Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat sich mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des Familienrechts vor nunmehr fast 15 Monaten, und zwar am 27. November 1952, zum ersten Mal befaßt. Der Entwurf wurde damals dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen, konnte aber bis zum Ablauf der Legislaturperiode nicht mehr zu Ende beraten werden.
Inzwischen ist der 1. April 1953 verstrichen und damit der Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter unmittelbar geltendes Recht geworden. Das Bundesverfassungsgericht hat diese von manchen Seiten angezweifelte Auffassung in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 1953 bestätigt. Damit ist jedes deutsche Gericht vor die Notwendigkeit gestellt, zu entscheiden, welche Auswirkungen der Grundsatz der Gleichberechtigung auf den einzelnen von ihm zu behandelnden Fall hat. Daß dabei verschiedene Auffassungen zutage getreten sind, wird niemanden wundernehmen. Aber ich muß doch an dieser Stelle der deutschen Richterschaft meine Genugtuung und meine Anerkennung darüber zum Ausdruck bringen, daß sie der Größe und der Bedeutung der ihr gestellten Aufgabe sich voll bewußt gewesen ist und daß sie es auch verstanden hat, diese Aufgabe zu lösen.
Dem deutschen Richter verdanken wir es, daß ein Rechtschaos, wie es vielfach befürchtet worden ist, vermieden werden konnte.
Trotzdem hat die Bundesregierung es immer wieder als eine ihrer vordringlichsten Aufgaben betrachtet, dahin zu wirken, daß die gesetzgeberische Lücke, die am 1. April 1953 entstanden war, möglichst bald geschlossen werde. Schon am 18. Dezember des vergangenen Jahres hat sie den neuen im Bundesjustizministerium ausgearbeiteten Entwurf gebilligt, der Ihnen heute zur ersten Beratung vorliegt.
Der neue Entwurf der Bundesregierung beschränkt sich auf die Durchführung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes. Er sieht abweichend von dem früheren Entwurf davon ab, das Recht der Eheschließung und das Recht der Ehescheidung schon jetzt wieder in das Bürgerliche Gesetzbuch einzufügen. Damit will jedoch die Bundesregierung nicht zum Ausdruck bringen, daß das geltende Ehegesetz des Kontrollrats nicht so bald als möglich wieder in das Bürgerliche Gesetzbuch eingegliedert werden muß. Es würde aber die Verabschiedung des vorliegenden Entwurfs zu sehr verzögern und den Zustand der Rechtsunsicherheit zu sehr verlängern, wenn auch die Probleme, die das Ehegesetz aufgibt, schon jetzt zusammen mit den Fragen, die die Gleichberechtigung betreffen, gelöst werden sollten.
Im Interesse einer möglichst baldigen Verabschiedung des Gleichberechtigungsgesetzes hat die Bundesregierung auch darauf verzichtet, die der Vereinheitlichung des Familienrechts dienenden Bestimmungen wieder in den Entwurf aufzunehmen. Sie wird hierüber zu gegebener Zeit einen besonderen Entwurf vorlegen. Sie ist ebenso wie der Bundesrat der Auffassung, daß auch die Wiederherstellung der Rechts- und Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts eine ihrer vordringlichsten Aufgaben ist.
Der Standpunkt der Bundesregierung in bezug auf die Auslegung des Grundsatzes der Gleichberechtigung geht kurz zusammengefaßt dahin, daß die Rücksicht auf die funktionellen Unterschiede, die durch die Verschiedenheit der Geschlechter bedingt sind, mit dem Gleichberechtigungsgrundsatz durchaus vereinbar ist. Die Bundesregierung kann es auch nicht für richtig halten, wenn unter Hinweis auf den Grundsatz der Gleichberechtigung eine Regelung gefordert wird, die zur Gefährdung unserer Familien führen müßte. Sie hält es vielmehr für ihre Pflicht, Ihnen eine Regelung vorzuschlagen, durch die Ehe und Familie nach Möglichkeit gestärkt werden. Nur damit erfüllt sie die ihr durch Art. 6 des Grundgesetzes aufgegebene Verpflichtung, Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates zu stellen.
