Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich hoffe, daß, wenn der Antrag angenommen worden ist und die Revisions- und Treuhandgesellschaft Ihnen den Bericht vorgelegt hat, das Geflüster über geheimnisvolle Dinge ein Ende nimmt und die Berichte des Bundesrechnungshofes und der Deutschen Revisions- und Treuhandgesellschaft die Grundlagen jeder sachlichen Erörterung sein werden.
Ich habe mit Interesse dem Herrn Redner zugehört; der sich ja sehr viel mit dem Branntweinmonopol beschäftigt, und bin mir jetzt nicht klargeworden: wird derjenige, der auswärtigen Sprit einführt, gelobt, oder wird er getadelt? Tatsache ist jedenfalls folgendes — ich stelle es hier ruhig fest —: im Bundesgebiet ist auswärtiger Sprit nicht eingekauft worden, weil inländischer Sprit genügend vorhanden ist. Berlin hat ihn eingeführt. Ich will die Gründe dafür nicht nachprüfen; es wird seine eigenen Gründe gehabt haben. Aber ob der eine zu loben oder zu tadeln ist, ich glaube, darüber könnte man sich erst unterhalten, wenn man die Dinge einmal kaufmännisch nachprüft. Jedenfalls, solange ich meinen Bedarf im Inland decken kann, sehe ich keinen Anlaß, den Sprit aus dem Ausland einzuführen.
Dann wird gesprochen über die Vereinbarungen bezüglich der Berechnung des Übernahmepreises.
Herr Kollege Dr. Gülich, ich kann nur sagen, daß diese Vereinbarungen wegen des Übernahmepreises im Benehmen mit sämtlichen Gewerbezweigen erzielt worden sind und daß die Berechnung nach einer Übung erfolgt, die meines Wissens bis zum Jahre 1932 zurückgeht. Ich weiß also auch nicht — die Feststellung, die erfolgt ist, ist richtig —, was eigentlich an der Handhabung auszusetzen wäre. Ich bin einer Belehrung sehr gern zugänglich, aber vorläufig wüßte ich nicht, was auszusetzen ist.
Dann kommen Vorwürfe allgemeinpolitischer Art; zunächst, daß die Auseinandersetzung mit den Ländern wegen des früheren Reichs- und preußischen Vermögens noch nicht erfolgt sei. Der Herr Kollege Gülich war noch Finanzminister eines Landes, als ich damals die unendlich vielen Besprechungen und Verhandlungen mit den Ländern wegen des Vollzugs der Artikel 134 und 135 GG führte. Er weiß, daß zur Regelung dieser ganzen Materien, auch zu den entscheidenden Gesetzentwürfen selbst, die Zustimmung der Länder erforderlich Ist. Wie schwer es ist, die Zustimmung der Länder auf Gebieten zu erhalten, in denen es um Auseinandersetzungen über Vermögen und Geld geht, und dabei zu erreichen, daß die Länder ihre Verpflichtungen, dem Bund zu geben, auch erfüllen, sollte man hier allmählich wissen. Ich bin nun einmal nach dem Grundgesetz an die Zustimmung gebunden, und ich war stolz, daß wir wenigstens das Vorschaltegesetz in Vereinbarungen zustande gebracht haben und auf Grund dieses Vorschaltegesetzes wirklich arbeiten können. Ich wünsche dem Bundestag des Jahres 1954 und idem Finanzminister, der dann vor dem Bundestag zu erscheinen hat, den Erfolg, daß er zu der endgültigen Gesetzgebung — die praktische Linie ist heute bereits abgezeichnet — auch noch das Schlußsiegel und die Zustimmung der Länder erhält. Aber ich glaube, daß mir eine Verzögerung nicht vorgeworfen werden kann.
Herr Kollege Gülich, es ist richtig: ich bin gewählt im Bundeswahlkreis Passau, bin geboren in München, bin beheimatet in Bayern; ich rechne mir das garnicht als Nachteil an und habe mich deswegen weder zu schämen noch habe ich das zu verbergen. Aber, Herr Kollege Gülich, wenn Sie so Andeutungen machen, daß Bayern deswegen durch den Bundesfinanzminister etwa gegenüber anderen Ländern ungerechtfertigt bevorzugt würde, dann muß ich doch um konkrete Unterlagen bitten. Ich hoffe in meiner Einstellung allen, sowohl dem Bund wie den Ländern, gerecht geworden zu sein.
