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ID0201503400

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    Vokabeln: 6
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    4. Frau: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Schwarzhaupt.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 15. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1954 473 15. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Februar 1954. Geschäftliche Mitteilungen 473 C, 516 C Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Dr. Brühler 473 C Kleine Anfrage 25 betr. Versorgungsrenten der deutschen Kriegsbeschädigten in Holland (Drucksachen 216, 256) 473 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen (B) Rechts (Drucksache 224) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und über die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts (Drucksache 112) und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Familienrechts an Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes (Drucksache 178) 473 D Neumayer, Bundesminister der Justiz 474 A, 487 D Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU): zur Sache 478 A zur Geschäftsordnung 515 B Dr. Dehler (FDP) 482 C Frau Nadig (SPD) 485 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 487 D, 490 A, C, D, 491 B, 493 A Dr. Menzel (SPD): zur Sache 489 D zur Geschäftsordnung 515 C Frau Dr. Ilk (FDP) 490 C, D, 493 A Frau Wolff (Berlin) (SPD) 491 A Metzger (SPD) 493 C Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU) 498 D Dr. Czermak (GB/BHE) 502 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) 503 D Dr. Schranz (DP) 509 D Gräfin Finckenstein (GB/BHE) 511 B Frau Dr. Weber (Aachen) (CDU/CSU) 512 A Überweisung der Gesetzentwürfe an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht 516 C Nächste Sitzung 516 C Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    ich stehe
    solchen Äußerungen verständnislos gegenüber. Es kommt nicht auf das Ausmaß an, sondern wir wollen eine echte Gleichberechtigung; es kommt darauf an, aus welchem Geiste heraus die Gleichberechtigung verwirklicht wird.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Lücke: Das ist richtig! — Weiterer Zuruf von der Mitte: Es kommt auf den Geist an!)

    — Jawohl. Ich habe den Eindruck, daß der Herr Bundesminister Wuermeling in der sehr großen Gefahr ist, zum Propagandaminister zu werden

    (Beifall bei der SPD)

    und damit an dem inneren Wesen der Ehe vorbeizugehen.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Vor acht Tagen hat er hier davon gesprochen, daß für die Ehe Propaganda gemacht werden müsse.

    (Bundesminister Dr. Wuermeling: Stimmt nicht!)

    Wir sind genau gegenteiliger Meinung; wir sind der Überzeugung, daß die Ehe ein Institut ist, das auf geistigen Voraussetzungen beruht, und daß wir mit den Mitteln der Propaganda die Ehe nur zerschlagen können.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Wir sollten dazu helfen, daß die geistigen Voraussetzungen wieder geschaffen werden. Dazu braucht man keinen Minister. Ein Familienminister kann zwar Propaganda machen, aber die ist vom Übel. — Damit möchte ich den Fall Minister Wuermeling verlassen.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Ich habe Ihnen gesagt, daß wir in unserem Gesetzentwurf davon ausgehen, daß die Ehe erhalten, gestärkt, lebendig gemacht werden soll. Das zeigt sich an mannigfachen Bestimmungen. Wir sind uns ja wohl alle darüber im klaren — ich glaube, da besteht wirklich Übereinstimmung —, daß es völlig unmöglich ist, die Frau in vermögensrechtlicher Beziehung weiterhin in der Weise zu beschränken, daß der Mann die Verwaltung und Nutznießung des Frauengutes hat. Selbst die, die in der Frage der Gleichberechtigung noch sehr weit zurück sind, werden mir zustimmen. Damit bringen wir aber bereits zum Ausdruck, daß äußerlich in der Frage der Vermögensordnung etwas geschehen muß, was auch Symbol dafür sein muß, wie die neue Haltung in einer Ehe ist, in der die Gatten voreinander Achtung haben.
    Der gesetzliche Güterstand ist im Regierungsentwurf als „Güterstand der Zugewinngemeinschaft (Güterstand des Zugewinnausgleichs)" bezeichnet worden. Der FDP-Entwurf spricht von der „Zugewinngemeinschaft". Wir sprechen von der „Gütertrennung mit Gewinnteilung". Über den Namen kann man streiten. Man kann vielleicht sagen: Wir sprechen zwar von der Gütertrennung, kommen aber den Tendenzen, die auch das Gemeinschaftliche betonen, am nächsten, sehr viel mehr als der Regierungsentwurf und als der FDP-Entwurf. Wir werden über die Bezeichnung reden können. Das ist kein Gegenstand großer Auseinandersetzungen.
    Wir haben in unserem Entwurf drei Vermögensmassen vorgesehen: das Hausgut, das Sondervermögen und die Errungenschaft. Das Sondervermögen ist das Vermögen, das bei Begründung des Gü-


    (Metzger)

