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ID0124803500

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    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
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    6. Abgeordnete: 1
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    8. Wuermeling.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 248. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953 11805 248. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953. Geschäftliche Mitteilungen 11806B Begrüßung des neu in den Bundestag eingetretenen Abg. Paul Hans Jaeger (Essen) 11806C Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Neber 11806C Nächste Fragestunde, — Sperrfrist für eingehende Fragen 11806C Nachwahl des Abg. Dr. Schäfer zur Beratenden Versammlung des Europarats . 11806C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes (Nrn. 4025, 2158, 3822, 3984 der Drucksachen) 11806C Hoogen (CDU), Berichterstatter . 11806D Dr. Schäfer (FDP), (zur Geschäftsordnung) 11807D Abstimmung vertagt 11807D Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Art. 107 des Grundgesetzes (Nrn. 4026, 3769, 3950, 3985 der Drucksachen) 11806D, 11807D Dr. Spiecker, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen, Berichterstatter 11808D Beschlußfassung 11808C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 (Haushaltsgesetz 1953) (Nr. 4000 der Drucksachen) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1953 (Nr. 4006 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin (Nr. 4004 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953, 1954 und 1955 (Nr. 4005 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes (Nr. 4007 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Abg. Dr. Bertram, Hagge, Juncker u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Investitionshilfegesetzes (Nr. 3863 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 3923 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Dienstbezüge um 20 v. H. (Nr. 3941 der Drucksachen) sowie mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage des Gesetzentwurfs über die Gewährung einer ruhegehaltfähigen Zulage an Richter (Nr. 3942 der Drucksachen) 11808C Neuburger (CDU) 11809A Dr. Gülich (SPD) . . . . 11812D, 11853A Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . 11820D Jaffé (DP) 11822C Freiherr von Aretin (FU) . . . 1182613 Renner (KPD) 11827C, 11854A Hoffmann (Lindlar) (FU) . . . . 11832A Funcke (FDP) 11833C Horn (CDU) 11835B Richter (Frankfurt) (SPD) . . . 11838D Storch, Bundesminister für Arbeit 11842A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 11843A Arndgen (CDU) 11845A Dr. Wuermeling (CDU) 11846C Loritz (Fraktionslos) 11850D Dr. Schellenberg (SPD) 11854D Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4000 der Drucksachen an den Haushaltsausschuß 11855B Überweisung der Gesetzentwürfe Nrn. 4006 und 4004 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und den Ausschuß für Berlin 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4005 der Drucksachen an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4007 der Drucksachen an den Ausschuß für Arbeit und an den Haushaltsausschuß 11855D Annahme des Antrags des 13. Ausschusses Nr. 3923 der Drucksachen und Ablehnung des Antrags Nr. 3863 der Drucksachen 11855D Überweisung der Anträge Nrn. 3941 und 3942 an den Beamtenrechts- und den Haushaltsausschuß 11855D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Grenzzwischenfall Schweigen (Nr. 3864 der Drucksachen) 11856A Jacobs (SPD), Anfragender . . . 11856A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 11857D Paul (Württemberg) (SPD) . . 11859A Eberhard (FDP) 11860B Becker (Pirmasens) (CDU) . . . 11861B Niebergall (KPD) 11863A Erste Beratung des von den Abg. Dr. Frey, Merten, Frühwald und Gen. einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung (Nr. 4022 der Drucksachen) . . . 11863D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Haushaltsausschuß . . . 11863D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Bundesanstalt für Flugsicherung (Nr. 3696 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 4012 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Kreyssig, Marx, Seuffert, Wönner und Gen. betr. Werftbetrieb der „Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf" (Nr. 3957 [neu] der Drucksachen) . . 11863D Cramer (SPD), Berichterstatter . . 11864A Müller (Frankfurt) (KPD) . . . . 11864B Abstimmungen zum Antrag des 27. Aus- schusses (Nr. 4012 der Drucksachen) 11864D Überweisung des Antrags Nr. 3957 [neu] der Drucksachen an den Verkehrsausschuß 11865A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Auslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich (Nr. 359,9 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 4008 der Drucksachen) 11865A Rückverweisung an den Rechtsausschuß 11865B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Nrn. 4009, 3790 der Drucksachen) 11865B Massoth (CDU), Berichterstatter 11865B Beschlußfassung 11865D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (32. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Frau Dr. Steinbiß u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzes zur Ordnung des Hebammenwesens (Nrn. 4011, 3777 der Drucksachen) 11865D Frau Heiler (CDU), Berichterstatterin 11866A Beschlußfassung 11866C Nächste Sitzung 11866C Die Sitzung wird um 13 Uhr 36 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Josef Arndgen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Verlauf der Diskussion um den Haushalt, den uns der Herr Finanzminister gestern vorgelegt hat, ist es selbst der Opposition trotz aller Anstrengungen nur gelungen, einige Kanten ausfindig zu machen, von denen aus sie glaubte, den Haushalt ankratzen zu müssen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Aber wenn man sich diese Kanten einmal genauer ansieht, dann sind sie doch nicht so eckig, wie die Opposition glaubt, sie darstellen zu sollen.
    Wenn Herr Professor Gülich die Besatzungskosten angesprochen hat, dann ist es doch eine Leistung unserer Finanzpolitik, wenn es trotz dieser Besatzungskosten, über deren Höhe wir nicht zu bestimmen haben, möglich gewesen ist, nicht nur sehr große Not in unserem Lande zu lindern, sondern auch eine Wirtschaftspolitik zu führen, die das Sozialprodukt mit Abschluß des vergangenen Jahres bis auf eine Höhe von 125 Milliarden DM gesteigert hat.

