Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Rümmele hat vollkommen recht: es wäre besser gewesen, ich hätte diesen Antrag schon vor einem Jahr eingebracht. Ich konnte es nicht, denn ich habe nicht erwartet, daß der allgemeine Wunsch des Hauses, der zweite Anhänger müsse fallen — auf gut deutsch: die Länge der Züge muß von 22 auf 15 Meter verkürzt werden —, solche Verwirklichung finden werde, daß praktisch damit nicht das geringste gebessert, sondern manches sehr erheblich erschwert ist.
Hier ist von der Länge gesprochen worden. Nein, meine Damen und Herren, zunächst einmal macht die Kürzung um zwei Meter von 22 auf 20 Meter gar nichts aus;
denn wenn die Lücke von rund zwei Metern zwischen den beiden Anhängern wegfällt, so bleibt doch die Ladefläche dieselbe. Aber dieser neue große Anhänger ist sehr viel schwerer konstruiert; er muß es schon sein.
Das hat nun für gewisse Kreise eine sehr interessante Nebenwirkung: man kann ihn nämlich viel mehr beladen und ihn viel mehr überladen. Damit Sie sich das genau zu eigen machen: ein normaler bisheriger 4-t-Anhänger von 4 Meter Länge konnte 4 t tragen. Der heutige 8 -Meter-Anhänger trägt 161/2 t.
Das erhöht die Schwierigkeit.
Es sind hier ungerechte Worte gegen die Fernlastfahrer gefallen. Gewiß, es gibt da wie überall unerfreuliche Elemente. Aber machen Sie sich bitte doch einmal klar, welche Schwierigkeit es bedeutet, diese Riesenkästen in den viel zu engen Straßen, bei dem maßlosen Verkehr, den wir in Deutschland haben, durchzusteuern. Meine Damen und Herren, die Sie diesen Antrag auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage unterzeichnet haben, sind Sie sich darüber klar, daß das Gewicht eines neuen 20-Meter-Zuges 40 t beträgt? Da sie immer überladen werden, kann man mit 45 bis 50 t rechnen, d. h., meine Damen und Herren, machen Sie sich das bitte klar, der Inhalt von drei großen Eisenbahnwaggons ist in dieser geballten Kraft, in dieser geballten Menge auf uns losgelassen. Da wagt man zu sagen, die Gefahr wäre verringert worden!
Gewiß, vollkommen einverstanden: das Schleudern eines kleinen Anhängers tritt eher ein als das Schleudern eines solchen riesengroßen Anhängers. Vollkommen in Ordnung! Aber Sie haben ja auch alle dieses merkwürdige Schreiben des Herrn Toennissen vom VDA bekommen. Ich bitte Sie, einmal zu lesen, was da steht: „Sie müssen doch zugeben, daß der große Anhänger kaum noch schleudert". Wieviele Menschenleben wird im Laufe eines Jahres dieses „kaum" kosten? Sicher, der zweite Anhänger, der leichte kleine Anhänger, schleudert leichter. Aber ein geschickter Chauffeur — und die Jungens können im allgemeinen sehr gut fahren — kann dieses Schleudern wieder parieren. Kommt so ein großer, schwerbeladener Anhänger durch Bremsen oder durch irgendeine Unebenheit —das kann immer passieren — einmal ins Schleudern, dann ist das mindeste, daß das Ding im Graben umkippt und sonst nichts passiert. Höchstwahrscheinlich sieht die Sache aber ganz anders aus.
Ebenso darf ich an folgendes erinnern: noch vor Jahresfrist kämpfte dieselbe Industrie, die jetzt so für den langen Anhänger kämpft, gegen die Abschaffung des zweiten Anhängers. Mit welcher Begründung? Vielleicht haben die Herren das vergessen: mit der Begründung, daß die Bremsen bei diesen Riesenlasten praktisch nicht ausreichen würden. Auch eine vollkommen richtige und klare Erkenntnis. Ich freue mich, anscheinend ist jetzt in diesem einen Jahre der technische Fortschritt so groß geworden, daß diesbezügliche Sorgen gar nicht mehr berechtigt sind.