    terstandes vorhanden und in die Ehe eingebracht worden ist. Wir haben normiert, daß die Ehegatten in der Verfügung über das Sondervermögen frei sind. Daß wir bei den verschiedenen Gütermassen die Verfügungsmacht durch ein Widerspruchsrecht begrenzt haben wollen, davon ist schon die Rede gewesen. Ich will darauf nicht näher eingehen. Wir werden diese Frage noch im Ausschuß ausführlich behandeln können.
    Wesentlich ist aber das, was wir über die Vermögensmasse des Hausgutes zu sagen haben. Das Hausgut soll vor allem aus dem Hausrat bestehen; aber auch das Recht auf Wohnung, Sozialversicherung und all das ist inbegriffen, was dazu gehört, damit die Familie in ihrem äußeren Bestand mit äußeren Mitteln gesichert werden kann, womit auch das Leben der Familie eine Sicherung erhält. In unserem Entwurf sehen wir vor, daß über das Hausgut gemeinschaftlich zu verfügen ist, daß es gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten wird, daß ein Rechtsstreit in bezug auf das Hausgut nur gemeinschaftlich geführt werden kann usw.
    Gegen dieses Institut des Hausgutes ist mancherlei vorgebracht worden. Vor allem ist eingewandt worden, daß der Rechtsverkehr dadurch stark gefährdet werden könnte. Nun wissen wir aber, daß es auch andere Rechtsinstitute mit gemeinschaftlicher Verfügung gibt und daß sich der Rechtsverkehr daran gewöhnt hat. Wenn einmal bekannt ist, daß Ehegatten ihren Hausrat gemeinschaftlich anschaffen, nur gemeinschaftlich darüber verfügen können und gemeinsames Eigentum daran haben, wird sich der Rechtsverkehr dem anpassen, auch insoweit, als Fragen der Haftung usw. in Betracht kommen. Das wird keine Schwierigkeiten bieten, wir haben in der Praxis Beweise genug dafür.
    Wir haben weiterhin vorgesehen, daß bei Beendigung des Güterstands eine Teilung des Hausguts je zur Hälfte vorgenommen wird. Dagegen ist wiederum ein Einwand gemacht worden. Es ist geltend gemacht worden, daß dann, wenn ein Ehegatte etwa 10 000 DM in die Ehe eingebracht hat und dafür Hausgut kauft, er schlechter stehe, als wenn er die 10 000 DM behalte. Diese Frage ist auch leicht zu lösen. Wir haben durchaus daran gedacht und haben deswegen vorgesehen, daß, wenn aus besonderen Gründen die Teilung unbillig oder unzweckmäßig ist, eine andere Verteilung durch das Gericht erfolgen kann. Da besteht also die Möglichkeit, im Einzelfall abzuhelfen.
    Ich bin in der erfreulichen Lage, Ihnen mitteilen zu können, daß wir gerade in diesem Punkt mit immerhin nicht ganz unwesentlichen Kreisen des deutschen Volkes in Übereinstimmung stehen; z. B. stehen wir in Übereinstimmung mit der Fuldaer Bischofskonferenz, die erklärt hat. es sei wünschenswert, daß der Hausrat in der Ehe fester gebunden werde, daß dadurch die Ehe stärker gesichert werden könne. Die Fuldaer Bischofskonferenz hat in ihrer Verlautbarung sogar davon gesprochen, daß hier etwas von der Sozialbindung des Eigentums verwirklicht werden könne und daß da ein Weg hin zur Sozialbindung des Eigentums gegeben sei.
    Aber auch die Bundesregierung hat von unserem Entwurf einiges gelernt. Während in dem ersten Entwurf keine Rede davon war, daß das Hausgut in irgendeiner Weise gebunden sei, ist in dem zweiten Entwurf der § 1376 eingefügt worden, und dieser zweite Regierungsentwurf sagt, daß ein Ehegatte ohne Einwilligung des anderen nicht über ihm gehörende Gegenstände des ehelichen Haushalts verfügen oder sich entsprechend verpflichten könne. Dabei hat die Bundesregierung — auch wieder ähnlich, wie wir das an anderer Stelle getan haben — gesagt, daß das Vormundschaftsgericht dann, wenn die Zustimmung verweigert wird, diese Zustimmung ersetzen kann. Sie sehen also, die Bundesregierung ist in ihrem Entwurf bereits auf dem Wege, den wir beschritten haben, wenn sie auch nicht ganz so weit geht. Immerhin hat sie erkannt, daß das Hausgut gebunden werden muß in der Weise, daß der eine Ehegatte die Zustimmung des anderen nötig hat und daß diese Zustimmung in besonderen Fällen ersetzt werden kann. Wir freuen uns darüber, daß auch in diesem Punkte der SPD-Entwurf fruchtbar gewirkt und daß auch die Bundesregierung einiges von uns übernommen hat. Auch das scheint mir ein gutes Zeichen dafür zu sein, daß diese Frage in einer Atmosphäre des Vertrauens und der gegenseitigen Hilfe bereinigt und erledigt werden kann.
    Vom Sondervermögen habe ich bereits gesprochen. Wir kommen dann zur dritten Vermögensmasse, zur Errungenschaft; der Regierungsentwurf spricht von Zugewinn. Der Zugewinn eines Ehegatten ist der Wert, um den sein End- und Anfangsvermögen differieren. Wir haben es etwas anders konstruiert, kommen aber weithin zu gleichen Ergebnissen. Wir sagen, Errungenschaft ist das, was ein Ehegatte während des Güterstandes durch die Nutzung des Sondervermögens erwirbt. Ausgenommen sind das Sondergut und das Hausgut, wie sich aus dem ergibt, was ich bereits ausgeführt habe. Wir sagen dann, daß der Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der Errungenschaft des einen und dem Wert der Errungenschaft des anderen Ehegatten ist. Wir haben in unserer Regelung vorgesehen, daß dieser Gewinn bei Beendigung des Güterstandes zur Hälfte geteilt werden soll. Wir unterscheiden uns in diesem Punkt sowohl vom Entwurf der Bundesregierung als auch vom Entwurf der FDP. Die Bundesregierung geht davon aus, daß der Zugewinn bei der Beendigung des Güterstandes ausgeglichen werden soll; sie ist der Meinung, das solle in der Weise geschehen, daß der, der den höheren Zugewinn hat, ein Viertel im voraus bekommt und daß der Rest dann geteilt werden soll. Man begründet das so: es soll das Risiko, das der Ehegatte, der den höheren Zugewinn hat, trägt, entsprechend ausgeglichen werden, es soll auch die größere Initiative belohnt werden, und wenn man dieses Viertel nicht im voraus gibt, dann wird sich unter Umständen der eine Ehegatte in der Ehe nicht so mühen, wie das wünschenswert wäre.
    Diesen letzten Einwand können wir gleich beiseite schieben. In einer gesunden Ehe wird niemand daran denken, daß er bei Beendigung des Güterstandes ein Viertel im voraus bekommen könnte, sondern in der Ehe wird jeder das Peste für die Ehe tun. Das ist ja die Vorausetzung, von der wir ausgehen.
    Nun kommt aber der andere Einwand, daß derjenige, der den höheren Zugewinn hat, wirtschaftlich in einem Gewerbe oder sonstwie gearbeitet habe, daß er das höhere Risiko habe und daß dieses Viertel gewissermaßen eine Risikoprämie sein solle. Auch dazu ist zu sagen, daß sich das bei ernster Betrachtungsweise nicht halten läßt. Denn es ist ja nicht so, daß nur derjenige, der den höheren Gewinn hat und der arbeitet, das Risiko läuft, daß er


