ich stehe
solchen Äußerungen verständnislos gegenüber. Es kommt nicht auf das Ausmaß an, sondern wir wollen eine echte Gleichberechtigung; es kommt darauf an, aus welchem Geiste heraus die Gleichberechtigung verwirklicht wird.
— Jawohl. Ich habe den Eindruck, daß der Herr Bundesminister Wuermeling in der sehr großen Gefahr ist, zum Propagandaminister zu werden
und damit an dem inneren Wesen der Ehe vorbeizugehen.
Vor acht Tagen hat er hier davon gesprochen, daß für die Ehe Propaganda gemacht werden müsse.
Wir sind genau gegenteiliger Meinung; wir sind der Überzeugung, daß die Ehe ein Institut ist, das auf geistigen Voraussetzungen beruht, und daß wir mit den Mitteln der Propaganda die Ehe nur zerschlagen können.
Wir sollten dazu helfen, daß die geistigen Voraussetzungen wieder geschaffen werden. Dazu braucht man keinen Minister. Ein Familienminister kann zwar Propaganda machen, aber die ist vom Übel. — Damit möchte ich den Fall Minister Wuermeling verlassen.
Ich habe Ihnen gesagt, daß wir in unserem Gesetzentwurf davon ausgehen, daß die Ehe erhalten, gestärkt, lebendig gemacht werden soll. Das zeigt sich an mannigfachen Bestimmungen. Wir sind uns ja wohl alle darüber im klaren — ich glaube, da besteht wirklich Übereinstimmung —, daß es völlig unmöglich ist, die Frau in vermögensrechtlicher Beziehung weiterhin in der Weise zu beschränken, daß der Mann die Verwaltung und Nutznießung des Frauengutes hat. Selbst die, die in der Frage der Gleichberechtigung noch sehr weit zurück sind, werden mir zustimmen. Damit bringen wir aber bereits zum Ausdruck, daß äußerlich in der Frage der Vermögensordnung etwas geschehen muß, was auch Symbol dafür sein muß, wie die neue Haltung in einer Ehe ist, in der die Gatten voreinander Achtung haben.
Der gesetzliche Güterstand ist im Regierungsentwurf als „Güterstand der Zugewinngemeinschaft " bezeichnet worden. Der FDP-Entwurf spricht von der „Zugewinngemeinschaft". Wir sprechen von der „Gütertrennung mit Gewinnteilung". Über den Namen kann man streiten. Man kann vielleicht sagen: Wir sprechen zwar von der Gütertrennung, kommen aber den Tendenzen, die auch das Gemeinschaftliche betonen, am nächsten, sehr viel mehr als der Regierungsentwurf und als der FDP-Entwurf. Wir werden über die Bezeichnung reden können. Das ist kein Gegenstand großer Auseinandersetzungen.
Wir haben in unserem Entwurf drei Vermögensmassen vorgesehen: das Hausgut, das Sondervermögen und die Errungenschaft. Das Sondervermögen ist das Vermögen, das bei Begründung des Gü-
terstandes vorhanden und in die Ehe eingebracht worden ist. Wir haben normiert, daß die Ehegatten in der Verfügung über das Sondervermögen frei sind. Daß wir bei den verschiedenen Gütermassen die Verfügungsmacht durch ein Widerspruchsrecht begrenzt haben wollen, davon ist schon die Rede gewesen. Ich will darauf nicht näher eingehen. Wir werden diese Frage noch im Ausschuß ausführlich behandeln können.
Wesentlich ist aber das, was wir über die Vermögensmasse des Hausgutes zu sagen haben. Das Hausgut soll vor allem aus dem Hausrat bestehen; aber auch das Recht auf Wohnung, Sozialversicherung und all das ist inbegriffen, was dazu gehört, damit die Familie in ihrem äußeren Bestand mit äußeren Mitteln gesichert werden kann, womit auch das Leben der Familie eine Sicherung erhält. In unserem Entwurf sehen wir vor, daß über das Hausgut gemeinschaftlich zu verfügen ist, daß es gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten wird, daß ein Rechtsstreit in bezug auf das Hausgut nur gemeinschaftlich geführt werden kann usw.
Gegen dieses Institut des Hausgutes ist mancherlei vorgebracht worden. Vor allem ist eingewandt worden, daß der Rechtsverkehr dadurch stark gefährdet werden könnte. Nun wissen wir aber, daß es auch andere Rechtsinstitute mit gemeinschaftlicher Verfügung gibt und daß sich der Rechtsverkehr daran gewöhnt hat. Wenn einmal bekannt ist, daß Ehegatten ihren Hausrat gemeinschaftlich anschaffen, nur gemeinschaftlich darüber verfügen können und gemeinsames Eigentum daran haben, wird sich der Rechtsverkehr dem anpassen, auch insoweit, als Fragen der Haftung usw. in Betracht kommen. Das wird keine Schwierigkeiten bieten, wir haben in der Praxis Beweise genug dafür.
