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ID0125207000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1953 12083 252. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. März 1953 Geschäftliche Mitteilungen 12084B Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Dirscherl und Pannenbecker 12084B Ergänzung der Tagesordnung gemäß Vereinbarung im Ältestenrat 12084C Kleine Anfrage Nr. 309 der Fraktion der SPD betr. Aufwendungen für Forschungszwecke (Nrn. 3899, 4148 der Drucksachen) 12084C Bericht des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts über die durchgeführten Maßnahmen disziplinarischer oder dienstlicher Art gegen Beamte des Auswärtigen Dienstes (Nr. 4154 der Drucksachen) 12084C Antrag auf Aufsetzung der dritten Beratung des Entwurfs des Bundesvertriebenengesetzes auf die Tagesordnung: Reitzner (SPD) 12084D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 12085D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Leistungen zur Unterbringung von Deutschen aus der sowjetischen Besatzungszone oder dem sowjetisch besetzten Sektor von Berlin (Flüchtlings-Notleistungsgesetz) (Nr. 4095 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen (8. Ausschuß) (Nr. 4151 der Drucksachen; Umdruck Nr. 780) 12084C, 12086A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 12086B Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 12086C Frau Dr. Brökelschen (CDU) als Berichterstatterin 12086D als Abgeordnete 12091D Müller (Frankfurt) (KPD) 12088C Wehner (SPD) 12090C Maerkl (FU) 12091C Abstimmungen 12091C, 12091D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nr. 4141, zu Nr. 4141, Nachgang zu Nr. 4141 der Drucksachen) . . 12084C, 12092B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 12092C Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß 12096C Erste Beratung des von den Abg. Sabel, Richter, Determann u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung und Ergänzung des Gesetzes über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte vom 8. Januar 1953 (Nr. 4135 der Drucksachen) . . . 12084C, 12096B Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 12096C Einspruch des Abgeordneten Loritz gegen den ihm in der 251. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 777) . . . 12096C Einspruch abgelehnt 12096C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Mißbilligung von Äußerungen des Bundesministers der Justiz (Nr. 3897 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Mißbilligung von Äußerungen des Bundesministers der Justiz Dr. Dehler über das Bundesverfassungsgericht (Nr. 3974 der Drucksachen) . . . 12096C Dr. Gülich (SPD), Antragsteller 12096D, 12108B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 12099C Kiesinger (CDU) 12109D Fisch (KPD) 12111B Euler (FDP) 12112A zur Geschäftsordnung: Dr. von Merkatz (DP) 12112B Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) 12112C Mellies (SPD) 12112C Ewers (DP) 12112D Dr. Gülich (SPD) 12112D Ablehnung der Anträge 12113A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung (Nr. 4092 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung der Ergänzungsvorlage der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 (Nr. 4093 der Drucksachen) sowie mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern in den Rechnungsjahren 1953 und 1954 (Nr. 4094 der Drucksachen) 12113B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 12113C zur Geschäftsordnung: Dr. Menzel (SPD) 12118C, 12119B Dr. Wellhausen (FDP) . 12118C, 12119A Renner (KPD) 12118D zur Sache: Seuffert (SPD) 12119D Renner (KPD) 12125B Dr. Wellhausen (FDP) 12126D Dr. Bertram (Soest) (FU) 12129A Frau Lockmann (SPD) 12131A Eickhoff (DP) 12132A Niebes (KPD) 12133D Neuburger (CDU) 12134C Weiterberatung vertagt 12136C Persönliche Bemerkung: Mellies (SPD) 12136D Ausschluß des Abg. Rische für drei Tage 12136D Die Sitzung wird um 13 Uhr 38 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hans Wellhausen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zeitungen haben gestern große Ausführungen über eine Tagung gebracht, die die SPD abgehalten hat. Nach dem, was darin stand, konnte man eine solche Rede, wie Herr Seuffert sie inzwischen gehalten hat — die sich in der Tonart immer sehr von dem unterscheidet, was er im Ausschuß sagt — schon erwarten. Ganz besonders ist mir bei der Tagung aufgefallen, daß in den Kommentaren gesagt worden ist: „Was die Sozialdemokratie über die Wirtschaftspolitik und ihre Kritik daran gesagt hat, das war man dünn!" Dünn, — das ist, glaube ich, ein journalistischer Ausdruck. Und das war auch in der Tat dünn! Das kann man aber verstehen. Wenn man mit dem Jubilar Erhard absolut zufrieden sein muß, weil man doch täglich und stündlich erlebt, was dadurch geschaffen worden ist, dann sucht man sich ein anderes Kapitel, und das scheint im Augenblick die Finanzpolitik zu sein.

    (Abg. Seuffert: Steht doch auf der Tagesordnung!)

