Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der Bundesregierung habe ich die Ehre, Ihnen den Haushalt der Bundesrepublik für das Jahr 1954 vorzulegen. Der Bundesrepublik! Eine echte und wahre Republik wird ein Staat nicht dadurch, daß er nur keine Monarchie ist. Er wird sie dadurch, daß der Gedanke der „res publica" in allen Staatsbürgern lebt und von allen Staatsbürgern verstanden wird. Die res publica spiegelt sich in dem Haushaltsplan des Staates wider. Er und die gesamte Finanzpolitik gehen a 11 e an. Er setzt sich aus Teen zusammen, die sich. an Teile des Staatsvolkes richten; aber als Ganzes ist er das Bild des Staates und des gesamten Staatslebens und sollte in dem Sinne auch gewürdigt werden.
Bundesregierung, und Bundesfinanzministerium bemühen sich auch, die Anteilnahme der tiffentlichkeit an den Fragen der öffentlichen Finanzwirtschaft allseits zu wecken. Wenn der Steuerzettel in das Haus geflattert kommt, dann findet die Finanzpolitik des Staates wohl immer eine „Würdigung" durch den Steuerzahler,
die dann aber nicht aus der Sachkunde und Kenntnis der Zusammenhänge, sondern aus seiner augenblicklichen Gefühlsstimmung geboren ist, und die Vertreter dies Volkes in den deutschen Parlamenten spüren das Echo dieser Gefühlsstimmung. Es wäre wohl besser, wenn von vornherein die öffentliche Finanzpolitik mit einem Teil jener Anteilnahme wenigsten verfolgt und beurteilt würde, die der einzelne seinem Steuerbescheid endlich widmet; denn letzten Endes ist der Steuerbescheid der Ausfluß der gesamten Finanzpolitik des Staates.
Über diese Finanzpolitik des Staates habe ich heute wieder zu sprechen. Im Vorjahr, das das Abschlußjahr einer Session gewesen ist, gab ich Ihnen einen Rechenschaftsbericht über das, was in der Vergangenheit getan wurde und was sie gebracht hat. Lassen Sie mich heute an Hand des Ihnen vorliegenden Haushaltsplans einen Blick in die Zukunft werfen, d. h. einen Blick auf all die Fragen, die sich im Haushaltsplan abzeichnen und die Gegenstand Ihrer künftigen Verantwortung und der von Ihnen zu treffenden Entscheidungen sein werden.
Es ist nicht lange her, daß wir die deutsche Finanzpolitik vor dem deutschen Wähler zu vertreten hatten und daß der Wähler auch über diese Finanzpolitik sein Votum abgegeben hat. Wir haben darauf verwiesen, daß Grundsatz der deutschen Finanzpolitik die Wahrung der finanziellen Ordnung sein muß. Dem deutschen Volk ist im Jahre 1948 eine neue junge Währung gegeben worden, einem Volk, das in einer Generation zweimal eine Zerrüttung seiner Währung mit dem Ende der Inflation und der Währungsumstellung erlebte.
Die Finanzpolitik schafft die Voraussetzung dafür, ob eine Währung gesund bleibt oder nicht. Wir alle haben dem deutschen Wähler versprochen, die finanzielle Ordnung zu wahren, und zwar um der Währung willen. Wir haben aber alle anerkannt, daß es notwendig gewesen ist — um die
Folgen des Krieges zu überwinden, um die äußeren und inneren Lasten zu tragen und um den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft zu ermöglichen —, dem deutschen Steuerzahler eine Last aufzubürden, die die höchste Steuerlast von allen Kulturvölkern geworden ist. Wir haben dem deutschen Volk versprochen, eine Finanzpolitik mit dem Ziel zu treiben, eine Erhöhung dieser Steuerlast zu vermeiden, die Voraussetzungen für eine Milderung der Steuerlast zu treffen und dabei den ersten Grundsatz, die finanzielle Ordnung, doch zu wahren.
Wir wissen, wie schwer dies ist, weil es bedeutet, daß sich nicht mehr, wie es die Finanztheorie der Vergangenheit dargestellt hat, in der öffentlichen Finanzwirtschaft die Einnahmen nach den Ausgaben zu richten haben, sondern daß ich dann, wenn ich die Ausgaben nicht mehr erhöhen will, den Mut finden muß, mich zu dem Grundsatz zu bekennen, daß sich die Ausgaben nach den Einnahmen richten müssen, und daß es infolgedessen das Bestreben sein muß, alle vermeidbaren Ausgaben auch wirklich zu vermeiden.
Wir wissen, daß diese Politik zum Gegensatz zu den Wünschen vieler führt, die an den Staat mit Forderungen herantreten, manchmal ohne daran zu denken, ob eine Steigerung der Belastung der Allgemeinheit über das erträgliche und über das wirtschaftsmögliche Maß hinaus herbeigeführt wird. Aber ich darf doch sagen, daß wir mit dieser Grundlinie die Sache der res publica, die Sache aller vertreten.
Dem Bestreben, die öffentliche Anteilnahme und öffentliche Aufmerksamkeit auch für den Haushaltsplan des Bundes zu erwecken, scheint die Tatsache entgegenzuwirken, daß unser Haushaltsplan ein Buch von 2000 Seiten ist und daß viele infolgedessen, erschreckt darüber, gar nicht wagen, dieses Buch auch nur in die Hand zu nehmen. Das Bundesfinanzministerium hat nun an eine gute Tradition der Weimarer Republik angeknüpft und die „Allgemeinen Vorbemerkungen zum Bundeshaushalt" herausgegeben, die Ihnen zugegangen sind. Die Presse, auf deren Arbeit für die öffentliche Anteilnahme an dem deutschen Bundeshaushalt wir angewiesen sind, hat zu diesen Vorbemerkungen auch schon geschrieben, daß der Finanzminister nun einen großen Teil seiner Karten aufgedeckt habe, um sich nicht ständig der Geheimnistuerei bezichtigen zu lassen. Der Finanzminister will wirklich. daß die Öffentlichkeit weiß, daß die Finanzpolitik der deutschen Bundesrepublik eine Geheimnistuerei nicht kennt. Er fordert Sie alle daher zum Studium dieser kleinen Finanzgeschichte der Bundesrepublik herzlich auf.
Es ist ihm dabei auch darum zu tun, daß durch diese Kenntnis der inneren Entwicklung und der inneren Zusammenhänge die Beratungen über den Bundeshaushaltsplan beschleunigt werden können. An einer Beschleunigung liegt in diesem Jahr um so mehr, als der Bundeshaushaltsplan 1954 die Grundlage für viele wichtige Reformen, nicht nur auf finanziellem Gebiet, ist. Ich brauche nur an die Worte Finanzreform, Steuerreform etc. zu erinnern.
In einem Ausschuß ist kürzlich das Wort gefallen, daß sich die finanzwirtschaftliche Ordnung unseres ganzen Staatswesens in dem zeitgerechten Ablauf von
Planung, Ausführung und Kontrolle des Bundeshaushalts vollzieht und daß die verfassungsmäßige Sicherung dieser zeitgerechten Erledigung letzten Endes eine Errungenschaft und gleichzeitig Voraussetzung unserer Demokratie ist. Ich stimme dem zu, und gerade deshalb bitte ich, diesem heute eingebrachten Haushaltsplan für 1954 eine schnelle Verabschiedung zu sichern. Ich habe diese Bitte schon in Ihrem Haushaltsausschuß vortragen lassen und danke für das Verständnis, das diese Anregung dort gefunden hat. Jede übermäßige Verzögerung könnte auch die Gefahr finanzieller Unordnung bedeuten, und an dieser Unordnung gewinnt einer bestimmt nicht, nämlich das Parlament, das sein Budgetrecht zu wahren hat.
Der Aufstellung des Haushaltsplans 1954 haben sich in diesem Jahr — ganz abgesehen von den zeitlichen Schwierigkeiten, die sich aus dem Datum der Wahl, 6. September, ergaben — besondere sachliche Schwierigkeiten entgegenstellt. Er konnte trotzdem rechtzeitig fertiggestellt und rechtzeitig dem Bundesrat und nunmehr Ihnen zugeleitet werden. Als Kennzeichen der bestehenden sachlichen Schwierigkeiten darf ich nur ganz kurz hervorheben, daß zeitweise die Mehranforderungen, die an den Bundeshaushaltsplan 1954 gestellt wurden, einen Betrag von 5 Milliarden DM — mit Einschluß des früheren Fehlbetrags 1951 sogar 6 Milliarden DM — erreicht haben. Ich darf daran erinnern, daß ein großer Posten im ordentlichen Haushalt 1953, nämlich der Beitrag des außerordentlichen Haushalts zum ordentlichen Haushalt, in diesem Jahr nicht mehr wiederkehren durfte und daß es so eines engen und vertrauensvollen Zusammenarbeitens aller Verwaltungszweige in der Bundesregierung bedurft hat, um den Haushalt auch rechtzeitig aufzustellen; einen Haushalt, der trotz der in Aussicht genommenen höheren Einnahmen an Steuern und Zöllen aller Art im Ergebnis dann doch in seinen beiden Teilen zusammen kleiner ist als der Haushalt des Jahres 1953.
Wenn ich demgegenüber den Haushaltsplan des Landes, in dem die Bundesverwaltung zu Gast ist, für 1954 lese, beschleicht mich leiser Neid; konnte man doch den ordentlichen Haushalt dort gegenüber dem Vorjahr um 100/o steigern! Das würde im Bundeshaushalt eine Steigerung des ordentlichen Haushalts um 21/2 Milliarden DM bedeutet haben. Wieviel leichter hätten wir uns bei der Aufstellung des Haushalts getan, wenn wir diese Möglichkeiten gehabt hätten! Ich glaube aber sagen zu dürfen, daß es trotz der Beschränkung des Haushalts gelungen ist, nicht nur die alten Leistungen aufrechtzuerhalten, sondern auch neue und wichtige Vorhaben im Bundeshaushaltsplan 1954 finanziell sicherzustellen.
Welches sind nun die volkswirtschaftlichen Grundlagen und Voraussetzungen, von denen wir bei der Aufstellung dieses Haushaltsplans ausgehen? Wir müssen bei unseren Überlegungen davon ausgehen, daß die Steigerung unseres Sozialprodukts sich auf die Dauer nicht in dem Maße fortsetzen kann, wie es in den ersten Jahren des Wiederaufbaus der Fall gewesen ist. Die Kurve des jährlichen Zuwachses unseres Sozialprodukts muß natürlicherweise abflachen. Wenn der Bundesfinanzminister das ausspricht, so ist er deswegen kein Pessimist. Er hat bei der Schätzung der Steuereinnahmen die Annahme zugrunde gelegt, daß unser Sozialprodukt in diesem Jahr um weitere rund 5°/o steigen wird. Das ist eine Schätzung, die
weit über den Schätzungen in den meisten europäischen Ländern liegt. Sie bedeutet, daß, wenn wir von einem Bruttosozialprodukt — einschließlich der volkswirtschaftlichen Abschreibungen -
von etwa 133 Milliarden DM im Jahre 1953 ausgehen, wir für das Jahr 1954 ein Bruttosozialprodukt von voraussichtlich 140 Milliarden DM annehmen können. Das ist also nicht ein Pessimismus, sondern ich möchte sagen: fast ein fröhlicher Optimismus, der es uns auch ermöglicht, den bisherigen Kurs der finanzpolitischen Linie beizubehalten.
Die Bundesregierung hat sich die Mühe gemacht, auch im Haushaltsplan 1954 die Stetigkeit der bisherigen wirtschaftlichen Entwicklung zu sichern, eine weitestgehende Beschäftigung aller Arbeitsfähigen einschließlich der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge anzustreben und überall die vorhandenen Wirtschaftskräfte zu beleben.
Die Finanzpolitik des Staates hat dabei Hand in Hand zu gehen mit der Wirtschaftspolitik des Staates. In einem Staat, der sich zur sozialen Marktwirtschaft bekennt, ist die Aufgabe des öffentlichen Haushalts bei der Lösung der wichtigsten Frage zwischen Wirtschaft und allgemeiner Finanzpolitik, nämlich der Frage der Finanzierung der Investitionen, grundsätzlich nicht so schwer. Der Staat hat Hilfsstellung zu geben, wo solche notwendig ist, und Schwierigkeiten bei der Entfaltung der Kräfte innerhalb des sozialen Rahmens zu überwinden. Der soziale Haushalt des Haushaltsplans 1954 stellt die Konsumseite sicher. Der Investitionssteil des Haushalts bevorzugt die Förderung der Grundlagen der Wirtschaft und hält sich von den vielen Einzelgebieten fern, die der unternehmerischen Initiative überlassen werden müssen. Dabei ist natürlich Voraussetzung, daß Staat und Wirtschaft denselben Weg gehen.
Der Staat hat den Krieg und die Kriegsschäden zu liquidieren. Er versucht dies, indem er die Voraussetzung einer neuen blühenden Wirtschaft zu schaffen sucht und insbesondere allen Arbeitsfähigen und Arbeitswilligen einen Arbeitsplatz, den Nichtarbeitsfähigen doch eine auskömmliche Lebenshaltung zu sichern sucht. Daneben etwa noch die Tatsache der Währungsumstellung ausgleichen zu wollen und alle Vermögenswerte der Vorkriegszeiten wiederherstellen zu wollen, wäre zuviel vom Staate oder, richtiger gesagt, vom deutschen Steuerzahler verlangt. Der grundsätzlich richtige Weg scheint mir der zu sein, den wir in den vergangenen Jahren und im Lastenausgleich gehalten haben, nämlich die Zusammenfassung unserer finanziellen Kräfte auf ein soziales Programm und auf den Wiederaufbau einer Wirtschaft, die jedem Arbeitsmöglichkeiten gibt, zu legen.
