Rede von
Walter
Seuffert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß ausdrücklich bedauern, daß diese Debatte durch die Geschäftsordnungs-Auseinandersetzung, die soeben stattgefunden hat, einen außerordentlich unglücklichen Eingang genommen hat. Der Versuch, nach zwei ausführlichen Reden des Herrn Bundesfinanzministers, jetzt und neulich in einer in der Zeit schon sehr beschnittenen Hauhaltsdebatte, der Opposition auch noch auf diese Weise die Redezeit zu beschränken, und zwar entgegen einer Übereinkunft im Ältestenrat, hinterläßt einen außerordentlich üblen Nachgeschmack.
Ich gedenke auch durchaus nicht, mich auf die Blitzableiter zu beschränken, die uns Herr Dr. Wellhausen freundlicherweise angeboten hat. Ich glaube vielmehr, daß einige sehr grundsätzliche Fragen zu diesem wichtigen Gesetz zu behandeln sind.
Lassen Sie mit den Gang der Steuerpolitik seit der Währungsreform ganz kurz rekapitulieren. Mit der Währungsreform im Jahre 1948 wurden durch einen einstimmigen Beschluß des Frankfurter Wirtschaftsrats die Grundlagen zu einer Neuordnung des Steuerwesens und der Steuertarife gelegt, die dann in der Form eines Militärregierungsgesetzes durchgeführt wurde. Der Tarif, den man damals vorgeschlagen hat, ist nicht ganz so zur Anwendung gekommen. Aber die Grundlagen blieben bestehen.
Im Jahre 1949 sind dann, auch noch im Frankfurter Wirtschaftsrat, zwei wichtige Dinge geschehen. Zunächst ist, ebenfalls einstimmig und mit Zustimmung der Opposition, das D-Markbilanzgesetz verabschiedet worden, welches eine außerordentlich großzügige Grundlage für die Steuer- und Wirtschaftspolitik der Unternehmungen geboten hat. Außerdem ist im Jahre 1949 an Stelle einer damals bereits angestrebten Tarifsenkung eine Änderung des Steuergesetzes verabschiedet worden, welche die 7er -Gruppe, den § 32 a und anderes mehr eingeführt hat, damals unter Widerspruch der sozialdemokratischen Opposition, welche sich insbesondere gegen die allzu große Begünstigung der Selbstfinanzierung in diesem Gesetz gewandt hat. Die Einsicht in die Gefahren der Selbstfinanzierung ist auf der anderen Seite des Hauses erst zwei Jahre später gekommen.
Anfang 1950 hat die Bundesregierung in Erfüllung der Zusagen, die sie in ihrer Wahlpropaganda gemacht hat und die zu entsprechenden Leistungen an die Wahlfonds der Regierungsparteien geführt haben, eine Tarifsenkung durchgeführt. Im Jahre 1951 hat sich die Bundesregierung angesichts der bedrohlichen Haushaltslage und angesichts der mittlerweile offenkundig gewordenen Gefahren des bisherigen Vergünstigungssystems genötigt gesehen, die Vergünstigungen der 7er-Gruppe einzuschränken sowie die Begünstigung des nichtentnommenen Gewinns zu streichen. Man hat dafür die Körperschaftsteuer erhöhen müssen. Man hat insbesondere — eine die breiten Massen stark treffende Maßnahme — die Umsatzsteuer empfindlich erhöht. Das waren Maßnahmen, die der Regierung selber sicherlich unbequem waren, und unbequem wurden sie natürlich auch den betroffenen Steuerpflichtigen, zumal sie nunmehr die Folgen der vielleicht etwas zu sorglos vorgezogenen Abschreibungen und anderer Ausnützungen von Steuerbegünstigungen zu tragen hatten.