Nun zu der Frage des Verhältnisses Verbrauchsteuern — direkte Steuern und der großen Steuerreform! Ich werde oft darüber gefragt und habe schon oft meine Meinung gesagt: man soll während des Rennens die Pferde nicht wechseln. In der Zeit, in der sich der Finanzbedarf der öffentlichen Hand sprunghaft entwickelt und gar nicht zu übersehen ist, in der die volkswirtschaftlichen Verhältnisse jeden Monat und jedes Jahr wieder einer Erschütterung ausgesetzt werden können, — in einer solchen Zeit ist von einem großen Umbau in ein ganz neues Steuersystem in keinem Land der Erde die Rede unid kann auch in der jungen Bundesrepublik, die auf dem Schutt, auf den Ruinen des Jahres 1945 aufbauen muß, nicht
die Rede sein. Ich kenne keinen ernsthaften Mann, der je daran gedacht hat, daß man in den Jahren 1949 bis 1953, wo wir reichlich genug zu tun hatten, um überhaupt die junge Bundesrepublik aufzubauen, die Möglichkeit gehabt hätte, ein ganz neues Steuersystem zu schaffen. Ich glaube, wir können mit der Arbeit, die wir geleistet haben, und auch damit, daß es gelungen ist, diese Arbeit zur Deckung der notwendigen Ausgaben unter Beibehaltung der finanziellen Ordnung des Haushalts zu leisten, eigentlich recht zufrieden sein.
Die Kleine Steuerreform, die hier vorgeschlagen wurde, ist ein Wegweiser. Ich wollte, daß dieser Wegweiser auch in seiner Bedeutung richtig verstanden wird. Die Kleine Steuerreform beruht auf der Erkenntnis, daß wir eine Finanzpolitik mit dem Ziel der Minderung der Steuern treiben müssen. Daraus folgt aber, daß ich mich auch anstrengen muß, eine Politik der Minderung der Ausgaben der öffentlichen Hand zu treiben und jedes unnötige Anwachsen derselben zu vermeiden. Das geht Hand in Hand.
Weiter ist die Politik fortschreitend die gewesen, die öffentliche Hand aus dem Bereich der öffentlichen Investitionen zurückzuziehen und durch die Gesetzgebung sowie die gesamte Finanzpolitik die Voraussetzungen für einen Kapitalmarkt zu schaffen, der die natürliche Aufgabe des privaten Kapitalmarks, Investitionen zu leisten, erfüllt und den Staat, der das in der Zeit der Not mehr, als ihm lieb war, tun mußte, auf diesem Gebiete entlastet.
Das ist der Wegweiser der Kleinen Steuerreform, und ich hoffe, daß dieser Weg in der Zukunft konsequent weiter beschritten wird.
Richtig ist — das gebe ich zu —, daß es mir nicht möglich war, die Länder bis zum 31. Dezember 1952 dazu zu bewegen, sich auf Grund des Art. 107 des Grundgesetzes mit dem Bund über eine neue Verteilung der Steuerquellen und im Zusammenhang damit über eine Steuerreform zu einigen. Ich glaube, Herr Kollege Gülich, das wäre Ihnen in diesem Zeitraum auch nicht gelungen. Ich habe mich mit den Ländern geeinigt, daß wir die Frist verlängern — das ist dann nach Widerständen einzelner einstimmig erfolgt —, um zu versuchen, ob wir dieses Kunststück, das die Zustimmung der Länder voraussetzt, bis zum 31. Dezember 1954 leisten können. Gott gebe es! Zur Zeit arbeitet ein Ausschuß der Länderfinanzminister an diesem Problem; das Bundesfinanzministerium selber hat die Unterlagen vorbereitet. Ich habe neulich ein spontanes Gutachten eines sehr geachteten Wissenschaftlers über den Vorschlag des Bundesfinanzministeriums erhalten, das sich recht anerkennend ausspricht. Die Frage ist aber, ob die politischen Voraussetzungen dafür "gegeben sind. Gott gebe es, daß sie bis zum Dezember 1954 da sind,
Jetzt kommt die Hauptsünde. Richtig ist, ich habe meiner Überzeugung gemäß gegen den Antrag auf Änderung der Verfassung zur Einführung der Bundesfinanzverwaltung gestimmt. Das war meine Überzeugung, die ich als Abgeordneter in diesem Hause vertreten habe. Dabei habe ich auch als Bundesfinanzminister Stellung genommen und gesagt: in der Zeit, in der ich an die Zustimmung
der Länder gebunden bin, ist es mein Bestreben, eine gesunde Politik unter Vermeidung unnötiger Konflikte und unnötiger Verbitterung zu treiben. Ich bin den Weg des Art. 108 des Grundgesetzes gegangen. Ich habe mit den Ländern das schwierige Problem des horizontalen Finanzausgleichs bewältigen können. Wir sind beim vertikalen Finanzausgleich, Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes, nicht zu dem Ziel gekommen, das ich als Bundesfinanzminister gewünscht habe. Ich kann mich aber nicht erinnern, Herr Kollege Gülich, daß Ihre Fraktion mich als Bundesfinanzminister in dieser Situation gegen die Länder unterstützt hat. Ich muß also sagen: ich wollte eine Politik, in der das, was dem Bunde gehört, dem Bunde möglichst ohne Konflikte gegeben wird. Chimären will ich nicht nachlaufen. Es ist aber eine Chimäre — so möchte ich einmal sagen —, von der Einsparung einer Milliarde zu reden, die auf dem Tisch liege und die man nur wegzunehmen brauche, wenn der Abänderungsantrag angenommen worden wäre.
