Rede von
Alfred
Loritz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(Fraktionslos)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Meine Damen und Herren! Die schönsten Redensarten der Vertreter der Regierungsparteien zu diesem Punkt der Tagesordnung können niemanden darüber hinwegtäuschen, welch unglaubliche Blamage diese Herren mit der Annahme des Schumanplans, des Montan-Union-
Plans, auf sich genommen haben, und jetzt vor der Öffentlichkeit auszubaden haben.
Wenige Monate ist es erst her, da rollte die dritte Lesung des Schumanplans in diesem Hohen Hause ab. Herr Abgeordneter Dr. Preusker war es, der mir mehrfach Zwischenrufe heraufsandte, als ich erklärte, welch unheilvolle Wirkung der Schumanplan auch auf die deutsche Stahlindustrie haben werde — Herr Preusker, der mir vorwarf, ich hätte doch gar keine volkswirtschaftlichen Kenntnisse; die haben natürlich nur er und seine Fraktionskollegen!
Jetzt, wenige Monate später, sieht man, was uns der Schumanplan gebracht hat, wenn sogar die Zeitungen, die den Stahlindustriellen besonders nahe stehen — wie die „Handelszeitung" —, vor wenigen Tagen geschrieben haben, eine ganz große Lücke im Schumanplan zeige sich hier in der Frage der Steuernachlässe usw. Meine Herren von den Regierungsparteien, Sie haben, bevor Sie den Schumanplan angenommen haben, lange genug Zeit und Gelegenheit gehabt, darüber nachzudenken, was in diesem Vertragswerk steht. Jeder vernünftig Denkende, der die Verhältnisse in Deutschland und Frankreich kennt, wußte, daß es so kommen mußte, daß heute Stahlsorten, Stabstahl usw., von den Franzosen auf Grund dieser fehlerhaften Bestimmungen im Schumanplan um 20 %, ja um 30 % billiger frei Ruhrgebietsstation angeboten werden, als die deutschen Werke sie anbieten können. Eine Blamage sondergleichen haben Sie sich mit der Annahme des Schumanplans eingebrockt! Sie riefen mir damals bei der Besenüberreichung — können Sie sich noch erinnern? — Schimpfworte herauf, die ich gar nicht mehr zitieren will.
Sie haben unserem Vaterland den denkbar schlechtesten Dienst geleistet. Es wäre sehr viel besser gewesen, Herr Preusker und die anderen hätten sich heute hier heraufgestellt und vor dem deutschen Volke ein „Pater peccavi" gesprochen, statt mit gleisnerischen Redensarten um den Kern der Dinge herumzureden. Der Kern der Dinge ist, daß der Schumanplan einer der skandalösesten Verträge ist, die man diesem Hause je zur Annahme vorgelegt hat. Sie werden von den Ruhrindustriellen dafür auch noch einmal zur Rechenschaft gezogen werden. Den Herren geschieht es dann ganz recht, die erst auf das Pferd Hugenberg gesetzt haben und jetzt aus das Pferd Adenauer setzen. Es geschieht ihnen recht — nur schade, daß nicht sie die Leidtragenden sein werden, sondern das gesamte deutsche Volk, die Stahlverbraucher, die Bauindustrie usw.