Rede von
Dr.
Wilhelm
Gülich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Warum ist dieses Thema eigentlich heikel, Herr Kollege Preusker? Sie haben ja selber ausgeführt, daß es sich nicht um ein Politikum handelt, sondern daß uns rein wirtschaftliche Erwägungen leiten. Aber ich gebe Ihnen zu, dieses Thema ist hier im Deutschen Bundestag heikel geworden. Es handelt sich bei. dem Mineralöl ja auch um einen Stoff, der teilweise explosiv, teilweise schmierig, in keinem Falle aber geruchlos ist.
Bei der Beratung hat sich das gezeigt! Es ist schön,
wenn der Herr Bundesfinanzminister dem Parlament eine Verantwortung geben will und bedauert, daß man ihm eine Ermächtigung geben will. Wenn ich Gesetzentwürfe vom Bundesfinanzministerium bekomme, streiche ich immer erst einmal rot die Ermächtigungen an. Es sind manchmal so viele Ermächtigungen wie Paragraphen. In diesem Falle ist es ja so, daß die Ermächtigung in jedem Falle gegeben wird. Nur wird in dem einen Fall der Bundesfinanzminister ermächtigt, mit dem Zollsatz herunterzugehen, während er in dem anderen Fall, in dem Antrag, den die FDP und die SPD gleichermaßen gestellt haben, mit dem Zollsatz heraufgehen kann.
Es hat mir auch nicht gepaßt, daß wir uns dieser Verantwortung im Parlament entziehen. Es wäre sehr viel besser gewesen, wenn wir tatsächlich auf Grund eines schlüssigen Beweises hätten entscheiden können. Wir haben uns in dem Arbeitskreis „Präferenz" bemüht, diesen Beschluß zu fassen. Nachdem aber, wie ich neulich schon ausgeführt habe, vier Sitzungen vorgesehen waren und in der zweiten Herr Bundesfinanzminister Schäffer gekommen war und freundlich erklärt hatte, es sei alles in bester Ordnung, waren die Kollegen von der CDU der Meinung, daß alles in bester Ordnung sei.
— Selbstverständlich hat er dazu gesprochen! Nach einer kurzen Sitzung wurde plötzlich dahin abgestimmt, daß der Arbeitskreis „Präferenz" seine Arbeit einstellen könne. Das hat mich damals zu dem Ausspruch veranlaßt: „Es ist was passiert!"
Herr Friedensburg, so arme schwache Menschen sind wir nun schließlich nicht, wir können ja rechnen und die Dinge nachprüfen. Aber das Ministerium, das zweieinhalb Jahre lang einen solchen Gesetzentwurf vorbereitet hat, Ist ja verpflichtet, dem Ausschuß die Einblicke zu gewähren, die der Ausschuß, der dem Parlament gegenüber die Verantwortung hat, benötigt. Diese Zahlen sind uns nicht gegeben. Ich habe das vorige Mal einiges zum Wirtschaftsministerium gesagt und einige Fragen an den Herrn Bundeswirtschaftsminister gerichtet. Er scheint es jedoch nicht für nötig zu halten, diese Fragen zu beantworten. Ich finde das sehr bemerkenswert.
Nun tut Herr Kollege Friedensburg so, als ob der Ausschuß sich in mühevoller Arbeit, nämlich in 98 Stunden, mit dieser Frage befaßt hätte und mithin zu einem so guten Ergebnis gekommen wäre. Damit kein Mißverständnis entsteht, darf ich nur sagen: wenn 98 Stunden richtig sind, woran ich nicht zweifle, hat man sich in den 98 Stunden nur relativ wenige Stunden mit der Frage der Rohölverarbeiterpräferenz beschäftigt.
— Das weisen ja die Protokolle nach. Dafür war dieser besondere Arbeitskreis eingesetzt.
Herr Kollege Friedensburg hat uns nun hier gesagt, daß der Vorschlag, wie wir ihn eingebracht haben und wie die FDP ihn auch eingebracht hat, im letzten Augenblick improvisiert worden sei. Das ist doch gar nicht der Fall. Herr Kollege Friedensburg sprach von Kollegen, die sich an der Ausschußarbeit nicht beteiligt hätten.
- Nicht so intensiv. Herr Kollege Friedensburg,
darf ich fragen: haben Sie beispielsweise gemeint,
daß ich mich nicht so intensiv beteiligt habe?