    — Nein, nein; Sie haben ja auch einige wirtschaftspolitische Bemerkungen gemacht, die wir auch zur Kenntnis genommen haben.

    (Abg. Renner: Sie können mit ihm ja auch zufrieden sein!)

    Zu dem, was man im übrigen gehört hat, muß ich Ihnen, Herr Seuffert, schon sagen: wir arbeiten ja schon fünf oder wieviel Jahre zusammen und haben auch schon oft manches gemeinsam beschlossen — ich erinnere mich jedenfalls gern daran


    (Dr. Wellhausen)

    —, sogar in steuerpolitischen Dingen, mindestens im Wirtschaftsrat. Sie müssen auch ein wenig an den Ausgangspunkt denken! Das waren nämlich die Kontrollratsgesetze mit einer unvorstellbaren Steuerhöhe, die in den höheren Einkommen, wenn man es richtig ausrechnete, über 100 % ging.
    Im übrigen: Ich will nur wenige Sätze zu Ihren Ausführungen sagen; sonst verbrauche ich meine Redezeit. Die Entgegnung selbst überlasse ich in erster Linie dem Herrn Finanzminister. Sie haben von den englischen Steuersätzen gesprochen. Da müßten Sie dann natürlich ein paar Worte über das englische Steuerrecht und über den geradezu fabelhaften Unterschied verlieren, der übrigens im ganzen angelsächsischen Steuerrecht zwischen dem Netto- und Bruttobetrag besteht, der der Steuer zugrunde zu legen ist.

    (Abg. Seuffert: Das müssen Sie dem Finanzminister sagen, der hat die Zahlen gegeben!)

    Da kommt man zu ganz anderen Ergebnissen.
    Sie haben auch nicht vom Lastenausgleich gesprochen. Das hat zu unserer Freude erstmalig der Herr Bundesfinanzminister getan, — erstmalig Herr Schäffer! Sie haben gesagt, man müsse doch berücksichtigen, daß zu den hohen Steuern auch noch der Lastenausgleich komme. Sie haben, Herr Seuffert, hinsichtlich der 7er- Gruppen, die dem Bundesrat und der SPD immer ganz besonders ein Dorn im Auge gewesen sind, selber gesagt, daß es sich um eine Vorwegnahme von Abschreibungen handele. Sie haben daraus Folgerungen gezogen, die mir nicht ohne weiteres zwingend erscheinen.
    Für meine politischen Freunde — das wird Sie natürlich nicht überraschen — habe ich zu erklären, daß wir den Grundgedanken der Steuernovelle positiv gegenüberstehen. Wir stehen auch dem zweiten Teil, wie es, glaube ich, heißt, nämlich der Heraufsetzung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer von 37 auf 40 %, positiv gegenüber. Wir sind ferner der Meinung, daß wir zu einer Steuernovelle nicht kommen können, ohne gleichzeitig im Kapitalmarktförderungsgesetz etwas zu tun — darüber werde ich noch ein paar Worte sagen — und ebenfalls im Export, der sich langsam leider doch als sehr förderungsbedürftig herausstellt.
    Die ganze Novelle war eine Überraschung auch für die Koalition, ich glaube, für die ganze Koalition; denn die Zeitungen waren ja seit Monaten mit Nachrichten darüber angefüllt, daß dieser Bundestag nicht mehr in der Lage sei, eine Steuerreform zu beschließen, weder eine große noch eine kleine. Die Initiative der Wirtschaft mit dem Produktivitätsgesetz, die auch innerhalb der Wirtschaft nicht allseits geteilt wurde, ist ganz bestimmt nicht von mir gekommen, Herr Seuffert. Das war eine Angelegenheit, die wenigstens zeitlich und auch in manchem anderen unglücklich war.
    Dann ist der Antrag — Sie haben das schon geschildert, wenn auch immer mit gewissen Nebenbemerkungen über gezahlte und nicht gezahlte Wahlgelder; die unterlasse ich; die haben nämlich nichts damit zu tun —, die Koalitionsfraktionsnovelle Drucksache Nr. 3838 gekommen, und die hat nun — ich glaube, Herr Schäffer nimmt es mir nicht übel, wenn ich das sage — ihren Zweck erfüllt; denn sie hat die Novelle der Regierung herbeigeführt, mindestens ganz erheblich beschleunigt, und das freut uns. Wir betonen noch einmal, daß diese kleine Steuernovelle eine Tat ist und daß wir — das ist jetzt eine humoristische Bemerkung — besondere Freude an der beigegebenen Begründung gehabt haben; denn eine solche Einheitlichkeit zwischen dem Bundesfinanzminister und dem Bundeswirtschaftsminister, wie sie in der Begründung zutage tritt, habe ich sonst noch nie erlebt. Aber man soll sich darüber natürlich von Herzen freuen.
    Nun hat Herr Seuffert eine Bemerkung gemacht, die ich aufgreifen möchte. Er wollte wissen, wie eigentlich der Waschzettel, sagen wir einmal, die Kladde des Herrn Schäffer ist, die er ja anfertigen mußte, ehe er das Gesetz herausbrachte, wie nämlich die 950 Millionen DM wieder hereinkommen, zum Teil durch Ehebesteuerung — aber das ist nur ein kleiner Teil — und durch Fortfall von Vergünstigungen usw. Ich könnte mir denken, daß der Ausschuß in dieser Beziehung etwas neugierig sein und vielleicht über die Motive oder die Vorarbeiten des Ministers nähere Aufklärung wünschen wird. Vielleicht kommen wir uns auf diesem Wege dann ein wenig näher, vielleicht allerdings auch nicht. Ich betone das deshalb, weil wir natürlich hinsichtlich der Tarife auch Wünsche haben. Und da möchte ich noch eine Bemerkung des Herrn Seuffert mit einem Satz in das richtige Licht rücken. Er hat immer von Einkommen über 100 000 DM usw. gesprochen, aber eigentlich nie erwähnt, daß es sich hierbei ja sehr häufig um Personalgesellschaften und nicht um den Kommerzienrat X handelt, der ihm vielleicht in erster Linie vorgeschwebt hat.