Sie erinnern sich, daß im Herbst vorigen Jahres von den Zentralverbänden der Wirtschaft der sogenannte Gesetzesvorschlag zur Erhöhung der Produktivität vorgeschlagen wurde. Dieses hätte kurz gesagt bedeutet, daß für arbeitsloses Zinseinkommen eine Höchststeuer vorgesehen worden wäre, die für Arbeitseinkommen keineswegs vorgesehen wurde, und letzten Endes fast eine Strafsteuer dafür bedeutet, daß man sein Einkommen durch seiner Hände Arbeit verdient, statt es aus Kapital oder ähnlichem zu ziehen. Von diesem Gesetzesvorschlag spricht man heute nicht sehr gern. Er hat eine eingeschränkte Form in dem Antrag der Koalitionsparteien gefunden, der später auf Drucksache Nr. 3838 eingebracht wurde und die Erweiterung des § 32 a und die Wiederherstellung des § 10 a für den nichtentnommenen Gewinn und andere Dinge mehr vorschlägt, ein Antrag, der bisher im Hause nicht weiter behandelt worden ist, weil er ganz offenbar den Widerspruch des Herrn Bundesfinanzministers gefunden hat. Immerhin war bei dieser Sachlage ja wohl klar, daß etwas geschehen mußte, und es scheint ja auch, daß die Aussichten für die kommende Wahl als so unsicher beurteilt werden, daß man offenbar vorzieht, in diesem Fall die Schäfchen lieber ins Trockene zu bringen, bevor die Wahlfonds ausgeschüttet werden. Nun, die Meinung des Herrn Bundesfinanzministers war, daß etwas geschehen müsse, und gegenüber allen diesen Anträgen hat er uns nun seine Tarifsenkung, seine sogenannte gleichmäßige 'Steuersenkung als das der Steuergerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entsprechende Allheilmittel angeboten. -
Was heißt denn diese sogenannte Gerechtigkeit der linearen Tarifsenkung, die hier vorgenommen werden soll? Es ist das alte Prinzip, daß, wenn man hei einem Einkommen von 2000 oder 3000 DM jährlich 20, 50 oder 80 DM Steuer schenken will, man dann gleichzeitig bei einem Einkommen von 100 000 DM 10 000 DM Steuersenkung aus Gründen der sogenannten linearen Gerechtigkeit gewähren muß. Man kann doch die Frage einer Steuersenkung nicht schematisch nach solchen linearen Prinzipien lösen, sondern man muß sich fragen, welche Einkommen einer Entlastung bedürfen und einer Entlastung würdig sind. Man muß doch endlich einmal aufhören, in irreführender Art von Prozenten der Steuer zu reden, und muß fragen, wie sich das in Zahlen und in Prozenten des Einkommens ausdrückt.
Ich möchte hier den Nachweis zu führen versuchen, daß diese sogenannte gleichmäßige Steuersenkung in Wirklichkeit das Ungleichmäßigste und Ungerechteste ist, was man sich denken kann. Nehmen Sie einmal die Zahlen, die das Finanzministerium selbst in der Begründung zu dem Gesetzentwurf vorgelegt hat. Sie ersehen daraus, daß z. B. für ein Jahreseinkommen von 3000 DM eine Steuersenkung von 1,5 % des Einkommens oder 45 DM im Jahre vorgesehen ist. Wenn Sie davon ausgehen, dann ist es an sich schon ein sehr kühner Gedanke, daß, wenn man für die ersten 3000 DM eine Steuersenkung von 45 DM vorsieht, man für die nächsten, die zweiten, die dritten, die sechsten und zehnten und hundertsten 3000 DM des Einkommens eben -falls 45 DM vorsehen müßte. Jedermann, der von den Prinzipien der Einkommensteuer etwas weiß würde erwarten, daß in höheren Einkommenstufen wenigstens nicht jedesmal der gleiche Betrag vorgesehen wird. Die Bundesregierung geht mit ihrer gleichmäßigen Tarifsenkung weit darüber hinaus. Wenn sie für 3000 DM 45 DM Steuer nachläßt, so will sie für zehnmal 3000 DM, für 30 000 DM nicht 450 DM — zehnmal 45 DM —, sondern 1584 DM Steuern nachlassen.
Für 50 000 DM Einkommen will sie jetzt 7,1 % des Einkommens nachlassen, und statt 750 DM, die sich nach dem andern Schlüssel hätten ergeben können, 3550 DM. Für einhundertmal 3000 DM Einkommen, für 300 000 DM Einkommen, hält sie es für nötig, 12 % des Einkommens oder 36 000 DM an Steuer nachzulassen. Selbst wenn man — als das Wenigste — alles ebenso behandeln würde wie die ersten 3000 DM, kämen nur 4500 DM statt 36 000 in Frage. Bei 600 000 DM wieder ist dieses Einkommen so entlastungsbedürftig, daß zehn weitere Prozent des Einkommens oder 60 000 DM an Steuer nachgelassen werden müssen!!