Haben Sie Herrn Dr. Preusker gemeint, daß er sich nicht so intensiv beteiligt habe? Ich könnte Sie so weiter fragen. Dann würde es herauskommen, daß diejenigen, die den Antrag auf 12,90 DM wohlerwogen eingebracht haben, diejenigen sind, die sich auch in der Ausschußarbeit sehr intensiv darum bemüht haben, die Wahrheit zu finden.
— Ich freue mich, daß der Ausschußvorsitzende, Herr Dr. Wellhausen, das eben mit einem „Sehr richtig!" bestätigt.
Es handelt sich — darin stimme ich Herrn Kollegen Preusker zu — eben nicht um ein Politikum, sondern darum, daß wir eine wirtschaftlich richtige Entscheidung treffen wollen.
— Jawohl, wir müssen eine wirtschaftspolitisch richtige Entscheidung treffen. Es geht aber nicht an, so zu tun, wie Herr Friedensburg das tut, der ja auch Beifall bekam, als er von der modernen bodenständigen deutschen Industrie sprach, die die böse SPD im Verein mit der nunmehr auch bösen FDP offensichtlich nicht hochkommen lassen wolle. Darum handelt es sich doch wirklich nicht.
Wir sind alle der gleichen Meinung, daß wir sowohl die Erdölgewinnung in Deutschland ausbauen und durch einen Zoll auf importiertes Rohöl schützen wollen, wie wir die erdölverarbeitende Industrie in Deutschland ebenfalls schützen wollen. Dann darf man aber nicht mit solchen Vokabeln von einer bodenständigen deutschen Industrie kommen, da es sich bei der Mineralölwirtschaft um eine Verflechtung internationalen Kapitals handelt, wie es sie sonst überhaupt nicht gibt. Wir wollen dennoch auf deutschem Boden alles tun, um diese Industrie auszubauen.
Dafür scheint uns, Herr Friedensburg, das richtige Mittel zu sein, der Wirtschaft die Beweislast zuzuschieben, nachdem -sie sich bisher geweigert hat, diese Beweise zu bringen.
Ich bin fest davon überzeugt, daß alle diejenigen, die einen Schutz nötig haben, sehr schnell beim Herrn Bundeswirtschaftsminister und insbesondere beim Herrn Bundesfinanzminister vorstellig werden, der dann die Rechtsverordnung der Bundesregierung vorlegen wird.
Ich habe mich gefreut, Herr Kollege Friedensburg, in Ihnen einen solchen Mitbestimmungsfanatiker zu sehen,
und ich hoffe, daß Sie diese Ihre Mitbestimmungsfreundlichkeit auch sonst zeigen werden.
Ich habe ja nicht getadelt — um das ganz klarzustellen —, daß sich die Unternehmungsleitungen an ihre Betriebsräte gewendet haben. Ich habe mich nur dagegen gewendet, daß sie ihre Betriebsräte unzureichend und falsch informiert haben,
und ich kann den Betriebsräten nur empfehlen,
dafür zu sorgen, daß sich die Wirtschaftsausschüsse ihrer Gesellschaften mit dieser Frage befassen.
Die übrigen Dinge, die von Herrn Friedensburg noch vorgebracht worden sind, um das Argument seiner 16,50 DM zu stützen, wie der Aufbau einer chemischen Industrie mit Mineralöl als Rohstoff, hat gar nichts mit dieser Sache zu tun. Das führt uns von dem Problem weg. Sie werden sich erinnern, daß gerade ich in den Ausschüssen nachdrücklich dafür eingetreten bin, die Olefinchemie in Deutschland zu entwickeln und sie deshalb absolut ohne fiskalische Belastung zu lassen. Über alle Fragen, auch über den Charakter der Verbrauchsteuern, insbesondere auch darüber, ob auf Produkte, die nicht dem unmittelbaren Verbrauch zugeführt werden, eine Verbrauchsteuer erhoben werden kann, haben wir uns eingehend unterhalten. Darin sind wir uns einig gewesen. Ich begreife deshalb, nachdem die Dinge eigentlich ganz klar sind, nicht, warum Sie nicht den Beschlüssen der zweiten Lesung zustimmen; denn damit passiert gar nichts, im Gegenteil, damit wird die bodenständige deutsche Industrie am besten gefördert.