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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 254. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. März 1953 12199 254. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. März 1953 Geschäftliche Mitteilungen . . . 12201A, 12233A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Albers, Graf, Jaeger (Essen), Wackerzapp, Frau Dr. Weber (Essen) . . 12201C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens (Nrn. 4157, 2962, zu 2962, 3595, 3652 der Drucksachen): Von der Tagesordnung abgesetzt . . . . 12201C Änderung der Tagesordnung . . . 12201C, 12283A Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Abänderung und Ergänzung des Gesetzes über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte vom 8. Januar 1953 Gesetz über die Leistungen zur Unterbringung von Deutschen aus der sowjetischen Besatzungszone oder dem sowjetisch besetzten Sektor von Berlin (Flüchtlings-Notleistungsgesetz) Gesetz über das Abkommen vom 19. Juli 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Wiederherstellung gewerblicher Schutz- rechte 12202A Kleine Anfrage Nr. 323 der Fraktion der FU betr. Vereinfachung im Grundstücksverkehr (Nm. 4132, 4176 der Drucksachen) 12202A Bericht des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die Schritte der Bundesregierung zur Erhaltung des deutschen Flachs- und Hantanbaues (Nr. 4162 der Drucksachen) 12202A Einspruch des Abg. Rische gegen den ihm in der 252. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 785) 12202A Einspruch zurückgewiesen 12202B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (Nm. 4158, 1101, 3666, 3747 der Drucksachen) 12202B Dr. Schneider (FDP), Berichterstatter 12202B Beschlußfassung 12202D Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Nr. 4090 der Drucksachen) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des von den Abg. Dr. Wuermeling, Strauß und Gen. eingebrachten Entwurfs eines Wahlgesetzes zum Bundestag der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 3636 der Drucksachen) sowie mit der Fortsetzung der ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Nr. 4062 der Drucksachen) 12202D Scharnberg (CDU) . . . . 12203A, 12233D Mellies (SPD) 12207A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 12210D Dr. Ehlers (CDU): zur Sache 12211B persönliche Bemerkung 12235A Farke (DP) 12213A Dr. Reismann (FU) 12214A Dr. Schäfer (FDP) 12215C Fisch (KPD) 12218D Dr. Jaeger (Bayern) (CSU) 12221A Freiherr von Aretin (FU) 12225A Clausen (FU-Gast) 12225D Freudenberg (Fraktionslos) . . . 12226C Dr. Menzel (SPD): zur Sache 12226D persönliche Bemerkung 1223513 Loritz (Fraktionslos) 12230D Fröhlich (Fraktionslos) 12232A Ewers (DP) 12232D Dr. Schröder (Düsseldorf) (zur Abstimmung) 12234A Ritzel (SPD) (persönliche Bemerkung) 12234D Überweisung der Gesetzentwürfe an einen Sonderausschuß 12234C Unterbrechung der Sitzung . . 12235C Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Nrn. 2872, 4080 der Drucksachen, Umdruck Nr. 756); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nr. 774, Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 804 bis 809, 811, 812, 818, 819, 821) in Verbindung mit der Dritten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Nrn. 3806, 3910 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 794, 810) 12235A, 12283C Reitzner (SPD) 12235D, 12271B Dr. Kather (CDU) 12239D, 12250C, D, 12252B, 12253C, 12255B, 12260A, 12262A, 12265A, D, 12266C, 12267C, 12269B, 12271D, 12272C de Vries (FDP) 12241D Kohl (Stuttgart) (KPD) 12243B Struve (CDU). . 12244C, 12253D, 12255D, 12259C, 12261C, 12266D, 12270A Dr. Besold (FU) 12246D, 12252C Dr. Zawadil (DP) 12247D, 12270D, 12272D Schmidt (Bayern) (Fraktionslos) . 12248D Frühwald (FDP) 12249C Lampl (FU) 12251A, 12253B, 12254D, 12259A Tobaben (DP) . . . 12251B, 12256B, 12264A Merten (SPD) . . 12251B, 12254B, 12262C, 12266A, 12268A Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) 12251C, 12255A, 12258D, 12259D, 12265D, 12273A Dr. Horlacher (CSU) 12251C Dannemann (FDP) . . . . 12254A, 12262B Schütz (CSU) 12256C Dr. Trischler (FDP) . . . . 12257C, 12264B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 12257C, 12261B, 12267D Kunze (CDU) 12258B, 12260D Kriedemann (SPD) . . . 12259B, 12260C Dr. von Merkatz (DP) 12263D Ewers (DP) 12266B, 12271D Dr. Reismann (FU) 12268C Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 12270B Persönliche Erklärungen: Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 12282D Dr. Kather (CDU) 12283B Schriftliche Erklärungen zur Abstimmung: Goetzendorff (Fraktionslos) . . . . 12284 Clausen (FU-Gast) 12285 Abstimmungen 12250D, 12252D, 12253C, 12254A, 12257D, 12258C, 12259C, 12265C, 12266D, 12268B, 12269A, D, 12270C, 12272D Namentliche Abstimmung' über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 805 Ziffer 3 12265C, 12290 Schlußabstimmung vertagt 12273A Zur Geschäftsordnung, - Antrag auf Aussetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Nr. 4171 der Drucksachen): Dr. Wellhausen (FDP) 12273A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, zu 4141, Nachgang zu 4141 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 4181 der Drucksachen; Umdruck Nr. 795) . . . . 12273B Graf von Spreti (CSU), Berichterstatter 12273C Dr. Gerstenmaier (CDU) 12276B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 12277C Dr. Hasemann (FDP) 12278B Dr. von Merkatz (DP) 12279C von Thadden (Fraktionslos) . . . 12280A Müller (Frankfurt) (KPD) 12280C Dr. Decker (FU) 12281C Präsident Dr. Ehlers 12282C Dr. Arndt (SPD) 12283C Schriftliche Erklärungen zur Abstimmung: Walter (DP) 12286 Dr. Keller (Fraktionslos) 12287 Bodensteiner (Fraktionslos) . . . 