Ein Wort zu der Belastung, die diese Aufgabe dem deutschen Steuerzahler bringt. Die Finanzminister in der gesamten Bundesrepublik in Bund und Ländern und die Finanzverwalter der Gemeinden werden im kommenden Rechnungsjahr rund 35 % des Volkseinkommens in Form von Steuern und Abgaben an sich ziehen, nämlich statt bisher 46 Milliarden DM im Jahr 1953 voraussichtlich 48 Milliarden DM. Dabei geht der Anteil des Bundes an diesem gesamten Finanzbedarf etwas zurück. Denn erstmalig in diesem Haushaltsjahr liegt im Bund das Mehr an öffentlichen Ausgaben unter dem Zuwachs des Bruttosozialprodukts. Ich betrachte das als erfreuliches Zeichen einer Konsolidierung. Der Wille ist, die Kraft der Wirtschaft zugunsten ihrer eigenen Aufgaben zu
schonen. Es liegt darin auch der erste Ansatz für eine Senkung der Steuerbelastung.
„Aber wer will bauen an der Straßen, Muß die Leute reden lassen."
Gleichzeitig mit dem Bestreben der Entlastung der Wirtschaft und des Steuerzahlers tauchen schon wieder die kritischen Stimmen und gerade aus Kreisen der Wirtschaft auf, daß die Finanzwirtschaft damit die Konjunktur gefährde, weil die öffentlichen Aufträge und Ausgaben fehlen.
Ich werde noch in einem anderen Zusammenhang auf diese Ideen zu sprechen kommen, möchte hier aber betonen: ich halte es für unmöglich, gleichzeitig nach finanzieller Entlastung der Wirtschaft, des Steuerzahlers durch den Staat und nach höheren öffentlichen Aufträgen durch den Staat zu rufen.
Was die öffentlichen Investitionen anbetrifft, so muß ich Sie hier doch mit einigen Zahlen behelligen, auch wenn ich sonst Zahlen möglichst vermeiden will. Die Investitionen von Bund, Ländern und Gemeinden haben 1950 rund 5 Milliarden DM betragen. Davon trafen 17 % auf den Bund. Im Jahre 1953 betrugen sie rund 8,1 Milliarden DM; davon trafen 29 % auf den Bund. Im Jahre 1954 steigen sie auf fast 9 Milliarden DM; davon treffen den Bund 26 %. In diesem Jahr haben sich also die Länder und Gemeinden wieder stärker in den Vordergrund geschoben.
Scheidet man die Investitionen nach ihrer Art, so wird auch dort die Normalisierung deutlich, von der ich vorhin gesprochen habe. Während bis 1952 die öffentlichen Investitionen, wie Verwaltungsbauten, Schulbauten, Straßenbau usw., die Hälfte und mehr der gesamten öffentlichen Investitionen ausmachen, treten nunmehr die wirtschaftsfördernden Darlehen in den Vordergrund.
Die eigenen Investitionen in Bund, Ländern und Gemeinden betragen 1953 etwa 3,6 Milliarden DM — ich brauche nicht zu erwähnen, daß die öffentlichen Investitionen des Bundes lauter Aufgaben sind, die von der Privatwirtschaft nicht übernommen werden können und die die Privatwirtschaft auch nicht übernehmen will —, die wirtschaftsfördernden Darlehen dagegen betragen 4,5 Milliarden DM. Dieses Verhältnis wird sich 1954 noch stärker zugunsten der Gewährung von Darlehen zur Förderung der Wirtschaft und in prozentualer Minderung der eigenen öffentlichen Investitionen verändern.
Auch in der Finanzierungsform wird dies sichtbar. Bisher wurden die Investitionen der öffentlichen Hand vorwiegend aus Steuermitteln finanziert. Es beginnt nunmehr die stärkere Umlagerung auf Mittel des Kapitalmarktes. Für das vor uns liegende Rechnungsjahr 1954 wird der Anteil der Kapitalmarktmittel etwa 43 % der gesamten Deckungsmittel für Investitionen ausmachen. 1949 waren es noch 12 %. Im gleichen Verhältnis wird der Anteil der Steuern an der Finanzierung der Investitionen zurückgehen. Es werden 1954 nur noch etwa 46 % aus Steuermitteln gedeckt, während es in den Jahren 1949 und 1950 80 % waren.
Selbstverständlich ist das nur der Beginn einer allmählichen Wandlung, aber es scheint mir doch wichtig, auf sie hinzuweisen, und vielleicht stärkt sich bei Würdigung dieser Zahlen die Überzeugung, daß dem öffentlichen Haushalt nur eine
Hilfsstellung für die gesunde Entwicklung der natürlichen Kräfte der Volkswirtschaft zugedacht ist.
Ich darf als Beispiel auf ein Kennzeichen des Jahres 1953 verweisen. In diesem Jahr hat sich innerhalb des Sozialprodukts eine bedeutende Verschiebung zugunsten der Lebenshaltung breiter Bevölkerungschichten gezeigt. Die Produktion von Verbrauchsgütern ist von 1952 auf 1953 um rund 16 % gestiegen. Es beweist dies, daß die breiten Verbraucherschichten an dem allgemeinen Aufstieg teilgenommen haben. Der Finanzminister darf wohl die Hoffnung aussprechen, daß die Senkung des Einkommensteuertarifs vom 1. Juli vergangenen Jahres zu dieser Entwicklung beigetragen hat.
Ich fürchte trotz dieses Beispiels, daß es mir schwer möglich sein wird, das Verständnis dafür zu wecken, welche Wechselwirkungen zwischen dem Haushalt des Staates und der Wirtschaft innerhalb des Staates bestehen. Ich möchte den Satz wagen, daß eine Volkswirtschaft und die Währung eines Landes auf die Dauer nicht gesund bleiben können, wenn nicht auch die Finanzwirtschaft des Staates gesund bleibt. Ein Blick in manches unserer Nachbarländer sollte das beweisen, sowohl, was die Erholung der Wirtschaft eines Landes gleichzeitig mit der Gesundung seiner Finanzwirtschaft betrifft, wie andererseits die Gefährdung der Wirtschaft eines Landes durch eine ungesunde Finanzwirtschaft des Staates.
Nun zur Lage unserer Finanzwirtschaft:
Die finanzielle Lage des Bundes in unseren Büchern ist leider nicht so gut, wie ich es wünschen würde. Es treffen hier eine Anzahl von Faktoren zusammen.
Hier muß ich zum Verständnis folgendes vorausschicken:
Wir haben vom Jahr 1951 ab in Abänderung des § 75 der Reichshaushaltsordnung in den Haushaltsplänen nur das sogenannte kassenmäßige Defizit, also den Überschuß der Auszahlungen über die Einzahlungen, ausgewiesen. Richtig müßte der sogenannte rechnungsmäßige Fehlbetrag ausgewiesen werden, das ist neben dem etwaigen Überschuß der Ausgaben des Jahres über die Einnahmen auch die Berücksichtigung der sogenannten Ausgabenreste, also der Ausgaben, die künftig noch zu leisten sind und für die die Einnahmen in der Vergangenheit bereits eingegangen sind. Dieser rechnungsmäßige Fehlbetrag gibt das wirkliche Bild darüber, wie das kommende Haushaltsjahr voraussichtlich vorausbelastet ist. Der rein kassenmäßige Fehlbetrag gibt dieses Bild in Tagen, wo der Überhang an Besatzungskosten alles verschleiert, nicht zutreffend wieder.
Kassenmäßig haben wir im Jahre 1951 einen Fehlbetrag von rund 1300 Millionen DM ausgewiesen. Daneben bestanden aber noch sogenannte Ausgabenreste in Höhe von rund 1 Milliarde DM, so daß der rechnungsmäßige Fehlbetrag des Jahres 1951 2,3 Milliarden DM betragen hat.
Im Rechnungsjahr 1952 haben wir kassenmäßig nach Abdeckung von 300 Millionen DM des. kassenmäßigen Defizits 1951 mit ± 0 abgeschlossen. Rechnungsmäßig ist ein Fehlbetrag von 966 Millionen D-Mark, also rund i Milliarde DM entstanden. Einschließlich des Fehlbetrags aus dem Jahre 1951 ergab sich also ein rechnungsmäßiger Fehlbetrag von insgesamt rund 2 Milliarden DM, d. h. der
rechnungsmäßige Fehlbetrag des Jahres 1951 konnte im Jahre 1952, um rund 300 Millionen DM gemindert werden.
Im Jahre 1953 werden wir voraussichtlich - ein
bestimmtes Ergebnis kann erst nach Abschluß der Bücher genannt werden — wieder ohne kassenmäßigen Fehlbetrag abschließen. Es bleibt jedoch ein rechnungsmäßiger Fehlbetrag dieses Jahres von rund 1,3 Milliarden DM. Zusammen mit dem kassenmäßigen Fehlbetrag des Jahres 1951 und unter 'Einbeziehung aller Reste aus den Vorjahren ist der zu erwartende Fehlbetrag nach Abschluß des Rechnungsjahres 1953 also wieder rund 2,3 Milliarden DM. Die Besserung des Jahres 1952 ist verlorengegangen, und die kommenden Jahre sind wieder stark vorausbelastet. Wenn — und nach den Erklärungen der Vertreter der Alliierten muß das als sicher angenommen werden — die rückständigen Besatzungskosten voll abgerufen werden, wird der Schleier, von dem ich sprach, zerreißen und der rechnungsmäßige Fehlbetrag mit seinem vollen Gewicht in Erscheinung treten.
Ich darf diese Entwicklung in den einzelnen Jahren kurz erläutern. Im Jahre 1952 sind die Einnahmen und Ausgaben um rund 300 Millionen DM hinter dem Soll zurückgeblieben. Bei den Steuern beträgt der Ausfall gegenüber den Schätzungen, die die Bundesregierung aufgestellt hatte, genau 0,7 %. Verringert haben sich daneben die Einnahmen aus dem Münzgewinn und die Einnahmen aus dem Gewinn der Bundesnotenbank u. a. Bemerkt muß werden, daß der Anleihebedarf des außerordentlichen Haushalts in Höhe von rund 237 Millionen DM ungedeckt geblieben ist.
Bei den Besatzungs- und Verteidigungsausgaben trat eine Ersparnis dadurch ein, daß in diesem Rechnungsjahr der EVG-Vertrag nicht in Kraft getreten ist und dadurch die vorgesehenen Verteidigungsausgaben — über die Besatzungskosten hinaus — nicht anfielen. Die Ersparnis betrug 900 Millionen DM rund. Sie ist ausgeglichen durch Mehrausgaben für Subventionen und Vorratshaltung, für soziale Leistungen, zusätzlichen Wohnungsbau, weitere Siedlungsvorhaben, Mehrzuwendungen an Berlin und an Schleswig-Holstein, für die Durchführung des Israel-Vertrags und für die Teilabdeckung des kassenmäßigen Fehlbetrags 1951. Dabei konnte im Jahre 1952 der Investitionsteil des außerordentlichen Haushalts trotz des Ausfalls von Anleihemitteln in Höhe von 237 Millionen DM zum großen Teil, bis auf einen Rest von 93 Millionen DM, bedient werden.
Anders liegt das Bild für das Rechnungsjahr 1953. Auch hier ist dadurch, daß der EVG-Vertrag in diesem Rechnungsjahr vermutlich nicht mehr in Kraft tritt, eine hohe Ersparnis eingetreten. Im Haushalt war für die Monate ab November ein Verteidigungsbeitrag von je 950 Millionen DM vorgesehen. Für diese fünf Monate sind nunmehr die Besatzungskosten im Höchstbetrag von je 600 Millionen DM zu rechnen, so daß sich eine Ersparnis von 1750 Millionen DM ergibt. Diese Ersparnis wird aber durch Verschlechterungen des Haushalts nicht nur voll verbraucht, sondern es wird sich sogar, wie gesagt, darüber hinaus ein rechnungsmäßiger Fehlbetrag von 1,3 Milliarden DM ergeben.
Das hat folgende Ursachen: In dem ordentlichen Haushalt des Jahres 1953 war im Zusammenhang mit der Senkung der Einkommensteuer zur Überbrückung des ersten Jahres ein Beitrag des außer-
ordentlichen Haushalts an den ordentlichen Haushalt mit 721 Millionen DM eingesetzt. Im Jahre 1953 konnten Anleihen vom Bund aber überhaupt nicht aufgenommen werden. Dieser Zuschuß fällt also weg. Außerdem wurden durch den Deutschen Bundestag und den Bundesrat nachträglich Ausgaben bewilligt, für die eine Deckung nicht vorgesehen war, und Einnahmen des Staates verkürzt. Die Erhöhung des Bundesanteils auf 40 % konnte nicht durchgesetzt werden. Auch die Gesetzentwürfe über die Begrenzung der Entschädigungen an die Länder für die Verwaltung von Bundessteuern und über die Heranziehung der Länder zu den Unterbringungskosten der Sowjetzonenflüchtlinge konnten nicht in Kraft treten. Diese letzteren machten allein eine Haushaltsverschlechterung von 220 Millionen DM aus. Die Beförderungsteuer der Bundesbahn ging nicht ein. Die Kaffeesteuer und Teesteuer wurden gesenkt, was zusammen einen weiteren Ausfall von rund 300 Millionen DM bedeutet. Anleihemittel zur Deckung der Ausgaben für den Investitionsteil des außerordentlichen Haushalts gingen nicht ein. Er mußte erfüllt werden. Das bedeutet weitere 1175 Millionen DM. Hinzu kommen unvermeidbare soziale Mehraufwendungen und eine zeitliche Verschiebung in der Durchführung des Israel-Vertrages. Außerdem sind Ausgabenreste des Vorjahres zu berücksichtigen, die im laufenden Jahre befriedigt werden müssen.