Immerhin geben die Unfallzahlen zu denken. Durch Zahlen kann man viel beweisen, Was Sie da gehört haben, gibt kein richtiges Bild, solange Sie nicht wissen, wieviel von diesen Fahrzeugen auf den Straßen sind. Interessant ist, daß sie bei 100 Autobussen im Jahre 1951 57 Unfälle ereigneten. Das heißt: auf über jeden zweiten Autobus entfällt ein Unfall. Bei den Lastkraftwagen sind es 31. Auf jeden dritten Lastwagen kommt ein Unfall, meine Damen und Herren! Das ist immerhin eine ganz interessante Zahl, die zeigt, wie unglaublich es ist, zu behaupten, dadurch, daß man jetzt statt Gewichten von ungefähr 20, 25, 22 t plötzlich 40 bis 50 t auf dieselben Straßen bringe, werde die Gefahr nicht erhöht.
Es kommt noch eine viel tollere Sache, die einfach unglaublich ist gegenüber der Behauptung, es handle sich bei meinem Antrag um technischen Rückschritt. Warum können die großen Maschinen nicht schneller fahren, warum? Weil die Fahrer bummeln? Nein, aus einem sehr einfachen Grund!
Weil man es nämlich hier in unserem Bundesverkehrsministerium fertig bekommen hat, die alte Verpflichtung der Industrie „pro geschleppte Tonne 7 Pferdestärken" außer acht zu lassen. Diese neuen Ungetüme haben in Wirklichkeit nur 4 1/2 Pferdestärken pro geschleppte Tonne.
Da braucht man sich nicht darüber zu wundern, daß die Verkehrsflüssigkeit absolut leidet, da braucht man in keiner Weise einem solchen Chauffeur einen Vorwurf zu machen, wenn er bei der kleinsten Steigung schon wie eine Schnecke kriecht.
Sehr interessant sind auch die amerikanischen Untersuchungen über die Straßenabnutzung. Sie glauben gar nicht, wie stark die Straßenbeschädigung bei auch nur geringer Erhöhung der Achsdrucke ansteigt! Eine ungefähr 10- bis 15%ige Erhöhung der Achsdrucke bringt bereits eine Versechsfachung, eine Verachtfachung der Straßenabnutzung, — auch ein Gesichtspunkt, den wir bei dieser ganzen Frage doch sehr im Auge zu behalten haben. Denn schließlich müssen wir die Straßenabnutzung bezahlen, und schließlich ist die Straßenabnutzung, das Aufbrechen von Frostlöchern, eine weitere Erhöhung der Verkehrsgefahr, die auf diese Weise sogar noch künstlich erhöht wird.
Es werden nun technische Einwendungen erhoben. Eine ist besonders hübsch gewesen. Der Herr Bundesverkehrsminister hat erklärt, wenn es bei diesen 15 Metern bliebe, dann würde die Folge sein müssen, daß in Zukunft die neuen 15-MeterWagen nur noch ausgerüstet werden könnten mit einem einachsigen Anhänger, der sich dann so wie ein Ochsenschwänzlein lustig durch die Gegend schlängeln würde.
Ich möchte den Herrn Dr.-Ing. Seebohm, den Ingenieur Seebohm fragen: Soll ihm vielleicht mein technisches Büro den Entwurf eines Zweiachsers, 4 1/2 bis 51/2 Meter, der genügend stark konstruiert ist — es kommt auf die Federn, auf die Reifen usw. an —, mal vorlegen, damit sich der Herr Ingenieur Seebohm
davon überzeugt, daß man solche Dinger sehr wohl bauen kann?
Und ich möchte den Herrn Bundesverkehrsminister fragen: Ist eigentlich der Herr Verkehrsminister für die Sicherheit des Verkehrs verantwortlich?
Ich hatte das bisher angenommen. Dann frage ich weiter: Kommt er gar nicht auf die Idee, solche ochsenschwänzleinähnlichen Gebilde gegebenenfalls nicht zulassen zu dürfen?