    (Metzger)

    unter Umständen auch pleite gehen kann, um es einmal ganz radikal auszudrücken. Er trägt das Risiko nicht allein, sondern das Risiko trägt die Familie, und der andere Ehegatte trägt das Risiko genau so. Wenn es in der Ehe schlecht geht, wenn irgendwo etwas falliert, dann muß der andere Ehegatte mithelfen, sei es, daß er fortgeht und verdient, sei es, daß die eheliche Haushaltung eingeschränkt wird und daß womöglich die Kinder noch helfen. All das geschieht normalerweise so, daß das Risiko gemeinsam getragen wird, und von daher gesehen ist es unmöglich, zu sagen, daß nun der mit dem höheren Gewinn auch das höhere Risiko getragen habe und deswegen eine Belohnung haben müsse. Wir sind der Meinung, daß das dem Grundsatz der Gleichberechtigung widerspricht. Wir gehen davon aus und haben das in unserem Gesetzentwurf festgestellt, daß die Arbeit der Ehegatten, mag sie im Hause, mag sie außerhalb des Hauses geleistet werden, grundsätzlich gleichwertig ist.
    Wenn wir von dieser Gleichwertigkeit der Arbeit ausgehen — und das müssen wir um der Würde der Ehegatten willen, gerade auch um der Würde der Frau willen —, dann müssen wir auch wirklich die Tätigkeit im Haushalt und im Beruf entsprechend gleich bewerten. Wenn wir dieses Viertel dem, der den höheren Gewinn hat, zubilligen — es wird in der Regel der Mann sein, der den höheren Gewinn hat; denn er arbeitet ja draußen und er hat meist die gewinnbringenden Arbeiten —, dann bedeutet das in der Regel eine Ungerechtigkeit, ein Unrecht gegenüber der Frau. Zunächst einmal bedeutet es ein Unrecht im Verhältnis der Frauen untereinander, so z. B. ein Unrecht im Verhältnis der Frau, die im Haushalt arbeiten muß, weil sie viele Kinder und einen großen Haushalt hat und nicht draußen arbeiten kann, gegenüber etwa der ledigen Frau, die draußen arbeitet und deren Arbeit dann notwendigerweise anders bewertet wird. Es ist aber auch eine Benachteiligung gegenüber dem Mann; denn in der Regel wird es ja so sein, daß der Mann — ich sagte es schon — die gewinnbringende Tätigkeit hat. Ich denke an kleine Gewerbetreibende, an Handwerker usw., die in der Regel den Gewinn erzielen; aber es wird so sein, daß die Frau durch ihre Hausarbeit ermöglicht, daß dieser Gewinn erzielt werden kann, oder es kann sogar so sein, daß die Frau in dem Betrieb mitarbeitet und daß diese Arbeit nicht bewertet werden kann oder nicht bewertet wird, soweit dieses Viertel im voraus gegeben wird.
    Wir sind der Meinung, daß die Tätigkeit im Haushalt, in der Familie und die Erwerbstätigkeit grundsätzlich gleich zu bewerten sind und daß deswegen auch die Konsequenzen so gezogen werden müssen, daß die Ehegatten gleich behandelt werden. Das heißt also, daß der Zugewinn oder wie man es nennen will, daß das, was an Überschuß vorhanden ist, gleichmäßig unter die Ehegatten verteilt wird.
    Nun wird geltend gemacht, es könne Ausnahmefälle geben, wo das eine offensichtliche Ungerechtigkeit sei. Wir geben das zu, aber wenn das der Fall ist, kann leicht geholfen werden. Deshalb ist in unserem Entwurf die Vorschrift vorgesehen, daß bei unbilliger Härte eine andere Verteilung des Gewinns durch das Gericht vorgenommen werden kann. Sie sehen also, auch da besteht die Möglichkeit, ab- und zuzugeben, um auch da im Einzelfall Gerechtigkeit walten zu lassen. Aber wenn wir die generelle Regelung vor Augen haben, dann bleibt gar keine andere Wahl, als den Zugewinn in gleicher Weise unter die Ehegatten zu verteilen und damit die gleiche Berechtigung den Ehegatten auch in dieser Richtung zuzuerkennen.
    In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sind einige Bestimmungen, in denen erbrechtliche und güterrechtliche Bestimmungen miteinander vermengt werden. So soll etwa nach § 1388 auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten der Voraus angerechnet werden. Dann kommt der § 1389, in dem wiederum diese Vermengung eintritt. Der Bundesrat hat sich mit guten Gründen dagegen gewehrt. Für uns kommt die Bestimmung mit dem Voraus hier schon deswegen nicht in Frage, weil wir das Hausgut vorgesehen haben, in dem der Hausrat enthalten ist. Von dieser Konstruktion her sehen die Dinge also schon anders aus. Wir sind aber auch grundsätzlich der Meinung, daß man Eherecht und Güterrecht sauber auseinanderhalten und daß man deswegen dem Vorschlag des Bundesrates folgen sollte. Auch darüber wird im Ausschuß noch im einzelnen zu sprechen sein.
    Ich will auf die schwierigen und zum Teil auch trockenen Fragen des ehelichen Güterrechts im einzelnen nicht eingehen. Darüber werden wir im Ausschuß zu sprechen haben. Sie werden aber sehen, daß das eheliche Güterrecht für die Frage, wie eine Ehe aussehen soll — ob es eine Ehe ist, die auf Vertrauen aufgebaut ist, eine Ehe, in der sich die Ehegatten wirklich lieben, und das ist die Voraussetzung für eine Ehe —, nicht ohne Bedeutung ist. Wir können nicht sagen: Das sind materielle Dinge, die sind nicht so wichtig. Sie sind Ausdruck dessen, was in einer Ehe vorgeht, wie eine Ehe gestaltet wird. Deswegen glaube ich, daß wir diese Fragen durchaus ernst zu nehmen haben, und darum haben wir uns in unserem Entwurf gerade auch mit diesen Fragen besonders beschäftigt. Auch die Zwischenrufer, die vorhin zum Teil bezweifelt haben, daß es uns um die Ehe geht, werden, wenn sie das genau prüfen, erkennen, wie sehr wir alle die Elemente, die ehestärkend, eheerhaltend und ehebestärkend wirken können, bejahen.
    Zum Schluß darf ich noch folgendes sagen. Wir sind durchaus der Meinung, daß der Art. 6 des Grundgesetzes seine gute Berechtigung hat. Er wird von uns bejaht. Aber es ist nicht so — Herr Kollege Weber, ich darf das sagen, denn das haben Sie vorhin nicht erwähnt —, wie oft genug behauptet worden ist, der Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes werde durch den Art. 6 insofern modifiziert — ich will das vorsichtige Wort „modifiziert" gebrauchen —, als die Frage der Gleichberechtigung in einer abschwächenden Weise gelöst werden müsse.
    Wenn wir uns mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts beschäftigen, müssen wir davon ausgehen, daß die Auffassung bestanden hat, der Art. 6 modifiziere den Art. 3 Abs. 2 in der genannten Weise. Es ist richtig: Das Bundesverfassungsgericht hat sich nicht mit den Einzelfragen, mit den Fragen des Stichentscheids usw., befaßt; aber der Geist dieser Entscheidung läßt deutlich erkennen, welche Auffassung das Bundesverfassungsgericht hat. Es sagt da an einer Stelle:
    Da mithin kein Zweifel sein kann, daß der Verfassungsgeber Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes für vereinbar hielt, kann eine Auslegung, die dieser Vorstellung des Gesetzgebers Rechnung trägt, nur zu dem Ergebnis kommen: auch in Ehe und Familie sind Mann und Frau gleichberechtigt.


