Rede von
Dr.
Linus
Kather
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte beginnen mit einer kurzen Erwiderung auf die letzten Sätze des Herrn Bundesfinanzministers. Der Herr Bundesfinanzminister hat erklärt, gleichgültig, ob der Antrag Frühwald oder die Entschließung von Herrn Bausch angenommen werde, für die Flüchtlingssiedlung sei dadurch dieselbe Sicherheit geschaffen. Diese Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers ist in ihrem Inhalt tatsächlich nicht zutreffend. Wenn wir entsprechend dem gestellten Änderungsantrag die hier zur Debatte stehenden Beträge in den ordentlichen Haushalt einstellen, dann ist die Sicherheit dafür geschaffen, daß die Beträge zur Verfügung stehen. Wenn wir sie im außerordentlichen Haushalt belassen und dazu eine Entschließung annehmen, so bedeutet das rechtlich nichts. Die Entschließung ändert an dem Sachverhalt nichts, denn es bedarf der Zustimmung des Herrn Bundesfinanzministers, wenn diese Beträge zum Zuge kommen sollen. Ich werde aus grundsätzlichen Erwägungen, selbst wenn der Antrag Frühwald abgelehnt werden sollte, gegen die Entschließung stimmen, weil man hier nicht etwas einsetzen soll, was nur einen Anschein erweckt, aber keine positive Sicherheit gibt.
Der Herr Bundesfinanzminister hat in der zweiten Lesung gesagt, alles braucheseine Vorbereitung, und eine andere Wendung von ihm könnte gleichfalls den Eindruck erwecken, als ob wir hier vor etwas Neuem stehen. Es handelt sich um eine Kriegsfolgelast, aus der der Bund verpflichtet wird. Im § 11 des Flüchtlingssiedlungsgesetzes, das noch vom Wirtschaftsrat verabschiedet worden ist, war dem Vereinigten Wirtschaftsgebiet, an dessen Stelle dann der Bund getreten ist, aufgegeben, die Mittel für die Flüchtlingssiedlung bereitzustellen, und das Bundesvertriebenengesetz hat in seinen § 46 nur die neue Regelung einer alten, seit langem bestehenden Verpflichtung aufgenommen. Wenn das Bundesvertriebenengesetz nicht gekommen wäre, dann wäre das Flüchtlingssiedlungsgesetz heute noch in Kraft und würde noch zwei Jahre lang gegolten haben.
Wenn wir nun eine Regelung akzeptieren sollen, nach der die Entscheidung in das Ermessen des Bundesfinanzministers gestellt wird, so ist es natürlich für uns nicht ohne Interesse zu wissen, wie sich der Herr Bundesfinanzminister in der Vergangenheit dieser Verpflichtung entledigt hat. Ich habe hier die Aufstellung über die Mittel, die in den Jahren 1950, 1951 und 1952 für diese Zwecke bereitgestellt worden sind: aus dem Arbeitsbeschaffungsprogramm der Bundesregierung 52 Millionen — ich nenne nur runde Zahlen —, aus dem Haushalt 15 Millionen, aus Soforthilfemitteln 246 Millionen, aus ERP-Mitteln 38 Millionen und aus Ländermitteln 221 Millionen. Das macht 564 Millionen, davon also 15 Millionen aus dem Haushalt und die Beträge, die ich eben nannte, aus dem Arbeitsbeschaffungsprogramm und aus den ERP-Mitteln.
Meine Damen und Herren, in diesen ganzen Jahren — und die Herren, die im Kontrollausschuß beim Hauptamt waren und sind, wissen das — hat es immer den Streit darum gegeben, daß der Präsident des Hauptamts sich mit Recht weigerte, größere Mittel, ,als geschehen, einzustellen, weil er sagte: Es liegt hier eine primäre Verpflichtung des Bundes vor, und die beiderseitigen Mittel müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das gilt auch noch für heute. Nach den Weisungen, die ergangen sind, muß hier eine Relation hergestellt werden, und es wird in Zukunft nicht mehr so sein wie in diesem Jahr, daß ohne Rücksicht auf die Bewilligung von Mitteln aus dem Haushalt Beträge zur Verfügung gestellt werden.