Ich möchte Ihnen einmal darstellen, wie sich diese Maßnahmen nun kumuliert seit der Währungsreform ausgewirkt haben. Ein Einkommen von 200 000 DM jährlich hat im Jahre 1948 168 246 Mark Steuer gezahlt. Es zahlt nach dem neuesten Vorschlag, der uns heute vorliegt, 118 653 DM, d. h. rund 50 000 Mark weniger. Dem Steuerpflichtigen mit einem Jahreseinkommen von 200 000 Mark ist also seit dem Jahre 1948 ein Viertel seines Jahreseinkommens, ein ganzes Vierteljahr seiner Erwerbstätigkeit, von der Steuer geschenkt und freigestellt worden. Wenn Sie sich das bei einem Einkommen von 50 000 Mark ansehen, so sind daraus 1948 32 346 Mark gezahlt worden, 1953 sollen daraus gezahlt werden 20 103 DM; es ist also um 12 218 Mark Steuer entlastet worden, d. h. auch hier sind rund drei Monate des Jahreseinkommens zusätzlich von der Steuer freigestellt worden. Sehen Sie sich dagegen ein Einkommen von 6000 Mark an! Daraus wurden im Jahre 1948 1350 Mark Steuer gezahlt, im Jahre 1953 sollen daraus 975 DM Steuer gezahlt werden; das ist eine Steuersenkung um 375 Mark, d. h. dieses Einkommen, ein mittleres oder gutes Angestellteneinkommen, hat nicht drei Monate, sondern knapp zwei Drittel Monate seiner Erwerbstätigkeit von der Steuer freigestellt und geschenkt bekommen. Ein Einkommen gar von 2400 Mark im Jahre hat 1948 270 Mark gezahlt und soll jetzt 188 DM zahlen; das sind 82 Mark Steuerermäßigung, mit anderen Worten noch nicht einmal ein halber Monat. Zwei Fünftel Monate sind diesem Steuerpflichtigen von seinem Erwerb von der Steuer geschenkt worden, wobei Sie noch berücksichtigen müssen, daß diese 84 DM vielleicht so ungefähr das Doppelte von dem sind, was man ihm durch die Erhöhung der Umsatzsteuer inzwischen weggenommen hat, — was Sie nachrechnen können, meine Damen und Herren. Daß bei einem derartigen Einkommen und dem entsprechenden Verbrauch, allein die Erhöhung der Umsatzsteuer um 1 °/o 3 bis 4 DM im Monat ausmacht, kann nicht bestritten werden.
— Es ist sehr wohl auf die Preise geschlagen worden. Die Umsatzsteuer schlägt sich dreimal um, und auf die Umsatzsteuer werden wieder Umsatzsteuer und Handelsspannen berechnet. Das sind ja doch Rechnungen, Herr Kollege Neuburger, die allseitig bekannt sind.
So sieht die sogenannte gleichmäßige Steuersenkung in praxi aus!
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit weiter darauf lenken, daß nunmehr zum ersten Male und endlich das Bundesfinanzministerium seiner Begründung auch eine Tabelle beigegeben hat, die mit Einkommen in vergleichbarer Kaufkraft rechnet. Wie oft haben wir in diesem Hause und in den Ausschüssen darauf hingewiesen, daß die Berechnungen, die vom Nominaleinkommen ausgehen und Vergleiche zwischen den Steuerbelastungen in den verschiedenen Jahren anstellen, nicht angängig und unrichtig sind! Endlich hat man dem wenigstens so weit Rechnung getragen, daß man hier eine Tabelle vorgelegt hat, deren Grundlage uns nicht verraten wird, die ich aber im Augenblick akzeptieren will. Zunächst stellt diese Tabelle etwas sehr Interessantes fest. Sie stellt nämlich fest, daß die Einkommen in der niedersten Stufe bis 15Q0 DM jährlich noch heute gegenüber dem vergleichbaren Einkommen — vergleichbare Kaufkraft — früherer Jahre höher besteuert sind, als sie zu Zeiten der Kontrollratsgesetzgebung — und das war die schärfste Besteuerung, die wir in dieser Bundesrepublik jemals gehabt haben — besteuert waren, eine Behauptung, die wir immer wieder aufgestellt haben, die uns immer wieder bestritten worden und die nun hier in den Regierungsunterlagen bewiesen ist. Und zwar ist ausgerechnet diese niederste Einkommenstufe die einzige, die nach dem heute geltenden Tarif, in vergleichbarer Kaufkraft gerechnet, noch höher besteuert ist als nach der Kontrollratsgesetzgebung.
Wenn Sie nun in dieser Tabelle nach vergleichbarer Kaufkraft die prozentuale Belastung von Einkommen etwa 1939 und 1953 vergleichen, so sehen Sie z. B., daß ein Einkommen von 9000 Mark im Jahre 1939 mit 7,8 % und heute nach dem neuen Vorschlag mit 16,2 % besteuert ist, d. h. es trägt heute noch über das Zweifache seiner prozentualen Belastung von 1939. Ein Einkommen von 12 000 Mark wurde 1939 mit 9 % und wird heute mit 21,2 % besteuert und trägt damit heute das 2,77 fache seiner prozentualen Belastung von 1939. Bei 24 000 Mark sehen Sie, daß heute das 2,6f ache der prozentualen Belastung von 1939 erreicht ist. Bei 50 000 Mark finden Sie 1939 20,7 %, 1953 38,8 °/o, also nur das 1,95 fache, weniger als das Zweifache, bei einer Million Einkommen das 1 3/4 fache. Würde ich die Zahlen von 1926 herbeiziehen, die ebenfalls in der Tabelle enthalten sind, wäre der Unterschied noch krasser. Niemand kann wohl sagen, daß 1939 vor Einführung der Kriegssteuern ein Tarif galt, der die hohen Einkommen besonders stark heranzog.