    (Abg. Seuffert: Schäffer will ja die Betriebssteuer verhindern; das steht in der Begründung!)

    Was die Tarife der Einkommensteuer angeht, so glauben wir, daß in einer Reihe von Gruppen ein Auseinanderziehen der Tarife nötig ist, und zwar, wenn ich Ihnen, Herr Seuffert, das verraten darf, unserer Ansicht nach auch ein Auseinanderziehen bei Einkommen über 100 000 DM sowie bei den Tarifen in der Spanne zwischen 8000 und 20 000 DM Einkommen.
    Darf ich nun noch, ehe ich zu Weiterem komme, insbesondere zum Kapitalmarktförderungsgesetz, auf die Leute eingehen, die von diesem Gesetz überhaupt nicht begünstigt werden. Solche gibt es nämlich komischerweise. Das sind in erster Linie die Körperschaften. Für die Körperschaften bleibt der Steuersatz von 60 % völlig unverändert. Es gibt nun, wie Sie wissen, nicht bloß Körperschaften, die Gewinne ausschütten, sondern auch solche, die entweder ihre Gewinne nicht ausschütten oder aber in ihrer Steuerpolitik zu erheblichen Steuerbeträgen herangezogen werden, ohne Gewinne in der Handelsbilanz auszuweisen. Diese haben überhaupt nichts von dem Gesetz, sie haben im Gegenteil Verschlechterungen dadurch, denn der Wegfall der Vergünstigungen trifft sie in vollem Umfang. Der trifft auch, wie Sie sich sicher inzwischen ebenfalls überlegt haben, die Personalgesellschaften. Der eigentliche Gedanke der Steuersenkung kommt in Reinkultur nur den Einzelpersonen zugute — und das begrüßen wir —, die von diesen Vergünstigungen keinen Gebrauch machen.
    In diesem Zusammenhang möchte ich zurückkommen auf Ihren Satz „Hat der Arbeiter Geld, so hat's die ganze Welt". Das ist eine völlig richtige Umdeutung des früher aufgestellten Satzes. Wenn Sie die Frage stellen „Hat der Arbeiter Geld?", so bin ich allerdings in der sehr angenehmen


    (Dr. Wellhausen.)

    Lage, zu sagen: ja, er hat Geld. Denn welcher Berufsstand in Deutschland hat es fertig bekommen — auf Wegen, die ich gar nicht erörtern will; ich freue mich über das Ergebnis —, seine Bezüge nicht bloß parallel mit der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex zu erhöhen, sondern diese Entwicklung nicht selten sogar zu übertreffen?

    (Abg. Seuffert: Ich habe die Zahlen über die Entwicklung des Arbeitseinkommens doch vorgetragen!)

