Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich nach Möglichkeit auf die Beantwortung der vorgelegten Fragen beschränken. Die erste Frage kann ich nicht schlechthin so beantworten, wie sie gestellt ist. Denn ich muß gestehen, daß der Bundespostminister in seiner bekannten politischen Unbefangenheit
angenommen hat, daß es in seiner Exekutivgewalt stehe, ob er Präsidentenkonferenzen einberufen darf, ob er dazu Ausländer einladen darf, ob er dabei Vorträge halten lassen darf, die vornehmlich dazu ausgerichtet sind, bei einer solchen repräsentativen Veranstaltung, die einmal im Jahr stattfindet, den Gedanken einer europäischen Föderation, eines europäischen Postdienstes und einer europäischen Postadministration klarzulegen. Das ist, glaube ich, legal. Ich glaube, daß ein Minister des Kabinetts Adenauer berechtigt sein muß, dort die Richtlinien der europäischen Politik, die gesamte europäische Gesinnung und Haltung klarlegen zu lassen. Weiter war es nichts. Es liegt mir völlig fern, etwa irgendwie einen Gesinnungszwang auf meine Präsidenten auszuüben. Dafür sind sie alle mindestens schon zu alt geworden.
— Ich bin noch nicht ganz fertig. Sie wissen vielleicht auch, daß ich eine Akademie gegründet habe und überbezirkliche Lehrgänge, wo auch keine gesinnungsmäßige Ausrichtung stattfindet, sondern wo eben prominente Geistesmänner Deutschlands, auch Politiker, z. B. Herr Professor Carlo Schmid und Herr Schoettle, sprechen, daß dort nichts von gesinnungsmäßiger Ausrichtung geboten wird, sondern die Möglichkeit, sich an dem Gebotenen zu unterrichten, damit man als Staatsbürger zu
irgendeiner Haltung kommt. Meine Damen und Herren, vielleicht ist es Ihnen nicht so geläufig wie mir, einem alten Beamten, was die Weimarer Republik da versäumt hat.
Sie hat versäumt, ihre Beamten in ein rechtes Verhältnis zu ihrem Staat zu bringen,
und ich fühle mich verpflichtet, für meinen Teil das nachzuholen.
Ich fühle mich verpflichtet, für den europäischen Gedanken, soweit es möglich ist, nicht nur in meinem Ressort zu wirken
und alle Gelegenheiten, diesen europäischen Gedanken zu fördern, zu ergreifen. Das ist der Sinn dieser Konferenzen, und ich kann Sie versichern: die nordischen Herren waren sehr angetan von diesen Vorträgen, die nicht etwa Werbevorträge, sondern sachliche Darstellungen waren — wenn Sie sich vielleicht einmal in dieses Heft vertiefen möchten.
Nichts anderes ist geschehen. Niemand kann einem Politiker verwehren, daß er solche Konferenzen mit einem allgemeinen Thema macht. Selbstverständlich finden darüber hinaus Gespräche und Fühlungnahmen über postalische und fernmeldetechnische Themata statt. Ich kann Sie versichern, daß ich mit dem norwegischen Telegraphenchef sehr ernste Gespräche geführt habe, z. B. über die Verlegung eines transatlantischen Telephonkabels. Also wissen Sie, das wird dort auch gemacht.
— Die Frage 1 kann ich deshalb schon gar nicht beantworten,
weil ich die Bundesregierung gar nicht gefragt habe, sondern gemeint habe,
daß das in meine Zuständigkeit fällt.
Ich beantworte die Frage 2 bezüglich der Dolchstoßlegende. Ich muß sagen, ich habe diese Bemerkung nicht gehört. Der Vortrag ist nachher dem Vortragenden zur Redigierung zugeleitet worden, und er hat es vielleicht nachträglich hineingebracht.
Im übrigen übe ich bei den Rednern, die von mir ausgewählt werden, keine Vorzensur aus. Franz e 1 hat wahrscheinlich das einzige und das beste Buch geschrieben, das es bisher über die Geschichte Deutschlands von 1870 bis 1950 gibt.
Es ist ganz selbstverständlich, daß, wenn man über europäische Post- und Telegraphenverwaltung spricht, man ein Klima für europäische Gedanken schafft. Es ist Ihnen, meine Herren von der SPD, nicht eingefallen, etwa die Aachener Konferenz, auf der Franzosen, Belgier, Niederländer und Lu-
xemburger diskutiert haben und auch nicht immer über postalische Fragen gesprochen worden ist, sondern z. B. von Herrn Hallstein über die Montan-Union, irgendwie zu kritisieren. Da hat kein Mensch irgendeinen Anstand genommen. Die gesamte Presse Norwegens, Schwedens, Finnlands und Dänemarks hat diese Konferenz in Flensburg ausgezeichnet beurteilt, ebenso die deutsche Presse, mit einer einzigen Ausnahme allerdings.
Natürlich wird sich die Bundesregierung mit einer solchen Erklärung eines Wissenschaftlers nicht identifizieren. Die Frage 2 ist deshalb zu verneinen.
Bezüglich der Kosten kann ich Ihnen genau sagen: die Konferenz hat einschließlich der Honorare für die drei Redner 7851,59 DM gekostet. Dabei sind rund 60 Gäste, die Gäste aus dem Lande dort, 31 inländische, 11 ausländische Gäste und 14 Gäste von Presse und Rundfunk drei Tage lang untergebracht und verpflegt worden. Außerdem sind dabei Führungen, Werbefilmvorführungen usw. Honorare, wenn Sie das noch wissen wollen, betragen 750 DM für die drei Herren. 20 000 Exemplare der „Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen" kosten 15 360 DM; genau so viel kostet die normale Nummer.
Ich glaube, damit sind die Fragen beantwortet.