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    Deutscher Bundestag — 240. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1952 11099 240. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1952. Geschäftliche Mitteilungen 11100A Glückwünsche zur Vollendung des 56. Lebensjahres des Vizepräsidenten Dr. Schmid 11100B Austritt des Abg. Dr. Etzel (Bamberg) aus der Fraktion der FU 11100B Wahl des Abg. Revenstorff an Stelle des Abg. Dr. Zawadil als Schriftführer . . . 11100B Nächste Fragestunde, — Sperrfrist für die Einreichung von Fragen 11100C Abstimmung über den Antrag des Wahlprüfungsausschusses (2. Ausschuß) über die Feststellung des Erlöschens des Bundestagsmandats des Abg. Dr. Dorls (Nrn. 3870 der Drucksachen, Umdruck Nr. 707) . . 11100C Bericht des Bundesministers des Innern über die Schritte der Regierung betr. Weihnachtsbeihilfen (Nr. 3920 der Drucksachen) 11100D Vorlage der dritten Übersicht betr. Beschäftigung Schwerbeschädigter bei den Bundesdienststellen (Nr.3921 der Drucksachen) 11100D Kleine Anfrage Nr. 303 der Fraktion der CDU/CSU betr. den Zwischenfall an der deutsch-französischen Grenze bei Schweigea (Nrn. 3857, 3924 der Drucksachen) . 11101A Zweite und dritte Beratung der Entwürfe eines Gesetzes betr. den Vertrag vom 26. Mai 1952 über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten mit Zusatzverträgen eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 26. Mai 1952 über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nrn. 3500, zu 3500, Nachgang zu 3500 der Drucksachen, Umdruck Nr. 699 [neu], eines Gesetzes betr. das Protokoll vom 26. Juli 1952 über die Erstrekkung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Streitigkeiten aus dem am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichneten Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nr. 3700 der Drucksachen), eines Gesetzes betr. den Vertrag vom 27. Mai 1952 über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und betr. den Vertrag vom 27. Mai 1952 zwischen dem Vereinigten Königreich und den Mitgliedstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 27. Mai 1952 über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte und über das Zoll- und Steuerwesen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (Nrn. 3501, zu 3501 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 3900, zu 3900 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 713 bis 718) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Generalvertrag und Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (Nrn. 3398, 3363 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Generalvertrag und Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (Nr. 3392 der Drucksachen) 11101A Zur Geschäftsordnung, — Antrag auf Vertagung: Renner (KPD) 11101B Loritz (Fraktionslos) 11101D Abstimmungen 11102D Generalberichte: Dr. Pünder (CDU): als Generalberichterstatter . . 11103B Schriftlicher Bericht 11167A Dr. Wahl (CDU): als Generalberichterstatter . . . 11107A Schriftlicher Bericht . . 11170B, 11176A Brandt (SPD): als Generalberichterstatter . . 11111A Schriftlicher Bericht 11176B Die Vertragswerke im Hinblick auf die Einheit Deutschlands: Wehner (SPD): als Berichterstatter 11116A Schriftlicher Bericht 11184A Allgemeine Aussprache: Dr. Henle (CDU) 11119A Brandt (SPD) 11124D Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 11128D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 11132C Dr. von Merkatz (DP) 11144C Wehner (SPD) 11150B Dr. Decker (FU) 11157D Weiterberatung vertagt 11159C Nächste Sitzung 11159C Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über die Entwürfe der Verträge und Abkommen mit den ausländischen Staaten (Nr. 3900 der Drucksachen) 11161 Inhaltsverzeichnis dazu 11162 Die Sitzung wird um 13 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 240. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über die Entwürfe eines Gesetzes betreffend den Vertrag vom 26. Mai 1952 über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten mit Zusatzverträgen, eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 26. Mai 1952 über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nrn. 3900, zu 3900, 3500, zu 3500, Nachgang zu 3500 der Drucksachen, Umdruck Nr. 699 [neu]), eines Gesetzes betreffend das Protokoll vom 26. Juli 1952 über die Erstreckung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Streitigkeiten aus dem am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichneten Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nr. 3 700 der Drucksachen), eines Gesetzes betreffend den Vertrag vom 27. Mai 1952 über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und betreffend den Vertrag vom 27. Mai 1952 zwischen dem Vereinigten Königreich und den Mitgliedstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 27. Mai 1952 über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte und über das Zoll- und Steuerwesen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (Nr. 3301 der Drucksachen, Umdruck Nr. 599) INHALTSVERZEICHNIS Seite I. Erläuterung der Berichterstattung des federführenden Ausschusses und der mitbeteiligten Ausschüsse . . . . 