    Darüber wollen wir froh sein, und wir wollen uns nicht zu sehr aus taktischen Gründen — entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen das unterstelle — davon leiten lassen, daß hier Geschenke verteilt werden sollen. Das ist ja vor ungefähr zwei Jahren schon einmal behauptet und meines Erachtens bereits damals mit sehr guten Gründen zurückgewiesen worden. Die zweite Lesung wird uns vielleicht in diesem Punkte etwas aufgeklärter finden, als wir es heute sind, denn heute könnte es den Anschein haben, als ob nur die SPD aufgeklärt sei.
    Ich habe Ihnen gesagt, ich wollte einen Ausflug zum Kapitalmarktförderungsgesetz machen; denn es ist ja in Wirklichkeit ein Steuergesetz. Wie hat sich nun dieses Erste Kapitalmarktförderungsgesetz — nach meiner Ansicht ist das Wort „Erstes" das beste an dem ganzen Gesetz — inzwischen ausgewirkt? Kaum war die Tinte der Unterschrift des Bundespräsidenten trocken, da hat sich der verehrte Bundesfinanzminister, na, ich will mal sagen, auf einen Ackerschlepper gesetzt — er braucht nicht von der MAN zu sein — und hat sich bemüht, nun einmal die Ackerkrume ein wenig aufzuritzen. Wofür? Für den allgemeinen Kapitalmarkt? — Nein, keineswegs, sondern für die Bundesanleihe. Ich glaube, manchen Urhebern des Kapitalmarktförderungsgesetzes ist dabei ein wenig bedenklich geworden, und das ist auch richtig. Das Gesetz ist ein Torso; das Gesetz ist um so mehr ein Torso, als durch einzelne Mitglieder dieses Hauses auch noch bewirkt worden ist, daß die steuerliche Begünstigung des ausgeschütteten Gewinns bei Aktiengesellschaften im letzten Augenblick wieder herausgekommen ist, ein Gedanke, dem Sie, wenn ich mich recht entsinne, gar nicht völlig ablehnend gegenüberstanden, Herr Seuffert, und vielleicht auch heute nicht gegenüberstehen. Ich bin aber der Meinung, daß es sich bei dieser Begünstigung der Ausschüttung der Dividende nicht um den Nettobetrag, sondern um den Bruttobetrag, also um den zur Ausschüttung benötigten Betrag handeln muß.
    Es sind uns viele Eingaben zugegangen, in welcher Beziehung sonst für den Aktienmarkt etwas getan werden könnte, und ich bin schon der Meinung eines Gutachtens der amerikanischen Industrie, das ich vor kurzem gelesen habe, in dem klar und deutlich drinsteht: Die deutsche Industrie ist vertrauenswürdig für Anlagen auch seitens Amerikas, aber die Doppelbesteuerung, die das Kernstück der deutschen Steuergesetzgebung auf diesem Gebiete ist, verhindert jede Möglichkeit der Anlage. Soviel hierzu!
    Ich habe vorhin schon in der Geschäftsordnungsdebatte die beiden Blitzableiter, die ich Ihnen, Herr Seuffert, nicht zur Beachtung, sondern die ich als Warnung aufstellen wollte, erwähnt, und ich will jetzt noch etwas darüber sagen. Was zunächst den § 4 Abs. 4 angeht, der sich also mit überzogenen Betriebsausgaben beschäftigt, so ist er nach unserer Auffassung weder in der Fassung der Novelle noch in der Fassung des Bundesrats brauchbar. Die Erfahrungen, die wir mit der Spesenverordnung gemacht haben, sollten uns eigentlich davor bewahren, auf diesem Gebiete und nunmehr sogar auf einem breiteren Gebiete neue Husarenritte zu unternehmen.
    Was die Haushaltsbesteuerung angeht, so schwebt allerdings meinen Freunden als Endziel das amerikanische Splitting-System vor. Der Herr Bundesfinanzminister hat es, glaube ich, allgemein abgelehnt. Wir sehen ein, daß es im Augenblick nicht durchführbar ist. Wir streben ihm aber zu. Warum soll nicht auch aus Amerika einmal etwas Gutes kommen?
    Wir möchten doch daran erinnern — was die Regelung heute und morgen angeht —, daß der § 41 in der Durchführungsverordnung nicht etwa 1941 von den bösen Nazis eingeführt worden ist, sondern daß er schon von 1925 bis 1934 gegolten hat. Dann haben ihn die Nazis, weil damals ihre Taktik eine andere war — Vollbeschäftigung usw. —, abgeschafft, und 1941 haben sie ihn wieder eingeführt. Wir glauben nach dem Eindruck, den wir von den Eingaben haben: bis jetzt hat offenbar von den Rednern mit Einschluß des Herrn Bundesfinanzministers von den Eingaben der Frauen und der ihnen nahestehenden Kreise — das sind auch die Männer, wie man sich erzählt — jeder einen anderen Eindruck. Ich glaube, wir kommen im Rahmen dieser Steuerreform und im Hinblick darauf, daß wir eben keinen Blitzableiter aufstellen wollen, in dieser Angelegenheit nur weiter, wenn wir uns dazu entschließen, die derzeitige Regelung weitergelten zu lassen.

    (Abg. Frau Dr. Ilk: Sehr richtig!)