Meine Damen und Herren, es sind weitere Einwendungen erhoben. Landwirtschaft und Forstwirtschaft würden ihre bisherigen Transporte nicht durchführen können, und ebenso würden Spezialtransporte nicht mehr möglich sein. Das und das allein ist der Grund dafür, daß dieser Vermerk in meinen und meiner Freunde Antrag hineingekommen ist. Es ist selbstverständlich, daß die Landwirtschaft ihre bisherigen Rechte in jeder Beziehung behält. Denn die Herren Interessenten haben ja Bundesgenossen gewinnen wollen und haben sie auch gewonnen. Von verschiedenen der Herren, die diesen Antrag unterschrieben haben, weiß ich das. Das sind Landwirte, die zunächst geglaubt haben, ich würde dem Bauern, dem Forstmann und sonstigen Leuten ihre Transporte unmöglich machen. Das und das allein ist der Sinn dieses Antrags.
Es sind weiter technische Einwendungen gemacht worden, auf die einzugehen sich kaum lohnt, z. B. die Behauptung, daß die Überholung unabhängig von der Länge des Dinges sein soll, was ich überholen soll, daß zwei kleine Einheiten den Verkehr mehr belasten als eine große. Das weiß eigentlich schon jeder bessere Fahrschüler, wenn er die ersten drei oder vier Stunden hinter sich hat, was von diesen Behauptungen zu halten ist.
Jetzt kommt natürlich auch wieder Berlin, das arme Berlin! Erst seit 1948 dürfen wir diese großen Dinger bauen, und vorher ist Berlin ganz offenbar schon verhungert! — — Ach nein, solche „Gründe" sind so töricht, daß sie nicht beantwortet werden können.
Es gibt weiter wirtschaftliche Einwendungen, die recht falsch sind. Zunächst einmal kommt die Behauptung, die Industrie würde pleite gehen, sie wäre ruiniert. Ich habe schon in diesem Antrag, den Sie kennen — ich komme auf ihn zurück —, nach Unterhaltung mit der betreffenden Anhängerindustrie versucht, nach Möglichkeit diese Sache abzubremsen. In der Tat muß man aber wissen, daß es nicht so ist, daß die Anhänger- und sonstige Industrie nur diese großen Einheiten baut. Oh nein, Sie müssen wissen, das Verhältnis von kleinen zu großen ist wie 3 : 1 oder, wenn ich die ganz kleinen hereinnehme, zahlenmäßig gesehen wie 10 : 1. Und dann nehmen Sie doch bitte dieses großartige Schreiben der Bundespost - ich kann die Bundespost zu den kaufmännischen Überlegungen, die da stehen, nur beglückwünschen — zur Hand. Da steht drin: Ja, wenn das aber jetzt kommt, werden wir gar nicht wissen, ob wir so schnell unsere Maschinen bekommen können; denn dann wird doch eine starke Auftragswelle einsetzen. Also genau das Gegenteil!
Weiter wird behauptet — und nun kommt etwas sehr Merkwürdiges: Im Anschluß an eine Pressekonferenz, die der Bundesverkehrsminister gegeben hat, wurde als Resultat dieser Pressekonferenz in den Zeitungen verbreitet, daß ungefähr 70 000 Anhänger im Werte von rund 1 Milliarde DM verschrottet werden müßten und daß die Änderung der Regierungsvorlage daher ein unerhörter Angriff gegen das deutsche Volksvermögen wäre, wenn man nur eine derartige Idee hätte. Ja, meine Damen und Herren, Sie sind alle sehr beeindruckt worden davon, das sehe ich ja, das habe ich sehr deutlich gefühlt. Auch ich muß Ihnen ehrlich sagen, ich bin sehr beeindruckt worden: Ich hätte nämlich nicht für möglich gehalten, mit welcher Kühnheit eine öffentliche Stelle es unternimmt, die deutsche Öffentlichkeit völlig zu täuschen. Es ist nämlich kein Wort davon wahr!
Kein Wort!
Aber ich muß gleich hinzufügen: Gott sei Dank hat es der Herr Bundesverkehrsminister nicht gesagt. Nein, er ist von den Journalisten falsch verstanden worden. Das kann ja vorkommen.
