Sehr geehrte Damen und Herren! Nach der zweiten Lesung erschien in der „Welt" ein Artikel, der sich „Tabak-Komödie" nannte. In diesem Artikel befand sich ein interessanter Satz. Er lautete:
Eines nämlich scheint sicher: Wein, Weib, Gesang und Tabak gehören zu den klassischen Leidenschaften, von denen auch Apostel nicht heilen können.
Das dürfte unbestritten sein. Nur ist dabei eine Kleinigkeit übersehen worden, nämlich: Maß in allen Dingen!
Wenn einer über den Durst trinkt, erleidet er meist ein bestimmtes Schicksal, und zu lauten Gesang versucht man dadurch zu verhindern, daß man immer und immer wieder die Aufforderung durch den Äther gehen läßt: Stellen Sie Ihren Lautsprecher etwas leiser! Aber wenn einer zuviel raucht, welche Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen gibt es dagegen?
Ich habe den Eindruck, daß wir ein wenig an der Hauptsache vorbeigekommen sind. Wir wünschen den Rauchern, und ich besonders den Arbeiter-Rauchern, einen billigen Rauch. Aber wir möchten, daß das, was er einspart, seiner Frau zugute kommt, z. B. in Form eines Viertels Kaffee am Wochenende, und nicht, daß der Herr Finanzminister auf der Lauer liegt und erwartet, daß der Mann noch mehr Rauch macht. Hier komme ich nun auf die Hauptsache zu sprechen. Das kann man doch bei der Debatte über diese Frage nicht übersehen: früher haben erwachsene Männer das Rauchen gelernt. Dazu gehörte, daß man sich eines Aschenbechers bediente; dazu gehörte, daß man in Gesellschaft fragte, ob man rauchen darf.
und ähnliche Dinge mehr. Heute aber gewöhnen sich Rotzbuben das Rauchen an, und wir erwarten von ihnen, daß sie viel rauchen.
Gegenüber der hier aufgemachten Rechnung mit dem zusätzlichen Steuerertrag durch den Mehrverbrauch wüßte ich z. B. gern einmal — und insofern hat Kollege Bausch vollkommen recht —, wieviel Waldbrände es durch unbedachtes Rauchen gegeben hat, wieviel Löcher in Kleidern oder Tischtüchern durch brennende Zigaretten verursacht sind.
Sie lachen, meine Damen und Herren? Sie können jeden Tag aus den Zeitungen ersehen, daß dort ein Wochenendhaus, dort eine Villa abgebrannt ist, weil Leute sozusagen unvorschriftsmäßig geraucht haben.
Deshalb ist für uns die Frage, die der Herr Bundesfinanzminister nur im Vorbeigehen durch die Bemerkung gestreift hat, daß er den Jugendorganisationen eventuell Geld geben werde, nicht mit „eventuell" aus der Welt zu schaffen. Wir möchten sichergestellt wissen, daß die Steuersenkung nicht unter dem Gesichtswinkel betrachtet wird, der einzelne werde die Ersparnisse wiederum in Rauch umsetzen. Wir möchten vielmehr, daß, wie es einmal war, Männer rauchen, aber nicht Rotzbuben Unfug mit der Raucherei treiben.
— Die Damen, so hoffe ich, rauchen vorschriftsmäßig.
Das bedeutet: wir, die wir durch die Jugendorganisationen gegangen sind, dürfen zu Recht vom Bundestag erwarten, daß er sich Gedanken darüber macht, wie man das Rauchen wieder Menschen überläßt, die sozusagen reif dafür geworden sind, und wie wir die Jugend davor schützen können, daß sie allzufrüh einem Mißbrauch des Rauchens verfällt. Ich bin mir sicher, daß es nicht leicht ist, die Synthese zu finden, bin aber mit dem Kollegen Bausch der Meinung, daß man die Möglichkeiten ernsthafter prüfen muß, als es bisher geschehen ist.
Wenn Sie mich fragen, warum ich hier diesen meinen Standpunkt, der nicht der Standpunkt meiner Fraktion ist, zum besten gegeben habe, dann möchte ich Sie an ein Wort von Schiller erinnern, der seinen Posa sagen läßt: „Sagen Sie ihm, daß er vor den Träumen seiner Jugend soll Achtung haben, wenn er ein Mann sein wird!" Wir haben in der Jugendbewegung nicht umsonst für einen gewissen Lebensstil und eine gewisse Haltung im Leben gekämpft. Heute ist es ja leider so, daß davon nicht mehr viel übriggeblieben ist, daß die Leute mit völlig verwilderten Sitten aus dem Kriege zurückgekommen sind.
— Soll ich die Kollegen hier aus dem Hause namhaft machen, die im Restaurant essen und dazu die Zigaretten fressen?
Soll ich die Kollegen namhaft machen, die hier im Vorsaal auf und ab gehen und die Zigarettenstummel nach unten werfen nach der Losung „tritt sich schon fest"?
Meine Damen und Herren, es wäre an der Zeit, daß wir uns ernsthafter überlegen, wie wir mit den Auswüchsen dieser Dinge fertig werden. Ich kann nur eines erklären: Wenn das durchgeht, was der Herr Bundesfinanzminister will, dann wird es noch schlimmer sein, als es bisher war. Ich schließe mich auch hier dem Kollegen Bausch an: Tabak, Kaffee und Tee sind eine untrennbare Einheit. Ich bin erst bereit, der Senkung der Tabaksteuer zuzustimmen, wenn auch die anderen Steuern gesenkt werden.