    (Abg. Renner: Das ist aber eine komische Art der Argumentation!)

    Von dem Erfolg dieser Finanzpolitik und dem Erfolg der sozialen Marktwirtschaft ist nicht, wie Sie immer einseitig darzustellen belieben, nur ein Teil bedacht gewesen; denn wenn Sie sich einmal die nüchternen Ziffern ansehen, dann muß doch festgestellt werden, daß auch die Lebenshaltungskosten der Arbeitnehmer an diesen Zahlen partizipiert haben. Die Lohnentwicklung zeigt nach den letzten Ziffern des Lohnindex die Höhe von 191,9, während die Lebenshaltungsindexziffern bei 171 liegen.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Die stimmen ja nicht! — Abg. Mellies: Sie betrachten die Kurven wohl im Handstand! — Gegenruf des Abg. Dr. Wuermeling: Wie wollen Sie das widerlegen?)

    — Wenn Sie sagen, die Ziffern stimmen nicht, dann weiß ich nicht, in welcher Art und Weise das Wirtschaftswissenschaftliche Institut der Gewerkschaften sich dieser Zahlen bedient und mit ihnen arbeitet.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Dann hat Herr Professor Gülich davon gesprochen, daß wir schon vor dem Inslebentreten der Bundesregierung viereinhalb Jahre Gemeinde- und Länderpolitik gehabt haben. Das stimmt, Herr Professor Gülich. Aber es stimmt auch noch eins: es stimmt die Prognose, die von Ihrem Herrn am Tage X aufgestellt worden ist, daß wir in der deutschen Wirtschaft nach der Geldumstellung mit einer Arbeitslosenziffer von vier Millionen und mehr zu rechnen haben würden!

    (Sehr richtig! bei der CDU. — Zuruf von der SPD: Josef, das stimmt nicht!)

    Meine Damen und Herren, diese Prognose ist nicht wahr geworden!

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr gut!)

    Dank unserer sozialen Marktwirtschaft ist es in dieser Zeit gelungen, in unserem westdeutschen Bundesgebiet rund 21/2 Millionen Arbeitsplätze mehr zu schaffen, — also auch ein Erfolg, den wir der Politik der Regierung Adenauer verdanken.

    (Beifall bei der CDU.)

    Nun hat Herr Kollege Richter von einer Novelle zum Bundesversorgungsgesetz, die längst fällig sei, gesprochen. Ich glaube, daß auch die Abgeordneten der SPD-Fraktion mir bestätigen werden, daß über die Frage der Novelle zum Bundesversorgungsgesetz im Ausschuß für Kriegsopferfragen volle Einmütigkeit herrscht und daß in diesem Ausschuß ein Beschluß gefaßt worden ist, der der Regierung übermittelt werden wird, ein Beschluß, der nicht mit Mehrheit, sondern der einstimmig, also einschließlich der Abgeordneten der SPD-Fraktion, gefaßt wurde.
    Herr Kollege Richter hat sich mit der Drucksache Nr. 4005 beschäftigt und darauf verwiesen, daß wir seit dem ersten Weltkrieg zweimal das Vermögen der Rentenversicherung verloren haben. Dazu muß ich — das hat der Kollege Richter vergessen — doch darauf hinweisen, daß es trotz dieses Vermögensverlustes möglich gewesen ist — und zwar dank der Hilfe des Staates —, die gesetzlichen Leistungen der Rentenversicherung an die Rentner auszuzahlen.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Sie irren!)

    — Herr Kollege Richter, Sie werden genau so wie ich wissen, wie es gleich nach dem Jahre 1945, als alles darniederlag, in Hessen dank dem damaligen Präsidenten der Landesversicherungsanstalt in Zusammenarbeit mit mir gelungen ist, die Renten sofort zu zahlen, und zwar nicht aus Mitteln der Landesversicherungsanstalt, sondern aus Mitteln, die der Staat damals zur Verfügung gestellt hat.

    (Abg. Dr. Preller: Später die Arbeiter und Angestellten!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn in diesem Zusammenhang darauf verwiesen wird, daß der heutige Staat verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, daß diese Mittel, die Vermögen, die verlorengegangen sind, oder zum mindesten die Zinsen für die verlorengegangenen Vermögen, fließen, und wenn wir uns einmal vor Augen halten, was von seiten der Bundesregierung in die Rentenversicherung hineinfließt, und wenn wir wissen, daß diese Zahlen über einer Milliarde Mark liegen, und wenn wir dann auch die Grundbeträge abziehen, dann ist der Rest doch weit höher als der Zinsendienst. der aus den verlorenen Vermögen hergeleitet werden könnte. Die Vermögenswerte, die die Rentenversicherungsträger verloren haben, sind also wenigstens im Zinsendienst schon im Rückfluß.
    Soweit Herr Kollege Richter darauf verwies, daß es einem Rentner mit seiner Frau nicht möglich sei, mit 43 DM im Monat auszukommen, so hat er hier Zahlen dargelegt, die nicht stimmen.

    (Abg. Lücke: Hört! Hört!)

    Denn wenn Herr Kollege Horn darauf verwies, daß die Durchschnittsrente vor dem 1. Juni 1949 43 DM betrug, dann hat er „Durchschnittsrente" gesagt, und wenn von Durchschnittsrente in der Invalidenversicherung die Rede ist, dann denkt man an die Rente, die der höchstversicherte Facharbeiter bezieht, aber auch an die Renten der Witwen und die Renten der Waisen; und daß da sehr große Unterschiede sind, das, meine sehr verehrten Damen und Herren, weiß jeder, der sich mit Durchschnittsziffern beschäftigt. Es ist daher etwas übertrieben, wenn hier davon gesprochen wird, ein Rentner müsse mit 43 DM im Monat leben.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Das ist die Durchschnittsrente des Versicherten! — Gegenruf des Abg. Dr. Wuermeling: Bewußte Irreführung!)