Dr. Freiherr von Rechenberg)
Er hat gesagt: von den rund 70 000 Anhängern, die vorhanden seien und die über 4 t schleppen könnten, würde wohl ein erheblicher Teil zu verschrotten sein.
Nun ist das eine Behauptung, die — ich werde Ihnen gleich sagen, warum. — völlig falsch ist. Sie ist objektiv falsch. Subjektiv falsch wäre sie ja nur, wenn der Herr Bundesverkehrsminister eine solche Kenntnis der Einzelheiten seines Ministeriums und seines Verkehrsgewerbes hätte, daß er wüßte, warum es falsch ist. Das kann ich nicht annehmen.
In Wirklichkeit steht die Sache so. Der Herr Bundesverkehrsminister ist einem Irrtum unterlegen. Die Aufstellung, die mir vom Bundesverkehrsministerium gegeben worden ist, gliedert nämlich diese 67 000 Anhänger nach den Tonnengewichten. Nun kommt es — das ist j a wohl ziemlich klar — bei der . Länge nicht darauf an, wieviel Tonnen einer schleppen kann, sondern wie lang einer ist, und wenn ich mir gerade daraufhin die Liste ansehe, dann ergeben sich rund 10 000 bis 11 000 derartiger Anhänger, die über 15 m hinausstoßen.
Aber von einer anderen Seite aus habe ich ein erhebliches Bedenken, ob diese Rechnung stimmt; denn es ist eine Tatsache, daß in den letzten zwei Jahren insgesamt 4 500 von den großen AchtMeter -Anhängern zugelassen worden sind. Wo kommen denn die übrigen 6 000 bis 7 000 eigentlich her? Aber lassen wir das, ob 6 000 oder 4 000 oder 11000, nicht einer von diesen Anhängern muß verschrottet werden. Man braucht gar nicht an den an sich möglichen, aber schwierigen und teueren Umbau zu denken. Nein, alle diese Maschinen können — und sie werden es ja auch schon — sofort in Gebrauch genommen werden, und zwar mit Traktoren. Sie finden eine ganze Masse gerade von diesen großen Dingern im örtlichen Verkehr für den Transport von Baumaterialien und dergleichen längst eingesetzt. Es braucht also nichts verschrottet zu werden.
Aber die Sache geht noch viel toller aus, und nun komme ich auf eine Überlegung, die geradezu unverständlich ist. Wenn die Zwanzig-Meter-Züge eingeführt werden, dann sind alle anderen kleineren Züge im Fernverkehr nicht mehr kokurrenzfähig. Jeder Sachverständige wird Ihnen das bestätigen. Das bedeutet aber, daß alle alten Züge nun bestenfalls noch im Nahverkehr Verwendung finden können, höchstwahrscheinlich aber verschrottet werden müssen, und zwar nicht nur die Anhänger, sondern vor allen Dingen die Maschinenwagen, die Zugwagen. Das ist allerdings nun ein großer Verlust? Nein, es passiert ein neues Wunder: es ist volkswirtschaftlich gesehen gar kein Verlust; denn der ganze Fuhrpark ist sehr stark überaltert. Man kann rechnen, daß die Hälfte zehn Jahre und darüber alt ist. Das bedeutet, daß alle diese Maschinen schon zweimal abgeschrieben worden sind — zweimal, meine Damen und Herren! —, weil bekanntlich die Währungsreform in dieser Beziehung ein Wunder bewirkt hat.
Wenn wir also die 20-Meter-Länge wirklich wieder einführen, bedeutet das, daß nun tatsächlich alle alten Züge unbrauchbar werden. Das macht für denjenigen nichts aus, der das Geld hat, sich neue zu kaufen. So ein Zug kostet 100 000 DM. Ich habe
mich im stillen darüber amüsiert, daß manch kleiner Unternehmer mir seinen Protest schickte. Haben sich diese Herren eigentlich überlegt, wer wohl die ersten Opfer des 20-Meter-Zuges wären? Werden sie, die Kapitalschwachen, oder wer wird sonst das Geschäft machen? So sieht die Sache mit der einen Milliarde Schrott aus.