11165 II. Berichte der Ausschüsse 1. Generalberichte des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) a) Generalberichte zur politischen Bedeutung des Deutschland-Vertrages (Nr. 3500 der Drucksachen): Dr. Pünder, Generalberichterstatter 11167A Dr. Wahl, Generalberichterstatter 11170B b) Generalbericht zum Entwurf eines 'Gesetzes betreffend das Protokoll vom 26. Juli 1952 über die Erstreckung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Streitigkeiten aus dem am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichneten Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nr. 3700 der Drucksachen) Dr. Wahl, Generalberichterstatter 11176A c) Generalbericht zur politischen Bedeutung des EVG-Vertrages (Nr. 3501 der Drucksachen) Brandt, Generalberichterstatter 11176 B 2. Die Vertragswerke im Hinblick auf die Einheit Deutschlands Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen (8. Ausschuß) Wehner, Berichterstatter 11184A, 11186C Anlage 1: Stellungnahme des Leiters der Delegation für die Ablösung des Besatzungsstatuts im Auswärtigen Amt, Prof. Dr. Grewe, in der 61. Sitzung des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen am 3. September 1952 . . 11185D Anlage 2: Erklärung des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts Prof. Dr. Hallstein in der 67. Sitzung des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen am 9. Oktober 1952 . . . 11186B 1. Schriftlicher Bericht des Abgeordneten Dr. von Merkatz an den Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen (Mehrheitsauffassung) 11186C 2. Mündlich erstatteter Bericht des Abgeordneten Dr. Bärsch an den Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen (Minderheitsauffassung) 11191A 3. Die verfassungsrechtliche, rechtspolitische und rechtliche Bedeutung der Vertragswerke Berichte des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) zur Frage der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz 1. Bericht des Abgeordneten Dr. Wahl 11196A 2. Bericht des Abgeordneten Dr. Arndt 11201D 3. Anhang zum Bericht des Abgeordneten Dr. Arndt 11211C 4. Anhang zum Bericht des Abgeordneten Dr. Wahl 11214A 4. Die wirtschaftliche, finanz- und steuertechnische Bedeutung der Vertragswerke a) Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten Dr. Freiherr von Rechenberg, Berichterstatter . 11215A Berichte des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) 1. Bericht des Abgeordneten Dr. Fricke 11216A 2. Bericht des Abgeordneten Stegner 11218C 3. Bericht des Abgeordneten Dr. Fricke*) . . . 11223A 4. Bericht des Abgeordneten Dr. Kreyssig . . . 11224D *) Anlage: Brief des Ausschusses für Wirtschaftspolitik an den Bundeskanzler vom 23. Oktober 1952 11224C b) Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten Erler, Berichterstatter 11227B Berichte des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) 1. Bericht des Abgeordneten Dr. Kneipp*) . . . . 11228D 2. Bericht des Abgeordneten Dr. Gülich 11231C 3. Bericht des Abgeordneten Dr. Wellhausen . . 11246D *) Anlage: Liste von Organisationen, die die steuerlichen Begünstigungen der Streitkräfte genießen sollen 11298A c) Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten Dr. Hasemann, Berichterstatter 11249B Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) 1. Bericht des Abgeordneten Bausch 11250C 2. Bericht des Abgeordneten Schoettle 11256C 5. Die Vertragswerke im Hinblick auf Truppen-Stationierung und Verteidigung Deutschlands Berichte des Ausschusses zur Mitberatung des EVG-Vertrages und der damit zusammenhängenden Abmachungen (50. Ausschuß) a) Bericht über die politischen und militärischen Bestimmungen des EVG-Vertrages und ihre Auswirkungen Strauß, Berichterstatter 11262A b) Bericht über die wirtschaftlichen, finanziellen und haushaltsmäßige n Bestimmungen des EVG-Vertrages und ihre Auswirkungen Erler, Berichterstatter 11270B c) Bericht über die