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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 247. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1953 11765 247. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1953. Geschäftliche Mitteilungen 11767C, 11777D, 11778A Zurückziehung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes für Sicherungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Nrn. 3893, 4021 der Drucksachen) 11767D Vorlage des Entwurfs einer Verordnung über die Beimischung inländischen Rüböls und Feintalges und des Entwurfs einer Verordnung M Nr. 2/52 über Preise für inländischen Raps und Rübsen . . . 11767D Zur Tagesordnung, betr. Aufsetzung des Antrags der Gruppe der KPD über Kurzarbeit in den Opelwerken bzw. Hilfsmaßnahmen für die Belegschaft auf die Tagesordnung: Müller (Frankfurt) (KPD) . . . 11768A Aufsetzung abgelehnt 11768B Fragestunde (Nr. 4030 der Drucksachen): 1. betr. Verunreinigung bewohnter Küsten durch angeschwemmtes Öl, Ölrückstände usw.: Zurückgestellt 11768B, C 2. betr. Vorlage einer Novelle zum Gesetz nach Art. 131 des Grundgesetzes Dr. Miessner (FDP), Anfragender 11768C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 11768C 3. betr. Bezeichnung des Mitteilungsblatts der Bundesregierung als „Bulletin": Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 11768D 4. betr. Teuerungszuschläge auf Vorkriegsrenten der Haftpflichtrentenbezieher der Deutschen Bundesbahn: Zurückgestellt 11769A betr. Briefmarkentausch mit dem Ausland: Dr. Wuermeling (CDU), Anfragender 11769A Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 11769B 5. betr. Bahnhofsumbau in Wattenscheid: Zurückgestellt 11769C 6. betr. Hilfe für Hochwassergeschädigte am Rhein usw. aus Bundesmitteln: Kohl (Stuttgart) (KPD), Anfragender 11769C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 11769C 8. betr. Gemeinderats- und Amtsvertretungswahlen in den Gemeinden Erzweiler und Oberjeckenbach: Kohl (Stuttgart) (KPD), Anfragender 11769C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 11769D 9. betr. Beschäftigung des früheren Oberstleutnants im Generalstab Knapp bei der Dienststelle Blank: Müller (Frankfurt) (KPD), Anfragender 11770A Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 11770A 10. betr. Auslegung des § 6 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes wegen der Tarifhoheit über die nicht im Eigentum des Bundes stehenden Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs: Zurückgestellt 11768C 11. betr. Nutzbarmachung der Anlagen des ehemaligen Kruppschen Kurbelwellenwerkes und des ehemaligen Heereszeugamtes in Glinde in Holstein: Gundelach (KPD), Anfragender 11770B, C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 11770B, C 12. betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes für Kleingärtner und Behelfsheimbewohner: Gundelach (KPD), Anfragender 11770C Neumayer, Bundesminister für Wohnungsbau 11770D 13. betr. Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Behauptung des angeblichen „Dr." Hermann Meincke wegen Befähigung zur Herstellung künstlicher Diamanten: Zurückgestellt 11770C, D 14. betr. Bedrohung Meinckes zwecks Verhinderung der Herstellung künstlicher Diamanten: Zurückgestellt 11770D 15. betr. Anregung privater Geldgeber zur Finanzierung des Meinckeschen Unternehmens: Zurückgestellt 11770D 16. betr. Teilnahme des Bundesministers für Wirtschaft an der Gründungsveranstaltung des Meinckeschen Unternehmens: Zurückgestellt 11770D 17. betr. Festlegung des Namens Erhard für den ersten künstlich hergestellten Diamanten in der Gesellschaftsurkunde der HAMAK: Zurückgestellt 11770D 18. betr. Überprüfung der persönlichen und politischen Zuverlässigkeit der bei der HAMAK Beschäftigten und Überwachung des HAMAK-Betriebes: Niebes (KPD), Anfragender . . 11770D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 11771A 19. betr. Anweisung an die Arbeitsämter in der Umgebung von Bonn zur Bereitstellung von Arbeitskräften für die Produktion von Diamanten: Niebes (KPD), Anfragender . . 11771B Storch, Bundesminister für Arbeit 11771B 20. betr, Unberechtigte Titelführung des Inhabers der HAMAK-Gesellschaft Meincke: Renner (KPD), Anfragender . 11771B, C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 117'71C 21. betr. Verwendung des ehemaligen Generalrichters Dr. Grünewald als Sachverständiger für Fragen der Militärgerichtsbarkeit bei den Pariser EVG-Verhandlungen: Müller (Frankfurt) (KPD), Anfragender . . . . 11771D, 11772C Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 11771D 22. betr. Behandlung des früheren Konzentrationslagerhäftlings Erich Loch im Essener Untersuchungsgefängnis: Renner (KPD). Anfragender . . . 11772C, 11773A, B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 11772C, 11773B, C 23. betr. Verbot der Werbung für fremde Militärdienste auf dem Boden der Bundesrepublik: Kohl (Stuttgart) (KPD), Anfragender 11773D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 11773D 24. betr. Nichtgewährung von Rentenzulagen oder zu niedrige Rentenzulagen zu Versicherten-, Witwen- und Waisenrenten: Dr. Schellenberg (SPD), Anfragender 11774A, C Storch, Bundesminister für Arbeit 11774B, C 25. betr. Veranschlagung und tatsächliche Ausgaben für Rentenzulagen: Dr. Schellenberg (SPD), Anfragender 11774D, 11775A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 11774D, 11775A 26. betr. Bereinigung der Grundstücksbesitzverhältnisse in Salzgitter: Bielig (SPD), Anfragender . . 11775B, C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 11775B 27. betr. Errichtung eines Postgebäudes in Salzgitter: Bielig (SPD), Anfragender . . 11775C, D Dr.-Ing. e. h. Dipl.-Ing. Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . 11775C, 11776A 28. betr. Errichtung eines Flughafens für Düsenflugzeuge auf dem Heimerzheimer Gelände bei Bonn: Dr. Decker (FU), Anfragender . . 11776A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 11776A 29. betr. Verhinderung des Mißbrauchs der Liberalisierung des Kunsthandels durch die Einfuhr minderwertiger Machwerke: Dr. Decker (FU), Anfragender . 11776B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 11776B 30. betr. Ignorierung der Entschließungen des Bundestags und des Bundesrats zur Vorlage einer Novelle zum Strafrechtsänderungsgesetz: Fisch (KPD), Anfragender . . . 11776D, 11777B, C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 11777A, C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 11777D Mitteilung über das Erlöschen des Bundestagsmandats des Dr. Fritz Dorls . . 11777D Begrüßung des neu in den Bundestag eingetretenen Abg. Richard Oetzel . . . . 11778A Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Dr. Baade, Moosdorf, Raestrup . . . . 11778A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 (Haushaltsgesetz 1953) (Nr. 4000 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1953 (Nr. 4006 der Drucksachen), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" (Nr. 4004 der Drucksachen), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953,1954 und 1955 (Nr. 4005 der Drucksachen), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes (Nr. 4007 der Drucksachen), mit der Zweiten Beratung des von den Abg. Dr. Bertram, Hagge, Juncker u. Gen. eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Investitionshilfegesetzes (Nr. 3863 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 3923 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Dienstbezüge um 20. v. H. (Nr. 3941 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage des Gesetzentwurfs über die Gewährung einer ruhegehaltfähigen Zulage an Richter (Nr. 3942 der Drucksachen) 117'78A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 11778C Naegel (CDU), Berichterstatter . 11797C .Pannenbecker (FU), Antragsteller 11798A, B Weiterberatung vertagt 11798C Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Parteipolitische Propaganda auf Kosten der Bundespost (Nr. 3895 der Drucksachen) 11798C Cramer (SPD), Anfragender 11798C, 11801B Dr.-Ing. e. h. Dipl.-Ing. Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen 11800A Walter (DP) 11801D Hübner (FDP) 11802C Dr. Arndt (SPD) 11803A Stücklen (CSU) 11803C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 747) . . . 11804C Beschlußfassung 11804C Beratung der Übersicht Nr. 4 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Umdruck Nr. 746) 11804C Beschlußfassung 11804C Nächste Sitzung 11804C Die Sitzung wird um 9 Uhr 5 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Fritz Schäffer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt 1953/54 ist der letzte Haushalt der ersten Legislaturperiode des Deutschen Bundestags. Er ist damit Abschluß und Ergebnis der Arbeit dieser ersten Legislaturperiode, der Jahre 1949 bis 1953. Er gibt daher Anlaß zu einem Überblick über die Finanzpolitik der ersten vier Jahre.
    Wenn ich die Haushaltspläne dieser vier Jahre mit kurzen Schlagworten bezeichnen darf, so möchte ich den Haushalt 1949 als Übergangshaushalt bezeichnen, Übergang vom Vereinigten Wirtschaftsgebiet und der französischen Zone zur jungen deutschen Bundesrepublik; den Haushalt 1950 als Überleitungshaushalt, Übergang der im Grundgesetz dem Bund zugewiesenen Steuereinnahmen auf den Bund, Übergang der Lasten des Art. 120 des Grundgesetzes auf den Bund; den Haushalt 1951 als den Haushalt der Korea-Krise, fortschreitender Aufbau der Bundesverwaltung, Ausbau der Sozialleistungen, Korea-Krise und Inflationsgespenst, Steuererhöhungen; den Haushalt 1952, der ein Wiederholungs- und Nachtragshaushalt war, als einen Haushalt der Erprobung, des weiteren Aufbaus der Verwaltung und des Versuchs, mit den nun einmal geschaffenen Steuereinnahmen den Finanzbedarf auch tatsächlich zu decken; und schließlich den Haushalt 1953 als Abschlußhaushalt, als einen Haushalt des Ringens um die Konsolidierung.
    Jeder einzelne dieser Jahreshaushalte kennzeichnet sich schon durch seinen Umfang und durch die in diesem Jahr geschaffenen großen Gesetzgebungswerke. Der ordentliche Haushalt im Jahr 1949 umfaßt 1475 Millionen DM. Es ist das Jahr, in dem die Finanzverwaltung des Bundes sich einspielen muß, die Finanzverwaltungsgesetze geschaffen oder vorbereitet werden, der horizontale Finanzausgleich unter den Ländern vereinbart wird.
    Im Jahre 1950 hat der ordentliche Haushalt bereits einen Umfang von 12 475 Millionen DM und der außerordentliche Haushalt einen solchen von 3813 Millionen DM. Es ist das Jahr, in dem die Gesetzentwürfe zur Senkung der von der Militärregierung gegebenen überhöhten Steuern vorgelegt werden, in dem Lastenausgleich usw. vorbereitet werden.
    Das Jahr 1951 hat einen ordentlichen Haushalt von 17 364 Millionen DM und einen außerordentlichen Haushalt von 3710 Millionen DM. Es ist das Jahr der Korea-Krise, die die Welt in Kriegsangst, in Rüstungsfieber versetzt und damit die Gefahr bringt, die jede Zeit der Kriegsrüstung bringt: inflationäre Entwicklung. Es ist das Jahr der Erhöhung der Umsatzsteuer und der Einkommensteuer.
    Im Jahre 1952 hat der ordentliche Haushalt einen Umfang von 20 792 Millionen DM, der außerordentliche Haushalt einen solchen von 2436 Millionen


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    DM. Es ist das Jahr, in dem ein Ringen um die Ermäßigung der Besatzungskosten, um Festsetzung eines Verteidigungsbeitrags einsetzt, in dem der Versuch gemacht wird, ohne jede Steuererhöhung diese Ausgaben und die Steigerung der Soziallasten zu bewältigen, das Jahr des Wiederholungs- und Nachtragshaushalts, durch den diese Steigerungen tatsächlich ohne Steuererhöhungen bewältigt werden konnten.
    Der Haushalt 1953, über den ich später eingehend zu sprechen haben werde, ist das Jahr neuer Verpflichtungen des Bundes zur Abwicklung der Schuldverpflichtungen des alten Reiches gegenüber dem Ausland; das Jahr, in dem die Konsolidierung der gesamten finanzpolitischen Verhältnisse versucht und das Ringen der Bundesrepublik um ihre Souveränität, um die Sicherung des Weltfriedens, um Anpassung der Steuerbelastung an die Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft seinen Abschluß finden soll.
    Lassen Sie mich nun einen kurzen Überblick über die einzelnen Aufgaben geben, die in diesen Haushaltsplänen ihren Ausdruck finden. Die junge Bundesrepublik mußte erst aufgebaut, die Bundesverwaltung überhaupt erst geschaffen werden. Als große Aufgabe stand vor ihr, aus den Ruinen und dem Elend, das das Kriegsende gebracht hatte, die deutsche Wirtschaft wieder aufzubauen, die soziale Not zu beheben, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die Wirtschaft stark zu machen, auch ihre sozialpolitischen Verpflichtungen zu erfüllen, durch gerechten Lohn die allgemeinen Lebensverhältnisse zu bessern, die Wohnungsnot zu beheben, nachdem der Krieg 40 % des deutschen Wohnraums zerstört hatte, eine deutsche Handelsflotte aufzubauen, die deutsche Ausfuhr zu ermöglichen und zu fördern, einen deutschen Kapitalmarkt zu schaffen, damit die deutsche Spartätigkeit wieder anzuregen, eine ruhige Entwicklung des Preisgefüges zu erreichen und daneben besondere Aufgaben zu erfüllen, wie z. B. die seelische und wirtschaftliche Widerstandskraft der Stadt Berlin zu erhalten und den finanziellen Zusammenbruch einzelner finanzschwacher Länder, wie Schleswig-Holstein, zu verhindern und die außenpolitischen Verpflichtungen des deutschen Volkes aus der Katastrophe des verlorenen Krieges zu erfüllen; und das alles unter der Voraussetzung, daß die sich notwendig ergebende Steuerbelastung nicht wirtschaftszerstörend und wirtschaftshemmend wirkt, dabei die junge deutsche Währung erhalten bleibt und gestärkt wird und so das Vertrauen des In- und Auslandes in die Lebenskraft der jungen Bundesrepublik gewonnen wird.
    Welche Leistungen mußten hierzu auf den einzelnen Gebieten von der jungen Bundesrepublik gemacht werden, und welches ist der Erfolg dieser Leistungen gewesen?
    1. Aufbau der Bundesverwaltung. Der Aufbau der Bundesverwaltung wird im allgemeinen wenig beachtet und als selbstverständlich hingenommen.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Er ist aber eine organisatorische Leistung großen Ranges gewesen, die sich unter ungewöhnlichen Schwierigkeiten vollzogen hat. Der Bund mußte sich eine Verwaltungsorganisation sozusagen aus dem Nichts schaffen. Das notwendige qualifizierte Personal konnte mangels eines Unterbaus und nach der völligen Zerschlagung der alten Reichsverwaltung, bei den Schwierigkeiten, die die politischen Gesichtspunkte, wie z. B. Entnazifizierungsgesetz, Eingliederung des Personenkreises nach Art. 131 des Grundgesetzes, Rücksichtnahme auf Schwerbeschädigte usw., geschaffen haben und schaffen mußten, nur allmählich herangezogen werden. Auch heute bleibt auf diesem Gebiet noch manches zu tun. Eine Fülle von Aufgaben, die das alte Reich nicht gekannt hat, kamen auf den Bund, und zwar gleichzeitig zu. Der Ausbau mußte so sparsam wie möglich erfolgen; das ursprüngliche Geschrei von dem „Bonner Luxus" ist verstummt. Die Verwaltungskosten des Bundes betragen für die persönlichen Ausgaben, einschließlich der Länderbehörden für die Kriegsopferversorgung, knapp 3 % der Haushaltssumme und für die sächlichen Verwaltungsausgaben noch nicht 1 °/o der Haushaltssumme. Die Zentralstellen des Bundes in Bonn sind dabei an den persönlichen Ausgaben mit etwa 0,4 % der Haushaltssumme, an den Bürokosten mit etwa 0,01 % der Haushaltssumme beteiligt.
    Hand in Hand mit dem Aufbau der Bundesverwaltung gingen die Maßnahmen zur Besserung der Löhne und Gehälter der öffentlichen Bediensteten, insbesondere der Beamten und Angestellten. Das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts vom 6. Dezember 1951 brachte die Aufhebung der 6%igen Gehaltskürzung nach den Brüningschen Notverordnungen, die Einführung einer Zulage zum Grundgehalt mit 15 % am 1. April 1951, erhöht auf 20 % am 1. Oktober 1951, besondere Zuschläge von 24 bis herunter zu 6 DM bei Grundgehältern unter 230 DM, die Ausdehnung dieser Maßnahme auf die Versorgungsempfänger, Einführung einer Sperrvorschrift, nach der die Besoldung der Bundesbeamten die obere Grenze ist für die Besoldung der entsprechenden und gleich zu bewertenden Beamten der Länder, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts. Das Zweite Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts vom 20. August 1952 brachte die Regelung der Besoldung für den Bundesgrenzschutz und für die Beamten bei neu geschaffenen Bundesbehörden, die Erhöhung der Diäten der außerplanmäßigen Beamten auf 90 und 95 % des Anfangsgrundgehalts der planmäßigen Beamten, Ausdehnung der 20%igen Zulagen auf den Personenkreis nach Art. 131 des Grundgesetzes und die Erhöhung der Freigrenze für eigenes Einkommen der Kinder von 40 auf 75 DM.
    Durch Sondermaßnahmen im Haushaltsjahr 1952/53 wurde den öffentlichen Bediensteten. Beamten und Angestellten geholfen durch Zahlung eines halben Monatsbezugs vom 1. Juli 1952 und durch Zahlung einer steuerfreien Unterstützung in Höhe von 30 % des erhöhten Grundgehalts im Dezember 1952, zuzüglich 30 DM für Ledige. 50 DM für Verheiratete und 15 DM für jedes Kind.
    Dem Hohen Haus liegt zur Zeit der Entwurf des Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts vor. Dieses sieht eine allgemeine Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses und eine zusätzliche Erhöhung dieser Zuschüsse für Familien mit drei und mehr Kindern vor. Er verbessert den Wohnungsgeldzuschuß von jungen Beamten, erhöht die Kinderzuschläge auf 25, 30 und 35 DM unter Staffelung nach dem Lebensalter der Kinder, schafft die Ortsklasse D ab und sieht Maßnahmen zur Verbesserung ungünstiger Beförderungsbedingungen für bestimmte Gruppen der Landesbeamten vor. Bei diesem Gesetzentwurf