12288 Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 12289 Abstimmungen 12282B, 12283D Namentliche Abstimmung . . 12282B, 12290 Vertagung der übrigen Tagesordnungspunkte 12283B Nächste Sitzung 12283D Anlage 1: Schriftliche Erklärung des Abg. Götzendorff zur Abstimmung zur zwei- ten und dritten Beratung des Entwurfs des Bundesvertriebenengesetzes . . . . 12284 Anlage 2: Schriftliche Erklärung des- Abg. Clausen zur Abstimmung zur dritten Beratung des Entwurfs des Bundesvertriebenengesetzes 12285 Anlage 3: Schriftliche Erklärung des Abg. Walter zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel . . 12286 Anlage 4: Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Keller zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel 12287 Anlage 5: Schriftliche Erklärung des Abg. Bodensteiner zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel 12288 Anlage 6: Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Goetzendorff zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel 12289 Zusammenstellung der namentlichen Abstimmungen 1. über den Änderungsantrag der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn), Dr. Horlacher, Neuburger, Revenstorff, Tobaben u. Gen. zu § 61 des Entwurfs des Bundesvertriebenengesetzes (Umdruck Nr. 805 Ziffer 3) 2. über den Entwurf eines Gesetzes betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel 12290 Die Sitzung wird um 9 Uhr 7 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Götzendorff (Fraktionslos) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Nr. 4080 der Drucksachen) Ich stimme gegen diesen Gesetzentwurf, weil die Möglichkeiten, das materielle Elend der Vertriebenen zu beseitigen, darin nicht ausgeschöpft sind. Insbesondere sind die §§ 13 (1) und 61 des Gesetzentwurfes für mich unannehmbar, da sie den Sinn des Gesamtwerkes gefährden. Es kann nicht behördlichem Ermessen überantwortet werden, zu entscheiden, welcher Geschädigte in „zumutbarem Maße" eingegliedert ist. Dies könnte behördlicher Willkür Tür und Tor öffnen. Des weiteren ist für mich der Gesetzentwurf unannehmbar, weil Strafbestimmungen fehlen, die auf Personen Anwendung finden, die Hilfsmaßnahmen gegenüber Vertriebenen sabotieren. Bonn, den 27. Februar 1953. Goetzendorff Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Clausen (FU-Gast) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Nr. 4080 der Drucksachen) Ich lehne das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge ab, weil es not-leidende Einheimische nicht mit den Vertriebenen und Flüchtlingen gleichstellt und eine nicht zu verantwortende Zurücksetzung und Benachteiligung der nachgeborenen Bauernsöhne, einheimischen Landarbeiter und der notleidenden selbständigen und unselbständigen einheimischen Erwerbstätigen zur Folge hat. Bonn, den 18. März 1953 Hermann Clausen Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Walter (DP) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 10. September 19.52 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Es bedarf keiner erneuten Bestätigung, daß sich das deutsche Volk moralisch verpflichtet fühlen muß, alles an den Juden in den Jahren 1933-1945 begangene Unrecht wiedergutzumachen. Diese Wiedergutmachung muß den Betroffenen oder deren Erben direkt oder über die bestehenden jüdischen Organisationen oder durch die Vermittlung der UNO zuteil werden. Eine Wiedergutmachung an den Staat Israel lehne ich ab, da dieser Staat noch nicht bestand, als die Juden in Deutschland verfolgt und vertrieben wurden. Es ist eine Illusion, wenn angenommen wird, daß durch die Zahlung von 3 450 000 000 DM an den Staat Israel dieser der Bundesrepublik gegenüber eine Haltung einnehmen könnte, wie sie im internationalen Verkehr der freien Völker üblich und völkerrechtlich gefordert werden muß. Obwohl das Schreiben 6 a zu Art. 8 des Vertrages, unsere Seeschiffahrt betreffend, zurückgezogen wurde, bleibt die Tatsache bestehen, daß die Schiffe unserer Bundesrepublik und die Besatzungen unserer Schiffe vom Staate Israel, gegenüber allen anderen Nationen, diskriminierend behandelt werden. Die angeführten Gründe machen es mir daher unmöglich, dem Vertrag mit dem Staate Israel meine Zustimmung zu geben. Bonn, den 18. März 1953 A. Walter Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Keller (Fraktionslos) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Jeder rechtlich und menschlich fühlende Deutsche wird mit Entsetzen und tiefem Mitgefühl an die Verfolgungen denken, in denen große Massen jüdischer Bürger Gut und Blut zum Opfer bringen mußten. Es ist eine selbstverständliche Pflicht des deutschen Volkes, das Recht wiederherzustellen und die Leiden und Verluste dieser jüdischen Bürger zu entschädigen. Dies ist und wird im Rahmen der individuellen Wiedergutmachung geschehen, die allerdings zum Teil im Rückerstattungsrecht schon über deutsche Rechtsgrundsätze hinausgegangen ist und neues Unrecht geschaffen hat. Darüber hinaus dem nach dem Kriege neuentstandenen Staate Israel die Hand der Verständigung zu reichen und dies durch finanzielle Hilfeleistungen zu bekräftigen, wäre im Grundsatz bejahenswert. Nach dem Kriege jedoch hat dieselbe Welt, die für das Recht zu kämpfen erklärt hatte, an Deutschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, so viel gleiches Unrecht verübt oder geduldet, daß die erreichbaren Mittel des deutschen Volkes für wirksame Hilfe auch an die deutschen Heimatvertriebenen bereitgestellt werden müßten. Angesichts der sonst immer betonten Finanznot der Bundesrepublik erscheint daher die Zuwendung von Milliarden von D-Mark an Israel nicht zu verantworten. Ich