Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es mir wohl ersparen, auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Renner einzugehen, schon deswegen ersparen, weil er zu dem eigentlichen Thema, das zur Diskussion steht, nämlich zum Bundesrundfunkgesetz, so gut wie nichts gesagt hat, sich vielmehr darauf beschränkte, unqualifizierbare Angriffe gegen den Herrn Bundesinnenminister zu richten.
12606 Deutscher Bundestag - 259, Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 15. April 1953
Immer, wenn in den letzten zwei Jahren von einem Bundesrundfunkgesetz die Rede war, dann schwankten in der bisherigen Reaktion der Öffentlichkeit die Pole zwischen wütenden Protesten, Verdächtigungen, Mißtrauen auf der einen Seite und freundlicher Anerkennung auf der andern Seite.
— Ob das berechtigt ist oder nicht, Herr Renner, das habe ich in diesem Fall selbst zu entscheiden.
— Aus der Rede des Herrn Kollegen Eichler klang ebenfalls dieses Mißtrauen heraus. Ich glaube, daß ich doch noch mit ihm — wenn auch nicht heute, so doch in den Ausschußberatungen — ein Übereinkommen treffen werde. Wenn ich das behaupte, so habe ich meine guten Gründe dafür. Ich bin der Meinung, daß zwischen den Auffassungen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion bzw. der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und meiner Partei und Fraktion kaum wesentliche Unterschiede in dieser Hinsicht bestehen. Ich will das beweisen. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich mir erlauben, einige Sätze aus einem Artikel zu verlesen:
Dieses Gesetz
— damit ist das Bundesrundfunkgesetz gemeint —wird die Stelle zu bestimmen haben, die die deutschen Interessen auf internationalen Wellenkonferenzen vertritt. Ferner werden technische Fragen wie Verteilung von Wellen und Überwachung der Einhaltung von zugeteilten Frequenzen zu regeln sein. Eine Instanz wird zu schaffen sein, die bei der Regelung überregionaler Rundfunkfragen tätig wird. Hierzu gehören etwa Lizenzierung von Sendern, Vorschläge an die Bundesregierung zur Verteilung der Rundfunkfrequenzen, einheitliche Festsetzung der Rundfunkgebühren, Regelung des Einziehungsverfahrens und Überwachung der Gebührenverwendung, Festlegung eines Verteilungsschlüssels für die im Bundesgebiet eingehenden Gebühren unter die einzelnen Rundfunkanstalten und an Rundfunkeinrichtungen auf Bundesebene, z. B. Fernsehen, technisches Forschungsinstitut, Erforschung von Hörermeinung und -gewohnheiten, Sender für das Ausland. Diese Zentralinstanz soll in Form einer Rundfunkkommission oder eines Rundfunkrates (Vorschlag des Arbeitskreises für Rundfunkfragen) eingerichtet werden. Derartige Funktionen dürfen also nicht einer bestehenden oder neu zu schaffenden Bundesbehörde übertragen werden. Vielmehr sollte hiermit ein Ausschuß betraut werden, der sich zweckmäßigerweise entsprechend dem Vorschlag des Arbeitskreises aus Vertretern der Rundfunkanstalten, des Bundestages und Bundesrates und vom Bundespräsidenten bestimmten Mitgliedern zusammensetzt. Zwei Dinge müßten also in Angriff genommen werden: einmal eine Reform der Landesrundfunkgesetze, die die Rundfunkanstalten in einen engeren Kontakt zu den Kräften des öffentlichen Lebens bringt, zum andern eine Rahmenordnung des Rundfunks auf Bundesebene, die ohne Einflußnahme auf das Programm eine zweckmäßige Zusammenarbeit der Sender bei der Erfüllung überregionaler Aufgaben sicherstellt. Beide Maßnahmen dürften zusammen geeignet sein, jedes Mißtrauen zum Rundfunk zum Verschwinden zu
bringen und seine sinnvolle Entwicklung zu gewährleisten.
Dieser Artikel ist überschrieben „Rundfunk und Staat, ein Vorschlag zur Neugestaltung der Rundfunkgesetzgebung". Der Artikel entstammt der Feder des Rundfunkexperten der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands,
Herrn Jürgen F. Warner. Dieser Artikel ist erschienen in der Monatszeitschrift „Kulturarbeit", Heft 10, 4. Jahrgang.