Wie ist es denn? Ein Sachverständiger hat rein hypothetisch gesagt: wenn durch eine gleiche Handhabung sämtlicher Steuergesetze ungefähr eine Steigerung der Steuereingänge von 10% erreicht werden könnte, würde das bei den direkten Steuern, die heute 10 Milliarden betragen, 1 Milliarde sein. Richtig, das kann jedes Schulkind ausrechnen. Aber ob die Voraussetzung dafür gegeben ist, ob eine zentrale Finanzverwaltung eine Steigerung des Steuererträgnisses um 10% bringen würde, das ist ja gerade die Frage. Diese Frage hat der Sachverständige auch nicht beantwortet. Das hängt von ganz anderen Dingen ab, Herr Kollege Dr. Gülich, nicht allein von der Organisationsgestaltung; es hängt von den Kräften ab, die auf eine zentral gelenkte Finanzverwaltung einwirken und ihren politischen Einfluß nach dieser Richtung hin geltend machen. Also mit der Einführung der Bundesfinanzverwaltung wäre im Haushalt 1953/54 keine Entlastung, sondern höchstens für den Augenblick sogar eine Belastung erfolgt.
Im übrigen bitte ich, das Gesetz über die Begrenzung der Entschädigung für die Kosten der Verwaltung der Bundessteuern möglichst zu unterstützen. Ich glaube, daß das ein Weg praktischer Politik, fern von unnützer Theorie, ist.
Aber zum Schluß! Sie sagen ganz allgemein, der Finanzminister denke fiskalisch, ärarisch. Erstens möchte ich Ihnen erwidern: Soll der Finanzminister nicht daran denken, daß er die finanzielle Ordnung ides Haushalts aufrechterhält?
Ihr Vorwurf könnte nur dann einen Sinn haben, wenn es hieße: der Finanzminister denkt so sehr nur an seinen Hauhalt, an seinen Etat, so daß er als Etatist für die Auswirkungen der Steuergesetzgebung überhaupt keinen Sinn hat. Ja, Herr Kollege, dann muß ich schon fragen: wenn ein Finanzminister in einer Zeit dringendster Not den Mut hat und das Wagnis unternimmt, eine Steuerreform mit einem großen Ausfall zu übernehmen, nur weil er der Überzeugung ist, daß volkswirtschaftliche Gründe zu einer Erleichterung der Steuerlast führen müssen, dann hat der Finanzminister doch den Beweis erbracht, daß er nicht bloß Etatist ist, sondern auch volkswirtschaftlich denkt.
Aber beides muß sein. Herr Kollege Dr. Gülich, die Leute, die immer sagen: „Denkt nicht bloß fiskalisch, sondern auch volkswirtschaftlich", sind meistens Leute, die n u r wirtschaftlich — ich möchte das Wort „volkswirtschaftlich" nicht gebrauchen —, manchmal interessenwirtschaftlich und in keiner Weise fiskalisch denken.
Ich sage: beides muß sei n. Ich muß, wenn ich für die Allgemeinheit sorgen will, den Haushalt des gesamten Bundes und des gesamten Staates in Ordnung halten. Der Haushalt ist die Grundlage von Währung und Wirtschaft! Der Finanzminister andererseits darf nicht nur etatistisch, sondern er muß auch volkswirtschaftlich denken. In dieser Harmonie liegt die ganze Kunst der Finanzpolitik!