rechtsprechende Gewalt im Rahmen des EVG-Vertrages* Dr. Jaeger (Bayern), Berichterstatter 11276B *) Anhang über einzelne Bestimmungen des Truppenvertrages 11282A III. Zusätzliche Berichte des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) zu bestimmten Teilen der Vertragswerke 1. Zusätzlicher Bericht über die mit der Stationierung fremder Truppen zusammenhängenden Rechtsfragen Dr. Wahl, Berichterstatter 11285A 2. Zusätzlicher Bericht zu Teil I des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen Dr. Wahl, Berichterstatter 11286C Dr. von Merkatz, Berichterstatter 11288D 3. Zusätzlicher Bericht zu Teil VII des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen Dr. Reismann, Berichterstatter 11289C 4. Zusätzlicher Bericht zu Teil XI des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen Dr. Vogel, Berichterstatter 11290C IV. Zusätzliche Berichte anderer Ausschüsse zu bestimmten Teilen der Vertragswerke 1. Zusätzlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) zu den Verkehrsbestimmungen der Vertragswerke Rademacher, Berichterstatter 11292A 2. Zusätzlicher Bericht des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) zu den das Post-und Fernmeldewesen betreffenden Bestimmungen des EVG-Vertrages Cramer, Berichterstatter 11293D 3. Zusätzlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films (34. Ausschuß) zu bestimmten Abschnitten des Vertrages über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen*) Dr. Vogel, Berichterstatter 11295B *) Anlage: Brief des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen vom 14. November 1952 11297C A. Berichterstattung I. Erläuterung der Berichterstattung des federführenden Ausschusses und der mitbeteiligten Ausschüsse Der Deutsche Bundestag überwies durch Beschluß in seiner 222. Sitzung am 10. Juli 1952 die Entwürfe eines Gesetzes betreffend den Vertrag vom 26. Mai 1952 über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten mit Zusatzverträgen, eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 26. Mai 1952 über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder — Nr. 3500 der Drucksachen — eines Gesetzes betreffend den Vertrag vom 27. Mai 1952 über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und betreffend den Vertrag vom 27. Mai 1952 zwischen dem Vereinigten Königreich und den Mitgliedstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 27. Mai 1952 über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte und über das Zoll- und Steuerwesen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft — Nr. 3501 der Drucksachen — an den Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) —federführend —Ausschuß für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) Haushaltsausschuß (10. Ausschuß) Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen (8. Ausschuß) Ausschuß zur Mitberatung des EVG-Vertrages und der damit zusammenhängenden Abmachungen (50. Ausschuß). In einer gemeinsamen Besprechung kamen die Vorsitzenden des federführenden und der mitbeteiligten Ausschüsse übereinstimmend zu der Auffassung, daß der Begriff der Federführung nicht ausschließe, bei der Bedeutung und dem Umfang der Vertragswerke es vielmehr sogar zweckmäßig erscheine, die Berichterstattung zu einzelnen Vertragsstellen oder Fragenkomplexen vom Auswärtigen Ausschuß in verschiedenen Fällen an die zuständigen Fachausschüsse zu delegieren. Im Sinne dieses Übereinkommens hat der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten seinem Bericht zur grundsätzlichen politischen Bedeutung der beiden Verträge (siehe Abschnitt A, II, 1 a und c) die Stellungnahme mit-beteiligter Fachausschüsse zu bestimmten Vertragsoder Problemkomplexen beigefügt (siehe Abschnitt A, II, 2 bis 5). Aus gesetzestechnischen Gründen beschloß der Ausschuß, den Entwurf eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 26. Mai 1952 über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder — Anlage 5 zur Drucksache Nr. 3500 — und den durch Beschluß des Bundestages in seiner 233. Sitzung am 9. Oktober 1952 überwiesenen Entwurf eines Gesetzes betreffend das Protokoll vom 26. Juli 1952 über die Erstreckung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Streitigkeiten aus dem am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichneten Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder — Nr. 3700 der Drucksachen — miteinander zu verbinden. Die Berichterstattung und der Antrag des Ausschusses hierzu sind in Abschnitt A, II, 1 b, bzw. Abschnitt B, II