Etwas Ähnliches kann ich Ihnen über die Omnibusse sagen, die, wie wir eben gehört haben, eine Tariferhöhung brauchen würden, wenn ihre Anhänger verboten werden, die Omnibusse, die das gefährlichste von allem sind: 57 auf 100 Stück. Da habe ich mich wirklich gefreut, zu hören, daß es 20 000 Omnibusse und 2500 Anhänger gibt. Daraus geht doch ganz klar hervor, daß 90 °Io dieser edlen Menschenfreunde bisher aus reiner Menschenliebe mit Verlust gefahren sind;
denn sonst hätten sie ja ohne Anhänger nicht existieren können.
Mit solchen Argumenten kommt man hier, die so kindlich sind, daß sie von jedem, der eine Spur von wirtschaftlichem „Kapee" hat, sofort aus der la main widerlegt werden können. Das Land der Autobusse ist England. In England gibt es keinen Anhänger, und dort blüht die Autobusindustrie ausgezeichnet. Ich bin der Meinung, einer der wichtigsten Punkte meines Änderungsvorschlags ist, daß es unmöglich gemacht wird, daß man aus sehr verständlichen finanziellen Erwägungen -- auch ich schreibe Verdienen gern groß! —,
sich hinten noch so ein Ding anhängt, damit man noch mehr Leute aufnehmen kann. Aber die Gefahr dabei ist sehr groß. Ich weiß nicht, ob Sie sehr viel Erfahrungen mit Autobusanhängern haben. Ich empfehle Ihnen, wenn Sie noch nicht wissen sollten, warum sich die Leute so ungern in den Anhänger setzen, solange noch Platz im ersten Wagen ist: probieren Sie es doch einmal und erleben Sie es, wenn scharf gebremst wird! Sie gehen, wenn es möglich ist, nie wieder in so einen Anhänger. Und das lassen wir im Interesse der Sicherheit des Verkehrs ruhig zu, wenn es nach den Herrn Interessenten geht!
Ich habe es jetzt auf Wunsch, auf Vorschlag eines Freundes in den letzten Tagen probiert und habe auch das Bremsen erlebt und weiß jetzt also Bescheid. Im empfehle Ihnen, lieber Herr Rademacher, da Sie es anscheinend noch nicht wissen: kommen Sie mit mir und setzen Sie sich einmal in einen solchen Omnibus!
Es wird ferner gesagt, der Ruin des Gewerbes würde die unweigerliche Folge sein. Mit kleinen Anhängern hat dies Gewerbe begonnen. Erst seit 1948 durften wir große Anhänger haben. Wir brauchen nur einen Blick auf die Straße zu tun. Wieviel Milliarden werden dort verdient? Ich war platt, als Herr Rademacher — er war es, glaube ich — sagte, daß eine Auftragsannullierung von 120-, 130 Millionen DM die Folge wäre. Also solche Investierungen sind in diesem Gewerbe möglich. In der Tat ist das Gewerbe in ganz kurzer Zeit sehr gut aufgeblüht.
— Ja, ich komme auf den Werkverkehr auch. Nur friedlich, ich Homme schon darauf! Nur Geduld! Warum denn s, ungeduldig?
Sehen Sie, ich habe in einer benachbarten Stadt
— Sie dürfen raten, welche es ist — zwei Firmen mal durchleuchten lassen. Die Firma A hatte im Jahre 1948 einen Lastkraftwagen und einen Anhänger. Jetzt hat sie zwei Lastkraftwagen, sechs Anhänger, einen PKW. Die andere Firma war schon besser dran. Sie hatte 1948 einen Lastkraftwagen, fünf Anhänger und zwei Zugmaschinen. Jetzt hat sie fünf Lastkraftwagen, neun Anhänger, zwei Zugmaschinen und drei PKWs, immerhin ein Zeichen, daß es den Unternehmen nicht ganz so schlecht gegangen ist, so daß ich über ihre finanzielle Bonität nicht so sehr besorgt sein kann.