    (Metzger)

    In diesem Zusammenhang müssen wir den Satz sehen. Dann wird er absolut klar, und dann ist klar, was das Bundesverfassungsgericht auch in bezug auf die Auslegung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes meint.
    Nun noch ein Wort zu den Fragen, die vom Religiösen, Weltanschaulichen her aufgeworfen worden sind. Ich habe es betont: wir bejahen die Ehe, und wir bejahen die Ehe als eine Institution, die von letzten Kräften getragen werden muß. Darüber gibt es für uns keinen Zweifel. Es ist aber nicht richtig, daß man sich für seine Auffassungen immer wieder auf die Äußerungen kirchlicher Behörden bezieht und andere Äußerungen dabei außer Betracht läßt. Es ist die Rede davon gewesen, der Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands habe sich in einer bestimmten Weise geäußert. Mir liegt ein sehr interessanter Brief der Evangelischen Frauenarbeit vor, also der Zusammenfassung einer großen Zahl von evangelischen Frauenverbänden. Diese Evangelische Frauenarbeit, die j a auch evangelisch und christlich ist — ich 'denke, darüber wird es keinen Zweifel geben —, äußert sich ganz anders. Da wird gesagt, in dem Schreiben des Rates an den Bundesjustizminister sei u. a. davon die Rede, daß die Ordnung der Ehe entscheidend in der Unterordnung der Frau unter den Mann bestehe. Es wird dann gesagt:
    Während die Evangelische Frauenarbeit in Deutschland die unter 1 und 2 genannten Wesensmomente
    — das sind andere —
    der Ehe voll bejaht,
    — die bejahen wir auch —hegen wir schwerwiegende Bedenken gegen
    eine Auffassung, wie sie hinter dem dritten Wesensmerkmal
    — eben der Unterordnung der Frau unter den Mann —
    besteht.
    Ich freue mich darüber, daß die evangelischen
    Frauenverbände dieses mutige Wort gesagt haben.
    Es ist wichtig, auch das zu sehen und zu gleicher Zeit zu sehen, daß für diese Behauptung auch sehr ernsthafte theologische Begründungen gegeben werden. Wir können ja nicht einfach einem christlichen Theologen deswegen, weil er anderer Auffassung ist, seine Christlichkeit absprechen, wie das gelegentlich gegenüber Sozialdemokraten sehr viel leichter möglich ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Auch andere Stellen kommen hier in Betracht. Ich weiß nicht, ob Sie sich einmal die Mühe gemacht haben, das Buch „Partnerschaft" zu lesen, worin theologische Berichte über die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes veröffentlicht sind und wo sehr eindeutig gesagt worden ist, daß die Frage der Unterordnung der Frau unter den Mann durchaus aus einer bestimmten Zeitlage heraus zu verstehen ist. Das ist theologisch von nichtdeutschen und von deutschen Theologen eingehend begründet. Der bedeutende deutsche Theologe Heinz-Dietrich Wendland, Professor in Kiel, hat dazu eingehend Stellung genommen. Alle diejenigen, die sich für diese Fragen interessieren — und ich hoffe, es sind recht viele —, möchte ich bitten, sich auch einmal das anzusehen, damit wir auch da die Debatte nicht mit einer vorgefaßten Meinung
    führen, sondern sehen, daß es durchaus Möglichkeiten der Auslegung auch in bezug auf diese Frage
    gibt, die in der Heiligen Schrift angeschnitten ist.
    Mich hat in dem Schreiben des Evangelischen Frauenwerks nur eines gewundert. In diesem Schreiben heißt es:
    Ehe wir mit unserer Gegenmeinung hervortraten, hat unser Rechtsausschuß in diesen Tagen unter Heranziehung einer Theologin ein Gespräch mit weiblichen Bundestagsabgeordneten aus der CDU und FDP gehabt . . .
    Ich möchte hier nur die Frage ,aufwerfen: Ist es
    beim Evangelischen Frauenwerk nicht bekannt,
    daß es evangelische Frauen auch in der SPD gibt?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Auch das gehört zur Flurbereinigung. Es muß endlich einmal von den Wandlungen Kenntnis genommen werden, die sich nicht nur bei uns, sondern auch bei Ihnen vollzogen haben. Sie nehmen von Ihren eigenen Wandlungen nicht genügend Kenntnis.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Ich glaube, wir sollten endlich einmal von den Wandlungen Kenntnis nehmen. Wenn über diese Dinge gerade auch vom Religiösen her gesprochen wird, wollen wir darauf hinweisen, es gibt nicht nur Christen in der FDP und der CDU, es gibt auch sehr ernste Christen in der SPD; und diese wollen gerade von diesem Boden her auch ein Wort bei den Dingen mitreden.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Schwarzhaupt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Elisabeth Schwarzhaupt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich möchte zunächst einmal auf eine Frage zurückkommen, die bereits mehrfach angeschnitten worden ist, nämlich auf die Frage, was von einem vom Staat gesetzten positiven Familienrecht in bezug. auf die Familie überhaupt erwartet werden kann und wo die Grenze dieses staatlichen Rechts ist. Diese Frage gilt auch insbesondere für das, was Herr Minister Wuermeling gesagt hat: Was kann von allem, was hier über die innere und über die soziologische Struktur und Wandlung der Familie gesagt worden ist, Gegenstand des staatlich gesetzten Rechts sein?
    Beim Erlaß des Bürgerlichen Gesetzbuchs war man sich bereits weithin darüber einig, daß der staatliche Gesetzgeber sich auf dem Gebiet des Familienrechts eine besondere Zurückhaltung aufzuerlegen habe und daß die innere Struktur der Familie nur in besonders geringem Maß staatlicher Gesetzgebung zugänglich sei. Zwar liegt jedem Familienrecht eine besondere Auffassung von der Familie zugrunde, aber das Recht kann die Familie in ihrer inneren Struktur nicht gestalten. Rudolf Sohm , der bekannte Rechtsgelehrte, hat dies so ausgedrückt, daß er sagte: das Familienrecht, also das vom Staat in Paragraphen gesetzte Recht, tritt erst dann in Funktion, wenn die eigentliche Ordnung der Familie versagt hat.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Diese Zurückhaltung des Staates gegenüber der Familie hat noch tiefere Gründe außer denen, die Herr Dr. Dehler ausgeführt hat und die bereits mehrfach angeklungen sind,