Was sehen Sie aus einer derartigen Tabelle? Im Vergleich der prozentualen Belastung vor dem Kriege und heute schneiden die Einkommen von 50 000 Mark und aufwärts weitaus am besten ab. Welcher Grund ist denn dafür vorhanden, daß derartige Einkommen im Verhältnis zu 1939 nicht wenigstens dieselbe prozentuale Belastung tragen können, die man z. B. Einkommen von 9000 bis 24 000 Mark zumutet? Welcher Grund ist denn vorhanden, gerade diese Einkommen stärker zu entlasten als die eben genannten mittleren Einkommen? Man sollte doch meinen, daß sie wenigstens dasselbe tragen können wie diese.
Es wird soviel von der außerordentlichen Oberbelastung der hohen Einkommen gesprochen. Lassen Sie mich auch dazu noch einige Zahlen nennen. Wir haben heute ja sehr wenig Steuerstatistik im Bundesgebiet; aber einige Statistiken sind doch greifbar. Im Jahre 1949 gab es in Bayern 231 Leute mit Einkommen über 100 000 DM. Diese hatten zusammen 54 Millionen DM Einkünfte, d. h. natürlich die von der Steuer erfaßten Einkünfte, was nebenbei gesagt immerhin ein Durchschnittseinkommen von 230 000 DM jährlich für diese 231 Leute ergibt. Auf diese 54 Millionen DM Einkünfte zahlten sie 29 Millionen DM Steuern, das sind 53 bis 54 % Das zahlten sie im Schnitt, und das ist nun die berühmte angebliche Überbelastung der hohen Einkommen! Oder eine andere Ziffer aus derselben Statistik: Es gab 568 Leute mit Einkommen zwischen 50- und 100 000 DM. Sie hatten zusammen 43,2 Millionen DM Einkünfte und zahlten 23,9 Millionen DM Steuer, das sind auch wieder 53 bis 54%, wobei wohlbemerkt die übermäßigen Betriebsausgaben und alle sonstigen Unkosten und
steuerfreien Einkünfte und was da gemacht worden ist, vorher abgezogen sind. Diese 53 bis 54 % sind also die übermäßige Belastung der hohen Einkommen, diese 53 bis 54 %, die ja in Wirklichkeit an das berühmte Optimum von 50% der Besteuerung schon so gut wie herankommen. Diesen 231 Leuten mit einem Durchschnittseinkommen von 230 000 DM jährlich sind bei dieser Besteuerung mindestens 100 000 DM — ich sage: mindestens 100 000 DM — nach Bezahlung der Steuer zur freien persönlichen Verfügung geblieben.
In der Bundesrepublik gab es im Jahre 1949 2696 derartige Leute mit Einkommen über 100 000 DM. Natürlich gibt es jetzt mehr; denn die Einkommen sind gestiegen und auch die Steuererfassung ist besser gewesen. Nach diesem neuen Vorschlag verbleiben ja jedem, der 100 000 DM Einkommen hat, bereits 50 000 — 50% — dieses Einkommens zur freien Verfügung nach Bezahlung seiner Steuer. Lassen Sie doch das Märchen von der übermäßigen Belastung der großen Einkommen, meine Damen und Herren! Was hier vorgegangen ist, ist in Wirklichkeit eine übermäßige Steuerentlastung dieser großen Einkommen. Wenn ich eben gesagt habe, daß so viele Leute in der Bundesrepublik verbleiben — denn es dürfte heute schätzungsweise an Einkommen von 100 000 DM in der Gegend von 10 000 geben —, denen mindestens 50 000 DM nach Bezahlung der Steuer als freies persönliches Einkommen zur Verfügung stehen, so möchte ich Sie einmal fragen, wieviel Leute es z. B. in England gibt, denen nach Bezahlung der Steuer 4000 Pfund — das sind ungefähr 50 000 DM — im Jahr von ihrem Einkommen übrigbleiben. Ich will es Ihnen sagen: im Jahre 1938/39 gab es etwa 19 000 derartige Leute in England, im Jahre 1945/46 gab es 885, im Jahre 1948/49 86, im Jahre 1949/50 60 — und bei uns 5- bis 10 000.
Dafür allerdings ist in England — ich zitiere auch wieder die Zahlen, die der Herr Bundesfinanzminister in seiner Etatrede gebracht hat — ein Einkommen von 5000 DM jährlich bei einem Verheirateten mit einem Kind mit 1,26 % versteuert, in der Bundesrepublik dagegen mit 10,86 %.
Das ist natürlich die andere Seite der Medaille.
--- Das macht sich dann allerdings dadurch wett, Herr Dr. Dresbach, daß ein Einkommensbezieher mit 100 000,— DM in der Bundesrepublik weniger Steuer zahlt als in den Niederlanden oder in England. Dabei hat der Herr Bundesfinanzminister — auch hier zitiere ich wieder seine Haushaltsrede — noch die 61 % Steuern eingesetzt, die bisher galten, und nicht die 50%, die er jetzt für diese Einkommen vorschlagen will. Auf diesen Höhen des Lebens allerdings scheint es sich eher zu lohnen, in einem Staate zu leben, der den Krieg verloren hat.
— Ich habe die Zahlen zitiert, die uns der Herr Bundesfinanzminister als Material zur Beurteilung derartiger Vergleiche vorgelegt hat.