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    wird es sich, in der Auswirkung auf Bund, Länder und Gemeinden gerechnet, um Milliardenbeträge handeln.
    Es ist dem Hohen Hause bekannt, daß derzeit die Bundesregierung an einer grundsätzlichen Besoldungsreform arbeitet. Eine solche hat zur Voraussetzung, daß die öffentlichen Haushalte des Bundes, der Länder und Gemeinden und die Verkehrshaushalte die notwendige Bewegungsfreiheit haben und die Wirtschaft im allgemeinen so gefestigt ist, daß eine solche Besoldungsreform auch in dauernden Einklang mit den allgemein wirtschaftlichen Verhältnissen gebracht werden kann. Sie setzt eine Steuerreform und eine Finanzreform in dem Sinne voraus, daß sie dauernd wohl nur dann gedacht werden kann, wenn auch für die Dauer feststeht, wie Steuerquellen und Steueraufkommen auf die Arbeitgeber, d. h. auf Bund, Länder und Gemeinden, verteilt werden.
    Als Ziel einer solchen Besoldungsreform muß nicht nur die Beseitigung wirtschaftlicher Notstände vorschweben, sondern auch eine stärkere Berücksichtigung der Leistung und Verantwortung der Beamten in den einzelnen Laufbahnen, eine Beseitigung der in den letzten Jahren und Jahrzehnten allzu stark aufgetretenen Nivellierung innerhalb der öffentlichen Bediensteten; denn durch diese allzu starke Nivellierung sind fast unüberwindliche Schwierigkeiten entstanden, einen qualifizierten und notwendigerweise mit vielen Kosten des einzelnen vorgebildeten Nachwuchs zu gewinnen. Es sind auch Vorschriften notwendig, um die Einheit des Besoldungsrechts im gesamten öffentlichen Dienst von Bund,, Ländern und Gemeinden zu sichern und zu wahren.
    2. Mehr im Lichte der Öffentlichkeit als der Aufbau der Bundesverwaltung und die Besserung des Besoldungsrechts der öffentlichen Bediensteten in Bund, Ländern und Gemeinden standen die sozialen Leistungen, die die junge Bundesrepublik übernommen hat. Diese treffen ganz überwiegend den Bund allein, da er gemäß Art. 120 des Grundgesetzes die Aufwendungen für die sozialen Kriegsfolgelasten, darunter insbesondere auch für die gesamte Kriegsopferversorgung trägt, daneben die Ausgaben für den Personenkreis nach Art. 131 des Grundgesetzes und die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung- und Arbeitslosenfürsorge. Ich darf nur flüchtig an die großen Gesetzgebungswerke erinnern: Bundesversorgungsgesetz, Gesetz über Regelung der Verhältnisse des Personenkreises nach Art. 131 des Grundgesetzes usw.
    Die Leistungen aus dem Bundeshaushalt haben sich auf Grund dieser Gesetzgebungswerke wie folgt entwickelt. Die Sozialausgaben, die die Länder im Jahre 1949 vor Auftreten des Bundes geleistet haben, betrugen nach den Voranschlägen von damals 4200 Millionen DM. Die Leistungen des Bundes — Einzelplan 40 und Einzelplan 11 zusammengerechnet — betrugen im
    im Rechnungsjahr 1950 bereits 5329.5 Mill. DM
    im Rechnungsjahr 1951 7401,6 Mill. DM
    im Rechnungsjahr 1952 — einschließlich der Hingabe von Schuldbuchforderungen an die Sozialversicherungsanstalten — 7784 Mill. DM und werden im Rechnungsjahr 1953
    — wieder einschließlich der Schuldbuchforderungen, die den Sozialversicherungsanstalten gewährt
    werden — 8432,4 Mill. DM
    betragen. Die Sozialleistungen des Bundes sind hernach gestiegen:
    im Rechnungsjahr 1950 verglichen mit 1949
    um 26,8 v. H.
    im Rechnungsjahr 1951 gegenüber 1949
    um 76,2 v. H.
    im Rechnungsjahr 1952 gegenüber 1949
    um 85,3 v. H. und
    im Rechnungsjahr 1953 gegenüber 1949
    um 100,7 v. H.

    (Hört! Hört!)

    Ich bemerke, in den vorgenannten Beträgen sind die für die Sozialleistungen im Lande Berlin vorgesehenen Mittel enthalten wie folgt:
    im Rechnungsjahr 1950 mit 211,0 Millionen DM im Rechnungsjahr 1951 mit 594,0 Millionen DM im Rechnungsjahr 1952 mit 595,8 Millionen DM im Rechnungsjahr 1953 mit 587,0 Millionen DM.
    Daneben läuft die Gesetzgebung des Lastenausgleichs. Sie ist aus haushaltstechnischen Gründen im Haushalt der sozialen Kriegsfolgeleistungen des Rechnungsjahres 1953 mit 1610 Millionen DM veranschlagt. Sie ist aber dort nur ein durchlaufender Posten, der bei den oben angebenen Zahlen außer Betracht geblieben ist. Jedoch handelt es sich auch hier um echte soziale Leistungen des deutschen Volkes, wenn sie auch aus Sonderausgaben gedeckt werden und nicht unter der Bezeichnung „Steuern" erscheinen.
    Weiter muß bemerkt werden, daß zu den haushaltsmäßigen Sozialausgaben des Jahres 1953 noch der Mehrbedarf hinzutritt, der sich aus dem Gesetz über die Erhöhung des Grundbetrags für Sozialversicherungen ergibt. Das ist ein Betrag von rund 316 Millionen DM. Das Gesetz hierüber kann nunmehr verkündet werden, da eine haushaltsmäßige Deckung durch Wegfall der Subventionen für Konsumbrotverbilligung geschaffen ist. Damit erhöhen sich die Sozialausgaben des Rechnungsjahres 1953 von 8432 auf 8748 Millionen DM.
    Die vorgenannten Zahlen geben nur die sozialen Leistungen des Bundes an. Ich darf noch einen Überblick über die sozialen Leistungen der gesamten Bundesrepublik, nämlich der sozialen Selbstverwaltungen, sämtlicher Gebietskörperschaften — Bund, Ländern und Gemeinden — und des Sondervermögens Lastenausgleich geben. Es betrugen im Jahre 1952
    die Sozialleistungen
    der sozialen Selbstverwaltungen 8112 Millionen DM, der Gebietskörperschaften aller
    Art 8375 Millionen DM,
    des Sondervermögens Lastenausgleich 1010 Millionen DM,
    eine Gesamtsumme von 17 497 Millionen DM.
    Von dieser entfallen auf die Leistungen der sozialen Selbstverwaltungen also rund 46,4 %,
    auf Bund, Länder und Gemeinden 47,8 %,
    auf das Sondervermögen Lastenausgleich 5,8 %.
    Die Gesamtabgabenbelastung des deutschen Volkes hat im Jahre 1952 betragen an Beiträgen
    für soziale Selbstverwaltungen

    (Renten-, Kranken-, Arbeitslosenversicherung) 10 100 Millionen DM,



    (Bundesfinanzminister Schiffer)


    (Bund, Länder und Gemeinden)

    Aus dem letzten Betrag werden die sozialen Leistungen von Bund, Ländern und Gemeinden für Kriegsfolgelasten, Arbeitslosenfürsorge, Zuschüsse zur Sozialversicherung, allgemeine Fürsorge, Sozialleistungen an Berlin getragen. Die Soforthilfeabgabe und Vermögensabgabe — ohne Umstellungsgrundschulden — haben be-
    tragen 1 170 Millionen DM.
    Von dieser Gesamtbelastung
    mit 43 090 Millionen DM
    treffen also auf Steuern aller Art 73,8 %,
    auf Sozialbeiträge 23,5 %,
    auf Soforthilfeabgabe und Vermögensabgabe 2,7 %.
    Verglichen mit dem Jahre 1938 ergibt sich folgende kurze Gegenüberstellung. Die Sozialleistungen betrugen 1938 in Hundertteilen der gesamten
    Abgabenbelastung 21,1 %,
    im Jahre 1952 dagegen 40,7 %.
    Verglichen mit dem Volkseinkommen — Bruttosozialprodukt — wurden 1938 aufgebracht 6 %,
    im Jahre 1952 dagegen 14 %.
    Die Bundesrepublik und die Bevölkerung der Bundesrepublik haben damit ihren Opferwillen für die insbesondere durch den Hitler-Krieg in soziale Not gebrachten Brüder des Volkes bewiesen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    3. Wohnungsbau. Die weitere von mir in den Einleitungsworten genannte Aufgabe, die der deutschen Finanzpolitik in dieser Legislaturperiode gestellt war, war die Aufgabe, die Mittel zu beschaffen, die durch die Kriegszerstörung entstandene Wohnungsnot zu beheben. Nur ein Teil dieser Aufwendungen erscheint im Bundeshaushalt. Die große Leistung, die der Bund in seiner Steuergesetzgebung vollbracht hat durch Begünstigung der Bausparkassen, der Kapitalansammlungsverträge, des Wohnungsbausparens überhaupt, zuletzt auch durch das Kapitalmarktförderungsgesetz und durch die in den ersten Jahren durchgeführten Sonderprogramme, drücken sich ja nicht unmittelbar in Ausgabenzahlen des Bundeshaushalts aus. Im Bundeshaushalt unmittelbar enthalten sind Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf Grund des Ersten Wohnungsbaugesetzes, die
    im Jahre 1950 365,8 Millionen DM,
    im Jahre 1951 375,6 Millionen DM,
    im Jahre 1952 440,8 Millionen DM
    betragen haben und
    1953 mit 542 Mililonen DM
    vorgesehen sind. In diesen beiden letzten Haushaltsjahren sind in diesen Zahlen enthalten je 40 Millionen DM für Instandsetzungsarbeiten an Wohngebäuden und 12 Millionen DM (1952) oder 2 Millionen DM (1953) für Beteiligungen an wohnungswirtschaftlichen Unternehmen.
    Dazu kommen aus dem Bundeshaushalt Mittel für den Bau von Bergarbeiterwohnungen, die
    1951 68,7 Millionen DM,
    1952 204,0 Millionen DM,
    1953 240,0 Millionen DM
    betragen. Sie sind in erster Linie bereitgestellt aus Mitteln, die aus der Kohlenabgabe auf Grund des Gesetzes vom 23. Oktober 1951 zur Verfügung stehen. Dieses Gesetz hat sich erst im Jahre 1952 ausgewirkt.
    Dazu kommen außerdem die Mittel des Bundeshaushalts für den Wohnungsbau für Bundesbedienstete ohne Bundesbahn und -post, wo diese Mittel über die Sonderhaushalte laufen. Sie betrugen
    1949 24,5 Millionen DM,
    1950 55,3 Millionen DM,
    1951 55,5 Millionen DM,
    1952 69,8 Millionen DM,
    1953 63,5 Millionen DM.
    Dazu kommen weiter Aufwendungen für den Bau von Wohnungen für ausländische Missionen, Abgeordnete, Pressevertreter etc. mit
    insgesamt 7,5 Millionen DM
    in den Jahren 1950/51.
    Aber auch aus dem Titel „Nichtanerkannte Besatzungskosten" wurden Mittel zur Verfügung gestellt für Wohnungen für Kasernenverdrängte und für Ersatzwohnungen für Altbesatzungsverdrängte. Sie betrugen zusammen im
    Jahre 1950 61 Millionen DM,
    1951 120 Millionen DM.
    In der Zeit vom 1. April bis 30. November 1952 sind ausgegeben für diesen Zweck
    zusammen 66 Millionen DM.
    4. Neben der Aufgabe, die Wohnungsnot zu beheben, trat an die deutsche Finanzpolitik die Aufgabe heran, Mittel bereitzustellen, um den Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte zu gewährleisten. Das geschah
    a) durch Bereitstellung von Haushaltsmitteln zur Gewährung von Wiederaufbaudarlehen nach dem Gesetz vom September 1950,
    b) durch Bereitstellung von Krediten aus dem ERP-Sondervermögen, die über die Kreditanstalt für Wiederaufbau geflossen sind,
    c) durch die Steuervergünstigungen des § 7 d EStG, für die nach dem Gesetz vom 27. Juni 1951 seit dem 1. Juli 1951 eine bundesministerielle Genehmigung erforderlich ist.
    Aus dem Bundeshaushalt sind unter Einschluß der zur Zeit noch laufenden Zahlungen bisher 270 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden. Im Voranschlag des Rechnungsjahres 1953 sind weitere 70 Millionen DM vorgesehen. In den folgenden Rechnungsjahren werden voraussichtlich noch weitere 80 Millionen DM bereitzustellen sein, um die in der Abwicklung begriffenen Bauprogramme 1952/54 zu Ende zu führen. Es werden dann also aus den Bundesmitteln darlehensweise insgesamt 420 Millionen DM zur Verfügung gestellt sein. Damit wird auch das Tankerprogramm mit 14 Tankern gedeckt.
    ERP-Mittel konnten für den Aufbau der Seeschiffahrt nur mit Genehmigung der ECA und neuerlich MSA verwendet werden. Diese Stellen halten daran fest, daß solche Mittel nur verwendet werden dürfen für Schiffe, die nicht mehr als 2700 BRT Rauminhalt haben. Bereitgestellt wurden 172,2 Millionen DM, die wegen dieser Beschränkung vielfach für Neubauten geringerer wirtschaftlicher Bedeutung verwendet werden müssen. Immerhin konnte das sogenannte „kleine Programm 1952", das kleinere Linienschiffe umfaßt, durch ERP-Kredite wesentlich gefördert werden. Für die Überseelinienschiffe konnten erstmalig aus den Rückflüssen zum ERP-Vermögen Mittel vorgesehen werden.


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    Zur Durchführung des Linienschiffsprogramms hat der Herr Bundesminister für den Marshallplan für das laufende Rechnungsjahr erstmalig 30 Millionen DM bereitstellen können. Für die Durchführung dieses Programms sind zwei weitere Jahresraten von je rund 50 Millionen DM vorgesehen. Insgesamt sollen also aus ERP-Mitteln und Rückflüssen zum ERP-Vermögen 300 Millionen DM für den Wiederaufbau der Handelsflotte eingesetzt werden.
    Die Steuervergünstigung des § 7 d EStG scheint stark in Anspruch genommen worden zu sein. Nach mir bisher vorliegenden Unterlagen sind im Kalenderjahr 1951 der Seeschiffahrt auf diesem Wege etwa 300 Millionen DM zugeflossen. Im Kalenderjahr 1952 kann mit einem Aufkommen ähnlichen Umfangs gerechnet werden. Es errechnet sich selbstverständlich daraus ein spürbarer Steuerausfall, der für 1951 auf über 150 Millionen DM angesetzt werden muß, für das Rechnungsjahr 1952 sich noch nicht bestimmt sagen läßt. Insgesamt sind durch alle diese Bundesmaßnahmen über 1 Milliarde DM durch Zuschüsse, Kredite und in Gestalt von Steuerausfällen der Seeschiffahrt und deren Wiederaufbau zugeführt worden.
    5. Zu den weiteren Aufgaben, die die vergangenen Jahre und das laufende Jahr der deutschen Finanzpolitik stellten, gehört auch die Förderung des deutschen Außenhandels und die Sicherung der Ernährung, soweit sie durch Einfuhr erfolgen muß.
    In den Anfangsjahren hat der Bedarf an Einfuhr von Lebensmitteln für die Ernährung des deutschen Volkes nach Zahlen, die der Herr Bundesernährungsminister kürzlich bekanntgab, etwa 50 % des notwendigen Verbrauchs betragen. Durch die Erzeugungssteigerung, die ein Verdienst der deutsehen Landwirtschaft, aber auch ein Erfolg der deutschen Agrarpolitik ist, ist der Bedarf an Einfuhr für die Ernährung auf etwa 39 % des Verbrauchs zurückgegangen. Um die Lebensmittel, die eingeführt werden, der deutschen Bevölkerung zur Verfügung stellen zu können, und zwar zu einem Preis, wie er sich aus den Selbstkosten der deutschen Inlandserzeugung errechnet, mußte die öffentliche Hand Subventionen geben. Diese Subventionszahlungen haben in der Koreakrise infolge des unerwarteten und unvorhersehbaren Ansteigens der Weltmarktpreise eine beträchtliche Erhöhung erfahren. Von 1949 bis Ende 1952 wurden für diese Zwecke insgesamt 2100 Millionen DM aus Bundesmitteln zur Verfügung gestellt. Zur Verbilligung des Brot- und Futtergetreides wurden in den Jahren 1949 bis 1952 gegeben 1026 Millionen DM, zur Verbilligung von Zucker in demselben Zeitraum 198 Millionen DM. zur Verbilligung von Margarine 153 Millionen DM, zur Verbilligung von Konsumbrot in den Jahren 1951/52 413 Millionen DM, zur Verbilligung von Produktionsmitteln der Landwirtschaft — Frühdruschprämien und Düngemittel — 210.8 Millionen DM, an Subventionen für den Anbau von Hanf und Flachs 11.4 Millionen DM und an sonstigen Subventionen. insbesondere für Dieselkraftstoffe, 111 Millionen DM.
    Der Bund hat außerdem zur Förderung der deutschen Ausfuhr steuerliche Begünstigungen in dem bekannten Exportförderungsgesetz geschaffen. Außerdem wurden zur Abdeckung der mit Ausfuhrgeschäften verbundenen Risiken vom Bund Bürgschaften gegeben und Garantien übernommen. Diese Garantien und Bürgschaften stellen eine wesentliche Grundlage der Finanzierung dieser Ausfuhrgeschäfte dar. Sie sind so zu einer wichtigen
    Voraussetzung für die Steigerung der deutschen Ausfuhr geworden. Verbürgt wurden bisher Geschäfte im Wert von über 3 Milliarden DM. Die Bundesregierung hat bereits dem Hohen Haus eine Vorlage unterbreitet, die eine weitere beträchtliche Erhöhung der gegebenen Garantien und Bürgschaften im Betrag von weiteren 1,1 Milliarden DM zum Ziele hat.
    Zur Förderung besonderer Vorhaben wurden für bestimmte Wirtschaftszweige, z. B. Flüchtlingsbetriebe, Grundstoffindustrien, Filmwirtschaft, demontagegeschädigte Industrie, Notstandsgebiete, karitative Einrichtungen, Bürgschaften im Rahmen von 500 Millionen DM bereitgestellt und nahezu ausgeschöpft.
    Um die Bevorratung der deutschen Bevölkerung und auch der Stadt Berlin mit Lebensmitteln sicherzustellen, hat der Bund beträchtliche Haushaltsmittel für die Lagerhaltung ausgegeben und außerdem Bürgschaften in Höhe von 900 Millionen DM für den Ankauf dieser Güter bereitgestellt. Auch diese Bürgschaften sind heute voll in Anspruch genommen.
    Der Stadt Berlin gegenüber hat der Bund zwei Bürgschaften in Höhe von je 100 Millionen DM bereitgestellt, die zu einem großen Teil bereits in Anspruch genommen sind. Sie sind bestimmt, den Warenverkehr von und nach Berlin von den Risiken zu entlasten, die auf Grund der politischen Verhältnisse auf ihm liegen, und außerdem bestimmt, der Berliner Wirtschaft zusätzliche Mittel zu verschaffen.
    Zum Schluß darf noch erwähnt werden, daß eine Bürgschaft in Höhe von 15 Millionen DM wichtige Betriebe der Saatgutwirtschaft gesundet und damit die Saatgutwirtschaft als solche gefördert wird.
    Mit der Beruhigung der Weltmarktpreise ist der Bedarf an Subventionsmitteln erfreulicherweise zurückgegangen. Subventionen für Zucker und Margarine fallen nicht mehr an. Die Subventionen für Brot und Futtergetreide erreichen die frühere Höhe nicht mehr. Im Haushalt 1953 war noch ein Ansatz für Subventionen von 419 Millionen DM enthalten, der aber auch die Subventionen für die Verbilligung von Konsumbrot in Höhe von rund 300 Millionen DM umfaßte, die künftig wegfallen werden.
    6. Die vorgenannten Leistungen dienten dem Aufbau der deutschen Bundesverwaltung, dem Aufbau der deutschen Wirtschaft und dem inneren sozialen Frieden. All das wäre aber nicht möglich gewesen, wenn nicht dem deutschen Sparer das Vertrauen in den Staat und seine finanzielle Ordnung, das Vertrauen in die Währung nicht nur, sondern auch das Vertrauen in die Erhaltung des Friedens gegeben worden wäre.
    Auch zur Erfüllung dieser Aufgaben mußte die deutsche Finanzpolitik ihren Teil beitragen. Die unmittelbare Förderung der deutschen Spartätigkeit geschah durch Steuervergünstigungen. Ich erinnere an die bekannten Bestimmungen in den §§ 10 und 41 des Einkommensteuergesetzes über Steuervergünstigungen für Verträge bei Lebensversicherungen und Bausparkassen sowie für andere Kapitalansammlungsverträge und an das Wohnungsbauprämiengesetz. Das Jahr 1952 hat das Kapitalmarktförderungsgesetz gebracht, das ein neuer Schritt auf diesem Wege ist. Das Wichtigste, was der Staat aber tun konnte, war, die psychologische Voraussetzung für eine Spartätigkeit zu schaffen, d. h. das Vertrauen des Sparers wiederzu-


