Meine Damen und Herren! Dieses Schuldenabkommen ist hier mehrfach kritisiert worden im Hinblick darauf, daß es nur wieder einen Teilbereich der gesamten Probleme regelt, die sich aus der allmählichen Wiedereingliederung Deutschlands in die freie Welt ergeben. Auch wir haben das bedauert.
Ich darf für meine Fraktion sagen, daß wir von Anbeginn in vollem Umfang die Auffassung vertreten haben, es könne in der Anerkennung des Gedankens des Eigentums und der Verpflichtungen, die sich daraus ergeben, keinen Unterschied geben zwischen Deutschen und Alliierten oder Schuldnern und Gläubigern, sondern es müsse, wie vorhin auch der Herr Kollege Kopf ausgeführt hat, die absolute Reziprozität der Anerkennung der Rechte und Pflichten des Eigentums wiederhergestellt werden. Wir möchten gerade an die ausländischen Gläubiger appellieren, deren Rechte wieder anzuerkennen wir bereit sind, daß es in ihrem Interesse liegen muß, auch die deutschen Rechte auf das deutsche Auslandsvermögen so bald wie möglich wieder anzuerkennen. Denn erst wenn diese Grundsätze wieder Allgemeingültigkeit in der Welt erlangt haben, werden sich auch in Zukunft unliebsame Auseinandersetzungen über diese ganzen Fragenbereiche erübrigen. In den Ausschüssen wird zu überlegen sein, in welcher Weise man diesem nach wie vor unverrückbaren Ziel, auch eine Berücksichtigung des deutschen Auslandsvermögens zu erreichen, noch näherzukommen vermag.
Der zweite Punkt, auf den hier hingewiesen wurde, war, daß noch kein offizieller Verzicht auf Reparationsforderungen gegenüber Deutschland im Zusammenhang mit der Regelung dieser Fragen ausgesprochen worden ist. Auch das bedauern wir. Wenn Deutschland die Verpflichtungen erfüllen soll, zu deren Übernahme es sich entweder bereits bereit erklärt hat, weil sie einfach übernommen werden müssen, oder die es jetzt noch zusätzlich zur Regelung seiner alten Schulden und Verbindlichkeiten aus Hilfeleistungen übernehmen will, dann bedeuten diese Verpflichtungen des Verteidigungsbeitrages, des Israel-Abkommens, der Ausgleichszahlungen und Umlagen für die Montan-Union und nun dieser Zahlungen im Rahmen des Schuldenabkommens eine so außerordentlich hohe Belastung, daß wir es uns beim besten Willen nicht vorstellen können, jemand wolle die Leistungsfähigkeit Deutschlands im Rahmen der Verteidigungsgemeinschaft, der europäischen Montan-Union und zugunsten der Wiederherstellung der Rechte privater Gläubiger im Ausland dadurch mutwillig gefährden, daß er darüber hinausgehend noch wirklich unerfüllbare Verpflichtungen auferlegen will.
Man soll also doch endlich bereit sein, so schnell wie möglich das Fazit aus dieser Situation zu ziehen.
Das nächste große Problem, das hier angesprochen worden ist, ist das Problem der deutschen Transferfähigkeit nicht nur für diese Schuldentilgungen und Zinszahlungen, sondern auch im Rahmen des Verteidigungsbeitrages, im Rahmen der Montan-Union und der anderen Verpflichtungen unter Aufrechterhaltung eines ausreichenden deutschen Export- und Importvolumens.
Von einer Seite wurde noch auf die gewachsenen Schwierigkeiten hingewiesen, die durch ein sinkendes Weltmarktpreisniveau entstehen könnten. Wir sehen diese Dinge doch etwas ernster, als sie die Bundesregierung in ihrer Begründung hier vortrug, indem sie sagte, daß es ja nur 4 % des deutschen Ausfuhrvolumens seien, die durch dieses Abkommen absorbiert würden. Hierbei handelt es sich um das gegenwärtige wertmäßige Volumen des Außenhandels, um das wir bei sinkenden Preisen sehr erheblich werden kämpfen müssen, und außerdem ist es im Zusammenhang mit den anderen Verpflichtungen — Verteidigungsabkommen, Israel-Abkommen, Montan-Union usw. — zu sehen. Also es ist schon eine gewaltige Last. Aber wir werden es uns — ich möchte es hier aussprechen — auf Grund der Leistungen, die die deutsche Wirtschaft in der Vergangenheit hervorgebracht hat, zutrauen können, dieses eingegangene Abkommen einzuhalten, unter einer Voraussetzung: daß uns die ausländischen Gläubiger und Gläubigerstaaten die Möglichkeit dazu geben. Diese Forderung richtet sich mindestens im Augenblick stärker an sie als an unsere eigene Regierung und unser eigenes Volk.
Wir bemühen uns seit langem, Schrittmacher zu sein in der Frage der Liberalisierung, in der Frage des Abbaus der Devisenzwangswirtschaft, in der Frage des Verzichts auf Diskriminierungen und Exportförderungen zweifelhaften Charakters, in der Frage des Abbaus der bilateralen Handelshemmungen und Handelsschranken und in der Wiederherstellung einer völligen Konvertibilität.
Wenn wir zurückdenken an die Jahre zwischen den beiden Kriegen, an die Schwierigkeiten auf dem Transfergebiet: es war auch damals nicht die Schuld des deutschen Schuldners, daß er nicht leisten konnte, sondern der Gläubiger übernahm eine wesentliche Verantwortung dadurch, daß er sich gegen die Annahme der deutschen Leistungen sperrte. Diese Verantwortung bleibt bei der Unterzeichnung dieses Schuldenabkommens unverrückbar fest bestehen.
Wir sind bereit, in vollem Umfang wieder zum Dienst an früheren Schulden, zur Rückzahlung von Hilfeleistungen zurückzukehren. Die anderen müssen aber auch bereit sein, unsere Leistungen entgegenzunehmen. Sie müssen auch bereit sein, Schranken, bilaterale Hemmnisse abzubauen und auf — ich möchte es etwas vorsichtig ausdrücken — sehr zweifelhafte Außenhandelsförderungsmethoden und dergleichen zu verzichten. Wenn diese Gegenseitigkeit und dazu noch die Gegenseitigkeit in der Frage des deutschen Auslandsvermögens und des Eigentums hergestellt werden kann und wenn in dieser Richtung in den Beratungen der Ausschüsse noch Anregungen für die Verhandlung der Bundesregierung gegeben werden, dann kann, glaube ich, die Bundesregierung das Gesamtrisiko übernehmen als Basis für den Fluß neuer Rem-
bourskredite, für den Fluß neuer Anleihen und anderer Kapitalbeiträge für die deutsche Volkswirtschaft.
Es ist nicht — ich muß es zum Schluß noch einmal sagen — allein der deutsche Wille, der über den Erfolg dieses Schuldenabkommens entscheiden wird, sondern es ist mindestens genau so die Bereitschaft der übrigen Länder zur Mitverantwortung, ihre Bereitschaft, uns wieder ehrliche Schuldner werden zu lassen.