hier Anwendung finden können. Ich denke an die Vorschriften in den §§ 67 bis 75 des Betriebsverfassungsgesetzes bzw. ihre Anwendung auf Regiebetriebe. Warum sollte nicht auch in solchen Betrieben ein Wirtschaftsausschuß gemäß den Bestimmungen des § 67 des Betriebsverfassungsgesetzes gute Dienste leisten können, um auch hier alle Kräfte zum größtmöglichen Erfolg für beide Teile einzuschalten. Es wäre auch zu überlegen, ob nicht die Bestimmungen des § 72 des Betriebsverfassungsgesetzes, bei denen es um die Sicherung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer geht, eine Anwendung auf die Regiebetriebe finden können. Ich sage noch einmal, die Gründe, die für eine derartige Regelung im Betriebsverfassungsgesetz sprechen, gelten meines Erachtens auch für die Regiebetriebe.
    Ich möchte zum Schluß kommen. Ich darf feststellen, daß der Gesetzentwurf eine Grundlage für die Beratung des Problems bietet. In den Ausschußverhandlungen muß der Versuch gemacht werden, die Lücken auszufüllen. Auch ich möchte dem Wunsche Ausdruck geben, daß eine baldige Verabschiedung des Gesetzentwurfs möglich ist.
    Namens meiner Fraktion beantrage ich, die Drucksache 160 (neu) den Ausschüssen für Arbeit und Beamtenrecht — gleichberechtigt — zu überweisen, und zwar mit der Maßgabe, daß die Beratungen in einem aus diesen Ausschüssen gebildeten Unterausschuß erfolgen. Das bedeutet eine Abweichung von der Geschäftsordnung; aber es ist nur die Übernahme der Praxis, die wir im 1. Deutschen Bundestag geübt haben. Diese Regelung erscheint uns zweckmäßig, weil beide Ausschüsse Entscheidendes zu dem ganzen Problemkreis zu sagen haben. Es ist schlecht abzuwägen, wo das größere Gewicht liegen soll. Deswegen bitte ich, diesem Vorschlag zu entsprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)