stimme deshalb gegen das Gesetz. Bonn, den 18. März 1953 Dr. Keller Anlage 5 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Bodensteiner (Fraktionslos) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Ich enthalte mich, weil die individuelle Wiedergutmachung gegenüber den Juden, welche im Dritten Reiche Schäden erlitten haben, immer noch nicht geregelt ist und durch die Annahme dieses Gesetzes gefährdet wird. Dieser individuellen Wiedergutmachung gebührt aber aus moralischen und juristischen Gründen der Vorrang. Bonn, den 18. März 1953 Hans Bodensteiner Anlage 6 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Goetzendorff (Fraktionslos) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend, das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Ich stimme gegen dieses Gesetz, weil ich die individuelle Wiedergutmachung befürworte. Angesichts der Notlage von Millionen deutscher Heimatvertriebener, denen ähnliches Unrecht wie dem Judentum widerfuhr, halte ich es nicht für vertretbar, dem Staat Israel Milliardenbeträge zuzuwenden. Weiterhin halte ich die Einwendungen der arabischen Staaten gegen den Gesetzentwurf für berechtigt. Das deutsche Volk darf die Freundschaft der arabischen Völker nicht verlieren. Bonn, den 18. März 1953 Goetzendorff Namentliche Abstimmungen 1. über den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Dr. Müller (Bonn), Dr. Horlacher, Neuburger, Revenstorff, Tobaben und Genossen zu § 61 des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Umdruck Nr. 805 Ziffer 3) 2. über den Entwurf eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Name Abstimmung Name Abstimmung 1. 2. 1. 2. CDU/CSU I Dr. Adenauer Ja Ja Dr. Henle entschuld. entschuld. Albers Ja Ja Hilbert Ja enthalten Arndgen Ja Ja Höfler Ja Ja Dr. Bartram (Schleswig- Hohl Ja Ja Holstein) Ja — Hoogen Ja Ja Bauereisen Ja enthalten Hoppe Ja Ja Bauknecht Ja enthalten Dr. Horlacher Ja Nein Dr. Baur (Württemberg) . Ja Ja Horn Ja Ja Bausch Ja Ja Huth Ja enthalten Becker (Pirmasens)... . Ja enthalten Dr. Jaeger (Bayern) ... . Ja Nein Blank (Dortmund)... . Ja Ja Junglas Ja Ja Frau Brauksiepe Ja Ja Kahn Ja enthalten Dr. von Brentano Ja Ja Kaiser Nein Ja Brese Ja enthalten Karpf Ja Ja Frau Dr. Brökelschen .. . Ja Ja Dr. Kather Nein Ja Dr. Brönner Ja Ja Kemmer Ja Ja Brookmann Ja Ja Kemper Ja enthalten Dr. Bucerius krank krank Kern Ja Ja Frau Dietz Ja Ja Kiesinger Ja Ja Donhauser Ja enthalten Dr. Kleindinst Ja enthalten Dr. Dresbach Ja krank Dr. Köhler Ja Ja Eckstein Ja — Dr. Kopf Ja — Dr. Edert Ja enthalten Kühling Ja — Dr. Ehlers Nein Ja Kuntscher Nein Ja Ehren Nein Ja Kunze Ja Ja Eplée Nein enthalten Dr. Laforet Ja entschuld. Dr. Erhard Ja Ja Dr. Dr. h. c. Lehr Ja Ja Etzenbach Ja Ja Leibfried Ja enthalten Even Ja Ja Lenz Ja Ja Feldmann Ja Ja Leonhard Ja Ja Dr. Fink Ja enthalten Lücke Ja Ja Dr. Frey Ja enthalten Majonica Ja Ja Fuchs Ja Nein Massoth Ja Ja Dr. Freiherr von Fürsten- Mayer (Rheinland-Pfalz) . Nein enthalten berg Ja enthalten Mehs Ja enthalten Fürst Fugger von Glött . . Ja Nein Mensing Ja entschuld. Funk Ja enthalten Morgenthaler Ja Ja Gengler Ja enthalten Muckermann Ja Ja Gerns . Ja enthalten Mühlenberg Ja Ja Dr. Gerstenmaier Ja Ja Dr. Dr. Müller (Bonn).. . Ja Ja Gibbert Ja enthalten Müller-Hermann Nein Ja Giencke Ja enthalten Naegel Ja Ja Dr. Glasmeyer Ja Ja Neber Ja Ja Glüsing Ja enthalten Nellen Nein Ja Gockeln entschuld. entschuld. Neuburger Ja — Dr. Götz Nein Ja Nickl Ja Nein Frau Dr. Gröwel Ja Ja Frau Niggemeyer... . Ja Ja Günther — — Dr. Niklas Ja — Hagge Ja — Dr. Oesterle Ja enthalten Dr. Handschumacher . . . Ja Ja Oetzel — — Frau Heiler Ja Ja Dr. Orth Ja Ja Heix Ja Ja Pelster Ja Ja Name Abstimmung Name Abstimmung 1. 2. 1. 2. Pfender Nein enthalten Brünen Nein Ja Dr. Pferdmenges ... . Ja Ja Cramer Nein Ja Frau Dr. Probst ... . Ja enthalten Dannebom Nein Ja Dr. Pünder Ja Ja Diel....... . Nein Ja Raestrup Ja Ja Frau Döhring Nein Ja Rahn....... . Ja enthalten Eichler Nein Ja Frau Dr. Rehling.. . Ja Ja Ekstrand Nein Ja Frau Rösch Ja Ja Erler....... . Nein Ja Rümmele Ja Ja Faller Nein Ja Sabel..... . Ja Ja Franke...... . Nein Ja Schäffer.... Ja enthalten Freidhof Nein Ja Scharnberg..... . Ja Ja Freitag . Nein Ja Dr. Schatz Ja enthalten Geritzmann Nein Ja Schul Ja Ja Gleisner Nein Ja Schmitt (Mainz)... . Ja enthalten Görlinger Nein Ja Schmitz entschuld. entschuld. Graf Nein Ja Schmücker Ja Ja Dr. Greve Nein Ja Dr. Schröder (Düsseldorf) Ja Ja Dr. Gülich Nein Ja Schüttler Ja Ja Happe Nein Ja Schütz..... . Nein Ja Heiland Nein Ja Schuler Ja Ja Hennig Nein Ja Schulze-Pellengahr .. . Ja Ja Henßler krank krank Dr. Semler entschuld. entschuld. Herrmann Nein Ja Dr. Serres Ja Ja Hoecker Nein Ja Siebel. Ja Ja Höhne Nein Ja Dr. Solleder Ja krank Frau Dr. Hubert ... . Nein Ja Spies Ja enthalten Imig Nein Ja Graf von Spreti ... Nein Ja Jacobi Nein Ja Stauch Nein Ja Jacobs Nein Ja Frau Dr. Steinbiß Ja Ja Jahn....... . Nein Ja Storch Ja Ja Kalbfell Nein Ja Strauß Ja enthalten Kalbitzer Nein Ja Struve Ja enthalten Frau Keilhack... Nein Ja Stücklen Ja enthalten Keuning Nein Ja Dr. Vogel enthalten enthalten Kinat Nein Ja Wacker Ja enthalten Frau Kipp-Kaule Nein Ja Wackerzapp... . Nein Ja Dr. Koch Nein Ja Dr. Wahl Ja Ja Frau Korspeter... . Nein Ja Frau Dr. Weber (Essen) . Nein Ja Frau Krahnstöver.. . Nein Ja Dr. Weber (Koblenz). . Ja Ja Dr. Kreyssig Nein Ja Dr. Weiß Ja Ja Kriedemann.... . Nein Ja Winkelheide.... . Nein Ja Kurlbaum Nein Ja Wittmann.. . . Nein enthalten Lange -- — Dr. Wuermeling . Ja enthalten Lausen..... Nein Ja SPD Frau Lockmann.. Nein Ja Ludwig Nein Ja Frau Albertz.... . Nein Ja Dr. Luetkens.... . Nein Ja Frau Albrecht .... . Nein Ja Maier (Freiburg) ... . Nein Ja Altmaier..... . Nein Ja Marx....... . Nein Ja Frau Ansorge .... . Nein Ja Matzner...... . Nein Ja Dr. Arndt..... . Nein Ja Meitmann Nein Ja Arnholz...... . Nein Ja Mellies...... . Nein Ja Dr. Baade..... . Nein Ja Dr. Menzel ..... . Nein Ja Dr. Bärsch.... . Nein Ja Merten Nein Ja Baur (Augsburg) ... . Nein Ja Mertins Nein Ja Bazille...... . Nein Ja Meyer (Hagen) .... . Nein Ja Behrisch...... . Nein Ja Meyer (Bremen) ... . Nein Ja Bergmann..... . Nein J a Frau Meyer-Lauie .. . krank krank Dr.