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    gewinnen, das in keinem anderen Volke so wie im deutschen Volk durch die Erfahrungen einer Inflation und einer Währungsumstellung zerstört worden ist. Inflation und Währungsumstellung waren aber die Folge der vorausgegangenen Jahre, einer Finanzpolitik, die mit Geldschöpfungen künstlicher Art einen Betrug an dem deutschen Sparer verübt hat.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das Hitler-System hat nicht nur das deutsche Sparvermögen zerstört, es hat auch einen Krieg vom Zaun gebrochen, der bis zum Weißbluten geführt wurde, die Armeen der Siegerstaaten auf deutschen Boden gebracht hat und Deutschland die Zerreißung seines Gebiets in Ostzone und drei Westzonen als Erbe hinterließ. Die deutsche Finanzpolitik mußte

    (Abg. Mellies: Und die CDU-Minister in Nordrhein-Westfalen gehen zum Empfang von Schacht!)

    auch hier eine geschichtlich noch nicht dagewesene Leistung vollbringen; sie mußte die Besatzungskosten tragen und gleichzeitig den Weg vorbereiten, aus dem durch die Hitler-Verbrechen geschändeten deutschen Volk einen geachteten Verbündeten der freien demokratischen Welt zu machen.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Ich darf in diesem Zusammenhang einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Besatzungskosten geben. Wir müssen für die Vergangenheit zwei Zeitabschnitte unterscheiden. Der erste Abschnitt umfaßt die Zeit von Mai 1945 bis etwa September 1950. Ich erinnere daran, daß die Außenminister der Vereinigten Staaten, Englands und Frankreichs auf der Außenministerkonferenz in New York vom 12. bis 19. September 1950 den Beschluß faßten, die Bundesrepublik in die Gemeinschaft der freien Völker einzugliedern, die notwendigen gesetzlichen Schritte zur Beendigung des Kriegszustandes in Deutschland zu tun, Deutschland an einer gemeinsamen Streitkraft zur Verteidigung der Freiheit Europas zu beteiligen und insbesondere eine weitere Ausdehnung der Autorität der Bundesregierung nach außen und innen durch Ausräumung der internen Kontrollen und durch Gestattung eigener Außenpolitik mit eigenem Außenministerium und eigenen diplomatischen Vertretungen zu erreichen. Damit war allerdings auch die Verpflichtung verbunden, für die finanziellen Schulden des alten Reiches gegenüber dem Ausland einzustehen. Auf dem Gebiete der Besatzungslasten ist aber dieser Beschluß — und dies ist ein Erfolg der deutschen Außenpolitik — auch ein Abschnitt geworden. Die Besatzungslasten waren in der Zeit vor dem 1. Oktober 1950 die Folge einer Sicherungsbesetzung Deutschlands, die sich gegen Deutschland im Sinne und Geiste eines Siegerstaates oder der Siegerstaaten wendete. Die Besatzungslasten wurden aus der Tatsache der Kapitulation Deutschlands heraus befohlen; eine Einflußnahme der deutschen Bundesrepublik auf Höhe und Verwendung der Besatzungslasten bestand tatsächlich nicht.
    Die Besatzungslasten, die später anfielen und gegenwärtig noch zu tragen sind, haben Schritt für Schritt einen anderen Charakter erhalten. Seit etwa Oktober 1950 sind die drei Besatzungsmächte dazu übergegangen, ihre in der Bundesrepublik stationierten Streitkräfte in erheblichem Umfange zu verstärken, nicht als Sicherungsmaßnahme gegenüber dem deutschen Volk, sondern als Maßnahme zum Schutz nicht nur der eigenen Freiheit, sondern auch der Freiheit der Bundesrepublik und der Sicherung des deutschen Bodens der Bundesrepublik. Diese Wandlung des Charakters der Besatzungslasten hatte zur Folge, daß die Ämter der Hohen Kommissare und der alliierten Hauptquartiere trotz Fehlens einer entsprechenden Vertragsgrundlage dazu übergingen, die Bundesregierung und die Landesregierungen über grundsätzliche Fragen der Besatzungslasten rechtzeitig zu hören, insbesondere soweit sie mit der Verstärkung der Besatzungstruppen im Zusammenhang standen, und den Regierungen mehr und mehr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und ihre Mitwirkung mehr und mehr zuzulassen.
    Als letzter Stein dieser Entwicklung kann bezeichnet werden, daß es der Bundesrepublik gelungen ist, im Wege von Verhandlungen eine Höchstgrenze für die von ihr zu leistenden Besatzungskosten und Auftragsausgaben zu erreichen. Für die Zeit vom 1. April 1952 bis zum Inkrafttreten der EVG-Verträge sollen die Besatzungslasten im Monatsdurchschnitt 600 Millionen DM nicht übersteigen. Das war zu erreichen, weil die Bundesregierung immer wieder darauf hinwies, daß ein Vermeiden dessen, was man „Besatzungsluxus" nannte, notwendig ist und daß Einsparungen infolgedessen notwendig und möglich sind, um die Finanzkraft der deutschen Bundesrepublik dem gemeinsamen Zweck der Verteidigung der Freiheit der demokratischen Welt und der Verteidigung des deutschen Bodens voll dienstbar machen zu können. Ich glaube feststellen zu können, daß sich die Verhältnisse heute so weit gebessert haben, daß der Übergang von der Besatzungszeit in die Zeit des Bündnisverhältnisses, in die Zeit der EVG-Verträge, Schwierigkeiten nicht bereitet.
    Um auch einen Überblick über die Besatzungslasten in den beiden von mir erwähnten Zeitabschnitten zu geben, stelle ich fest: In der Zeit von Mai 1945 bis zum 30. September 1950 haben die Länder und ab 1. April 1950 der Bund in ihren Haushalten an echten Besatzungslasten insgesamt 24 819 Millionen Reichsmark oder D-Mark ausgegeben. In der Zeit vom 1. Oktober 1950 bis zum Schluß des Rechnungsjahres 1952 betragen die Aufwendungen des Bundes an echten Verteidigungslasten und Besatzungslasten unter der Annahme, daß die im Bundeshaushalt 1952 veranschlagten Ausgaben voll gemacht werden müssen, insgesamt rund 19 274 Millionen DM. Insgesamt haben also die Besatzungskosten seit dem Jahre 1945 mehr als 44 Milliarden Mark — Reichsmark oder D-Mark — betragen. Bei der Einzelbetrachtung des Haushalts 1953 werde ich über die zu erwartende künftige Entwicklung noch sprechen.
    Der Probestand für die Erhaltung des Friedens Europas wird die Frage sein, ob es gelingt, die seelische und wirtschaftliche Widerstandskraft der Stadt Berlin aufrechtzuerhalten. Daher ein Wort über die Leistungen der Bundesrepublik für Berlin.
    Die Finanzhilfe an Berlin wurde erforderlich in der Zeit der Blockade, die im Sommer 1948 begann und bis Mai 1949 gedauert hat. Zunächst sprang die Zweizonenverwaltung ein; das Ende der Blockade hinterließ aber ein wirtschaftlich geschwächtes und zerrissenes Berlin. Ihm mußte geholfen werden. Bis einschließlich 1949 hat die Bundesrepublik Abmachungen über eine Finanzhilfe an Berlin getroffen. Im Rechnungsjahr 1950 wurde eine feste Verwaltungsvereinbarung mit Berlin getroffen. In


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    dieser übernahm der Bund einen bestimmten Anteil gewisser Kriegsfolge- und Soziallasten an Berlin und gewährte außerdem einen festen Zuschuß zum Haushalt des Landes Berlin. Ab 1. April 1951 wurden die finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Berlin durch das Dritte Überleitungsgesetz geregelt. Berlin erhielt finanzpolitisch die gleiche Stellung wie die übrigen Länder. Der Bund übernahm die Lasten, die er auch in den übrigen Ländern trägt; in Berlin werden für den Bund dieselben Steuern erhoben wie in den übrigen Ländern. Die Finanzhilfe an Berlin aus Bundesmitteln — nicht eingerechnet die Mittel aus GARIOA und ERP — umfassen Kredite an Berlin, den festen Zuschuß, bis zum Jahre 1951 einen Verzicht auf gewisse Verbrauchsteuern, vom Jahre 1951 an die Übernahme der Besatzungskosten, der sonstigen Kriegsfolge- und sonstigen Soziallasten, die in Berlin anfallen, Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau, Umsatzsteuerrückvergütungen und sonstige Leistungen wie Lebensmittelsubventionen.
    In Summen ausgedrückt betragen die Ausgaben aus Bundesmitteln für Berlin im Jahre 1949 299 Millionen, im Jahre 1950 547 Millionen, im Jahre 1951 rund 1299 Millionen, im Jahre 1952 -
    veranschlagt — 1534 Millionen und im Jahre 1953 — veranschlagt — 1431 Millionen DM. Dem stehen die Einnahmen des Bundes aus den Bundessteuern und dem Bundesanteil an der Einkommensteuer in Berlin gegenüber mit im Jahre 1951 558,2 Millionen, im Jahre 1952 — veranschlagt — 538,8 Millionen, im Jahre 1953 — geschätzt — 566 Millionen DM. Der Überschuß der Ausgaben über die Einnahmen beträgt also 1949 299 Millionen, 1950 547 Millionen, 1951 740,7 Millionen, 1952 995,2 Millionen und 1953 865 Millionen DM.
    Das Aufkommen aus dem Notopfer Berlin, dessen Erträgnis Berlin als Leistung des Steuerzahlers der deutschen Bundesrepublik zugute kommen soll, beträgt 1949 189,1 Millionen, 1950 389,2 Millionen, 1951 644,7 Millionen, 1952 730 Millionen, 1953 750 Millionen DM.
    Das ist nicht das einzige, was an Berlin-Hilfe geschieht. Es kommen aus ERP- und GARIOA-
    Mitteln für die Zeit bis zum 1. Juli 1952 1184 Millionen DM hinzu. Im Rechnungsjahr 1952 sind an ERP-Mitteln für Berlin 530 Millionen DM vorgesehen. Der Betrag, der 1953 daraus gegeben werden kann, steht noch nicht fest.
    An weiteren Förderungsmaßnahmen, die eine wesentliche Leistung der deutschen Volkswirtschaft für Berlin darstellen — insbesondere in ihrer Auswirkung —, seien beispielsweise nur erwähnt die Befreiung von Umsatzsteuer für alle gewerblichen Lieferungen, die aus Berlin in das Gebiet der Bundesrepublik gehen, die für die Berliner Wirtschaft noch gewährten Steuervergünstigungen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die Bundesgarantien für den Warenverkehr mit Berlin bis zu 100 Millionen DM und die Bürgschaften des Bundes für die Berliner Wirtschaft bis zu 31 Millionen DM.
    Nachdem ich hier Berlin erwähnt habe, darf ich noch kurz auf Schleswig-Holstein zu sprechen kommen, das der Kriegszufall als Land geschaffen hat, ein Land, das durch Flüchtlings- und Heimatvertriebenenlasten besonders überbürdet und wirtschaftlich zu schwach ist, um aus eigener Kraft seine Aufgaben zu erfüllen. Das Land Schleswig-Holstein erhielt im Rechnungsjahr 1950, da sich trotz aller Bemühungen der horizontale Finanzausgleich unter den Ländern als unzureichend erwies, auf Grund des Gesetzes über eine Finanzhilfe vom 29. März 1951 einen Kredit von 70 Millionen, im Rechnungsjahr 1951 von 49 Millionen DM. Im Rechnungsjahr 1952 erhielt es aus dem Fonds zur Sanierung von Notstandsgebieten als Bundesdarlehen und in Form von Darlehen und Zuschüssen für Arbeitsbeschaffung 95,5 Millionen DM. Im Rechnungsjahr 1953 sind insgesamt 45 Millionen DM vorgesehen.
    Welche Darlehen und Zuschüsse daneben für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Rechnungsjahr 1953 gegeben werden können, steht noch nicht fest.
    7. Damit, meine Damen und Herren, habe ich ein Bild über die Aufgaben gegeben, die der deutschen Finanzpolitik für den Aufbau der Bundesverwaltung, für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft, für die Sicherung der Währung, für die Unterstützung des Ringens des deutschen Volkes um seine Souveränität, um die Sicherung der Freiheit und des Friedens in dieser Legislaturperiode gestellt gewesen sind und noch vor ihm stehen.
    Ich erinnere mich, als ich zum ersten Male in meiner Eigenschaft als Bundesfinanzminister zu dem Hohen Haus über die Aufgaben der deutschen Finanzpolitik gesprochen habe, daß ich damals das Bild der Gratwanderung gebraucht habe, die vor uns steht,

    (Sehr richtig! bei der CDU)

    des schmalen Pfades zwischen den Abgründen links und den Abgründen rechts, dem Abgrund einer Zerrüttung durch Inflation und dem Abgrund einer Zerrüttung durch Deflation. Ich habe daran erinnert, daß diese Gratwanderung ruhige Nerven, Trittsicherheit und klares Auge verlangt und viel Schweiß und Mühe kosten wird.

    (Abg. Bausch: Sehr gut!)

    Lassen Sie mich nun einen Überblick geben über die Steuerbelastung des deutschen Volkes, in der sich der Schweiß und die Mühe ausdrückt, die das deutsche Volk zur Erfüllung dieser Aufgaben auf sich genommen hat.
    Im Jahr 1951 haben die Steuern, die Bund und Länder erheben, einschließlich der Soforthilfeabgabe und Kohlenbergbauabgabe, 24 862,5 Millionen DM betragen. Dazu kommen die Steuern der Gemeinden und übrigen örtlichen Gebietskörperschaften mit 3560 Millionen DM. Die Steuerlast allein betrug also im Jahre 1951 28 422,5 Millionen DM. Dazu sind aber noch die Zwangsbeiträge für Sozialversicherung zu rechnen, die 1951 9078 Millionen DM betrugen. Die Gesamtbelastung an Steuern und Zwangsbeiträgen betrug also 37.5 Milliarden DM. Wenn man hier den Betrag absetzt, der wieder in Form von Subventionen an die Bevölkerung zurückfloß, so bleibt eine Steuer- und Sozialbelastung von 36 519,5 Millionen DM.
    Dem steht gegenüber das für das Jahr 1951 errechnete Bruttosozialprodukt des deutschen Volkes zu Faktorkosten in Höhe von 98,5 Milliarden DM, d. h. mit anderen Worten: Die Steuer- und Sozialbelastung des deutschen Volkes abzüglich Subventionen beträgt nicht weniger als 37,1 % des erwähnten Bruttosozialprodukts.

    (Hört! Hört! bei der CDU.)

    Sie ist damit die höchste Belastung, die überhaupt für ein Volk in der Welt zu finden ist.

    (Hört! Hört! bei der CDU.)



    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    Allerdings auch die Steuerbelastung der anderen Länder, auch der Siegerstaaten, kommt heute dieser Belastung nahe. Die Steuer- und Sozialbelastung in Großbritannien z. B. wird nach derselben Berechnungsmethode auf etwas über 36 % des Bruttosozialprodukts, die Frankreichs auf etwas über 32 % des Bruttosozialprodukts zu Faktorpreisen geschätzt.
    Internationale Steuervergleiche sind schwierig und immer nur mit gewissen Vorbehalten aufzunehmen. Mit diesen Vorbehalten gebe ich Zahlen wieder über die Besteuerung des Einkommens im In- und Ausland, die nur dann, wenn die Steuergesetzgebung in allen Einzelheiten gewürdigt werden könnte, ein absolut sicheres Bild gäbe.
    Die Besteuerung des Einkommens für einen Verheirateten mit einem Kind beträgt unter diesem Vorbehalt bei einem Einkommen von 5000 DM in Deutschland 10,86 % seines Einkommens, in Belgien 10,08 %, in Dänemark 12,54 %, in Frankreich 12,48 %, in Großbritannien 1,26 %, in den Niederlanden 8,66 %, in Österreich 11,62 %, in Schweden 10,44 %, in den USA - Gründe brauchen nicht erörtert zu werden — 0 %.
    Bei einem Einkommen von 20 000 DM zahlt in Prozentsätzen seines Einkommens der Verheiratete mit einem Kind in Deutschland 35,31 %, in Belgien 25,26 %, in Dänemark 28,58 %, in Frankreich 23,8 %, in Großbritannien 24,15 %, in den Niederlanden 30,74 %o, in Österreich 34,05 %, in Schweden 25,87 %, in den USA 13,81 %.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Essen] : Wir am meisten!)