    Dafür könnte ich auch noch manche taktischen Gründe anführen. Aber so offenherzig will ich im Augenblick gar nicht sein.
    Ich komme zum Schluß noch zu den Vergünstigungen. Das Prinzip der Vereinfachung, das ja insbesondere beim Bundesrat, der sich heute schon verflüchtigt hat, der Hauptgrund für die Gesetzesänderung ist, darf nun nicht zu Oberflächlichkeiten führen; und in dieser Gefahr sind wir. Ich bin der Meinung — und meine Freunde mit mir —, daß wir Vergünstigungen für den Wohnungsbau, für den Schiffbau, für Kapitalansammlungsverträge und für Sparkonten nicht einfach, wie das Gesetz es im wesentlichen oder fast ausschließlich tut, über einen Leisten schlagen können, sondern da vertraue ich auf Herrn Neumayer und auf Herrn Seebohm und auf wen sonst noch alles, daß sie vielleicht doch die Interessen, deren Vertretung ihnen anvertraut ist, noch im Ausschuß geltend machen werden. Wir müssen uns meines Erachtens auch sehr intensiv mit der Frage beschäftigen, ob wir gut daran tun, im März 1953 ein Gesetz zu machen, das diktatorisch und endgültig erklärt, daß am 31. Dezember 1954 alle diese Vergünstigungen ohne jeden Unterschied aufhören. Das wird nicht gehen. Wir wollen — und darin werden wir den Minister absolut unterstützen — die Bekämpfung der Mißbräuche, die auf einigen Gebieten, die Sie alle kennen, besondere Formen angenommen haben. Was die Begrenzung angeht, hinsichtlich derer der Minister, wenn ich ihn recht verstanden habe, bereit wäre, gewisse Konzessionen gegenüber seiner Novelle zu machen, möchten wir glauben, daß es richtig und ausreichend wäre, darüber im Ausschuß für Finanzen und Steuern einiges zu sagen.
    Im ganzen gesprochen ist also die Einstellung der Freien Demokratischen Fraktion zu dem Gesetzent-


    (Dr. Wellhausen)

    Wurf des Herrn Schäffer eine durchaus positive,
    und wir haben die Hoffnung, über eine große
    Reihe von Einzelfragen mit ihm zurechtzukommen.

