Rede von
Dr.
Ernst
Müller-Hermann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt den Entschluß der Bundesregierung, den Heimkehrern, die nach dem 1. September zurückgekehrt sind, einen Betrag von 5 Millionen DM für Hausrat und Existenzaufbau zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, Herr Kollege Merten ist einem Irrtum unterlegen, wenn er diese Summe auf das Heimkehrerentschädigungsgesetz bezog; denn hierbei dreht es sich um eine Sondermaßnahme der Bundesregierung ausschließlich für die Heimkehrer, die nach dem 1. September dieses Jahres zurückgekehrt sind. Wir drücken die Hoffnung aus, daß die Bundesregierung zusätzliche Mittel für diesen speziellen Zweck zur Verfügung stellen wird, wenn sich die Notwendigkeit dafür ergibt.
Meine Fraktion hat seinerzeit dem Heimkehrerentschädigungsgesetz mit einer sehr großen Mehrheit zugestimmt. Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie dem Beschluß des Parlaments Rechnung trägt, damit in der Öffentlichkeit und unter den Heimkehrern kein Zweifel auftauchen kann, daß das Parlament und die Regierung sich ihrer Verpflichtung gegenüber den Heimkehrern stets bewußt sind.
Ich möchte aber gegenüber der Polemik der Opposition einmal feststellen, daß die Kritik reichlich verfrüht ist;
denn in diesem Haushaltsjahr sind ja aus dem Entschädigungsgesetz keinerlei Zahlungen zu leisten. Es dreht sich vielmehr darum, daß bestimmte Beträge in den Haushalt des Jahres 1954 eingebaut werden. Sie wissen ja, daß die Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz auf fünf Jahre verteilt werden sollen.
Es wird sich also bei der Beratung des nächsten Haushaltsplans — die Bundesregierung ist zur Zeit mit dieser Beratung beschäftigt — darum handeln, wie wir die 200 Millionen DM für den im Heimkehrerentschädigungsgesetz vorgesehenen Zweck zur Verfügung stellen und gegebenenfalls einen Ausgleich erreichen können oder wo wir Streichungen vornehmen sollten, um diesem speziellen Zweck zu dienen. Ich glaube also, daß die Kritik, die hier an der Regierung geübt worden ist, weil das Gesetz noch nicht verkündet ist, zumindest verfrüht ist.
Ich sagte, daß meine Fraktion dem Heimkehrerentschädigungsgesetz ihre Zustimmung gegeben hat. Ich selbst habe auch bei den vorbereitenden Arbeiten mitgewirkt. Aber ich halte es doch für notwendig, einmal darauf hinzuweisen, daß wir — und ich glaube, dieser Vorwurf gilt sowohl für den Ausschuß, der sich damit beschäftigt hat, wie auch für den Bundestag selbst — in einer fahrlässig-leichtsinnigen Weise ein Gesetz beschlossen haben, für das ein längerer Zeitraum der Beratung unbedingt notwendig gewesen wäre.
— Ich möchte daran erinnern, meine Damen und Herren, daß wir dieses sehr einschneidende Gesetz letzten Endes in ein oder zwei Nachtsitzungen erledigt haben.
Ich möchte ausdrücklich betonen, daß wir dem Grundgedanken der Heimkehrerentschädigung unsere volle Unterstützung geben
und uns im Parlament wie bei der Bundesregierung dafür verwenden werden, daß dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz Rechnung getragen wird.
Vielleicht ist es aber doch ganz gut, daß wir zu Beginn unserer parlamentarischen Arbeit auch einmal auf diese von mir angedeuteten Nebenerscheinungen zu sprechen kommen und uns gewisse Punkte zur Richtschnur für unsere zukünftige Arbeit machen.
Dabei möchte ich vor allem auf zwei Punkte hinweisen. Ich glaube, wir müssen uns bei unserer zukünftigen Arbeit im Bundestag davor hüten, ein Wettrennen um die Popularität auf Staatskosten zu veranstalten.
Wir müssen uns davor hüten, wenn Bedenken wegen der Durchführung von Gesetzen oder der Verwirklichung von Wünschen auftauchen, demjenigen, der diese Bedenken vorträgt, den guten Willen abzustreiten.
Darüber hinaus aber müssen wir uns bei unserer Arbeit davor hüten, dem allzu starken Druck von Interessenorganisationen nachzugeben.
Wir müssen uns unter allen Umständen unsere Unabhängigkeit auch gegenüber den Interessenorganisationen bewahren.
Auch mit der Heimkehrerorganisation wollen wir
durchaus eine vernünftige und gute Zusammenarbeit, aber die Unabhängigkeit der Entscheidung
müssen wir uns unter allen Umständen bewahren.