    (Arndgen)

    Es ist interessant, in diesem Zusammenhang einmal darauf zu verweisen, wie sich in der folgenden Zeit, und zwar infolge der Gesetzgebung seit dem Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz, die Renten im Verhältnis zu dem Einkommen, aus dem die Beiträge gezahlt werden, künftig gestalten werden. Legen wir hier einmal die Invalidenversicherung als Beispiel zugrunde. In der Invalidenversicherung bezieht jemand schon nach einer 30jährigen Beitragsleistung auf Grund des SozialversicherungsAnpassungsgesetzes bei einem Monatseinkommen von 150 DM 68°/o seines vorhergehenden Einkommens als Rente. Nehme ich ein Einkommen von 450 DM monatlich und ebenfalls eine 30jährige Beitragszahlung, dann macht die Rente 52 % des Einkommens und bei 40jähriger Beitragsleistung 67 % des Einkommens aus. Also ist doch auf dem Gebiete der Sozialversicherungsgesetzgebung für die jetzt noch in Arbeit Stehenden, für die kommenden Renten, schon etwas getan worden. Es muß noch versucht werden, für diejenigen, die in früheren Jahren, vor dem Krieg usw. Beiträge geleistet haben, das Notwendige zu tun.
    Nun hat der Kollege Richter noch auf das Konsumbrot und auf die angenommene Tatsache verwiesen, daß die Konsumbrotsubvention beseitigt werden solle. Es klingt eigenartig, wenn das von der Opposition bekrittelt wird. Ich erinnere mich noch der Zeit, zu der die Konsumbrotsubvention eingeführt worden ist, als diejenigen, die heute die Beseitigung der Konsumbrotsubvention bekritteln, landauf, landab gefahren sind und von dem „Armeleutebrot" und von dem „Adenauerbrot" geredet haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Wuermeling: Sehr richtig! Jetzt wollen sie es auf einmal haben!)

    In der Zwischenzeit hat sich die deutsche Bevölkerung — auch diejenigen, die nicht auf diese Subvention angewiesen sind — sehr gut an dieses Armeleutebrot gewöhnt.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zuruf von der KPD: Weil sie kein anderes kaufen können!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht so, daß die Konsumbrotsubvention beseitigt werden soll, sondern es soll eine Verfeinerung dieser Subvention durchgeführt werden, und zwar so, daß diejenigen, die auf Grund ihres geringen Einkommens Anspruch auf eine Subvention haben, diese auch weiter erhalten.

    (Abg. Dr. Preller: Was macht der ungelernte Arbeiter?)

    Ich bin der Meinung, daß Staatsmittel — und Subventionen sind Staatsmittel — nur denjenigen zur Verfügung gestellt werden sollen, die, sagen wir einmal, an der Peripherie der Lebenshaltung leben, damit auch ihr Leben existenzwürdig bleibt. Ich bin daher der Meinung, daß man die Frage der Subvention nicht so, wie sie hier behandelt worden ist, abtun sollte. Vielmehr sollten wir alle gemeinsam bemüht sein, eine Verfeinerung zu finden, um denjenigen zu helfen, die auf diese Hilfe angewiesen sind, nicht eine Subvention, die auch denjenigen zugute kommt, die sie nicht benötigen.

    (Abg. Niebergall: Eine Verschleierung wäre besser! — Abg. Lücke: Ach, laß den Kommunisten doch!)

    — Meine Damen und Herren von der kommunistischen Gruppe, gehen Sie doch mit Ihren Ansichten nach drüben und tragen Sie das, was Sie hier vortragen — auch das, was der Kollege Renner hier vorgetragen hat —, drüben auf der andern Seite des Eisernen Vorhangs vor. Ich glaube, man würde Ihnen dort etwas ganz anderes sagen. Und wenn die Leute dort frei wären, würden Sie dort nicht so frei reden, wie wir es Ihnen hier noch gestatten.

    (Zurufe von der KPD.)

    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Ich stelle den Antrag, daß von den beiden dem Hohen Hause vorgelegten Gesetzentwürfen — Drucksachen Nr. 4005 und Nr. 4007 — die Drucksache Nr. 4005 federführend dem Ausschuß für Sozialpolitik und die Drucksache Nr. 4007 federführend dem Ausschuß für Arbeit überwiesen wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wuermeling.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Professor Gülich hat in seinen Ausführungen zum Haushaltsplan erklärt, es sei Aufgabe der Opposition, der Regierung zu helfen.

    (Abg. Dr. Gülich: Hat sie getan!)

    Ich habe in seinen Ausführungen leider vergeblich nach einem einzigen Punkt gesucht, den wir als Hilfeleistung für unsere Aufbauarbeit werten und auslegen könnten.

    (Hört! Hört! in der Mitte. — Abg. Dr. Gülich: Da haben Sie nicht aufgepaßt!)

    Ich hatte überhaupt gedacht, daß, nachdem der gestrige Tag nach der so eindrucksvollen Rede des Herrn Bundesfinanzministers doch eindeutig zum Tag der Regierung geworden war,

    (Oho-Rufe von der SPD)

    die Opposition den Versuch machen würde, den heutigen Tag zu einem Tag der Opposition zu machen. Aber jetzt gegen Abend, da wir am Schluß der Debatte stehen, habe ich das Gefühl, daß aus diesem Tag der Opposition allenfalls eine Nacht der Opposition geworden ist.

