Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bedeutung des Gesetzentwurfs, den ich im Namen der Bundesregierung heute hier einzubringen die Ehre habe, wird man nur dann richtig würdigen können, wenn man ihn als einen Teil eines größeren Ganzen ansieht. Dem 1. Bundestag war die Aufgabe gestellt, das Problem der Mitbestimmung gesetzgeberisch in seinen Grundzügen zu lösen. Alle diejenigen von Ihnen, die diese großen und dramatischen Auseinandersetzungen miterlebt haben, werden bestätigen können, daß das Betriebsverfassungsgesetz und das Kohle-Eisen-Mitbestimmungsgesetz zu den markantesten und gewichtigsten Kapiteln der ersten Gesetzgebungsperiode dieses Hauses gehört haben. Sie werden Marksteine in der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte bleiben. Ich will hier nicht davon sprechen, ob jeder Akt dieser früheren Gesetzgebung in den Augen aller als voll befriedigend angesehen werden kann. Das, was dem einen Teil zu weit zu gehen schien, genügte dem anderen nicht. Das pflegt häufiger so zu sein. Wenn ich aber einmal den Gesetzgeber als die Komponente aus den verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Kraftfeldern ansehen darf, auf denen sich das Ringen um die Gestaltung des Mitbestimmungsproblems abgespielt hat, dann wird man wohl aus allen Lagern anerkennen müssen, daß mindestens die Linie, die das Betriebsverfassungsgesetz vorgezeichnet hat, maßvoll und reformerisch zugleich ist. Dieses Gesetz bewährt sich seit beinahe 1 1/2 Jahren in der Praxis, und wir hoffen, daß es sich zum Wohle aller weiter bewähren möge.
Wir sind uns alle klar darüber, daß das Personalvertretungsgesetz, mit dem sich das Hohe Haus in den kommenden Wochen beschäftigen wird, nichts anderes sein kann als die Abrundung des großen Gesetzgebungswerkes, das unsere Vorgänger in den ersten vier Jahren geschaffen haben. Dieses Gesetz soll für mehr als 2 Millionen Arbeiter, Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst gelten, während der Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes mehr als 13 1/2 Millionen private Arbeitnehmer umschließt.
Ich darf daran erinnern, daß der erste Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes schon im Juli 1952 eingebracht und vom 1. Bundestag am 10. September 1952 behandelt worden ist. Als ein Mitglied des 1. Bundestages habe ich es immer sehr bedauert, daß es damals nicht mehr möglich gewesen ist, die Ausschußberatungen vor Ablauf der 1. Legislaturperiode aufzunehmen. Es hat sich seinerzeit gezeigt, daß gegen Ende der 1. Legislaturperiode die Beanspruchung der Ausschüsse und der für ihre Arbeit verantwortlichen Vorsitzenden so gewachsen war, daß der Schlußstein in dem Mitbestimmungsgebäude nicht mehr gesetzt werden konnte.
Die derzeitige Bundesregierung ist am 20. Oktober ins Amt gekommen. Sie hat sich von Anfang an bemüht, dem Hohen Haus den Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes so schnell wie möglich zuzuleiten. Dabei standen wir vor der Frage, ob es zwingende Gründe gäbe, die dafür gesprochen hätten, das ganze Thema neu aufzurollen und es etwa aus der Kabinettsebene wieder auf die der Ressorts, der Referenten, der Verbände und auf die Länderebene zu verweisen. Solche zwingenden Gründe waren nach Auffassung der Bundesregierung nicht gegeben. Es überwog das Interesse daran, daß sich das Hohe Haus möglichst schnell mit diesem Gesetz befassen sollte. Dafür sprachen in erster Linie die Absicht, die Mitbestimmung als ein Ganzes aufzufassen und als ein Ganzes abschließend zu regeln, in zweiter Linie die Notwendigkeit der Rechtseinheitlichkeit in der Bundesrepublik. Denn nichts, meine Damen und Herren, klammert ein Volk, ungeachtet seiner staatlichen Rechtsform, im einzelnen stärker zusammen als ein gemeinsames Recht und das Bewußtsein eines gemeinsamen Rechts.