    Bei einem Einkommen von 100 000 DM zahlt derselbe Steuerzahler in Hundertteilen seines Einkommens in Deutschland 61,14 %,

    (Abg. Bausch: Hört! Hört!)

    in Belgien 47,29 %, in Dänemark 40,80 %, in Frankreich 41,47 %, in Großbritannien 61,55 %, in den Niederlanden 62,95 %,

    (Hört! Hört! bei der CDU)

    in Österreich 44,0 %, in Schweden 49,2 % in den USA 28,38 %.
    Um einen Vergleich der Einkommensbesteuerung mit den Vorkriegsjahren zu geben: Pro Kopf der Bevölkerung gerechnet betrug die Einkommen- und Lohnsteuer im Jahre 1913/14 23 Mark, im Jahre 1938/39 77 Mark, im Jahre 1952/53 - immer jeweilige Kaufkraft - 155 DM.
    Ich werde später auf die Frage der Einkommensteuer näher eingehen und dann den Vergleich durch Bezugnahme auf die Einkommen vergleichbarer Kaufkraft ergänzen. Aber schon diese Zahlen geben ein Bild über die ganz außergewöhnliche Belastung des deutschen Volkes mit Steuer- und Soziallasten. Es ist das höchstbesteuerte aller Völker, und verglichen mit dem Jahre 1913/14 ist diese Belastung von etwa 10 v. H. des Bruttosozialprodukts nun auf 37,1 v. H. gestiegen.
    Wahrlich: die Bewältigung der der Bundesrepublik gestellten Aufgabe, aus dem Schutt und aus den Ruinen der Hitlerregierung wieder eine blühende Volkswirtschaft zu machen, hat Schweiß und Mühe gekostet. Aber das Erreichte war dieses Schweißes und dieser Mühe auch wert!
    Ich darf nun einen Überblick über die Ergebnisse geben.
    Durch die guten Eigenschaften des deutschen Volkes, seinen Fleiß und seine Tüchtigkeit ist es gelungen, diesen Bemühungen Erfolg zu verleihen. Das Bruttosozialprodukt, das 1949 rund 80 Milliarden DM betrug, ist 1952 - mit derselben Berechnungsgrundlage - auf rund 125 Milliarden DM gestiegen. Das heißt: je Kopf der Bevölkerung belief sich das Bruttosozialprodukt 1949 auf 1705 DM und 1952 auf 2606 DM.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Die Zunahme des Bruttosozialprodukts je Kopf der Bevölkerung von der Währungsreform bis zum zweiten Kalenderhalbjahr 1952 betrug - in den jeweiligen Preisen gerechnet - 77 v. H. und in gleicher Kaufkraft gerechnet 62 v. H.
    Die Grundlage für die Entwicklung der Beschäftigung und die Voraussetzung für die Hebung des Lebensstandards im allgemeinen und die Aufbringung der sozialen Leistungen im besonderen ist der Zuwachs an Investitionen, insbesondere an Neuanlagen und Vorräten. Dieser Zuwachs seit der Währungsreform betrug einschließlich des ersten Halbjahres 1952 ungefähr 88 Milliarden DM. Davon entfallen auf Neuansagen 46,7 Milliarden DM und auf die Zunahme der Vorräte 15 Milliarden DM.
    Die Zahl der Arbeiter, Angestellten und Beamten in der Bundesrepublik war im September 1949 13,6 Millionen und ist bis zum September 1952 auf 15,5 Millionen, also um annähernd 2 Millionen Beschäftigte gestiegen. Das sind nahezu 15 % des Ausgangsstandes.
    Die Bruttowochenverdienste in der Industrie - Gesamtdurchschnitt - bei männlichen und weiblichen Arbeitskräften ohne Bergbau haben im August 1952 - Zeitpunkt der letzten Lohnstatistik -, wenn man das Jahr 1938 gleich 100 setzt, einen Stand von 191,9 erreicht. Die Preisindexziffer für die Lebenshaltung ist im gleichen Zeitraum von 100 auf 168 % gestiegen. Für den Industriearbeiter errechnet sich damit eine durchschnittliche Steigerung des Reallohns um 14 %.
    Auch die Ein- und Ausfuhr der Bundesrepublik hat dabei eine günstige Entwicklung genommen. Die Einfuhr des Jahres 1950 betrug noch 11 374 Millionen DM, die des Jahres 1952 darf mit 15 818 Millionen DM angenommen werden. Die Ausfuhr im Jahre 1950 betrug 8362 Millionen DM, für das Jahr 1952 darf sie mit 16 520 Millionen DM angenommen werden. Das Verhältnis der Einfuhr zur Ausfuhr hat sich gebessert. Der Gleichstand ist erreicht.
    Die Spareinlagen bei Kreditinstituten einschließlich Sparkassen und Postsparkassen sind von 1,6 Milliarden DM Ende 1948 auf 6,7 Milliarden DM Ende Oktober 1952, also reichlich um 5 Milliarden DM gestiegen. Allein im letzten Jahr betrug ihre Zunahme bis Ende Oktober 1,7 Milliarden DM. Das beweist: das Vertrauen des Sparers in die Währung, in die Kaufkraft der D-Mark konnte gewonnen werden. Auch in den Händen des sogenannten kleinen Mannes bilden sich wieder Neuersparnisse und Vermögen. Der Aufbau der Volkswirtschaft findet in dieser Spartätigkeit bei den breiten Bevölkerungsschichten heute Unterstützung. Der Geld- und Kapitalmarkt ist gewiß noch nicht ausreichend, er ist aber doch in Bildung begriffen.
    Die deutsche Währung gilt in der Welt allmählich als harte Währung. Während in der Geburtsstunde der Bundesrepublik nach den Züricher


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    Devisenkursen für 100 DM etwa 19 Schweizer Franken gegeben wurden, waren es im Januar 1951 bereits 78'12 und im Januar 1953 90 Schweizer Franken. Die Bundesrepublik ist inzwischen der Weltbank und dem Weltwährungsfonds beigetreten. Es darf angenommen werden, daß der Wechselkurs der deutschen Währung gegenüber dem Dollar mit pari, also mit 4,20, festgesetzt wird.
    Das Wohnungsbauprogramm konnte erfüllt werden. In den Kalenderjahren 1949 bis 1952 wurden an Wohnungseinheiten insgesamt erstellt: 1949 215 000 Wohnungen, 1950 360 000 Wohnungen, 1951 400 000 Wohnungen, 1952 nach vorläufiger Schätzung ebenfalls 400 000 Wohnungen.
    Meine Damen und Herren, für jede Wohnung 3 Menschen gerechnet, sind 400 000 Wohnungen eine Stadt von 1,2 Millionen Menschen.

    (Abg. Bausch: Hört! Hört!)

    Die deutsche Wohnungsbaupolitik hat erreicht, daß eine Stadt wie Hamburg in einem Jahr aus dem Nichts heraus neu gebaut werden konnte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Von den 1952 gebauten Wohnungen entfallen auf den sozialen Wohnungsbau etwa 300 000 Wohnungen, auf den Bergarbeiterwohnungsbau etwa 38 000 Wohnungen, auf den Wohnungsbau für Bundesbedienstete etwa 7000 Wohnungen, auf den Wohnungsbau für Kasernenverdrängte und Altbesatzungsverdrängte in der Zeit von Oktober 1950 bis Oktober 1952 28 000 Wohnungen.
    Der Bestand der Handelsschiffahrt an Fahrzeugen über 300 Bruttoregistertonnen war bei Kriegsbeginn etwa 41/2 Millionen Bruttoregistertonnen. 1945 war noch ein Bestand von rund 80 000 Bruttoregistertonnen vorhanden. Mit dem planmäßigen Wiederaufbau konnte erst nach Aufhebung der Beschränkungen des deutschen Schiffbaues durch die Alliierten begonnen werden. Die deutsche Handelsschiffahrt wird nach Durchführung der Bauprogramme und nach Fertigstellung der nur mit Mitteln nach § 7 d des Einkommensteuergesetzes finanzierten Schiffbauten wieder über einen Bestand von rund 2140 Schiffen mit zirka 2 Millionen Bruttoregistertonnen verfügen können, wobei ich nicht zu vergessen bitte, daß das Gebiet der deutschen Bundesrepublik kleiner ist als das Gebiet des alten Reichs, dessen Vergleichsziffer, wie schon erwähnt, 41/2 Millionen Bruttoregistertonnen ist. Die Bedeutung dieser Tatsache beweist der Umstand, daß von der Handelsschiffahrt im Jahre 1951 bereits 238 Millionen DM in Devisenwerten und in der Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. Oktober 1952 bereits 411,4 Millionen DM Devisenwerte eingespart und die deutsche Zahlungsbilanz dadurch erleichtert werden konnte.
    Die Berlin-Hilfe hat das Wirtschaftsleben Berlins wieder gesunden lassen. Der Senat der Stadt Berlin hat dem Bundesfinanzminister bei dessen letzten Aufenthalt in Berlin eine Vase der Berliner Porzellanmanufaktur überreichen lassen mit der Inschrift „Das dankbare Berlin".

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube, diese Vase als Zeichen der Dankbarkeit Berlins gegenüber der Bundesrepublik mit Recht entgegengenommen zu haben.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Ich will nur zwei Zahlen nennen. Der Lieferwert der Waren, die aus Berlin nach dem Bundesgebiet geliefert worden sind, betrug am 1. Januar 1951, als die Bundeshilfe schon eingesetzt hatte, noch 97 Millionen DM, im Oktober 1952 219 Millionen DM.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Pro Kopf der Bevölkerung gerechnet hat das Aufkommen an Umsatzsteuer in Berlin im Jahre 1949 54,12 DM, im Jahre 1952 131,72 DM, das Aufkommen an Einkommen- und Körperschaftsteuer im Jahre 1949 89,80 DM, im Jahre 1952 157,15 DM, das Aufkommen an Landessteuern pro Kopf der Bevölkerung im Jahre 1949 108,47 DM, im Jahre 1952 173,32 DM betragen.
    Wenn ich diese Steuerkraftzahlen als Maßstab der gestärkten Wirtschaftskraft Berlins nehme, so darf ich doch sagen, daß auch in Berlin ein wesentlicher Fortschritt erreicht und die Wirtschaftskraft der Stadt gestärkt worden ist.
    Auch die Finanzverhältnisse des Landes Schleswig-Holstein sind gesund.
    Die Bundesregierung kann auf alle diese Tatsachen mit einem gewissen Stolz verweisen. Sie ist sich allerdings wohl bewußt, daß aus diesen Zahlen, insbesondere im Ausland, auch falsche Schlüsse gezogen werden können. Man darf nicht vergessen, von welchem Stand das deutsche Volk in den Tagen nach dem Zusammenbruch im Mai 1945 und auch noch in den Tagen der Währungsumstellung ausgegangen ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ein Volk, das sich aus den Luftschutzkellern heraus seine Werkstätten, seine Wohnungen erst wieder neu schaffen mußte, das sich seine Wirtschaft erst wieder neu aufbauen mußte, das den Kampf gegen Not und Arbeitslosigkeit, den Kampf um die Versorgung der Kriegsopfer, Witwen und Waisen, der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge aller Art führen mußte, ein Volk, das in Hitler-Zeit und Krieg und Nachkriegszeit ganze Jahrgänge von arbeitsfähigen Menschen verloren hat, ein solches Volk kann wohl beweisen, daß seine Lebenskraft und sein Lebenswille noch bestehen. Es muß aber auch darauf verweisen, daß alle Leistungen die Verluste durch Hitler-Zeit und -Krieg noch kaum ausgeglichen haben und daß sich die Völker glücklich preisen dürfen, die diese Verluste, diese Schäden und Zerstörungen nicht in dem Maß erleben mußten,

    (Beifall rechts)

    wie es das deutsche Volk erlebt hat, das wohl ein genesendes, aber noch kein voll gesundes Volk geworden ist.
    Nach diesem Überblick über Leistungen und Ergebnisse der deutschen Finanzpolitik in dieser Legislaturperiode darf ich mich nunmehr besonders der Betrachtung des Ihnen vorliegenden Haushaltsplanes 1953/54 zuwenden. Ich werde über einzelne Punkte, die an sich sehr erwähnenswert wären, wie z. B. die voraussichtliche Belastung des Bundeshaushalts durch das Ergebnis der Beratungen auf der Londoner Konferenz, die inneren Zusammenhänge und Gründe, die zu dieser Belastung des Bundeshaushalts führten, sowie über die Grundsätze, nach denen die Bundesvermögensverwaltung errichtet ist und arbeitet, mich in diesem Zusammenhang noch nicht äußern, da ich entweder


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    bei der Aussprache oder bei der Vorlage der entsprechenden Gesetzentwürfe dazu noch Stellung nehmen kann.
    Erstens: Dieser Haushaltsplan wird rechtzeitig, d. h. so vorgelegt, daß er entsprechend der Vorschrift des Art. 110 des Grundgesetzes noch vor Beginn des Rechnungsjahres in diesem Hohen Hause beraten werden kann.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Er ist insofern, schon gemessen am Zeitpunkt seiner Vorlage, ein Haushalt, der die Konsolidierung der Verhältnisse anstrebt. In den vergangenen Jahren erfolgten Aufstellung und Verabschiedung des Haushalts in ständigem Kampf mit der Zeit. Der Haushalt 1949 wurde erst im Juni 1950, der Haushalt 1950 erst im Juni 1951, der Haushalt 1951 erst im Dezember 1951, der Nachtragshaushalt erst im August 1952 verkündet. Der Haushalt 1952 wurde infolgedessen notwendigerweise ein Wiederholungshaushalt, der im Juni 1952 veröffentlicht werden konnte. Wir hoffen ja, daß der Nachtragshaushalt 1952 auch demnächst veröffentlicht werden kann.
    Dadurch, daß im Jahre 1952 der Weg des Wiederholungs- und Nachtragshaushalts gewählt wurde, ist es nunmehr möglich gewesen, erstmals für dieses Jahr den Haushalt zum verfassungsmäßigen Termin vorzulegen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Der Deutsche Bundestag kann daher seinem Nachfolger für die weitere Haushaltswirtschaft ein festes Fundament übergeben.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich brauche nicht zu betonen, daß es der Verwaltung des Bundesfinanzministeriums Mühe und Arbeit gekostet hat, diesen Termin einzuhalten. Ich will diese Gelegenheit benützen, um meinen sämtlichen Mitarbeitern auch öffentlich meinen Dank dafür auszusprechen, daß diese Arbeit rechtzeitig geleistet wurde.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Zweitens: Dieser Haushalt steht, was die Bundesverwaltung betrifft, im deutlichen Zeichen der Konsolidierung. Das kommt darin zum Ausdruck, daß sich die Verwaltungsausgaben gegenüber 1952 im Saldo kaum erhöht haben. Die bei einzelnen Verwaltungen, wie z. B. beim Auswärtigen Amt, das im Aufbau begriffen ist, eingetretenen Mehrausgaben waren unvermeidbar. Sie konnten aber im wesentlichen durch Einsparungen bei anderen Verwaltungen und durch höhere Verwaltungseinnahmen gedeckt werden. Die Zahl der Beamten hat sich im Endergebnis um 345 Köpfe verringert. Die Zahl der Angestellten hat sich allerdings noch um rund 1600 Köpfe vermehrt.
    Ich darf hierzu eine grundsätzliche Bemerkung bezüglich der Personalvermehrungen machen. Nichts ist so populär und nichts wird so leicht nachgesprochen — um nicht zu sagen nachgeplappert — wie die Klage über das wachsende Beamtenheer, über die ständige Personalvermehrung. Es ist richtig, wir stehen unter dem Gesetz des steigenden Staatsbedarfs, eine Erscheinung, die in allen zivilisierten Staaten festzustellen ist und die im Grunde die Folge der zunehmenden Verstädterung unserer Zivilisation ist. Je enger die Menschen beieinander wohnen, um so mehr vermehren sich die gemeinschaftlichen Institutionen. Um ein Beispiel zu nennen: je enger der Verkehr, um so notwendiger eine Verkehrspolizei. Was noch vor wenigen Jahrzehnten zur Privatsphäre des einzelnen Menschen gehört hat, ist jetzt eine Aufgabe der Gemeinschaft geworden und findet seinen Niederschlag in Organisationen dieser Gemeinschaft. Immer mehr wächst auch — und zwar auch durch die Erweiterung unserer Naturkenntnisse — das Spezialistentum in Technik, Medizin etc. etc. und damit auch in der Verwaltung. All das drängt zu einer Vermehrung von Personal. Für die Bundesrepublik kam aber der verlorene Krieg mit seinen unheilvollen Folgen dazu. Im Bundesgebiet ist die Bevölkerung förmlich zusammengeballt. Das Bundesgebiet ist — von Belgien vielleicht abgesehen, das besondere Verhältnisse hat — der dichtest besiedelte Teil in ganz Europa. Eine Fülle von verwaltungsmäßigen Maßnahmen war erforderlich, um das Zusammenleben dieser Menschenmassen auf engstem Raum möglich und erträglich zu machen. So wirkt sich in Deutschland das Gesetz des steigenden Staatsbedarfs besonders aus. Ich sage das aber nicht, damit man sich diesem Gesetz widerstandslos beuge.

    (Abg. Bausch: Richtig!)

