Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gedenke ich der Tatsache, daß das deutsche Volk in dieser Woche sich in besonderer Weise der noch nicht heimgekehrten Kriegsgefangenen erinnert.
Es ist notwendig, daß wir uns die Zahlen dieser nicht heimgekehrten Deutschen immer wieder vor Augen halten. Es sind insgesamt nicht zurückgekehrt 117 529 Gefangene, von denen wir wissen, daß sie in Gefangenschaft geraten sind, davon 103 000 in der Sowjetunion. Von 16 000 liegen Nachrichten vor. Davon sind einige tausend zu unserer Freude in den letzten Wochen zurückgekehrt. 87 000 müssen bisher im Osten als verschollen gelten. In anderen Ländern als der Sowjetunion sind 14 529 Gefangene bekannt gewesen. In den Gefängnissen des Westens befinden sich noch 710 Gefangene.
Meine Damen und Herren, wir stellen uns in die Gemeinschaft der Angehörigen, die an diese nicht Heimgekehrten denken, und wir bekunden als Deutscher Bundestag die Gefühle des ganzen deutschen Volkes, wenn wir dem Wunsche und der Forderung Ausdruck geben, daß dem unmenschlichen Zustand, daß mehr als acht Jahre nach Beendigung des Krieges eine derartige Zahl von deutschen Menschen gefangengehalten werden, ein Ende gemacht wird. Wir fordern, daß ihre Heimkehr baldigst möglich gemacht und alles getan wird, um auch denen, die unschuldig im Gefängnis sitzen, den Weg in die Heimat zu ebnen.
Ich stelle fest, daß sich der Deutsche Bundestag im Bewußtsein der Gemeinschaft mit diesen deutschen Menschen von seinen Plätzen erhoben hat. Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, damit treten wir in die Tagesordnung ein. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Bekanntgabe der Bildung der Bundesregierung.
Ich habe ein Schreiben des Herrn Bundeskanzlers vom 14. Oktober mit folgendem Wortlaut erhalten:
Ich beehre mich, mitzuteilen, daß der Herr Bundespräsident mich gestern gemäß Art. 63 des Grundgesetzes wiederum zum Bundeskanzler ernannt hat.
Ein weiteres Schreiben des Herrn Bundeskanzlers vom 20. Oktober hat folgenden Wortlaut:
Der Herr Bundespräsident hat auf meinen Vorschlag gemäß Art. 64 Abs. 1 des Grundgesetzes zu Bundesministern ernannt:
Herrn Franz Blücher zum Bundesminister
für wirtschaftliche Zusammenarbeit,
Herrn' Dr. Gerhard Schröder zum Bundesminister des Innern,
Herrn Fritz Neumayer zum Bundesminister der Justiz,
Herrn Fritz Schäffer zum Bundesminister der Finanzen,
Herrn Professor Dr. Ludwig Erhard zum Bundesminister für Wirtschaft,
Herrn Dr. h. c. Heinrich Lübke zum Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
Herrn Anton Storch zum Bundesminister für Arbeit,
Herrn Dr. Hans-Christoph Seebohm zum Bundesminister für Verkehr,
Herrn Dr. Viktor-Emanuel Preusker zum Bundesminister für Wohnungsbau,
Herrn Professor Dr. Theodor Oberländer
zum Bundesminister für Vertriebene,
Herrn Jakob Kaiser zum Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen,
Herrn Heinrich Hellwege zum Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates,
Herrn Dr. Franz-Joseph Wuermeling zum
Bundesminister für Familienfragen,
Herrn Dr. Robert Tillmanns zum Bundesminister für besondere Aufgaben,
Herrn Franz-Joseph Strauß zum Bundesminister für besondere Aufgaben,
Herrn Dr. Hermann Schäfer zum Bundesminister für besondere Aufgaben,
Herrn Waldemar Kraft zum Bundesminister für besondere Aufgaben.
Das Amt des Bundesministers des Auswärtigen habe ich unter gleichzeitiger Ernennung zum Bundesminister des Auswärtigen selbst übernommen.
Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen wird später ernannt werden.
So weit, meine Damen und Herren, das Schreiben des Herrn Bundeskanzlers. Damit ist die auf Vorschlag des Herrn Bundeskanzlers vom Herrn Bundespräsidenten ernannte Bundesregierung dem Bundestag bekanntgegeben.
Ich komme zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Vereidigung des Bundeskanzlers und der Bundesminister.
Ich darf den Herrn Bundeskanzler und die Herren Bundesminister bitten, zu mir heranzutreten. —
Gemäß Art. 64 in Verbindung mit Art. 56 des Grundgesetzes haben der Bundeskanzler und die Bundesminister bei der Übernahme ihres Amtes vor dem Bundestage folgenden Eid zu leisten — ich lese die Eidesformel vor —:
Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.
Ich bitte den Herrn Bundeskanzler und die Herren Bundesminister, zur Bekräftigung dieses Eides sich zu mir zu begeben und mir die Formel nachzusprechen:
Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe. Herr Bundeskanzler Dr. Adenauer!