Die wesentlichen Grundzüge des Entwurfs lassen sich dahin zusammenfassen: möglichster Schutz für Ehe und Familie, möglichst Vermeidung irgendwelcher Einwirkung von draußen und daher auch der Versuch, Rechtsstreitigkeiten — Austragung ehelicher Differenzen vor Gericht — möglichst zu vermeiden, und weiter: eine Stärkung der finanziellen Position der Frau.
Die Kernfragen, die der Grundsatz der Gleichberechtigung aufwirft, möchte ich hier ganz kurz ansprechen. Die Antwort der Bundesregierung auf diese Fragen finden Sie in der Begründung zu den §§ 1354 und 1628. Die Ehegatten sind zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Aus dieser Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft ergibt sich die weitere Pflicht für die Ehegatten, alle Angelegenheiten, die das gemeinschaftliche Eheleben betreffen oder die sich auf die gemeinschaftlichen Kinder beziehen, im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln. Können sich die Ehegatten nicht einigen, so muß im Interesse der Familie die Entscheidung der einzelnen Angelegenheit d e m Ehegatten übertragen werden, der nach der natürlichen Ordnung von Ehe und Familie, wie sie das Leben selbst entwickelt hat, diese Entscheidung treffen muß. Das ist der Mann.
Ich bin mir wohl bewußt, daß diese Regelung zu Widersprüchen herausfordern wird. Ich bin mir auch darüber nicht im unklaren, daß in einer gesunden, normalen Ehe eine derartige Regelung gar nicht notwendig ist. In einer solchen Ehe geben sich die Ehegatten ihre eigenen Gesetze. Es gibt viele Ehen — und es sind bestimmt nicht die schlechtesten —, in denen das letzte Wort in derartigen Dingen die Frau spricht
— daran besteht kein Zweifel, meine Damen und Herren —, und es wäre auch völlig verkehrt, wenn durch eine gesetzliche Regelung versucht würde, ein derartiges, auf der Übung beruhendes Familienrecht zu ändern. In diese gesunden Ehen kann der Staat nicht eingreifen. Sie geben sich, wie ich schon sagte, ihre Gesetze selber.
Ich halte es auch für selbstverständlich, daß der kluge Mann in allen derartigen besonders wichtigen Fragen die Frau zu Rate zieht. Und wenn er weise ist, wird er diesen Rat in den meisten Fällen auch befolgen.
Die in den §§ 1354 und 1628 getroffene Regelung betrifft aber die Grenzfälle. Die Bundesregierung hat sich für verpflichtet gehalten, gerade diese Grenzfälle, in denen nicht die gewöhnlichen, selbst
gegebenen Ehegesetze gelten, zu regeln. Insbesondere im Interesse der Aufrechterhaltung der Ehe wird eine Regelung der Grenzfälle nicht zu umgehen sein. Ich freue mich, daß sich der Bundesrat dieser Auffassung angeschlossen hat.
Es ist behauptet worden, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 1953 könne herausgelesen werden, die hier vorgesehene Regelung widerspreche dem Art. 3 des Grundgesetzes. Das ist aber nicht richtig. Das Bundesministerium der Justiz hat dieses Urteil sehr eingehend gerade auf diesen Grundsatz hin geprüft und hat nichts feststellen können, was auch nur einen Anhaltspunkt dafür geben könnte, daß das Bundesverfassungsgericht eine derartige Feststellung treffen wollte oder getroffen hat. Das Bundesverfassungsgericht hat zu der grundsätzlichen Frage des Entscheidungsrechts des Mannes und Vaters nicht Stellung genommen. Es hatte auch in dem von ihm zu behandelnden Falle hierzu keinen Anlaß.