Sie sehen daraus, was für ein Unterschied zwischen verschiedenen Steuerpolitiken bestehen kann. Ich glaube, daß die Auswirkungen in England und die Auswirkungen hier den Unterschied deutlich machen. Es ist tatsächlich so, daß eine zahlenmäßig — soweit die Steuerstatistiken herauskommen — bereits greifbare Gruppe von etwa 10 000 Leuten mit Einkommen über 50 000,— DM — im Jahre 1949 waren es rund 9000, und es sind inzwischen bestimmt mehr geworden — ganz ausgesprochen das Lieblingskind der Steuerpolitik und das Lieblingskind der Bundesregierung ist.
Eine weitere Frage: Der Herr Bundesfinanzminister rechnet mit einem Steuerausfall von 950 Millionen — netto, denn, wie aus seinen weiteren Verlautbarungen zu entnehmen ist, hat er verschiedene Posten bereits abgezogen. Wie verteilt sich dieser Ausfall von 950 Millionen? Wir können keine genauen Zahlen sagen, weil sie uns der Herr Bundesfinanzminister noch nicht gegeben hat; vielleicht bekommen wir sie noch. Wir können aber immerhin folgendes schätzen: für die Erhöhung der Freibeträge von 750,— auf 800,— DM um 50,— DM im Jahre dürften ungefähr 50- bis 60 Millionen erforderlich sein. Es ist leicht auszurechnen, daß für die erwähnten Lieblinge der Steuerpolitik, für die Einkommen über 50 000 DM, das Zwei- bis Dreifache dieses Steuerausfalls ausgegeben wird, wobei noch nicht einmal der Schatten einer Begründung versucht worden ist, warum denn gerade diese Einkommen besonders hohe Steuererleichterungen brauchen und warum sie überhaupt Steuererleichterungen brauchen. In Wirklichkeit sind diese 950 Millionen ein Saldo. An diesem Saldo ist auch das mitgerechnet, was der Herr Bundesfinanzminister durch die Verschärfung der Haushaltsbesteuerung bei den mitverdienenden Ehefrauen in die Kasse bringen will. Wenn Sie nochmals seine Verlautbarungen durchsehen, werden Sie sehen, daß er sich in den kommenden Jahren, in denen diese Maßnahmen zur Auswirkung kommen sollen, einen sehr wesentlichen Gegenposten für seine sonstigen Steuerausfälle berechnet. Herr Bundesfinanzminister, erzählen Sie uns doch nicht, daß Sie diese Bestimmung gebraucht hätten, um den Familiensinn zu fördern oder um der Gerechtigkeit willen usw. Es kommt Ihnen doch ganz einfach auf die mehreren hundert Millionen an, die Sie ausgerechnet an dieser Stelle wieder in den Steuersäckel hin-einholen wollen. Sie haben uns bisher noch nicht gesagt, wie Ihrer Ansicht nach die genauen Zahlen liegen. Ich will nicht auf die Zahlen aus der Debatte von 1951 zurückgreifen; sie könnten überholt sein. Da Sie aber in Ihrer Stellungnahme zu den Bundesratsvorschlägen so beiläufig geäußert haben, daß allein die Differenz zwischen dem Kompromißvorschlag des Bundesrats und Ihren Absichten immerhin 100 Millionen jährlich ausmacht, rechne ich damit, daß Sie auf diese Weise mehrere hundert Millionen DM hereinbringen wollen. Das wären dann wahrscheinlich gerade die mehreren hundert Millionen, die Sie höchst unnötiger- und unbegründeterweise den Einkommen über 50 000 DM zusätzlich schenken wollten. Wirklich, Herr Bundesfinanzminister, es bedarf weder eines Gottes noch eines Halbgottes, um sich etwas Besseres an Steuerreform auszudenken, auch vor den Wahlen.
Ich habe dabei bisher immer nur von der Gestaltung des Tarifs gesprochen. Es kommt ja noch , das ganze Vergünstigungssystem mit der Art und Weise, wie es sich in den vergangenen Jahren ausgewirkt hat, hinzu. Es hat sich sehr einseitig ausge-
wirkt. Es kann gar nicht bestritten werden, daß alle diese Vergünstigungen der 7er -Gruppe, die Vergünstigungen für Kapitalansammlungen und all das mehr, sich ganz einseitig für die großen Einkommen ausgewirkt haben.
— Die 7c -Mittel sind von den großen Einkommen geleistet worden, das wissen Sie, Herr Dr. Wellhausen. Was die begünstigten Sparkonten anlangt, so wissen wir z. B. aus den Zahlen, die uns Herr Dr. Strathus in seiner Schrift im Institut „Finanzen und Steuern" gegeben hat, daß rund 50 % dieser Kapitalansammlungen direkt aus Steuermitteln weggenommen worden sind. Schon diese Zahlen allein zeigen, daß die Kapitalansammlungen nur von Leuten mit hohen Steuersätzen gemacht worden sind. Eine Untersuchung der steuerbegünstigten Spareinlagen bei den Sparkassen einerseits und bei den Großbanken andererseits zeigt genau dasselbe Bild, wobei ich auf all die Dinge wie beliehene Versicherungen, rückgezahlte Kredite usw., die ohne jeden Effekt für den Kapitalmarkt nur eine Steuerersparnis gebracht haben, gar nicht im einzelnen eingehe.