Wir haben weiterhin vorgesehen, daß bei Beendigung des Güterstands eine Teilung des Hausguts je zur Hälfte vorgenommen wird. Dagegen ist wiederum ein Einwand gemacht worden. Es ist geltend gemacht worden, daß dann, wenn ein Ehegatte etwa 10 000 DM in die Ehe eingebracht hat und dafür Hausgut kauft, er schlechter stehe, als wenn er die 10 000 DM behalte. Diese Frage ist auch leicht zu lösen. Wir haben durchaus daran gedacht und haben deswegen vorgesehen, daß, wenn aus besonderen Gründen die Teilung unbillig oder unzweckmäßig ist, eine andere Verteilung durch das Gericht erfolgen kann. Da besteht also die Möglichkeit, im Einzelfall abzuhelfen.
Ich bin in der erfreulichen Lage, Ihnen mitteilen zu können, daß wir gerade in diesem Punkt mit immerhin nicht ganz unwesentlichen Kreisen des deutschen Volkes in Übereinstimmung stehen; z. B. stehen wir in Übereinstimmung mit der Fuldaer Bischofskonferenz, die erklärt hat. es sei wünschenswert, daß der Hausrat in der Ehe fester gebunden werde, daß dadurch die Ehe stärker gesichert werden könne. Die Fuldaer Bischofskonferenz hat in ihrer Verlautbarung sogar davon gesprochen, daß hier etwas von der Sozialbindung des Eigentums verwirklicht werden könne und daß da ein Weg hin zur Sozialbindung des Eigentums gegeben sei.
Aber auch die Bundesregierung hat von unserem Entwurf einiges gelernt. Während in dem ersten Entwurf keine Rede davon war, daß das Hausgut in irgendeiner Weise gebunden sei, ist in dem zweiten Entwurf der § 1376 eingefügt worden, und dieser zweite Regierungsentwurf sagt, daß ein Ehegatte ohne Einwilligung des anderen nicht über ihm gehörende Gegenstände des ehelichen Haushalts verfügen oder sich entsprechend verpflichten könne. Dabei hat die Bundesregierung — auch wieder ähnlich, wie wir das an anderer Stelle getan haben — gesagt, daß das Vormundschaftsgericht dann, wenn die Zustimmung verweigert wird, diese Zustimmung ersetzen kann. Sie sehen also, die Bundesregierung ist in ihrem Entwurf bereits auf dem Wege, den wir beschritten haben, wenn sie auch nicht ganz so weit geht. Immerhin hat sie erkannt, daß das Hausgut gebunden werden muß in der Weise, daß der eine Ehegatte die Zustimmung des anderen nötig hat und daß diese Zustimmung in besonderen Fällen ersetzt werden kann. Wir freuen uns darüber, daß auch in diesem Punkte der SPD-Entwurf fruchtbar gewirkt und daß auch die Bundesregierung einiges von uns übernommen hat. Auch das scheint mir ein gutes Zeichen dafür zu sein, daß diese Frage in einer Atmosphäre des Vertrauens und der gegenseitigen Hilfe bereinigt und erledigt werden kann.
Vom Sondervermögen habe ich bereits gesprochen. Wir kommen dann zur dritten Vermögensmasse, zur Errungenschaft; der Regierungsentwurf spricht von Zugewinn. Der Zugewinn eines Ehegatten ist der Wert, um den sein End- und Anfangsvermögen differieren. Wir haben es etwas anders konstruiert, kommen aber weithin zu gleichen Ergebnissen. Wir sagen, Errungenschaft ist das, was ein Ehegatte während des Güterstandes durch die Nutzung des Sondervermögens erwirbt. Ausgenommen sind das Sondergut und das Hausgut, wie sich aus dem ergibt, was ich bereits ausgeführt habe. Wir sagen dann, daß der Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der Errungenschaft des einen und dem Wert der Errungenschaft des anderen Ehegatten ist. Wir haben in unserer Regelung vorgesehen, daß dieser Gewinn bei Beendigung des Güterstandes zur Hälfte geteilt werden soll. Wir unterscheiden uns in diesem Punkt sowohl vom Entwurf der Bundesregierung als auch vom Entwurf der FDP. Die Bundesregierung geht davon aus, daß der Zugewinn bei der Beendigung des Güterstandes ausgeglichen werden soll; sie ist der Meinung, das solle in der Weise geschehen, daß der, der den höheren Zugewinn hat, ein Viertel im voraus bekommt und daß der Rest dann geteilt werden soll. Man begründet das so: es soll das Risiko, das der Ehegatte, der den höheren Zugewinn hat, trägt, entsprechend ausgeglichen werden, es soll auch die größere Initiative belohnt werden, und wenn man dieses Viertel nicht im voraus gibt, dann wird sich unter Umständen der eine Ehegatte in der Ehe nicht so mühen, wie das wünschenswert wäre.