Ich wiederhole, daß all dies zusammen mit dem kassenmäßigen Fehlbetrag des Jahres 1951 den rechnungsmäßigen Fehlbetrag des Jahres 1953 mit 2,3 Milliarden DM — trotz der Ersparnis am Verteidigungsbeitrag — ergibt. Dabei haben sich die Einnahmen und Ausgaben des Rechnungsjahres 1953 nicht etwa außergewöhnlich ungünstig entwickelt. Insgesamt bleibt das Steueraufkommen voraussichtlich um rund 200 bis 250 Millionen DM hinter der Schätzung zurück. Die Umsatzsteuer steht dabei mit einem Weniger von rund 320 Millionen DM im Vordergrund. Dieser Ausfall an Umsatzsteuer wird aber durch Mehreinnahmen an anderer Stelle zum Teil ausgeglichen.
Wie bereits erwähnt, sind es die rückständigen Besatzungskosten, die den Blick für die wirkliche Lage der Bundesfinanzen vielfach trüben. Ich möchte hier mit aller Klarheit erklären, daß der Bundesfinanzminister seinerseits alles versucht hat, um diesen Schwebezustand zu klären. Verhandlungen mit den Vertretern der Alliierten haben stattgefunden. Ich möchte als Ergebnis sagen, daß niemand die Hoffnung haben kann, daß diese rückständigen Besatzungskosten nicht abgehoben werden und dem Bund verbleiben. Nach der Erklärung der Vertreter der Alliierten sind über den gesamten, den Alliierten bis zum 31. Dezember 1953 eingeräumten Kredit bereits Verpflichtungen eingegangen, und dadurch ist der gesamte Überhang haushaltsrechtlich gebunden. Der Finanzminister bedauert, daß diese Gelder bis zu ihrer endgültigen Verwendung als Besatzungskosten gebunden sind und über sie nicht verfügt werden kann. Er hat auch schon wiederholt an die Alliierten die Bitte herangetragen, einen klaren Zahlungsplan zu vereinbaren, der dann die Möglichkeit des Einsatzes dieser Mittel bis zum Zeitpunkt ihres Abrufes gegeben hätte. Ein solcher Zahlungsplan konnte bis heute nicht erreicht werden.
Nach Betrachtung der Entwicklung der letzten Rechnungsjahre komme ich nun zum Hauptthema des heutigen Tages, dem Haushaltsplan 1954. Der Haushaltsplan 1954 hat einen Umfang von 27,1 Milliarden DM. Ich darf daran erinnern, daß der letzte Haushaltsplan der Weimarer Republik mit den durchlaufenden Posten einen Umfang von 8, ohne durchlaufende Posten einen Umfang von 6 Milliarden RM hatte. Auch wenn hier die Kaufkraft der Mark zu berücksichtigen ist, so beweisen diese Zahlen doch die ganze Entwicklungsrichtung unseres Jahrhunderts, den Weg in die soziale Betreuung durch den Staat einerseits, den starken Zugriff des Staates andererseits in die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des gleichen Individuums.
Das muß uns zum Nachdenken veranlassen. Ich habe schon einleitend gesagt, daß der Haushaltsplan 1954 deshalb wichtig ist, weil er der Ausgangspunkt für die Planung einer Reihe von Reformen, insbesondere der Finanz- und Steuerreform ist. Er soll nur die Grundlage dafür schaffen; die Reformen sollen ihn später umgestalten. Er zeigt schon eine charakteristische eigene Note darin, daß der ordentliche Haushalt 1954 sich nur mit einem Drittel des Einnahmemehrs, nämlich mit 500 Millionen DM, über seinen Vorgänger erhebt. Zwei drittel des Einnahmemehrs werden zur inneren Festigung und Konsolidierung des Haushalts verwandt.
Es hat auch der Grundsatz der Sparsamkeit Pate gestanden. Auch die öffentliche Verwaltung muß sich Opfer auferlegen, solange vielen Mitbürgern nur ein bescheidenes Leben ermöglicht ist.
Was nun zunächst die Einnahmeschätzung des Haushalts 1954 angeht, so geht sie, wie schon betont, nicht von einer pessimistischen, sondern einer optimistischen Wirtschaftsbetrachtung aus. Die Steuern und Zölle sind mit rund 685 Millionen DM, der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist mit rund 860 Millionen DM höher veranschlagt. Es ist also ein Gesamtmehr von 1500 Millionen DM. Der bescheidene Hinweis, daß die früheren Einnahmeschätzungen durch die Wirklichkeit am Ende des jeweiligen Rechnungsjahres fast ausnahmslos bestätigt worden sind, mag diesen Optimismus stützen.
Ich glaube sagen zu dürfen, daß dieser gesunden Einnahmeseite eine Ausgabenseite entspricht, die ebenfalls auf gesunden Überlegungen beruht. Selbstverständlich gilt das alles nur unter Voraussetzungen, die zum Teil politischer Natur sind, nämlich daß Bundesanteil, Limitierungsgesetze über Steuerverwaltungskosten, Verlängerung des Notopfers, Anteil an den Kosten des Wiedergutmachungsgesetzes nicht eine Änderung erfahren.
Wie Ihnen bekannt ist, wird die Bundesregierung das Inkrafttreten einer Steuerreform zum 1. Januar 1955 vorschlagen. Ich möchte schon jetzt der Vorstellung vorbeugen, als ob diese Reform zu einer grundlegenden Umgestaltung des gegenwärtigen Steuersystems führen würde. Diese Steuerreform soll zwar das gesamte Steuersystem auf seine Richtigkeit und Haltbarkeit überprüfen und zieht daher jede Steuerart in den Kreis ihrer Betrachtung. Ich vermute jedoch, daß sie im wesentlichen den Weg gehen wird, der mit der kleinen Steuerreform begonnen worden ist. Das Schwergewicht wird bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer liegen, und zwar entsprechend den übereinstimmenden Vorschlägen des Wissenschaftlichen Beirats und des Troeger- Ausschusses bei
einer Ermäßigung der Tarife und einem verstärkten Abbau der Steuervergünstigungen. Ich selbst habe nie bestritten, idaß die Tarife auch nach der letzten Senkung weiterhin reformbedürftig geblieben sind, da sie in Verbindung mit der starken Vermögensbelastung durch Vermögensteuer und insbesondere Lastenausgleich ,die Kapitalbildung und die privaten Investitionen zu lähmen drohen. Man darf sich von einer Steuersenkung auch einen Anreiz zur Abstandnahme von unwirtschaftlichen, aber steuerlich abzugsfähigen Ausgaben erhoffen. Wenn nicht die Ausgabenseite des Haushalts sich unerwartet ändert, sollen die Tarife soweit gesenkt werden, daß das Sparen und das eigene Sorgen für Familie und Bedürftige wieder einen neuen Anreiz bekommen.
Ein Opfer müssen aber diejenigen bringen, denen die steuerlichen Sondervergünstigungen bisher zugute gekommen sind. Oft sind das nur einzelne Personengruppen. Was wir durch diese Vergünstigungen für Wohnungsbau und Schiffbau getan haben, ist bekannt. Der Abbau dieser Vergünstigungen ist und bleibt aber nötig, um zu einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur dringend notwendigen Vereinfachung des Steuerrechts zu kommen.
Zu den Steuervergünstigungen, die nur als Übergangsmaßnahme Berechtigung hatten, gehören auch die Vorschriften zur Förderung des Kapitalmarkts. Sie sollen zum Teil schon vor der Steuerreform schrittweise abgebaut werden. Damit wird eine wichtige Voraussetzung für einen freien Kapitalmarkt für alle Arten von Wertpapieren geschaffen werden.
Die Wünsche für eine steuerliche Reform betreffen aber nicht nur die Einkommen- und Körperschaftsteuer, sondern auch die Umsatzsteuer. Von verschiedenen Seiten ist angeregt worden, bei dieser Steuer das System zu ändern und künftig an Stelle des Bruttoumsatzes nur den Nettoumsatz mit einem entsprechend höheren Steuersatz zu versteuern. Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Systemänderung wird verschieden beurteilt. Die Untersuchungen sind aber wohl noch nicht so ausgereift, daß eine Systemänderung in Betracht gezogen werden kann. Besonders ungeklärt ist die Frage der Auswirkung des Nettosystems auf das Preisgefüge. Hier liegen Risiken nicht nur für die Bundes- und Länderfinanzen, sondern auch für unsere Wirtschaft; und gerade aus den Kreisen unserer Wirtschaft, insbesondere des Großhandels, ist darauf hingewiesen worden, daß jede tiefgreifende Änderung der Umsatzsteuer Unruhe in die Wirtschaft trägt, die ihre bisherigen Kalkulationen auf dem bestehenden Umsatzsteuersystem aufgebaut hat.
Es wird daher wohl bei der bisherigen Umsatzsteuer bleiben, was nicht ausschließt, daß kleine Änderungen des Umsatzsteuergesetzes anläßlich der Steuerreform vorgenommen werden. Die Steuerreform wird voraussichtlich auch eine Revision der Erbschaftsteuer, insbesondere der Steuerklassen und Tarife enthalten. Eine grundlegende Änderung des Steuersystems, wie gesagt, ist aber auch hier nicht beabsichtigt.
Auf dem Gebiet der Verkehrsteuern werden schon vor der Steuerreform wesentliche Änderungen im Rahmen einer Ordnung des Verhältnisses von Schiene und Straße und zum Schutz der Straße und
der allgemeinen Verkehrssicherheit angestrebt. Ich kann hier vorläufig noch keine Einzelheiten nennen, möchte aber mitteilen, daß voraussichtlich Änderungen der Beförderungsteuer, der Kraftfahrzeugsteuer und der Treibstoffsteuer mit dem allgemeinen Ziel einer Gesundung der Verkehrswirtschaft vorgeschlagen werden. Näheres zu diesen Fragen wird bei der Einbringung der Gesetze zu sagen sein. Mir kommt es heute nur darauf an, diese Grundzüge bekanntzugeben.
Die Gesamtreform ist natürlich mit einem haushaltsmäßigen Wagnis verbunden. Für die Durchführung dieser Grundsätze kommt es aber nicht allein auf den Mut des Finanzministers an. Wer an eine so große Aufgabe herangeht, muß natürlich Mut haben. Mut und kühle Berechnung schließen sich aber gegenseitig nicht aus;
im Gegenteil: „erst wäg, dann wag!" ist ein guter alter Grundsatz, und gerade der ruhige Mut berechnet die Schwierigkeiten, aber auch die eigene Kraft und die eigenen Hilfsmittel, um die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich dem gewünschten Ziel entgegenstellen.
Voraussetzung für die Durchführung der Projekte ist, daß diese Berechnungen nicht zerstört werden. Sie würden zerstört, wenn die Ausgabenseite des Haushalts unvermutete und unnötige Erhöhungen erfährt und damit der Finanzbedarf des Staates unnötig und unvermutet gesteigert würde. Sie würden gestört, wenn die Ausgewogenheit des Planes, der immer den Grundsatz der finanziellen Ordnung aufrechterhalten muß, im Laufe der Beratungen durch ungemessene Ansprüche verlorenginge.
In unserem Bundeshaushalt wird sich die Steuerreform voraussichtlich nur für ein Vierteljahr, also für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1955 auswirken. Ich möchte keinen Zweifel darüber lassen, daß wir einen Rückgang der Einnahmen des Bundes für dieses Vierteljahr nicht einkalkuliert haben; insbesondere ist auch das Notopfer als fortbestehend unterstellt. Auf die 900 Millionen DM, die das Notopfer im Jahr einbringt, können wir auch im Rahmen der Steuerreform nicht verzichten. Ich meine aber, daß es wohl überall als gute Chance für die Zukunft verstanden wird, wenn wir diese 900 Millionen DM als selbständige und zusätzliche Bundeseinnahme behandeln, anstatt — wie von mancher Seite gedacht — das Notopfer gleich in die dauernde Steuerbelastung einzubeziehen. Vielleicht bietet sich in einigen Jahren die Möglichkeit, diesen Einnahmeposten unseres Haushalts nochmals auf seine weitere Beibehaltung zu prüfen.
Weniger gewiß als das Inkrafttreten der Steuerreform, von der ich annehmen möchte, daß sie bis zum 1. Januar nächsten Jahres vorbereitet werden kann, ist das Wirksamwerden eines anderen Postens unseres Haushalts — diesmal auf der Ausgabenseite —, nämlich des Verteidigungsbeitrags der Bundesrepublik. Über die Verwendung der 1750 Millionen DM Ersparnisse, die der Bundeshaushalt im laufenden Rechnungsjahr aus der Verspätung des EVG-Vertrags erhalten hat, habe ich Ihnen schon berichtet. Sie werden fragen, ob ähnliche Chancen für 1954 bestehen. Ich muß die Frage verneinen, ohne dieses Thema — wie Sie vielleicht verstehen werden — heute schon in allen Einzelheiten behandeln zu können. Die jetzigen vorläu-
figen vertraglichen Regelungen beziehen sich nur auf den Zeitraum bis zum 30. Juni 1954. Über den Betrag der späteren Monate müssen wieder Verhandlungen stattfinden.