- Bergstraeßer .. Nein Ja Mißmahl..... . Nein Ja Berlin...... . Nein Ja Dr. Mommer.... . Nein Ja Bettgenhäuser... . Nein Ja Moosdorf..... . Nein Ja Bielig Nein Ja Dr. Mücke..... . Nein Ja Birkelbach Nein Ja Müller (Hessen).. . Nein Ja Blachstein Nein Ja Müller (Worms)... . Nein Ja Dr. Bleiß Nein Ja Frau Nadig Nein Ja Böhm....... . Nein Ja Dr. Nölting Nein Ja Dr. Brill krank krank Nowack (Harburg).. . Nein Ja Bromme Nein Ja Odenthal..... . Nein Ja Name Abstimmung Name Abstimmung 1. 2. 1. 2. Ohlig Nein Ja Kühn Nein enthalten Ollenhauer Nein Ja Dr. Leuze Ja Ja Paul (Württemberg) ... . Nein Ja Dr. Luchtenberg krank krank Peters Nein Ja Margulies J a Ja Pohle Nein Ja Mauk Ja enthalten Dr. Preller Nein Ja Dr. Mende Nein enthalten Priebe Nein Ja Dr. Miessner Ja enthalten Reitzner Nein Ja Neumayer Ja Ja Richter (Frankfurt)... . Nein Ja Dr. Dr. Nöll von der Nahmer Nein Ja Ritzel Nein Ja Onnen Ja enthalten Ruhnke Nein Ja Dr. Pfleiderer — — Runge Nein Ja Dr. Preiß Ja enthalten Sander krank krank Dr. Preusker Ja enthalten Sassnick Nein Ja Rademacher Ja Ja Frau Schanzenbach . . . . Nein Ja Rath Ja Nein Dr. Schmid (Tübingen) .. . Nein Ja Revenstorff Ja enthalten Dr. Schmidt (Niedersachsen) Nein Ja Dr. Schäfer Ja Ja Dr. Schöne Nein Ja Dr. Schneider Ja enthalten Schoettle Nein Ja Stahl Ja Nein Segitz Nein Ja Stegner Ja enthalten Seuffert Nein Ja Dr. Trischler Nein Nein Stech Nein Ja de Vries Nein enthalten Steinhörster Nein Ja Dr. Wellhausen Ja Ja Stierle Nein Ja Wirths — — Striebeck Nein Ja Frau Strobel Nein Ja DP Temmen Nein Ja Tenhagen Nein Ja Ahrens Ja enthalten Troppenz Nein Ja Eickhoff Ja enthalten Dr. Veit Nein Ja Ewers Ja enthalten Wagner Nein Ja Farke Ja Nein Wehner Nein Ja Dr. Fricke Ja Ja Wehr Nein Ja Hellwege Ja enthalten Weinhold Nein Ja Jaffe Ja Ja Welke Nein Ja Frau Kalinke Ja enthalten Weltner Nein Ja Kuhlemann Ja enthalten Dr. Wenzel Nein Ja Dr. Leuchtgens Ja Ja Winter Nein Ja Löfflad . Ja Nein Wönner Nein Ja Matthes Ja Nein Zühlke Nein Ja Dr. von Merkatz Ja enthalten Dr. Mühlenfeld Ja Ja Schuster Ja Nein FDP Dr. Seebohm Nein Ja — Tobaben Ja enthalten Dr. Atzenroth Ja Walter Ja Nein Dr. Becker (Hersfeld).. . Ja enthalten Wittenburg Ja enthalten Dr. Blank (Oberhausen) . . Ja Ja Dr. Zawadil Nein enthalten Blücher Ja Ja Dannemann Ja enthalten FU Dr. Dehler — — Dirscherl krank krank r reiherr von Aretin ... . Ja enthalten Eberhard Ja Ja Dr. Bertram (Soest) ... . Ja enthalten Euler Ja entschuld. Dr. Besold Ja enthalten Fassbender Ja enthalten Clausen Ja Ja Dr. Friedrich Nein Ja Dr. Decker ........J a enthalten Frühwald Ja enthalten Determann Ja Ja Funcke Ja Ja Eichner Ja enthalten Gaul Ja enthalten Hoffmann (Lindlar) Ja enthalten Dr. von Golitschek... . Nein enthalten Lampl Ja enthalten Grundmann ...... . Ja Nein Maerkl . Ja enthalten Dr. Hammer Ja enthalten Mayerhofer Ja — Dr. Hasemann Ja Ja Dr. Meitinger Ja enthalten Dr. Hoffmann (Lübeck) . . Nein Nein Pannenbecker entschuld. entschuld. Dr. Hoffmann (Schönau) . Ja Ja Parzinger Ja enthalten Frau Hütter Ja — Dr. Reismann Ja enthalten Frau Dr. Ilk Nein Ja Ribbeheger entschuld. entschuld. Jaeger (Essen) Ja Ja Volkholz Ja enthalten Juncker Ja Ja Wartner Ja enthalten Dr. Kneipp Ja enthalten Willenberg Nein Ja Name Abstimmung 1. 2. Name Abstimmung 1. 2. KPD Frau Bieganowski . . . Ja Ja Agatz Nein Nein Bodensteiner Nein enthalten Fisch Nein Nein Dr. Etzel (Bamberg). . enthalten enthalten Gundelach Nein Nein Freudenberg Ja Ja Harig Nein Nein Fröhlich Nein Nein Kohl (Stuttgart) Nein Nein Frommhold Nein Nein Müller (Frankfurt)... . Nein Nein Goetzendorff Nein Nein Niebergall Nein Nein Hedler...... . — — Niebes Nein Nein Frau Jaeger (Hannover) . Ja Nein Paul (Düsseldorf) Nein Nein Dr. Keller..... . Nein Nein Reimann Nein Nein Langer — — Renner Nein Nein Loritz Nein krank Rische — — Müller (Hannover) . . . — — Frau Strohbach Nein Nein Dr. Ott Nein Nein Frau Thiele Nein Nein Reindl...... . Ja enthalten Schmidt (Bayern).. Ja enthalten Fraktionslos von Thadden Nein Nein Frau Arnold Nein Ja Tichi krank krank Aumer krank krank Wallner Ja enthalten Bahlburg Ja Ja Frau Wessel Nein Ja Zusammenstellung der Abstimmung Abstimmung 1. 2. Abgegebene Stimmen... 376 360 Davon: Ja 196 239 Nein 178 35 Stimmenthaltung... . 2 86 Zusammen wie oben... . 376 360 Berliner Abgeordnete Name Abstimmung Name Abstimmung 1. 2. 1. 2. CDU/CSU Neumann Nein Ja Dr. Friedensburg... . Ja Ja Dr. Schellenberg.. . Nein Ja Dr. Krone Ja Ja Frau Schroeder (Berlin) . Nein Ja Lemmer Nein Ja Schröter (Berlin)... . Nein Ja Frau Dr. Maxsein... . Nein Ja Frau Wolff Nein Ja Dr. Tillmanns Nein Ja FDP SPD Dr. Henn Nein enthalten Brandt Nein Ja Hübner Nein Ja Dr. Königswarter... . Nein Ja Frau Dr. Mulert... . Nein enthalten Löbe Nein Ja Dr. Reif Nein Ja Neubauer Nein Ja Dr. Will Ja enthalten Zusammenstellung der Abstimmung der Berliner Abgeordneten Abstimmung 1. 2. Abgegebene Stimmen... . 19 19 Davon: Ja 3 16 Nein...... . 16 — Stimmenthaltung... . — 3 Zusammen wie oben 19 19
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, die Aussprache über die gute
    Gesellschaft, in der wir uns wechselseitig befinden, kann nun als beendet angesehen werden.