    Im Gegenteil, ich sage das, um den Willen zu stärken, diesem steigenden Staatsbedarf und diesem Gesetz des steigenden Staatsbedarfs möglichst enge Grenzen zu ziehen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Ich glaube aber schon mit den Zahlen, die ich im ersten Teil gegeben habe, nachgewiesen zu haben, daß die Bundesrepublik sich bemüht, diese Grenzen zu ziehen. Ich darf in diesem Zusammenhang nur ganz kurz auf die Einrichtung des Kommissars für die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung hinweisen.
    Drittens: Daß der Haushalt 1953 grundsätzlich sparsam aufgestellt ist, ist schon dadurch bewiesen, daß auch der Bundesrat Vorschläge für nennenswerte Einsparungen im Haushalt nicht aufzeigen konnte. Er hatte den besten Willen dazu; denn er kämpfte ja gegen die Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die in diesem Haushaltsentwurf von 37 auf 44 % vorgesehen ist.
    Der Bundesrat war aber gezwungen, zuzugeben, daß sich sowohl auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite wirkliche Beanstandungen nicht ergeben können. Auf der Ausgabenseite hatte er Vorschläge für Einsparungen im Gesamtbetrag von 28 Millionen DM gemacht, denen aber wieder ein Vorschlag zur Vermehrung von Ausgaben im Betrag von 20 Millionen DM gegenübersteht.

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.)

    Bei einem Gesamtvolumen des Haushalts von rund 25 Milliarden DM sind diese Einsparungsvorschläge nicht von Bedeutung.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Auch bei den Einnahmen hat der Bundesrat den Einwand, daß sie zu nieder und zu vorsichtig angesetzt seien, nicht erhoben. Die Zahlen für die Einnahmen beruhen auf einer optimistischen Schätzung, nämlich auf der Schätzung, daß das Bruttosozialprodukt auch im Jahre 1953/54 um etwa 5 % steigen wird. Da gewisse Einnahmen z. B. aus der Münzprägung, sich andererseits verringern, ist auch bei dieser optimistischen Schätzung nur mit einer Mehrung der Einnahmen im Betrag von insgesamt 550 Millionen DM zu rechnen.


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    4. Bevor ich auf den materiellen Inhalt des Voranschlags eingehe, darf ich noch ein Wort sagen über das formelle Gewand des Haushalts. Der Haushalt erscheint in einem neuen Gewand. Er war bisher eingeteilt in Kapitel und Titel, die sich bei den Einnahmen sowie bei den fortdauernden, den einmaligen und außerordentlichen Ausgaben wiederholten. An dessen Stelle ist ein System durchlaufender Kennziffern getreten, indem z. B. die Einnahmen mit den Ziffern 1 bis 99, die fortdauernden Ausgaben mit den Ziffern 100 bis 699, die einmaligen Ausgaben mit den Ziffern 700 bis 999 bezeichnet sind. Das Wesentliche ist, daß nunmehr auch die Länderhaushalte nach dem gleichen System aufgestellt werden.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr gut!)

    Es wird also damit erleichtert, die Haushalte untereinander zu vergleichen. Es ergibt sich dadurch eine wesentliche Erleichterung nicht nur für statistische Zwecke und wissenschaftliche Theorie, sondern auch für die Praxis. Außerdem ist die Gliederung so gehalten, daß sie den Übergang ermöglicht zu einer Vermögensrechnung, die neben dem Haushalt bestehen kann und die ab 1. April 1953 eingeführt werden soll.
    Das Bundesfinanzministerium hat auch versucht, Wege zu finden, um den Haushalt zu popularisieren. Die Ihnen allen bekannten Schaubilder über die Haushaltseinnahmen und Haushaltsausgaben haben sich als recht wirksam erwiesen.

    (Abg. Dr. Mende: Sehr gut!)

    Sie werden auch den Schulen des Bundesgebiets zur Verfügung gestellt. Ich hoffe, daß damit die Kenntnis der Bevölkerung darüber, welches der Finanzbedarf des Staates ist und wozu die Steuergelder verwendet werden, endlich wächst. Es ist das ein Stück staatsbürgerlicher Erziehung.
    Ein Steuerbrief, den der Bundesfinanzminister im Laufe des letzten Jahres an die Steuerzahler gesandt hat und der in großen Zügen Aufschluß über die Verwendung des Steueraufkommens gab, hat ebenfalls starken — und ich darf sagen: freundlichen — Widerhall gefunden. Hoffentlich kann dieser Weg auch in Zukunft wieder beschritten werden. Schließlich haben wir auch den Versuch gemacht, durch einen Kurzfilm das Verständnis für diese Fragen in weiteren Kreisen der Bevölkerung zu wecken. Dieser Film ist ein Versuch; er läuft in diesen Wochen in einer großen Zahl von Filmtheatern der Bundesrepublik an. Ich darf vielleicht die Mitglieder des Hohen Hauses bitten, sich diesen Film selbst anzusehen und sich persönlich zu überzeugen, ob er als eine gelungene Popularisierung betrachtet werden kann oder nicht.
    5. Nun noch ein weiteres Wort über den voraussichtlichen Abschluß des Haushalts 1952 und im Zusammenhang damit über den Stand der schwebenden Verschuldung. Die Steuereinnahmen des Jahres 1952 haben sich in den letzten Wochen wieder etwas günstiger gestaltet. Die Umsatzsteuer wird zwar voraussichtlich mit einem Betrag von rund 250 Millionen DM hinter dem Ansatz zurückbleiben. Auch bei der Tabaksteuer sowie bei der Zuckersteuer ist mit Ausfällen von insgesamt fast 300 Millionen DM zu rechnen. Andererseits hat sich das Aufkommen an Zöllen und Kaffeesteuer um etwa 280 Millionen DM gebessert. Das Aufkommen aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer hat zwar ebenfalls eine Verbesserung erfahren; diese kommt infolge der Garantiezusagen des Bundes in dem Inanspruchnahmegesetz für 1952 aber dem Bund nur zum kleinsten Teil zugute. Alles in allem ist mit einem Minderaufkommen an Steuern und sonstigen Einnahmen in Höhe von rund 150 Millionen DM zu rechnen.
    Von der Ausgabenseite läßt sich eine einigermaßen bestimmte Voraussage noch nicht geben. Die Gestaltung der Ausgaben hängt entscheidend von den Abrufen der Besatzungsmächte ab, die in den ersten neun Monaten des Jahres 1952 für Besatzungskosten weniger als den monatlichen Durchschnitt von 600 Millionen DM abgerufen haben. Es muß aber damit gerechnet werden, daß in den kommenden Monaten die Abrufe sich steigern. Ich brauche nur an den März 1951 zu erinnern, in dem wir durch einen unerwarteten Abruf haushalts-
    und kassenmäßig in Schwierigkeiten gekommen sind.
    Nach dem augenblicklichen Stand werden die Ausgaben des ordentlichen Haushalts ohne Besatzungskosten, also ohne die Einzelpläne XXIV, XXV und XXVII, den Voranschlag voraussichtlich um 150 bis 250 Millionen DM überschreiten. Rechnet man hierzu den Einnahmeausfall von rund 150 Millionen DM, so würde das eine Haushaltsverschlechterung gegenüber dem Voranschlag um rund 300 bis 400 Millionen DM bedeuten, die im wesentlichen auf den Einahmeausfall, ferner auf die Erhöhung der Grundrenten und den Zustrom der Sowjetzonenflüchtlinge nach Berlin zurückzuführen ist. Von der Höhe der Ausgaben für Besatzungskosten im laufenden Vierteljahr wird es abhängen, ob diese Haushaltsverschlechterung ganz oder teilweise wieder aufgeholt werden kann, so daß dann, wenn sie aufgeholt werden würde, der ordentliche Haushalt kassenmäßig nicht mit einem Defizit abschließen würde. Ich hoffe das beste. Jedenfalls zeigt die unabhängig von den Besatzungskosten eingetretene Verschlechterung des Haushalts um 300 bis 400 Millionen DM, daß auch der Haushalt 1952 weitere Verschlechterungen nicht mehr verträgt.
    Der derzeitige Stand der Bundesverschuldung wurde beeinflußt durch die Bundesanleihe 1952, die im Betrag von 500 Millionen DM nach Verabschiedung des Kapitalmarktförderungsgesetzes aufgelegt wurde und deren Zeichnungsfrist am 17. Januar 1953 ablief. Von dieser Anleihe hatte ein Bankenkonsortium einen Betrag von 400 Millionen DM garantiert. Die Anleihe ist aber voll gezeichnet worden. Die Höhe der Kundenzeichnungen steht noch nicht sicher fest. Sie ist jedenfalls höher, als die Banken bei der Gründung des Konsortiums in Aussicht stellen zu können glaubten.
    Ich bemerke hierzu ausdrücklich, daß nicht die Rede davon sein kann, daß durch diese Bundesanleihe der privaten Wirtschaft die Möglichkeit, ihrerseits an den Kapitalmarkt heranzutreten, genommen oder beschränkt worden sei. Die Bundesanleihe hat der Konsolidierung der schwebenden Schuld des Bundes gedient; sie sollte den Bedarf des außerordentlichen Haushalts, der bisher nur durch kurzfristige schwebende Schulden gedeckt werden konnte, durch eine mittelfristige fünfjährige Anleihe decken. Die Kreditinstitute haben sicherlich einen großen Teil von Schatzwechseln und Schatzscheinen, die sie im Portefeuille hatten, zur Zeichnung der Bundesanleihe verwendet, was auch diesem Zweck der Bundesanleihe, der Konsolidierung entsprach. Damit ist aber auch dargetan, daß eine Einschränkung von Geld- und Kapital-


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    markt für die private Wirtschaft nicht eingetreten ist.
    Die geplante Anleihe für den Lastenausgleichsfonds wird dieser Tage aufgelegt. Sie ist kurzfristiger als die des Bundes und enthält auch sonst etwas günstigere Bedingungen für den Zeichner. Eine Anleihe mit günstigeren Bedingungen kann der Anleihe mit ungünstigeren Bedingungen nur nachfolgen. Es darf aber gehofft werden, daß auch diese Anleihe voll gezeichnet wird.
    Dem Bund war es bisher nicht gelungen, an den Kapitalmarkt heranzutreten. Die im Jahre 1951 aufgelegten Baby-Bonds haben trotz ihrer günstigen Bedingungen und des Spielanreizes nur ein Zeichnungsergebnis von etwa 36 Millionen DM gebracht. Daß die Bundesanleihe voll gezeichnet wurde, darf wohl als Beweis dafür angesehen werden, daß der Kredit des Bundes sich gestärkt hat und daß sich allmählich die Möglichkeit abzeichnet, den Kapitalmarkt auch für die öffentliche Hand nutzbar zu machen und damit die deutsche Finanzpolitik beweglicher zu gestalten.
    Die langfristige Verschuldung des Bundes besteht bis jetzt hauptsächlich in den verschiedenen Arten von Ausgleichsforderungen. Neu treten in diesem Jahr hinzu die Verpflichtungen, die der Bund auf Grund des Abkommens der Londoner Schuldenkonferenz und der Abkommen mit der Schweiz übernimmt. Darüber kann ich mich später äußern.
    Die schwebende Schuld des Bundes, die sich daraus ergab, daß die Ausgaben der außerordentlichen Haushalte der vergangenen Jahre durch Einnahmen aus der Begebung von langfristigen Anleihen nicht gedeckt werden konnten und infolgedessen zum größten Teil durch langfristige Verschuldung gedeckt werden mußten, hat am 31. März 1950 636,1 Millionen DM betragen. Sie betrug am 31. März 1951 1156 Millionen DM, am 31. März 1952 1252 Millionen DM. Sie hat am 31. Dezember 1952 861 Millionen DM betragen. Die Entwicklung bis zum Abschluß des Haushaltsjahres läßt sich nicht mit Bestimmtheit voraussagen, denn zu dieser am Ende des Kalenderjahres 1952 bestehenden schwebenden Schuld treten noch die von mir vorhin erwähnten Besatzungskostenrückstände, von denen heute nicht gesagt werden kann, wieviel davon bis zum Ende des Haushaltsjahres abgerufen und aufgebracht werden müssen. Durch den Erfolg der Bundesanleihe hat sich die Kassenlage augenblicklich natürlich gebessert.
    6. Der Abgleich des Haushalts 1953 hat große Schwierigkeiten gebracht. Er ist überhaupt nur dadurch möglich gewesen, daß die übrigen Ressorts der Bundesverwaltung auf den größten Teil ihrer ursprünglichen Anforderungen verzichtet haben.
    Im ordentlichen Haushalt 1953 ergeben sich — nach Abzug der nur durchlaufenden Mittel für den Lastenausgleich — Mehrausgaben im Betrage von
    2078 Mill. DM.
    Diese Mehrausgaben gliedern sich in
    Mehrausgaben für die Verteidigungskosten im Betrage von 1110 Mill. DM,
    für soziale Kriegsfolgeleistungen
    einschließlich der Leistungen des
    Bundes nach dem Lastenausgleichsgesetz 301 Mill. DM.
    Dazu kommen
    die im Haushalt noch nicht aufgenommenen Aufwendungen für
    Erhöhung des Grundbetrags der
    Sozialrenten mit rund 300 Mill. DM,
    die Aufwendungen für Schuldendienst auf Grund der Londoner Konferenz und des Vertrags mit
    der Schweiz in Höhe von 540 Mill. DM,
    Aufwendungen aus dem Vertrag
    über Wiedergutmachung an den
    Staat Israel mit 200 Mill. DM,
    Mehrausgaben der übrigen Verwaltungen und Verwaltungskostenentschädigung an die Länder mit 152 Mill. DM.
    Hiervon sind abzusetzen
    Minderausgaben bei anderen Verwaltungen und Minderausgaben infolge Aufhebung der Konsumbrotverbilligung,
    insgesamt 525 Mill. DM,
    ergibt die vorgenannte Zahl: 2 078 Mill. DM.
    Ich darf hierzu beiläufig bemerken, daß in dem Betrag von 152 Millionen DM Mehrausgaben für die übrigen Verwaltungen ein Betrag von 72 Millionen DM für die Erhöhung der Beamten- und Angestelltenbezüge sowie der Versorgungsgebührnisse enthalten ist.
    Dieser Erhöhung der Mehrausgaben steht, wie erwähnt, eine Erhöhung der Einnahmen um 550 Millionen DM gegenüber. Es blieb also eine Lücke von 1750 Millionen DM zu decken. Die Dekkungsvorschläge, die der Haushaltsvoranschlag macht, bestehen erstens in der Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer von 37 auf 44 %, zweitens in der Ausgabe von Schuldverschreibungen an die Sozialversicherungsträger an Stelle von Barzahlungen — die gesetzliche Grundlage hierfür wird durch die Ihnen gleichzeitig vorgelegten beiden Deckungsgesetze geschaffen —, drittens in der Aufrechterhaltung des Notopfers Berlin. Der Gesetzentwurf zur Verlängerung der Geltungsdauer dieser Abgabe liegt Ihnen ebenfalls vor.
    Die Bundesregierung hat schon bei den Beratungen über das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" vom Jahre 1952 zum Ausdruck gebracht, daß auch nach dem 31. März 1953 der Finanzbedarf, der die Erhebung dieser Abgabe seinerzeit ausgelöst hat, haushaltsmäßig gedeckt und daher mit Wirkung vom 1. April 1953 die Abgabe „Notopfer" im Rahmen der im Art. 107 des Grundgesetzes vorbehaltenen Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs durch eine andere Regelung abgelöst werden müsse.
    Bei der Abgabe dieser Erklärung hat sich die Bundesregierung von der Erwartung leiten lassen, daß es möglich sein würde, das in Art. 107 des Grundgesetzes vorbehaltene Gesetz termingerecht bis zum 31. Dezember 1952 zu verabschieden und die neue Verteilung der der konkurrierenden Gesetzgebung unterliegenden Steuern auf Bund und Länder ab 1. April 1953 wirksam werden zu lassen. Diese Erwartung hat sich nicht bestätigt. Die Bundesregierung hat sich vielmehr im Einvernehmen mit den Finanzministerien der Länder veranlaßt gesehen, den gesetzgebenden Körperschaften den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Art. 107 des Grundgesetzes vorzulegen, durch das die Frist des Art. 107 des Grundgesetzes bis zum Jahre 1955 verlängert werden sollte. Der vom Bundesrat angerufene Vermittlungsausschuß hat inzwischen den Vorschlag gemacht, die Frist bis zum 31. Dezember