    (Beifall bei der FDP und in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bertram.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Bertram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Nachricht von einer Einkommensteuersenkung, von einer Steuersenkung überhaupt wird immer gern entgegengenommen. Wer sollte sich bei einer solchen Steuersenkung, wenn sie auch mäßig und klein ist, nicht freuen, und das um so mehr, als der Bundesfinanzminister noch- bis vor kurzer Zeit 'den gegenteiligen Standpunkt hinsichtlich des bei dem Stand der Bundesfinanzen Möglichen vertreten hat? Insofern könnte man also dem Vorschlag des Bundesfinanzministers sehr wohl beitreten. Aber wenn man sich einmal die Einzelheiten ansieht, so wird man unschwer feststellen, daß gewisse grundlegende Voraussetzungen für eine Einkommensteuersenkung vom Bundesfinanzministerium nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.
    Da ist zunächst die Tatsache, daß die indirekten Steuern im Laufe der letzten Jahre laufend höher geworden sind und daß diese indirekte Steuerlast, die jeden Verbraucher belastet, eine solche Höhe erreicht hat, daß man die effektive Steuerlast je Kopf der Bevölkerung nur dann richtig feststellen kann, wenn man außer den Einkommensteuern oder Lohnsteuern auch noch die indirekte Steuerlast pro Kopf berücksichtigt. Das bedeutet, daß je Arbeiterhaushalt ein Jahressoll an indirekten Steuerlasten von rund 480 DM hinzugerechnet werden muß. Wenn wir aber einmal die Steuertarife berücksichtigen, die wir hier vor uns sehen, und dann zu diesen Sätzen die indirekten Steuerlasten hinzurechnen, dann ergibt sich eindeutig, daß gerade die kleineren Stufen wesentlich höher belastet sind, auch prozentual, als die mittleren und höheren Stufen. Hier liegt ein Fehler unseres gesamten Steuersystems vor, der unter allen Umständen berücksichtigt werden muß.
    Es kommt hinzu, daß der Bundesfinanzminister sein Versprechen 'der Steuersenkung in einem Zeitpunkt vorlegt, in dem — gegenüber 1948 — die Einkommen im Durchschnitt um 50 % gestiegen sind. Diese Einkommenssteigerung korrespondiert mit entsprechenden Preissteigerungen. Das bedeutet, daß die einzelnen Einkommensbezieher in eine höhere Steuerstufe geraten sind. Sie haben jetzt infolge der Steuerprogression nicht nur den Prozentsatz mehr an Steuern zu zahlen, um den das Preisniveau sich erhöht hat, sondern sind auch in eine wesentlich höhere Steuerstufe gekommen. Beispielsweise muß ein Pflichtiger der Steuerklasse I mit einem Einkommen von 5000 DM 723 DM bezahlen, mit einem Einkommen von 7500 DM, also bei einer Steigerung von 50 %, eine Steuer von 1430 DM, was eine Steuersteigerung von 100 % bedeutet.
    Die außerordentliche Steigerung des Aufkommens infolge 'der Steuerprogression hat im Laufe der letzten Jahre eine tatsächliche Steuererhöhung mit sich gebracht, die zwar schleichend' vor sich gegangen und nicht infolge einer offiziellen Erhöhung der Tarife eingetreten ist, die aber doch nichts anderes bedeutet, als daß mit der Preisentwicklung von Jahr zu Jahr auch die Steuern erhöht worden sind. Wir haben also in dieser sogenannten
    Steuersenkung nichts anderes als eine teilweise Rückgängigmachung 'der Steuererhöhung vor uns, die sich aus der Preisentwicklung 'ergeben hat.
    Die vom Bundesfinanzministerium deshalb gerade bei den kleineren und mittleren Einkommen vorgesehene Tarifsenkung entspricht bei weitem nicht dem, was sich einerseits aus der Preisentwicklung und andererseits aus der Belastung des einzelnen Verbauchers mit indirekten Steuern ergeben würde; sie entspricht bei weitem nicht dem, was sich insbesondere bei kinderreichen Familien aus der Belastung mit indirekten Steuern an sonstigen Steuerlasten ergeben würde. Hier muß in der Ausschußarbeit eine entsprechende Korrektur vorgenommen werden.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen, daß das Äußerste, was er an Konzessionen machen könne, der Gesamtbetrag von — wie er sagte — 950 Millionen sei. Dazu ist zunächst zu sagen, 'daß dieser Ausfall von 950 Millionen, der in der Begründung des Gesetzes vom Ministerium zunächst angegeben wird, auf der folgenden Seite ganz richtig wieder dahin korrigiert wird, daß durch den Verbrauch der Einkommensteile, die nicht zur Einkommensteuer herangezogen werden, zusätzliche Umsatz- und Verbrauchssteuern entstehen und zusätzliche Einkommensteile, auf die auch wieder Steuern zu zahlen sind. Dieses Mehraufkommen wird vom Bundesfinanzministerium mit einem Betrag von 390 Millionen angegeben, so daß der Minderertrag nicht, wie immer gesagt wird, 950, sondern nur 560 Millionen ausmacht.
    Aber auch diese Rechnung ist unzutreffend. Man geht davon aus, daß im Durchschnitt natürliche Personen und Körperschaften mit etwa nur — man höre und staune — 25 % besteuert würden. Wenn I wir auf der anderen Seite hören, daß der Körperschaftsteuersatz 60 % beträgt, die Höchstgrenze der Einkommensteuer nach den neuen Vorschriften 70 % beträgt, so ist ausgeschlossen, daß die Besteuerung im Durchschnitt bei 25 % liegt. Es liegt also auch hier noch eine Reserve; ds. h. der Steuerausfall, den das Bundesfinanzministerium berechnet, ist nicht richtig berechnet.
    Ferner: Die Senkung der Körperschaftsteuer auf ausgeschüttete Gewinne kommt ja den Körperschaften in keiner Weise zugute. Im Gegenteil, nach wie vor stehen sich die Körperschaften am besten, die nichts ausschütten und den nicht ausgeschütteten Gewinn voll zur Körperschaftsteuer heranziehen lassen; diese Körperschaften stehen sich immer noch besser, als wenn sie einen Teil der Gewinne ausschütten, auch wenn sie diesen Teil nur mit 40 % zu versteuern haben. Die Senkung der Körperschaftsteuer auf 40 % ist eine Maßnahme, die ausschließlich den Aktionären zugute kommt und die Körperschaften belastet, was sich auch jetzt schon daraus ergibt, daß die Körperschaften insgesamt nur verschwindend geringe Beträge auszahlen im Vergleich zu denen, die sie versteuert haben. Bei einem Körperschaftsteueraufkommen von über 5 Milliarden DM sind tatsächlich nur rund 600 Millionen DM als Gewinne ausgeschüttet worden. Diese Maßnahme. der Senkung der Körperschaftsteuer bewirkt eine Steigerung des Einkommens der Aktionäre und damit auch eine Steigerung der Einkommensteuer. Auch dieser Faktor ist bei den Berechnungen des Bundesfinanzministeriums nicht berücksichtigt.
    Endlich ist folgendes zu sagen. Bei all diesen Berechnungen kommt es nicht nur darauf an, daß der


    (Dr. Bertram [Soest])