Diesen letzten Einwand können wir gleich beiseite schieben. In einer gesunden Ehe wird niemand daran denken, daß er bei Beendigung des Güterstandes ein Viertel im voraus bekommen könnte, sondern in der Ehe wird jeder das Peste für die Ehe tun. Das ist ja die Vorausetzung, von der wir ausgehen.
Nun kommt aber der andere Einwand, daß derjenige, der den höheren Zugewinn hat, wirtschaftlich in einem Gewerbe oder sonstwie gearbeitet habe, daß er das höhere Risiko habe und daß dieses Viertel gewissermaßen eine Risikoprämie sein solle. Auch dazu ist zu sagen, daß sich das bei ernster Betrachtungsweise nicht halten läßt. Denn es ist ja nicht so, daß nur derjenige, der den höheren Gewinn hat und der arbeitet, das Risiko läuft, daß er
unter Umständen auch pleite gehen kann, um es einmal ganz radikal auszudrücken. Er trägt das Risiko nicht allein, sondern das Risiko trägt die Familie, und der andere Ehegatte trägt das Risiko genau so. Wenn es in der Ehe schlecht geht, wenn irgendwo etwas falliert, dann muß der andere Ehegatte mithelfen, sei es, daß er fortgeht und verdient, sei es, daß die eheliche Haushaltung eingeschränkt wird und daß womöglich die Kinder noch helfen. All das geschieht normalerweise so, daß das Risiko gemeinsam getragen wird, und von daher gesehen ist es unmöglich, zu sagen, daß nun der mit dem höheren Gewinn auch das höhere Risiko getragen habe und deswegen eine Belohnung haben müsse. Wir sind der Meinung, daß das dem Grundsatz der Gleichberechtigung widerspricht. Wir gehen davon aus und haben das in unserem Gesetzentwurf festgestellt, daß die Arbeit der Ehegatten, mag sie im Hause, mag sie außerhalb des Hauses geleistet werden, grundsätzlich gleichwertig ist.
Wenn wir von dieser Gleichwertigkeit der Arbeit ausgehen — und das müssen wir um der Würde der Ehegatten willen, gerade auch um der Würde der Frau willen —, dann müssen wir auch wirklich die Tätigkeit im Haushalt und im Beruf entsprechend gleich bewerten. Wenn wir dieses Viertel dem, der den höheren Gewinn hat, zubilligen — es wird in der Regel der Mann sein, der den höheren Gewinn hat; denn er arbeitet ja draußen und er hat meist die gewinnbringenden Arbeiten —, dann bedeutet das in der Regel eine Ungerechtigkeit, ein Unrecht gegenüber der Frau. Zunächst einmal bedeutet es ein Unrecht im Verhältnis der Frauen untereinander, so z. B. ein Unrecht im Verhältnis der Frau, die im Haushalt arbeiten muß, weil sie viele Kinder und einen großen Haushalt hat und nicht draußen arbeiten kann, gegenüber etwa der ledigen Frau, die draußen arbeitet und deren Arbeit dann notwendigerweise anders bewertet wird. Es ist aber auch eine Benachteiligung gegenüber dem Mann; denn in der Regel wird es ja so sein, daß der Mann — ich sagte es schon — die gewinnbringende Tätigkeit hat. Ich denke an kleine Gewerbetreibende, an Handwerker usw., die in der Regel den Gewinn erzielen; aber es wird so sein, daß die Frau durch ihre Hausarbeit ermöglicht, daß dieser Gewinn erzielt werden kann, oder es kann sogar so sein, daß die Frau in dem Betrieb mitarbeitet und daß diese Arbeit nicht bewertet werden kann oder nicht bewertet wird, soweit dieses Viertel im voraus gegeben wird.
Wir sind der Meinung, daß die Tätigkeit im Haushalt, in der Familie und die Erwerbstätigkeit grundsätzlich gleich zu bewerten sind und daß deswegen auch die Konsequenzen so gezogen werden müssen, daß die Ehegatten gleich behandelt werden. Das heißt also, daß der Zugewinn oder wie man es nennen will, daß das, was an Überschuß vorhanden ist, gleichmäßig unter die Ehegatten verteilt wird.