wiedergegeben. Der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten sah sich veranlaßt, zu einzelnen Teilen der Vertragswerke — über die fachliche Beurteilung der mitberatenden Ausschüsse hinaus — eine besondere Erörterung mit Rücksicht auf die sich daraus ergebende rechtliche Beurteilung und die politischen Folgerungen aufzunehmen. Die Feststellungen und Ergebnisse dieser Beratungen werden durch zusätzliche Berichte des Ausschusses in Abschnitt III mitgeteilt. Außerdem hat der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten den Beschluß gefaßt, zu einzelnen Fragen, die nicht der unmittelbaren Zuständigkeit der an der Beratung mitbeteiligten Ausschüsse zu unterliegen schienen, jedoch vorwiegend fachliche Bedeutung hatten, zusätzliche Berichte anderer Ausschüsse zu erbitten. Die dem Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten daraufhin zugegangenen Berichte sind im Abschnitt IV dieses Berichtes aufgenommen. Bei der Behandlung der Vertragswerke in den beteiligten Ausschüssen wurden neben der Stellungnahme der Ausschüsse zu den Vertragswerken als Ganzes Wünsche oder Anregungen für das weitere Verhalten oder die politische Zielsetzung der Bundesregierung geäußert. Zu bestimmten, die Vertragswerke berührenden Einzelfragen wurden Vorschläge dieser Art im Auswärtigen Ausschuß erörtert und in jedem Fall durch einstimmigen Beschluß des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten in den beigefügten Entschließungsanträgen (siehe Abschnitt B, IV) niedergelegt. Die Vertragswerke wurden beraten in 23 Sitzungen des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten und seiner Unterausschüsse, 9 Sitzungen des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen, 19 Sitzungen des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht und seiner Unterausschüsse, 9 Sitzungen des Ausschusses für Wirtschaftspolitik, 14 Sitzungen des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen, 5 Sitzungen des Haushaltsausschusses, 18 Sitzungen des Ausschusses zur Mitberatung des EVG-Vertrages und der damit zusammenhängenden Abmachungen. In 2 Sitzungen des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films, 2 Sitzungen des Ausschusses für Verkehrswesen, 1 Sitzung des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen sowie 1 Sitzung des Ausschusses für Kulturpolitik wurden auf Ersuchen des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten zusätzliche Berichte zu bestimmten Abschnitten und besonderen Sachgebieten der Vertragswerke erarbeitet. Bei verschiedenen Berichten mitbeteiligter Ausschüsse ist eine Stellungnahme oder Erläuterung der jeweiligen Berichterstatter des Auswärtigen Ausschusses vorangestellt und in Kursivdruck kenntlich gemacht. II. Berichte der Ausschüsse 1. Generalberichte des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (8. Ausschuß) a) Generalberichte zur politischen Bedeutung des Deutschland-Vertrages — Nr. 3500 der Drucksachen — aa) Generalbericht des Abgeordneten Dr. Pünder Vorstehender Rahmenbericht braucht hinsichtlich des Auswärtigen Ausschusses nach der formellen Seite nur um weniges ergänzt zu werden, wobei zunächst darauf hingewiesen sei, daß sich der nachstehende Generalbericht nicht auf das gesamte Vertragswerk von Bonn und Paris bezieht, sondern nur auf die Gesetzentwürfe der Drucksache Nr. 3500. Noch vor den Sommerferien, am 18. Juli d. J., hatte der Auswärtige Ausschuß in seiner 92. Sitzung ein Schema für Beratung und Berichterstattung der ungewöhnlich umfangreichen Gesetzes- und Vertragsmaterie festgelegt. Auf dieser Grundlage begann er schon vor Beendigung der Sommerferien des Bundestages am 3. September d. J. in seiner 93. Sitzung seine sachliche Arbeit. Seitdem wurden diese Beratungen ohne Unterbrechung fortgesetzt, und zwar in 18 Sitzungen bis zur abschließenden 110. Sitzung am 27. November 1952. Die an sich sachlich verständliche gleichzeitige Überweisung an so viele andere Ausschüsse erwies sich im Laufe dieser Beratungen oft als recht mißlich. Zeitliche Überschneidungen der Sitzungen und gleichzeitige Inanspruchnahme mancher Abgeordneter durch verschiedene dieser Ausschüsse waren die Folge. 