    (Sehr gut! in der Mitte. — Abg. Dr. Preller: Wie geistreich!)

    Denn wir haben nichts entdecken können, was im Raum der Opposition irgendwie als Erleuchtung für die Arbeit der Regierung oder der Regierungsparteien hätte genutzt werden können.

    (Hört! Hört! und Sehr gut! in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, der große Tatsachenbericht des Herrn Bundesfinanzministers schloß gestern nicht nur mit Ergebnissen finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Art, über die wir unserer Opposition immer wieder sagen müssen, daß das gesamte Ausland, die ganze Welt mit Staunen und Bewunderung davor steht, sondern dieser Bericht des Herrn Finanzministers schloß obendrein noch damit, daß trotz all der Schwierigkeiten, in denen wir uns befinden, diese Bundesregierung und diese Koalition dem deutschen Steuerzahler nun schon die zweite Steuersenkung nach der ersten von 1950 bringen konnten. Nach diesen drei schweren Aufbaujahren noch mehr zu verlangen, scheint mir wirklich nicht einmal das Recht der Opposition zu sein.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)



    (Dr. Wuermeling)

    Wiederholen wir es ruhig noch einmal: Früher, vor ein oder zwei Jahren, hörten wir noch von der „Katastrophenpolitik" der Bundesregierung und von dem „sozialen Ärgernis", das wir geschaffen hätten. Nun, wenn diese Katastrophenpolitik der Bundesregierung dazu geführt hat — um einmal einen Sektor zu nennen —, daß unsere Gold- und Devisenguthaben allein von 1951 auf 1952 von 1,2 auf 4,2 Milliarden Goldmark angestiegen sind

    (Abg. Niebes: Das ist j a dummes Zeug!)

    und der Goldfonds der Bank deutscher Länder jetzt ungefähr 600 Millionen Goldmark beträgt, dann, meine Damen und Herren, wollen wir gern noch mehr solcher „Katastrophen" in Kauf nehmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe links.)

    — Sie bestreiten diese Zahlen immer, aber hier ist das amtliche Mitteilungsblatt des Statistischen Bundesamts, darin können Sie es nachlesen. — Wenn das „soziale Ärgernis" darin bestehen soll, daß weit über das Ausmaß der Preissteigerung hinaus. wie eben schon gesagt wurde, der Lohnindex der Industriearbeiterschaft beim Stundenlohn bei 195,8 liegt gegenüber einem Lebenshaltungsindex von 171, was Sie beides nicht bestreiten können, dann, meine Damen und Herren von der Opposition, wollen wir gern auch noch mehr solcher „sozialer Ärgernisse" in Kauf nehmen. Und wenn es ein „soziales Ärgernis" sein soll, daß die Sozialleistungen aus Bundesmitteln, die 1949 gut vier Milliarden betragen haben, auf über neun Milliarden DM schon im Jahre 1952 gesteigert worden sind, dann ist auch das ein „soziales Ärgernis", das wir gern vergrößern wollen.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Aber, meine Damen und Herren, auf diesem Gebiete bewegen sich ja jetzt die Argumente der Opposition nicht mehr, jetzt beginnt man schon, andere Wege zu gehen. Jetzt sagt man sich: man möchte auch dabei gewesen sein, als diese Erfolge erzielt wurden.

    (Sehr gut! bei der CDU. — Zuruf von der SPD.)

    — Ja, das kommt von der Mitarbeit, die wir in den Ausschüssen leisten. — Jetzt hören wir von der Opposition: „Wir sind ja, bevor die Bundesregierung anfing, dabei gewesen". Die Aufbauarbeit in den Ländern und Gemeinden, auch wo sie von sozialistischen Regierungen geleistet worden ist, wird von uns in keiner Weise verkleinert. Sie war überall Voraussetzung für das, was wir haben aufbauen können. Aber es ist doch nicht so, als wenn beim Zusammentritt des Bundestags oder bei der Währungsreform die Katastrophenlage bereits überwunden oder beseitigt gewesen wäre.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Wenn die wirtschaftliche Industrieproduktion nach der Währungsreform bei 57 Prozent von 1936 gelegen hat und im vergangenen November auf 167 Prozent von 1936 gestiegen ist, dann kann die Opposition immerhin nicht sagen, das wäre unter ihrer Verantwortung geschehen, sondern dann ist das die Konsequenz von drei Faktoren: nämlich erstens der Initialzündung — das wurde bereits von Herrn Professor Gülich gesagt —, die die Auslandshilfe mit insgesamt sechs Milliarden DMark auslöste. Aber man soll die Bedeutung dieser sicher sehr wichtigen Initialzündung nun nicht übersteigern, um daneben die Auswirkungen der Sozia-
    len Marktwirtschaft nun als ein Nichts hinstellen zu können; denn schließlich umfassen die ganzen Investitionen, die mit den Marshallplanmitteln geleistet worden sind, nicht mehr als sechs Prozent der gesamten deutschen Nachkriegsinvestitionen, Es war also erstens die „Initialzündung" der Auslandshilfe.
    Das Zweite — es ist wichtig, daß das immer wieder betont wird —, was ursächlich für den Aufschwung der deutschen Wirtschaft ist, ist die Tatsache, daß unsere deutsche Arbeitnehmerschaft, vor allem unsere deutsche Industriearbeiterschaft, im Rahmen dieser Aufbauzeit gemeinsam mit allen, die im Wirtschaftsleben tätig sind, das Letzte eingesetzt und hergegeben hat, um unseren wirtschaftlichen Wiederaufbau in unserem Vaterlande zu ermöglichen, und dafür gebührt ihnen der Dank des ganzen Volkes.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner: Siehe Betriebsverfassungsgesetz! Das ist Euer Dank!)

