Rede von
Dr.
Josef Ferdinand
Kleindinst
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Das Bundesbeamtengesetz, das zur Beschlußfassung in dritter Lesung vorliegt, ist nach seiner Anlage und nach dem Willen des Ausschusses kein Standesrecht, sondern ein Staatsrecht. Es ist auch kein Versorgungsgesetz, sondern ein Gesetz, das die Pflichten und die Rechte der Beamten und ihr Rechtsverhältnis zum Staat im Interesse des Staates ordnet und festlegt. So hat der Beamtenausschuß diese seine Aufgabe auch aufgefaßt, und er war weit entfernt davon, hier Beamteninteressen den Interessen der Allgemeinheit und des Staates im besonderen voranzustellen. Er ist der Ausschuß, der am wenigsten den Vorwurf verdienen könnte, Standes- oder Berufsinteressen vertreten zu haben.
In den öffentlichen Erörterungen sind nun andere Anschauungen hervorgetreten. Demgegenüber muß gesagt werden, daß diejenigen, die solche Anschauungen vertreten, keine Kenntnis der Verhältnisse, der Arbeit und der Zusammenhänge besitzen. Es wäre besser gewesen, wenn die Urheber mancher dieser Äußerungen sich eine bessere staatsbürgerliche Ausbildung verschafft hätten.
Wir haben die Pflichten der Beamten in starkem Maße erweitert. Herr Kollege Arnholz hat auch anerkannt, daß wir den Schutz des Grundgesetzes und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung so weit wie nur irgend möglich vorgesehen haben. Wir haben weiterhin das Amtsgeheimnis allgemein neu gesichert. Wir haben das Wohl der Allgemeinheit und die Rechtmäßigkeit, nicht nur die Gesetzmäßigkeit, als Grundlage und Richtschnur für das Handeln des Verwaltungsbeamten festgesetzt und haben ferner die Verpflichtung aufgenommen, daß der wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzte Beamte, sobald er wieder dienstfähig geworden ist, in den Dienst zurückkehren muß. Insbesondere haben wir Verpflichtungen auf die Ruhestandsbeamten ausgedehnt und sie im Interesse der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unter das Disziplinarrecht gestellt. Es ist nur ein Korrelat, wenn die Versorgung des Beamten in der Weise erfolgt, daß seine wirtschaftliche und damit innere Unabhängigkeit sichergestellt ist, und zwar im Interesse des Staates und im Interesse der Allgemeinheit, damit er seine Aufgaben nach Gesetz und Recht erfüllen kann. Wir haben aber auch die zehnjährige Anwartschaftszeit auf das Ruhegehalt wiederhergestellt, weil das zur Zeit im Interesse des Staates und seiner Finanzen notwendig ist.
Nun hat Kollege Arnholz gesagt, wir brauchten ein fortschrittliches Beamtentum, kein Beamtentum, das den Staatsbürger als Untertanen behandle. Hier haben ihm offenbar Verhältnisse vorgeschwebt, die uns völlig fremd gewesen sind.
Wir haben immer, jedenfalls solange ich im öffentlichen Dienst gestanden bin, gerade das Gegenteil für unsere Pflicht gehalten und in jeder Weise danach gehandelt, ob das polizeiliche Aufgaben, Aufgaben der Fürsorge oder Aufgaben der Kulturpflege waren. Ich gebe zu, daß es nicht in allen Teilen Deutschlands immer so gewesen ist; aber ich nehme an, daß sich hierin seit 1919 eine fortschrittliche Entwicklung angebahnt hat. Für uns im Süden hat nie etwas anderes gegolten.
Dann ist davon gesprochen worden, wir sollten keinen Kastengeist pflegen. Nun, den wollen auch wir nicht pflegen.
Ich glaube, auch das sind nur Gespenster, die sich längst in Dunst und Wolken aufgelöst haben.
— Das ist schon möglich, daß in den Zeitungen so etwas steht.