Es bestand die Sorge, daß, falls der Bund zu lange zögerte, seine Verpflichtung zur Rechtsetzung auf diesem Gebiete zu erfüllen, einzelne Länder sich veranlaßt sehen könnten, Zwischenlösungen zu schaffen, die das Bedürfnis nach einer in den Grundzügen übereinstimmenden Gesetzgebung beeinträchtigt hätten.
Schließlich war zu bedenken, daß die Amtsdauer der Personalvertretungen im öffentlichen Dienst, die — bereits einmal verlängert — Ende dieses Monats ausgelaufen wäre, nicht ohne Schaden unbegrenzt verlängert werden konnte. Wir alle wissen, wie problematisch es ist, Vertretungsgremien ohne Rücksicht auf ihre Bewährung und ohne Rücksicht auf den Willen derjenigen, die durch sie vertreten werden, durch Verlängerung im Amte zu halten. Das ist ein Behelf, von dem nur sparsam Gebrauch gemacht werden darf. Ich glaube, daß wir in der Verlängerung der Amtsdauer der Personalvertretungen bis zum Ende dieses Jahres schon an die Grenze des hier Möglichen gegangen sind.
Ich übergehe die Verzögerung, die diese Vorlage dadurch erlitten hat, daß wir sie, obwohl unverändert, entgegen unserer ursprünglichen Auffassung doch noch einmal dem Bundesrat haben vorlegen müssen.
Alle Gesichtspunkte, die von vornherein für die größtmögliche Beschleunigung gesprochen haben, gelten auch noch heute: Das Kontrollratsgesetz Nr. 22, das für weite Bereiche des öffentlichen Dienstes gilt, stellt nur eine unzulängliche Regelung dar; in der privaten Wirtschaft ist die umfassende Regelung des Betriebsverfassungsgesetzes längst in Kraft; die Uneinheitlichkeit hinsichtlich der Bildung und der Befugnisse der Personalvertretung im öffentlichen Dienst mußte beseitigt werden; die Grundzüge der Personalvertretung für den öffentlichen Dienst durften und dürfen sich von der Regelung der privaten Wirtschaft nicht weiter entfernen, als es die besonderen Aufgaben des öffentlichen Dienstes zwingend vorschreiben.
Der Entwurf nun, meine Damen und Herren, der Ihnen heute vorliegt, weicht in den prinzipiellen Fragen nicht von der ersten Vorlage aus dem Juli 1952 ab. Einiges von der Kritik, die damals geäußert worden ist, ist heute überholt. Die damals offene Frage, ob der öffentliche Dienst in das Personalvertretungsgesetz einbezogen werden sollte, ist durch den § 88 des Betriebsverfassungsgesetzes bereits endgültig zugunsten eines besonderen Gesetzes entschieden. Wenn damals auf das Kontrollratsgesetz Nr. 22 als eine angeblich einheitliche Regelung hingewiesen wurde, so ist der Streit über diese Frage inzwischen müßig geworden. Aber auch beim Kontrollratsgesetz war nicht unbestritten, ob es auf Beamte überhaupt anwendbar sei.
Der Art. 130 der Weimarer Verfassung und das Betriebsrätegesetz von 1920 zogen zwischen Beamten und Arbeitnehmern einen Trennungsstrich. Die Beamten sollten eine besondere Vertretung erhalten und galten zunächst nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsrätegesetzes. Die Bundesregierung hat vor Jahren den Standpunkt vertreten und hält daran fest, daß sich die Personalvertretungen mit innerbetrieblichen oder inner-behördlichen Fragen befassen sollen und daß der Trennungsstrich daher folgerichtig nach Betrieben gezogen werden muß, d. h. Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes müssen grundsätzlich mit Beamten zusammen in einer gemeinsamen Personalvertretung die gemeinsamen Angelegenheiten der Angehörigen einer Dienststelle oder eines Betriebes regeln.