Herr Warner befindet sich mit dieser Auffassung
unter seinen Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei in äußerst angenehmer Gesellschaft.
Ich zitiere zunächst Herrn Dr. Menzel. Er hat im Parlamentarischen Rat laut Stenographischem Bericht im Zuständigkeitsausschuß in der 2. Sitzung vom 22. September 1948 zu diesem Thema
— es stand damals der Art. 73 zur Diskussion — folgende kurze Ausführungen gemacht:
Die Programmgestaltung des Rundfunks soll natürlich nicht unter die Gesetzgebung des Bundes fallen .... Ich meine aber, daß die Hoheit über die technische Seite und den Aufbau dem Bund zusteht
— also technische Seite nicht allein, sondern auch die Organisation, der Aufbau —,
weil der Rundfunk ein so wesentliches Instrument der politischen Willensbildung und der politischen Macht darstellt, daß der Bund sich insoweit nichts irgendwie von den Ländern vorschreiben lassen sollte.
In einer anderen Sitzung, der 29. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats am 5. Januar 1949, hat Herr Kollege Dr. Greve laut vorliegendem Stenographischen Bericht zum gleichen Thema gesagt — —
— Nein, nein! Ich möchte mich darauf beschränken, gerade Ihre Freunde zu zitieren.
— Herr Schoettle, wenn Ihnen das unangenehm ist, so habe ich dafür Verständnis.
Herr Dr. Greve hat damals folgendes gesagt:
Unsere Aufgabe ist allein, darüber zu entscheiden, ob das Post- und Fernmeldewesen in die ausschließliche Zuständigkeit der Bundesgesetzgebung fällt, einschließlich derjenigen Maßnahmen, die auf organisatorischem Gebiet zu treffen sind. Wie mein Kollege Wagner schon ausgeführt hat, sind wir dafür, daß die organisatorischen Maßnahmen in die Begriffsformulierung „Post- und Fernmeldewesen" einbezogen werden, und zwar aus guten Gründen, weil nämlich sehr viele Länder am Rundfunk beteiligt sind, für die die Organisation des Rundfunks überhaupt nicht auf ihrem Gebiete liegt.
Meine Damen und Herren, genau das wollen wir auch, und das haben wir nun einmal in dem Gesetzentwurf niedergelegt, der dem Hohen Hause vorliegt. Aber es gibt auch ausländische Zeugen, die sich mit der Lage des deutschen Rundfunks befaßt haben.
Es ist ein Gutachten bekanntgeworden — es ist auch in der Presse zitiert worden — des amerikanischen — international anerkannten — Rundfunkexperten Professor S i e p m a n n. Dieser Herr Professor Siepmann hat auf Wunsch der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten einen Bericht über die Lage des Rundfunks in Westdeutschland gebracht. Da schreibt er auf Seite 13 dieses Gutachtens im Zusammenhang damit, daß er von dem übermäßigen Provinzialismus spricht, der sich im heutigen deutschen Rundfunk zeige, unter Abs. 3 folgendes:
Die Errichtung einer Anstalt für Rundfunksendungen durch die zentrale Regierung ist kein Anlaß zu Befürchtungen. Sie ist vielmehr erwünscht als eine Voraussetzung, um gewisse Endzwecke im besten Interesse Deutschlands und des Rundfunks zu erreichen.
Er sagt dann weiter:
Ein lebendiges Arbeitsverhältnis mit den Behörden in Bonn ist längst fällig und sollte von der Arbeitsgemeinschaft hergestellt werden.
Auch das, meine Damen und Herren, ist durchaus unsere Meinung. In diesem Bericht des Herrn Professor Siepmann ist von dem übermäßigen Provinzialismus die Rede, der sich im deutschen Rundfunk zeige. Hier befinde ich mich in völliger Übereinstimmung mit dem Herrn Kollegen Eichler. Auch ich wäre glücklich — denn Herr Kollege Eichler sprach ja davon —, wenn dieser Provinzialismus so schnell wie möglich überwunden werden könnte. Wir sind nun einmal der Meinung, daß das der Fall sein wird, wenn wir dieses Bundesrundfunkgesetz schaffen.