Auf Einzelheiten des Entwurfs möchte ich hier nicht eingehen. Wohl aber darf ich einige bedeutsame Änderungen erwähnen, die der neue Entwurf gegenüber dem ersten Entwurf der Bundesregierung enthält und die teilweise auf Anregungen zurückgehen, die die Bundesregierung im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und durch die Ausführungen des Bundesrats gewonnen hat. Ich meine z. B. die Fragen des Unterhalts getrennt lebender Ehegatten. Der neue Entwurf bringt in § 1361 klar zum Ausdruck, daß die Frau keine Nachteile dadurch erleiden darf, daß der Mann die Trennung allein oder in erheblich überwiegendem Maße verschuldet hat. Die Frau, die sich in der Ehe darauf beschränken durfte, den Haushalt zu führen und die Kinder zu erziehen, und die sich auch auf diese Aufgaben beschränkt hat, kann von dem schuldigen Mann grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, sie müsse nach Trennung der Ehegatten ihren Unterhalt durch eigene Berufsarbeit verdienen. Die Frau kann in diesem Falle in der gleichen Weise Unterhalt verlangen, wie wenn die eheliche Gemeinschaft, die der Mann zerstört hat, noch bestünde. Der neue Entwurf bringt dies so eindeutig zum Ausdruck, daß Zweifel an dieser Auffassung nicht mehr bestehen können.
Erwähnen darf ich auch noch eine Bestimmung des Entwurfs, die Sie in § 1356 Abs. 1 Satz 1 finden. Dort heißt es: „Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung." Der frühere Entwurf der Bundesregierung enthielt diese Bestimmung nicht. Sie ist vielleicht auch entbehrlich, weil sich Recht und Pflicht der Frau insoweit aus § 1353 ergeben. Aber die Bundesregierung hat es doch für sehr zweckmäßig gehalten, im Gesetzestext auf dieses besonders wichtige Recht und auf diese wesentliche Pflicht der Frau ausdrücklich hinzuweisen. Sie wollte aber mit dieser Vorschrift gleichzeitig zum Ausdruck bringen, daß die Frau diese Aufgabe in eigener Verantwortung, und zwar ausschließlich in eigener Verantwortung erfüllt. Hier gibt es kein Weisungsrecht und auch kein Letztentscheidungsrecht des Mannes.
Noch ein kurzes Wort zur Frage der Schlüsselgewalt. Sie wissen, daß für Geschäfte, die die Frau für die laufenden Bedürfnisse der Familie besorgt, nach dem Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Mann allein haftet. Der erste Entwurf der Bundesregierung sah eine gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten vor. Wir haben diese Frage noch einmal überprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß für derartige Verbindlichkeiten, mag der Mann oder die Frau sie eingehen, primär der Mann zu haften hat. Der Mann ist nach § 1360 des Entwurfs in erster Linie verpflichtet, die für die Führung des Haushalts erforderlichen Geldmittel zu beschaffen, während der Frau die Führung des Haushalts selbst obliegt. Dem entspricht es — gerade wenn man die Gleichwertigkeit dieser beiden Bemühungen um das Wohl der Familie bedenkt —, daß die Frau für derartige Verpflichtungen nur zu haften braucht, wenn der Mann zahlungsunfähig ist. Sonst haftet in erster Linie der Mann. Ich bedauere, daß der Bundesrat sich für. die Beibehaltung der gesamtschuldnerischen Haftung ausgesprochen hat.
Lassen Sie mich nun noch einige kurze Ausführungen zu dem Kernstück des Entwurfs, nämlich dem ehelichen Güterrecht machen. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, daß uns der Schutz der Frau und vor allen Dingen die Besserstellung der finanziellen Position der Frau besonders am Herzen liegt. Das kommt natürlich am deutlichsten im ehelichen Güterrecht zum Ausdruck. Ich glaube, es werden gerade diese Vorschriften sein, die vor allem den Grundsatz der Gleichberechtigung in der Praxis besonders zum Ausdruck bringen werden. Der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau hat auf dem Gebiet des ehelichen Güterrechts, wie ich schon sagte, eine besonders große Bedeutung. Der gesetzliche Güterstand