Für das Jahr 1953 sind insgesamt 28 Millionen eingesetzt. Davon bind 3 Millionen zweckbestimmt für das Flüchtlingssiedlungsgesetz, und von den übrigen 25 Millionen sind ebenfalls 75 % für diesen Zweck gebunden. Das würde also bedeuten, daß für die einheimische Siedlung nur 6 Millionen im Jahr zur Verfügung stehen. Und darum haben wir beim Bundesvertriebenengesetz und bei dem Zusatzgesetz so gekämpft, um endlich auch einmal etwas für die einheimische Siedlung, für die siedlungswilligen Bauernsöhne und Landarbeiter zu schaffen.
Die Einstellung in den außerordentlichen Etat genügt nicht. Wenn man diesen Betrag wirklich geben will, wie man uns ja sagt, dann ist der ganze Widerstand unerklärlich. Nach der Entschließung, die Herr Bausch vorgeschlagen hat, wird der Finanzminister ersucht, diese Mittel zu beschaffen. Nun, dann können wir doch auch ganze Arbeit machen und diesen Betrag in den Etat einstellen. Ich glaube, wir sollten das tun,
und zwar auch mit Rücksicht darauf, daß wir erst vor wenigen Wochen das Bundesvertriebenengesetz verabschiedet und hier gesagt haben, wir würden 100 Millionen für die Vertriebenensiedlung und 50 Millionen für die einheimische Siedlung einsetzen.
Der Vorbehalt der Deckungsklausel, der gemacht worden ist, kann doch nicht dazu führen, daß man nun keinerlei zureichende Beträge in den ordentlichen Haushalt einsetzt, und zwar schon beim erstenmal. Wenn man diese Beträge wirklich aufbringen will, dann ist doch alles, was man über Gefährdung der Finanzen, über Gefährdung der Währung gesagt hat — abgesehen davon, daß das
I alles schon wegen der geringen Größenordnung gar nicht in Betracht kommt —, völlig abwegig.
Ich kann auch nicht zugeben, daß das richtig ist, was der Herr Bundesfinanzminister eben gesagt hat, daß hier ein Verstoß gegen Art. 110 des Grundgesetzes vorliegt.
Der Herr Bundesfinanzminister oder der Haushaltsausschuß haben einen Betrag von 907 Millionen DM aus dem außerordentlichen Haushalt zur Abdeckung des Fehlbetrags im ordentlichen Haushalt übertragen. Es kann mir nun niemand sagen, daß es zulässig sei, das mit einem Betrag von 907 Millionen zu machen, aber nicht mit einem Betrag von 975 Millionen DM. Wenn man das eine kann, kann man auch das andere.
Ich möchte aber grundsätzlich etwas anderes sagen, meine Damen und Herren. Ich nehme es dem Herrn Bundesfinanzminister nicht ab, daß er uns anläßlich einer so bedeutsamen Aufgabe, einer staatspolitischen Aufgabe erster Ordnung, sagt: Ich habe keine Deckung für diesen Betrag, und es uns dann überläßt, die Deckung zu suchen. So kann man meiner Ansicht nach nicht verfahren. Die gesetzliche Verpflichtung liegt vor, und niemand kann doch bestreiten, daß hier auch wirklich ein echter Notstand vorliegt. Wenn man hier einmal die Statistik zu Gehör bringen will, stellt man fest, daß in den vergangenen drei bis vier Jahren von 270 000 oder 300 000 aus dem Osten gekommenen Bauern doch nur 35 000 wieder angesetzt worden sind. Wir müssen, Herr Bundesfinanzminister, diesmal ein ganz anderes Tempo vorlegen, wenn wir wirklich einmal zu einem Siedlungsvolumen kommen wollen, das auch irgendwie zu Buche schlägt. Man kann uns auch nicht beibringen, daß es bei einem Etat von insgesamt 27 Milliarden DM nun etwa völlig unmöglich sei, diese 75 Millionen DM in den ordentlichen Etat einzustellen.
Es handelt sich hier um eine so große und bedeutsame politische Frage, daß ich es für richtig und für notwendig halte, hierüber in namentlicher Abstimmung zu entscheiden. Ich beantrage das hiermit und bitte, diesen Antrag zu unterstützen.