Ich möchte Ihnen noch einige interessante Zahlen zum Beweis dafür nennen, wie einseitig sich diese Dinge ausgewirkt haben. In Schleswig-Holstein haben im Jahre 1949 44 Pflichtige von den Begünstigungen des § 32 a Gebrauch gemacht, der ja überhaupt nur für Bezieher recht großer Einkommen — wenn ich mich recht erinnere, in seiner damaligen Fassung für Einkommen von etwas über 32 000 DM — in Frage kam. Diese 44 Pflichtigen haben damit 9,4 Millionen DM an Steuern erspart.
Das sind von dem damaligen Gesamtaufkommen von 103 Millionen DM des Landes Schleswig-Holstein an veranlagter Einkommensteuer rund 9 %. Das haben die 44 Pflichtigen mit einem einzigen, für sie geschaffenen Paragraphen gespart.
— Der § 32 a für die Wirtschaftsbelebung? — Ich werde auf die Fragen der Wirtschaftsbelebung noch zurückkommen, Herr Neuburger. Im Jahre 1949 haben von den Begünstigungen der 7er -Gruppe im Lande Schleswig-Holstein 4781 Steuerpflichtige Gebrauch gemacht und damit 17,6 Millionen DM Steuern gespart. Davon hatten 768 ein Einkommen über 20 000 DM, und diese 768 — von den 4781 — mit den höchsten Einkommen haben allein 10,36 Millionen DM an Steuern gespart,
d. h. weitaus mehr als die Hälfte aller Vergünstigungen der 7er -Gruppe.
Und das gilt nur für die Einkommensteuer; darin sind noch nicht die Beträge, die bei Körperschaften auf die gleiche Art und Weise gespart worden sind und die natürlich im großen und ganzen demselben Kreis zugute kommen.
Dazu kommt, daß die ganze 7er -Gruppe, also 7 a, 7 c, 7 e usw., nur bei Buchführung, nur von Unternehmen in Anspruch genommen werden kann, d. h., daß die Lohnsteuerpflichtigen von all diesen Vergünstigungen praktisch von vornherein ausgeschlossen worden sind, mit Ausnahme der Spareinlagen, die aber, wie wir tatsächlich an den Zahlen sehen, auch nur für die Bezieher recht hoher Einkommen lohnend waren. Diese Auswirkung der Vergünstigungen kommt also zu der ganzen Tarifentwicklung, wie ich sie vorhin gezeigt und analysiert habe, noch hinzu.
Nun ist in diesem Zusammenhang immerhin noch eines zu erwähnen. Der Herr Bundesfinanzminister hat für die von ihm beabsichtigte Steuersenkung eine ganze Reihe von Deckungsvorschlägen erwähnt, die alle sehr fragwürdiger Natur sind. Er stützt sich darauf, daß er den Ländern mehl Steuern abnehmen will, und er weiß noch nicht, wie er das machen soll. Er will den Steuerausfall durch eine Zwangsanleihe bei der Sozialversicherung decken, von der ich nicht hoffe, daß er sie verwirklichen kann. Aber er hat einen sehr naheliegenden Deckungsvorschlag überhaupt nicht erwähnt. Die Begünstigungsvorschriften des § 7 a mit den vorgezogenen Abschreibungen, auch die Begünstigungsvorschriften des § 7 c mit den Wohnungsbaudarlehen, die ja einmal zurückgezahlt werden müssen, und alle anderen Begünstigungen, Schiffsbaugelder usw., wirken sich ja praktisch wie Steuerstundungen aus. Wenn die Abschreibungen fehlen, was jetzt der Fall ist, wenn gleichbleibende Gewinne aus den inzwischen gebauten Anlagen gezogen werden und wenn die 7 c- Gelder zurückfließen, dann muß diese Steuer zurückgezahlt werden. Insofern — und das hat erstaunlicherweise der Herr Bundesfinanzminister bisher nie erwähnt — liegen in der Tat eine ganze Menge von Reserven sowohl in der Einkommensteuer wie in der Körperschaftsteuer, und es wäre ein außerordentlich naheliegender Gedanke, daß insbesondere den Lohnsteuerpflichtigen und den kleinen und mittleren Einkommen nun diese Reserven zugute kommen, die aus Vergünstigungen entstanden sind, von denen sie keinen Gebrauch machen konnten.
Wenn man aber den Tarif senkt, Herr Bundesfinanzminister — das haben Sie bisher nicht erwähnt —, dann verzichtet man insoweit auf Rückzahlung dieser Steuerstundungen; dann verzichtet man auf diese Reserven zu Lasten derer, die an den Vergünstigungen nicht teilnehmen konnten und denen diese Reserven nun zustehen würden.