des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach dem der Mann das Vermögen der Frau verwaltete und die Nutznießung dieses Vermögens zog, entspricht, wie allgemein anerkannt wird, diesem Grundsatz nicht mehr. Der Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes hat daher, wie der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen ausgeführt hat, bereits am 1. April 1953, d. h. mit dem Tage des Inkrafttretens des Grundsatzes der Gleichberechtigung, aufgehört, als gesetzlicher Güterstand weiterzubestehen. Es ist Aufgabe des künftigen Gesetzes, einen neuen gesetzlichen Güterstand zu schaffen. Dieser Güterstand und der Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter müssen zusammenpassen. Der neue Güterstand muß diesen Grundsatz verwirklichen und eine Regelung treffen, die dem Wesen der Ehe gerecht wird. Als künftiger gesetzlicher Güterstand kann eine reine Gütertrennung nicht in Betracht gezogen werden. Sie verwirklicht zwar der Form nach den Grundsatz der Gleichberechtigung — jeder Ehegatte verwaltet und nutzt sein Vermögen selbständig —, die Gütertrennung benachteiligt in der Sache aber letzten Endes die Frau, weil die Frau doch in der Regel den Haushalt führt, also keinen Beruf ausübt und auch nichts verdient, während der Mann erwerbstätig ist und seine Einkünfte in sein Alleineigentum fallen. Die Frau ist dann, wenn die Ehe geschieden wird, auf einen in der Praxis oft nicht durchsetzbaren Unterhaltsanspruch und auf ein meist beschränktes Erbrecht angewiesen, während der Mann oder sein Erbe den Erwerb, den er unmittelbar oder mittelbar durch die Mitarbeit der Frau erzielt hat, in vollem Umfang behalten darf. Ein gesetzlicher Güterstand muß, um eine angemessene Regelung darzustellen, dafür Sorge tragen, daß beide Ehegatten an dem in der Ehe erworbenen Vermögen beteiligt werden, gleichgültig welcher Ehegatte den Erwerb wirklich erzielt hat.
Ein Güterstand, der diesen Grundsatz verwirklicht, kann in verschiedener Weise ausgestaltet wer-
den. In den Arbeiten zur Reform des ehelichen Güterrechts ist gelegentlich vorgeschlagen worden, die Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand vorzusehen und die Beteiligung eines Ehegatten an dem Vermögen, das der andere in der Ehe erworben hat, dadurch zu verwirklichen, daß das Erbrecht der Ehegatten erhöht und im Falle der Scheidung der Ehe einem Ehegatten ein Abgeltungsanspruch gegen den andern gewährt wird. Dieser Vorschlag, wie er in der Begründung der Regierungsvorlage näher dargelegt ist, erscheint jedoch ungeeignet.
Ebensowenig hält die Bundesregierung es für empfehlenswert, als gesetzlichen Güsterstand die Errungenschaftsgemeinschaft vorzusehen. Bei dem Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft behält jeder Ehegatte das Vermögen, das er in die Ehe eingebracht hat, als Sondervermögen, das er selbständig verwaltet. Das Vermögen aber, das er in der Ehe erwirbt, steht beiden Ehegatten zu, es fällt in das Gesamtgut. Dadurch ergeben sich erhebliche Nachteile. Das Gesamtgut muß, da die Gläubiger der Ehegatten nicht entrechtet werden können, sowohl für die Schulden des Mannes als auch für die der Frau haften. Eine solche Regelung, die von den Anhängern der Errungenschaftsgemeinschaft auch vorgeschlagen wird, gefährdet aber doch die Ehegatten in sehr starkem Maße. Sie kann sich gerade für die Frau nachteilig auswirken; denn die Nutzungen ihres Sondervermögens und ihr Arbeitsverdienst fallen in das Gesamtgut, haften also auch für die Schulden des Mannes. Die Errungenschaftsgemeinschaft führt weiter zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung. Häufig wird sich nicht feststellen lassen, ob ein Gegenstand zum Sondervermögen oder zum Gesamtgut gehört. Zwischen den einzelnen Gütermassen bestehen sehr verwickelte Ausgleichspflichten. Hinzu kommt, daß häufig nicht mehr geklärt werden kann, aus welcher Vermögensmasse eine bestimmte Verpflichtung getilgt worden ist.