Es gibt — auch diese Größenordnung ist interessant — 22 000 Konzessionen für Fernverkehr. Es gibt etwa ebensoviel Werkverkehr, wobei aber sehr klar herauszustellen ist, daß der Werkverkehr als solcher nicht an den übergroßen Einheiten interessiert ist, abgesehen von einigen Ausnahmen, vor allen Dingen bei dem unechten Werkverkehr, den ich allerdings gern treffen möchte. Das sind die Herren Holzgroßhändler und Baustoffgroßhändler, die qua Werkverkehr ihre Transporte besorgen und natürlich daran interessiert sind, möglichst große Transporteinheiten zu haben, was die Industrie im allgemeinen nicht hat. Die Industrie ist im allgemeinen nicht an diesen großen Ladungen, sondern durchaus an kleinen und schnelleren Einheiten interessiert.
Weitere Zahlen: Da gibt es 500 000 Lastwagen, davon große über 4 t 56 000, und 270 000 Anhänger, davon große über 4 t 67 000. Das ist die Größenordnung. auf die ich hinweisen möchte, weil hier immer so getan wird, als wenn jetzt plötzlich ein ganzer Gewerbezweig, eine ganze Volkswirtschaft ruiniert würde.
Es wird ferner gesagt, daß die Konkurrenz des Auslands uns schädigen würde. Internationale Abmachungen gibt es bisher nicht. Die Abmachung, die auf 18 Meter bei einem Anhänger geht, ist bisher nicht ratifiziert. Ich weiß auch nicht, ob sie ratifiziert wird. Im übrigen stehen die Zahlen des Auslands etwas anders, als Herr Kollege Rademacher mitgeteilt hat. Er hat z. B. davon gesprochen, daß in Belgien und in Luxemburg 25 Meter erlaubt seien. Das ist richtig; er hat nur vergessen, hinzuzufügen, daß das eine Bestimmung für einen Traktor mit drei angehängten landwirtschaftlichen Wagen ist. Die übrigen Wagen in Belgien haben 16 Meter, ein Anhänger erlaubt, in England 11 Meter, kein Anhänger, in den USA Sattelschlepper, sehr stark; wie überhaupt das Bestreben sein muß, die Maschinen so stark zu machen, daß sie ordentlich ziehen können, d. h. daß wieder die alten 7 PS pro geschleppte Tonne vorgeschrieben werden. In den USA also sehr starke Sattelschlepper, Anhänger im Stadtverkehr vollkommen verboten, Holland 18 Meter, 1 Anhänger, Autobusse 11 Meter ohne Anhänger, Schweiz 18 Meter. Ich höre zu meiner Überraschung, daß anscheinend in der letzten Nacht eine Änderung eingetreten ist, denn vor drei Tagen hat mir die Schweizer Gesandtschaft in Köln diese Zahlen gegeben: Schweiz 18 Meter, 1 Anhänger, Autobusse 11 Meter. Italien ist das einzige Land, das 22 Meter hat. In Frankreich sind 11 Meter erlaubt. Es ist ein Irrtum, daß dort 20 Meter erlaubt seien. Auch da müßte heute Nacht eine Änderung eingetreten sein.
Zwar können Sie in der Tat in Frankreich auch mit größeren Längen fahren, aber dann müssen Sie eine Spezialerlaubnis von jedem einzelnen Departementsoffizier einholen, der Ihnen die Wege vorschreibt. Das macht solche Schwierigkeiten, daß Sie praktisch in Frankreich solche Maschinen nicht zu sehen bekommen. Das hat im übrigen noch einen Grund: in Frankreich 'ist das Fahren der großen Camions am Tage auf den Landstraßen überhaupt verboten, die dürfen nur nachts herauskommen. Jetzt wird ab morgen in Paris die Innenstadt auch für die kleinen Dreiradlieferwagen gesperrt werden. So steht es im Ausland.
Wenn Herr Kollege Rademacher meint, unter der Herrschaft des Generalvertrags würde sich eine enorme Auslandskonkurrenz breitmachen, so kann ich ihm nur sagen: alle, die im Ausland waren, können und müssen mir bestätigen, daß man im Ausland diese Einheiten ja gar nicht sieht, es gibt sie dort gar nicht.
