Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Der Grenz-
zwischenfall an der deutsch-französischen Grenze bei Schweigen am 13. November hat sich wie folgt zugetragen.
Die deutschen Grenzkontrollbeamten in Schweigen, die darauf aufmerksam gemacht worden waren, daß eine Anzahl von für die französische Fremdenlegion angeworbenen Deutschen in einem französischen Militärauto über die Grenze gebracht werden sollte, wiesen den Transportführer, einen französischen Unteroffizier, darauf hin, daß sich die in dem Omnibus befindlichen deutschen Staatsangehörigen der deutschen Paßkontrolle unterziehen müßten. Der französische Transportführer lehnte jedoch die an ihn gerichtete Aufforderung, die deutschen Insassen des Omnibusses zur Paßabfertigung zu veranlassen, ab. Er verweigerte auch die von den deutschen Grenzbeamten verlangte schriftliche Erklärung, daß sich in dem Omnibus keine deutschen Staatsangehörigen befänden. Nach etwa einer Stunde traf französische Gendarmerie ein. Der französische Gendarmerieführer in Schweigen überprüfte die Transportliste und gab Befehl, die Schranken zu öffnen. Die französischen Gendarmeriebeamten drängten daraufhin die deutschen Beamten von der Barriere ab, öffneten die Schranken und veranlaßten die Durchfahrt des Omnibusses.
Es ist der Bundesregierung wie Ihnen auch, meine Damen und Herren, bekannt, daß deutsche Staatsangehörige in der Bundesrepublik für ausländische Militärdienste angeworben werden. Um die Anwerbung von deutschen Staatsangehörigen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung außerhalb des Bundesgebietes zu unterbinden, hat die Bundesregierung im Jahre 1950 einen entsprechenden Gesetzentwurf im Rahmen eines Strafrechtsänderungsgesetzes eingebracht, Drucksache Nr. 1307. Heute ist in einer Sitzung des Rechtsausschusses Beschluß hierüber gefaßt worden, und wir dürfen wohl annehmen, daß in den nächsten Wochen das Hohe Haus mit der Vorlage befaßt wird.
Wegen dieses Grenzzwischenfalls und vor allem wegen einer Unterbindung der Anwerbung von deutschen Staatsangehörigen im Bundesgebiet habe ich mich in einem Schreiben vom 21. November 1952 an den geschäftsführenden Vorsitzenden der Alliierten Hohen Kommission gewendet und die Alliierte Hohe Kommission gebeten, erstens die Werbung von deutschen Staatsangehörigen im Bundesgebiet für Militärverbände einer ausländischen Macht zu verhindern und zweitens den deutschen Behörden die Grenzkontrolle auch über die Angehörigen der Besatzungsbehörden und Besatzungsstreitkräfte so bald als möglich zu übertragen. Nach Abgang dieses Schreibens wurden der Bundesregierung weitere Transporte von angeworbenen deutschen Staatsangehörigen für die Fremdenlegion bekannt, welche mit französischen Omnibussen am 15. November und am 18. November 1952 die Grenzübergangsstelle Schweigen passiert haben. Mit einem Schreiben vom 4. Dezember 1952 habe ich mich deshalb erneut an den geschäftsführenden Vorsitzenden der Alliierten Hohen Kommission gewendet und nochmals um umgehende Erledigung meines Ersuchens vom 21. November gebeten. Da festgestellt wurde, daß auch weiterhin deutsche Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik für die Fremdenlegion geworben waren, über die deutsch-französische Grenze transportiert wurden, habe ich mich erneut in einem Schreiben vom 10. Januar an den geschäftsführenden Vorsitzenden der Alliierten Hohen Kommission gewendet. Ich hoffe, daß die Alliierte Hohe Kommission der Bundesregierung in Kürze eine befriedigende Antwort erteilt. Keinesfalls werde ich mich mit einer ablehnenden oder ausweichenden Antwort zufrieden geben. Ich werde versuchen, zu erreichen, daß derartige Vorgänge von der Hohen Kommission unterbunden werden.
Ich begrüße es aber ebenfalls sehr, wenn dieser Strafrechtsänderungsantrag, der die Anwerbung für ausländischen militärischen Dienst unter Strafe stellt, so bald wie möglich Gesetzeskraft erhält. Ich glaube, wir müssen unter allen Umständen dafür sorgen, daß die Deutschen, die an diesem Handel beteiligt sind, von uns zur Rechenschaft gezogen werden können.
Es ist wünschenswert, daß der Bundestag die Aufmerksamkeit auch der anderen Länder auf diese Vorgänge richtet. Es ist sehr bedauerlich, daß immer wieder durch solche Zwischenfälle die Versuche, ein gutes Einvernehmen unter den europäischen Völkern zu schaffen, gestört werden. In dem einen oder anderen Falle ist es mir persönlich gelungen, junge Deutsche wieder frei zu bekommen. Aber in der Regel ist es zu spät, wenn man davon hört. Ich glaube deswegen, auch von diesem Platze aus sagen zu müssen: die deutschen Angehörigen von jungen Leuten sollten die Bundesregierung schleunigst aufmerksam machen, sobald sie hören, daß einer ihrer Familienangehörigen sich zu diesem Schritt entschlossen hat.
Meine Damen und Herren, der Herr Vorredner hat in sehr maßvoller Weise die Dinge behandelt. Ich werde das auch tun, und ich glaube, das auch getan zu haben; aber es gibt nur ein Mittel dagegen, indem wir dafür sorgen, daß wir aus der völkerrechtlichen Lage,
in der wir uns jetzt befinden, — —
— Meine Damen und Herren, das hat mit „Aha!" ja nun wirklich nichts zu tun!
Wenn Sie wüßten, welcher Jammer in einzelnen Fällen bei den Familienangehörigen ausgelöst wird, dann würden Sie verstehen, daß ich diese Worte hier ausspreche.