Rede von
Dr.
Franz-Josef
Wuermeling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich darf die Antwort auf diese Frage im weiteren Verlauf meiner Ausführungen geben.
Meine Damen und Herren! Der eben dargelegten Erkenntnis der Familiensoziologie widerspricht es nicht, daß mit dem Schwinden der patriarchalischen Familienreform der Einfluß und die Verantwortung der Frau gewachsen sind, weit über die ohnehin nicht zu unterschätzende Verantwortung für die oft Opfer und Verzichte fordernde Leitung des Hauswesens hinaus. In der Kriegs- und Nachkriegszeit mußte die Frau oft den Mann ersetzen und Aufgaben übernehmen, die dieser bisher wahrgenommen hatte. Ursache war die seelisch gewiß sehr schwer belastende Abwesenheit des Mannes durch Kriegsdienst oder Kriegsgefangenschaft. Aber auch in den Familien, in denen der Mann kriegsversehrt heimkehrte, mußte die Frau viele, ja mitunter alle Aufgaben übernehmen, die an sich dem Manne obgelegen hätten. In Familien, deren Männer im Zuge der politischen Säuberung ihre alte berufliche Stellung verloren hatten und die nun in irgendeinem einfacheren Beruf den Lebensunterhalt verdienen mußten, fielen oft der Frau Aufgaben zu, die bisher der Mann erfüllt hatte, Aufgaben, die sie vielfach in bewundernswerter Weise gelöst hat. Die neuen Funktionen, die die Frau aus allen diesen Grün-fen übernehmen mußte, gaben notwendig ihrer Stellung in der Ordnung der Familie ein besonderes Gewicht. Im Hinblick auf die besonderen zeitbedingten Gründe, die hierzu geführt haben,
kann diesen Wandlungen aber, gemessen an de abendländischen Auffassung von der Familie, kein wesensändernde Bedeutung beigemessen werden.
Die abendländische Auffassung von der Ehe is nämlich gar nicht so patriarchalisch, wie man of annimmt. Tatsächlich betrachtet die abendländisch Auffassung von der Ehe Mann und Frau als gleich wertig, vor allem in ethischer Hinsicht und von der Menschenwürde her. Die Autorität und Entscheidungsbefugnis des Mannes läßt sie ja nicht in der ehemännlichen Willkür, sondern in dessen besonderem Amt und seiner Aufgabe, für das Wohl der Familie zu sorgen, gründen.
Deshalb kann im Ernstfall, wie es gerade in der Kriegs- und Nachkriegszeiten häufig eingetreten ist, die Frau die Funktionen des Familienober hauptes übernehmen, wenn der Mann dazu nick in der Lage ist.
Diese Grundsätze werden übrigens schon lange auch von den Kirchen immer wieder ausgesprochen. Sie wurden schon zu einer Zeit ausgesprochen, als die ehereformerischen Gedanken erstmals in der Öffentlichkeit laut wurden.
Auch die katholisch-kirchliche Auffassung, der man mitunter eine Überbetonung der Rechte des Mannes vorhält, bestätigt das ganz klar, heißt es doch in der bekannten Ehe-Enzyklika von 1930 wörtlich:
Wenn der Mann seine Pflicht nicht tut, ist es Aufgabe der Frau, seinen Platz in der Leitung der Familie einzunehmen.
Und es heißt weiter:
Sollte in einem Lande die soziale und wirtschaftliche Lage der verheirateten Frau wegen der gewandelten Kulturverhältnisse eine Abänderung benötigen, so ist es Aufgabe der Staatsgewalt, die bürgerlichen Rechte der Gatten den Forderungen der Jetztzeit anzupassen unter Berücksichtigung der Eigenart der weiblichen Natur, der Sittlichkeit, der Ehrbarkeit und des Gemeinwohls der Familie. Die wesentliche Ordnung der Hausgemeinschaft muß jedoch unangetastet bleiben.
Die Angriffe gegen unseren heutigen Entwurf des Familienrechtsgesetzes scheinen mir daher irgendwie unmodern zu sein.
Soweit sie nicht einer formalistischen Gleichberechtigung das Wort reden, rennen seine Gegner offene Türen ein. Man könnte deshalb annehmen, daß die Urteile auf teilweiser Unkenntnis des wirklichen Sachverhalts beruhen, um den es bei der Reform geht. Kritiker und Kritikerinnen sollten aber doch erkennen, daß sie lediglich gegen eine patriarchalische Eheverfassung ankämpfen, die es heute kaum noch gibt und die auch kein verantwortungsbewußter Politiker mehr mehr will.
Nun lassen Sie mich nochmals gerade hierzu Professor Schelsky zitieren. Ich bitte um Nachsicht, wenn der Professor auch hier etwas schwierig formuliert. Schelsky sagt:
In ihrer Auswirkung wendet sich diese antiautoritäre Familienideologie heute gar nicht mehr gegen den unangemessenen institutionellen Patriarchalismus und die aus der Gesamtgesellschaftsstruktur stammenden Autoritäts-
formen in der Familie, sondern gegen die fundamentalen natürlichen Autoritätsquellen und
Verfassungen der kleinen intimen Gruppe ...
Und es heißt dort weiter:
Diese dogmatisch antiautoritäre Familienideologie wird damit bewußt oder unbewußt zum Parteigänger der bürokratischen Herrschaftsgewalten und ihrer abstrakten Autorität gegen die Intimität der Familie und die natürliche Autorität der Person in ihr.