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    1954 zu verlängern. Mindestens bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Frist des Art. 107 des Grundgesetzes ablaufen wird, muß auch das Gesetz über die Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" verlängert werden, da der Anlaß, der zur Erhebung der Abgabe geführt hat, bis dahin unverändert fortbesteht.
    Ein weiterer Deckungsvorschlag betraf die Gewährung eines Zuschusses aus dem außerordentlichen Haushalt an den ordentlichen Haushalt, wobei dieser Zuschuß durch Gewährung einer Anleihe aus dem ERP-Sondervermögen an die Bundeskasse in Höhe von 250 Millionen DM aufgebracht werden sollte.
    Ich darf zu diesen Maßnahmen im einzelnen bemerken: Die Erhöhung des Bundesanteils von 37 auf 44 % war vorgeschlagen unter der Annahme, daß die Einkommensteuergesetzgebung unverändert bleibt. Da diese Voraussetzung nicht eintreten wird, wird eine Erhöhung des Bundesanteils nicht auf 44 %, sondern in Zusammenhang mit der geplanten Steuerreform nur auf 40 % in Betracht kommen. Ich werde mich später dazu äußern.
    Die Ausgabe von Schuldverschreibungen an die Sozialversicherungsträger einschließlich der Arbeitslosenversicherung in Höhe von 740 Millionen DM bedeutet keinerlei Beeinträchtigung der Sozialleistungen der Versicherungsträger. Ich möchte das ausdrücklich betonen. Diese Sozialleistungen bleiben völlig unberührt. Es werden nur die Kassenüberschüsse, mit denen bestimmt gerechnet werden kann, in der Form teilweise wieder in Anspruch genommen, daß der Bund seine Leistungen an die Sozialversicherungsträger nicht in bar, sondern in Schuldverschreibungen entrichtet. Da der Bund ohnehin die Garantie für die Liquidität der Sozialversicherungsträger übernommen hat, birgt dieses Verfahren keine Gefahr für die finanzielle Leistungskraft der Sozialversicherungsträger. Lediglich die freie Verfügbarkeit der Sozialversicherungsträger in der Wahl der Anlage ihrer Vermögen ist dadurch beschränkt. Die Anlage erfolgt auf diese Weise zum Teil eben in den Schuldverschreibungen des Bundes.
    Ähnlich verhält es sich bei dem Zuschuß des außerordentlichen Haushalts an den ordentlichen Haushalt, der ebenfalls durch eine Anleihe des Bundes, und zwar bei dem ERP-Sondervermögen, gewonnen wird. Auch diesem Vermögen wird dadurch die freie Wahl in der Ausnützung der Möglichkeiten der Investitionen beschränkt. Ich darf aber auf den inneren Zusammenhang verweisen, der besteht. Das ERP-Sondervermögen ist aus den Mitteln gebildet, die die USA gegeben haben und die unter der Bezeichnung „Nachkriegsschulden" nach Beschluß der Londoner Konferenz aus dem Bundeshaushalt getilgt und verzinst werden müssen. Diese Verzinsung und Tilgung der Nachkriegsschulden steht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Zinsen und Rückflüssen, die dem ERP-Vermögen jetzt und künftig zufließen. Ganz abgesehen davon, daß der Bund diese Mittel nur als Anleihe beansprucht, sie also später dem ERP-Vermögen wieder zufließen sollen, bleibt auch für das ERP-Vermögen im Rechnungsjahr 1953 noch ein Betrag aus ERP-Rückflüssen etwa in Höhe von 100 Millionen DM übrig, der für Investitionen frei verfügbar bleibt.
    Bei den Sozialversicherungsträgern liegen die Dinge ähnlich; der innere Zusammenhang besteht darin, daß der Bund ja der Garant für die Liquidität der Sozialversicherungsträger ist und daher selbst leistungsfähig gehalten werden muß und die zu erwartenden Kassenüberschüsse diesen Anleihebetrag aller Wahrscheinlichkeit nach ziemlich weit übersteigen werden.
    Kennzeichen des Haushaltsvoranschlages 1953 ist aber daneben insbesondere noch, daß es nicht möglich gewesen ist, in den ordentlichen Haushalt einen Betrag einzusetzen, um den Fehlbetrag des Jahres 1951 in Höhe von 1309 Millionen DM abzudecken. Diese Tatsache allein beweist, daß alle Anstrengungen gemacht werden müssen, um weitere Verschlechterungen des Haushalts zu vermeiden.
    Der Bundesrat hat, um die Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer von 37 auf 44 °/o zu vermeiden, vorgeschlagen, laufende Ausgaben des ordentlichen Haushalts, wie insbesondere Verzinsung und Tilgung der Auslandsschulden, in den außerordentlichen Haushalt zu übernehmen. Die Bundesregierung muß einen solchen Vorschlag als unmöglich bezeichnen.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Es ist finanzpolitisch zu verantworten, wenn eine einmalige Ausgabe durch Anleihe gedeckt wird unter der Voraussetzung, daß sich aus der Natur und dem Wesen dieser Ausgabe ergibt, daß in späteren Jahren Mehreinnahmen kommen, die die Rückzahlung der Anleihe ermöglichen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es ist aber finanzpolitisch nicht zu verantworten, Ausgaben, die sich Jahr für Jahr ständig wiederholen — und die Ausgaben der Verzinsung und Tilgung der Auslandsschulden laufen für 30 Jahre und erhöhen sich sogar in den Jahresbeträgen —, also laufende Ausgaben für alle Dauer und Zukunft in den außerordentlichen Haushalt zu übernehmen, d. h. für alle Dauer und alle Zukunft Fehlbeträge und Verschuldungen des Bundes zu verursachen. Das widerspricht nicht nur dem Sinn und Geist der finanzpolitischen Grundsätze des Grundgesetzes; das widerspricht auch allen Grundsätzen einer gesunden Finanzpolitik.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr richtig!)

    7. Ich darf Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Ausgabeposten des ordentlichen Haushalts und deren inneren Zusammenhang geben. Ich scheide dabei von vornherein den Posten unter dem Titel Lastenausgleich in Höhe von 1610 Millionen DM aus, da er nur ein durchlaufender Posten ist.
    Der größte Ausgabenposten ist der Posten Verteidigungsbeitrag, der von 8800 Millionen DM im Haushalt 1952 auf 9910,1 Millionen DM gestiegen ist. Er erscheint auch in einer äußerlich anderen Form. Er ist in einem besonderen Einzelplan XXXV zusammengefaßt. Er läßt durch diese Handhabung die bisherigen Einzelpläne für die anerkannten und nichtanerkannten Besatzungslasten weg. Von der Summe von 9900 Millionen DM stellt der Betrag von 9000 Millionen DM den eigentlichen und unmittelbaren Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik dar. Wie Sie wissen, hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, nach dem Inkrafttreten der Verträge bis zum 30. Juni 1953 einen Beitrag von monatlich 850 Millionen DM zu leisten. Dieser Beitrag sollte in gleicher Weise den eigentlichen Beitrag an die EVG wie den als Teil dieses Beitrags


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    erscheinenden Betrag für die Stationierungskosten der fremden Truppen umfassen. Die Bundesrepublik hat sich nur bis zum 30. Juni 1953 zur Leistung dieses Beitrages und insbesondere zur Leistung eines Beitrags für die Stationierung der fremden Truppen verpflichtet. Die Bundesregierung hat bereits früher erklärt — und diese Erklärung ist auch in fremden Staaten ohne Widerspruch hingenommen worden —, daß für die Zeit nach dem 1. Juli 1953 mit einem Beitrag zu den Kosten der stationierten Truppen nicht mehr gerechnet werden kann.

    (Abg. Bausch: Hört! Hört!)

    Irgendeine Änderung dieses Standpunktes ist bisher nicht erfolgt. Die Übernahme der Verpflichtung zur Leistung des monatlichen Beitrags von 850 Millionen DM geschah seinerzeit gleichzeitig verbunden mit der Erklärung, daß nach Überzeugung der Bundesregierung die Leistungskraft der Bundesrepublik kaum ausreichen wird, diese Summen aufzubringen; sie wurde deswegen verbunden mit einer Erklärung, daß die Bundesrepublik in diesem Fall mit einem Hilfeersuchen an eine der Besatzungsmächte herantreten wird.
    Die neuen Berechnungen für den voraussichtlichen Verteidigungsbeitrag beruhen darauf, daß ein Vorschlag gemacht werden soll, der voraussichtlich innerhalb der Leistungskraft der Bundesrepublik liegt und von ihr aus eigener Kraft erfüllt werden kann. Die neuen Berechnungen gingen aus von den Grundsätzen, die in den Verträgen niedergelegt sind. Diese lauten dahin, daß die Leistungskraft der verschiedenen Nationen nach denselben Grundsätzen berechnet werden soll und daß die Beitragsleistungen der verschiedenen Nationen gleichwertig sein sollen. Unter dieser Annahme ist die deutsche Bundesregierung zu der Überzeugung gekommen, daß ein Beitrag in Höhe von monatlich 716 Millionen DM ab 1. Juli 1953 der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Deutschen Bundesrepublik im Vergleich mit den Leistungen der übrigen Länder entspricht. Der Haushaltsansatz von 9000 Millionen DM berechnet sich also aus einem Verteidigungsbeitrag in Höhe von '716 Millionen DM für neun Monate und in Höhe von 850 Millionen DM für die ersten drei Monate — 1. April bis 30. Juni 1953.
    Selbstverständlich muß die endgültige Festsetzung des Verteidigungsbeitrags den weiteren Verhandlungen auf internationalem Boden überlassen bleiben. Ich darf aber bemerken: zu diesem Nettoverteidigungsbeitrag an die EVG in Höhe von 9000 Millionen DM in diesem Rechnungsjahr sind noch die Aufgaben zu rechnen, die im Zusammenhang mit dem Verteidigungsbeitrag in Höhe von 910 Millionen DM in den Einzelplan XXXV verplant sind. Es sind darin enthalten 170 Millionen DM Besatzungskosten und Aufwandsausgaben, die in Berlin auf Grund des dort zunächst weitergeltenden Besatzungsstatuts voraussichtlich anfallen, und rund 700 Millionen DM, aus denen folgende Aufwendungen bestritten werden: Abwicklung der Besatzungsschäden aller Art aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der Verträge, Entschädigung für Belegungsschäden an Grundstücken, die für die Besatzungsmächte derzeit requiriert sind und nach dem 30. Juni 1953 freigegeben werden, Aufwendungen für Unterbringung und Wiederansiedlung von Räumungsbetroffenen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Grundstücken durch die Streitkräfte, für Beschaffung von Bauten an die Streitkräfte, um altrequirierte Wohnungen und gewerbliche Räume freizuhalten, und sonstige Maßnahmen zur Behebung oder Erleichterung von Altquartierlasten. Das sind also lauter Ausgaben, die in allen Ländern, die überhaupt einen Wehrhaushalt haben, als unmittelbare Ausgaben im Wehrhaushalt des einzelnen Landes erscheinen und bei uns unmittelbar mit den Verteidigungsausgaben, dem Verteidigungsbeitrag und dem Verteidigungszweck in Zusammenhang stehen.
    Bei der Beantwortung des sogenannten NATO-Fragebogens hat die Bundesregierung schon darauf hingewiesen, daß die sogenannten anrechnungsfähigen Verteidigungsausgaben, d. h. die Ausgaben, die im deutschen Haushalt schon enthalten sind, die aber dem Verteidigungszweck dienen, für die Zeit vom 1. April 1953 bis 31. März 1954 einen Betrag von rund 3700 Millionen DM erreichen. Es sind das die Ausgaben, die sich auf einsatzfähige Polizei, Bundesgrenzschutz, Ruhegehälter der früheren Wehrmachtsangehörigen, gewisse andere Ausgaben und insbesondere auf die Hilfe für Berlin beziehen; denn was an Hilfe für Berlin gegeben wird, wird nach Überzeugung der Bundesregierung gegeben, um die Widerstandskraft Berlins gegen den Osten aufrechtzuerhalten. Berlin ist der Probestein dafür, ob der Weltfriede gewahrt wird. Jede Ausgabe für Berlin ist eine Ausgabe für die Erhaltung des Friedens und mindestens so hoch zu bewerten wie alle anderen Ausgaben, die im kalten oder — wie in Indochina — auch im heißen Krieg gemacht werden.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Rechnet man aber diese Ausgaben zusammen, so betragen die Leistungen des deutschen Volkes am Verteidigungsbeitrag, an den damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden vorgenannten Ausgaben an anrechnungsfähigen Verteidigungsausgaben weit mehr als 10% des deutschen Bruttosozialprodukts zu Faktorkosten.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Der zweite große Ausgabeposten des ordentlichen Haushalts sind die Sozialetats, die im ordentlichen Haushalt mit 7677 Millionen DM erscheinen. Dazu treten rund 300 Millionen DM für die Erhöhung der Grundbeträge der Sozialrenten und 740 Millionen DM, die in Form von Schuldverschreibungen an die Sozialversicherungsträger gegeben werden. Ich habe darüber schon im allgemeinen Teil gesprochen.
    Die nächsten großen Posten sind der Zuschuß an Berlin mit 600 Millionen DM, die Aufwendundungen für Subventionen und Vorratshaltung mit 600 Millionen DM, wovon die Konsumbrotverbilligungskosten mit 300 Millionen DM wegfallen werden, die Aufwendungen für Wohnungsbau und Siedlung einschließlich Bergarbeiterwohnungsbau mit insgesamt 854,8 Millionen DM, also mit einer nicht unbeträchtlichen Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Endlich kommen dazu die Aufwendungen für den Schuldendienst einschließlich des Schuldendienstes auf Grund der Londoner Konferenz und des Vertrags mit der Schweiz; sie betragen 954,9 Millionen DM, also 540 Millionen DM mehr als im Vorjahr. Für Wiedergutmachung an den Staat Israel ist ein Betrag von 200 Millionen DM vorgesehen. Für die Verwaltung der übrigen Kapitel, insbesondere Zoll, Grenzschutz, Verkehr, Förderungsmaßnahmen, Verwaltungsentschädigung an die


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    Länder, errechnet sich eine Gesamtsumme von 2072,2 Millionen DM, die nur unwesentlich höher ist als die Ausgaben des Jahres 1952 für dieselben Kapitel.
    Der Außerordentliche Haushalt beläuft sich auf 1975 Millionen DM. Nach Ausscheidung der durchlaufenden Posten verbleiben für Investitionen, die aber keine Investitionen in privatwirtschaftlichem Sinne sind, 960 Millionen DM. Diese Investitionen sind Aufwendungen hauptsächlich für Wohnungsbau, Straßen, Autobahnen, Binnen- und Seewasserstraßen, Kredite zum Zwecke des Aufbaues der Handelsflotte und des Aufbaues der Häfen Hamburg und Bremen, Remontagekredite, Kredite an die Bundesbahn, Aufwendungen für Deichbauten, Küstenschutz, Kultivierung des Emslandes und Betriebsmittelzuweisungen für Einfuhr- und Vorratsstellen. Ich darf die Erwartung aussprechen, daß es gelingt, diesen relativ hohen Betrag von 960 Millionen DM auf dem Geld- und Kapitalmarkt im nächsten Jahr unterzubringen. Der Kredit des Bundes ist gestärkt. Es wird dem Bund möglich sein, Schatzwechsel und Schatzscheine, allenfalls auch mittelfristige Anleihen, unterzubringen. Immerhin muß bedacht werden, daß diese Inanspruchnahme des Geld- und Kapitalmarktes eine große ist und daß deshalb weitere Haushaltsverschlechterungen dauernder Art vermieden werden müssen. Infolgedessen ist es auch nicht möglich, an Steuersenkungen zu denken, die dauernd sind und dauernde Ausfälle bringen. Das gilt insbesondere auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern.
    Meine Damen und Herren! Es steht — ich habe damit die Betrachtung des Haushaltsplanes 1953 abgeschlossen — damit nicht in Widerspruch, wenn die Bundesregierung Ihnen in der nächsten Zeit einen Vorschlag unterbreitet, eine Reform der Einkommensteuer durchzuführen, die mit einer Senkung der Tarifsätze verbunden ist — ein Gesetz zur Senkung und Vereinfachung der Einkommensteuer. Denn ich darf von vornherein als besonderes Kennzeichen dieser Reform hervorheben, daß sie nicht eine dauernde Senkung des Aufkommens der Einkommensteuer beabsichtigt. Die Vorschläge der Bundesregierung sind so gedacht, daß sie zwar für eine Übergangszeit, von der wir hoffen, daß sie nicht länger als ein Jahr sein wird, einen Ausfall in Kauf nimmt, dies aber nur deshalb tut, weil sie die Reform für zwingend notwendig hält, um eine Gesundung des ganzen Systems der Einkommensteuer herbeizuführen und damit das Aufkommen an Einkommensteuer nicht nur zu sichern, sondern für die nächsten Jahre wieder zu steigern.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Das Wesen dieser Reform soll nämlich darin bestehen, daß auf der einen Seite die Tarifsätze, und zwar möglichst gleichmäßig in allen Gruppen, gesenkt werden, daß aber auf der anderen Seite der Abbau der allzu zahlreichen und zum großen Teil nur zeitbedingten Steuervergünstigungen eingeleitet wird. Werden diese Steuervergünstigungen von einem bestimmten Stichtag an beseitigt sein, so wird dadurch schon eine Garantie gegeben sein, daß das alte Aufkommen zum größten Teil wieder erreicht wird. Die Bundesregierung ist aber auch der Überzeugung, daß nur auf diesem Weg die so notwendige Vereinfachung der Gesetzgebung und damit eine erhöhte Wirksamkeit der Steuerverwaltung erreicht werden kann. Sie ist weiter der Überzeugung, daß die hemmenden Einflüsse, die eine steuerliche Überlastung für unser Wirtschaftsleben im allgemeinen und für die Lösung der sozialpolitischen Aufgaben im besonderen bringt, nur auf diese Weise beseitigt werden können, daß also die Senkung der Tarife eine Stärkung unserer Wirtschaftskraft zur Folge haben wird, die genau so wie die bessere Steuerverwaltung und Steuererhebung zu einer Steigerung des Aufkommens in den nächsten Jahren beitragen wird.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr gut!)

    Die Bundesregierung wird bereits in den nächsten Tagen den Gesetzentwurf, den sie dem Bundesrat und dem Bundestag mit größter Beschleunigung zuleiten wird, in seinen Einzelheiten beraten. Sie rechnet damit, daß der Ausfall an Einkommensteuer im Rechnungsjahr 1953/54 insgesamt für Bund und Länder auf etwa 950 Millionen DM zu veranschlagen sein wird.
    Wenn die Bundesregierung auch hofft, den Gesetzentwurf dem Bundesrat bereits in den ersten Tagen des Februar zuleiten zu können, nachdem die Ressortbesprechungen innerhalb des Kabinetts zu einer Einigung in allen wesentlichen Punkten bereits geführt haben, so muß sie sich doch dessen bewußt sein, daß die parlamentarische Beratung des Gesetzentwurfs die Monate Februar und März voll in Anspruch nehmen wird. Da zwischen der Verkündung des Gesetzes und seinem Vollzug für die Verwaltung ein bestimmter Zeitraum treten muß, um der Verwaltung die notwendige Zeit für die Einarbeitung zu geben, so kann leider als Tag des Inkrafttretens wahrscheinlich nicht, wie zunächst geplant, der 1. April 1953, sondern wohl nur der 1. Mai 1953 in Frage kommen.
    Technisch wird es möglich sein, zu diesem Termin, also in der Mitte des Steuerjahres, die Reform der Steuer durchzuführen und in Kraft zu setzen, da sich auf dem Gebiet der Lohnsteuer kaum Schwierigkeiten ergeben und auch auf dem Gebiet der veranlagten Einkommensteuer die Schwierigkeiten sich durch die Ausarbeitung bestimmter Übergangstabellen für das Steuerjahr überwinden lassen.
    Die Bundesregierung war sich der Bedenken bewußt, die sich gegen eine Steuerreform vorbringen lassen. Sie war sich bewußt, daß es wenige Monate vor der Wahl schwer ist, eine solche Steuerreform einer rein sachlichen Debatte zu unterstellen.

    (Lachen bei der SPD.)