Diese Zusammenfassung wird auch dadurch gerechtfertigt, daß die Verhältnisse im Staat und in der Wirtschaft verschieden sind. Das gilt für die Arbeiter und Angestellten und insbesondere für die Beamten. Schon das Arbeitsverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst unterscheidet sich von dem privaten Arbeitnehmerverhältnis. Im öffentlichen Dienst gilt das Gelöbnis, es gelten verschärfte Bestimmungen über Bestechung und Geheimnisverrat. Es gelten besondere Strafbestimmungen bei Beschäftigung mit Beamtenangelegenheiten. Und was die Beamten anlangt, so liegt ihnen eine besondere Treue- und eine besondere Gehorsamspflicht ob.
Diese Grundauffassung hat folgerichtig dazu geführt, auch die öffentlichen Betriebe in das Personalvertretungsgesetz einzubeziehen. Nur öffentliche Betriebe mit privater Rechtsform fallen unter das Betriebsverfassungsgesetz. Öffentliche Betriebe des Bundes haben — an der Beschäftigtenzahl gemessen — überwiegend keine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie werden regelmäßig von einer öffentlichen Verwaltung als Regiebetriebe geführt. Die Einbeziehung der öffentlichen Betriebe in das Personalvertretungsgesetz ist nicht unbestritten geblieben. Im 1. Bundestag sind Bedenken dagegen geäußert worden, Betriebe und Verwaltungen von großer Verschiedenheit, wie z. B. die Justizverwaltung einerseits und einen Rangierbahnhof andererseits, demselben Gesetz zu unterstellen.
— Ich höre zu meiner Freude, daß der Herr Kollege Rümmele, der das, was ich hier gerade vortrage, im 1. Bundestag geäußert hat, heute daran festhält, obwohl ich sagen möchte, Herr Kollege Rümmele: es ist keine uneingeschränkte Freude.
— Es ist aber zu bedenken, daß die wirtschaftlichen und ein großer Teil der personalrechtlichen Entscheidungen, so z. B. alle beamtenrechtlichen Entscheidungen, für die Regiebetriebe in den übergeordneten Verwaltungsinstanzen und letztlich vom Minister getroffen werden. Was seine Verantwortlichkeit anlangt, so kann nicht danach unterschieden werden und wird nicht danach unterschieden, ob sein Geschäftsbereich große Betriebe umfaßt oder nicht. Das zeigt ein Blick auf die Ressorts des Verkehrs und der Post einerseits und der Justiz andererseits.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, in einigen kurzen Bemerkungen zur Frage der Bildung der Personalvertretungen Stellung nehmen. Das hier umstrittene Prinzip ist die Frage der Gruppenwahl. Es wird immer wieder die Behauptung aufgestellt, daß das neue Gesetz einen Rückschritt gegenüber dem Betriebsrätegesetz von 1920 bedeute. Das trifft nicht zu. Das Betriebsrätegesetz kannte vielmehr innerhalb des Betriebsrats Arbeiter- und Angestelltenräte. Arbeiter und Angestellte wählten ihre Vertretungen getrennt. Eine gemeinsame Wahl fand nur statt, wenn jede Gruppe dies vorher mit Zweidrittelmehrheit beschlossen hatte. Die damaligen Bestimmungen — und dieser Gesichtspunkt wird leider in der Diskussion der neueren Zeit übersehen — begünstigten die Gruppenwahl wesentlich stärker als der Regierungsentwurf, denn dieser sieht die gemeinsame Wahl schon dann vor, wenn in den einzelnen Gruppen vorher mit einfacher Mehrheit so beschlossen worden ist. Das Betriebsrätegesetz von 1920 sprach überdies, wie ich das bereits erwähnt habe, von besonderen Beamtenvertretungen.