Zur Problematik dieser Verhandlungen darf ich folgendes feststellen: Die Pariser Vereinbarung des Vorjahres hat dahin gelautet, daß wir ab 1. November 1953 bis zum 30. Juni 1954 monatlich einen Beitrag von 950 Millionen DM bezahlen. Diese Zahl war von uns errechnet in Anlehnung an die im deutschen Haushaltsplan 1953 vorgesehene Summe für den Verteidigungsbeitrag des Rechnungsjahres 1953. Die drei Monate April, Mai und Juni des Rechnungsjahres 1954 waren als Übergangsmonate gedacht, und es war ausdrücklich vereinbart, daß ein Präjudiz daraus, daß diese drei Monate in die Vereinbarung einbezogen wurden, für ,die spätere Zeit nicht gezogen werden dürfe. Die Verhandlungen für die Zeit nach dem 1. Juli 1954 haben also neu, ohne jedes Präjudiz zu beginnen. Wir haben in den Haushaltsplan des Jahres 1954 wieder die gleiche Summe wie im Vorjahr 1953, nämlich insgesamt 9000 Millionen DM eingesetzt. Es ist richtig, daß andere Staaten ihre Verteidigungsleistungen gegenüber dem Vorjahr der finanziellen Höhe nach inzwischen herabgesetzt haben. Es ist ebenfalls richtig, daß nach Überzeugung der Bundesregierung die Leistungskraft der Bundesrepublik höhere Leistungen nicht verträgt.
Die Verhandlungen haben aber noch nicht begonnen. Ich kann deshalb auch wenig über Einzelheiten auf diesem Gebiete sagen, vor allem keine Prognosen stellen, auch nicht zu der Frage der Stationierungskosten, die ja auch nur für den Zeitraum bis zum 30. Juni 1954 durch die bisherigen Abmachungen geregelt sind.
Eine drastische Einsparung mußten wir zum Haushaltsausgleich auf dem Gebiet der Verteidigungsfolgekosten vornehmen. Während 1952 die nicht anerkannten Besatzungskosten, wie diese Folgekosten heute noch heißen, 814 Millionen DM, 1953 490 Millionen DM betrugen, ist im Haushaltsplan 1954 nur ein Ansatz von 200 Millionen DM verblieben. Ich darf aber, ohne in diesem Augenblick schon feste Zusagen geben zu können, darauf hinweisen, daß diese Ansätze mit den sonstigen Ausgabemitteln des Verteidigungshaushalts gegenseitig deckungsfähig sind; auch stehen noch größere Ausgabereste zur Verfügung. Zusammen mit den Alliierten können wir davon ausgehen, daß auch aus dem Monatsbetrag von bis zu 600 Millionen D-Mark Besatzungskosten wesentliche Mittel für den alliierten Wohnungsbau und für die beschleunigte Regelung von Besatzungsschäden bereitgestellt werden können. Ich möchte dies hier unterstreichen. Das wird die Lage der Besatzungsgeschädigten und Besatzungsverdrängten wesentlich erleichtern.
Auf einen anderen Umstand will ich auch gleich aufmerksam machen. Er ist allerdings weniger angenehm. Im Haushaltsplan 1954 befinden sich keinerlei Reserven, die es ermöglichen würden, etwaige Investitionsbedürfnisse der Industrie für den Fall des Inkrafttretens des EVG-Vertrages aus Haushaltsmitteln zu finanzieren. In besonderen Fällen wird die EVG mit großzügigen Anzahlungen helfen müssen. Wir selbst werden uns auf die übliche Hilfsstellung außerhalb des Haushalts beschränken müssen. Hier liegt wohl auch eine wichtige neue Aufgabe des ERP-Sondervermögens.
Ganz von selbst kommt man, wenn man von der Großausgabe auf dem Besatzungs- und Verteidigungsgebiet gesprochen hat, zu dem inneren Gegenposten, dem Sozialhaushalt des Bundes. Es liegt in unserem Kurs, daß auch der neue Haushaltsplan für die Sicherstellung des Existenzminimums der sozial Schwachen neue und zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt. Auch hier will ich Sie nicht mit allzuviel Zahlen belasten, da die Unterlagen ja in Ihren Händen sind. Im Rechnungsjahr 1953 gaben wir für den Sozialhaushalt einen Zuschuß von 9,67 Milliarden DM; 1954 werden es 10,76 Milliarden DM sein.
Dies scheint ein Mehr von rund 1100 Millionen DM zu enthalten. In der Summe von 1953 stecken aber nicht die Schuldbuchforderungen von insgesamt 740 Millionen DM, die wir der Bundesanstalt und den Rentenversicherungsträgern überlassen haben. Auch ist zu berücksichtigen, daß sich 1954 der durchlaufende Posten der Lastenausgleichsabgaben gegenüber 1953 um 280 Millionen DM erhöht. Bereinigt man in dieser Hinsicht die Haushaltszahlen, so ergibt sich, daß der Zuschuß für soziale Leistungen im Rechnungsjahr 1954 nicht um so viel höher ist, als er äußerlich erscheint.
Wie ich Ihnen schon darlegte, soll der Haushaltsplan 1954 ja nur den Ausgangspunkt für die erwartete Sozialreform abgeben. Die neuen Mittel fließen den Sowjetzonenflüchtlingen, den Heimkehrern und dem Personenkreis des Art. 131 des Grundgesetzes zu. Die finanzielle Belastung für die im Vorjahr beschlossene Erhöhung der Leistungen für die Kriegsopfer hält sich im Rahmen des vorjährigen Ansatzes, da die Nachzahlungen nach dem Bundesversorgungsgesetz, die bisher den Sozialhaushalt des Bundes belasteten, wegfallen. Gleiches gilt für die Arbeitslosenfürsorgeunterstützungen. Hier wird erwartet, daß die Leistungserhöhung im großen und ganzen kompensiert wird durch den zu erwartenden Rückgang an Arbeitslosen infolge einer weiterhin günstigen Wirtschaftsentwicklung.
Im Vorjahr wurde von den Zuschüssen, die der Bund an die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung und die Versicherungsträger gibt, ein Betrag von 740 Millionen DM in Schuldverschreibungen statt in bar gegeben. In diesem Jahr soll bis zu einem Höchstbetrag von 512 Millionen DM durch Vereinbarung ein ähnlicher Weg versucht werden. Die Höhe dieses Betrages hängt davon ab, wie sich die Ausgaben für Unterstützungen in der Arbeitslosenfürsorge gestalten. Besprechungen mit der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung haben bereits begonnen. Ich möchte bemerken, daß nach meiner Überzeugung sowohl die Bundesanstalt wie die Sozialversicherungsträger auf Grund der Überschüsse, die sie durch ihre Beiträge und sonstigen Einnahmen erzielen und die zur Anlage eines Deckungskapitals bestimmt sind, wirtschaftlich in der Lage wären, die Schuldbuchforderungen in dieser Höhe zu übernehmen.
Das führt mich zu einer kurzen Betrachtung der bisherigen Leistungen und künftigen Möglichkeiten auf sozialem Gebiet.
Wenn ich einmal aus unseren Sozialleistungen die Guthaben des Ausgleichsfonds und die Verwaltungskosten ausscheide, komme ich für den Bundeshaushalt 1954 auf Sozialleistungen von rund 8,75 Milliarden DM. Im Jahre 1938 waren es im alten Reich 2,6 Milliarden RM, im Bund im Jahre
1949 4,2 Milliarden DM, 1950 5,2 Milliarden DM, 1952 7,6 Milliarden DM und jetzt 1954 8,75 Milliarden DM. Gegenüber 1938 sind das 229 % Steigerung, gegenüber 1949 108 %. Bezieht man nun die sozialen Leistungen aus dem Bundeshaushalt in die gesamten Sozialleistungen der Bundesrepublik einschließlich der übrigen Gebietskörperschaften und des Lastenausgleichs ein, ergibt sich folgendes Wachstum der sozialen Leistungen: 1949 10,1 Milliarden DM, 1950 12,8 Milliarden DM, 1951 15,4 Milliarden DM, 1952 17,4 Milliarden DM, 1953 19,2 Milliarden DM. Für 1954 fehlen die Zahlen. Die 53er Zahlen sind bereits eine Steigerung gegenüber 1938 von 217 % und gegenüber 1949 von 89 %.
Diese Leistung des deutschen Volkes zur Behebung der sozialen Nöte ist unser Stolz gewesen und ist anzuerkennen. Wir werden aber bei allen künftigen Maßnahmen nicht vergessen dürfen, daß mit einer Steigerung des Bruttosozialprodukts und damit mit einer Steigerung der Steuerkraft des deutschen Volkes in dem alten Maß nicht mehr zu rechnen ist.
Auf einem anderen Gebiet der Versorgung, nämlich demjenigen der Ernährung unseres Volkes, beschreitet der Bundeshaushaltsplan 1954 gewisse neue Wege. Die Zielsetzung des Agrarprogramms ist von dem Herrn Bundeskanzler formuliert worden. Es handelt sich darum, in einem größeren Zeitraum die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft überhaupt und im Rahmen eines gemeinsamen europäischen Marktes insbesondere herzustellen. Selbsthilfe und Staatshilfe sind die Wege, die mein landwirtschaftlicher Kollege wiederholt proklamiert hat. Bei der Staatshilfe stehen natürlich die Länder im Vordergrund, denen die Sorge für die Landwirtschaft nach der Aufgabenverteilung unseres Grundgesetzes zusteht. Das Problem, ob der Bundeshaushalt daneben überhaupt Mittel zur Verfügung stellen kann, ist von uns nach seiner verfassungsmäßigen und praktischen Seite im Einvernehmen mit dem Bundesrat sehr eingehend geprüft worden.
Für 1954 sind wir mit dem Bundesrat einig geworden. Im Rechnungsjahr 1954 werden die Mittel. hierzu aus erwarteten Mehrerträgen, den sogenannten Abschöpfungsbeträgen, gewonnen. Diese Quelle ist natürlich keine dauernde, und es kann nicht vorausgesagt werden, ob sie in den nächsten Jahren noch fließt.
Die Länder haben angekündigt, daß sie sich für 1955 und die folgenden Jahre noch einmal beraten wollen. Bis dahin wird hoffentlich die Gesetzgebung nach Art. 107 des Grundgesetzes abgeschlossen sein, und es kann im Rahmen dieser Gesetzgebung auch diese Frage zusammen mit der Grundsatzfrage der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern geregelt werden.
In dem Landwirtschaftshaushalt in Höhe von rund 560 Millionen DM ist ein Posten kleiner geworden, der uns früher stärker beschäftigt hat, die Subventionen. Als Finanzminister brauche ich kein Bekenntnis zu dem Grundsatz abzulegen, daß ein Minimum an Subventionen das finanzielle und wirtschaftliche Ideal darstellt. Die Subventionskurve unserer Bundesrepublik ist wahrlich beachtlich. 1949 waren es 563 Millionen DM, 1950 531 Millionen DM, 1951 728 Millionen DM, 1952 491 Millionen DM, 1953 - allerdings ohne die Roggenablieferungsprämie mit mehr als 20 Millionen DM - nur noch 141 Millionen DM, und in dem bevorstehenden Jahr werden es 38,8 Millionen DM sein.
Dieser starke Rückgang erklärt sich aus dem Wegfall einer ganzen Anzahl von Subventionsarten, insbesondere für Konsumbrot und Margarinerohstoffe, sowie daraus, daß die Subventionsbeträge für Getreide und Zucker auf ein Minimum zurückgegangen sind. Die inneren Gründe für diese Veränderung sind bekannt. Sie liegen bei Getreide und Zucker in dem starken Rückgang der Weltmarktpreise, die aus der Funktion der Einfuhrschleuse sogar augenblicklich zu beträchtlichen Abschöpfungsbeträgen führten.
Der Haushaltsplan 1954 enthält rund 198 Millionen DM Einnahmen aus Abschöpfungen. Wenn nach dem Bekanntwerden dieser Einnahmequelle gleich Forderungen auf Finanzierung neuer Vorhaben aus diesen Mitteln lautgeworden sind, möchte ich schon jetzt mit allem Nachdruck auf einen ehernen Grundsatz unseres Finanzrechts hinweisen, nämlich den, daß alle Einnahmen zur Deckung aller Ausgaben und nicht zur Finanzierung einzelner bestimmter Zwecke verwendet werden können und dürfen. Nachdem der Bundeshaushalt bis 1952 rund 2 Milliarden DM für Subventionen aufgebracht hat, muß jetzt ein Ausgleich stattfinden. Die Bundesregierung hat trotzdem einen beträchtlichen Teil der Abschöpfung, nämlich rund 80 Millionen DM, zur Finanzierung vordringlichster Maßnahmen des Agrarprogramms vorgeschlagen.
Bei den Zuschüssen an die Einfuhr- und Vorratsstellen liegt es leider umgekehrt. Hier ist eine zunehmende Belastung des Haushalts festzustellen. Diesen Stellen obliegt bekanntlich eine doppelte Funktion, die Betätigung der Einfuhrschleuse und die Einlagerung von Lebensmitteln mit dem Ziel eines innerdeutschen Marktausgleichs und der Sicherung der Versorgung durch Bildung von Vorräten. Über das Ausmaß der Intervention der. Vorratsstellen an den deutschen Märkten und über die Notwendigkeit der Bildung und Haltung von Vorräten gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Ich kann auf die vielfältige Problematik hier nicht eingehen, möchte aber doch mit einer gewissen Sorge auf die Tendenz hinweisen, die Einfuhr- und Vorratsstellen nicht nur für den marktwirtschaftlichen Ausgleich im Jahresablauf, sondern auch bei strukturellen Verlagerungen mit preissenkender Tendenz einzuschalten. Mit einer solchen Funktion der Einfuhr- und Vorratsstellen sind Risiken größten Umfangs verbunden. Ganz abgesehen davon ist der Landwirtschaft nicht gedient, wenn die Vorräte doch wieder einmal aufgelöst werden müssen und dann die Preissituation nicht verbessern, sondern weiterhin verschlechtern. Aus einer Zahl sehen Sie aber, daß der Bund Erhebliches auf dem Gebiet der Vorratshaltung getan hat. Von 1949 mit seinen rund 60 Millionen DM hat sich die Ausgabenkurve für Vorratshaltung auf 193 Millionen DM im Jahre 1954 hinaufbewegt.