    Sie hat sich zu der Steuerreform entschlossen, nicht weil Wahlen kommen,

    (Lachen und Oho-Rufe bei der SPD)

    sondern obwohl Wahlen kommen. Es könnte ein Halbgott wenige Monate vor Wahlen eine Steuerreform vorschlagen; sie wird im Wahleifer doch bekämpft und zerrissen werden.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Es wird der eine immer behaupten, daß der andere zu sehr und daß er zuwenig begünstigt wird; und es wird immer die Gefahr bestehen, daß man behauptet, die Bundesregierung gebe hier zuwenig und dort zuviel.
    Die Bundesregierung ist sich auch bewußt, daß Bedenken vorgetragen werden können mit Rücksicht auf die gesamte außenpolitische Situation. Man könnte sagen, daß die Verhandlungen um die Gestaltung des Verteidigungsbeitrags erschwert werden, wenn der ausländische Vertragspartner aus einer Senkung der Steuertarife eine falsche


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    Schlußfolgerung zieht. Die Bundesregierung verweist heute schon darauf, daß auch in den anderen Ländern die Sorgen um die steuerliche Belastung so groß und dringend geworden sind, daß der Wunsch nach einer steuerlichen Reform auch in der Öffentlichkeit aller anderen Länder immer wieder zum Ausdruck kommt,

    (Abg. Mellies: Das war zu allen Zeiten so!)

    und die Frage einer Einschränkung des öffentlichen Haushalts in Einnahmen und Ausgaben ist derzeit die Frage, die die Öffentlichkeit nicht nur in unseren europäischen Nachbarländern, sondern sogar in den reichen Vereinigten Staaten beschäftigt. Die Bundesregierung kann aber darauf verweisen, daß ihre Berechnungen über die Höhe der finanziellen Leistungskraft der Bundesrepublik, die der Beantwortung des NATO-Fragebogens sowohl wie der Festsetzung der Höhe des Verteidigungsbeitrags in dem Ihnen vorliegenden Bundeshaushalt 1953/54 zugrunde liegen, aufgestellt sind auf Grund der derzeit noch geltenden Steuergesetzgebung und daß in jenem Zeitpunkt der Aufstellung dieser Voranschläge die Einkommensteuerreform noch nicht zur Debatte stand. Diese Berechnungen und diese Vorschläge, die die Bundesregierung gemacht hat, bleiben aufrechterhalten. Das Ausland kann infolgedessen aus der geplanten Steuerreform nur d e n Schluß ziehen, daß sich die Bundesregierung bemüht, die deutsche Wirtschaft leistungsfähig zu machen für die Erfüllung der neuen Aufgaben, die im Zusammenhang mit den neuen Verträgen an sie herantreten werden und die eine Ausdehnung der deutschen Wirtschaftskapazität, eine Ausschöpfung der letzten deutschen Arbeitskraft und eine Rationalisierung der gesamten deutschen Wirtschaft zur Voraussetzung haben.
    Man könnte weiter die Bedenken erheben, daß es ja schon schwer gewesen ist, den Haushalt 1953/54 abzugleichen, und daß sich die Bundesregierung dagegen gewandt hat, daß der Bundesrat zur Vermeidung der Erhöhung des Bundesanteils an Einkommen- und Körperschaftsteuer von 37 auf 44 0/o vorgeschlagen hat, große Ausgabenposten des ordentlichen Haushalts in den außerordentlichen Haushalt zu übernehmen und damit auf Schulden zu verweisen. Ich habe den Vorschlag des Bundesrates in meinen vorausgegangenen Ausführungen auch ablehnen müssen; aber, meine Damen und Herren, ich habe ihn ausdrücklich deshalb abgelehnt, weil es sich bei ihm um dauernde, jährlich immer wiederkehrende und sogar von Jahr zu Jahr steigende Ausgaben handelt, weil der Bundesrat mit diesem Vorschlag für die Dauer die Deckung dieser Ausgaben durch Schulden wollte und damit eine dauernde, lawinenartig anschwellende öffentliche Verschuldung eintreten würde. Das ist staatswirtschaftlich nicht zu verantworten. Bei dem Vorschlag der Bundesregierung bezüglich der Steuerreform handelt es sich um eine einmalige Inanspruchnahme von Kredit zur Deckung des Ausfalls. Dieser Ausfall wird mit Bestimmtheit durch bessere Steuererhebung und Wegfall von Steuervergünstigungen und mit größter Wahrscheinlichkeit durch die erhoffte Steigerung der deutschen Wirtschaftskraft und damit die Steigerung der Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers nicht nur ausgeglichen werden, sondern es wird sich auch ein Mehraufkommen in den nächsten Jahren ergeben, das die Abdeckung der vorübergehend aufgenommenen Schulden gewährleistet. Wenn ich über die Grundzüge der Reform und des Plans zur
    Deckung des Ausfalls zu Ihnen spreche, werden Siel sehen, daß ich den Vorschlag mache, daß zwar der Bund den Ausfall im ersten Jahr größtenteils auf sein Risiko übernimmt, aber gegen die Sicherung, daß das spätere Mehraufkommen in erster Linie auch dem Bund wieder zufließt, damit er die in dieser Übergangszeit von ihm aufgenommene Verschuldung auch wieder abtragen kann.
    Ich gebe zu, daß der Vorschlag der Bundesregierung Wagemut voraussetzt, aber ich bin der festen Überzeugung, daß ohne diesen Wagemut, wenn die Bundesregierung nichts unternähme, unser Steuersystem auf die Dauer krank und immer weniger erfolgreich wäre

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    und sich dann für die Wirtschaft dauernd steigend schädlich auswirkte. Ich habe das Beispiel der Gratwanderung schon gebracht. Ich habe betont, daß eine solche Gratwanderung ruhige Nerven, klares Auge und Trittsicherheit erfordert. Ich darf hinzusetzen, daß jede Gratwanderung auch Mut erfordert.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Bundesregierung hat die Gründe, die für eine Einkommensteuerreform sprechen, für zwingend erachtet. Ich darf die Gründe jetzt ganz kurz darlegen. Wie von mir bereits erwähnt, werden zur Zeit von Steuern und Sozialabgaben im Gebiet der deutschen Bundesrepublik rund 37 % des Bruttosozialprodukts in Anspruch genommen. 1913 waren das, wie erwähnt, nur 10 % und 1938 etwa 28,6 %.
    Diese Entwicklung hat internationale Ursachen — Ansteigen der öffentlichen Ausgaben und des öffentlichen Verwaltungsaufwandes überhaupt —, zur Zeit die allgemeine Ursache: Kampf um die Erhaltung des Friedens; sie hat in Deutschland auch noch besondere Ursachen, die Kriegsfolgen und die sich daraus ergebenden sozialen Lasten, das Schicksal der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, Wiederaufbau des zerstörten Gebiets. Diese Steuerlast macht es aber notwendig, daß der Staat in seiner Steuerpolitik die wirtschafts- und sozialpolitischen Auswirkungen besonders sorgfältig beachtet und den jeweiligen Verhältnissen anzupassen versucht. Eine Steuerpolitik um der Steuerpolitik willen, nach dem Grundsatz l'art pour l'art, ist unter diesen Verhältnissen unmöglich geworden. Diese wirtschaftlichen Verhältnisse können sich ändern, und sie werden sich gerade in solchen Zeiten rascher ändern. Die Steuerpolitik muß diesen Änderungen Rechnung tragen und kann deshalb nicht, wie es in den Zeiten gewesen ist, als die Steuerbelastung nur 10 % des Bruttosozialprodukts betrug und als die Wirtschaft in festen und ruhigen Bahnen verlief, die an sich wünschenswerte Stetigkeit behalten.
    Gerade die Einkommensteuer ist zwar ein besonders ergiebiges, aber auch besonders empfindliches Instrument der Steuerpolitik. Über das Anwachsen der Steuerlast durch die Einkommensteuer will ich Ihnen ganz kurz noch einige Zahlen geben, die nicht nach dem Nennwert, sondern nach der jeweiligen Kaufkraft des Einkommens berechnet sind. Im Jahre 1913 war, wie gesagt, die Belastung aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Mark, im Jahre 1938 76 RM, 1952/53 aber 155 DM pro Kopf der Bevölkerung.


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    Ausgehend von den Einkommen, die der Kaufkraft entsprechend vergleichbar sind, möchte ich einen kurzen Überblick über die Entwicklung bei verschiedenen Einkommenschichten geben.
    In Kaufkraft gerechnet, war die tarifliche Belastung in Hundertsätzen des Einkommens für einen Verheirateten mit einem Kind bei einem Einkommen von 3000 Mark im Jahre 1926: 5,4 %, 1946: 5,4 %, 1952: 4,2 %; bei einem Einkommen von 9000 Mark 1926: 7,4 %, 1946: 13,6 %, 1952: 19,6 %; bei einem Einkommen von 24 000 Mark 1926: 10,7 %, 1946: 50,1 %, 1952: 35,7 %; bei einem Einkommen von '75 000 Mark 1926: 22,2 %, 1946: 76,3 %, 1952: 52,4 %; bei einem Einkommen von 200 000 Mark 1926: 32,1 %, 1946: 87,8 %, 1952: 70,1 %.
    Es darf gar keines Wortes, daß, wenn die Sätze des Jahres 1946, die in der Reichsmarkzeit unter ganz anderen Verhältnissen geschaffen worden sind, beibehalten worden wären, wenn die Einkommensteuerreform damals nicht zum Durchbruch gekommen wäre, unsere Wirtschaft überlastet und für die Erfüllung der Aufgaben, die ihr gestellt worden sind, unfähig gewesen wäre. Die Bundesregierung hat deshalb schon im Jahre 1950 die Verantwortung für die Senkung der Steuersätze übernommen.
    Aber auch in der Zwischenzeit ist eine weitere Veränderung der Kaufkraft erfolgt. Deshalb wirken sich die progressiven Sätze der Einkommensteuer heute anders und ungünstiger aus, als sie bei der damaligen Einkommensteuerreform vom Gesetzgeber gedacht gewesen sind. Es ist doch klar, daß dann, wenn ein Einkommen ziffernmäßig steigen muß, um angesichts einer gesunkenen Kaufkraft die gleiche Lebenshaltung wie früher zu gewähren, die Steuer infolge des Einrückens in die höheren Progressionsstufen sich viel härter auswirkt, als der Gesetzgeber beabsichtigt hatte.
    Es steht nun außer Zweifel, daß eine übermäßige Steuerbelastung die Steuermoral schwächt und daß der Steuerzahler alle Möglichkeiten ergreift, sich die Steuerlast zu erleichtern. Das Ausweichen in Betriebsunkosten ohne Rücksicht darauf, ob sie um des Betriebes willen wirklich notwendig sind, und insbesondere in solche, die in innerem Zusammenhang mit der Lebenshaltung des einzelnen stehen, wird immer stärker, ist volkswirtschaftlich gefährlich und schädigt naturgemäß das Steueraufkommen. Alle Versuche, die vom Gesetzgeber gemacht worden sind, diesem Übel entgegenzutreten, haben sich letzten Endes als unwirksam erwiesen.
    Es ist auch nicht zu bezweifeln, daß die erhöhten Steuerlasten eine Lähmung des Unternehmungsgeistes und des Unternehmerwillens zur Folge haben und daß sie in vielen Fällen eine ernste Gefahr für die notwendige Rationalisierung und den Ausbau der Betriebe bringen können.
    Wir haben auch alle erlebt, welch wichtige Rolle die Steuerlast auf dem Gebiet des Lohn- und Preismarktes spielt; ich brauche nur an den Sommer 1952 zu erinnern. Sie vermehrt die Unruhe auf dem Markt der Preise und Löhne.
    Steuerpolitisch muß ich auf einen Gesichtspunkt besonders hinweisen: Wenn die Steuerlast an der Grenze des Erträglichen ist, steht der Steuergesetzgeber unter dem politischen Druck und auch unter der wirtschaftlichen Notwendigkeit, immer mehr versteckte Subventionen auf dem Weg der Steuervergünstigung zu geben. Am Ende der Entwicklung steht nicht ein Volk, das die Steuerlast nach gleichen Grundsätzen trägt, wo also nur die Tatsache des Einkommens und des Gewinns der Maßstab für die Besteuerung ist, sondern es wird durch das Gestrüpp der Steuervergünstigungen eine Unzahl von Kategorien von Steuerzahlern geschaffen, die bei gleichem Einkommen verschieden zur Besteuerung herangezogen werden. Und es wird ein Gestrüpp von versteckten Subventionen durch Steuervergünstigungen geschaffen, die die Steuergesetzgebung in ihrer Auswirkung ungleichmäßig und ungerecht gestalten müssen. Wir sind durch die Zunahme der Steuervergünstigungen auf diesem Wege. Unsere Steuergesetzgebung wird zu kompliziert, zu unübersichtlich und auch zu ungerecht, wenn wir diesen Weg weitergehen.
    Die Bundesregierung hat sich gerade aus diesen Gründen entschlossen, einen anderen, neuen Weg vorzuschlagen, der gewiß das Endziel nicht auf einmal erreicht, der aber die Bahn zu diesem Endziel festlegt und Schritte vorwärts auf dieser Bahn bedeuten soll. Die Bundesregierung wird in dem Gesetzentwurf folgende grundsätzliche Regelungen — über die Einzelheiten werde ich bei Vorlage des Gesetzentwurfs zu berichten haben — vorschlagen. Erstens: Das System der Steuervergünstigungen und damit die verschiedenen Kategorien von Steuerzahlern soll grundsätzlich abgebaut werden. Zweitens: Die Anpassung des progressiven Systems unserer Einkommensteuer an die gesunkene Kaufkraft soll dadurch erreicht werden, daß eine allgemeine Senkung der Tarife vorgenommen wird.
    Im einzelnen wird demgemäß die Freigrenze erhöht. Die Erhöhung der Freigrenze erfolgt unter dem Familiengedanken. Die Freigrenze wird erhöht für den Ledigen von 750 auf 800 DM,

    (Zuruf von der SPD: Oh!)

    für die Ehefrau von 600 auf 800 DM

    (Zuruf von der SPD: Oh!)

    und für die Kinder, vom dritten Kind ab, auf 720 DM. Diese Erhöhung des Freibetrages für die Ehefrau und die Erhöhung der Freibeträge für die Kinder vom dritten Kind ab muß ein Äquivalent finden in dem Abbau der in sich unlogischen und ungerechten Vorschrift des § 43 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung. Diese Vorschrift entstand in der Zeit der Hitler-Regierung, als man ohne Rücksicht auf die Familie und das Familienleben die Frauen in die Munitionsfabriken führte. Die Bundesregierung gibt die Erhöhung des Freibetrages für a 11e Ehefrauen und will alle Ehefrauen grundsätzlich gleichstellen. Sie will die Benachteiligung der Mutter einer kinderreichen Familie, die ihre ganze Arbeitskraft der Familie und der Kindererziehung widmen muß, aufheben.
    Aus technischen Gründen läßt sich die künftig vorgesehene gemeinsame Veranlagung der Ehegatten auch bei Lohnsteuerpflichtigen nur im Wege der Veranlagung, also frühestens im Kalenderjahr 1954 für das Kalenderjahr 1953, durchführen. Sie läßt sich auch technisch .nur durchführen für Ehegatten, deren Einkommen zusammen 7200 DM übersteigt. Die Ehepaare mit einem kleineren, mit einem normalen Arbeitseinkommen werden infolgedessen überhaupt nicht betroffen. Wenn die Offentlichkeit das früher gewußt und gewürdigt hätte, wäre uns manche unnütze Aufregung, die in die Öffentlichkeit getragen worden ist, erspart geblieben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)