    (Heiterkeit.)

    Damit aber die Wirkungen einer solchen Entwicklung fortgesetzt werden, machen wir jetzt die Mittagspause. Um 15 Uhr treten wir wieder zur Sitzung zusammen.

    (Unterbrechung der Sitzung: 13 Uhr 23 Minuten.)

    Die Sitzung wird um 15 Uhr 5 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers wieder eröffnet.


Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Wir fahren in der unterbrochenen Tagesordnung fort. Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
a) Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Nrn. 2872, 4080 der Drucksachen, Umdruck Nr. 756);
Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdrucke Nrn. 774, 804 bis 809, 811, 812, 818, 819, 821)


(Erste Beratung: 180. Sitzung; zweite Beratung: 250. und 251. Sitzung);

b) Dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU (BP-Z) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Nrn. 3806, 3910 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 794, 810).

(Erste Beratung: 236. Sitzung; zweite Beratung: 250. und 251. Sitzung.)

Zunächst die allgemeine Aussprache. Der Altestenrat schlägt Ihnen dazu eine Redezeit vor 120 Minuten vor. Das Wort hat der Abgeordnete Reitzner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Richard Reitzner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Sitzung am 5. März habe ich im Namen meiner Freunde wegen der neuerlichen Verschiebung der dritten Lesung Bedenken erhoben. Damals fragte ich die Koalitionsparteien nach den Gründen der Vertagung. Wir waren der Auffassung, daß die Zwischenzeit benutzt werden sollte, um für die Änderungsanträge eine Mehrheit zu gewinnen. Das hat ihren Unwillen erregt. Heute ist meine Behauptung vom 5. März bewiesen; man wollte in Wahrheit Zeit gewinnen, um den Widerständlern vom Norden bis zum Süden eine Mehrheit zu verschaffen.
    Soweit ich im Augenblick — es war nur einige Minuten möglich — die Änderungsanträge beurteilen kann, möchte ich sagen, daß wir nicht in der Lage sind, für diese sogenannten Kompromißvorschläge zu stimmen. Diese Änderungsanträge sind in Wahrheit gar kein Kompromiß; sie verwässern das Gesetz, machen es unwirksam, und die Profilierung, die das Gesetz durch die Ausschußvorlage hatte, wird hier verzerrt. Ich glaube, meine Damen und Herren, daß über diesem Gesetz ungeschrieben der Geist der kollektivistischen Ethik, der gemeinsamen Verantwortung walten sollte.

    (Abg. Bausch: Kollektivistische Ethik?)

    — Das ist genau das, was der Herr Finanzminister
    Schäffer gesagt hat. Ich kann Ihnen aus dem
    Protokoll vorlesen, was er am 18. Januar verlangt


    (Reitzner)

    hat. Ich komme noch auf diese Rede zu sprechen. — Das ist es, was wir brauchen: die gemeinsame Verantwortung. Der Geist dieser gemeinsamen Verantwortung fehlt den Änderungsanträgen.
    Es ist ohnedies schon spät. Die dritte Lesung in der 254. Sitzung ist ein bedenkliches Zeichen. Aber es ist trotzdem noch nicht zu spät. Dieses Gesetz könnte ein bedeutsames und wirksames Gesetz sein, wenn die Ausschußvorlage wiederhergestellt würde. Es könnte ein rascher und wertvoller Beitrag zur Eingliederung der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen sein und dazu beitragen, die wirtschaftlichen und sozialen Spannungen zu lindern und die Entstehung neuer politischer Probleme und Spannungen zu verhindern. Durch die Änderungsanträge, die wohl noch begründet werden und zu denen wir noch im einzelnen Stellung nehmen werden, wird das Gesetz verschlechtert. Die SPD wird daher für die Ausschußvorlage stimmen. Wir tun das nicht frei von Bedenken, aber in der Überzeugung, daß eine neue Vertagung oder Verzögerung untragbar ist und nicht gebilligt werden kann.
    Die großen Ereignisse unserer Zeit sind in ihrem Umfang und ihrer Wucht oft schwer zu übersehen. Die alten Normen gelten nicht mehr. Was heißt es denn und wer faßt es noch, wenn wir sagen: 20 Millionen sind vertrieben worden!? Erst wenn wir versuchen, dieses Massenunheil in Einzelfälle aufzugliedern, dann sehen wir die Tragödie. Spricht man beispielsweise in Bayern mit einem bayerischen Landwirt über die Notlage der heimatvertriebenen Landwirte, dann findet man fast überall Verständnis, Einsicht und die Bereitschaft, Opfer zu bringen und zu helfen. Hört man aber einen bayerischen Anwalt etwa aus den Reihen der Bayernpartei, wenn er sich auf politischer Fahrt befindet, über dieses Problem sprechen, dann erkennt man, wie den Dingen auf einmal eine Schablone übergestülpt wird. Der Mensch Flüchtling wird eine Drohne, wie Dr. Fischbacher behauptete, der Mensch Flüchtling wird ein Gegner, wird ein Feind.
    Es ist ja nicht gleichgültig, in welchem Ton wir über dieses Problem sprechen, ob wir ernstlich den Versuch unternehmen, es zu objektivieren, oder ob wir uns von egoistischen Sonderinteressen leiten lassen. Was übers Wochenende mancherorts zu dem Thema gesagt wurde, ist menschlich unverantwortlich und politisch und wirtschaftlich untragbar. Ich habe am letzten Wochenende — um nur ein Beispiel zu nennen — in Erding in Oberbayern hören müssen und es dann in der Presse bestätigt gefunden, wie auf einer Bezirksversammlung der Bayernpartei zu dem Problem der Flüchtlinge aus der Sowjetzone und zu dem Problem des Bundesvertriebenengesetzes von maßgeblicher Seite gesprochen wurde. Der Herr Präsident wird gestatten, daß ich, um korrekt zu bleiben, wörtlich zitiere. Der Herr Abgeordnete Simon Weinhuber der Bayernpartei hat zu dem Problem der Massenauswanderung aus der Sowjetzone gesprochen und hat gesagt, daß „die Propaganda des Ministers für gesamtdeutsche Fragen schuld an der Lage" ist, „denn Minister Kaiser rief ja: Kommt in Massen!"

    (Abg. Dr. Horlacher: Ein purer Schwindel ist das!)

    — Von Weinhuber?

    (Abg. Dr. Horlacher: Nein, was er gesagt hat!)

    — Ach so, mag sein. Das sagen Sie in Erding, nicht hier!
    Dann hat der Herr Abgeordneter Weinhuber zum Vertriebenengesetz gesprochen und mußte, einmal
    in politischer Fahrt, natürlich zu Worten greifen, die hier niemand billigen wird. Er sagte mit Bezug auf das Bundesvertriebenengesetz: „Wenn das so weitergeht, haben wir bayerischen Bauern bald keine Existenzberechtigung mehr; am besten, wir besorgen uns heute schon einen Auswanderungsschein, damit die anderen Platz haben."

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Zurufe rechts.)

    Das ist verantwortungslos und steht im Widerspruch mit der Wahrheit und mit den Tatsachen. Natürlich gibt es Interessengegensätze; die hat niemand geleugnet. Die Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge kann ja nicht im luftleeren Raum geschehen. Das wissen wir alle. Es geht eben darum, in ein halb zerstörtes Gesellschaftsgefüge ein fast ganz zerstörtes einzuordnen oder es wieder aufzubauen.
    Dabei ergeben sich zwangsläufig Schwierigkeiten. Wir sehen hier drei fundamentale Schwierigkeiten vor uns. Die Eingliederung befindet sich ohne Zweifel sehr oft in einem echten Wettbewerb mit den Interessen gewisser Kreise einheimischer Bevölkerungsschichten. Dem Lastenausgleich, der ein Start für die Eingliederung sein sollte, fehlt jede soziale Basis.

    (Widerspruch bei den Regierungsparteien.)