    (Abg. Dr. Menzel: Das wird ja nun anders!)



    (Frau Dr. Schwarzhaupt)

    denn die Familie unterscheidet sich wesentlich von allen anderen Gemeinschaften unseres gesellschaftlichen Lebens.
    Ihre innere Ordnung beruht entscheidend auf der Bereitschaft ihrer Glieder, sich in sie einzufügen. Sie beruht auf dem gegenseitigen Willen zu einer verbindlichen Gemeinsamkeit, auf der Liebe zwischen den Ehegatten und zwischen Eltern und Kindern. Bei allen Menschlichkeiten, bei allem menschlichen Machtwillen, der auch in das Leben der besten Familie irgendwie immer wieder mit hineinspielt, bleibt dies eine: daß das ursprüngliche Ordnungsprinzip nicht die Macht, sondern die Liebe ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Dazu kommt für uns Christen die besondere Frage nach dem Sinn der Worte von der Unterordnung der Frau, die sehr ernst zu nehmen sind. Diese Worte können nicht ohne weiteres damit abgetan werden, daß Paulus als Mensch seiner Zeit und für uns überhaupt nicht mehr verbindlich gesprochen habe.

    (Sehr gut! links.)

    Wir glauben, daß auch in diesen Worten ein bleibender Sinn steckt, der von der zeitgebundenen Form dieser Worte zu lösen ist. Ich glaube durchaus, daß die biblischen Weisungen von dem Sicheinander-Unterordnen, von dem „Mann als Haupt der Frau, wie Christus Haupt der Gemeinde war" — Christus war nicht Haupt der Gemeinde als Mensch, der ein Entscheidungsrecht forderte —, und auch die Worte von der besonderen Unterordnung der Frau für christliche Eheleute ihren besonderen und verbindlichen Sinn haben. Dieser Sinn besteht aber nur . in dem Zusammenhang eines freiwilligen und gegenseitigen Opfers.

    (Beifall bei der SPD.)

    Hier aber handelt es sich nicht um das, was in Seelsorge und Predigt zu sagen ist und was vielleicht beiden Ehegatten noch viel mehr, noch viel zeitnaher, viel mehr auf die Gegenwart und auf die gegenwärtigen Fragen bezogen, gesagt werden müßte, hier handelt es sich um das vom Staat gesetzte Recht. Die Frage ist: Was kann der Staat als Gesetzgeber sagen? Staatliches Recht verteilt Befugnisse, es schafft Macht, und es beruht auf Macht. Nicht alle christlichen Weisungen können ohne weiteres in das staatliche Recht übernommen werden.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Sie verlieren ihren Sinn mit dem Zwang. Dem Christen ist etwa gesagt, daß er friedfertig und sanftmütig sein soll,

    (Zuruf von der SPD: Herr Wuermeling, hören Sie mal zu!)

    daß er dem, der ihn schlägt, die andere Wange hinhalten soll. Das kann nicht Grundlage einer Rechtsordnung sein. Die Rechtsordnung kann nicht gebieten, die andere Wange hinzuhalten — dann schüfe sie Unrecht —,

    (Sehr gut! links)

    sondern sie muß den Beleidiger bestrafen und den Geschlagenen verteidigen. Ebenso wird das Opfer der Frau an eigenständigem Leben zugunsten der Ehe, das immer von ihr gefordert wird und gefordert werden muß, zu Unrecht verzerrt, wenn
    man es zum Gegenstand staatlicher Forderung machen will.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der Mitte. — Abg. Dr. Menzel: Ausgezeichnet!)