Diesem hohen Ansatz kommt nur noch die ländliche Siedlung nahe, die für 1953 rund 103 Millionen DM kosten soll. Die Bundesregierung erkennt damit die Siedlung als eine Aufgabe ganz besonderer sozialer und politischer Bedeutung an. Zwar konnte der im Bundesvertriebenengesetz als optimale Lösung genannte Betrag von 150 Millionen DM ebenso wie im laufenden Haushaltjahr nicht voll finanziert werden; der Fortschritt für
1954 besteht aber darin, daß die Mittel ganz aus dem ordentlichen Haushalt aufgebracht werden. Zwei Drittel der Mittel kommen der Siedlung der Vertriebenen und der Sowjetzonenflüchtlinge zugute. Echte Bundesmittel sind jedoch auch die, die daneben für diese Zwecke aus dem Ausgleichsfonds, aus ERP-Mitteln und dem Arbeitsbeschaffungsprogramm aufgebracht werden. Für das laufende Jahr ist allein aus Mitteln des Lastenausgleichs mit rund 180 Millionen DM an Aufbaudarlehen zu rechnen. Es darf angenommen werden, daß ähnliche Größenordnungen auch für die folgenden Jahre in Frage kommen. Der Siedlung dienen auch die durch Anleihen zu deckenden fünfmal jährlich je 100 Millionen DM, die den Ländern als Darlehen zur Verfügung gestellt werden, sowie der Betrag von 70 Millionen DM, den wir aus dem höheren Bundesanteil für den Wohnungsbau der Flüchtlinge verwenden wollen. Schließlich tragen auch die Emslandmittel Siedlungscharakter. Sie sollen für 1954 ohne die Rückflüsse aus Zinsen und Tilgung 25 Millionen DM 'befragen und damit die Leistungen des Bundes für das Emsland in den Vorjahren auf rund 100 Millionen DM steigern.
Bei einem solchen Rundgang durch den Bundeshaushalt, wie ich ihn im Augenblick vornehme, hätte in früheren Jahren die Verkehrspolitik keine so im Vordergrund stehende Stellung eingenommen, wie dies jetzt der Fall sein muß. Ich will aber gleich sagen, daß ich mich mit all den schwierigen Fragen der Verkehrsfinanzpolitik hier nicht beschäftigen kann; sie sind demnächst in diesem Hause zu entscheiden. Wie Sie wissen, ist das Bundeskabinett zur Zeit in abschließende Besprechungen dieser wichtigen Fragen eingetreten. Es ist hier unmöglich, dieser Entscheidung vorzugreifen.
Ausgangspunkt und Hauptsorgenkind ist die Deutsche Bundesbahn, die nach dem Bundesbahngesetz als Sondervermögen in ihrer Haushalts- und Wirtschaftsführung von dem Bundeshaushalt unabhängig isst. Der Bund ist aber nach § 4 dieses Gesetzes verpflichtet, der Bundesbahn im Rahmen des haushaltsmäßig Möglichen zur Erhaltung der Betriebssicherheit und Leistungsfähigkeit Darlehen zu gewähren. Sie werden wissen, daß ich mit dieser Feststellung nur die Mittel anspreche, die im Haushaltsplan 1954 vorgesehen sind. Eine durchgreifende Sanierung der Bundesbahn berühren diese Mittel und diese Dinge nicht. Wir haben wiederum, wie im Vorjahr, ein Investitionsdarlehen an die Bundesbahn in Höhe von 90 Millionen DM vorgesehen. Ferner ist ein Bundeskredit von 250 Millionen DM geplant, der dem Ablieferungssoll der Bundesbahn an Beförderungsteuern entspricht. Dieser Kredit soll für laufende Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an den Bundesbahnanlagen und dem Fahrzeugpark verwendet werden und insoweit fehlende Eigenmittel der Bundesbahn ersetzen. Dadurch werden aber bei der Bundesbahn Mittel in gleicher Höhe für andere Zwecke, insbesondere auch für die sogenannten politischen Lasten, frei. Ich komme auf diesen Kredit später auch noch in anderem Zusammenhang zurück. Die Krise der Bundesbahn, die seit Ende 1952 sichtbar geworden ist, hat letzten Endes in der zunehmenden Verlagerung der Transporte von der Schiene auf die Straße und die Wasserstraße ihre Ursache. Die Maßnahmen, die nötig sind, um dieser Entwicklung entgegenzutreten, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und die Betriebsrechnung der Bundesbahn wieder auszugleichen, haben in dem Ihnen vorliegenden Haushaltsplan noch keinen Niederschlag gefunden. Daß wir kürzlich genötigt waren, der Bundesbahn unter die Arme zu greifen, als die Weihnachtshilfe für Kinder gezahlt wurde, unterstreicht die Situation, über die ich im gegenwärtigen Augenblick keine näheren Mitteilungen machen kann, aufs deutlichste.
Was nun unser Hauptverkehrsproblem angeht, so bin ich mir klar darüber, daß die im außerordentlichen Haushalt ausgebrachten Mittel für den Ausbau der Autobahnen und der Fernverkehrsstraßen in keiner Weise ausreichen werden, um die Verkehrsverhältnisse auf dem Straßennetz im Bundesgebiet entscheidend zu bessern. Gewiß werden zahlreiche Brücken und Straßen umgebaut und erweitert werden können. Es werden auch besonders gefährliche Ortsdurchfahrten durch Umgehungsstraßen beseitigt werden. Die Mittel reichen aber nicht aus, um das Gesamtbild zu verändern. Dazu bedarf es sehr viel weiterreichender Maßnahmen, darunter der Schließung der wichtigsten Autobahnlücken. Die Bundesregierung prüft zur Zeit das Projekt, die Finanzierung des Baues der noch fehlenden Bundesautobahnen auf eine Gesellschaft privaten Rechts zu übertragen, die durch Ausschöpfung aller Möglichkeiten des Geld-und Kapitalmarktes in die Lage versetzt werden soll, die Autobahnen in einem ganz anderen Umfang zu fördern, als dies in den letzten Jahren im Rahmen unseres bedrängten Haushalts möglich war. Aber auch dies ist eine Frage des Verkehrsfinanzgesetzes, das anläßlich seiner Einbringung in diesem Hause ausführlich gewürdigt werden wird.
Die Liquidation des Krieges ist ein weiteres Thema, dem wir nicht mehr ausweichen können. Zwar stelle ich auch hier fest, daß der Ihnen vorliegende Bundeshaushaltsplan noch keine Belastungszahlen enthält, ganz einfach deswegen, weil die Dinge noch nicht etatreif sind. Aber für Ihre Betrachtungen der finanziellen Belastbarkeit und der weiteren finanziellen Entwicklung der Bundesrepublik ist es wichtig, diesen Komplex der finanziellen Liquidation des Krieges mit einzubeziehen. Auf wichtigen Teilgebieten ist diese Liquidation schon durchgeführt. Ungeregelt sind aber noch die großen Bereiche der verbrieften und nichtverbrieften Reichsverbindlichkeiten, der Auslandsschäden, der Demontage.- und Restitutionsschäden. Ich muß hier darauf verzichten, Ihnen im einzelnen die Gründe darzulegen, die für eine alsbaldige Schlußregelung dieser noch offenen Fragen sprechen. Es wird dies zu gegebener Zeit geschehen. In aller Klarheit möchte ich aber schon jetzt darauf hinweisen, daß die auf den Bund aus diesem Anlaß zukommenden zusätzlichen Belastungen sehr erheblich sein werden, selbst wenn sich die Regelung der wesentlichsten Schäden auf das Notwendige beschränkt. Damit deute ich schon ungefähr den Kurs unseres Kriegsfolgenschlußgesetzes, das ich dem Kabinett bisher nur in Umrissen vortragen konnte, an. Die Regelung wird mit Rücksicht auf das riesige Ausmaß der bestehenden Verbindlichkeiten, Schäden und Verluste nur nach sozialen Gesichtspunkten und unter Heranziehung von Gedanken des Lastenausgleichs und der Altsparergesetzgebung erfolgen können.
Für die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts sind im Haushaltsplan über 400 Millionen DM eingesetzt. Hier steht der Israel-Vertrag im Vordergrund. Angesichts unserer Haushaltslage hat die Bundesregierung von der vertraglichen
Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Jahresbetrag auf 250 Millionen DM zu beschränken. Hinzu kommt aber ein Betrag von 60 Millionen DM, der in den Vorjahresansätzen noch nicht gedeckt ist und nun in diesem Haushaltsjahr aufgebracht werden muß. Die Durchführung des eigentlichen Wiedergutmachungsgesetzes, das von Bund und Ländern bis 1962 einen Aufwand von etwa 4 Milliarden DM erfordert, wird im Rechnungsjahr 1954 die Bundeskasse voraussichtlich nur mit rund 66 Millionen DM in Anspruch nehmen, da sich die Bestimmungen im kommenden Haushaltsjahr noch nicht voll auswirken. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die derzeitige Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern auch in Zukunft so bleiben wird, wie sie jetzt ist.
Für Restitutionsverbindlichkeiten haben wir 30 Millionen DM eingesetzt. Die Grundlage dafür ist der Zusatzvertrag zum Deutschlandvertrag, durch den der Bund seine Haftung für die rückerstattungspflichtigen Geldverbindlichkeiten des Reiches auf 1,5 Milliarden DM begrenzt hat. Ein entsprechender Gesetzentwurf befindet sich in Vorbereitung. Da in das Rechnungsjahr 1954 nur die Anlaufzeit dieses Gesetzes fallen wird, erscheinen 30 Millionen DM ausreichend. Ich darf aber keinen Zweifel darüber lassen, daß für die folgenden Haushaltsjahre Beträge nicht unter 150 Millionen DM in Betracht kommen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch ein Wort über unsere Fürsorge für die überlebenden Opfer von Menschenversuchen während der nationalsozialistischen Herrschaft sagen. Voraussichtlich wird es im Rechnungsjahr 1954 gelingen, unsere fürsorgerische Aktion zur Betreuung dieser Opfer zum Abschluß zu bringen. Von den bisher ausgeworfenen Mitteln sind 1,2 Millionen DM verausgabt. Der Rest mit dem im Haushaltsjahr 1954 angesetzten Betrag wird genügen, um auch die noch unerledigten Fälle in befriedigender Weise zu regeln.
Zum Thema der Liquidation der hinter uns liegenden Zeit gehört auch die Frage des Entschädigungsgesetzes für ehemalige deutsche Kriegsgefangene. Die Entscheidung der Bundesregierung soll in einer Sitzung fallen, die für heute nachmittag angesetzt ist. Ich kann der Entscheidung des Kabinetts hier nicht vorgreifen, darf aber folgendes bemerken:
Im Haushaltsplan 1954 sind bereits 50 Millionen DM für diesen Zweck vorgesehen. Auch im Fall einer Verkündung des Gesetzes wird dieser Betrag in diesemRestrechnungsjahr ausreichend sein. Das Gesetz sieht auch Dringlichkeitsstufen vor, die in einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats zu regeln sind.
Wenn aber auch für dieses Haushaltsjahr die Mittel bereits vorgesehen sind, so muß ich doch in allem Ernst darauf hinweisen, daß die kommenden Haushaltsjahre sehr schwer belastet werden.
Es läßt sich heute zahlenmäßig noch nicht sagen, wie groß die Belastungen aus den Mußaufwendungen des Gesetzes genau sein werden. Die Schätzungen schwanken unter der Annahme, daß höchstens noch 10 000 Heimkehrer zu erwarten sind, zwischen 900 und 1200 Millionen DM. Sollte die Zahl der noch Zurückkehrenden höher sein — was wir natürlich wünschen —, so würden sich diese Aufwendungen noch entsprechend vermehren. In den folgenden
Jahren ist also mit einer jährlichen Belastung von rund 200 Millionen DM zu rechnen, für die die Deckungsmittel erst noch geschaffen werden müssen. Die Kannaufwendungen des Gesetzes — § 28 ff. — sollen nach dem Wortlaut des Gesetzes gewährt werden nach Maßgabe der Haushaltsmittel des Bundes und der Länder. Daß solche Haushaltsmittel für diese Zwecke daneben noch zur Verfügung stehen, erscheint unwahrscheinlich.
Einen großen Beitrag zum diesmaligen Ausgleich des Haushalts hat der Wohnungsbau bringen müssen, der mit seinem größten Posten vom ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt verlagert wurde. Während es 1953 noch 400 Millionen DM im ordentlichen und 100 Millionen DM im außerordentlichen Haushalt waren, ist jetzt die Gesamtsumme von 576 Millionen DM im außerordentlichen Haushalt ausgebracht. Das hat die Bedeutung, daß der soziale Wohnungsbau nicht mehr aus Steuern, sondern zu Lasten der natürlichen Investitionsquelle des Staates, des Kapitalmarktes, aufgebracht wird. Mit dieser Maßnahme ist ein erster Schritt zu der angestrebten Systemänderung getan. Die Bundesregierung hat erklärt, daß sie trotz der Verweisung in den außerordentlichen Haushalt die gesamte Summe mit Sicherheit zur Verfügung stellen wird und daß diese Summe schon jetzt verplant werden kann.
Einen immer wesentlicher werdenden Faktor für die Wohnungsbaufinanzierung bilden übrigens die Rückflüsse an Zinsen und Tilgungen, die im kommenden Jahr um rund 20 Millionen DM ansteigen werden. Sie dienen zum Teil zum Erwerb von Beteiligungen an wohnungswirtschaftlichen Unternehmungen.