    — Die breite soziale Basis fehlt dem Lastenausgleich! — Ferner darf man die Schwierigkeiten der Verwaltung nicht übersehen, die oft für die Betreuung einer zusätzlichen Bevölkerungsschicht unvollständig eingerichtet ist. Das sind sicher subjektive und objektive Schwierigkeiten, mit denen wir alle zu rechnen haben.
    Ich möchte hier nicht selber Mitleid kultivieren; aber das Vertriebenenschicksal ist doch das Schicksal einer Gruppe, die wegen ihrer Volkszugehörigkeit und wegen des verlorenen Hitler-Krieges haftbar gemacht wurde. Blinde Zufälligkeit hat gewütet und blinde Zufälligkeit hat entwurzelt. Ein sozialer Sturz wie selten in der Geschichte ist unleugbar eine Folge dieser Vertreibung. Keine Legendenbildung kann die bittere Tatsache dieses sozialen Sturzes übertönen. Ich möchte doch gern einmal wissen — wenn man die Kraft der Vorstellung hätte, sich ein Bild zu machen —, was beispielsweise die Herren von Dr. Besold bis Tobaben machen würden, wie sie sich verhalten, wie sie reagieren und denken würden, wenn das Unheil der Vertreibung in die Slowakei sie betroffen hätte Dieses geographische Mißgeschick hätte ja auch andere treffen können, dieser furchtbare Sturm hätte ja auch vom Westen nach dem Osten toben können. Ich will damit sagen, hier herrscht das Gesetz der Relativität. Viele unserer einheimischen Mitbürger sehen die Dinge anders als derjenige, der im Kreise steht.
    Ich möchte mich vor allem gegen eine Legendenbildung wenden, die darin besteht, daß man aus dem Singular verallgemeinert, daß man von dem Flüchtling spricht, der schon saturiert ist. Gewiß gibt es Heimatvertriebene, die gut saturiert sind, die ausgezeichnete Positionen einnehmen. Aber die überwiegende Mehrheit der Heimatvertriebenen lebt noch in bedauernswerten Verhältnissen. Nicht jeder hat ein Häuschen oder eine neue Wohnung. Ich kenne Heimatvertriebenenwohnungen, in die es in Wahrheit noch hineinregnet.

    (Zuruf von der Mitte: Bei den Einheimischen auch!)



    (Reitzner)

    — Auch, gut! Wir wollen ja auch den Einheimischen nichts nehmen. Wir wenden uns nur gegen die Legendenbildung, die stellenweise sichtbar wird. Das ähnelt der Geschichte der Schulbuben, der einen Aufsatz mit der Überschrift zu schreiben hatte: „Was willst du einmal werden, wenn du groß bist?" Da schreibt der Bub: „Ich möchte Flüchtling werden, der geht den ganzen Tag spazieren und arbeitet nicht." Eine solche Legendenbildung finden wir sogar bei führenden Männern der bayerischen und deutschen Politik. Ich muß noch einmal Dr. Fischbacher zitieren, der gesagt hat: „Die Zugewanderten leben hier wie Drohnen, für die die Einheimischen arbeiten müssen."

    (Widerspruch bei der BP.)

    — Das hat er selber gesagt. Das hat er zugegeben und in der Presse nicht dementiert. Gegen eine derartige Entstellung wenden wir uns.
    Hier ist also nicht nur ein Problem vom Standpunkt der Heimatvertriebenen zu lösen, es ist wirtschaftlich und sozial gesehen eine gesamtdeutsche Aufgabe zu lösen. Denn mit der zunehmenden Eingliederung der Heimatvertriebenen wird auch die soziale Struktur der Gesamtbevölkerung günstig beeinflußt. Daher glauben wir, daß das Heimatvertriebenenproblem kein Problem ist, das man in die Schublade legen und von den anderen Problemen Westdeutschlands hermetisch absondern kann. Das Problem muß vielmehr gemeinsam mit allen unseren sozialen Aufgaben, mit allen unseren wirtschaftlichen Aufgaben, die vor uns liegen, gesehen werden. Die Unobjektivität haben wir ja auch in diesem Hause und nicht nur außerhalb des Hauses erfahren. Herr Abgeordneter Dr. Frey hat in der 251. Sitzung folgendes gesagt — ich gestatte mir wieder, Herr Präsident, wörtlich vorzulesen —:
    Bei diesem Punkte
    — Mitwirkung der Siedlungsbehörde —
    setzt eben die Sache mit dem Vertrauen ein. Wie sind diese Siedlungsbehörden zusammengesetzt? Es hat sich aus der Natur der Verhältnisse ergeben, daß sich der Beamten- und Angestelltenkörper nahezu ausschließlich aus Heimatvertriebenen und Flüchtlingen zusammensetzt.
    „Nahezu ausschließlich" ! In der Zwischenzeit hatten wir die Möglichkeit, die Richtigkeit der Angaben und Behauptungen des Herrn Kollegen Dr. Frey nachzuprüfen. Das „ausschließlich" ist weit von den wirklichen Tatsachen entfernt. Die bayerische Landessiedlungsbehörde hat 256 Angestellte und Beamten; davon sind 47 Heimatvertriebene. Heißt das wirklich: ausschließlich von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen besetzt? Dabei untersuche ich noch gar nicht den Rang der 47 beschäftigten Heimatvertriebenen. So etwas kann man also nicht unwidersprochen sagen, und daher glaube ich, daß wir uns bemühen sollten, so objektiv wie möglich zu sein; auch ich möchte das hier tun.
    Wir haben wenn wir solche Stimmen hören. oft den Eindruck, daß es am guten Willen fehlt, das Problem sachlich und objektiv zu beurteilen. Wie können wir Deutschen hoffen, im Ausland gehört zu werden, wenn wir den Anruf, der sich aus dem Vertriebenen- und Flüchtlingsproblem ergibt, nicht damit beantworten, daß wir dort, wo wir selbst Verfügungsgewalt haben, sozial gesunde Verhältnisse schaffen und alles tun, um krisenfester zu werden! So liegen doch die Dinge. Das ist ja auch nur ein Teil der sozialen Verpflichtungen. Ohne
    Zweifel, das Vertriebenenproblem ist nicht das einzige Problem. Es ist ein wichtiges Problem; aber daneben gibt es eine Reihe anderer Verpflichtungen, denen wir uns nicht entziehen können. Die Lage breiter Massen der einheimischen Bevölkerung ist gar nicht beneidenswert. Sie ist sozial gesehen genau so schlimm wie die der Flüchtlingsmassen. Die Lage der Rentner, der Kriegsversehrten, der Arbeitslosen und auch der Kurzarbeiter und vieler Arbeiter ist schlimm genug. Wir sehen hier auch Schichten, die noch um die elementarsten Lebensbedingungen kämpfen. Noch haben wir 1 800 000 Arbeitslose. Hier zeigt sich wiederum, daß der Lebenskreis der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge im Lebenskreis des deutschen Volkes liegt. Der Kampf um eine echte soziale Ordnung sollte ja auch das erste Anliegen aller Heimatvertriebenen sein, weniger das geistige Hängenbleiben an alten Vorstellungen und alten Zuständen in der Heimat.
    Das alles — ich weiß es — ist nicht neu. Seit Jahr und Tag ist das Vertriebenenproblem bekannt. Nur hat es in den letzten Wochen durch den Flüchtlingsstrom aus der Ostzone eine Verschärfung erfahren. Es brennt jetzt unter den Nägeln, und wir fühlen die Unterlassungssünden, die auf uns liegen, wie eine Hypothek. Wären die Regierung und die Mehrheit dieses Bundestages diesem Problem rascher und energischer auf den Leib gerückt, so wäre die Eingliederung der Sowjetzonenflüchtlinge heute leichter. So müssen sich die Spannungen verschärfen, so müssen neue politische Probleme erwachsen, und so müssen sich die bisherigen Maßnahmen als nicht genügend erweisen. Sie können den Zustrom neuer Flüchtlinge einfach nicht mehr aufhalten und mit ihm nicht Schritt halten. Wir haben ja in Westdeutschland bisher eine Bevölkerung aufgenommen, die an Zahl der Bevölkerung Dänemarks und der Schweiz entspricht, und wir werden mit diesem Problem noch lange zu tun haben. Aber da nützen uns weder die unrealistischen Vorschläge des Herrn v. Cube in München noch nützt uns im Augenblick der Blick des Herrn Bundeskanzlers übers Meer nach Kanada. Wir selber müssen hier ein Höchstmaß von eigener Leistung und Anstrengung mobilisieren und planvoll dem Problem zu Leibe rücken.
    Wie die Dinge oft oberflächlich oder optimistisch beurteilt werden, das zeigt die Äußerung des Herrn Finanzministers Schäffer, eines Mannes, der sonst ein kühler Rechner und überlegt ist. In der Sitzung vom 28. Jänner sagte er — ich zitiere wieder mit Genehmigung des Herrn Präsidenten—:
    Wir müssen hoffen, daß das große ethische Ziel, das sich die Gesetzgebung ... gestellt hat, im Jahre 1955, zehn Jahre nach dem Kriegsende, im wesentlichen erreicht ist und daß die Eingliederung dieses Bevölkerungsteils in die deutsche Wirtschaft im großen und ganzen vollzogen ist, so daß wir dann wieder ein Volk geworden sind und unter gleichen Wettbewerbsbedingungen im Wirtschaftsleben einander gegenüberstehen.
    Wohl dem, wenn dem so wäre. Aber es gehört wirklich der größte Optimismus dazu, bei dem Tempo und bei der Energie, mit denen diese Maßnahmen betrieben werden, zu hoffen, daß die Eingliederung der Heimatvertriebenen 1956 im großen und ganzen abgeschlossen sein wird. Es wäre nämlich schon lange erforderlich gewesen, den gesamten Bereich des politischen und wirtschaftlichen