Der Ruf nach einer Bundesrundfunkreform — oder einer Rundfunkreform schlechthin — erklingt ja nicht erst seit heute. Seit vier Jahren besteht schon weithin Einigkeit darüber, daß die durch die Zuständigkeiten des Besatzungsregimes entstandenen Rundfunkverhältnisse einer neuen Regelung bedürfen.
Der Antrag Drucksache Nr. 4198, der den Entwurf eines Gesetzes über die Wahrnehmung gemeinsamer Aufgaben auf dem Gebiet des Rundfunks enthält, hat sich das Problem herausgegriffen, an dem das Fehlen einer einheitlichen Regelung besonders spürbar wurde, nämlich die Durchführung gemeinschaftlicher Aufgaben.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir werden da schon zu einem Übereinkommen gelangen. Denn wir haben ja, wie auch aus den Ausführungen des Herrn Kollegen Eichler trotz der Kritik, die er an dem Entwurf geübt hat, hervorgeht, gemeinsame Aufgaben vor uns zu sehen. Die oft bedauerte Schwerfälligkeit der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten, deren schönstes Vorhaben, wie der Herr Minister Lehr bereits anführte, durch ein einziges Veto eines der sechs Intendanten torpediert werden kann, ruft doch nun weiß Gott dringend nach einer Abhilfe.
Das sind Sinn und Zweck des von den Regierungsparteien vorgelegten Initiativgesetzentwurfs.
Es ist die Absicht der Regierungsparteien, noch in dieser Legislaturperiode zu einem Rundfunkgesetz zu kommen. Darum haben sie diesen Entwurf vorgelegt. In ihm werden nicht alle Rundfunkprobleme angesprochen.
Es ist bewußt darauf verzichtet worden, den Gesamtkomplex zu erfassen, sondern es war die Absicht, die künftigen Aufgaben der neu zu gründenden Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Deutsche Rundfunk" auf die vordringlichsten Aufgaben dieser Art von Anstalt zu beschränken,
nämlich erstens den Betrieb der „Deutschen Welle". Um es für die Öffentlichkeit verständlich zu machen: gemeint ist damit der überregionale Sender. Ich erinnere dabei an einen Antrag der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, der sich gerade mit diesem überregionalen Sender befaßt und in dem auch der Meinung Ausdruck gegeben worden ist, daß er nur durch den Bund betrieben werden könne. Ich erinnere daran, daß der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen — wenn auch nicht federführend - diesen Antrag beraten hat und dabei der Meinung Ausdruck gegeben hat, daß, wenn ein Beirat für einen solchen überregionalen Sender gebildet werden sollte, auch der Bundestag, also dieses Parlament, daran beteiligt sein müßte. Mit der „Deutschen Welle" ist also die lange Welle gemeint. Die zweite vordringliche Aufgabe ist der Betrieb des deutschen Kurzwellendienstes, die dritte der Betrieb des deutschen Fernsehrundfunks und die vierte ganz allgemein die Wahrnehmung sonstiger gemeinsamer Aufgaben auf dem Gebiet des Rundfunks.
Meine Damen und Herren! Ich setze die Ratifizierung des Deutschlandvertrags und des EVG- Vertrags als sicher voraus. Nach dem Inkrafttreten dieser beiden Verträge wird die Bundesrepublik das Recht erhalten, Gesetze in bezug auf Presse, Rundfunk und Film frei und ohne Einspruchsrecht der Besatzungsmächte zu erlassen. Das ist es auch, was wir mit dem Antrag wollen.
Es soll kein Vakuum entstehen. Wir wollen auch nicht, daß das Fernmeldeanlagengesetz von 1928 wieder in Kraft gesetzt werden muß,
und das betrifft gerade das, was Herr Kollege Eichler mit seiner Frage an die Regierung bzw. an die Initiatoren dieses Gesetzentwurfs meinte: „Wozu denn die Eile?" Weil in absehbarer Zeit die Verträge ratifiziert werden, meine Damen und Herren, wobei dann nicht — ich wiederhole mich jetzt — das Fernmeldeanlagengesetz von 1928 wieder in Kraft gesetzt werden soll, sondern dann soll ein Gesetz vorliegen, das sich zum Ziel gesetzt hat, die etwas verworrenen Verhältnisse im deutschen Rundfunk zu klären und neu zu regeln. Das ist der Grund.