Nun wird geltend gemacht, es könne Ausnahmefälle geben, wo das eine offensichtliche Ungerechtigkeit sei. Wir geben das zu, aber wenn das der Fall ist, kann leicht geholfen werden. Deshalb ist in unserem Entwurf die Vorschrift vorgesehen, daß bei unbilliger Härte eine andere Verteilung des Gewinns durch das Gericht vorgenommen werden kann. Sie sehen also, auch da besteht die Möglichkeit, ab- und zuzugeben, um auch da im Einzelfall Gerechtigkeit walten zu lassen. Aber wenn wir die generelle Regelung vor Augen haben, dann bleibt gar keine andere Wahl, als den Zugewinn in gleicher Weise unter die Ehegatten zu verteilen und damit die gleiche Berechtigung den Ehegatten auch in dieser Richtung zuzuerkennen.
In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sind einige Bestimmungen, in denen erbrechtliche und güterrechtliche Bestimmungen miteinander vermengt werden. So soll etwa nach § 1388 auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten der Voraus angerechnet werden. Dann kommt der § 1389, in dem wiederum diese Vermengung eintritt. Der Bundesrat hat sich mit guten Gründen dagegen gewehrt. Für uns kommt die Bestimmung mit dem Voraus hier schon deswegen nicht in Frage, weil wir das Hausgut vorgesehen haben, in dem der Hausrat enthalten ist. Von dieser Konstruktion her sehen die Dinge also schon anders aus. Wir sind aber auch grundsätzlich der Meinung, daß man Eherecht und Güterrecht sauber auseinanderhalten und daß man deswegen dem Vorschlag des Bundesrates folgen sollte. Auch darüber wird im Ausschuß noch im einzelnen zu sprechen sein.
Ich will auf die schwierigen und zum Teil auch trockenen Fragen des ehelichen Güterrechts im einzelnen nicht eingehen. Darüber werden wir im Ausschuß zu sprechen haben. Sie werden aber sehen, daß das eheliche Güterrecht für die Frage, wie eine Ehe aussehen soll — ob es eine Ehe ist, die auf Vertrauen aufgebaut ist, eine Ehe, in der sich die Ehegatten wirklich lieben, und das ist die Voraussetzung für eine Ehe —, nicht ohne Bedeutung ist. Wir können nicht sagen: Das sind materielle Dinge, die sind nicht so wichtig. Sie sind Ausdruck dessen, was in einer Ehe vorgeht, wie eine Ehe gestaltet wird. Deswegen glaube ich, daß wir diese Fragen durchaus ernst zu nehmen haben, und darum haben wir uns in unserem Entwurf gerade auch mit diesen Fragen besonders beschäftigt. Auch die Zwischenrufer, die vorhin zum Teil bezweifelt haben, daß es uns um die Ehe geht, werden, wenn sie das genau prüfen, erkennen, wie sehr wir alle die Elemente, die ehestärkend, eheerhaltend und ehebestärkend wirken können, bejahen.
Zum Schluß darf ich noch folgendes sagen. Wir sind durchaus der Meinung, daß der Art. 6 des Grundgesetzes seine gute Berechtigung hat. Er wird von uns bejaht. Aber es ist nicht so — Herr Kollege Weber, ich darf das sagen, denn das haben Sie vorhin nicht erwähnt —, wie oft genug behauptet worden ist, der Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes werde durch den Art. 6 insofern modifiziert — ich will das vorsichtige Wort „modifiziert" gebrauchen —, als die Frage der Gleichberechtigung in einer abschwächenden Weise gelöst werden müsse.
Wenn wir uns mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts beschäftigen, müssen wir davon ausgehen, daß die Auffassung bestanden hat, der Art. 6 modifiziere den Art. 3 Abs. 2 in der genannten Weise. Es ist richtig: Das Bundesverfassungsgericht hat sich nicht mit den Einzelfragen, mit den Fragen des Stichentscheids usw., befaßt; aber der Geist dieser Entscheidung läßt deutlich erkennen, welche Auffassung das Bundesverfassungsgericht hat. Es sagt da an einer Stelle:
Da mithin kein Zweifel sein kann, daß der Verfassungsgeber Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes für vereinbar hielt, kann eine Auslegung, die dieser Vorstellung des Gesetzgebers Rechnung trägt, nur zu dem Ergebnis kommen: auch in Ehe und Familie sind Mann und Frau gleichberechtigt.