    Das Dritte — es gehort eins zum andern, und das eine hätte wenig Zweck ohne das andere — ist eben das System unserer Sozialen Marktwirtschaft gewesen, die mit diesen beiden anderen Faktoren zusammenwirkte, einerseits mit der Initialzündung und andererseits mit der Arbeitnehmerschaft und allen im Wirtschaftsleben Tätigen. Diese Marktwirtschaft hat uns unter Einsatz der Sachkunde, der Initiative und der Risikobereitschaft des deutschen Kaufmanns und Unternehmers wieder in die Höhe gebracht, und zwar viel besser und schneller, als uns irgendein planwirtschaftliches Bürokratenhirn in irgendeinem Ministerium hätte in die Höhe bringen können.

    (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Nun hat Herr Professor Gülich einige wenige --

    (Zuruf von der SPD: Die Währungsreform haben Sie ganz vergessen!)

    — Herr Kollege, die Währungsreform! Da wurde mir in einem Rundfunkgespräch von einem Ihrer Parteifreunde einmal entgegengehalten, die Soziale Marktwirtschaft lebe ja doch von der Währungsreform. Meine Damen und Herren, die Soziale Marktwirtschaft hat meines Erachtens mit der Währungsreform gar nichts zu tun, denn sie hat nach der Währungsreform begonnen und hat genau so auf der Währungsreform, die uns auch nicht in allen Punkten paßt, aufgebaut, wie jede Planwirtschaft ihrerseits auch auf dieser Währungsreform hätte aufbauen müssen.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Nun hat Herr Professor Gülich auch einige wenige außenpolitische Ausführungen gemacht. Ich war eigentlich etwas überrascht darüber, als ich hörte, daß dieser Haushaltsplan eine vorweggenommene Bejahung des Deutschland-Vertrags und des EVG-Vertrags bedeute. Meine Damen und Herren, bisher hatten wir Besatzungskosten, und künftig haben wir Verteidigungskosten.

    (Zuruf von der KPD: Was ist der Unterschied?)

    Glaubt man denn wirklich, glaubt man denn im Ernst, daß uns, wenn wir die Verträge ablehnen würden, die Besatzungsmächte nicht mindestens die gleichen Besatzungskosten kraft Besatzungsstatuts auferlegen würden, die wir freiwillig als Verteidigungsbeitrag unsererseits bewilligen? Es


    (Dr. Wuermeling)

    ist doch eine Irreführung der öffentlichen Meinung, wenn draußen im Land versucht wird, den Eindruck zu erwecken, als ob uns der Abschluß der Verträge von allen Kosten für unsere Sicherheit befreite.

    (Sehr richtig! bei der CDU. — Zuruf von der SPD: Das tut doch kein Mensch! — Anhaltende lebhafte Zurufe links.)

    — Bitte sehr, wenn Sie es hier nicht gesagt haben, so hören wir es im Land draußen überall und immer wieder, und das kommt ja nicht von ungefähr. Auch in Briefen bekommen wir es immer wieder geschrieben.

    (Lachen bei der KPD.)

    Und noch eines, gerade in diesem Zusammenhang. Man sollte doch nicht vergessen, daß diese Bundesrepublik sicherlich viereinhalb Jahre nach 1945, aber doch auf einer Grundlage aufgebaut werden mußte, die mit der bedingungslosen Kapitulation von 1945 unentrinnbar belastet war. Und was wir von daher gesehen auch nach 1948/49 — denn Herr Professor Erhard hat schließlich die Wirtschaftspolitik im Wirtschaftsrat auch schon geführt — alles erreicht haben, das sollte uns die Opposition zunächst einmal nachmachen oder uns nur den Anflug eines Beweises dafür erbringen, daß mit ihren Methoden der Planwirtschaft so etwas überhaupt möglich gewesen wäre!

    (Lebhafter Beifall in der Mitte.)

    Dann fiel eine etwas überraschende Äußerung von Herrn Professor Gülich, die dahin ging, daß die Regierung das deutsche Ansehen im Ausland geschädigt habe.

    (Abg. Dr. Gülich: Einige Minister, habe ich gesagt!)

    Es wäre ja vielleicht ganz nützlich, wenn die sozialdemokratische Opposition etwas mehr in die ausländischen Zeitungen hineinschaute; denn das Ansehen im Ausland ergibt sich ja wohl aus der öffentlichen Meinung dort. Ich möchte hier einmal eine Gegenfrage stellen. Hat nicht die Opposition immer und immer wieder das deutsche Ansehen im Ausland aufs schwerste geschädigt, z. B. wenn aus der Opposition heraus „der Kanzler der Alliierten" dem Herrn Bundeskanzler zugerufen wurde, oder wenn gesagt wurde, daß der kein Deutscher mehr sei, der sich für die Verträge zur Sicherung unserer Freiheit und des Friedens erklärte? Oder hat nicht die Opposition das Ansehen Deutschlands geschädigt, wenn sie die deutsche Gleichberechtigung konterkarierte, indem sie die Wahl des Herrn Dr. von Brentano zum Präsidenten des Montanparlaments verhindert hat?

    (Beifall in der Mitte.)

    Hier war Gelegenheit, das deutsche Ansehen, das die Ausländer uns zuerkennen wollten, zur Geltung zu bringen; aber die Opposition hat aus parteipolitischen Gründen dem Deutschen die Anerkennung verweigert und einen ausländischen Sozialisten gewählt.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD. — Abg. Heiland: Sozialisten, wenn sie Ausländer sind, sind keine Europäer? Sie Übernationalist!)