In der Frage der Gruppenwahl ist sich nun die Bundesregierung mit dem Bundesrat nicht einig. Sie wissen, daß der Bundesrat sich für gemeinsame Wahlen ausgesprochen hat und die Gruppenwahl nur dann zulassen will, wenn eine Gruppe es beschließt. Es ist richtig, daß nach 1945 die Gemeinschaftswahl im Vordergrund stand. Ich darf aber darauf hinweisen, daß verschiedene Landesarbeitsgerichte dahin entschieden haben, daß nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 22 die Gruppenwahl die einzige demokratische Form sei. Sie war auch im bayerischen Betriebsrätegesetz als Regelfall vorgesehen. Wenn die Bundesregierung an der Gruppenwahl festhält, so aus der Erwägung, daß die Rechte der Minderheiten unter allen Umständen gewahrt werden müssen.
Lassen Sie mich dafür einige Beispiele anführen. Es gibt im öffentlichen Dienst Dienststellen mit vielen Beamten und Angestellten, aber nur wenigen Arbeitern, z. B. die Bundesbehörden selbst. Andererseits haben wir Betriebe mit vielen Arbeitern und nur wenigen Beamten als Aufsichtskräften, z. B. große Dienststellen der Betriebsverwaltungen. In beiden Fällen — und ich unterstreiche: in beiden Fällen — muß vermieden werden, daß die Minderheit eine Vertretung erhält, die nicht ihren eigenen Wünschen entspricht.
Mir ist in diesen Tagen ein Aufsatz mit der merkwürdigen Frage zu Gesicht gekommen, wer denn die Minderheit einer Gruppe schütze, die nicht für Gruppenwahl, sondern für Gemeinschaftswahl eintrete.
Es mag sein, daß man den Schutz der Minderheit noch stärker ausbauen könnte, als die Regierungsvorlage es vorsieht. Man wird es aber schwerlich so einrichten dürfen, daß die Minderheit einer Gruppe der Mehrheit dieser Gruppe ihren Willen aufzwingen kann.
Der Beamtenbund hat besondere Beamtenvertretungen gefordert, weil spezifisch beamtenrechtliche Fragen zu behandeln seien, deren Regelung beamtenrechtliche Grundkenntnisse und Vertrautheit mit der besonderen inneren Einstellung der Beamten zum Staat voraussetze. Das Lt sicher richtig. Es gilt aber umgekehrt auch für reine Arbeitnehmerangelegenheiten. Es scheint mir daher eine angemessene Erwägung zu sein, wenn der Regierungsentwurf Gruppenentscheidungen für die Angelegenheiten vorsieht, die eine Gruppe allein berühren.
Die meisten Angelegenheiten aber sind gemeinsam. Deshalb sollte es keine getrennte Personalvertretung geben. Aber da für die Einrichtung der
Gruppenentscheidung objektive Merkmale bestimmend sind, nämlich Sachkunde und spezifische Interessen der Gruppen, kann die Frage, ob eine Gruppenentscheidung stattfinden soll, nicht, wie der Bundesrat es tun möchte, von der subjektiven Entschließung der betroffenen Gruppe des Personalrats abhängig gemacht werden.
Die Personalvertretung soll eine echte Repräsentation der Belegschaft sein. Nun wissen wir und Sie alle aus den Kämpfen um das Wahlgesetz, daß die Meinungen darüber, was eine echte Repräsentation ist, auseinandergehen. Man wird hier, wie mir scheint, zwischen der Repräsentation im politischen Leben überhaupt und zwischen der Repräsentation in einem gegliederten Betrieb unterscheiden können und müssen. Deswegen werden für die Wahl der Personalvertretung die Grundsätze der Verhältniswahl vorgeschlagen, wie es das Betriebsverfassungsgesetz und das Betriebsrätegesetz von 1920 vorsehen. Der Unterschied zwischen einer Personalvertretung und einer politischen Vertretung liegt darin, daß die Parlamente tragfähige und regierungsfähige Mehrheiten brauchen, während die Verhältniswahl auch dem letzten Mann im Betrieb seine Vertretung verschafft.
So viel zu den Grundsätzen der Gruppenwahl und der Verhältniswahl.