Bei dieser Betrachtung der Steuervorlagen glauben wir als sozialdemokratische Opposition nichts anderes tun zu können, als dieser außerordentlich einseitigen Steuerpolitik ebenso deutlich und brutal, wie diese Politik verfolgt wird, die Forderungen der kleinen und mittleren Einkommen und die Forderungen der Lohnsteuerpflichtigen entgegenzustellen, die jetzt auch einmal zum Zuge kommen müssen. Das Mittel dazu kennen Sie sehr wohl; es ist die Erhöhung der Freibeträge. Denn die Erhöhung der Freibeträge ist ein steuersystematisches Mittel, das bekanntlich in erster Linie Steuererleichterungen für kleine und mittlere Einkommen bringt im Gegensatz zu den linearen Tarifsenkungen, die in erster Linie Steuerentlastungen für große und sehr große Einkommen bringen. Gerade diese Eigenschaft macht uns das Verfahren mit den Freibeträgen so sympathisch und vielleicht Ihnen so unsympathisch.
Ganz abgesehen davon sind wir allerdings der
Auffassung, daß ein gesundes Steuersystem auf
einem gesunden Existenzminimum beruhen muß. Nach unserer Überzeugung ist es geradezu die erste Forderung der Steuermoral, daß die Steuer dem Einkommenbezieher wenigstens dasjenige Existenzminimum frei läßt, das man auch einem Schuldner als pfändungsfreien Betrag beläßt.
— Sehr wohl, und es wäre, weiß Gott, zu wünschen, daß wir endlich zu einer solchen kämen, Herr Neuburger! —
Sagen Sie mir nicht, meine Damen und Herren, der Ausfall würde zu groß! Sie wissen genau wie ich und wie wir alle, Herr Bundesfinanzminister, daß durch eine entsprechende Tarifgestaltung der Ausfall genau so hoch gehalten werden kann, wie man ihn braucht und wie man ihn vertragen kann. Ich verbitte mir, Herr Bundesfinanzminister, daß Sie hier Zahlen in die Welt setzen, wonach bei einem bestimmten Freibetrag der Ausfall soundso hoch sei!
Das hängt vom Tarif ab; das wissen Sie ganz genau!
Wir werden auf dieser Forderung nach wie vor bestehen.
Wir fänden es auch sehr angemessen, wenn Sie wenigstens für das Arbeitseinkommen einen zusätzlichen Freibetrag geben würden, wie er sogar in der Kontrollratsgesetzgebung gegeben worden ist und wie er in den vorbildlichen Steuersystemen der angelsächsischen Länder ebenfalls selbstverständlich ist. Wir glauben, daß diese Anliegen weitaus wichtiger sind, als nun eine Regulierung auf dem Aktienmarkt auf Steuerkosten vorzunehmen und anderes mehr.
Da wir gerade von Wichtigkeit reden: Hat eigentlich die Bundesregierung es ganz übersehen, zu der sehr begrüßenswerten Anregung des Bundesrats, Steuerfreiheit für Wiedergutmachungsleistungen zu gewähren, Stellung zu nehmen, oder will sie sich dieser Anregung widersetzen?
Ich möchte in der Tat, Herr Kollege Neuburger, noch etwas zur wirtschaftlichen Seite der Angelegenheit sagen, weil ja von Ihrer Seite immer gesagt wird, ausschließlich die von Ihnen vorgeschlagenen Steuersenkungen trügen zur Belebung der Wirtschaft bei,
während das dem, was wir schon sehr lange hier vorgetragen haben, immer abgesprochen wird. Was will man denn eigentlich mit dieser Steuersenkung erreichen? Will man noch mehr Investitionen machen? Glaubt man denn nicht, daß im Augenblick vielleicht von der Absatzseite her die Spritze für die Wirtschaft notwendig wäre? Es sind vom Wirtschaftsministerium und von ihm nahestehender Seite in den letzten Tagen großzügige Pläne zur Konsumförderung und ähnliches verkündet worden. Ja, wer soll denn mehr konsumieren? Wem wollen Sie denn die Möglichkeit geben, mehr zu konsumieren?
Wollen Sie wirklich behaupten, daß es darauf ankommt, daß die Einkommen von 50 000 DM und darüber für 5000 oder 10 000 DM im Jahr mehr konsumieren können?