    Ich persönlich bin davon überzeugt, daß auch in der Ehe von Menschen, die sich nicht bewußt an christliche Weisungen gebunden fühlen, fast immer Voraussetzung für das gute Bestehen und Funktionieren der Ehe ist, daß die Frau zu einem größeren Maß von Sicheinfügen, zu einem größeren Opfer an eigenständigem Leben bereit ist. Dies verliert aber seinen Sinn und seine die Gemeinschaft erhaltende Kraft, wenn es nicht aus der freiwilligen Bereitschaft, sondern aus gesetzlichem Zwang kommt.

    (Lebhafter Beifall.)

    Aus diesem, nur aus diesem Grunde würde ich es für richtig halten, wenn man aus dem Regierungsentwurf, den ich sonst weithin bejahe, diejenigen Sätze streichen würde, die ein überwiegendes Entscheidungsrecht des Mannes als einen Rechtsanspruch statuieren.

    (Beifall bei der SPD und bei Teilen der Mitte.)

    Um es konkreter, auf den Entwurf bezogen, zu sagen: ich wäre für eine Streichung von § 1354 und für eine Änderung der §§ 1628 und 1629.

    (Erneuter Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der Mitte.)

    Auf der andern Seite kann man aber der Familie auch nicht eine innere Struktur nach dem Prinzip der Gleichberechtigung vorschreiben. Hier würden wiederum die Grenzen staatlichen Rechts überschritten werden. Es ist eine Tatsache unserer sozialen Wirklichkeit, daß die Frau in den letzten hundert Jahren in ständiger Entwicklung eine immer umfassendere Verantwortung als Mutter innerhalb des Lebens der Familie auf sich genommen hat. Das ist nicht nur eine Folge des Krieges. Es ist auch nicht geschehen, weil sich irgendwelche komischen Suffragetten das Schlagwort von der Gleichberechtigung ausgedacht hätten, sondern ich glaube, es beruht auf viel zwingenderen Entwicklungen unseres gesamten gesellschaftlichen Lebens seit der Industrialisierung.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Leider!)

    — Leider, sicher! Aber wir können sie nicht rückgängig machen. Wir können nicht zum handwerklichen Betrieb zurückkehren in einer Zeit, in der die Maschine sich durchgesetzt hat. Wir können auch nicht die Arbeitsteilung aufheben, die nun einmal viele schwere Komplikationen unseres gesellschaftlichen und politischen Lebens mit sich gebracht hat.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders: Auch für den Mann!)

    Dazu gehört, daß nicht nur ein großer Teil der Frauen aus der Familie heraus ihrer Arbeit in Büro und Fabrik gefolgt sind. Dazu gehört auch, daß sich der Berufsbereich des Mannes leider — wirklich leider — sehr stark von der Familie und dem Hausstand getrennt hat.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Sehr richtig!)



    (Frau Dr. Schwarzhaupt)

    Der Mann arbeitet nicht mehr wie der Bauer und der Handwerker des vorigen Jahrhunderts, wie auch viele große und kleine Kaufleute des vorigen Jahrhunderts, unter einem Dach mit dem Hausstand, mit der Familie, sondern sein Berufsbereich hat sich mehr und mehr davon getrennt. Desto mehr ist der Anteil der Frau an der innerfamiliären Verantwortung notwendigerweise gestiegen und gewachsen. Das hat sich die Frau nicht gesucht, das hat sie nicht gefunden, weil sie nach Rechten strebte, sondern diese Verantwortung ist ihr zugewachsen, ob sie wollte oder nicht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dies alles ergibt sich sehr überzeugend aus den soziologischen Untersuchungen der letzten Jahre, und dies ist die andere Seite dessen, was wir aus Schelsky und Wurzbacher lernen müssen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der Mitte.)

    Diese Entwicklung ist aber nicht gleichmäßig in einer geraden Linie vor sich gegangen, sondern es ist heute in unserem Volke zweifellos so, daß es noch breite Schichten vor allem auf dem Lande gibt, in denen die alte Ordnung mit der engen Nähe vom Arbeitsbereich des Mannes und familiärer Verantwortung noch besteht. Hier hat sich auch die patriarchalische Struktur der Familie noch viel weitergehend erhalten als etwa im Arbeiterstand, in dem diese Lösung von Hausstand und Familie zuerst begann und weiter fortgeschritten ist. Aus diesem Grunde, glaube ich, muß das vom Staat gesetzte Recht diese innere Struktur der Familie, auch die Verteilung des Verantwortungsbereichs zwischen Mann und Frau und damit auch die Verteilung der Befugnisse von dem Zwang frei und unberührt lassen.
    Was hier gesagt werden muß, ist in § 1353 gesagt. Hieraus kann der Richter die Richtlinien für die Rechtsprechung, die auf die jeweilige bestimmte Familie bezogen sein muß, finden. Hier kann er finden, was dem einzelnen Mann und der einzelnen Frau in dem Fall, der ihm vorliegt, an Einordnung und Unterordnung, an Befugnissen und an Verantwortung zugemutet werden kann.

    (Zustimmung.)