Mit Recht warnen daher die Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch nachdrücklich davor, die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand einzuführen. Die Ausführungen der Motive sind auch heute noch beherzigenswert. Unveräußerliche Bedingung für ein Güterrecht, so heißt es dort, müsse sein, daß es einfach, klar und praktisch leicht zu handhaben sei. Daran fehle es aber bei der Errungenschaftsgemeinschaft, und keine juristische Technik werde in der Lage sein, diesem Übelstand abzuhelfen. Ich glaube, meine Damen und Herren, diese Argumente gelten auch heute noch. Gerade heute bemühen wir uns ja immer wieder, die Gesetze möglichst einfach und klar zu gestalten — das muß die Aufgabe der Gesetzestechnik sein — und sie nicht zu komplizieren. Gerade der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft ist aber eine der kompliziertesten Lösungen der ehelichen Güterrechtsfragen, die bekannt sind. Es hat sich ja auch erwiesen, daß gerade in den Gegenden, in denen die Errungenschaftsgemeinschaft vor dem Jahre 1900 als gesetzlicher Güterstand gegolten hat, sie doch heute eigentlich kaum mehr irgendwelchen Anklang oder praktische Anwendung findet.
Zu den Schwierigkeiten, die bei der Errungenschaftsgemeinschaft die Fragen der Haftung und der Auseinandersetzung mit sich bringen, kommt die weitere Schwierigkeit der Verwaltung des Gesamtgutes. Das Gesamtgut kann nicht mehr, wie es bisher üblich war, von dem Mann allein verwaltet werden. Dies würde ja dem Grundsatz der Gleichberechtigung widersprechen. Eine Verwaltung dieser Vermögensmasse zu zweien würde aber natürlich häufig zu Streitigkeiten führen und kann nicht als empfehlenswert betrachtet werden. Außerdem kann eine gemeinschaftliche Verwaltung nicht selten auch ein Eingreifen des Staates notwendig machen. Denn wenn die Ehegatten sich nicht einigen können, muß der Richter den mangelnden Willen eines Ehegatten ersetzen können. Jedes Eingreifen des Gerichts in die Ehe ist aber auch auf vermögensrechtlichem Gebiet nichts weniger als erstrebenswert.
Aus allen diesen Gründen hat sich die Bundesregierung dem auch wirklich nur vereinzelt gemachten Vorschlag, eine Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand vorzusehen, nicht anschließen können, sondern hat dafür den Güterstand des Zugewinnausgleichs als gesetzlichen Güterstand vorgeschlagen. Damit hat sich die Bundesregierung einem Vorschlag angeschlossen, der seit Jahrzehnten von fast allen Seiten, unabhängig von weltanschaulichen Gesichtspunkten, gemacht worden ist. Auch die Wissenschaft hat sich wie die Praxis für einen solchen Güterstand ausgesprochen. Alle Juristentage, die sich mit dem ehelichen Güterrecht beschäftigt haben, die Juristentage in Heidelberg 1924, in Lübeck 1931 und in Frankfurt 1950, haben diesen Güterstand als künftigen gesetzlichen Güterstand vorgeschlagen. Der Grundsatz der Zugewinnbeteiligung hat auch im schweizerischen Recht seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden. Er hat sich dort durchaus bewährt.
Der jetzige Entwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat damit die Regelung übernommen, die schon der frühere Entwurf vorgesehen hatte. Er bezeichnet jedoch diesen Güterstand heute als Güterstand des Zugewinnausgleichs und nicht mehr als Gütertrennung mit Ausgleich des Zugewinns. Das ist an sich das gleiche. Aber wir haben uns doch zu dem jetzt vorgeschlagenen Ausdruck entschlossen, weil die Stellungnahme zum ersten Entwurf ergeben hat, daß dieser Güterstand häufig insofern mißverstanden worden ist, als man den Nachdruck auf die Gütertrennung, nicht aber auf den Ausgleich des Zugewinns gelegt hat. Ich darf Ihnen die Grundzüge dieses Güterstandes vielleicht kurz vortragen.