Ich komme nun zu einem Posten unseres Hauptbuches, der immer weiter ansteigt, nämlich zur Bedienung unserer Bundesschuld. 1954 ist es eine runde Milliarde, die wir hier aufwenden müssen. Im wesentlichen sind es die höheren Zinsverpflichtungen, die die Steigerung verursachen. Aber auch das Londoner Schuldenabkommen und unser Abkommen mit der Schweiz über die sogenannte Clearing-Milliarde wirken sich entsprechend aus.
Der Schuldenstand des Bundes hat sich in den letzten neun Monaten von etwa 10 Milliarden DM auf 17 Milliarden DM erhöht. Der Grund ist im wesentlichen das Londoner Schuldenabkommen. Die schwebende Schuld hat sich dagegen um rund 180 Millionen DM ermäßigt, was mit unserer günstigen Kassenlage zusammenhängt. Da wir eine Anleihe nicht aufgelegt haben, hat sich der Schuldenhaushalt von dieser Seite her nicht geändert. Die runde Milliarde aber, von der ich gesprochen habe, gibt uns zu denken, wenn wir uns mit der künftigen finanziellen Bewegungsfreiheit des Bundes beschäftigen. Ich kann hierauf nicht ernst genug hinweisen.
Die Bundesregierung hat aus dieser Lage des Bundeshaushalts gewisse Folgerungen gezogen, auf die ich nicht ohne Genugtuung aufmerksam machen kann. Sie betreffen die Organisation und die Personalwirtschaft des Bundes. Was zunächst die Organisation angeht, sind wesentliche Änderungen gegenüber früher unterblieben; der Aufbau der Bundesverwaltung kann im großen und ganzen als abgeschlossen gelten. Das neue Bundesministerium für Familienfragen ist mit seinen 4 Referaten bescheiden ausgefallen; die 4 Bundesminister für Sonderaufgaben haben ebenfalls nur einen kleinen
Stab erhalten. Ich weiß mich mit dem Hause einig, wenn ich sage, daß es hier weniger um die Ausstattung für heute als um die Sorge für morgen geht.
In der Tat würde es in weitesten Kreisen der Öffentlichkeit nicht verstanden werden, wenn wir jetzt größere organisatorische Neuerungen oder Anderungen innerhalb der jetzigen Zuständigkeitsregelung eingeführt hätten.
Was die Personalwirtschaft angeht, möchte ich vor der Vorstellung warnen, daß in der Bundesverwaltung die Aufgaben geringer geworden seien, weil die meisten Ressorts keine Personalverbesserungen im Haushaltsplan erlangt haben. Der Stopp in den Personalzahlen geht auf einen Beschluß des Bundeskabinetts zurück und trägt dem Gesichtspunkt Rechnung, daß man der Öffentlichkeit nicht Verzichte auf Leistungen des Bundeshaushalts zumuten kann, wenn man nicht selbst bereit ist, Opfer zu bringen. In der Arbeitslast der Bundesverwaltung hat sich nichts verändert. Ich möchte das mit aller Deutlichkeit sagen. Die Frage ist nur, ob
an unserer hohen Geschäftsbelastung ein Mangel oder ein Zuviel an Personal schuld ist. Ich glaube, wir beschäftigen uns alle vielleicht viel zuviel miteinander.
Eine Ausnahme von dem Personalstopp macht der
Bundesgrenzschutz, der auf Grund Ihres Beschlusses von 10 000 auf 20 000 erhöht wird, der Auswärtige Dienst im In- und Ausland sowie das Patentamt und einige andere Behörden. Die größeren Ressorts sind ausnahmslos ohne Personalvermehrung geblieben. Das Mehr im Auswärtigen Dienst geht darauf zurück, daß die Zahl der Vertretungen sich erhöht. Wir werden 1954 folgende Vertretungen haben: 28 Botschaften, 34 Gesandtschaften, 31 Generalkonsulate und 54 Konsulate. Da sich die Verhandlungen hierüber sehr stark hingezogen haben, können Ihnen erst jetzt die weiteren Einzelheiten vorgelegt werden. Die Erhöhung des Personalstandes beim Patentamt geht auf Wünsche der Wirtschaft zurück. In meiner eigenen Verwaltung ist kein Mann mehr angefordert, vor allem auch nicht in der Zollverwaltung, die nach Bahn und Post die größte Bundesverwaltung ist.
In diesem Zusammenhang darf ich ein paar Worte über die Pläne sagen, die über eine Besoldungsreform bestehen. Zunächst muß ich einmal ganz grundsätzlich die Meinung äußern, daß eine allgemeine Besoldungsaufbesserung im öffentlichen Dienst, wie sie vielleicht erhofft wird, nicht nötig und nicht möglich ist, da eine Anpassung an die Kaufkraftverhältnisse in der zurückliegenden Zeit stattgefunden hat und die Haushalte eine entsprechende Mehrbelastung nicht vertragen. Mehr noch, es besteht die Gefahr, daß das Lohn- und Preisgefüge in Unordnung gerät und zu einer Bedrohung unserer derzeitigen Kaufkraft führt. Ich bin aber mit den Finanzministern der Länder darin einig, daß eine Vereinfachung des Besoldungsrechts stattfinden muß, um zu einer Einschränkung des Verwaltungsaufwands bei den Besoldungsberechnungen zu kommen. Wir sind ferner darüber einig, daß im Einzelfall die höhere Leistung und Verantwortung einen angemesseneren Ausdruck in der Besoldung finden muß als bisher. Hier liegt eine alte Forderung vor, der man jetzt wohl nähertreten kann. Der zu beschreitende Weg bedarf jedoch noch sorgfältiger Abwägung — auch zusammen mit den Ländern —, so daß das Thema wohl erst in absehbarer Zeit in diesem Hause erörtert werden sollte.
Ich möchte diesen Rundgang, bevor ich mich dem Haushaltsausgleich widme, nicht abschließen, ohne auch einen Blick auf die Kulturfonds des Bundes zu werfen. Diese Kulturfonds sind Gegenstand ständiger Betrachtung auf den verschiedensten Seiten unserer Öffentlichkeit. Zu der verfassungsrechtlichen Frage, in welchem Umfange es gesamtdeutsche Kulturangelegenheiten gibt, die der Bundeshaushalt zu finanzieren hat, will ich mich nicht äußern. Auch hier soll meine Stellungnahme von vorhin gelten, daß wir uns mit den Ländern konkret über alle Einzelheiten einigen sollten. Einem Wunsche dieses Hauses entsprechend, haben wir einmal die die wissenschaftliche Forschung betreffenden Ansätze zusammengefaßt; die Übersicht wird Ihnen in diesen Tagen vorgelegt. Es stellt sich heraus, daß der Bundeshaushaltsplan gar nicht so forschungsfeindlich ist, wie er von mancher Seite oft dargestellt wird. Sind es doch nicht weniger als rund 71 Millionen DM, die sich in der verschiedensten Gewandung in allen Einzelplänen unseres Bundeshaushalts befinden.
Die übrigen kleinen und großen Ausgabepositionen unseres Haushalts lasse ich unerörtert, um Sie nicht zu sehr zu ermüden. Ich verweise nach dieser Richtung nur auf die vielen Unterlagen und Übersichten, die wir Ihnen vorlegen. Ich möchte aber ausdrücklich auf die Fortsetzung unserer Finanzhilfe für Berlin hinweisen, um darzutun, daß sich unsere Bundesrepublik ihrer Pflicht gegenüber der alten Reichshauptstadt immer bewußt geblieben ist.
Eine Ausgabe werden Sie allerdings nicht finden, nämlich die Ausgabeposition für den Deutschen Bundestag selber. Diese wird nachgereicht werden, wie mir die Verwaltung des Bundestages in Aussicht gestellt hat.
Der außerordentliche Haushalt hat sich gegenüber dem laufenden Jahr erheblich geändert. Einige Dinge daraus habe ich schon genannt. Es ist von einer schädlichen Einschrumpfung der überwiegend durch den außerordentlichen Haushalt finanzierten volkswirtschaftlichen Investitionen gesprochen worden. Unsere Zahlen bescheinigen die Unrichtigkeit einer solchen Behauptung. Die im Gesamthaushalt finanzierten Investitionen liegen um rund 170 Millionen DM über den Zahlen des Vorjahres. Der Wohnungsbau steigt von 813 auf 917 Millionen DM, die Investitionen der Land- und Forstwirtschaft steigen von 152 auf 220 Millionen D-Mark. Die Verkehrsinvestitionen sinken von 477 auf 451 Millionen DM, aber ohne die 250 Millionen DM für die Bundesbahn, auf die ich nachher noch zu sprechen komme. Die sonstigen Investitionen steigen dagegen von 259 auf 443 Millionen DM.
Was den Umfang des außerordentlichen Haushalts angeht, so muß er naturgemäß unter dem des Vorjahres liegen, da jetzt aus ihm der fiktive Beitrag an den ordentlichen Haushalt der ERP-Mittel und einige andere Posten ausscheiden. Die Deckung soll durch Anleihen stattfinden, und ich bin aufrichtig genug, Ihnen schon jetzt zu sagen, daß ich
keineswegs mit einer Leistung des Kapitalmarktes für den Bund in voller Höhe dieser 1500 Millionen D-Mark für 1954 rechne. Wir müssen aber auf mindestens 1000 Millionen DM rechnen können und sodann den Rest kurzfristig finanzieren. Damit ist schon gesagt, daß die Bundesregierung mit dem Volumen des außerordentlichen Haushalts an die äußerste Grenze gegangen ist und daß alles andere unrealistisch ist. Ich darf das betonen, weil gerade der außerordentliche Haushalt für manche Wünsche immer als Ausweichgeleise betrachtet wird. In diesem Jahre hat der Bund bekanntlich überhaupt keine Anleihe am offenen Markt erhalten und ist damit in eine haushaltsmäßig schwierige Lage geraten. Mit um so stärkerem Nachdruck möchte ich noch einmal betonen, daß der Bund im kommenden Jahr diesen Anleiheerlös von mindestens 1000 Millionen DM erwartet.
Der Ausgleich im ordentlichen Haushalt ist mit mindestens ebenso schwerwiegenden Hypotheken belastet. Ich nannte Ihnen schon die 512 Millionen D-Mark an Schuldverschreibungen, die wir der Bundesanstalt und den Rentenversicherungsträgern überlassen müssen. Es handelt sich hier um einen der entscheidenden Punkte des Haushaltsausgleichs 1954. Müßten wir diese Summe in bar aufbringen, wäre der Haushalt nicht auszugleichen. Ich nannte Ihnen weiter das Defizit aus 1951, das nach den Regeln einer geordneten Finanzführung im laufenden Rechnungsjahr 1953 bereits hätte eingestellt werden müssen. Weder erscheint dieses Defizit aus 1951 in unserem Voranschlag noch das Defizit aus 1952, das aus Ausgaberesten besteht und von mir vorhin mit ebenfalls rund 1 Milliarde DM beziffert worden ist. Ich habe mich zu diesem letzteren Punkt damit abgefunden, daß die Reste in diesem laufenden Haushaltsjahr erwirtschaftet werden; sie stehen dann in dem Gesamtfehlbetrag von rund 2,3 Milliarden DM, den ich Ihnen für den Abschluß des Rechnungsjahres 1953 vorausgesagt habe. Wie ich nochmals unterstreichen darf, habe ich einen ausdrücklichen Beschluß der Bundesregierung herbeigeführt, daß das Defizit aus 1951 und 1952, um überhaupt einen Haushaltsausgleich zu ermöglichen, in den Bundeshaushaltsplan 1954 nicht eingestellt wird, weil es mir notwendig erschien, die Verantwortung hierfür auf breitere Schultern zu legen.
Ich komme nun zu der Frage des höheren Bundesanteils. Dieses Problem berührt nicht nur den Ausgleich des Bundeshaushalts entscheidend, es rührt auch an das Grundverhältnis zwischen Bund und Ländern.
— Sie werden es lesen, ich werde es ihnen zuschikken. — Wie Sie wissen, haben Bund und Länder gemeinschaftlichen Anspruch auf die Einkommen-und Körperschaftsteuer. Der Bund ist nun in die eigentümliche Lage versetzt, daß er für die größten Ausgabegruppen des Gesamtbudgets einzutreten hat, für die Inanspruchnahme der beiden Steuern aber der Zustimmung der Länder bedarf, die ihrerseits dem Bund keine Mitwirkung beim Zustandekommen ihrer Haushalte schuldig sind. Wir fordern nun in diesem Jahr 42 %, und ich rechtfertige, von der Ausgabenseite einmal ganz abgesehen, dieses Mehr von 4 % gegenüber den bisherigen 38 % mit der Feststellung, daß den Ländern bei einer Verkleinerung ihres Anteils an den
beiden Steuern noch genügend Spielraum verbleibt. Nach unseren Berechnungen behalten die Länder — ohne Berlin — nach Berücksichtigung aller Ausgaben in ihren laufenden Staatshaushalten und in den Investitionshaushalten noch einen Spielraum von rund 700 Millionen DM, voraussichtlich sogar 750 Millionen DM. Aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer allein werden die Länder trotz einer Inanspruchnahme des Bundes von 42 % noch in diesem Rechnungsjahr 125 Millionen DM mehr einnehmen als im Rechnungsjahr 1951. Damit werden die Länder in der Lage sein, ihre Fehlbeträge aus früheren Rechnungsjahren voll abzudecken, während der Bund, wie ich gerade dargelegt habe, nicht in der Lage ist, sein Gesamtdefizit aus 1951 und 1952 abzudecken.