'Die Gesetzentwürfe der Drucksache Nr. 3500 umfassen insgesamt 8 Anlagen mit 412 Seiten. Die beiden Gesetzentwürfe als solche sind in den Anlagen 1 und 5 abgedruckt. Sie enthalten in je drei knappen Artikeln den in solchen Fällen üblichen Text, von denen der Artikel I 'die Zustimmung erklärt, Artikel II die Veröffentlichung regelt und Artikel III den Tag der Inkraftsetzung festlegt. Hierzu wird allerdings in Teil B dieses Berichtes aus gesetzestechnischen Gründen ein Änderungsantrag vorgelegt, der den Bezug der Artikel I und II des in Drucksache Nr. 3500 — Anlage 1 — enthaltenen Entwurfes präzisiert und den Gesetzentwurf der Anlage 5 inhaltlich mit dem in Drucksache Nr. 3700 enthaltenen Gesetzentwurf verbindet. Der eigentliche materielle Inhalt ist nicht in diesen beiden Gesetzen, sondern in ihren Anhängen und Zusatzverträgen nebst den Anlagen enthalten, auf die sich daher naturgemäß die Beratungen des Auswärtigen Ausschusses konzentriert haben. Diese Anhänge und Zusatzverträge nebst Anlagen umfassen 4 Verträge, nämlich den Vertrag über die Beziehungen der Bundesrepublik und den Drei Mächten (Deutschland-Vertrag), den Vertrag über Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenvertrag), den Finanzvertrag und schließlich den Vertrag zur Regelung der aus Krieg und Besatzung entstandenen Fragen (Überleitungsvertrag). Diese vier grundlegenden Verträge sind ihrerseits noch mit zahlreichen Anhängen und Zusatzverträgen ausgestattet, auf die hiermit verwiesen wird. Der Bundesrat, dem die Bundesregierung das gesamte Vertragswerk von Bonn und Paris am 30. Mai d. J. zugeleitet hatte, hat am 20. Juni d. J. hierzu Stellung genommen, wie aus Anlage 8 der Drucksache Nr. 3500 ersichtlich. In dieser Stellungnahme führt der Bundesrat aus, daß die ihm zur Verfügung stehende Frist bei dem Umfang und der Bedeutung der Materie viel zu kurz gewesen sei, um eine abschließende Stellungnahme auszuarbeiten. Außerdem weist er darauf hin, daß ihm seine Aufgabe hätte erleichtert werden können, wenn er über den Gang der Verhandlungen, die in ihren Anfängen auf Ende 1950 zurückgingen, auf dem laufenden gehalten worden wäre. Zum Sachlichen stellt der Bundesrat nur das eine fest, daß nach dem Ergebnis seiner Prüfungen das gesamte Vertragswerk der Zustimmung des Bundesrates bedürfe. Außerdem bezeichnet der Bundesrat die Frage der Verfassungsmäßigkeit noch als ungeklärt und bezeichnet es als angezeigt, das Ergebnis der Prüfung durch das mit dem Vertragswerk bereits befaßte Bundesverfassungsgericht abzuwarten. Abschließend hat sich der Bundesrat am 20. Juni seine endgültigen Entschlüsse bis zum zweiten Durchgang vorbehalten. Bei den sachlichen Beratungen des Auswärtigen Ausschusses hat naturgemäß auch der Grundsatz „ne varietur" eine Rolle gespielt. Diese Klausel bedeutet bekanntlich, daß der Bundestag nur eine einzige Entscheidung zum gesamten Vertragswerk treffen kann, nämlich es anzunehmen oder abzulehnen. Die Möglichkeit von Abänderungsvorschlägen ist ihm dagegen nicht gegeben. Es hätte daher theoretisch die — übrigens von keinem Ausschuß- (Dr. Pünder) mitglied vertretene — Auffassung obwalten können, von längerer sachlicher Überprüfung des ungewöhnlich großen Vertragswerkes überhaupt abzusehen und stattdessen die eine und allein entscheidende politische Willensbildung in kürzerer Ausschußarbeit vorzubereiten. Der Auswärtige Ausschuß hat sich diese Auffassung nicht zu eigen gemacht, sondern eine sachliche Überprüfung des gesamten Vertragswerkes für angezeigt gehalten. Nach einmütiger Auffassung wäre es vor dem deutschen Volk nicht zu verantworten gewesen, wenn der Bundestag als seine berufene Vertretung trotz des anerkannten Grundsatzes „ne varietur" sich nicht durch sorgfältige Überprüfung der Einzelheiten des Vertragswerkes die erforderliche Grundlage für seine politische Willensbildung geschaffen hätte. Bei den in die vielen Hunderte gehenden Artikeln, Paragraphen, Absätzen, Ziffern und Anlagen hätte eine solche Prüfung naturgemäß noch über einen weit längeren Zeitraum ausgedehnt werden können, und es ist daher verständlich, daß über diese Auffassungsfrage zwischen Koalition und Opposition auch im Auswärtigen Ausschuß keine volle Übereinstimmung herrschte. Vielmehr hat der Ausschuß mit Mehrheit den zeitlichen Umfang dieser sachlichen Überprüfung festgelegt, wobei bei Festlegung dieser Beschränkung zugleich betont und auch Wert darauf gelegt wurde, daß darunter die Sachlichkeit der Überprüfung keineswegs gelitten hätte. Ehe auf den sachlichen Inhalt der Verträge eingegangen werden soll, erscheint der Hinweis wichtig, daß bei diesem Vertragswerk erstmalig wieder unsere deutsche Sprache als gleichberechtigte Vertragssprache anerkannt ist, wie in Anlage 2 der Drucksache Nr. 3500 auf Seite 10 nachzulesen ist, wo es heißt, daß das Vertragswerk in deutscher, englischer und französischer Sprache abgefaßt sei, „wobei alle drei Fassungen gleichermaßen authentisch