Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ich habe eingeleitet mit der Feststellung: Wahlpropaganda! Herr Wuermeling hat geschlossen mit der Aufforderung: „Wählt CDU!" Wer hat denn nun recht gehabt?
Ich habe recht gehabt! Das ganze, was heute hier inszeniert worden ist, diese ganze Schönfärberei war der Auftakt für den Wahlkampf der Koalitionsparteien. Daher diese schönfärberische Darstellung der Lage bei uns in Westdeutschland, die mit der Wahrheit nichts gemein hat. Wie hoch ist die Rente, von der ein Invalide leben muß?
Im Durchschnitt 73 Mark pro Monat. 40 % aller Rentenempfänger beziehen weniger Rente, als der Wohlfahrtsrichtsatz ausmacht. Tatsache! Die Koalition freut sich über den Wegfall des Konsumbrotes.
— Ja, Sie haben das ja bewilligt, was im Haushaltsplan drinsteht, und es ausgesprochen. Sie haben es ja im Bundesrat bereits genehmigt, und der Herr von der Nahmer hat es ausdrücklich hier ausgesprochen. Man freut sich also. Die Invaliden freuen sich nicht, und es freuen sich auch die Wohlfahrtsunterstützungsempfänger draußen in den Gemeinden bestimmt nicht.
Nun ein Wort zu dem Wahlgesetz, und nun ein Wort an Herrn Gülich. Er ist vielleicht so alt wie ich. Aber als ich in der sozialistischen Bewegung angefangen habe, Herr Gülich, da habe ich eins gelernt: Das Wahlgesetz, das sozialistischen Bedingungen und Auffassungen entspricht, ist das gleiche, geheime und direkte Verhältniswahlrecht.
Vielleicht rufen Sie sich das noch einmal an Hand Ihrer alten Parteitagsbeschlüsse ins Gedächtnis zurück.
Aber nun zu dem Herrn H o r n. Wir sind ja keine Unbekannten. Heute hat er wieder einmal, statt Argumente zu bringen, mit der Methode gearbeitet, zu schimpfen. Er hat seine frommen Wünsche zum Ausdruck gebracht, die darauf hinausliefen, uns gern so schnell wie möglich loszuwerden. Ich kann ihm das nachfühlen.
— Wie lange er warten muß, das entscheidet nicht der Herr Horn. Ich habe vorhin schon gesagt: wir haben einen Adolf überstanden, wir werden auch einen Konrad noch überstehen.
Ich stelle noch einmal abschließend etwas fest. Was
reden Sie denn heute schon stundenlang? Sie haben
sich ja bereits mit dem Herrn Bundesfinanzminister einverstanden erklärt, daß Erhöhungen der Ausgaben, also Verbesserungen der Leistungen, nicht vorgenommen werden dürfen. Also kündigen Sie doch nicht Absichten an, irgend etwas zu verbessern, die Sie nicht zu realisieren in der Lage sind. Das ist doch Wahlbetrug, wenn Sie das Gegenteil tun.
Und nun noch ein abschließendes Wort.
Wir werden Ihnen, Herr Horn, bei der zweiten Beratung noch einige konkrete Anträge vorlegen, an denen Sie dann beweisen können, wie nahe Sie dem Volke stehen. Unsere Anträge werden darauf hinauslaufen, sämtliche im Plan enthaltenen direkten und versteckten Kriegsvorbereitungskosten zu streichen,
beginnend bei den Besatzungskosten bis zu den gesamten Zuschüssen für die Finanzierung des Kalten Krieges. Damit werden wir beginnen. Dann werden wir Ihnen Gelegenheit geben, zu einem breiten Sozialprogramm Stellung zu nehmen, das sich beschäftigen wird mit dem Problem des Mittelstandes, des Einzelhandels, der Landwirtschaft, der Jugend, der Sozialberechtigten, der Kriegsopfer.
Dabei können Sie dann Ihre christliche Grundsätzlichkeit und die Herren von der SPD die Grundsätzlichkeit ihrer Opposition gegenüber der Kriegsvorbereitung dokumentieren. Also bis zur nächsten, der zweiten Beratung des Etats! Dann sehen wir uns wieder mit außerordentlich konkreten Vorschlägen und Anträgen, und dann ist es aus mit dem Wahlschwindel. Dann muß nämlich gepfiffen werden, nicht nur gesungen!