    Saldo des Haushalts rein rechnerisch in Ordnung ist, sondern es kommt auch auf den Zeitpunkt der entstehenden Einnahmen und Ausgaben an. Wenn wir diese Frage untersuchen, so stellt sich eindeutig heraus, daß die öffentlichen Kassen zur Zeit außerordentlich stark angefüllt sind. Das beweist aber, daß die Haushaltsvoranschläge irgendwie nicht richtig, daß sie zumindest zeitlich nicht richtig angeordnet sind. Der Gesamtkassenbestand der öffentlichen Kassen betrug im Dezember 1951 5,2 Milliarden DM, im Januar 1953 7,2 Milliarden DM. Diese Steigerung um 2 Milliarden DM im Verlaufe von 13 Monaten zeigt doch, daß die Entwicklung der Ausgaben überschätzt und der Einnahmen unterschätzt worden ist.
    Größenordnungen von 2 Milliarden DM im Verlaufe eines guten Jahres bergen bereits außerordentlich gefährliche volkswirtschaftliche Nachteile in sich. Wir haben es ja zum erstenmal im Januar dieses Jahres erlebt, daß der Produktionsindex unter dem des vergleichbaren Monats des Vorjahres lag. Wir waren im Januar dieses Jahres auf einem Produktionsindex von nur 157, während wir im Januar vorigen Jahres auf einem Produktionsindex von 159 waren. Das liegt meines Erachtens zum großen Teil daran, daß die öffentliche Hand in starkem Maße Geld thesauriert hat. Die öffentlichen Geldfässer fließen einfach über. Unter diesen Umständen ist die allzu vorsichtige und ängstliche Betrachtungsweise des Bundesfinanzministeriums hinsichtlich der zu erwartenden Ausgaben, beispielsweise der zu erwartenden Besatzungslasten, oder hinsichtlich der zu erwartenden Einnahmen unbegründet. Ich sage, daß sie auch hinsichtlich der Einnahmen nicht gerechtfertigt ist; denn es ist uns allen bekannt, daß die Steuerrückstände wesentlich höher sind als in den Zeiten vor dem Krieg. Die jetzt laufenden Prüfungen der Finanzämter haben einen starken Auftrieb der Steuereingänge zur Folge gehabt; sie nehmen laufend zu. Dieser Punkt ist bei den Voranschlägen des Finanzministeriums nicht genügend berücksichtigt worden.
    Angesichts der Möglichkeiten, die in den öffentlich verfügbaren Mitteln liegen und sich aus dem künftigen Aufkommen der Steuern ergeben und mit Rücksicht auf die bei weitem noch nicht ausgeschöpften Kreditmöglichkeiten des Bundes empfiehlt sich eine wesentlich großzügigere Handhabung, als sie bisher geübt worden ist. Die jetzige Finanzpolitik, vor allen Dingen die des letzten halben Jahres, verdient die Bezeichnung einer deflatorischen Finanzpolitik. Der Bundesfinanzminister hat erklärt, daß er als Gratwanderer zwischen Inflation und Deflation wandere und den Abgründen zu beiden Seiten auszuweichen habe. Man sollte aber nicht vergessen, daß' Deflation und Inflation nicht von blinden Naturgewalten geschaffene gefährliche Abgründe sind, sondern daß w i r die Deflation und die Inflation schaffen. Wenn der Bundesfinanzminister, durch die Erfahrungen der letzten Jahre gewitzigt, in erster Linie auf 'die Gefahren einer inflationistischen Entwicklung schaut, so kann man das verstehen. Die größeren und uns zur Zeit stärker bedrohenden Gefahren kommen aber von einer deflatorischen Finanzpolitik. Deshalb ist es gerechtfertigt, alsbald eine größere Steuersenkung durchzuführen, als sie uns das Finanzministerium vorgeschlagen hat.
    Wenn diese Steuersenkung insbesondere den Pflichtigen zugute kommt, 'die ihr geringes Einkommen im wesentlichen zum Konsum verbrauchen, so geht von diesen Pflichtigen als erstes und stärkstes ein Anreiz zur Steigerung der Produktion der Verbrauchsgüterindustrie aus. Gerade von dieser Seite her ist wesentlich schneller ein Erfolg zu erwarten als von jeder anderen steuerlichen Maßnahme. Man darf doch nicht verkennen, daß gerade die Steuerpflichtigen mit größerem Einkommen ihre Dispositionen entscheidend davon abhängig machen, wie sie die zukünftige Wirtschaftsentwicklung und die zukünftige Rendite beurteilen. Diese zukünftige Wirtschaftsentwicklung wird aber allgemein mit Sorge und teilweise mit Ängstlichkeit beurteilt, und das nicht zu Unrecht, wie die Produktionsindices beweisen. Hier also 'eine Steuerpolitik anzusetzen, die eine unmittelbare Anregung gerade des Konsumgütersektors bedeutet, würde alsbald jene wirtschaftspolitischen Ziele erreichen helfen, welche die Bundesregierung uns in ihrer Begründung so beredt vorgetragen hat.
    Meine Damen und Herren! Die Frage der gemeinsamen Veranlagung wird vom Bundesfinanzministerium unter verschiedenen Gesichtspunkten vorgetragen, insbesondere im Vergleich zu der Steuerlast eines Verheirateten. Ich glaube, dieser Vergleich ist ganz abwegig. Gegen eine gemeinsame Veranlagung würde sich ja niemand wehren, wenn es sich nicht darum handelte, daß hier zwei Menschen deshalb, weil sie eine Ehe miteinander eingegangen sind, in eine höhere Progressionsstufe geraten sollen durch das 'dem Steuerrecht an sich wesensfremde Element der Gründung einer Lebensgemeinschaft. Diese höhere Progressionsstufe, in die zwei Steuerpflichtige nur deshalb kommen, weil sie verheiratet sind, ist es, gegen die sie sich mit Recht wehren und wehren müssen.
    Es ist auch nicht richtig, aus der Tatsache, daß die jetzt geltende Rechtslage beispielsweise zwei im freien Beruf tätige Eheleute nicht begünstigt, nunmehr rückzuschließen, daß die Begünstigung auch für die Arbeitnehmer beseitigt werden müsse. Eine Ungerechtigkeit, wie sie zur Zeit bei vielen Handwerkern und freien Berufen vorliegt, wird doch nicht dadurch beseitigt, daß man sie- auch auf einen Kreis von Pflichtigen ausdehnt, denen zur Zeit entsprechend den Grundsätzen wahrer Gerechtigkeit diese Vergünstigungen zustehen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wenn der Bundesfinanzminister darauf hingewiesen hat, daß ein Junktim zwischen der ganz bescheidenen Erhöhung der Steuerfreibeträge einerseits und 'dieser Vorschrift andererseits bestehe, so ist das Junktim ja völlig willkürlich, und niemand zwingt uns, das Junktim als solches anzunehmen. Wir haben es in der Hand, darüber frei zu entscheiden.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat dann auf den amerikanischen Reichtum hingewiesen. Meine Damen und Herren, stimmt es nicht außerordentlich nachdenklich, daß in Amerika die Zahl der Erwerbstätigen einen wesentlich höheren Prozentsatz als in Deutschland erreicht, daß, soweit ich weiß, zur Zeit 63 Millionen Erwerbstätige vorhanden sind, die eine Fülle von Arbeit leisten, die wir in dem ärmeren Deutschland nicht leisten können, weil uns die nötigen Arbeitsplätze fehlen, daß also gerade die Tatsache, daß in Amerika in größerem Umfang als in Deutschland Mann und Frau arbeiten, neben dem natürlichen Reichtum eine der Quellen des amerikanischen Reichtums gewesen ist? Wir verschütten wahrscheinlich in 'Deutschland