Ich glaube, die Stellungnahme der Sozialdemokratie war in diesem Punkt immer vollkommen eindeutig. Wir haben immer betont, daß eine gesunde Kapitalbildung -- und das ist allerdings im Augenblick das Hauptproblem, mit dem wir zu ringen haben — eine gesunde, ausreichende Massenkaufkraft und eine entsprechende Sparfähigkeit der Masse voraussetzt. Meine Damen und Herren, ich darf Sie an ein altes Wort erinnern. Man hat früher immer gesagt: Hat der Bauer Geld, hat es die ganze Welt. Das war ein sehr richtiges Wort zu einer Zeit, als 75 % der Bevölkerung auf dem Lande lebten und in der Tat die ländliche Bevölkerung die unterste breite verdienende Schicht war. Heute muß dieses Wort heißen: Hat der Arbeiter Geld, hat's die ganze Welt;
wobei ich natürlich von „Arbeitern" im Sinne von Arbeitnehmern spreche und die Angestellten und Beamten nicht vergesse. Ich möchte dieses Wort nicht im Sinne einer einseitigen Arbeitnehmerpolitik gesagt haben, sondern einfach als Feststellung eines wirtschaftlichen Faktums, einer Erinnerung an gesunde, unleugbare wirtschaftliche Grundsätze und einer Erinnerung allerdings in erster Linie auch an den wertvollsten Faktor unserer Produktivität überhaupt: an die Arbeitskraft. Wir glauben, daß diese Leute nun endlich Anspruch auf Verwirklichung ihrer Wünsche haben; wir glauben, diese Leute haben nun endlich einen Anspruch darauf, daß die Reserven, die in der Tat in der Steuer liegen, nun für sie ausgeschöpft werden.
Meine Damen und Herren, vor einigen Monaten hat das Münchener Ifo -Institut für Wirtschaftsforschung eine Berechnung über den Anteil des Arbeitseinkommens und des Einkommens der Selbständigen am Volkseinkommen veröffentlicht. In dieser Berechnung ist allerdings meiner Ansicht nach das Netto-Einkommen der Selbständigen weitaus zu gering angesetzt; aber immerhin ergibt sich selbst nach dieser Berechnung, daß von Anfang 1951 bis Ende 1952 der Anteil des Arbeitseinkommens am Netto-Volkseinkommen von 62 auf 56 % gefallen und der Anteil des selbständigen Einkommens von 38 auf 44 % gestiegen ist.
Das ist der Hintergrund der sozialen Entwicklung, die bei dieser Steuerpolitik vor sich geht.
Auch wir Sozialdemokraten machen uns keine Illusion darüber, hier etwa ein amerikanisches Lohnniveau hinter hohen Schutzzollmauern aufbauen zu können. Wir wissen, daß wir exportfähig bleiben müssen.
Aber ich glaube, unser Volk und unsere arbeitenden Menschen haben Anspruch auf d e n europäischen Standard, der in Europa zu erlangen ist, und sie haben Anspruch darauf, daß sich der notwendigen Selbstbescheidung niemand in diesem Volke entzieht und daß man nicht versucht, durch Abspaltung einer begünstigten Gruppe der hohen und höchsten Einkommen eine Fellachendemokratie aufzurichten.
Und ein letztes Wort: Man spricht so viel gerade von Ihrer Seite, wenn Sie von Steuerpolitik reden, von der notwendigen Erhaltung der Substanz, von der notwendigen Pflege der Abschreibungen usw. und der wirtschaftlichen Bedeutung aller dieser Dinge. Haben Sie sich denn einmal Gedanken darüber gemacht, ob nicht der wichtigste Faktor der Wirtschaft, ob nicht die menschliche Arbeitskraft auch Anspruch auf Erhaltung ihrer Substanz hat?
— Ja, wir müssen aber jetzt von den kleinen und mittleren Einkommen sprechen,
denn Sie wissen ja, daß 75 % der Erwerbspersonen dieser Bundesrepublik zu den unselbständigen Arbeitnehmern gehören, und Sie wissen genau, welchen Einkommensgruppen diese ganz überwiegend angehören. Sehen Sie, wenn jemand von seiner Jugend an bis in sein Alter gearbeitet hat und wenn er gerade immer nur das Leben hat fristen können, wenn ihm nicht etwas übriggeblieben ist, um sein Alter zu sichern, um für seine Bildung etwas zu tun, um für seine Kinder etwas zu tun, um etwas Eigentum zu bilden und etwas zu sparen, wenn er dann aus diesem Leben geht, vielleicht in seinen letzten Jahren noch kümmerlich an eine Rente geklammert, die man alle halben Jahre durch heftige Parlamentskämpfe wieder etwas höher schrauben muß, wenn er dann geht und bei seinen Kindern fängt genau dasselbe von vorn an — er konnte ihnen nichts hinterlassen —, und von all dieser Arbeit ist, wenn er aus dem Arbeitsprozeß ausgeschieden ist, nichts an Alterssicherung übriggeblieben, dann ist eben die Substanz dieser Arbeitskraft restlos verbraucht worden, und sie ist nicht erhalten worden.
Das wollen wir verhindern. Hier wollen wir das Schicksal dieser Menschen verbessern. Und, meine Damen und Herren, das haben Sie bisher nie berücksichtigt, und das, was Sie mit dieser Steuervorlage und mit dieser Steuersenkung verfolgen wollen, läuft dem stracks zuwider. Wir lehnen deswegen diese Vorlage in ihren entscheidenden Punkten ab.