Der Bundesrat möchte auch im Rahmen der Personalvertretung den Grundsatz der Persönlichkeitswahl nicht vernachlässigt sehen. Die Bundesregierung teilt diesen Standpunkt. Sie sieht jedoch zwischen einer Verhältniswahl in den Betrieben und der Wahl von Persönlichkeiten keinen unüberbrückbaren Gegensatz. Dem Wunsch nach Persönlichkeitswahl kann durch eine Wahlordnung entsprochen werden, die innerhalb einer Liste den
3 Bewerber mit der höchsten Stimmenzahl zum Zuge kommen läßt. Da die Bewerber zu einem großen Teil innerhalb ihrer Betriebe bekannt sind, stehen der Verwirklichung dieses Grundsatzes keine unüberwindlichen Schwierigkeiten entgegen.
Es ist nun von der Opposition gesagt worden, der Regierungsentwurf bleibe weit hinter dem Betriebsrätegesetz von 1920 zurück. Auf diese allgemeine Behauptung möchte ich zunächst mit einer allgemeinen Feststellung antworten: Die neuere Entwicklung des Mitbestimmungsrechts hat den Arbeitnehmern und den Gewerkschaften Befugnisse gebracht, die weit über das hinausgehen, was vor 1933 gegolten hat. In keinem anderen Land der Welt findet sich eine Parallele zu einer so umfassenden gesetzlichen Regelung dieser Rechte, wie sie in der Bundesrepublik verwirklicht sind. Nach dem Betriebsrätegesetz von 1920 hatten die Betriebsräte in den sozialen Angelegenheiten nur das Recht der Beratung oder Mitwirkung, aber keine Mitbestimmung. In personellen Fragen hatten sie nur das Recht, mit dem Arbeitgeber allgemeine Richtlinien über die Einstellung von Arbeitnehmern zu vereinbaren. Über die Einstellung des einzelnen Arbeitnehmers entschied der Arbeitgeber allein. Sie waren in wirtschaftlichen Fragen auf das Recht beschränkt, die Betriebsleitung durch Rat zu unterstützen, und hatten ein gewisses Recht auf Information.
Demgegenüber bringt der Regierungsentwurf in allen Fragen, die die Bediensteten berühren, eine Beteiligung, und zwar a) eine Mitbestimmung bei personellen Angelegenheiten der Arbeitnehmer, b) Dienstvereinbarungen in den wichtigsten sozialen Fragen und schließlich c) eine Mitwirkung
oder Anhörung in Angelegenheiten der Beamten sowie in arbeitstechnischen und betriebsorganisatorischen Fragen.
Ich glaube, alle Beteiligten sollten sich darin einig sein, daß es zwischen dem öffentlichen Dienst und der privaten Wirtschaft Unterschiede gibt, die eine gleichmäßige und übereinstimmende Regelung der Beteiligung nicht zulassen. Das, was man den Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit zu nennen gewohnt ist — wobei ich einmal ganz offenlasse, ob dieser Gegensatz in der alten Form überhaupt noch besteht —, gibt es im öffentlichen Dienst nicht. Der öffentliche Dienst braucht auch keine „Demokratisierung der Verwaltung", weil der Behördenleiter keine „autoritäre" Stellung hat. Der Behördenleiter ist vielmehr gegenüber seiner vorgesetzten Behörde verantwortlich, von ihrer Weisung abhängig und letztlich über seinen Minister parlamentarisch gebunden und kontrolliert. Alle letzten Entscheidungen liegen im öffentlichen Dienst beim Parlament oder der entsprechenden Vertretungskörperschaft. Die Personalvertretung kann nicht in die Verantwortung der Behördenspitze gegenüber dem Parlament oder der Vertretungskörperschaft eingreifen. Ich muß es daher als abwegig bezeichnen, wenn man die Dinge so darstellt, als ob für den öffentlichen Dienst ein „Ausnahmegesetz" geschaffen würde.
Auf eine Besonderheit möchte ich jedoch hinweisen. Es ist eine Besonderheit, die für kasernierte Verbände notwendig ist. Es bedarf keiner Erörterung, daß die Erhaltung der Einsatzfähigkeit solcher Verbände die Anwendbarkeit einzelner Vorschriften dieses Gesetzes ausschließt. Im Grundsatz jedoch soll das Gesetz auch für diese Verbände gelten. Die Bundesregierung hat sich in diesem Punkt dem Vorschlag des Bundesrats angeschlossen.
