Rede von
Karl
Hepp
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung steht eine Reihe wichtiger landwirtschaftlicher Fragen, auch Dinge, die die Interessen eines wichtigen Berufsstandes, des Obst- und Gartenbaues, berühren. Immerhin handelt es sich um Lebensfragen für unser Volk, ja, wenn Sie sich die Menschen ansehen, die dort arbeiten, dann muß man sogar sagen: um die Substanz unseres Volkes. Wenn ich mir bei dieser Gelegenheit einen Blick auf die Regierungsbank erlauben darf, so muß ich zu meinem Bedauern feststellen, daß sich diese schließlich nicht ganz unwichtige Erörterung in Abwesenheit sämtlicher Minister vollzieht,
und das muß man doch mit einem leisen Kopfschütteln ansehen. Wir wissen ja, daß der Herr Staatssekretär in Urlaub ist, und wir gönnen ihm den Urlaub. Es ist auch bekannt, daß der Herr Bundesernährungsminister krank geworden ist. Wir möchten wünschen, daß er recht bald wieder gesund wird. Denn wir wissen ja, wie eine Agrarpolitik unter dem Zustand leiden kann, der im ersten Kabinett Adenauer bedauerlicherweise zu verzeichnen gewesen ist, daß nämlich der Bundesminister beinahe chronisch krank war. Wir haben also den dringenden Wunsch, daß der Herr Bundesernährungsminister recht bald wiederhergestellt wird und im Plenum seine Agrarpolitik vertreten kann bzw. das anzuhören vermag, was wir ihm zu sagen haben.
Der hier vorliegende Mündliche Bericht des Ernährungsausschusses geht auf einen Antrag der Freien Demokraten zurück. Ich muß eigentlich zu unserer Freude feststellen, daß der Ausschuß in weitestgehendem Maße den Inhalt dieses Antrags gebilligt hat. Es sind einige Punkte vorhanden, bei denen wir unser Bedauern ausdrücken müssen, daß man nicht unseren Spuren gefolgt ist. Das betrifft die Behandlung der wasserwirtschaftlichen Fragen. Dazu möchte ich etwas sagen. Ich glaube, daß diese Fragen in der kommenden Zeit eine außerordentlich wichtige Rolle spielen werden, und zwar gilt das nicht nur im Hinblick auf die Bedürfnisse der Industrie, sondern auch der Landwirtschaft und anderer wichtiger Gruppen unseres Wirtschaftslebens. Wir sind aber der Meinung, daß so wichtige Fragen doch einer zentralen Behandlung unterworfen werden sollen, daß hier föderative Bedenken wirklich nicht am Platze sind und daß man in diesen wirtschaftlichen Fragen die Dinge mit einer starken Betonung des Bundescharakters anpacken sollte. Insofern können wir den Überlegungen des Kollegen Dr. Müller nicht zustimmen. Wir bedauern, daß in diesem Sinne der Ausschuß eine Änderung vorgenommen hat.
Der Antrag verweist in seinem letzten Punkt auch auf die Mittel, die erforderlich sind, um die verlangten Maßnahmen durchzuführen. Wir haben im Ernährungsausschuß bei der Behandlung des
Etats des Bundesernährungsministeriums feststellen müssen, daß dort vorgesehen war, nicht unerhebliche Mittel für die Bewältigung dieser Aufgaben — vor allen Dingen der Flurbereinigung und anderer technischer Dinge — aus den Abschöpfungsmitteln zu nehmen. Wir sind der Meinung, daß das grundsätzlich falsch ist und daß zumindest im kommenden Etat derartige Mittel aus dem ordentlichen Etat genommen werden sollten. Denn es handelt sich doch schließlich nicht nur um vorübergehende Maßnahmen, die aus nun einmal zeitweilig vorhandenen Mitteln, Abschöpfungsmitteln, finanziert werden können, sondern es handelt sich um eine Aufgabe, deren Bewältigung eine ganze Reihe von Jahren in Anspruch nehmen wird und die auch von einer so eminenten Bedeutung ist, daß man die Mittel hierfür aus dem ordentlichen Haushalt nehmen sollte.
— Ich muß trotzdem bei dieser Gelegenheit, Herr Kollege Kriedemann, da der Ausschußbericht die Frage der Mittel behandelt hat, darauf aufmerksam machen; wir kommen im übrigen bei der Behandlung des Haushalts auf diese Frage zurück.
Ich möchte aber zum Schluß nicht verfehlen, auf eines hinzuweisen. Wir sind uns völlig darüber im klaren — ich habe das auch schon im Ausschuß zum Ausdruck gebracht —, daß es sich hier um Maßnahmen handelt, die nur auf lange Sicht geplant sind und nur in einer ganzen Reihe von Jahren wirksam werden können. Wir wissen, daß die Durchführung der Flurbereinigung — neben all dem anderen — mindestens ihre 15 bis 20 Jahre braucht. Ich habe vor kurzem eine Äußerung des Bundeswirtschaftsministers zu diesen Fragen der Agrarpolitik gehört. Wenn der Bundeswirtschaftsminister es ablehnt, auf dem Gebiet der Preispolitik über Indizes usw. die Dinge in der Landwirtschaft in Ordnung zu bringen, und etwa glauben sollte, daß diese Fragen auf dem Wege über die Flurbereinigung und mit ähnlichen Mitteln zu lösen seien, so ist das wohl ein Irrtum, auf den ich schon jetzt aufmerksam machen will.
: Zur Sache!
— Das hat nichts mit den Anträgen zu tun!)
— Verzeihung, darf ich das zu Ende führen! -
Es handelt sich um eine ganz akute Gefahr in der Landwirtschaft, die beseitigt werden muß. In diesem Hause ist vor kurzem noch über die Disparität gesprochen worden, die sich bedauerlicherweise nicht vermindert, sondern noch weiter verstärkt hat.
Ich komme zum Schluß. Durch dieses Programm kann der derzeitige Zustand einer offenen Agrarkrise nicht beseitigt werden. Der Bundesernährungsminister muß es sich angelegen sein lassen, auch auf dem Gebiete der Preispolitik die Dinge so zu ordnen, daß man von wirklich gesunden Verhältnissen in diesem Berufsstand sprechen kann.