sind". So erfreulich diese Feststellung ist, so wurde doch gleichzeitig im Ausschuß festgestellt, daß die deutschen Vertragstexte vielfach die nötige Klarheit und Reinheit der Sprache vermissen lassen. Dem Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten ist eine Präambel vorangestellt, die in den Ausschußberatungen gesondert überprüft worden ist, da gerade in dieser Präambel und der dazu gegebenen Begründung die Grundzüge des gesamten Vertragswerkes in klarer Weise enthalten sind. An sich wäre der Einwand zutreffend und es ist auch anerkanntes Recht, daß eine Präambel nicht zum Gesetzesinhalt gehört. Aber trotzdem kommt unstreitig einer Präambel, und vor allem im vorliegenden Falle, große Bedeutung zu. Eine Präambel ist nämlich in etwa den Motiven zu Gesetzentwürfen vergleichbar und enthält daher wertvolle Auslegungsgrundsätze. In sieben Punkten dieser Präambel haben die vier Vertragsmächte Ziel und Zweck des Deutschlandvertrages festgelegt: 1. Als erstes Ziel wird die Schaffung einer friedlichen und blühenden europäischen Völkergemeinschaft bezeichnet, die durch ihr Bekenntnis zu den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen mit den anderen freien Völkern der Welt fest verbunden sein soll. Eine solche europäische Völkergemeinschaft könne aber nur durch vereinte Förderung und Verteidigung der gemeinsamen Freiheit und des gemeinsamen Erbes verwirklicht werden. 2. Als nächstes gemeinsames Ziel wird die Integrierung der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage der Gleichberechtigung in die europäische Gemeinschaft bezeichnet, welch letztere in die sich entwickelnde atlantische Gemeinschaft eingefügt sei. 3. Als weiteres Ziel wird die Wiederherstellung eines völlig freien und vereinten Deutschland genannt, und zwar auf friedlichem Wege, sowie die Herbeiführung einer frei vereinbarten friedensvertraglichen Regelung, wenn dem auch gegenwärtig außerhalb ihrer Macht liegende Maßnahmen entgegenstünden. 4. Die Aufrechterhaltung des Besatzungsstatuts mit den darin vorgesehenen Eingriffsbefugnissen in die eigenen Angelegenheiten der Bundesrepublik wird mit dem Zweck einer solchen Integrierung der Bundesrepublik in die europäische Gemeinschaft als unvereinbar erklärt. 5. Die Drei Mächte (USA, England und Frankreich) bekräftigen ihren Entschluß, sich in der Bundesrepublik nur noch solche Rechte vorzubehalten, deren Beibehaltung im Hinblick auf die Besonderheiten der internationalen Lage Deutschlands im gemeinsamen Interesse aller 4 Unterzeichnerstaaten erforderlich sei. 6. Es wird anerkannt, daß sich die Bundesrepublik auf Freiheit und Verantwortlichkeit gegründete politische Einrichtungen geschaffen habe und entschlossen sei, die im Grundgesetz verankerte freiheitlich-demokratische und bundesstaatliche Verfassung, welche die Menschenrechte gewährleistet, aufrechtzuerhalten. 7. Schließlich bezeichnen die vier Unterzeichnerstaaten sowohl den Deutschlandvertrag mit seinen Zusatzverträgen als auch die übrigen Verträge zur Bildung einer integrierten europäischen Gemeinschaft, also insbesondere den Montan-Pakt und den Vertrag über die EVG, als wesentliche Schritte zur Verwirklichung ihres gemeinsamen Strebens nach einem wiedervereinigten und in die europäische Gemeinschaft integrierten Deutschland. Die Generaldebatte des Auswärtigen Ausschusses knüpfte an diese sieben Feststellungen der Unterzeichnerstaaten an, wobei Bundeskanzler, Staatssekretär und andere maßgebliche deutsche Unterhändler am Vertragswerk diese Zielsetzungen noch mündlich erläuterten. Die Bundesregierung wies hierbei darauf hin, daß der Deutschlandvertrag mit seinen Zusatzverträgen im großen Zusammenhang ein Stück Weltgeschichte bedeute. Solche Lösungen wären sieben Jahre nach dem Zusammenbruch (Dr. Pünder) ohne die Gefahren der gegenwärtigen weltpolitischen Lage undenkbar gewesen. Wenn die Bundesregierung sich zu diesen Vereinbarungen mit der westlichen Welt bereitgefunden habe, habe sie treuhänderisch auch für die Deutschen der Sowjetzone gehandelt. Dies werde durch die Bezeichnung „Deutschland-Vertrag" deutlich, da es sich eben um das Wohl von ganz Deutschland handle. Im übrigen bilde dieser Deutschlandvertrag mit seinen Anhängen ein unteilbares Ganzes mit dem Europavertrag zur Begründung der Verteidigungsgemeinschaft. Die Aufhebung des Besatzungsstatuts sei kein selbständiger Vorgang, sie werde nur dadurch politisch möglich und sinnvoll, daß die bisherigen Besatzungsmächte der Bundesrepublik zu deren Mitverteidigern und ihre Besatzungstruppen zu