Rede von
Walter
Fisch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf den ersten Blick handelt es sich scheinbar um eine ganz harmlose Angelegenheit: nur darum, daß. gewisse Verfahrensregeln für einen Ausschuß getroffen werden.
Wenn man näher hinsieht, ist es aber eine sehr ernste Angelegenheit. Die Tagungen des Ausschusses zum Schutze der Verfassung sollen künftighin unter die Geheimnisklausel gestellt werden. Der Schutz der Verfassung in dieser Bundesrepublik soll also eine Geheimangelegenheit werden.
Wir-haben bisher bereits fünf Ausschüsse in diesem Hause, die sich hinter den schützenden Vorhang der Geheimnisklausel zurückziehen. Der Ausschuß zum Schutze der Verfassung soll nun in dieser unehrenhaften Reihe der sechste werden. Meine Damen und Herren, das ist doch wohl ein typisches Beispiel für ein System des Ausnahmerechts, für ein System der Legalisierung faschistischer Herrschaftsmethoden, das sich in der Bundesrepublik immer mehr Breitmacht.
Der Antrag trägt zunächst die Unterschrift des Herrn Kollegen D r. Friedensburg. Gestatten Sie, Herr Kollege Dr. Friedensburg, daß ich darum etwas auf die Geschichte dieses Antrags eingehe. Sie wollen sich doch im allgemeinen den Anschein geben, Sie seien ein sehr toleranter Mensch, dem viel an der Überbrückung von Gegensätzen liegt. Sie legen Wert darauf, nicht mit gewissen Leuten auf eine Stufe gestellt zu werden, die hier im Hause sitzen, die ein haßverzerrtes Gesicht zur Schau tragen, weil sie tagtäglich von dem Alpdruck belastet sind, den ihnen allein die Existenz der Sowjetunion bereitet. Aber in diesem Falle haben Sie dem Namen, den Sie doch tragen wollen, keine Ehre gemacht.
Wie war denn die Sache? Der Antrag geht auf folgende Umstände zurück. Am 8. Oktober 1952 hielt der hessische Ministerpräsident Zinn im hessischen Landtag eine alarmierende Rede über Umtriebe des faschistischen BDJ. Am 9. Oktober tagte daraufhin der Ausschuß zum Schutze der Verfassung. Er richtete sehr präzise Anfragen und Forderungen an den Herrn Bundesminister des Innern. Diese Anfragen und Forderungen sind im wesentlichen bis heute noch nicht beantwortet oder erfüllt. Am 14. Oktober tagte der Ausschuß wieder. Der Herr Minister glänzte durch Abwesenheit. Aber Sie, Herr Friedensburg, betrachteten es als eine Überraschung, daß an diesem Ausschuß auch ein Vertreter der kommunistischen Fraktion teilnahm, und erklärten, es sei doch in diesem Falle ganz überflüssig, überhaupt eine Ausschußsitzung durchzuführen. Sie dachten, diese Verhandlung über die Schutzmaßnahmen des Innenministeriums für den faschistischen BDJ könnte man hinter geschlossenem Vorhang abwickeln, und durch meine Anwesenheit waren Sie etwas enttäuscht. Diese Enttäuschung haben Sie nun heute in diesem Antrag zum Ausdruck gebracht, nachdem in der Sitzung des Ausschusses, die am 5. Februar stattgefunden hat, sehr deutlich geworden ist, daß die Bundesregierung nicht im geringsten gewillt ist, die Anfragen, die ihr aus der Mitte des Bundestags gestellt worden sind, offen und klar zu beantworten, daß sie vielmehr nur eine Sorge hat: den faschistischen Klüngel des BDJ auch weiterhin in Schutz zu nehmen und die finanziellen und politischen Hilfsmaßnahmen für ihn vor der Öffentlichkeit geheimzuhalten. Darum geht es.
Nun, daß die Regierungskoalition einen solchen Antrag stellt, ist nicht weiter überraschend. Aber, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, daß auch Ihr Name unter diesem Antrag steht, ist doch einigermaßen seltsam. Es tut mir leid, daß ich Herrn Kollegen Meitmann persönlich ansprechen muß; ich hätte ihm gern heute anläßlich seines Geburtstags ein paar freundliche Worte gewidmet. Aber, Herr Kollege Meitmann, es geht nicht anders; vielleicht können wir die Gratulation auf später verschieben.
— Ich weiß. Ich möchte Sie an den offenen Brief erinnern, den Sie unter der Überschrift „Die Republik ist in Gefahr" im „Neuen Vorwärts" am 28. November veröffentlicht haben, Ihren offenen Brief an den Herrn Bundesverfassungsminister, in dem Sie mahnend und warnend ausrufen:
Von dem Bundesverfassungsminister aber verlangen wir, daß er die Augen aufmacht, daß er
endlich aus der Vergangenheit des Schicksals
der Deutschen lernt, den Anfängen der Bildung von Gewaltorganisationen die größte mißtrauende Aufmerksamkeit zu widmen und mit fester Hand und rechtzeitig zuzupacken, wo das Fundament der Demokratie wiederum mit Gewalt bedroht wird.
Aber der Herr Minister packt nur mit der einen Hand zu, — —Vizepräsident Dr. Schmid: Herr Abgeordneter, kommen Sie zum Schluß!