    Nun noch eine zweite Grenze dessen, was das Familienrecht regeln kann. Minister Neumayer und auch einige der anderen Redner haben davon gesprochen, daß es notwendig sei, die Familie zu festigen, und daß das Familienrecht dieser Aufgabe keineswegs entgegenstehen dürfe, auch nicht die Durchführung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes. In Diskussionen über diese Frage wird darüber hinausgehend oft der Gedanke geäußert, das Familienrecht selbst müsse die Familie festigen helfen; die Gleichberechtigung der Frau habe die Familie gefährdet, und sie müsse hier in der Aufgabe des Schutzes der Familie eine Grenze finden.
    Wenn man bei den Krisenerscheinungen der Familie in den letzten Jahrzehnten zunächst an die Zunahme der Scheidungen denkt, so hat diese, wie mir scheint, zunächst zwei Gründe. Der erste ist die seit dem 18. Jahrhundert eingetretene Lockerung der religiösen Bindungen. Die zweite Ursache ist aber die Tatsache, daß die Familie seit Entstehung der industrialisierten Gesellschaft einen großen Teil ihrer früheren institutionellen Bindungen verloren hat. Der gemeinsame Bauernhof, der
    gemeinsame Hausstand, der gemeinsame Gewerbebetrieb, überhaupt die gesamte gemeinsame Lebens- und Existenzgrundlage der Ehegatten haben sich weitgehend gelöst. Dies waren institutionelle Bindungen, die für die Ehen früherer Zeiten vielfach ein starkes Band bildeten. Die Bindungen der heutigen Ehen — und nun beziehe ich mich wieder auf das, was Schelsky dargestellt hat" — sind viel mehr auf die menschlich-persönliche Beziehung zwischen den Ehegatten und den Eltern und Kindern zurückgeführt worden, und dise menschlichen Beziehungen sind wandelbar und zerbrechlich. Hier ist eine der wichtigsten und, wie mir scheint, noch nicht genug betonten Ursachen für die Zerbrechlichkeit heutiger Ehen.
    Es kann aber nicht Sache des Familienrechts sein, hier durch Aufrechterhaltung einer patriarchalischen Ordnung diese institutionellen Bindungen zu ersetzen. Man kommt leicht zu dem Irrtum, zu sagen, die Gleichberechtigung der Frau habe in der Zeit begonnen, als auch diese Lockerung begann, und aus dieser Gleichzeitigkeit auf eine Beziehung von Ursache und Wirkung zu schließen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Es scheint mir aber so zu sein, daß beides, das Hineinwachsen der Frauen in diese sogenannte Gleichberechtigung und die Lockerung der institutionellen Bindungen der Ehe, auf der gleichen im vorigen Jahrhundert liegenden Ursache beruht, nämlich auf Industrialisierung der Arbeitsteilung und auf dieser ganzen gesellschaftlichen Wandlung, von der wir gesprochen haben. Deshalb glaube ich, es ist ein Irrtum, wenn man meint, man müsse nur die patriarchalische Struktur der Ehe aufrechterhalten, um ihr damit wieder etwas von der Festigkeit der früheren institutionellen Bindungen zu geben.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Das kann man nicht. Die Aufgabe unserer Zeit ist — und dies hat gerade das Familienministerium erkannt —, die unserer Zeit entsprechenden neuen institutionellen Bindungen zu schaffen: das Familieneigentum und das Eigenheim, den Garten, den die Familie in ihrer Freizeit bestellt, verbilligte Familienurlaubskarten und die Entlastung der finanziellen Lage der kinderreichen Familie durch gerechtere Steuern und durch Familienausgleichskassen, Hilfe für die überlastete Mutter in kinderreichen Familien, Müttererholung und alle diese Maßnahmen, die aus uns er er Zeit und' den Nöten unser er Zeit kommen, um die Familie zu entlasten und um ihr diese institutionellen Grundlagen, die abgebaut wurden, wiederzugeben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, bei der SPD und FDP.)

    Dagegen können familienrechtliche Bestimmungen, die eine bestimmte innere Struktur der Ehe vorschreiben und durch staatliches Recht verbindlich machen, hier nicht entscheidend helfen.
    Das Ehescheidungsrecht hat hier seinen Einfluß. Die Frage: „Wann kann das Band der Ehe gelöst werden und wann nicht?" spielt hier mit hinein. Aber gerade diese Frage scheidet der Regierungsentwurf mit Recht aus.
    Es bleibt die weitere Frage, ob praktische juristische Gründe das vorwiegende Entscheidungsrecht des Mannes, wie es in den §§ 1354, 1628 und 1629 zum Ausdruck kommt, fordern. Ich möchte hier einfügen, daß in der evangelischen Kirche in den letzten Jahren sich verschiedene Kreise mit diesen


    (Frau Dr. Schwarzhaupt)

    Fragen, sowohl von der theologischen wie von der praktischen Seite her, befaßt haben. Herr Minister Metzger hat auf einige dieser Äußerungen schon hingewiesen. Eine verbindliche Lehrmeinung der evangelischen Kirche gibt es hier nicht. Aber auch die offizielle Verlautbarung des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands in einem Schreiben an den Justizminister hat ausgesprochen, daß der § 1354 auch wegfallen kann. Die überwiegende Mehrzahl der evangelischen Theologen und Laien, die sich mit diesen Fragen ernstlich beschäftigt haben, sind wohl der Meinung, daß keine theologischen Gründe zur Aufrechterhaltung eines überwiegenden Entscheidungsrechts des Mannes im § 1354 zwingen. Soweit man in der evangelischen Kirche für die Aufrechterhaltung des § 1628 eintritt, hat man praktische, aber auch theologische Begründungen im Auge.
    Die praktische Frage ist — das will ich zugeben — schwierig und kompliziert. Ich persönlich glaube, daß man ohne das Entscheidungsrecht des Mannes in beiden Fällen, dem des § 1354 und dem des § 1628, auskommen kann. Ich glaube, wie ich schon sagte, daß in Scheidungsprozessen oder in Prozessen über die Herstellung der ehelichen Gemeinschaft der Richter besser mit § 1353, zurückgehend auf die besondere Struktur der einzelnen Ehe, zu gerechten Entscheidungen kommen kann. Viel schwieriger ist es bei § 1628, wo ohne Zweifel Fälle eintreten können, in denen entschieden werden muß. Man hat hier die Wahl zwischen zwei Lösungen. Einmal läßt man, wie es der Regierungsentwurf vorsieht, im Falle einer unlösbaren Meinungsverschiedenheit zwischen Mann und Frau den Mann entscheiden und gibt der Frau das Recht, der Entscheidung nicht zu folgen und notfalls das Vormundschaftsgericht anzurufen, wenn sie meint, daß die Entscheidung des Mannes nicht dem Wohl der Familie dient. Zum andern besteht die Möglichkeit, die von anderer Seite vorgeschlagen worden ist, daß man beiden Ehegatten aufgibt, gemeinsam zu entscheiden, und daß man in den Fällen, in denen eine gemeinsame Entscheidung sich nicht finden läßt, jedem der Ehegatten das Recht gibt, um eine Vermittlung oder eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts zu bitten, wenn es sich um einen Gegenstand von besonderer Bedeutung für das Wohl der Familie handelt. Da die Wahl zwischen diesen beiden Lösungen vor allem eine praktische Frage ist, muß man in erster Linie die praktischen Konsequenzen dieser beiden Lösungen im Auge haben. Mir scheint es, daß in der Praxis ungefähr die gleichen Tatbestände zu einer Entscheidung des Gerichts kommen werden, ganz gleich, welche Formulierung das Gesetz wählen wird. Die Eheleute kennen ja die einzelnen Formulierungen des Gesetzes nicht. Sie stehen im Einzelfall vor der Tatsache, daß sie sich in einer Angelegenheit, die ihnen sehr wichtig ist und die das Wohl des Kindes entscheidend betrifft, nicht einigen, und in dieser Sache wollen sie zum Gericht gehen. Der Unterschied ist nur folgender. Im ersten Fall muß die Frau dem Richter klarmachen: Mein Mann hat entgegen dem Wohl der Familie gehandelt, und der Richter muß über diese Frage mit entscheiden; er muß also eine Schuldfrage, einen Vorwurf mit in die Debatte einbeziehen. Im zweiten Fall kann der Richter alles, was Schuld, und Vorwurf betrifft, beiseite schieben und mit d'en Eheleuten nur über die Frage sprechen: Was ist für das Wohl des Kindes die beste Lösung in eurer konkreten Situation? Er hat also, wenn er
    ein guter und vernünftiger Richter ist, wohl eine größere Chance, diese ja irgendwie angeknackste Ehe ohne weiteren Schaden aus dieser Behandlung hervorgehen zu lassen;