Verteidigungstruppen würden. Der Deutschlandvertrag liquidiere für das Gebiet der Bundesrepublik den Krieg und das Besatzungsregime und sei völkerrechtlich ein vorläufiger Ersatz für den künftigen Friedensvertrag. Nur aus der Zwangslage heraus seien die Souveränitätsvorbehalte der Westmächte im Deutschlandvertrag zu verstehen. Diese Vorbehaltsrechte bedeuteten aber keineswegs eine fortdauernde Interventionsbefugnis in unsere eigenen Angelegenheiten. Hinsichtlich der Präambel wies die Bundesregierung besonders auf den Absatz 3 hin, durch den die Wiederherstellung eines völlig freien und vereinten Deutschland auf friedlichem Wege das grundlegende und gemeinsame Ziel auch der drei Westmächte sei. Zwar hätten diese in den letzten Jahren mehrfach die Wiedervereinigung Deutschlands als Ziel ihrer Politik bezeichnet. Im Deutschlandvertrag erscheine dieses Ziel nunmehr aber nicht nur mehr als eine einseitige politische Erklärung, die jederzeit abgeändert oder widerrufen werden könne, sondern sie sei nunmehr zum Gegenstand einer vertraglichen Verpflichtung geworden. In diesem Zusammenhang sei noch ein weiterer Punkt bedeutsam: ohne diesen Deutschlandvertrag könne auch in Zukunft, ohne Befragung der Bundesrepublik, eine Einigung der vier Besatzungsmächte auf Kosten Deutschlands und der Rückgriff auf Potsdam und Jalta vollzogen werden, welch große Gefahr aber durch das Zustandekommen des Vertragswerkes beseitigt werde. Diese amtlichen Darlegungen, noch ergänzt und befruchtet durch anschließende Fragen und Antworten, leiteten folgerichtig zu der Einzelaussprache über die einzelnen Artikel des Deutschlandvertrages und seine Anhänge über, wobei der Auswärtige Ausschuß sich in seinen ersten Sitzungen zunächst einmal eine umfassende Vorstellung von dem gesamten Vertragswerk machen mußte. Die Auffassung im Ausschuß war einmütig, daß die Texte dem Verständnis mancherlei Schwierigkeiten bereiten. Diese beruhen nicht nur darauf, daß die schließlich vielfach erst im Kompromißwege gefundenen Formulierungen in ihren ersten Ansätzen in ganz verschiedenen Rechtssystemen wurzelten. Hinzu kamen vielmehr Schwierigkeiten sachlicher Art; denn es handelt sich bei dem Vertragswerk im großen gesehen j a nicht darum, von einem Tag auf den anderen in vollem Umfange neue Rechtsverhältnisse zu schaffen. Zwar löst das Vertragswerk das Besatzungsstatut ab, aber gewisse und wichtige Vorbehaltsrechte bleiben aufrechterhalten. Schon allein dieser Tatbestand läßt für die folgende Übergangszeit, wo infolgedessen immer wieder neue Fragen auftauchen werden, die nicht sofort und erst recht nicht heute gelöst werden können, noch manches ungeklärt erscheinen. Dieser Tatbestand wird dadurch keineswegs einfacher, daß die Gegenseite viele ihrer unter dem Besatzungsstatut getroffenen Maßnahmen auch für die nächste Folgezeit gesichert zu sehen wünschte. Solche Feststellungen und Überlegungen führten im Auswärtigen Ausschuß zu der Erkenntnis, daß noch manche Einzelbestimmungen des Vertragswerkes im künftigen praktischen Vollzug für die Auslegung offen bleiben. An vielen Einzelbestimmungen wurde daher in der Folge der wochenlangen Ausschußberatungen nicht nur von Seiten der Opposition Kritik geübt. Bei den Vertretern der Regierungskoalition herrschte aber durchaus die Meinung vor, daß Ziel und Möglichkeiten des Vertragswerkes, nämlich die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit in einem vereinten Europa, weit bedeutsamer als die Feststellung noch so vieler Unschönheiten und Unklarheiten im einzelnen seien und daß das vorliegende Vertragswerk im Großen gesehen doch wohl das Höchstmaß dessen darstelle, was im Augenblick zu erreichen gewesen sei. An dieser positiven Einstellung der Koalitionsvertreter änderte auch nichts das eingehende Referat des Herrn Abg. Dr. Pfleiderer vor dem Auswärtigen Ausschuß über seine inzwischen in der breiten Öffentlichkeit bekanntgewordenen besonderen Ansichten und Pläne. Anders die Auffassung der Oppositionsvertreter im Auswärtigen Ausschuß. Auch von ihnen wurde, und zwar mit gleichem Nachdruck, die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit in einem vereinten Europa als oberstes Ziel der deutschen Außenpolitik anerkannt, jedoch bezeichneten sie das vorliegende Vertragswerk als zur Erreichung dieses Zieles wenig geeignet. Die Opposition glaubte insbesondere darauf hinweisen zu müssen, daß die Erfahrungen, die das deutsche Volk bisher mit „Vorleistungen" der Bundesregierung gemacht hätte, für die Zukunft nach Verabschiedung des Deutschlandvertrages