Jeder Ehegatte verwaltet und nutzt sein Vermögen während der Dauer der Ehe selbständig. Eine Gütergemeinschaft tritt also nicht ein. Wird die Ehe aufgelöst, so wird festgestellt, welchen Wert das Anfangsvermögen und welchen Wert das Endvermögen der beiden Ehegatten gehabt hat. Unter Anfangsvermögen ist das Vermögen zu verstehen, das ein Ehegatte beim Eintritt des Güterstandes gehabt hat, unter Endvermögen jenes, das er bei Beendigung des Güterstandes besitzt. Übersteigt das Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen, so hat der Ehegatte einen Zugewinn erzielt. Übersteigt der Zugewinn eines Ehegatten den Zugewinn des andern, so erhält der Ehegatte, der diesen Zugewinn erzielt hat, zunächst ein Viertel des Mehrbetrags vorab. An dem Rest des Mehrbetrages wird der andere Ehegatte in der Weise beteiligt, daß er in Höhe der Hälfte dieses Betrags eine Ausgleichsforderung gegen seinen Ehegatten erhält. Wird die Ehe durch den Tod des Ehegatten aufgelöst, und zwar des Ehegatten, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, so erhalten seine Erben oder Abkömmlinge keine Ausgleichsforderung. Ein Ehegatte kann die
Erfüllung seiner Ausgleichsverpflichtung allerdings insoweit verweigern, als der Ausgleich nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Der Ehegatte, der den höheren Zugewinn erzielt hat, soll von dem Mehrbetrag, wie ich bereits sagte, zunächst ein Viertel vorab erhalten, weil er ja auch allein die Gefahr des Verlustes getragen hat. Der andere Ehegatte nimmt an dem Verlust nicht teil, und es entspricht doch wohl der Gerechtigkeit, daß für diese Verlustgefahr der Ehegatte einen Ausgleich erhält, der sie auch allein zu vertreten hatte.
Meine Damen und Herren! Dies sind die wesentlichen Grundzüge des gesetzlichen Güterstandes, der Ihnen nunmehr zur Beschlußfassung vorgeschlagen wird. Zur Frage. wie der Ausgleich im einzelnen ausgestaltet ist, darf ich wohl auf die Begründungen zu diesen Bestimmungen verweisen. Auf einige Punkte möchte ich noch ganz besonders zurückkommen.
Eine Frage, die von wesentlicher Bedeutung ist, betrifft die Bewertung des Anfangsvermögens. Dieser neue Entwurf stellt es im Gegensatz zu dem ersten Entwurf ausschließlich darauf ab, welchen Wert die zum Anfangsvermögen gehörenden Gegenstände bei Beginn des Güterstandes gehabt haben. Steigen diese Gegenstände später im Wert, so wird der Zugewinn erhöht. Fallen sie, so vermindert sich der Zugewinn. Diese Regelung vereinfacht sehr wesentlich die Berechnung des Zugewinns.
Des weiteren sieht der Entwurf im Gegensatz zum ersten Entwurf die Regelung vor, daß kein Ehegatte ohne Zustimmung des andern über den ehelichen Hausrat verfügen darf. Eine völlig neue Bestimmung, meine Damen und Herren! Ein Dritter, der Hausrat erwirbt, wird auch dann nicht geschützt, wenn er gutgläubig ist, also wenn er irrtümlich annimmt, sein Geschäftspartner sei nicht verheiratet oder aber der Ehegatte habe seine Zustimmung gegeben. Diese Regelung wird in der Praxis wohl von besonderer Bedeutung sein.
ln diesem Zusammenhang sei auch auf eine Änderung der erbrechtlichen Vorschriften hingewiesen. Nach dem Vorschlag des Entwurfs soll der überlebende Ehegatte auch dann den in § 1932 BGB geregelten Voraus erhalten, wenn Abkömmlinge vorhanden sind. Zum Schutze der Erben ist allerdings vorgesehen, daß der überlebende Ehegatte sich den Wert des Voraus auf seine Ausgleichsforderung anrechnen lassen muß.
Meine Damen und Herren! Der gesetzliche Güterstand soll natürlich den Ehegatten nicht aufgezwungen werden. Es steht den Ehegatten völlig frei, ihre güterrechtlichen Verhältnisse selbst zu regeln. Der gesetzliche Güterstand gilt, wie dies bisher ja auch der Fall war, nur dann, wenn eine Vereinbarung über ein Güterrecht nicht getroffen worden ist. Demnach könnten also die Ehegatten sogar einen Güterstand vereinbaren, der dem Grundsatz der Gleichberechtigung nicht entspricht. Aber das ist natürlich nur möglich, wenn beide Ehegatten zustimmen. In derartige gemeinsam getroffene Verfügungen oder Vereinbarungen greift der Gesetzgeber selbstverständlich nicht ein.