    (Dr Bertram [Soest])

    eine potentielle Quelle des Reichtumszuwachses, wenn wir den Weg gehen, den der Bundesfinanzminister hier mit so heftigen Worten verteidigt, indem er die anderen, die nicht so denken wie er, als unsozial und als die Ungerechten bezeichnet, wodurch er von vornherein eine Animosität zu schaffen sucht, in der die Sachlichkeit der Debatte unterzugehen droht.
    Meine Damen und Herren, ich bin am Ende meiner Ausführungen; ich darf nur noch auf einen Gesichtspunkt hinweisen: auf die Notwendigkeit, den Sparer auch weiterhin steuerlich zu begünstigen. Der kleine Sparer, der unter Konsumverzicht — das ist doch das Entscheidende —, indem er sich etwas vom Munde abspart, ein paar Mark zur Sparkasse trägt, verdient eine steuerliche Belohnung unter allen Umständen, und es ist gar nicht zu verstehen, wie die Bundesregierung ihre bisherige, das Sparen fördernde Linie plötzlich deswegen abbrechen will, weil sie in anderen Größenordnungen, nämlich in Größenordnungen der Kapitalanlage, die Begünstigung abschafft, während die besondere Begründung des steuerbegünstigten Sparens, nämlich der Konsumverzicht, von ihr plötzlich nicht mehr beachtet wird.
    Ich hoffe, daß in den Ausschußberatungen auch die Damen und Herren der Regierungskoalition sich unseren Argumenten gegenüber aufgeschlossen zeigen werden, so daß wir aus diesem Gesetz etwas Ganzes machen können.

    (Beifall bei der FU.)