Nun kommt allerdings die richtige Einwendung, daß das erzeugende Gewerbe, die Fabriken in Schwierigkeiten kommen würden, weil sie derartige Anhänger und Maschinen gegen Wechsel verkauft haben. Das war der Grund, warum ich mich bereit gefunden habe, eine Dreijahres -Aufbrauchfrist zuzugestehen. Sehr ungern; denn es ist hier doch ganz klar der Versuch gemacht worden, ein fait accompli zu schaffen. Aber ich konnte ja schließlich nicht verkennen, daß dieses fait accompli mit der Unterstützung des von mir kochgeschätzten Herrn Bundesverkehrsministers zustande gekommen ist. Ich glaubte, diesem Umstand sollte man Rechnung tragen.
Ein weiterer wichtiger Einwand ist: Die Wirtschaftlichkeit wird gefährdet. Jawohl, das klare wirtschaftliche Ziel meines Antrags ist: Es muß unter allen Umständen verhindert werden, daß sich dieser Einbruch des Lastwagengewerbes auf die Straße zum Transport von Massengütern billigster Art weiter fortsetzt. Das ist in erster Linie mein Ziel. Die Sicherheit habe ich genau so im Auge. Aber ich denke dabei auch, daß wir keine Straßen für einen solchen Verkehr haben; daß es in Wirklichkeit dafür bereits Straßen gibt, nämlich die Eisenbahn und den Kanal,
die Eisenbahn, die in diesem Hause anscheinend ganz stiefmütterlich behandelt wird. Es wäre schön gewesen, wenn wir es schon vor einem Jahr gemacht hätten. Jetzt ist der letzte Moment da. Wir können uns ausrechnen, welche volkswirtschaftlichen Werte zu vernichten sind, wenn wir jetzt erst drei Jahre warten, und dann gezwungen sind, die Anhänger überhaupt zu verbieten; man kann sich das ja furchtbar leicht ausrechnen. Ein bißchen Gedächtnis genügt. Wir erleben ja alle, wie es von Monat zu Monat schlimmer wird. Nun lassen Sie die Entwicklung mit diesen riesigen Ungetümen zwei oder drei Jahre weitergehen? Nein, es ist das ganz klare Ziel meines Antrags, eine Fehlentwicklung abzustoppen, solange sie noch billig abzustoppen ist.
Das geht jetzt noch. Das Ziel muß sein, starke Einheiten zu schaffen, die wendig sind. Es müssen wieder die 7 PS pro geschleppter Tonne, die die Ver-
kehrsflüssigkeit erleichtern und auch nicht mehr verkehrsgefährlich sind, hergestellt werden.
Lieber Herr Rademacher, Sie wollen mir erzählen, man könne einen einachsigen Anhänger nicht so sicher konstruieren. Sie haben die Schweiz als Beispiel genommen. Die Schweiz läßt Einachsanhänger zu; ich finde sie nicht schön. Aber in der Beziehung geben sie den großen Dingern auch nicht allzuviel nach, wenn ich daran denke, daß ich den kleinen auffangen kann; den großen kann ich nicht auffangen.
Nun kommt noch ein Einwand, ein besonders infamer Einwand: Das ganze Motiv von mir sei der Herrenfahrerstandpunkt. Das geht natürlich auf mich; ich bin Herrenfahrer. Man sagt, ich denke nur an meine Bequemlichkeit, ich will dieses Opfer an Zeit nicht bringen! — Wenn Sie ahnten, mit welcher Spannung augenblicklich die Berufsfahrer drüben im Fahrerraum sitzen und hoffen, daß mein Antrag durchgeht! Wenn Sie ahnten, wie mein Antrag auch im Interesse der „Kapitäne der Landstraße" selber ist, die endlich aus der Lebensgefahr, in der sie dauernd stecken, herausgeholt werden müssen. Ich habe meinem Freund Rademacher gesagt, daß ich eine Reihe von zustimmenden Erklärungen aus diesen Kreisen bekommen habe. Ich werde sie meinem Freund Rademacher nur mit verdeckter Unterschrift vorlegen können; denn natürlich sind die Arbeitgeber dieser Fahrer nicht gerade davon entzückt, wenn diese diesen Antrag unterstützen.