    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    Gleichzeitig sollen die Tabelle B der veranlagten Einkommensteuer und die Tabelle C der Lohnsteuer, die für diese Einkommensschichten die Wirkung der Freigrenzen und Familienermäßigungen bisher eingeschränkt haben, künftig überhaupt wegfallen. Gerade durch diese drei Maßnahmen wird bei den kleinen Einkommensteuerzahlern eine neue beträchtliche Erleichterung der Steuerlast eintreten.
    Darüber hinaus sollen die Tarife durchschnittlich in allen Stufen um 15 0/o der bisherigen Steuerlast gesenkt werden. Da der jetzige Tarif sich treppenförmig aufbaut und der neue Tarif eine möglichst gleiche Steigerung bringen soll, kann diese Entlastung zwischen 13 und 17 % schwanken. Der höchste Steuersatz soll künftig 70 % sein.
    Demgegenüber sollen bestimmte Steuervergünstigungen sofort wegfallen oder sofort eingeschränkt werden. Sofort wegfallen sollen die Vergünstigungen nach § 32 b des Einkommensteuergesetzes, Wahl des Körperschaftsteuersatzes durch Personenunternehmen. Sie verlieren mit der Einführung des neuen Einkommensteuergesetzes ihre Bedeutung, weil der höchste Steuersatz, der sogenannte Plafond, in Zukunft 70 % beträgt. Ihr Fortfall ist besonders begrüßenswert, weil die Handhabung des § 32 b für die Verwaltung mit großen Schwierigkeiten verbunden war.
    Wegfallen sollen ferner die Bestimmungen der Zweiten Lohnabzugsverordnung vom 24. April 1952, die nur mehr in einem Teil der deutschen Bundesrepublik besteht und aus Gründen der Steuergleichstellung wegfallen muß und die völlig gegenstandslos wird, weil durch die Erhöhung der Freigrenzen ihre Wirksamkeit ohnehin verschwindet.
    Eingeschränkt werden mit sofortiger Wirkung außerdem die Bestimmungen des § 7 c, steuerfreie Darlehen und Zuschüsse für den Wohnungsbau, und des § 7 d, steuerfreie Darlehen und Zuschüsse für den Schiffsbau. Ich darf daran erinnern, daß der Bundesrat den dringenden Wunsch nach sofortiger Einschränkung dieser Bestimmungen in seiner Stellungnahme zum Haushaltsgesetz und zum Gesetz über § 7 f bereits zum Ausdruck gebracht hat. Auf diesen Gebieten sind zweifellos schon starke Mißbräuche vorgekommen. Solche Darlehen und Zuschüsse wurden häufig durch Inserate geworben. Sie wurden dann aber dem Wohnungsbau vielfach erst auf Umwegen zugeführt und zunächst zu anderen Finanzierungszwecken verwendet; dabei machten die zwischengeschalteten Stellen ihre Zinsgewinne. Andererseits gibt es sogar nicht wenige Fälle, in denen der steuerbegünstigte Geldgeber sich den Gegenwert des hingegebenen Darlehens im Kreditwege wieder beschafft hat und die Steuervergünstigung genossen hat. Durch die neue Fassung der Bestimmungen sollen derartige Mißbräuche unmöglich gemacht werden. Es ist überdies beabsichtigt, Höchstgrenzen einzuführen, die eine übermäßige Begünstigung einzelner durch die Inanspruchnahme der §§ 7 c und 7 d unmöglich machen.
    Neu gefaßt werden sollen auch die Bestimmungen über den Begriff der Betriebsausgaben. Die Spesenverordnung, die sich nur auf einen sehr engen Ausschnitt der Betriebsausgaben — nämlich die Bewirtung von Geschäftsfreunden — bezog, soll wieder aufgehoben werden. An ihre Stelle soll eine Neufassung des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes treten, die es ganz allgemein verhindert, daß der Begriff Betriebsausgaben zum Schaden der deutschen Volkswirtschaft falsch angewandt wird. Es ist nicht beabsichtigt, etwa die bereits bestehenden Veranlagungsrichtlinien nach dieser Richtung zu ändern. Sie genügen vollkommen, wenn sie von der Verwaltung wirklich auch in allen Fällen angewandt werden. Diese Neufassung des § 4 Abs. 4 soll der Rechtsprechung die Unterlage geben, um auf diesem Gebiet klarere Richtlinien — auch in Zweifelsfällen — künftig an die Verwaltung geben zu können. Im übrigen hofft die Bundesregierung, daß schon die Senkung der Tarife allein und die als ihre Folge sich ergebende Tatsache, daß der Steuerzahler künftig einen größeren Teil unnötiger Aufwendungen aus eigener Kasse bezahlen muß, als das bisher der Fall war, dazu führt, daß das Spesenunwesen an Bedeutung verliert.
    Mit Wirkung vom 1. Januar 1955 sollen sodann alle Steuervergünstigungen wegfallen, für die nur eine zeitbedingte Berechtigung besteht. Das gilt für die nur durch zeitbedingte soziale Gründe verursachten Bestimmungen des § 33 a des Einkommensteuergesetzes, Freibeträge für Flüchtlinge, Vertriebene und Verfolgte„ und des damit zusammenhängenden § 33 Abs. 2, Freibeträge für Beschaffung von Hausrat. Wir müssen hoffen, daß das große ethische Ziel, das sich die Gesetzgebung über den Lastenausgleich gestellt hat, im Jahre 1955, zehn Jahre nach dem Kriegsende, im wesentlichen erreicht ist und daß die Eingliederung dieses Bevölkerungsteils in die deutsche Wirtschaft im großen und ganzen vollzogen ist, so daß wir dann wieder ein Volk geworden sind und unter gleichen Wettbewerbsbedingungen im Wirtschaftsleben einander gegenüberstehen.
    Zeitbedingt sind auch die Förderungsmaßnahmen zugunsten von Investitionen, die ihrer Natur nach von der Privatwirtschaft erfüllt werden sollten, unter den gegebenen Zeitumständen aber nicht von ihr erfüllt werden konnten und die deshalb der Staat treffen mußte, sei es in Form unmittelbarer Hilfeleistungen, sei es in Form mittelbarer Hilfeleistungen im Wege von Steuervergünstigungen. Das letztere gilt für die Bestimmungen der §§ 7 c, 7 d Abs. 2 und 10 Abs. 1 Ziffer 2 Buchstaben c und d des Einkommensteuergesetzes, also für die Steuervergünstigungen für Aufwendungen zur Förderung des Wohnungsbaus und des Schiffsbaus sowie für Aufwendungen zum Ersterwerb von Genossenschaftsanteilen und für Beiträge auf Grund anderer Kapitalansammlungsverträge.
    Diese Steuervergünstigungen waren berechtigt, solange es einen Kapitalmarkt nicht gab. Wir haben das Kapitalmarktförderungsgesetz geschaffen, und es soll gelegentlich dieser Einkommensteuerreform insoweit noch ausgebaut werden, als der alte Gedanke wieder aufgegriffen wird, den Körperschaftsteuersatz für ausgeschüttete Gewinne von 60 auf 40 % zu senken. Durch diese Maßnahme soll ein Anreiz geschaffen werden, auch an die Inhaber von Dividendenpapieren Erträge auszuschütten. Wenn der Aktienmarkt bisher nicht die Entwicklung nehmen konnte, die volkswirtschaftlich wünschenswert gewesen wäre, so hatte dies seinen Grund vor allem darin, daß die Aktionäre in den letzten Jahren Erträge aus ihrem Aktienbesitz kaum erhalten haben. Wenn sie künftig mit Erträgen rechnen können, wird der Aktienmarkt gesunden. Eine Beschränkung dieser Ermäßigung des Steuersatzes auf Aktiengesellschaften, die Dividenden von weniger als 6 % ausschütten, ist nicht beabsichtigt. Ob eine solche Beschränkung für GmbH-


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    Anteile eingeführt werden muß, da hier sonst unerwünschte Folgen — Familien-GmbH — eintreten können, ist noch offen. Die Senkung der Körperschaftsteuer für den ausgeschütteten Gewinn bedeutet zugleich auch eine fühlbare Steuerentlastung für die Körperschaften selbst; sie sichert ihnen eine erhöhte Freizügigkeit in ihrer Finanzgebarung.
    Alle diese Maßnahmen zusammengenommen verfolgen, wie ich schon betont habe, das Ziel, unsere Einkommensteuergesetzgebung zu gesunden und nach einer Zeit des Risikos wieder ertragreich und hoffentlich in höherem Maße ertragreich als bisher zu gestalten.
    Die Bundesregierung will den Ruf, daß sie keine Maßnahme unternimmt, die die Währung oder die finanzielle Stabilität gefährdet, nicht verlieren. Sie hat unter diesem Gesichtspunkt den gesamten Plan genau überlegt. Sie wird gleichzeitig mit dem Gesetzentwurf entsprechende Maßnahmen vorschlagen.
    Die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer fließen heute zu 37 % dem Bund, zu 63 % den Ländern zu. Es war beabsichtigt und ist im Haushaltsgesetz vorgeschlagen, den Bundesanteil von 37 auf 44 % zu erhöhen. Nach Überzeugung der Bundesregierung könnte jedoch diese Erhöhung des Bundesanteils gleichzeitig mit der Senkung des Aufkommens an Einkommen- und Körperschaftsteuer im Rechnungsjahr 1953/54 von den Ländern nicht getragen werden. Die Bundesregierung wird daher vorschlagen, die Erhöhung des Bundesanteils statt auf 44 % auf nur 40 % vorzunehmen. Der Bundeshaushalt übernimmt also für dieses Jahr den Ausfall, der durch diese Minderung des vorgeschlagenen Beteiligungssatzes für ihn eintritt. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß die Anspannung der Länderfinanzen in einzelnen Ländern leichter, in anderen Ländern aber vielleicht nur schwer tragbar sein wird. Sie ist deshalb bereit, den 40%igen Bundeszugriff durch Rücküberweisungen an die Länder den finanzschwachen Ländern tragbar zu machen. Diese Zuschüsse sollen den Ländern, die mit Vertriebenenlasten und infolgedessen wegen der größeren Zahl der Schulkinder auch mit Schullasten überbürdet sind, helfen. Dadurch wird der zu vermutende Ausfall an Einkommensteuer in Höhe von rund 950 Millionen DM voll auf den Bundeshaushalt zugunsten der Länder im großen und ganzen übernommen. Das Inanspruchnahmegesetz soll infolgedessen nach dieser Richtung geändert und für die Jahre 1953 und 1954 festgelegt werden.
    Wenn der Bundeshaushalt aber dieses Risiko des Jahres 1953/54 übernimmt, muß er auch die Möglichkeit haben, aus dem von uns erhofften Mehraufkommen an Einkommen- und Körperschaftsteuer im nächsten Jahr und in den folgenden Jahren bereits die aufgenommene Schuld abzutragen. Es wird deshalb in das Inanspruchnahmegesetz eine Bestimmung eingefügt werden, wonach dem Bund bis zur Höhe des von ihm in diesem Jahr übernommenen Risikos ein höherer Anteil am Mehraufkommen der Einkommen- und Körperschaftsteuer über die auf Grund der Einkommensteuerreform und der jetzigen Verhältnisse angenommene Schätzungssumme hinaus und damit die Mittel zur Abtragung der übernommenen Schuld zufließen sollen.
    Bei dieser Gelegenheit halte ich mich für verpflichtet, zu dem Thema Bundesanteil eine grundsätzliche Bemerkung zu machen. Es wird vielfach ein Gegensatz zwischen Bund und Ländern konstruiert. Es wird vielfach so betrachtet, als ob der Bund, wenn er einen Anteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer in Anspruch nimmt, den Ländern etwas wegnehme. Diese Betrachtungsweise ist grundsätzlich falsch. Der Bundeshaushalt ist ganz überwiegend ein Gemeinschaftshaushalt der deutschen Länder.

    (Zustimmung in der Mitte und Zuruf: Ausgezeichnet!)

    Lassen Sie mich das begründen! Versetzen Sie sich in das Jahr 1949 zurück, als der Bund noch nicht bestand! Damals mußten die Länder all die großen Ausgaben, die heute fast 90 % des Bundeshaushalts ausmachen, nämlich Besatzungskosten und Sozialausgaben aller Art, aus ihren eigenen Einkommen bezahlen. Dieses Einkommen fiel dabei sehr häufig nicht da an, wo der Verbraucher die Steuern bezahlte, sondern da, wo aus steuertechnischen Gründen die Steuer erhoben wurde. Beispiel: Zölle und Tabaksteuer, die natürlich in den Städten der Einfuhrhäfen anfielen, dann Eisen, Stahl und Kohle, die die Steuereinnahmen im Erzeugungsgebiet bringen, aber vom Verbraucher des ganzen jetzigen deutschen Bundesgebiets letzten Endes getragen werden.
    Unter diesen Umständen wäre es gerade für diejenigen Länder, die agrarischen Charakter tragen und deshalb finanzschwächer sind und die sehr häufig gleichzeitig die Kriegslasten in besonderem Maße trugen, weil sich bei ihnen Besatzungstruppen häuften oder die Zahl der Heimatvertriebenen außerordentlich hoch war, ganz unmöglich gewesen, diese Lasten zu tragen. Es wäre unter den deutschen Ländern ein ganz verschiedenes Lebensniveau eingetreten. Wir hätten arme Gebiete neben reichen Gebieten gehabt. Der Bund hat nun eine Ausgleichsfunktion übernommen, indem er diese Einnahmen, die letzten Endes doch von der Bevölkerung der gesamten Bundesrepublik getragen werden, ebenso gleichmäßig verteilt, wie er die Ausgabenlasten den Ländern gleichmäßig erleichtert.
    Ich möchte ganz kurz ein paar Zahlen geben. Dabei beschränke ich mich ausdrücklich auf den Bundeshaushalt, bemerke aber, daß sich dasselbe Bild ergibt, wenn ich auf der einen Seite Soforthilfeabgabe und Leistungen aus dem Lastenausgleichsfonds, auf der anderen Seite Sozialversicherungsbeiträge und Leistungen der Sozialversicherungsanstalten nehme. Die Aufstellung für den Bundeshaushalt ergibt, daß z. B. die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern aus der Bundeskasse bedeutend höhere Beträge erhalten, als in diesen Ländern an Bundessteuern aller Art einschließlich Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer anfällt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Was diesen Ländern insgesamt mehr zufließt, als in den Ländern an Bundessteuern und Bundesanteil aufkommt, beträgt insgesamt über
    3550 Millionen DM. Es erhalten — ich nenne runde Zahlen — Schleswig-Holstein mehr 230 Millionen DM,
    Niedersachsen mehr 550 Millionen DM,
    Hessen mehr 820 Millionen DM,

    (Hört! Hört! rechts)

    Rheinland-Pfalz mehr 940 Mililonen DM,
    Baden-Württemberg mehr 370 Millionen DM,
    Bayern mehr 640 Millionen DM.


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    Die Zahlen für 1953 werden zugunsten dieser Länder vorausichtlich noch höher sein.
    Es bedarf keines Wortes, daß ohne diese Ausgleichsfunktion des Bundes ein sozialer Frieden im Bundesgebiet gar nicht bestehen und daß das Wirtschaftsleben im Bundesgebiet gar nicht aufrechterhalten werden könnte. Es würden sich aus den verschiedenen Lebensniveaus der einzelnen Länder Gegensätze entwickeln, die die Einheit und den inneren Zusammenhalt des gesamten deutschen Volkes innerhalb der Bundesrepublik gefährden müßten.

    (Abg. Dr. Schäfer: Sehr richtig!)

    Ich möchte deshab an alle Kreise in der Bundesrepublik den Appell richten, bei der Beurteilung der Maßnahmen, die der Bund treffen muß, auch diesen Gesichtspunkt ja nicht zu vergessen.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Ich darf nun wieder auf meine Ausführungen zurückkommen. Ich habe darüber gesprochen, wie im Wege des Inanspruchnahmegesetzes die Folgerungen aus der Senkung und Reform der Einkommensteuer gezogen werden sollen und wie das Risiko, das der Bund auf sich nimmt, auch durch das Inanspruchnahmegesetz wieder abgegolten werden soll.
    Außerdem muß natürlich vermieden werden, daß infolge des übernommenen Risikos sich auch ein Risiko für die Kassenlage des Bundes ergibt. Es war schon seit längerer Zeit daran gedacht, den Kreditplafond, der dem Bundesfinanzminister bei der Bank deutscher Länder durch Gesetz eingeräumt ist, zu erhöhen. Es gibt sehr wenige Länder, in denen überhaupt ein gesetzlicher Kreditplafond besteht. Die Bundesregierung hat diesem Kreditplafond aus innerer Überzeugung zugestimmt, weil der Sparer wissen soll, daß der öffentlichen Hand für die Inanspruchnahme von Kassenkrediten Grenzen gesetzt sind, Grenzen, die jede Gefährdung der Währung ausschließen, Grenzen, die aber auch vernünftig sein müssen. An diesem Grundsatz hält die Bundesregierung auch heute fest. Bei einem Gesamtvolumen des Haushalts von 25 Milliarden DM ist aber ein Kreditplafond von 1,5 Milliarden DM zu gering. Er deckt nur den durchschnittlichen Ausgabenbedarf von zwei bis drei Wochen. Jeder Privatbetrieb, der gesund und sicher arbeiten will, muß über einen Betriebsmittelkredit für einen längeren Zeitraum verfügen.
    Die Bundesregierung schlägt daher die Erhöhung des Kreditplafonds auf 2500 Millionen DM, also auf etwa 10 % der Etatsumme vor. Sie bleibt damit bestimmt in den Grenzen, die vom Standpunkt einer gesunden Währungspolitik und einer gesunden, sparsamen Haushaltspolitik aus gezogen werden müssen.
    Meine Damen und Herren! Damit habe ich Ihnen die Grundzüge der geplanten Einkommensteuerreform bekanntgegeben. Ich darf abschließend sagen: Aus rein sachlichen Gründen, aus Gründen, die sie für zwingend hält, macht die Bundesregierung diesen Vorschlag und wird dem Bundestag bei der Haushaltsberatung vorschlagen, die entsprechenden Änderungen des Haushaltsvoranschlags vorzunehmen. Aber gerade weil sie hofft, durch diesen Vorschlag zur Gesundung und Stärkung der deutschen Wirtschaft beizutragen und ihr in Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere ihrer sozialpolitischen Aufgaben, Hilfe zu geben, muß die Bundesregierung darauf verweisen, daß in diesem großen Entschluß auch ein Wagnis enthalten ist, ein
    Wagnis, das nur dann getragen werden kann, wenn es nicht unvermutet und unnötig dadurch erhöht wird, daß über die Grenzen, die sich die Bundesregierung bei diesem Projekt gesetzt hat und setzen mußte, hinausgegangen wird, und wenn nicht Haushaltsverschlechterungen eintreten, die untragbar sind. Der Bundesfinanzminister übernimmt eine persönliche Verantwortung.

    (Vizepräsident Dr. Schäfer übernimmt den Vorsitz.)

    Ich bitte daher, Verständnis dafür zu haben, wenn er erklärt, die Mahnung zur Sparsamkeit und die Mahnung, weitere Haushaltsverschlechterungen zu vermeiden, gelte doppelt von der Stunde an, in der das Hohe Haus dem Vorschlag der Bundesregierung beigetreten ist.
    Meine Damen und Herren, ich darf schließen mit meinem Beispiel von der Gratwanderung. Sie erfordert, wie gesagt, ruhige Nerven, klares Auge und Wagemut. Ihr Ziel aber ist, den leuchtenden Gipfel zu erreichen. Dieser Gipfel heißt für uns: Salus rei publicae, d. h. das Wohl des deutschen Volkes. Der alte Bergsteigerspruch heißt: Excelsior — Empor zum Gipfel!
    Die Bundesregierung glaubt, daß sie einen Schritt vorwärts tut, empor zum Wohle des deutschen Volkes.

    (Langanhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien und rechts.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Zu dem Punkte 2 f) hat das Wort als Berichterstatter Herr Abgeordneter Naegel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wilhelm Naegel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht der wichtigen Vorschläge, die der Herr Finanzminister uns eben unterbreitet hat, ist das, was ich zu berichten habe, nicht von so großer Bedeutung. Wären aber die Wirkungen am Kapitalmarkt, die er in Aussicht gestellt hat, bereits früher eingetreten, dann hätten wir uns mit dem Thema Investitionshilfe der deutschen Wirtschaft überhaupt nicht zu beschäftigen brauchen. Es handelt sich sachlich um die Beratung der Anträge Drucksachen Nr. 3863 und Nr. 3805. die hier in der 237. Sitzung des Deutschen Bundestages dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik und dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überwiesen worden waren. Bei Behandlung des Problems, ob man die dritte und vierte Rate der Investitionshilfe aufheben sollte, kamen wir zunächst dahin überein, daß man versuchen sollte, die Stundungsmöglichkeiten bzw. die Verlängerung der Zahlungstermine für die dritte Rate bis zum 22. Januar 1953 anzustreben und die materielle Behandlung des Antrages Drucksache Nr. 3805 zurückzustellen. Nach eingehender Behandlung des Problems in Gegenwart des Bundeswirtschaftsministers und der Vertreter der Ministerien für Wirtschaft und Finanzen sind wir dahin übereingekommen — auch mit Zustimmung der anwesenden Antragsteller —, den Antrag Drucksache Nr. 3863 als erledigt anzusehen, weil das Finanzministerium die Zusage gegeben hat, Anweisung zu erteilen, daß die Stundungsmöglichkeiten für die dritte Rate bis zum 22. Januar 1953 in großzügiger Weise ohne Anhören der bisher üblichen Stundungsausschüsse gewährt werden sollten. Der Ausschuß hat dieser Regelung zugestimmt.
    Ich bitte das Hohe Haus, in gleicher Weise zu verfahren.