Die Leichtigkeit, mit der mitunter an unserer Familienrechtsreform Kritik geübt wird, scheint mir nicht dafür zu sprechen, daß man diese gesellschaftlichen Folgen überall bis zum Ende durchdacht hat.
Nun, meine Damen und Herren, noch einige wenige Bemerkungen zu der formalen Gleichberechtigung. Ich glaube kaum, daß irgendeine Frau und Mutter eine formale Gleichberechtigung, wie sie von einigen Seiten gefordert wird, überhaupt will.
Die Frau und Mutter empfindet ja schon die Zunahme ihres Einflusses in der Familie als eine steigende Belastung mit Aufgaben und Verantwortungen für die gesamte Familie.
Diese Wandlungen haben der Frau und Mutter nicht eine Vergrößerung ihrer persönlichen Freiheitssphäre oder eine bessere Möglichkeit zur persönlichen Bildung und Entfaltung, sondern nur mehr Arbeit und mehr Sorge gebracht.
Vor allem die Frauen und Mütter, die gezwungen sind, beruflich tätig zu sein, sind heute weithin in einer menschlich sehr schwierigen Lage. Ich denke dabei an die Frauen und Mütter, die die soziale Notlage zwingt, einige D-Mark dazu zu verdienen, weil der karge Verdienst des Mannes oder die Rente nicht ausreicht, um der Familie viel mehr als das Existenzminimum zu sichern. Diese Frauen und Mütter sind es nämlich, die neben ihrer beruflichen Tätigkeit auch noch, wenn sie abends müde nach Hause kommen, die den Tag über liegengebliebenen Hausarbeiten verrichten müssen. Abgesehen von ihrer körperlichen Überlastung sind diese unsere Frauen und Mütter auch in Gefahr, ihrer echten, vor allem auch der mütterlichen Aufgabe in der Familie nicht mehr gerecht werden zu können. Die außerfamiliäre Berufstätigkeit zwingt sie häufig zu einer mehr oder weniger mechanischen und monotonen Tätigkeit in Büros und industriellen Betrieben. Hier lebt sie in einer Welt, die der der Familie in vielem entgegengesetzt ist.
Gleichzeitig aber soll sie auch entsprechend ihrer Stellung und Aufgabe als Frau und Mutter das Herz der Familie sein. Schier Unmögliches wird ihr durch eine solche doppelte Tätigkeit zugemutet, ganz zu schweigen von den Kindern, die ihre Erziehung entbehren und entweder auf der Straße groß werden oder von Fremden oder in Heimen aufgezogen werden, wo sie oft nichts mehr von der persönlichen Vertrautheit und Häuslichkeit der Familie erleben.
Meine Damen und Herren, diese Schwierigkeiten können allerdings nicht im Wege der Familienrechtsreform behoben werden.
Ihre Behebung gehört in den Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Die dargelegten Tatsachen sind aber für unsere heutige Aussprache wichtig, weil sie einen Schutz der Frau und Mutter in der Familie und für die Familie erforderlich machen.
Wohin schließlich eine totale Gleichberechtigung und Gleichsetzung von Mann und Frau in der letzten Konsequenz führt,
zeigt uns ein Blick in die Ostzone. In einem dort
1950 erlassenen Gesetz über Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frauen heißt es:
Die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik hat die volle Gleichberechtigung von Mann und Frau festgelegt und alle Gesetze aufgehoben, die die Frau gegenüber dem Mann benachteiligen.
Und weiter:
Durch die Eheschließung darf die Frau nicht gehindert werden, einen Beruf auszuüben oder einer beruflichen Ausbildung und ihrer gesellschaftlichen und politischen Fortbildung nachzugehen, auch wenn hierdurch eine zeitweise örtliche Trennung der Eheleute bedingt wird.
Und weiter:
Auf der Grundlage der Gleichberechtigung ist den Frauen in erhöhten Maße die Arbeit in der Industrie, im Transportwesen, in der Kommunalwirtschaft, im Handelswesen, in den Maschinenausgleichsstationen und Volksgütern, in allen Organisationen der staatlichen Verwaltung, der Volksbildung, des Gesundheitswesens und anderen Institutionen der DDR zu ermöglichen.
Die Arbeit der Frau in der Produktion soll sich nicht auf die traditionellen Frauenberufe beschränken, sondern auf alle Produktionszweige erstrecken.
Und hierzu kommentierte Herr Grotewohl:
„Es gibt keine letzte gesellschaftliche Gleichberechtigung der Frau ohne die gleichberechtigte Einbeziehung der Frau in das Wirtschaftsleben. Die Erfüllung und Übererfüllung der Wirtschaftpläne erfordern von der Frau die ständige und wachsende Bereitschaft zur Eingliederung in den Produktionsprozeß."
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mir scheint, das ist eine Gleichberechtigung, vor der wir doch alle unsere Frauen bewahren wollen.
Das ist aber eine Gleichberechtigung, die sich mit notwendiger Konsequenz ergibt, wenn man den Grundsatz von der Gleichberechtigung von Mann und Frau isoliert vom Wesen und von der Würde der Frau und von der naturgegebenen Ordnungsnorm der Ehe und Familie versteht.
Ich meine, wir sollten unsere Frauen und Mütter
nicht nur vor solchen Neuerern schützen, sondern
wir sollten auch den Weg zu solchen Entwicklungen nicht eröffnen oder freigeben.
In der letzten Konsequenz enden diese Dinge dann im Kohlen- oder Uranbergwerk.
Das kürzlich ergangene Düsseldorfer Urteil über die angebliche Verfassungswidrigkeit des Hausarbeitstages für die Frau — —