Sie selber können sich davon überzeugen. Sie alle haben unendlich viele Briefe bekommen. Haben Sie auch nur einen Brief von der Gewerkschaft der Fahrer, von den einzelnen Fahrern bekommen? Keine! In Wirklichkeit wären die genau so glücklich wie alle anderen Fahrer, wie alle anderen Benutzer der Straße, ob es Fußgänger, Radfahrer oder Anlieger sind, wenn endlich dieser Geschichte ein Ende bereitet oder wenn der Anfang gemacht würde, um einen Strich unter eine Fehlentwicklung zu ziehen.
Also ich habe da Briefe bekommen. Mein Gott, ich habe da schön in ein Fettnäpfchen getreten! Manche waren sehr böse. Ein Brief kam aus Schwaben. Man schrieb mir:
Das deutsche Volk hat einen Anspruch darauf,
daß in seinem Bundestag keine Esel sitzen.
und in Zukunft in aller Stille Ihrem Beruf nachzugehen.
Aber dann war ich wirklich gerührt; denn dann kam die Unterschrift: Hochachtungsvoll. Und ich war doch schon auf den „Schwäbischen Gruß" gefaßt.
Aber es gibt auch andere Schreiben und andere Äußerungen, die ganz bewußt beleidigend waren und bewußt objektiv falsche Behauptungen enthalten. Eines möchte ich Ihnen doch nicht vorenthalten, und ich bitte den Herrn Präsidenten um Genehmigung, daß ich die hier übliche Sitte, frei zu sprechen, unterbreche und mal etwas vorlese
aus der Zeitschrift „Der Volkswirt". Da wurde — ich werde nur den Inhalt angeben — behauptet, daß Bundestagsabgeordnete, die sich ja auf Grund ihrer Diäten den Kraftwagen leisten könnten, ohne Selbstdisziplin das Recht des stärkeren Ellenbogens für sich in Anspruch nähmen. Das sei nicht verwunderlich; denn Geltungsdrang und Selbstvertrauen hätten diese Leute ja doch nur in die Politik getrieben. Die Betätigung der Bundestagsabgeordneten als Gesetzgeber sei ein Ausfluß ihres Egoismus. Man wolle eben nicht eine ganze oder halbe Minute warten und sich in seiner Bequemlichkeit nicht stören lassen. Da den Abgeordneten die Kunst des Nachdenkens offenbar auch nicht gegeben sei, könne man Ursache und Wirkung nicht unterscheiden. Rücksicht von anderen — ja, die verlange man, aber selber — nein! — Ich muß schon sagen, daraus spricht eine Gesinnung, die sich selber richtet. Denn niemand sucht jemand anders hinter einem Busch, hinter dem er nicht selber schon gelegen hat. Das ist meine Antwort an diesen Schreiber.
Ich möchte schließen. Ich sage Ihnen nochmals, wir stehen jetzt tatsächlich vor der Möglichkeit, eine Fehlentwicklung noch im letzten Moment aufzuhalten. Es wird weh tun. Drei Jahre ist eine lange Zeit. Bis dahin sind alle Aufträge abgewickelt, alle Wechsel sind bezahlt, und kein Kunde hat mehr das Recht, die Abnahme zu verweigern, wenn er noch ein halbes oder ein dreiviertel Jahr die Möglichkeit haben soll, diese Maschinen auf die Straße zu bringen. Damit sind die momentanen Schwierigkeiten beseitigt. Nachdem es möglich war, sich in einem Jahre von dem bisherigen zweiten Anhänger auf den 20 -Meter-Anhänger umzustellen, wird es wohl in drei Jahren der deutschen Industrie nicht allzu schwer fallen, diese Umstellung vorzunehmen. Gegebenenfalls bin ich bereit, dem Herrn Bundesverkehrsminister meine schwachen Erfahrungen — ich bin kein Ingenieur — zur Verfügung zu stellen.
Darum bitte ich um Ablehnung des Antrags auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage und bitte um Zustimmung zu dem letzten Antrag, der eine Aufbrauchszeit von drei Jahren vorsieht.