    (Reitzner)

    Denkens und des sozialen Gewissens auf die Behebung dieses besonderen Notstandes einzustellen. Das ist nicht geschehen.
    Gerade diese Woche, am 21. März, sind es zwei Jahre her, daß der Sonne-Plan der Bundesregierung vorgelegt wurde. Diese Frühlingssonne aber ist nie in Westdeutschland aufgegangen. Der Sonne-Plan liegt irgendwo im Dunkeln. Ich frage: haben die Regierung und die zuständigen Stellen einmal wirklich den ernsten Versuch unternommen, nachzudenken und Nachforschungen über die Mittel anzustellen, die es uns ermöglichen könnten, Teile des Sonne-Plans zu realisieren? Das ist nicht geschehen. Manche Folgerungen des SonnePlans klingen wahrscheinlich nicht gut in den Ohren der Regierung und der Mehrheit dieses Hauses, nämlich besonders die Empfehlung, die sagt, daß das Flüchtlingsprogramm jedem Verteidigungsprogramm mindestens gleichgesetzt werden sollte.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das hat man nicht gern gehört, und deswegen ging diese Frühlingssonne des Herrn Sonne nicht auf. War es nicht ein guter und sachlich begründeter Ratschlag, zu sagen, die Berufskenntnisse und Erfahrungen der Heimatvertriebenen soll man nicht brach liegen lassen, sondern in die westdeutsche Wirtschaft einbauen, damit daraus ein wertvolles Aktivum entsteht? Das war vor zwei Jahren. Und wenn wir rückwärts blicken, den Verlauf der Binnenumsiedlung überschauen, dann ergibt sich ein schwarzumrandetes Bild. Die erste Umsiedlung vom Jahre 1949 — damals sollten 300 000 Flüchtlinge umgesiedelt werden — wurde mit dem Ende 1951 abgeschlossen. Das zweite Umsiedlungsgesetz läuft noch; es soll, so hören wir, bis Ende 1953 erfüllt sein. Das dritte Umsiedlungsgesetz wird wohl erst 1956 durchgeführt werden können. Das ist das Ergebnis dieser Umsiedlung.
    Seit 1949 hat die SPD dem Hause gangbare Wege vorgeschlagen, um das Vertriebenenproblem als Ganzes zu sehen und den Versuch der Lösung zu unternehmen. Unwidersprochen haben wir immer wieder feststellen können, daß die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt 11/2 Millionen Menschen erfaßt, daß aber auf der anderen Seite von der deutschen Wirtschaft 2 Milliarden DM für Oberstunden bezahlt wurden. Die SPD wollte ein Viertel des Überstundenentgelts vom Arbeitgeber als Steuer einziehen, wobei der Arbeitgeber die Wahl gehabt hätte, diese Abgabe zu zahlen oder sie durch Einstellung neuer Arbeitskräfte abzuwenden. Unsere Vorschläge sind nicht beachtet worden. Wir wollten weiter dort, wo die Besetzung von Arbeitsplätzen die Bereitstellung von Mitteln erforderlich macht, die Reserven der Arbeitsverwaltung, die über den heutigen Vermögensstand hinaus anlaufen, nicht für Notstandsarbeiten von zweifelhaftem volkswirtschaftlichem Wert, sondern als rückzahlbare Darlehen zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen verwendet wissen. Unsere Vorschläge sind nicht gehört worden. Kein ernster Versuch ist unternommen worden, hier mit diesem Finanzierungsplan Arbeit und Wohnung zu schaffen.
    Dabei übersieht die SPD gar nicht die gewiß lebenswichtigen Fragen im landwirtschaftlichen Sektor und besonders die Fragen unserer Ernährung und der Versorgung. Gerade der Sog der Stadt und die Tatsache, daß die Verbundenheit
    mit dem Boden anscheinend immer lockerer wird, drängt ja zu Überlegungen und Maßnahmen. Solche Überlegungen ernster Natur haben auch innerhalb der SPD stattgefunden. Es handelt sich bei dieser Landflucht nicht allein um eine konjunkturbedingte oder vorübergehende Erscheinung. In Deutschland ist eben ein allgemeiner Strukturwandel im Anmarsch. Das wird häufig noch übersehen. Eine der Ursachen der Landflucht liegt in dem Unterschied des Arbeitseinkommens zwischen Stadt und Land, zwischen Industrie und Landwirtschaft zuungunsten der Landarbeit.
    In den Protokollen über die Reden und Äußerungen der Vertreter der sogenannten Grünen Front lese ich jetzt immer die Sorge um die Landarbeiter. Ich möchte mir erlauben, die Sprecher dieser sogenannten Grünen Front auf die Tatsache der Untertarifbezahlung breiter Kreise der Landarbeiter hinzuweisen.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Kalter Kaffee! Unsinn! — Abg. Dr. Horlacher: Aber für die landwirtschaftlichen Dienstboten stimmt das nicht!)

    — Ja, also, das stimmt. Ich habe mir hier eine Statistik von amtlicher Stelle geben lassen, nach der beispielsweise im Kreise Göttingen nur 70 % der Landarbeiter, im Kreise Duderstadt und Nienburg nur 30 bis 40 % der Landarbeiter nach dem Tarif bezahlt wurden.

