Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das schwere Problem der Arbeitslosigkeit der älteren Angestellten ist der Bundesregierung sehr wohl bekannt. Es ist ihr ein besonderes Anliegen, die Notlage dieses Personenkreises mit wirksamen Maßnahmen zu beseitigen.
Das Problem ist im Bundestag bereits mehrfach zur Sprache gekommen, zuletzt anläßlich der Kleinen Anfrage Nr. 261 der Fraktion der SPD auf Bundestagsdrucksache Nr. 4245. Es wurde damals zum Ausdruck gebracht, daß die Beseitigung der Arbeitslosigkeit der älteren Arbeitnehmer weitgehend davon abhängt, daß die Arbeitgeber in größerem Umfange als bisher aus freier Entschließung bei Einstellungen diese Personen zum Zuge kommen lassen. Die Arbeitgeber wurden deshalb u. a. durch den Herrn Bundeskanzler persönlich aufgefordert, ältere arbeitslose Angestellte bei Einstellungen besonders zu berücksichtigen. Die Landesarbeitsämter veranstalteten größere Werbeaktionen für ältere Angestellte, die beachtliche Erfolge zeitigten. Die Bundesanstalt führte eine Sondererhebung durch, deren Ergebnisse für die älteren Angestellten auch heute noch im wesentlichen zutreffen.
Hiernach wurden rund 75 000 Angestellte über 45 Jahre als arbeitslos erfaßt, und zwar rund 55 000 Männer und 20 000 Frauen. Unter diesen Angestellten befinden sich zweifellos gut vorgebildete Kräfte, deren Unterbringung aber durch ihre ungünstige Wohnlage abseits von geeigneten Arbeitsplätzen erschwert wird. Zum Teil handelt es sich aber auch um berufsfremde oder einseitig vorgebildete Kräfte, die in der Zeit einer erheblichen Ausweitung der Angestelltentätigkeit in die Ange-
stelltenberufe hineingekommen sind und nach Normalisierung der Verhältnisse in diesen Berufen verblieben oder auch nach Verlust des Arbeitsplatzes auf ihrer Verwendung in einem Angestelltenberuf bestehen.
Die Möglichkeit, durch steuerliche Maßnahmen die Wiederbeschäftigung der älteren Angestellten zu fördern, wurde eingehend geprüft. Wir haben bereits in früherer Zeit darauf hingewiesen, daß weitere Steuervergünstigungen wegen der verwaltungsmäßigen Belastung der Finanzämter eine geordnete Veranlagung gefährden und im übrigen die Länder die Steuervergünstigung zur Förderung der Einstellung älterer Arbeitnehmer mit so schwerwiegenden Günden abgelehnt haben, daß eine Zustimmung des Bundesrates für solche Maßnahmen wohl nicht zu erreichen wäre. An dieser Sachlage hat sich bisher nichts geändert.
Die Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung der Arbeitgeber, ähnlich wie beim Schwerbeschädigtengesetz einen bestimmten Vom-Hundertsatz ihrer Angestelltenplätze mit älteren Angestellten zu besetzen, verspricht keine echte Lösung des Problems. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Beschäftigung älterer Angestellter kann mit den Bestimmungen über die Pflichtquoten nach dem Schwerbeschädigtengesetz nicht verglichen werden. Das Schwerbeschädigtengesetz bietet die Grundlage dafür, Menschen, die in den besten Jahren ihrer Schaffenskraft im Dienst für das Volk einen Dauerschaden erlitten haben, einen Arbeitsplatz zu verschaffen, auf dem sie ihre verbliebene Arbeitskraft nutzbar verwerten können. Alle diese Voraussetzungen, die eine Bevorzugung der Schwerbeschädigten fordern, treffen auf die arbeitslosen älteren Angestellten in diesem Umfang nicht zu.
Auch der Hinweis auf das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen geht fehl, weil dieser Bestimmung Verpflichtungen zugrunde liegen, die sich unmittelbar aus dem Grundgesetz ergeben.
Angesichts der Altersgliederung der beschäftigten Angestellten dürften von der Einführung einer Beschäftigungspflicht Arbeitsplätze für ältere angestellte Kräfte nicht in nennenswertem Umfange zu erwarten sein. Die Altersgliederung der Angestellten zeigt, daß in der gewerblichen Wirtschaft bereits über 38 vom Hundert männliche Angestellte im Alter von über 45 Jahren beschäftigt werden. Eine gesetzliche Festlegung von Pflichtquoten könnte unerwünschte Folgen haben, da bei einer Reihe von Betrieben, insbesondere im Bergbau, in der Industrie der Steine und Erden und der Energiewirtschaft von Nordrhein-Westfalen mit einem Beschäftigungsgrad von bereits 55 vom Hundert älteren männlichen Angestellten gerechnet werden muß.
Was die Absichten der Bundesregierung zur Beseitigung und zur Minderung der Arbeitslosigkeit der älteren Angestellten angeht, so darf ich auf folgende Maßnahmen hinweisen, an denen zur Zeit gearbeitet wird und die sich zum Teil auch schon in der Durchführung befinden.
Erstens: Es erfolgt eine fortlaufende Einwirkung auf die Arbeitgeber, die einen grundlegenden Wandel in der Auffassung vom Wert der älteren Arbeitnehmer im Betrieb herbeiführen soll. Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände hat sich auf Anregung des Bundesarbeitsministers dafür eingesetzt, daß die älteren Arbeitnehmer, vor allem die Angestellten, in frei werdenden Stellen der Wirtschaft bevorzugt untergebracht werden. Angaben über Altersbegrenzungen in Stellenangeboten sollen unterbleiben, um die älteren Kräfte nicht von der Bewerbungsmöglichkeit auszuschließen.
Zweitens: Im Zuge der Umsiedlungsmaßnahmen wird eine stärkere Berücksichtigung der älteren arbeitslosen Angestellten angestrebt.
Drittens: Um den Leistungsstand der arbeitslosen älteren Angestellten zu heben, ist die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung um die fachliche Fortbildung und Umschulung dieser Personen in besonderem Maße besorgt.
Viertens: Arbeitsweise und Personal der Vermittlungsstellen für Angestellte bei den Arbeitsämtern werden den Bedürfnissen einer individuellen Betreuung der arbeitsuchenden älteren Angestellten angepaßt. Insbesondere ist vorgesehen, beim Verwaltungsrat der Bundesanstalt und bei den Verwaltungsausschüssen der Landesarbeitsämter Sonderausschüsse für ältere Angestellte zu bilden.
Fünftens: Die im Rahmen des Soforthilfegesetzes und des Lastenausgleichs durchgeführte Kreditaktion zur Errichtung von Dauerarbeitsplätzen, durch die bisher über 2000 ältere Angestellte in Arbeit gebracht wurden, soll weiter gefördert werden. Zur Ergänzung dieser Maßnahme wird im Entwurf der Novelle zum AVAVG die Möglichkeit von Darlehen an Arbeitgeber aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für langfristig Arbeitslose vorgesehen. Außerdem soll § 136 AVAVG in der Weise umgestaltet werden, daß Anlernzuschüsse für die Dauer der Einarbeitungszeit bis zur Erreichung der vollen Leistungsfähigkeit nicht mehr nur an Arbeitnehmer, sondern auch an Arbeitgeber gewährt werden können.