Nach dem Zerfall der deutschen Rundfunkeinheit im Jahre 1945 durch die Errichtung von Sendern der Militärregierung ist im Hinblick auf die zu erwartende Rückgabe der Funkhoheit an die Bundesrepublik die Notwendigkeit einer Neuregelung im deutschen Funkwesen allgemein anerkannt
worden. Diese Überlegung entspringt der Initiative, die von Abgeordneten der Regierungskoalitionsparteien ergriffen worden ist.
Ich muß noch sagen: es ist eine bedauerliche Kriegsfolgeerscheinung nach 1945, daß jede der vier Besatzungsmächte in der Bundesrepublik eine eigene Rundfunkpolitik verfolgte. Man muß das in der Öffentlichkeit wissen; deshalb sage ich das noch einmal mit einer gewissen Ausführlichkeit. Die Sowjets führten als die erfahrungsreicheren Diktatoren die Verstaatlichung des Rundfunks in der sowjetischen Besatzungszone auf den Spuren des Herrn Goebbels weiter fort. Die Amerikaner — damals noch überzeugte Föderalisten — zwangen jedem der vier Länder in ihrer Zone ein mehr oder weniger von ihnen oktroyiertes Landesgesetz mit einem Landessender für Bayern, WürttembergBaden, Hessen und Bremen auf. Die Briten wiederum, Zentralisten von Hause aus, führten das Vorbild von BBC für die britische Zone durch und gründeten durch eine Militärverordnung, die, wie bereits wiederholt betont, heute leider noch gültig ist, den Nordwestdeutschen Rundfunk für alle Länder ihrer Zone. Ohne Rücksicht auf Geographie und Menschen machten die Franzosen durch die Gründung des Südwestdeutschen Rundfunks in Baden-Baden mit Hilfe einer Militärverordnung das gleiche. Erst vor einigen Monaten löste ein Staatsvertrag der Länder der französischen Zone diese Militärverordnung ab.
Als aber 1948 auf der Kopenhagener Wellenkonferenz über die Neuverteilung der Mittelwellen in Europa entschieden wurde, nahm keine der drei Besatzungsmächte ihre völkerrechtliche Pflicht als unbeschränkte Souveräne ihrer Zonen in Deutschland wahr. Die Folge war eine unhaltbare Demontage der Bundesrepublik von guten Mittelwellen und die Auslieferung des Wellenschwergewichts an die Sowjetzone. Wer sollte unter Berücksichtigung dieser unbestrittenen Tatsache noch daran zweifeln, daß wir heute in Deutschland mehr denn je auf einem ungewöhnlich wichtigen Gebiet der Propaganda, der Massenbeeinflussung, ja des Rundfunkwesens schlechthin einer zentraleren Neuregelung bedürfen? Angesichts dieser unbestreitbaren Tatsache einer mit einem riesigen Apparat ständig auf die Bevölkerung der Bundesrepublik einwirkenden kommunistischen Propagandamaschine kann und muß jede Nation, die sich zur freien Welt zählen will, von den Hauptinstrumenten der Massenbeeinflussung mehr als Neutralität fordern.
Ich stehe nicht an, hier in aller Öffentlichkeit zu erklären, daß sich die sechs deutschen Rundfunkgesellschaften in der Bundesrepublik ihrer Verantwortung gegenüber der mehr als prekären politischen Lage mehr oder weniger bewußt gewesen sind. Ich bin gern bereit, den maßgebenden Rundfunkmännern und ihren Mitarbeitern für die bisher geleistete Arbeit Dank zu sagen, wobei ich allerdings nicht verhehlen möchte, daß ich diejenigen ausnehmen muß, die durch die Besatzungsmächte aus kommunistischen und linkssozialistischen Lagern in maßgebende Stellungen, in politische Redaktionen hineingesetzt wurden und heute noch zum Teil maßgebende Stellungen einnehmen.
Diese Herren möchte ich ausdrücklich ausgenommen haben.
— Ich weiß, daß es für gewisse Leute peinlich
sein kann, wenn dieses Thema angeschnitten wird.