Der Bundesrat hat im sogenannten ersten Durchgang eine Bundesbeteiligung in Höhe von 42 % nicht für tragbar erklärt. Er hat seinen Standpunkt nicht im einzelnen begründet, sondern auf die steigende Tendenz bei gewissen Länderausgaben hingewiesen. Grundsätzlich wollen doch auch die Länder öffentliche Investitionen künftig mehr mit außerordentlichen Mitteln als bisher finanzieren. Wir sind bei unserer Berechnung aber sogar davon ausgegangen, daß die Länder im Rechnungsjahr 1954 noch rund 1200 Millionen DM aus Steuermitteln für Investitionsausgaben verwenden können. In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat auch darauf hingewiesen, daß sich im Bundeshaushalt noch zahlreiche Ansätze befinden, die ihrer Natur nach zur Zuständigkeit der Länder gehören. Der Bundesrat hat es aber leider unterlassen, praktische Folgerungen aus seiner Feststellung zu ziehen. Er hat lediglich eine Überprüfung in Aussicht gestellt, deren Ergebnis für das Gesetz nach Art. 107 des Grundgesetzes bedeutungsvoll werden kann.
Wie Sie wissen, ist dieser Haushaltsplan 1954, wie wir hoffen, der letzte, der unter den derzeitigen Bestimmungen des Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes über den sogenannten bundesstaatlichen Finanzausgleich verabschiedet wird. Bis zum 31. Dezember dieses Jahres ist die neue Finanzreform, das neue Steuerverteilungsgesetz zu erlassen, zu dem wir im Bundesfinanzministerium in diesen Tagen die Arbeiten abgeschlossen haben. Ich hoffe, noch im Februar dem Bundeskabinett den Entwurf vorzulegen und damit unter das trübe Kapitel der jährlichen Auseinandersetzungen über die Beteiligung des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer einen endgültigen Strich ziehen zu können.
Um angesichts der für ihn unangenehmen finanzwirtschaftlichen Untersuchungen, die wir angestellt haben, auch haushaltsmäßig eine Grundlage für seinen Widerspruch zu haben, hat der Bundesrat einige Ausgabeposten des Haushaltsplans 1954 beanstandet und sich hierbei eine Streichung von genau 480 Millionen DM herausgerechnet. Genau 480 Millionen DM beträgt nämlich der vom Bund geforderte höhere Bundesanteil.
Zwar hat der Bundesrat auf einem Gebiet sogar die Ausgaben erhöht, nämlich bei den Steuerverwaltungskosten, die wir den Ländern für die Verwaltung der Bundessteuern zu bezahlen haben.
Bekanntlich hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf auf Limitierung dieser Posten schon 1953 vorgelegt, der aber damals nicht mehr zum Zuge kam und gerade jetzt in diesem Haus beraten wird. Die Entschädigung, die wir nach den zur Zeit geltenden Bestimmungen an die Länder zu zahlen haben, erreicht im Durchschnitt nicht weniger ,als zwei Drittel, 64 % der Gesamtkosten der Länder, in einzelnen Ländern fast 100 %, und ist daher einfach unhaltbar.
In den letzten Tagen hat nun Ihr Ausschuß beschlossen, diese Steuerverwaltungskosten nicht, wie von der Bundesregierung vorgeschlagen, auf ein Drittel, sondern nur auf die Hälfte zu begrenzen. Damit entsteht in dem Bundeshaushalt 1954 eine neue Lücke — Verschlechterung — von rund 108 Millionen DM, für die ich erst eine Deckung finden muß, wenn der Abgleich des Haushalts aufrechterhalten werden soll. Es wird schwierig sein, eine solche Deckung zu finden.
Der Bundesrat, zu dessen Kritik an unseren Ausgaben ich zurückkehre, hat eine sehr zweckbestimmte Rechnung aufgemacht, die genau beweisen sollte, daß gerade die Erhöhung des Bundesanteils und die Begrenzung der Steuerverwaltungskosten nicht notwendig seien.
Er bringt zunächst die 250 Millionen DM Anleihe für die Bundesbahn. Der Tatbestand ist folgender. Die Bundesbahn schuldet dem Bundeshaushalt Beförderungsteuer im Jahre 1954 im voraussichtlichen Betrag von 250 Millionen DM. Angesichts der Finanzlage der Bundesbahn ist nicht damit zu rechnen, ,daß diese Beförderungsteuer entrichtet werden kann. Auf den Rechtsanspruch kann der Bund als Steuerträger nicht verzichten. Es wäre aber Selbstbetrug, wenn diese Einnahme von 250 Millionen DM als echte Einnahme in den Haushalt eingesetzt würde. Jeder Kaufmann würde in einem solchen Fall einen Wertberichtigungsposten entgegenstellen. In der kameralistischen Buchführung ist das leider nicht möglich. Deshalb wurde der Weg gewählt, in Form eines Darlehns an die Bundesbahn einen Ausgleichsposten in den Haus- halt einzustellen.
Das soll zugleich verhindern, daß der Bund als Steuerträger eine schlechtere Rechtsstellung erhält als die übrigen Gläubiger der Bundesbahn. Die Bundesbahn soll diesen Betrag zur Erhaltung ihres Vermögens verwenden. Es handelt sich also in Wirklichkeit um eine Steuerstundung für das Haushaltsjahr 1954. Den Anleihebetrag von 250 Millionen DM, der nicht ausbezahlt, sondern nur verrechnet wird gegen die gestundete Steuer, in den außerordentlichen Haushalt einzusetzen, wie es der Bundesrat vorschlägt, wäre daher völlig sinnwidrig. Es würde bedeuten, daß eine Lücke im ordentlichen Haushalt durch Aufnahme einer Anleihe im außerordentlichen Haushalt gedeckt werden müßte. So gehen auch die Länder nicht vor.
Ein zweiter Punkt - Sie kennen diese Dinge aus der Drucksache 200 — ist die Einstellung des Disagios bei den Bundesanleihen in den ordentlichen Haushalt. Hier darf ich für die Mitglieder des Hauses, die schon Abgeordnete des ersten Bundestages waren, auf die Debatte zurückkommen, die seinerzeit unter besonderer Beteiligung des jetzt leider verstorbenen Kollegen, Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Höpker-Aschoff und verschiedener anderer Herren der Regierungs-und Oppositionsparteien stattgefunden hat. Sie betraf die Frage der Brutto- und Nettoeinstellung von Anleiheerlösen in den Bundeshaushalt. Man hat sich damals für eine Nettolösung entschieden, wobei ausdrücklich von einzelnen Rednern darauf aufmerksam gemacht wurde, daß das Disagio in den ordentlichen Haushalt gehört, wo es in der Tat als vorweggenommene Verzinsung seinen Platz haben muß. Es ist eine unbestrittene Regel der öffentlichen Finanzwirtschaft, daß Zinsen und Tilgungen der Anleihen aus dem ordentlichen Haushalt genommen werden müssen. Auch der Bundesschuldenausschuß — dem Mitglieder des Bundesrats angehören — hat für die Behandlung des Disagios einen ähnlichen Beschluß gefaßt. Ich bedauere deshalb, auch in diesem Punkt der Auffassung des Bundesrats nicht beitreten zu können. Ich darf noch bemerken, daß unter dem DisagioTitel des Haushalts auch alle gelegentlich einer Schuldaufnahme anfallenden sonstigen Kosten verrechnet sind.
— Er ist entschuldigt, weil er eine Sitzung hat. Aber er wird wohl die Rede übersandt erhalten und kann dann Stellung nehmen.
Schließlich ist noch der Zinsfonds beanstandet worden, aus dem die Zinsen für die Betriebsmittelkredite des Bundes finanziert werden. Das Problem hängt mit der Frage zusammen, mit welcher effektiven Inanspruchnahme des Bundes durch Betriebsmittelkredite wir für das kommende Haushaltsjahr rechnen. Ich bin kein Prophet, aber ich beziehe mich auf die Erklärung der Alliierten, daß sie den Überhang an Besatzungskosten ,abziehen wollen, ferner darauf, daß der EVG-Vertrag von der ersten Stunde seines Bestehens an von uns volle Zahlung unseres Monatsbeitrags fordert, mehr noch, daß wir nach dem Pariser Vertrag unter Umständen zur Bevorschussung in Höhe eines ganzen Monatsbeitrags genötigt sind. Ich möchte bemerken, daß es bei dieser Aufstellung für den Bundesrat wohl auch Pflicht gewesen wäre, Rücksicht zu nehmen auf einige Beträge, die als Einnahmen im Haushalt des Bundes enthalten sind, die aus Gründen der Aufrechterhaltung des Rechtsanspruchs eingesetzt werden müssen, deren Eingang aber recht unsicher ist. Ich erinnere hier, weil es gerade Einnahmen von Ländern sind, z. B. an eine Forderung an das Land Bayern in Höhe von 50 Millionen DM und an eine solche an das Land Berlin — Gerechtigkeit nach allen Seiten! — in Höhe von 20 Millionen DM.
Von dem Ausfall, der eintritt, wenn die Steuerverwaltungskosten nicht auf ein Drittel, sondern auf die Hälfte begrenzt werden, habe ich vorhin schon gesprochen.
Besonders überraschend ist aber der letzte Vorschlag des Bundesrats, der die Bundesregierung veranlassen will, ihre prozentuale Kürzung der Ansätze des Bundeshaushalts schärfer auszuschöpfen. Wir haben diese Kürzung von 4 % einführen müssen, um überhaupt einen Haushaltsausgleich zustande zu bringen, und sie wird ausnahmslos bei allen Personal- und sonstigen Verwaltungskosten zum Zuge kommen. Eine Kürzung derjenigen Fonds, für die internationale oder sonstige rechtliche Verpflichtungen bestehen, ist schlechterdings unmöglich. Da solche Verpflichtungen aber in vielen Sammelfonds enthalten sind und nicht einzeln ausgeschieden werden können, mußte eine Kürzung des gesamten Ansatzes stattfinden, wobei dann künftig die zu bewilligenden Ausnahmen von der
Regel als Ausgaben erscheinen. Der Vorschlag des Bundesrats, die Kürzungen so zu handhaben, daß statt der von uns veranschlagten 330 Millionen DM rund 500 Millionen DM sich ergeben, ist undurchführbar, weil wir weder unsere nationalen und internationalen Vertragspartner im Stich lassen, noch z. B. unsere Beamten ohne Besoldung und unsere Behörden ohne Sachmittel lassen können, kurz, weil wir unsere Rechtsverpflichtungen erfüllen müssen. Die Einsparung von 4 % kann nur dort erreicht werden, wo ein gewisser Spielraum gegeben ist.
Im übrigen scheint mir eine Kritik nur dann berechtigt, wenn sie konkrete Vorschläge für bestimmte einzelne Etatpositionen gebracht hätte. An dieser Konkretisierung durch den Bundesrat fehlt es völlig. Wenn die vorgesehenen Einsparungen von 330 Millionen DM, die der Bundeshaushaltsplan vorsieht, erreicht werden, hat nach meinem Dafürhalten die Bundesregierung den Beweis einer äußersten Sparsamkeit unter den gegebenen Umständen erbracht und kann anderen öffentlichen Körperschaften als Muster dienen.
Ich glaube daher, daß die Bundesregierung mit Fug und Recht dem Bundesrat geantwortet hat, daß sie seine Vorschläge nicht übernehmen kann und daß diese Vorschläge zweckbestimmte Wunschträume sind. Ich hoffe aber trotzdem, daß die Besprechungen mit den Ländern noch zu einem beide Teile befriedigenden Ergebnis führen. Das ist schon deshalb dringend notwendig, weil wir gleichzeitig mit den Ländern über das Gesetz nach Art. 107 des Grundgesetzes im Gespräch stehen und die Aussichten für eine Einigung auf diesem Gebiet wohl nicht groß wären, wenn wir uns schon über den Ausgleich des Bundeshaushalts 1954 nicht verständigen könnten.
Ich möchte aus diesem Anlaß aber doch noch ein ernsthaftes Wort zu einem Vorschlag sagen, der in solchen Zeiten auch aus Kreisen der Wirtschaft — Gott sei Dank vereinzelt — an den Bundesfinanzminister herangetragen wird. Es ist nicht weniger als der Vorschlag, sich zur Politik des deficit spending, also zu einer Politik der bewußten Mißachtung des Grundsatzes des Ausgleichs des Haushalts zu bekennen
und den Weg der Geldschöpfung zu betreten.
Man hält mir das amerikanische Beispiel entgegen. Die Vereinigten Staaten haben eine Politik des deficit spending 1932 begonnen, in einer Zeit absinkender, aber nicht in einer Zeit aufsteigender, stabiler Wirtschaftskonjunktur. Auch der amerikanische Finanzminister hat in Interviews darauf hingewiesen, daß die Folge dieses deficit spending doch die gewesen ist, daß die Kaufkraft des Dollar in dieser Zeit der Politik des deficit spending um 50 % gesunken ist. In den Vereinigten Staaten erstrebt die Finanzpolitik daher heute auch eine Einschränkung der staatlichen Ausgaben, eine Minderung des Umfangs des öffentlichen Haushalts.
In Deutschland kann nach meiner Überzeugung dieser Weg des deficit spending nicht beschritten werden. Die Erhaltung der Kaufkraft der Währung ist die Vertrauensgrundlage, auf der unsere ganze Wirtschaft aufgebaut ist.
Von der Verpflichtung, die der Gesetzgeber des Grundgesetzes in Erinnerung an Inflation und Währungsumstellung in Art. 110 des Grundgesetzes aufgestellt hat, brauche ich in diesem Zusammenhang gar nicht sprechen.
Ich hätte über diese Frage auch nicht gesprochen, wenn ich nicht gleichzeitig auf eine andere Bestimmung des Grundgesetzes, den Art. 113, verweisen müßte. Auch der Art. 113 des Grundgesetzes ist von dem Gesetzgeber geschaffen in Erinnerung an die Zeit der Inflation und an die Zeit der Währungsumstellung, vielleicht auch in dem Gedankendaran, daß die Parlamente, die den demokratischen Gedanken und gerade den Gedanken ihres Budgetrechts seit Jahrhunderten in der Welt am stärksten und erfolgreichsten vertreten haben, wie das englische Parlament, es als selbstverständlichen Grundsatz anerkennen, daß die Parlamente ihrem ganzen Ursprung, ihrem ganzen Gedankengang und ihrer Aufgabe nach das Volk, d. h. den Steuerzahler, vor Überlastung durch den Staat schützen sollen
und deswegen von sich aus das Schwergewicht auf die finanzielle Ordnung des gesamten Staatswesens zu legen haben.