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    denn er hat die größere Chance für ein vermittelndes und für ein ausgleichendes Eintreten.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich gebe aber zu, daß diese Frage schwierig ist und noch der Erörterung bedarf und daß hier nicht die eine oder andere Lösung unbedingt als Patentlösung angesehen werden kann. Ich glaube nur, daß die, die ich vorschlage, die weniger schlechte Lösung ist.
    Schließlich scheint es mir möglich und richtig zu sein, das Vertretungsrecht nach § 1629 beiden Ehegatten zuzusprechen, eine Meinung, in der ich mich auch im Einvernehmen mit der Eherechtskommission der Evangelischen Kirche befinde.
    Noch ein paar Worte zu einigen Einzelheiten des Entwurfs. Er scheint mir besser und sehr viel durchgearbeiteter zu sein als die früheren Entwürfe. Ich begrüße es, daß die Gleichberechtigung nicht formal verstanden wird und daß man in den allgemeinen Bestimmungen die Leistung der Hausfrau und die Leistung des Mannes als des im normalen Fall Erwerbstätigen gut gegeneinander abgewogen hat. An Einzelfragen möchte ich nur zwei Dinge aufwerfen, und zwar zunächst den Aussteueranspruch der Tochter, der weggefallen ist. Ich glaube, in dieser Frage hat man die Linie der soziologischen Entwicklung, die die meisten Mädchen in eine Berufsausbildung geführt hat, zu weit ausgezogen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Man hat übersehen, daß es vor allem auf dem Lande, aber auch sonst noch viele Töchter gibt, die in der Familie bleiben müssen, die keine Berufsausbildung erhalten können, etwa weil sie ihre alten Eltern pflegen müssen oder weil sie im Haushalt nicht entbehrlich sind. Ein Anspruch auf Ausbildung wird als Unterhaltsanspruch begründet werden können. Ein Anspruch auf eine Aussteuer im Augenblick der Verheiratung läßt sich nach dem jetzt vorgeschlagenen Gesetz nicht als Rechtsanspruch begründen. Ich glaube, der Gesetzentwurf wird den Fällen, von denen ich eben ausgegangen bin, nicht gerecht.
    Zweitens erscheint mir der Unterhaltsanspruch der Schwiegereltern sehr problematisch, und ich freue mich, daß er auf die Anregung des Bundesrats hin aus dem Regierungsentwurf gestrichen worden ist.
    Zum Schluß möchte ich etwas aufgreifen, was Herr Minister Metzger gesagt hat, nämlich daß wir zu einem Gespräch miteinander bereit bleiben sollen. Ich wende mich damit vor allem an diejenigen Damen und Herren von der Rechten und der Linken, die mir vorhin freundlicherweise bei einigen Stellen meiner Ausführungen zugeklatscht haben. Die CDU hat hier durchaus bewußt Vertreter sprechen lassen, die, ausgehend von unserer gemeinsamen christlichen Grundlage, in Nuancen verschiedene Meinungen vertreten. Ich glaube, daß die Meinungsverschiedenheiten, die hier zum Ausdruck gekommen sind, wohl durch die meisten Fraktionen hindurchgehen. Es sind nicht Unterschiede der Konfession, obgleich es eine gewisse Rolle dabei spielt, ob man dabei von der katholischen oder von der evangelischen Lehre her-


    (Frau Dr. Schwarzhaupt)

    kommt; es sind auch nicht Unterschiede zwischen Mann und Frau, obwohl es eine gewisse Rolle spielt, ob man die Dinge vom Standpunkt der Frau oder von dem des Mannes aus sieht; und es sind auch nicht Unterschiede der Generationen, obwohl es auch hier eine Rolle spielt, welcher Generation man angehört. Die Diskussion hatte sich etwas festgefahren.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: Sehr richtig!)

    Über diesen Zustand kommen wir nur hinweg, wenn wir offen miteinander reden, und zu dieser Offenheit gehört auch, daß wir nicht unbedingt eine gleichförmig ausgerichtete einheitliche Meinung aufrechterhalten wollen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Unsere Fraktion will in dieses Gespräch nicht in der Maske der Einheitlichkeit eintreten, sondern wir wollen offen unter Darlegung unserer persönlichen, auch hier und da voneinander abweichenden Meinungen miteinander sprechen. Daß Herr Minister Metzger zu diesem Gespräch bereit ist, dafür danke ich ganz besonders.

    (Lebhafter Beifall im ganzen Hause.)