Herr Kollege Arnholz hat weiter erklärt, wir hätten so lange über die Fragen der Arbeitszeit und der Vordienstzeiten bei der Bundesbahn verhandelt. Das ist richtig; wir haben lange darüber beraten, aber deshalb, weil hier neue Verhältnisse vorlagen, weil hier grundsätzlich Neues geschaffen worden ist, auch bezüglich der Unfallfürsorge. Diese lange Beratung war erforderlich um einer genauen Klarstellung willen. Wir haben uns ja sogar die neuen Reichsbahnanlagen in Nürnberg angesehen, um uns einen Eindruck zu verschaffen von den Fortschritten, die erzielt worden sind in bezug nicht nur auf die Technik, sondern auch auf das Beamtenverhältnis, d. h. das Aufsteigen aus dem Arbeiter- und Angestelltenstand in das Beamtenverhältnis.
— Die Betriebsverwaltungen der Bundesbahn, Herr
Kollege, darf ich da in Schutz nehmen; denn sie sind uns eigentlich mehr entgegengekommen, als von allen Seiten erhofft oder gar gewünscht worden ist. Ich will mich sehr vorsichtig ausdrücken, um den Herren nicht etwa Nachteile zu bereiten.
Nun das berühmte Problem „andere Bewerber"! Ich glaube, wir haben gegenüber den anderen Bewerbern keine Türen zugemacht. Aber wir haben nun einmal — ich habe das schon bei der zweiten Lesung ausgeführt — in den Mittelpunkt die Vorschrift des Berliner Beamtengesetzes gestellt, die uns von Ihnen empfohlen worden ist und die wir in der ersten Ausschußlesung einstimmig angenommen haben.
— Nein, nein; es war genau so, Herr Kollege Arnholz! In der zweiten Lesung sind dann Ihrerseits Bedenken erhoben worden, und dann ist die Berliner Vorschrift durch Mehrheitsbeschluß von uns in das Gesetz hineingekommen.
Alles andere hängt damit zusammen. Wenn man hier eine Masche lockert, dann löst man natürlich das ganze Gewebe auf. Deshalb bin ich nicht dafür, daß wir in der dritten Lesung eine dieser Maschen lockern.
Aber wir sind absolut nicht dagegen, daß Leute, die aus anderen Berufen kommen, auch in die Verwaltung und in den Richterstand — soweit sie für den Richterstand die Voraussetzungen haben -eintreten.
Ich muß jedoch auf eines hierbei aufmerksam machen. In der Verwaltung, und zwar in den leitenden Stellen der Verwaltung, handelt es sich nicht nur um Rechtskenntnisse oder um wirtschaftliche oder technische Fachkenntnisse, sondern es handelt sich um die Übersetzung dieser Kenntnisse in die Wirklichkeit im Staate. Dazu bedarf es einer umfassenden Beurteilung der Zusammenhänge und einer Verwaltungserfahrung, die nur durch eine lange Dienstzeit erworben werden kann.
Ich könnte Ihnen Beispiele nennen — ich habe es ja im Ausschuß getan —, aus denen hervorgeht, daß, lange bevor das Problem bei uns gesetzespolitisch eine Bedeutung bekam, in manchen Fällen eine Einstellung in den öffentlichen Dienst weder diesen anderen Anwärtern noch dem Dienst selber zum Vorteil gereicht hat und daß sie sich enttäuscht zurückgezogen haben, weil es sich im öffentlichen Dienst eben um ganz andere Aufgaben als etwa in einem industriellen oder in einem rein technischen Betrieb handelt. Das haben wir bei unseren Festsetzungen in Zusammenhang mit der Berliner Fassung hervorgehoben.