Der Art. 113 des Grundgesetzes gibt der Bundesregierung das Recht, aber noch mehr die Pflicht, ihrerseits neben dem Parlament als Hüter dieser finanziellen Ordnung zu wirken.
In einer Zeit, in der wir alle darin einig sind, daß der deutsche Steuerzahler" überlastet ist, daß wir seine Belastung nicht vermehren, sondern mindern wollen, daß wir infolgedessen die Ausgaben nach den Einnahmen und nicht umgekehrt einzurichten haben, ist die im Art. 113 des Grundgesetzes vorgesehene Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und Parlament ein Gebot, das dringlicher ist denn je. Ich hoffe, daß sich Parlament, Bundesrat und Bundesregierung in diesem Bestreben zusammenfinden. Ich würde es auch begrüßen, wenn gesetzlich oder in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags ein Weg gefunden würde, um dieses Zusammenwirken aller Beteiligten von vornherein zu sichern.
In der Öffentlichkeit wurde manchmal der Gedanke vertreten, der Bund könne durch Verwertung seines Vermögens sich die notwendigen Einnahmen zur Deckung seiner Fehlbeträge verschaffen. Ich will hier nicht auf die haushaltsrechtliche Frage eingehen, sondern möchte nur darauf hinweisen, daß mit dem Haushaltsgesetz, das Ihnen vorliegt, auch eine Darstellung und der Nachweis des Vermögens des Bundes gegeben worden sind, die die Öffentlichkeit auf die geringen Möglichkeiten aufmerksam machen, die 'hier bestehen.
Ich freue mich, daß es gelungen ist, einen solchen Vermögensnachweis vorzulegen. Wie Sie wissen, schuldet der Finanzminister nach der Verfassung dem Parlament einen solchen Vermögensnachweis. Es war in den vergangenen Jahren leider noch nicht möglich, ihn aufzustellen. Während wir früher nur eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung hatten, liegen nunmehr die ersten Ergebnisse einer Sachrechnung, also einer Bestandsaufnahme unseres ganzen Vermögens einschließlich der Schulden vor.
Sie werden verstehen, daß ich dazu einige Worte sagen muß, da es sich immerhin um einen besonde-
ren und wichtigen Anlaß handelt. Im abgelaufenen Jahr haben wir zunächst die verwaltungsmäßigen Voraussetzungen schaffen müssen. Ganz einfach sind die Dinge nicht, weil sich gewisse Vermögenswerte der öffentlichen Hand ihrer marktmäßigen Bewertung entziehen. Wir haben die Dinge aber in einer möglichst einfachen und beamtensparenden Weise zu läsen versucht.
Das Vermögen des Bundes einschließlich des früheren Reichsvermögens, jedoch ohne die Sondervermögen Bundesbahn, Bundespost, ERP-Sondervermögen und Ausgleichsfonds, wurde bei der Bestandsaufnahme am 31. März 1953 mit rund 13 Milliarden DM bewertet. Noch nicht bewertet sind die Sachen im Gemeingebrauch, nämlich Autobahnen, Bundesstraßen und Bundeswasserstraßen, die für eine Verwertung auch nicht in Betracht kommen. Bei den ausgewiesenen Schuldenzahlen fehlen die ehemaligen Reichsverbindlichkeiten. Sie wollen dies freundlichst berücksichtigen.
Die 13 Milliarden DM setzen sich zusammen aus a) 8 Milliarden DM Wert des unbeweglichen Vermögens, b) Kapitalbeteiligungen von 1,2 Milliarden DM und c) Darlehnsforderungen und ähnlichen Rechten im Betrage von 3,3 Milliarden DM. Der Rest ist der Wert der beweglichen Sachen.
In der Öffentlichkeit werden immer wieder Stimmen laut, der Bund sammle ein riesiges Grundvermögen, das er für seine Aufgabe überhaupt nicht benötige. Die 8 Milliarden DM, von denen ich gesprochen habe, sind zunächst einmal 4,8 Milliarden DM Grundbesitz, der für Verwaltungszwecke genutzt wird.
Unter die übrigen Grundstücke fallen die ehemaligen Wehrmachtsliegenschaften, die für ähnliche Zwecke einschließlich einer etwaigen Wehrverwaltung bereitgehalten werden müssen. Von einem entbehrlichen Grundbesitz des Bundes in wesentlichem Umfang kann also nicht die Rede sein.
Ein Blick auf die Einnahmen von diesem unbeweglichen Vermögen zeigt, daß sie schon einen recht stattlichen Posten ausmachen. Sie sind von rund 57 Millionen DM im Jahre 1951 auf rund 86 Millionen DM in dem vor Ihnen liegenden Plan angewachsen. Hier kommt die Arbeit der neuen Vermögensverwaltung des Bundes am sichtbarsten zum Ausdruck. Übrigens stecken in den Beträgen auch die Erlöse aus der Veräußerung von Grundstücken, wo diese bisher möglich war. Tatsächlich entbehrliche Grundstücke sind nämlich nicht etwa zurückgehalten, sondern abgegeben worden, insbesondere für sozialen Wohnungsbau und industrielle Zwecke. Es dürfte aber klar sein, daß wir kein ehemaliges Wehrmachtsgelände verkaufen können, solange wir damit rechnen müssen, es morgen wieder teurer zurückkaufen zu müssen.
Die Beteiligungen des Bundes an wirtschaftlichen Unternehmen liegen Ihnen in einem ausführlichen Verzeichnis vor. Die weitaus überwiegende Mehrheit dieser Beteiligungen hat der Bund vom Reich und vom früheren Land Preußen übernommen. Das Schwergewicht der Beteiligungen liegt bei den drei großen Konzernen: Viag, Veba und der AG für Berg- und Hüttenbetriebe, früher Reichswerke:
Der Wert der Beteiligungen beträgt nach den vorliegenden Bilanzziffern 1,2 Milliarden DM. Auch wenn man davon ausgeht, daß in den Bilanzen gewisse stille Reserven enthalten sind, so dürfte der
Gesamtwert der Beteiligungen doch 2 Milliarden DM sicher nicht übersteigen. Ich weise darauf hin, daß in den angegebenen Werten die in den Bilanzen nicht passivierte Vermögensabgabe für den Lastenausgleich nicht berücksichtigt ist, so daß etwa vorhandene stille Reserven durch die Vermögensabgabe für den Lastenausgleich zumindest teilweise wieder aufgezehrt werden.
Die Einnahmen aus den Beteiligungen sind bisher gering. Im Jahre 1954 werden Einnahmen von 9 Millionen DM immer noch Ausgaben von 15 Millionen DM gegenüberstehen. Der Grund hierfür liegt in den hohen Kriegs- und Nachkriegsschäden, die zahlreiche bundeseigene Gesellschaften erlitten haben. Ich verweise besonders auf die bekannte Situation im Salzgittergebiet.
Die Bundesregierung hat sich, nachdem sie im Jahre 1951 die Verwaltung der Beteiligungen des Reiches und des früheren Landes Preußen übernahm, wiederholt bemüht, einzelne Gesellschaften zu privatisieren. Diese Bemühungen haben bisher nicht zu einem Erfolg geführt. Das hängt u. a. mit der Enge des Kapitalmarkts zusammen und wird sich vielleicht in den nächsten Jahren bessern. Ich brauche aber auch nicht zu betonen, daß Voraussetzung jeder Verwertung ein angemessener Kauferlös sein muß.
Eine weitere Voraussetzung ist, daß die rechtlichen Verhältnisse, insbesondere die Frage des Eigentums, geklärt sind.
Für viele Bewerber sind die Unternehmungen auch erst interessant, nachdem die Kriegs- und Kriegsfolgeschäden beseitigt sind, eine Aufgabe, für die wir die Wirtschaftskraft der Unternehmen selbst heranziehen mußten.
Die Darlehnsforderungen des Bundes betreffen hauptsächlich den sozialen Wohnungsbau und das Siedlungswesen. Bei einer Vielzahl der hingegebenen Darlehen kann mit der Rückzahlung erst nach einer langen Reihe von Jahren gerechnet werden. Bei Abwägung des Für und Wider möchte ich glauben, daß der tatsächliche Wert der Darlehensforderungen erheblich von den Nennbeträgen nach unten abweicht.
Bei den Sondervermögen hat außer der Bundesbahn, die ich schon gewürdigt habe, auch unser anderes Betriebsvermögen, die Bundespost, nicht unbeträchtliche Sorgen.
Da unsere Erhebungen erst im Gange sind, will ich von einer Äußerung absehen.
Der Ausgleichsfonds hat sich dagegen recht günstig entwickelt, da die Einkünfte aus den Ausgleichsabgaben die Voranschläge nicht unerheblich überschritten haben. Durch Maßnahmen der Vorfinanzierung konnten dem Fonds als zusätzliche Einnahmen 200 Millionen DM aus einer Anleihe der Lastenausgleichsbank, rund 75 Millionen DM aus der vorzeitigen Ablösung von Lastenausgleichsabgaben und rund 230 Millionen DM durch Darlehen nach § 7 f des Einkommensteuergesetzes be-
schafft werden. Insgesamt standen somit dem Fonds rund 3000 Millionen DM im laufenden Rechnungsjahr zur Verfügung. Der Abfluß der Mittel war in der ersten Hälfte des Rechnungsjahres verlangsamt, weil sich die Ausgleichsbehörden in das neue — nicht ganz einfache — Recht erst einarbeiten mußten. In der zweiten Hälfte dieses Rechnungsjahres wurde dieser Stau in der Kasse überwunden und der Kassenbestand auf eine angemessene Höhe zurückgeführt. Es wurde möglich, die Leistungen aus dem Währungsausgleich statt im Verlauf von etwa fünf bis sieben Jahren schon im Rechnungsjahr 1953 voll freizugeben.
Auch die Hausratshilfe ist mit rund 1200 Millionen DM sehr spürbar geworden. Im kommenden Haushaltsjahr wird dagegen der Schwerpunkt mehr auf den produktiven Leistungen des Ausgleichsfonds liegen.
Uneingeschränkt produktiv wirkt auch unser letztes großes Sondervermögen, das ERP-Sondervermögen, das am 31. März 1953 einen Bestand von 5,6 Milliarden DM auswies. Während bisher die Einnahmen und Ausgaben des Vermögens im Bundeshaushaltsplan veranschlagt wurden, wird der Bundestag künftig einen besonderen Wirtschaftsplan dieses Sondervermögens durch Gesetz verabschieden. An der Eigenschaft des Sondervermögens als einer sich ständig erneuernden und zentral gesteuerten Kapitalmasse ändert sich aber nichts. Das ERP-Sondervermögen bleibt damit ein sehr wesentliches Kreditinstrument der Bundesregierung, das alljährlich mit etwa 300 bis 400 Millionen DM Rückflüssen und Zinsen rechnen kann. Bis zum 30. September 1953 sind an Krediten und Zuschüssen rund 6,3 Milliarden DM gegeben worden, besonders für Engpaßbereiche der Wirtschaft, vornehmlich Elektrizitätswirtschaft und Kohlenbergbau. Aber auch der Wohnungsbau ist mit fast einer halben Milliarde DM beteiligt. Die im kommenden Haushaltsjahr erwarteten Einnahmen von rund 320 Millionen DM sind bereits vorfinanziert und sollen vornehmlich der Grundindustrie, dem Schiffbau, der Eisen- und Stahlwirtschaft zugute kommen. Berlin spielt im Rahmen des gesamten Investitionsprogramms eine besondere Rolle. Da ich hier nur als Finanzminister spreche, der über die Vermögen Rechnung zu legen hat, kann die Darstellung aller Einzelheiten dem Wirtschaftsplan vorbehalten bleiben, der Ihnen demnächst vorgelegt wird.
Ich bin am Ende meiner Betrachtungen angelangt. Neben den sachlichen waren auch die technischen Schwierigkeiten groß, um Ihnen den Haushaltsplan rechtzeitig vorzulegen. Mit dem Haushaltsplan sind in diesem Jahr zum erstenmal die allgemeinen Vorbemerkungen und der Vermögensnachweis vorgelegt worden. Dies alles war nur möglich durch die aufopfernde Tätigkeit meiner Mitarbeiter.
Ich möchte daher zunächst schließen mit einem Wort des Dankes an diese.
Meine Damen und Herren! Der Bundesfinanzminister selbst stellt sich Ihnen nun zur Kritik seiner Tätigkeit. Er wagt es nicht, vorauszusagen, wie diese Kritik ausfallen wird.
Er verschließt einer sachlichen Kritik sein Ohr bestimmt nicht, aber auf eines darf er verweisen: Unter den Wünschen, die im Laufe seiner Tätigkeit an ihn herangetragen wurden, mußte er unterscheiden zwischen den Wünschen, die nur dem Gedanken der „res privata" entspringen, und den Wünschen, die getragen waren von dem Gedanken der res publica, dem Gedanken auf das Wohl der Allgemeinheit. Um der Allgemeinheit willen muß das Ziel seiner Tätigkeit bleiben, der deutschen Finanzpolitik den Vorwurf zu ersparen, daß sie die finanzielle Ordnung und damit den Schutz der Währung nicht gewahrt habe.
Ich bitte daher, bei aller Kritik nicht zu vergessen, daß er und wir alle Diener der deutschen Bundesrepublik sind und damit den Gedanken der res publica zu wahren haben.