Rede von
Freiherr
Anton
von
Aretin
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Also sagen wir „kurieren"!
Dieser eine Punkt ist nach Auffassung des Herrn Kollegen Gülich der Zentralismus. Die Geschichte lehrt jedoch gerade, daß der Zentralismus für das deutsche Volk eine Kur nach dem Stil des bekannten Dr. Eisenbart ist, eine Kur, an der wir alle schon beinahe unser nationales Leben verloren haben. Der sehnsüchtige Traum von einem Bundeskultusministerium — —
— Wir sollen uns nicht sträuben? Herr Kollege, ich bin der Meinung, daß jeder seine Wähler vertritt. Meine Wähler sind nur anderer Meinung als die Ihren. Darum sind Sie da und bin ich hier. -
Der sehnsüchtige Traum von einem Bundeskultusministerium stimmt mich bedenklich. Die Forschung muß koordiniert werden, aber nicht dadurch, daß ihr ein Bundeskultusministerium aufgepfropft wird, sondern durch eine freiwillige und im einzelnen auf der persönlichen Ebene stattfindenden Zusammenarbeit. Das Reichskultusministerium — und das möchte ich unterstreichen — hat nie das Klima geschaffen, in dem Forschung und Wissenschaft gedeihen können. Das Bundeskultusministerium wird die gleiche Aufgabe auch nie erfüllen können.
Was nun die zentrale Bundesfinanzverwaltung anbetrifft, so überlasse ich die Antwort darauf berufenerem Munde, vielleicht dem Herrn Bundesfinanzminister.
Ich möchte auf eine Gefahr noch nachdrücklich hinweisen. Die heutige Entwicklung in der Richtung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern auf finanziellem Sektor droht die Länder zu Kostgängern des Bundes zu machen. Ich habe vor wenigen Tagen durch Zufall einen Artikel in die Hand bekommen, den der heutige Bundesfinanzminister als Staatsrat und verantwortlicher Leiter
der bayrischen Finanzen im Jahre 1931 in dieser Richtung geschrieben hat.
Ich darf mit Freude feststellen, daß das, was damals der heutige Bundesfinanzminister ausgeführt hat, wahrscheinlich auch noch heute ihm selbst gegenwärtig sein wird. Ich hoffe, daß Sie mich verstehen, wenn ich Ihnen sage: Der Bundesfinanzminister, der 1931 diese Auffassung vertreten hat, wird auch in der heutigen Zeit verständnisbereit dieser Warnung gegenüberstehen.
Der Bund rationiert derzeit den Brotkorb der Länder durch die Steuergesetzgebung. Er verteilt das Brot aus dem Brotkorb, indem er z. B. die Beamtenbezüge bestimmt, und er nimmt sich den Löwenanteil aus diesem Brotkorb heraus, und das, meine Damen und Herren, wird — wie Sie mir zugeben werden — wohl kaum die volle Zustimmung aller Föderalisten finden können.
— Das macht der Bundesfinanzminister, das ist richtig Aber wir wollen eines festhalten, und das möchte ich hier heute unterstreichen: Es gäbe manch einen Herrn in diesem Hohen Hause, der als Bundesfinanzminister nicht nur den Löwenanteil der Ländereinnahmen einstecken möchte, sondern wahrscheinlich diese ganz.
Die Regelung, die wir im Haushalt 1952 über die Inanspruchnahme des Bundesanteils von den Ländersteuern gefunden haben, war in ein Seidenpapier gehüllt, nämlich in die Zusage, daß, wenn die Ländereinkünfte aus gewissen Sparten die Summe von 15,6 Milliarden übersteigen, die 37 % jeweils um 1 % ermäßigt werden. 1953 ist dieses seidene Papier repräsentiert durch die unklare, vage Zusage des Bundesfinanzministers, daß Gelder für allgemeine Zwecke an die Länder zurückfließen. Ich fürchte, diese Erinnerungen an die Erzbergersche Finanzreform müssen mit aller Entschiedenheit Bedenken auslösen, insbesondere wenn es sich um Rückflüsse wegen des Schulhausbaues handelt. Ich rede hier altruistisch und nicht egoistisch; denn gerade das Land Bayern könnte etwas profitieren. Aber der Kostgänger des Bundes zu sein, ist durch den einmütigen Willen des Bayrischen Landtags einschließlich der sozialdemokratischen Minister und Abgeordneten abgelehnt worden.
— Er war ein Badenser, wenn ich richtig unterrichtet bin.
Nun noch ein kurzes Wort zu der Deckungsvorlage. Ich werde mich hüten, in den Fehler zu verfallen, den gestern der Herr Bundesfinanzminister dem Bundesrat zum Vorwurf gemacht hat. Ich möchte darauf hinweisen, daß der Bundesfinanzminister offenbar in dem Zeitpunkt; in dem er den Etat mit der Inanspruchnahme der 44 % hier eingebracht hat, selber bereits nur mehr an 40 % gedacht hat, da in dem Erläuterungsheft zum Bundeshaushalt Einzelplan VIII Kap. 4 Tit. 220 nur noch der Betrag eingesetzt ist, der mit 40 % vorgesehen ist. Es mag Ermessenssache sein, ob und wie es möglich gewesen wäre, den Rest in Höhe von
0,318 Milliarden DM den Ländern zu belassen. Das ist eine Frage des Grundsätzlichen. Die Länder wären auf diesen Betrag in hohem Maße angewiesen. Es hätte aber wahrscheinlich die Kraft des Bundesfinanzministers überstiegen, angesichts der Finanzlage des Bundes auf diese Beträge nicht zurückzugreifen. Dafür haben wir Verständnis.
Ich darf aber auch Sie, meine Damen und Herren, bitten, unserem Standpunkt ebenfalls Verständnis entgegenzubringen. Die steigenden Anforderungen des Bundes höhlen die Länder finanziell aus. Sie machen es ihnen unmöglich, weiterhin wichtige Hoheitsaufgaben auf der Länderebene zu erfüllen. Ohne gesunde Glieder wird es keinen gesunden Körper geben, und ohne gesunde Länder wird es auch keinen gesunden Bund geben. Deshalb haben wir die schweren Bedenken gegen diese Bundestagsdrucksache Nr. 4006, und deshalb lehnen wir diese Vorlage ab, auch, wenn wir die einzigen in diesem Hause sein sollten, die sie ablehnen.