Ich möchte noch einige Worte zu den Fragen der Stufen-Personalräte und der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte sagen. Die Bundesregierung hält es nicht für richtig, Stufen-Personalräte nach Art von Instanzenzügen aufzubauen. Alle Personalräte sollen vielmehr gleichrangig sein, auch wenn sie einer vorgesetzten Verwaltungsbehörde angehören. Denn Entscheidungen, bei denen Personalräte mitzuwirken haben, werden nach organisatorischen Grundsätzen unter Umständen von verschiedenen Instanzen getroffen. Dementsprechend soll der Personalrat mitwirken, der bei der Behörde besteht, die von der Entscheidung betroffen wird.
Die Bundesregierung hält auch daran fest, daß Streitigkeiten aus diesem Gesetz vor den Verwaltungsgerichten ausgetragen werden. Das Personalvertretungsrecht des öffentlichen Dienstes des Bundes ist Bundesdienstrecht. Den Kern des Verwaltungspersonals bilden die Beamten. Ihr Recht ist öffentliches Recht. Die Mitwirkung der entsprechenden Vertretungen bezieht sich auf Verwaltungsakte der Behörden. Auch hierbei handelt es sich um öffentliches Recht. Ich begrüße es, daß sich auch der Bundesrat nunmehr dieser Auffassung angeschlossen hat.
Eine Meinungsverschiedenheit besteht jedoch zwischen Bundesregierung und Bundesrat, und zwar in der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit. Sie wissen bereits oder Sie werden es noch erfahren, daß der Bundesrat eine sehr weite Auffassung hinsichtlich der Zustimmungsbedürftigkeit hat. In diesem Falle beruft er sich auf Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes. Es ist aber durchaus
fraglich, ob es sich bei § 82 des Regierungsentwurfs überhaupt um einen Fall der Ausführung eines Bundesgesetzes durch die Länder als eigene Angelegenheit handelt. Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, läge eine Zustimmungsbedürftigkeit nicht vor, weil § 82 des Regierungsentwurfs weder die Einrichtung von Landesbehörden fordert noch ein Tätigwerden der Länder im Sinne eines Verwaltungsverfahrens auslöst.
Der Bundesrat hat nun aber auch vorgeschlagen, den Ländern völlige Freiheit bei der Gestaltung des Personalvertretungsrechts zu lassen. Ich habe bereits eingangs gesagt, daß das Bedürfnis der Rechtseinheitlichkeit insbesondere auf dem Gebiet des Wirtschafts- und Sozialrechts eine der unverzichtbaren Klammern unseres staatlichen Gefüges darstellt. Die Bundesregierung vertritt daher übereinstimmend mit den Wünschen der Gewerkschaften, wie ich mich freue, sagen zu können, die Auffassung, daß Rahmenvorschriften grundsätzlich notwendig sind. Die Einheitlichkeit gerade des Dienstrechts im öffentlichen Dienst bindet Bund, Länder und Gemeinden für ihre gemeinsame Aufgabe fest zusammen. Die weitgehende Übereinstimmung in den grundsätzlichen Fragen ist deshalb gerade hier ein staatspolitisches Erfordernis ersten Ranges. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß die von ihr vorgeschlagenen Bestimmungen das Mindestmaß dessen sind, was zur Wahrung der Einheitlichkeit erforderlich ist.
Ich möchte abschließend dem Wunsch und der Hoffnung Ausdruck geben, daß es dem Hohen Hause gelingen wird, diese wichtige Vorlage zügig zu verabschieden. Die vornehmste Aufgabe unserer Gesetzgebungsarbeit ist die Wahrung des inneren Friedens. Der innere Frieden ist bedroht, solange wichtige Teilgebiete unserer Wirtschafts- und Sozialverfassung ungeklärt und umstritten sind. Die Verabschiedung dieser Vorlage wird, wie ich hoffe, dem inneren Frieden dienen.