Meine Damen und Herren, es ist notwendig, darauf hinzuweisen, daß der Gesetzentwurf klar erkennen läßt, daß niemand bei der Bundesregierung noch hier im Hohen Hause daran denkt, die Programmgestaltungsfreiheit der deutschen Rundfunkgesellschaften in irgendeiner Form anzutasten. Die Kritik, die an der Vergangenheit geübt werden muß, richtet sich gegen ganz andere Punkte. Es wird den Rundfunkgesellschaften mit Recht vorgeworfen, in den vergangenen sechs Jahren zu sehr an sich selbst und nicht an die gemeinsamen Aufgaben der Bundesrepublik gedacht zu haben. Zwar haben die sechs Gemeinschaften während der Zeit des kommunistischen Terrors in der Sowjetzone sich zu einer gemeinsamen Aktion zusammengefunden. Ich frage nun aber: was haben sie darüber hinaus getan? Was taten sie, so fragen wir von der Regierungskoalition, um gemeinsam mit der Bundesregierung einem dringenden Wunsche der Nation nachzukommen, z. B. ein deutsches Kurzwellenprogramm zu senden?
Das sind einige der wenigen Gründe, die doch stündlich die Forderung nach einem Bundesrundfunkgesetz erheben lassen. Dieser Gesetzentwurf soll unbestreitbar die Unabhängigkeit und die Freiheit in der Programmgestaltung der Sendeanstalten neu festlegen. Er soll allerdings ebenso die Souveränität der Bundesregierung über die Vergebung der Wellenlizenzen bekräftigen. Zu den gemeinsamen Aufgaben auf dem Gebiete des Rundfunks gehört auch unbestreitbar der Zusammenschluß aller in Deutschland am Fernsehen beteiligten Kräfte.
Ich muß wegen der Zeit zum Schluß kommen. Zu diesen gemeinsamen Aufgaben gehört auch die gesamtdeutsche Frage. Das ist meiner Meinung nach auch einer der springenden Punkte, die die Initiatoren dieses Gesetzentwurfs veranlaßt haben, noch in dieser Wahlperiode den Gesetzentwurf vorzulegen. Bisher ist leider jener mißverstandene Föderalismus, den die Besatzungsmächte seinerzeit einführten, weil er ihnen auch andere mißverstandene Garantien, etwa durch die Mitwirkung „bewährter Antifaschisten", Gewähr gegen Rückfälle in „deutsche Unarten" zu geben schien, auch auf dem Gebiet des Rundfunkwesens vorherrschend gewesen. Der echte Föderalismus soll in diesem Gesetzentwurf ersetzt werden, bei dem neben den Teilen auch das Ganze sein Recht erhält.
Die Bundesregierung hatte bisher im deutschen Rundfunkwesen überhaupt noch keine Rechte. Nur die Länderregierungen hatten Mitwirkungsmöglichkeiten, und auch diese nur bedingt, während andere aus den früheren Besatzungseinrichtungen genommene Kräfte tonangebend geblieben waren. Es kommt nun darauf an, daß die gesamtdeutschen Aufgaben richtig erkannt und gelöst werden.
Ich deutete schon an, daß dazu im Rundfunkwesen die Konzentration auf die dringendsten Notwendigkeiten gemeinsamer Aufgaben gehört, wozu neben einem guten, einwandfrei überparteilichen Programm auch die Errichtung starker Sender gegenüber der Sowjetpropaganda erforderlich ist.
Große Gebiete im Sendebereich der bisherigen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik werden von den mächtigen Ostsendern überstrichen und übertönt. Hier muß eine machtvolle und zugleich überzeugende Stimme der Freiheit erschallen. Sie muß allerdings auch unanfechtbar sein, damit sie sich durchsetzt. Auch das ist ein eminent wichtiger Gesichtspunkt, der die Regierungsparteien veranlaßt hat, diesen Gesetzentwurf einzubringen.
Noch einmal, kurz gesagt: Es soll mit dem Entwurf nur ein Teilproblem verdienstlich in Angriff genommen werden, von dem aus meines Erachtens — jetzt komme ich auf den Eingang meiner Ausführungen zurück — auch die Opposition eine Diskussionsgrundlage finden könnte. Das wäre gut so, denn dann würde es auch möglich sein, für die weiteren Notwendigkeiten im gesamtdeutschen Interesse zusammenzuarbeiten. Der deutsche Rundfunk muß frei sein, muß stark und qualitativ für Höchstleistungen befähigt sein. Dann, aber auch nur dann kann er gute Vorarbeit zur Wiedervereinigung unseres deutschen Vaterlandes leisten.