Rede von
Dr.
Walther
Hasemann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete D r. Arndt hat in der gestrigen Sitzung dieses Hohen Hauses bei der Abstimmung über einen Entschließungsantrag meiner Fraktion als Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion erklärt, daß sich seine Fraktion an der Abstimmung nicht beteiligen werde — ich zitiere jetzt wörtlich —,
sowohl weil diese Entschließung eine unter- geordnete Einzelfrage überbetont, als auch weil wir bedauern müssen, daß die Begründung für die Entschließung in dieser Stunde von dem Herrn Abgeordneten Hasemann gegeben wurde.
Herr Abgeordneter Arndt hat für diese Haltung seiner Fraktion keine nähere Erklärung abgegeben. Ich gehe aber wohl nicht fehl in der Annahme, daß diese Haltung in Zusammenhang steht mit dem Zuruf des Abgeordneten D r. Greve, den er schon öfter in diesem Hause — übrigens nicht nur hinsichtlich meiner Person — gemacht hat, daß ich alter Pg. sei.
Ich bedauere es, daß ich nicht schon gestern abend Gelegenheit zu dieser persönlichen Erklärung fand; aber ich war gerade außerhalb des Plenarsaals, als Herr Arndt die Erklärung abgab. Ich habe davon erst heute morgen erfahren.
Ich sehe mich veranlaßt, folgendes festzustellen: Ich war tatsächlich Pg ohne jedes Amt und ohne jeden Rang.
— Und nun hören Sie bitte sehr gut zu, meine Damen und Herren, was Sie wahrscheinlich alle nicht wissen:
— Warten Sie ab, Herr Renner! Bereits im Jahre 1934 — ich wiederhole: im Jahre 1934 — habe ich mich, veranlaßt durch die Vorfälle im Zusammenhang mit dem sogenannten Röhm-Putsch, vom Nazismus losgesagt und Zugang zu einer Widerstandsgruppe gefunden, der ich bis zum Zusammenbruch angehört habe.
Dieser Gruppe — nun hören Sie genau zu! — gehörten auch zahlreiche prominente Sozialdemokraten meiner Vaterstadt Hannover an. Ich nenne nur zwei davon, die sofort nach dem Zusammenbruch hohe Ämter in meiner Vaterstadt übernahmen: Gustav Bratke, der Oberbürgermeister wurde, und Erwin Barth, der Polizeipräsident wurde. Diese beiden und andere Sozialdemokraten sind' in den langen Jahren gemeinsamen Widerstandes enge Freunde von mir geworden und sind es heute noch. Ich galt und gelte heute noch in jenen Kreisen als kompromißloser Gegner des Nazismus.
Ich weiß nicht, wieviele Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion sich schon so früh und so exponiert, wie ich es tat,
— Lachen Sie ruhig! — gegen den Nationalsozialismus gewandt haben. Herrn Dr. Greve, der übrigens für den politischen Irrtum besonderes Verständnis haben sollte,
denn er verließ nach einer gescheiterten Karriere die FDP und ging zur SPD, Herrn Dr. Greve sind diese Tatsachen, die ich eben aufgezeigt habe, bekannt, da die diesbezüglichen Beweise und Zeugnisse seinerzeit dem englischen Secret Service vorlagen, zu dem Herr Greve allerbeste Beziehungen hatte.
Angesichts dieser Tatsachen ist es unerhört, daß die Fraktion der SPD durch Herrn Arndt ohne genaue Kenntnis der Dinge, offenbar lediglich veranlaßt durch persönlich motivierte Informationen des Herrn Greve, diese Erklärung abgegeben hat. Auf Grund meines Verhaltens seit dem Jahre 1934 hielt ich mich gestern und halte ich mich auch heute noch durchaus für legitimiert, den ehrenvollen Auftrag meiner Fraktion, zum Israel-Vertrag zu sprechen, anzunehmen. Herr Arndt aber sollte wissen, daß zum Rüstzeug eines sogenannten Kronjuristen, der er ja für seine Partei ist, nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch ein ausgesprochenes Rechts- und Gerechtigkeitsgefühl gehört.
Hätte er das, würde er die Erklärung nicht abgegeben haben.