Rede von
Freiherr
Anton
von
Aretin
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine mißliche Sache, als überzeugter Föderalist zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teiles der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer hier zu sprechen. Ich tue das nicht in der Überzeugung, daß es mir gelingen wird, die Meinung dieses Hohen Hauses umzustimmen, sondern ich tue es deshalb, weil ich glaube, daß ich vor den Wählern und vor den Föderalisten im Bund und auch vor den Föderalisten dieses Hauses verpflichtet bin, diese Auffassung einmal zu vertreten.
Der Herr Bundesfinanzminister hat in seiner gestrigen Rede den Gemeinschaftscharakter des Bundeshaushalts mit den Haushalten der Länder ausführlich unterstrichen. Er hat damit aber meiner Meinung nach ohne Zweifel den Grundgedanken von Art. 109 übersehen; denn die selbständige Haushaltsführung von Bund und Ländern ist durch den Willen des Parlamentarischen Rates und durch die Verabschiedung des Grundgesetzes maßgebendes Gesetz für uns hier geworden. Die Aushöhlung dieses Gesichtspunktes kann nur zu bedenklichen Erscheinungen führen. Die steigende Inanspruchnahme gefährdet die Kontinuität der Einnahmeseite der Länder. Bedenklich stimmt insbesondere die Tendenz, daß der Bund es sich erspart, selbst zu sparen, und die Länder zwingt, an seiner Stelle zu sparen.
Der Bund ist nicht nur deshalb mächtig, weil er groß ist, sondern die Macht des Bundes beruht im wesentlichen darauf, daß er auch in der Lage ist, die Klinke der Gesetzgebung zu drücken.
Wo können nun die Länder sparen? Sie haben genau wie der Bund ihre starren Ausgaben bei den Personalkosten. Diese bestimmen wir selbst durch unsere Bundesgesetzgebung, ebenso z. B. den Schuldendienst. Als disponible Ausgaben der Länder bleiben also ihre eigentlichen Hoheitsaufgaben, jene Aufgaben, die mit der Förderung der Universitäten und anderer kultureller Einrichtungen, mit dem Straßenbau und dergleichen zusammenhängen. Das Grundgesetz hat dies den Ländern überlassen, damit sich dort ein eigenes reges Leben entfalten kann. Die Tendenz des Bundes, an diesen Ausgaben in den Ländern zu sparen, widerspricht also dem klaren Grundgedanken des Gesetzgebers.
Hier vielleicht ein Wort zu der Rede des —jetzt abwesenden - Herrn Kollegen Gülich. Ich dachte, als ich ihn hörte, an das Wort von Goethe in seinem „Faust": „Es ist das ganze Weh und Ach aus einem Punkte nur zu heilen."