    Wenn wir nun einmal bei der Außenpolitik sind, möchte ich noch eines erwähnen. Die ganze Entwicklung um die Verträge in den letzten Wochen scheint mir doch reichlich eigenartig zu sein. Die Opposition freut sich darüber, daß aus Frankreich
    Widerstände oder Schwierigkeiten gegen die abzuschließenden Verträge gemacht werden. Glaubt die Opposition denn wirklich oder will sie etwa behaupten, daß die Wünsche des Herrn de Gaulle gegenüber den Verträgen die gleichen Wünsche sind, die von ihr vertreten werden? Oder ist nicht gerade die Tatsache, daß jetzt die vereinbarten Texte in Frankreich auf Widerstand stoßen, der beste Beweis dafür, daß der Kanzler das äußerst Mögliche durchgedrückt hat?

    (Sehr gut! in der Mitte. — Abg. Renner: Die Logik war zwingend!)

    Und weiter. Was das Ansehen im Ausland angeht, so können wir, glaube ich, beruhigt und befriedigt darauf hinweisen, daß, sagen wir es ganz bescheiden, unser Bundeskanzler Dr. Adenauer heute zu den angesehensten und am meisten bewunderten Staatsmännern Europas und der ganzen Welt gehört.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, dann kam die Frage der gemeinsamen Außenpolitik. Dazu haben wir ja schon durch einen Zwischenruf Stellung genommen. Man lese den Briefwechsel zwischen dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Oppositionsführer, und man wird feststellen, daß der Oppositionsführer es trotz dringlicher Bitten des Kanzlers abgelehnt hat, über außenpolitische Fragen noch weiter mit ihm zu verhandeln.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Man wird dann erkennen, wer daran schuld ist, daß wir in der Außenpolitik nicht zu einer Linie kommen können. Schließlich kann die Opposition nicht verlangen, daß der Kanzler seine ganze gesunde Konzeption von heute auf morgen umwirft und einfach das tut, was die Opposition wünscht.

    (Zuruf von der Mitte: Wenn sie noch etwas wünschen würde! — Zurufe von der SPD).

    Ich möchte nun wieder zu den innenpolitischen Dingen kommen. Herr Professor Gülich hat etwas Freude daran gehabt — oder Arger, wie man will —, daß der Herr Bundesfinanzminister und der Herr Bundeswirtschaftsminister gelegentlich Gegensätzlichkeiten auszutragen haben.

    (Abg. Dr. Gülich: Keine Freude! Ich habe es bedauernd festgestellt!)

    Nun, meine Damen und Herren, diese Gegensätzlichkeiten und ihre Austragung haben immerhin zu sehr positiven Ergebnissen in beiden Richtungen geführt. Was den Herrn Finanzminister angeht, so haben seit 1949 die Steuereinnahmen allein des Bundes von 8,5 Milliarden auf 19, 6 Milliarden zugenommen, und was den Herrn Wirtschaftsminister angeht, so hat das Sozialprodukt, wie schon erwähnt wurde, von 80 Milliarden im Jahre 1949 auf 125 Milliarden im Jahre 1952, also um mehr als 50 %, zugenommen. Mir scheint also, daß aus diesen Gegensätzen für beide Teile ein ganz vernünftiger Mittelweg entwickelt worden ist, da beide Seiten unserer politischen Aufgabe hierbei sehr positiv und erfolgreich zum Zuge gekommen sind.
    Über die Sozialleistungen hat Herr Professor Gülich wenig gesagt. Ich war darüber etwas überrascht; denn er begann mit der Erklärung, die Ausführungen des Herrn Finanzministers über die Sozialleistungen dürften nicht unwidersprochen bleiben. Ich war nun gespannt, was wohl für Beanstandungen erhoben würden, und das ganze, was


    (Dr. Wuermeling)

    kam, war, daß eine Scheidung der Kriegsfolgelasten und der sonstigen Sozialleistungen im Haushaltsplan erfolgen müsse. Dazu haben wir zu sagen, daß diese Scheidung aus dem Haushaltsplan eindeutig ersichtlich ist. Wenn wir im übrigen von Steigerung der Sozialleistungen sprechen, so geht es dabei auch um die Aufbringung der Mittel für diese Leistungen, für die wir ja wohl oder übel mit unserer Zustimmung zu den Steuergesetzen auch bei Erhöhungen verantwortlich zeichnen, und in diesem Zusammenhang scheint es mir nicht entscheidend zu sein, ob es sich um normale Sozialleistungen oder soziale Kriegsfolgeleistungen handelt. Oder will man etwa seitens der Opposition behaupten, daß die Kriegsopferversorgung nicht zu den Sozialleistungen gehörte, denen unser ganz besonderes Interesse gewidmet sein muß?

    (Zuruf links: So dumm ist sie wieder nicht!)