In diesem Zusammenhang müssen wir den Satz sehen. Dann wird er absolut klar, und dann ist klar, was das Bundesverfassungsgericht auch in bezug auf die Auslegung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes meint.
Nun noch ein Wort zu den Fragen, die vom Religiösen, Weltanschaulichen her aufgeworfen worden sind. Ich habe es betont: wir bejahen die Ehe, und wir bejahen die Ehe als eine Institution, die von letzten Kräften getragen werden muß. Darüber gibt es für uns keinen Zweifel. Es ist aber nicht richtig, daß man sich für seine Auffassungen immer wieder auf die Äußerungen kirchlicher Behörden bezieht und andere Äußerungen dabei außer Betracht läßt. Es ist die Rede davon gewesen, der Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands habe sich in einer bestimmten Weise geäußert. Mir liegt ein sehr interessanter Brief der Evangelischen Frauenarbeit vor, also der Zusammenfassung einer großen Zahl von evangelischen Frauenverbänden. Diese Evangelische Frauenarbeit, die j a auch evangelisch und christlich ist — ich 'denke, darüber wird es keinen Zweifel geben —, äußert sich ganz anders. Da wird gesagt, in dem Schreiben des Rates an den Bundesjustizminister sei u. a. davon die Rede, daß die Ordnung der Ehe entscheidend in der Unterordnung der Frau unter den Mann bestehe. Es wird dann gesagt:
Während die Evangelische Frauenarbeit in Deutschland die unter 1 und 2 genannten Wesensmomente
— das sind andere —
der Ehe voll bejaht,
— die bejahen wir auch —hegen wir schwerwiegende Bedenken gegen
eine Auffassung, wie sie hinter dem dritten Wesensmerkmal
— eben der Unterordnung der Frau unter den Mann —
besteht.
Ich freue mich darüber, daß die evangelischen
Frauenverbände dieses mutige Wort gesagt haben.
Es ist wichtig, auch das zu sehen und zu gleicher Zeit zu sehen, daß für diese Behauptung auch sehr ernsthafte theologische Begründungen gegeben werden. Wir können ja nicht einfach einem christlichen Theologen deswegen, weil er anderer Auffassung ist, seine Christlichkeit absprechen, wie das gelegentlich gegenüber Sozialdemokraten sehr viel leichter möglich ist.
Auch andere Stellen kommen hier in Betracht. Ich weiß nicht, ob Sie sich einmal die Mühe gemacht haben, das Buch „Partnerschaft" zu lesen, worin theologische Berichte über die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes veröffentlicht sind und wo sehr eindeutig gesagt worden ist, daß die Frage der Unterordnung der Frau unter den Mann durchaus aus einer bestimmten Zeitlage heraus zu verstehen ist. Das ist theologisch von nichtdeutschen und von deutschen Theologen eingehend begründet. Der bedeutende deutsche Theologe Heinz-Dietrich Wendland, Professor in Kiel, hat dazu eingehend Stellung genommen. Alle diejenigen, die sich für diese Fragen interessieren — und ich hoffe, es sind recht viele —, möchte ich bitten, sich auch einmal das anzusehen, damit wir auch da die Debatte nicht mit einer vorgefaßten Meinung
führen, sondern sehen, daß es durchaus Möglichkeiten der Auslegung auch in bezug auf diese Frage
gibt, die in der Heiligen Schrift angeschnitten ist.
Mich hat in dem Schreiben des Evangelischen Frauenwerks nur eines gewundert. In diesem Schreiben heißt es:
Ehe wir mit unserer Gegenmeinung hervortraten, hat unser Rechtsausschuß in diesen Tagen unter Heranziehung einer Theologin ein Gespräch mit weiblichen Bundestagsabgeordneten aus der CDU und FDP gehabt . . .
Ich möchte hier nur die Frage ,aufwerfen: Ist es
beim Evangelischen Frauenwerk nicht bekannt,
daß es evangelische Frauen auch in der SPD gibt?
Auch das gehört zur Flurbereinigung. Es muß endlich einmal von den Wandlungen Kenntnis genommen werden, die sich nicht nur bei uns, sondern auch bei Ihnen vollzogen haben. Sie nehmen von Ihren eigenen Wandlungen nicht genügend Kenntnis.
Ich glaube, wir sollten endlich einmal von den Wandlungen Kenntnis nehmen. Wenn über diese Dinge gerade auch vom Religiösen her gesprochen wird, wollen wir darauf hinweisen, es gibt nicht nur Christen in der FDP und der CDU, es gibt auch sehr ernste Christen in der SPD; und diese wollen gerade von diesem Boden her auch ein Wort bei den Dingen mitreden.