Ich bin veranlaßt worden, hier noch einzelne Fragen zu behandeln, über die eine Unklarheit entstehen könnte. Zunächst einmal die Frage der Volkswirte und ihrer Ausbildung in einer Referendartätigkeit sowie die Frage einer zweiten Staatsprüfung der Volkswirte. Es ist selbstverständlich, daß diese Vorschrift erst angewendet werden kann und angewendet werden wird, wenn die Regelung der Referendarausbildung und eines zweiten Examens erfolgt ist. Auch hinsichtlich der Regelung der Referendarausbildung der Rechtswissenschaftler haben die entsprechenden Verordnungen immer festgelegt: „Diese Verordnung tritt von dem und dem Tage an in Kraft", und erst nach diesem Zeitpunkt werden die Referendare von der neuen Bestimmung über ihre Ausbildung und Prüfung erfaßt. Darüber besteht bei erfahrenen Verwaltungsbeamten gar kein Zweifel. Er besteht nur bei denjenigen, die die Verwaltung und die Grundsätze der Verwaltung nicht kennen.
Zweitens bin ich durch Ländervertreter, die gestern bei uns waren, veranlaßt worden, darauf hinzuweisen, daß Prüfungsakten nicht Bestandteile der Personalakten sind. Prüfungsakten stammen ja aus ganz anderen Vorgängen und liegen in ganz anderen Registraturen. Sie sind nicht Bestandteile der Personalakten.
Dann wurde ich daran erinnert, daß wir im Ausschuß über die Frage der Amtstitel gesprochen haben. Diese Frage wurde auch unter Bezugnahme auf das Vorbild amerikanischer Verhältnisse erörtert. Man hat die Frage gestellt, ob es überhaupt noch zeitgemäß sei, Amtstitel zu führen. Wir haben doch feststellen müssen, daß diese Amtstitel notwendig sind, erstens aus der Ordnung des Dienstes heraus, zweitens aus der nach außen dringenden Hervorhebung der Verantwortung und dann in Zusammenhang mit dem Besoldungsrecht. Es ist klar, daß niemand einen Anspruch darauf hat, mit dem Amtstitel in der Öffentlichkeit aufzutreten oder mit ihm genannt zu werden. Niemand, der eine Behörde angeht, hat die Verpflichtung, den Amtstitel anzuwenden, auch nicht ein Beamter innerhalb der Behörde.
Meine Fraktion hat einen Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 4 gestellt, die Vorschrift für Beamte im aktiven Dienst, bei politischer Betätigung die Mä-
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ßigung und Zurückhaltung zu wahren, die ihnen mit Rücksicht auf die Interessen und Aufgaben des Amtes obliegt, auch auf Ruhestandsbeamte zu übertragen. Es sind Bedenken geltend gemacht worden, ob die Behandlung der Ruhestandsbeamten mit ebenso starken Maßstäben gemessen werden soll wie die der aktiven Beamten. Wir sind gern bereit, diesen Antrag zurückzustellen, bis darüber Einigung erzielt ist, insbesondere nachdem die Tendenz des Antrages bejaht wird und nur seine Fassung und sein Inhalt noch eine stärkere Konkretisierung erfordert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz legt die Pflichten und die Rechte der Beamten fest. Aber eines kann das Gesetz nicht bieten, was nur die Praxis bieten kann. Zunächst einmal das Vorbild hervorragender Beamter für den Nachwuchs und dessen Heranbildung, die innere Haltung des Beamten und die ständige Ausdehnung seiner Fortbildung auf allen Gebieten. Das trifft nicht nur für die leitenden Beamten, sondern auch für die Beamten des gehobenen Dienstes zu. Nur auf Grund einer größtmöglichen Allgemeinbildung und Erfahrung ist der Beamte imstande, mit den Mitteln, die ihm die Gesetzgebung und die Verordnung bieten, das Höchste zu leisten. Deshalb bitte ich, die Haltung, das Vorbild leitender Beamter, auch solcher im gehobenen Dienst, und vor allem die Bedeutung der Erfahrung nicht zu übersehen; denn nur daraus entwickelt sich die Kunst, die in der Verwaltungsgeschichte große Verwaltungsmänner geübt haben, deren Beispiel und Wirken ihren Erfolg oft auf ein Jahrhundert ausgestrahlt haben. So haben wir das Beamtengesetz aufgefaßt, und so glauben wir, daß es auch vollzogen werden muß.