    Zum sozialen Sektor noch eine Tatsache, die immer und immer wieder vergessen oder von der Opposition vielleicht bewußt unterdrückt zu werden scheint. Viele haben leider völlig vergessen, daß wir heute in der Bundesrepublik ein Preisniveau haben, das nur ganz geringfügig höher liegt als das von Anfang 1949. Wenn Sie die Nominallöhne und die Nominalrenten von Anfang 1949 vergleichen und feststellen, daß die Preise im Durchschnitt der Lebenshaltungskosten fast gleichgeblieben sind — bis Mitte 1950 fielen sie erheblich, dann stiegen sie seit Korea wieder an, blieben aber im letzten Jahr — trotz Butter — ziemlich stabil — und bei den Löhnen und Renten erhebliche Erhöhungen erfolgt sind, so ergibt sich daraus eindeutig, daß eine erhebliche Steigerung der Kaufkraft in allen Schichten eingetreten ist.
    Gewiß, auch wir wissen — und niemand bedauert das mehr als wir —, daß vor allem die Renten in der Invalidenversicherung und die Renten in der Kriegsopferversorgung in den Fällen, in denen die Empfänger ausschließlich davon leben müssen, einfach noch nicht ausreichend sind. Aber wir können demgegenüber doch wenigstens feststellen — und das sollte einmal auch von der Opposition anerkannt werden —, daß trotz ungefähr gleichgebliebenen Preisniveaus in den letzten Jahren ganz erhebliche Erhöhungen auch dieser Bezüge eingetreten sind. Ich erwähne nur die Erhöhung der Durchschnittsrente in der Invalidenversicherung von 36 Mark im Monat auf 73 Mark im Monat und die Tatsache, daß die Kriegsopferversorgungsleistungen, die 1949 noch 1,9 Milliarden DM betragen haben, jetzt bereits auf 3, 4 Milliarden DM angestiegen sind. Wir möchten genau so wie die Opposition die Sozialrenten weiter erhöhen und mühen uns jetzt und ringen mit dem Finanzminister, ob wir die zweiten fünf Mark noch ermöglichen können. Aber die Methoden, mit denen die Opposition die Dinge behandelt, können wir nicht anwenden, die Opposition, die beim Rentenzulagengesetz von 1951 sagte: „Jawohl, wir wollen nicht nur eine Milliarde mehr, sondern wir wollen zwei Milliarden mehr für die Rentner ausgeben." Aber die Deckung dafür lehnte man damals schon für die erste Milliarde ab, von der zweiten Milliarde überhaupt gar nicht zu reden. Als wir — das muß einmal wiederholt werden — damals hier erklärten: „Meine Herren von der Opposition, nun sagen Sie uns doch einmal, wo die Deckung für diese zwei Milliarden herkommen soll!", da wurde uns erwidert — Sie können es im Protokoll nachlesen —: Dafür ist j a der Herr Finanzminister da, sich um diese Deckung zu sorgen! Meine Damen und Herren, dieser Herr Finanzminister sind in diesem Zusammenhang wir, alle Abgeordneten des Bundestages, die alle gleichmäßig für den Ausgleich des Haushalts und für die Währung verantwortlich sind und nicht nur agitatorische Ausgabeanträge zu stellen haben. Alle Abgeordneten des Bundestages haben sich gleichzeitig die Sorge zu machen, wie die Deckung der Ausgaben erfolgen kann.

    (Beifall in der Mitte.)

    Nun hat mir Herr Professor Gülich noch den Gefallen getan, auf das Wahlgesetz anzuspielen. Ich möchte ihm darauf eine sehr klare Antwort geben: Man kann über den Inhalt des Wahlgesetzes der Bundesregierung sicher streiten.

    (Zuruf von der SPD: Nur einer Meinung sein!)

    Wir jedenfalls werden demnächst bei der Behandlung des Entwurfs im Plenum unsererseits belegen können, daß dieser Wahlgesetzentwurf besser ist als das bisherige Bundestagswahlrecht,

    (Abg. Heiland: Das Unmoralischste, was ich bisher gesehen habe! — Wehere lebhafte Zurufe von der SPD)

    wenn auch nicht bestritten werden kann, daß der Entwurf ein wenig komplizierter ist. Aber wenn man ähnliche Dinge in Bayern schon durchgeführt hat, habe ich keinen Zweifel, daß auch das übrige deutsche Volk den bayrischen gesunden Menschenverstand aufbringen wird.

    (Abg. Kemmer: Bravo! — Fortgesetzte Zurufe von der SPD.)

    Aber darum geht es mir jetzt nicht. Wenn die SPD uns wegen dieses Regierungsentwurfs Vorwürfe macht, dann antworte ich von der CDU/CSU darauf zunächst einmal, daß dieser Regierungsentwurf eigentlich auch nicht das ist, was wir möchten.

    (Abg. Lücke: Sehr richtig!)

    Wir sind im Parlamentarischen Rat und von jeher immer Anhänger des Mehrheitswahlrechts gewesen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wenn der Bundestag den Mut hat, das Mehrheitswahlrecht auch seitens der Parteien zu beschließen, die Angst davor haben, dann werden wir in der Lage sein, das Mehrheitswahlrecht, das die breite Masse des Volkes wünscht,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    dem deutschen Volke zu geben.

    (Beifall in der Mitte. — Zuruf von der SPD.)

    — Es genügt ja, Herr Kollege, wenn Sie dafür stimmen.

    (Erneuter Beifall in der Mitte. — Zurufe links.)

    Im übrigen ist dazu noch ein Weiteres zu bemerken. Wenn die Opposition den Versuch macht, uns oder der Regierung zu unterstellen, für dieses Gesetz seien koalitionspolitische Gründe maßgebend, dann habe ich einmal eine Gegenfrage zu stellen: Weswegen lehnen denn die 23 SPD-Abgeordneten, die sich vor der Bundestagswahl gegenüber der Deutschen Wählergesellschaft verpflichtet haben,

    (Hört! Hört! in der Mitte)

    im Bundestag für das Mehrheitswahlrecht zu kämpfen, heute das Mehrheitswahlrecht ab?

    (Hört! Hört! und Sehr gut! in der Mitte.)