    (Abg. Dr. Horlacher: Aber in Bayern gibt's das nicht!)

    — Auch in Bayern! (Abg. Dr. Horlacher: Nein!)

    — Kommen Sie mal zu mir, Kollege Horlacher! Ich bringe Ihnen einige Landarbeiter aus meiner Umgebung, die werden Ihnen sagen, wie sie leben müssen und wie sie bezahlt werden. Das ist die Wahrheit. Wenn Sie also um die soziale Lage der Landarbeiter besorgt sind, — da ist noch ein Gebiet, auf dem man schaffen und Gutes tun könnte. Aber die Entlohnungen unter dem Tarif tragen ja dazu bei, daß die Landflucht immer stärker wird. Und weil beide Einkommensgruppen eben oft im selben Ort oder im selben Kreis gegeneinander stehen und miteinander betrachtet werden, kommt es zu diesen Erscheinungen, gar nicht zu reden von der Abhängigkeit der Landarbeiter, die heute noch sprichwörtlich ist. Hier, meine Herren, könnten Sie sozial wirken! Aber Ihre Kurzsichtigkeit Ihren eigenen wirklichen Interessen gegenüber gestattet Ihnen ja nicht, das zu tun, was auch für die Eingliederung und für die einheimische Landwirtschaft, für den einheimischen Landmann, am zweckmäßigsten wäre.
    Denn wie steht es wirklich? Wenn die Eingliederung eines Teils der vertriebenen Landwirte erfolgt, dann ist doch das eingegliederte ostdeutsche Landvolk nicht nur aus dem Bannkreis der eigenen Verelendung befreit, dann vermag auch darüber hinaus die Stellung dieser eingegliederten Landwirte das Gewicht des Bauerntums im Rahmen des deutschen Volkes zu verstärken, und zwar wesentlich zu verstärken. Wir müssen uns immer fragen, wo denn die Verwirklichung der viel zitierten Forderung der Bewegung des Bodens zum besseren Wirt bleibt. Diese Forderung ist auf den Plakaten zu lesen, ist aber in Wahrheit nicht verwirklicht.
    Nun möchte ich abschließend noch zu einem Problem sprechen, das in der Öffentlichkeit sehr


    (Reitzner)

    häufig diskutiert wird. Als in der Presse zu lesen war, daß jetzt, sieben Jahre nach der Vertreibung, ein Bundesvertriebenengesetz dem Deutschen Bundestag zur Diskussion und Beratung vorgelegt wird,

    (Abg. Ehren: 1949 hatten wir ja erst den Bundestag!)

    da fragte man sich: Ist denn überhaupt noch sieben Jahre nach der Vertreibung ein Vertriebenengesetz notwendig, oder kommt es nicht zu spät? Und die Frage wird erwogen: Wollt ihr denn ewig Flüchtlinge bleiben? Wollt ihr denn ewig Vertriebene bleiben? Das ist eine Frage, die man immer wieder hört und die natürlich beantwortet werden muß, Der § 13 des Gesetzes nimmt ja auch darauf Bezug: die Betreuung soll nämlich ein Ende finden, wenn der Heimatvertriebene in einem zumutbaren Maß — verglichen mit seinen früheren Verhältnissen — eingegliedert ist. Wenn das erreicht ist, muß nach unserer Auffassung die Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen aufhören. Aber der Heimatvertriebene bleibt weiter Vertriebener, weil er seine Heimat verloren hat und weil er selbstverständlich das Naturrecht auf die Rückkehr in seine Heimat — volkswirtschaftlich gesehen die Rückkehr an seinen alten Arbeitsplatz in seiner Heimat — nicht aufgeben will und auch nicht aufgeben kann. So liegen die Dinge. Aber solange die Erfüllung der Forderung nach der Rückkehr an den alten Arbeitsplatz in der Heimat noch in der Ferne liegt, ist unsere primäre Aufgabe die Erhaltung und Vermehrung der Substanz, und die Erfüllung dieser Aufgabe ist damit auch eine politische und soziale Forderung. Erst der Aufbau unseres äußeren wirtschaftlichen und sozialen Lebens wird jene geistigen und politischen Kräfte — ich meine hier den Sektor der Heimatvertriebenen, der Flüchtlinge — freimachen, ohne die es kein geordnetes demokratisches Staatsgebilde geben wird.
    Wenn heute in der Presse mit großen Lettern von Naumann und Genossen und von dem Recht, von dem Anwalt gehört zu werden, gesprochen wird, und wenn wir dabei natürlich nicht unberechtigterweise an neonazistische Gefahren denken, dann möchte ich dazu folgendes sagen: Die Naumanns und Gesellen werden so lange Unteroffiziere oder Offiziere ohne Mannschaft-sein, solange es ihnen nicht gelingt, Fußvolk aus den breiten Massen der Heimatvertriebenen und Einheimischen zu rekrutieren.

    (Beifall bei der SPD.)

    Erst wenn diese Gefahr akut wird, ist der Neofaschismus eine wirkliche Gefahr. Bis dahin sind
    die Naumanns nach meiner Meinung lächerliche
    Schießbudenfiguren. Aber wenn es ihnen gelingt,
    Heimatvertriebene zu gewinnen, entsteht die reale
    Gefahr, mit der wir uns auseinanderzusetzen
    haben. Die Bundesrepublik als demokratischer
    Staat mit seiner kurzen Entwicklungszeit wird erst
    dann krisenfest werden, wenn es uns gelingt, die
    Massen der sozial schwachen Heimatvertriebenen
    und Einheimischen in ein positives Verhältnis zur
    Demokratie zu bringen; und dieses positive Verhältnis kann nur erzielt werden, wenn wir alle
    Anstrengungen in Richtung auf Vollbeschäftigung,
    Schaffung von Arbeitsplätzen und Wohnungen für
    beide, Einheimische und Vertriebene, mobilisieren.

    (Zuruf des Abg. Ehren.)

    — Sie reden von Propaganda! Wenn ich die Sonntagsreden aus Ihrem Kreise lese, in denen man
    nationale Hochziele verkündet oder europäische Verteidigungspläne propagiert, dann möchte ich sagen: man muß auch an den Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag denken und vom Montag bis zum Sonntag für diese Ziele arbeiten.

    (Zuruf des Abg. Ehren.)

    — Das sind keine Phrasen. Das ist ein realer Tatbestand. Wollen wir einmal gelten lassen, daß es so etwas wie einen abendländischen Charakter gibt; ich weiß es nicht, es wird behauptet, daß es so etwas gibt.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Ehren.)

    — Nun, ich bin mir manchmal nicht klar, was Sie unter abendländischer Kultur verstehen.

    (Wiederholte Zurufe von der Mitte.)

    Ich bekenne mich dazu. Ich weiß aber auch, was manche Ihrer Kreise wollen. Abendländische Kultur heißt für Sie: restaurative Wirtschafts- und Sozialpolitik. Das ist die Wahrheit.

    (Lachen und fortgesetzte Zurufe von der Mitte.)

    Aber wenn es so etwas wie einen abendländischen Charakter gibt, dann sollte sich dieser Charakter im Kampfe um die soziale Gerechtigkeit im deutschen Volke, im eigenen Hause betätigen.

    (Beifall bei der SPD.)