Die Vertragsfreiheit wird also durch die Gleichberechtigung und durch die Aufstellung eines gesetzlichen Güterstandes in keiner Weise eingeschränkt. Als gesetzlich geregelten Wahlgüterstand, also einen Güterstand, den die Ehegatten durch Verweisung auf die gesetzlichen Bestimmungen vereinbaren können, stellt der Entwurf den Ehegatten lediglich die Gütergemeinschaft zur Verfügung, wobei es natürlich offenbleibt, auch andere Güterstände zu vereinbaren. Die allgemeine Gütergemeinschaft ist also hier auch als Wahlgüterstand vorgesehen, genau wie im alten BGB die Güterstände der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft und der Fahrnisgemeinschaft ebenfalls als Wahlgüterstände vorgesehen waren.
Die Gütergemeinschaft unseres Entwurfs entspricht im wesentlichen der allgemeinen Gütergemeinschaft des BGB. Sie sieht jedoch vor, daß die Ehegatten in dem Vertrag, durch den sie diesen Güterstand vereinbaren, die Bestimmung treffen müssen, wer von ihnen das Gesamtgut verwaltet. Das ist eine Selbstverständlichkeit im Hinblick auf die Gleichberechtigung. Wenn allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart wird, dann muß einer der Ehegatten das Gesamtgut verwalten. Denn die gemeinschaftliche Verwaltung führt häufig zu Unzuträglichkeiten. Sie wird im Entwurf nicht vorgesehen, kann aber natürlich vereinbart werden.
Der Entwurf sieht auch nicht mehr die Güterstände der Errungenschaftsgemeinschaft und der Fahrnisgemeinschaft als Wahlgüterstände vor. Für die Errungenschaftsgemeinschaft besteht kein Bedürfnis mehr, wenn der Güterstand des Zugewinnausgleichs gesetzlicher Güterstand wird, und die Fahrnisgemeinschaft ist seit langem veraltet und eigentlich völlig aus der Praxis verschwunden.
Ich darf zum Schluß noch ganz kurz auf die Übergangsvorschriften Bezug nehmen. Der gesetzliche Güterstand des Zugewinnausgleichs soll auch für die Ehen gelten, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen worden sind. Es wird aber dann nur der Zugewinn ausgeglichen, der seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erzielt wird. Das Ausgangsvermögen ist also das Vermögen, das die Ehegatten beim Inkrafttreten dieses Gesetzes besitzen. Da der Güterstand den Ehegatten nicht aufgezwungen werden soll, ist jeder Ehegatte berechtigt, innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch einseitige Erklärung gegenüber dem Amtsgericht die Gütertrennung herbeizuführen.
Für die Wahlgüterstände gilt folgende Übergangsregelung: Besteht zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes allgemeine Gütergemeinschaft, so gelten die Vorschriften, die bei der Gütergemeinschaft für den Fall anzuwenden sind, daß der Mann das Gesamtgut verwaltet. Haben die Ehegatten die Fortsetzung der Gütergemeinschaft nicht ausgeschlossen, so gilt sie als vereinbart. Besteht für eine Ehe Errungenschafts- oder Fahrnisgemeinschaft, so bleiben die Vorschriften maßgebend, die vor dem 1. April 1953 für diese Güterstände gegolten haben. Haben die Ehegatten Gütertrennung vereinbart, so gilt Gütertrennung nach Maßgabe dieses Gesetzes.
Schließlich möchte ich noch ganz kurz auf einen Punkt hinweisen, meine Damen und Herren, nämlich auf die in der Praxis seit dem 1. April 1953 umstrittene Frage, ob ein Ehegatte verpflichtet sei, dem anderen die Kosten eines Ehescheidungsprozesses vorzuschießen. Der Entwurf sieht folgendes vor: Nach § 627 der Zivilprozeßordnung in der Fassung des Entwurfs kann das Gericht anordnen, daß ein Ehegatte dem anderen einen Prozeßkostenvorschuß zu leisten habe, wenn dies der Billigkeit entspricht.
Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen nur die wichtigsten Probleme des Gesetzes vorgetragen. Wir werden ja im Ausschuß reichlich Gelegenheit
finden, uns über diese Probleme noch im einzelnen auszusprechen.