    (Dr. Wuermeling)

    Welche staatspolitischen Gründe, Herr Professor Gülich, sind denn bei Ihnen maßgebend, daß Sie Ihre Unterschrift unter die Idee des Mehrheitswahlrechts heute zurückziehen?

    (Hört! Hört! und Beifall in der Mitte.)

    Ich habe den Eindruck, daß hier parteipolitische Gesichtspunkte der SPD im Hintergrund stehen,

    (erneuter Beifall in der Mitte)

    daß Sie vor der Bundestagswahl gehofft hatten, das Mehrheitswahlrecht würde Ihnen den Sieg bringen können und jetzt, nachdem Sie inzwischen vielleicht errechnet haben, daß Sie damit nicht hinkommen, das Mehrheitswahlrecht ablehnen. Wir stehen zu unserer staatspolitischen Auffassung, die wir unabhängig von aller Parteipolitik immer gehabt haben und weiter behalten.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Wenn Sie bereit sind, wieder zu Ihrer alten Konzeption zurückzufinden, dann werden wir dem deutschen Volk wieder das Wahlrecht geben können, das die breite Masse sich wünscht und das staatspolitisch das beste ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Ich darf hinzufügen, meine Damen und Herren: diese Erklärung gegenüber der Deutschen Wählergesellschaft haben damals abgegeben: 96 in den Bundestag gewählte Abgeordnete der CDU/CSU, 23 der SPD, 9 der FDP, 9 der DP und 9 der BP, also fast 150 Mitglieder dieses Hauses. Und wenn der nicht zur CDU/CSU gehörende Teil dieser 150 Mitglieder dieses Hauses seine staatspolitische Konzeption inzwischen nicht geändert hätte, dann brauchten wir um die Einführung des Mehrheitswahlrechts nicht so besorgt zu sein.

    (Zurufe von der SPD.)

    Nun ein letztes noch! Über die Bezüge der Beamten und Angestellten wurde auch einiges gesagt. Ja, meine Damen und Herren von der Opposition, wir gehören wohl zu denen, die sich seit langen Monaten mühen, die schwierige wirtschaftliche Lage der öffentlichen Bediensteten zu bessern. Aber nachdem wir jetzt als Koalitionsparteien im Beamtenrechtsausschuß des Bundestags einen Vorschlag entwickelt haben, wie die Dinge gebessert werden können, da stellen wir mit einem Male fest, daß ausgerechnet die sozialistischen Länderregierungen über den Bundesrat erklären: „Nein, das können wir nicht leisten!" und daß sie diesen Vorschlag ablehnen.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Es wäre gut, wenn in der Öffentlichkeit, in der Beamtenschaft und in der Angestelltenschaft des öffentlichen Dienstes einmal an Hand dieser Tatsache bekannt würde, wie es wirklich um die Fürsorge der SPD-Regierungen gegenüber den Beamten bestellt ist.

    (Zurufe von der SPD.)

    Als letztes noch eine Anregung und eine Bitte, die uns als CDU/CSU — Herr Kollege Neuburger hat heute nachmittag schon kurz darüber gesprochen — ganz besonders am Herzen liegt. Wir freuen uns über die Vorschläge zur Steuersenkung, die der Herr Finanzminister gemacht hat. Wir können aber die Bemerkung nicht unterdrücken, daß das Ausmaß dieser Steuersenkung bei den größeren Familien, die uns besonders am Herzen liegen, keinesfalls ausreichend ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wenn für die Ehefrauen eine Erhöhung des steuerfreien Betrags um 33 % erfolgt, wenn sie für das erste Kind überhaupt nicht erfolgt, wenn sie für das zweite Kind auch nicht erfolgt, sondern erst vom dritten Kind an mit 20 % einsetzt, dann folgt daraus, daß bei dieser neuen Steuerregelung eine Verlagerung der Steuerlast zuungunsten der kinderreichen Familien eintritt. Das ist für uns vollkommen untragbar. Wir werden entsprechende Anträge im Ausschuß stellen, die dafür sorgen, daß diese Entwicklung, die nach 1945 schon Platz gegriffen hat, nun endlich wieder revidiert wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Darf ich dazu einmal einige Zahlen geben. Gemessen an der einkommensteuerlichen Belastung aus der Zeit von 1933 bis 1939 sind 1950 folgende Belastungserhöhungen zu verzeichnen: Bei den Ledigen um 23%, bei den kinderlos Verheirateten um 103 %, bei den Verheirateten mit zwei Kindern um 130 %,

    (Abg. Lücke: Hört! Hört!)

    bei den Verheirateten mit vier Kindern um 244 %, bei den Verheirateten mit sechs Kindern um 372 % und bei den Verheirateten mit acht Kindern um 660 %. Wir sind nicht der Meinung, daß die Kriegsfolgelasten nun ausgerechnet vorwiegend auf die kinderreichen Familien verlagert werden sollen, denen wir in erster Linie zu helfen und sie zu fördern berufen sind.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich darf damit zum Schluß kommen und mich den Dankesworten der Vorredner an den Herrn Bundesfinanzminister aus voller Überzeugung anschließen. Wir haben gestern eine Erfolgsbilanz vorgelegt bekommen, eine Erfolgsbilanz sondergleichen, nachdem aus dem Nichts heraus mehr oder weniger alles neu geschaffen werden mußte.

    (Zurufe links.)

    Meine Damen und Herren! Nachdem die Dinge sich so entwickelt haben, habe ich keinen Zweifel daran, daß die Wähler etwa Gefahr laufen, bei der nächsten Bundestagswahl auf Grund der Opposition der SPD alles das wieder zu zerstören, was wir in drei bis vier Jahren mühsam aufgebaut haben.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)