wenig ermutigend seien; im gesamten Vertragswerk seien die echten Leistungen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zu unseren Lasten gegangen. Die deutsche Wiedervereinigung sei zwar das allseitig erstrebte Ziel, aber durch das Vertragswerk laufe Deutschland Gefahr, der Ausweglosigkeit zuzutreiben. Dieser grundsätzliche Gegensatz zwischen den Auffassungen der Vertreter der Koalition und der Opposition konnte auch in den vielen und eingehenden Einzelberatungen der Verträge und ihrer Anhänge im Auswärtigen Ausschuß nicht überbrückt werden, er trat vielmehr gerade bei diesen Einzelberatungen immer wieder zu Tage, wie die nachfolgenden Einzelberichte darlegen werden, auf die hiermit verwiesen werden muß. Insbesondere (Dr. Pünder) wird auf den unmittelbar folgenden Einzelbericht des Herrn Abg. Prof. Dr. Wahl über die Beratung der einzelnen Artikel des Deutschlandvertrages hingewiesen, der insoweit als notwendige Ergänzung dieses einleitenden Generalberichtes anzusehen ist. Auch hinsichtlich der Berücksichtigung des beim Bundesverfassungsgericht schwebenden Verfahrens konnte im Ausschuß keine einheitliche Auffassung herbeigeführt werden. Während die Koalitionsvertreter bei aller Achtung vor diesem obersten deutschen Gerichtshof es keineswegs für geboten erachteten, die dem Bundestag zustehende politische Entscheidung zeitlich hinter die juristische Stellungnahme dieses Gerichtshofes zu verlegen, war die Opposition gerade umgekehrter Auffassung. Auch die weitere Frage, ob etwa die schwierigen und langwierigen deutsch-französischen Verhandlungen über die Zukunft des Saargebietes eine Verzögerung der deutschen Entscheidung über das Vertragswerk erforderlich machen sollten, wurde vom Ausschuß behandelt und von seiner Mehrheit verneint. In der letzten Ausschußsitzung am 27. November 1952 wurde daraufhin mit Mehrheit beschlossen, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung mit den im Antrag des Ausschusses enthaltenen Abänderungen zuzustimmen. Sämtliche in Artikel I und Artikel II des Abänderungsvorschlages des Ausschusses genannten Briefe und Briefwechsel sind in der Anlage 3 zur Drucksache Nr. 3500 im vollen Wortlaut wiedergegeben. Bonn, den 27. November 1952 Dr. Pünder Generalberichterstatter bb) Generalbericht des Abgeordneten Dr. Wahl In der 94. bis 97. und in der 99. Sitzung bemühte sich der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten, zunächst eine genaue Vorstellung von dem Inhalt des Vertrages über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten zu gewinnen. Der Text bereitet dem Verständnis besondere Schwierigkeiten, nicht nur deshalb, weil Juristen, die in verschiedenen Rechtssystemen wurzeln, sich auf eine gemeinsame Fassung festlegen mußten — daß alle beteiligten Sprachen gleichberechtigt sind, verringert diese Schwierigkeiten nicht —, sondern auch weil die grundsätzliche Ablösung des Besatzungsstatuts unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung gewisser Vorbehaltsrechte in sich außerordentlich vielfältigen Erwägungen Raum gibt. Unter diesen Umständen fiel bei den Ausschußberatungen natürlich der Bundesregierung und ihren Verhandlungsführern eine außerordentlich wichtige Rolle bei der Interpretation der Vertragsbestimmungen zu. Nur sie konnten über die Entstehungsgeschichte der einzelnen Klauseln, über die Ausgangspositionen der Gegenseite und das Verhandlungsziel der Bundesregierung berichten, wobei häufig das Ergebnis des Textes zwischen den entgegengesetzten Standpunkten der Vertragspartner eine mittlere Linie findet. Aus diesen Gründen schiebt der nachfolgende Bericht besonders wichtige Regierungserklärungen wörtlich in die Darstellung ein. Andererseits zeigte sich, daß bei den Vertragsverhandlungen mit den Alliierten nicht alle Fragen schon eindeutig geklärt werden konnten. Es bleibt also noch manches als Auslegungsproblem offen — eine in der Staatenpraxis unvermeidliche Erscheinung, die andererseits für künftige Entwicklungen Raum läßt. Da der Herr Generalberichterstatter, Präsident Dr. Pünder, die Präambel schon erläutert hat, werden nur die einzelnen Artikel hier behandelt. Der Deutschland-Vertrag ist in der Weise aufgebaut, daß Artikel 1 (Aufhebung des Besatzungsstatuts) und Artikel 2 (alliierte Vorbehaltsrechte) die Grundlagen enthalten, Artikel 3 die aus der Rückgewinnung der Bewegungsfreiheit innerhalb der freien Welt zu ziehenden Folgerungen festlegt, Artikel 4 und 5 den Vorbehalt bezüglich der Stationierung der Streitkräfte und deren Schutz näher präzisieren, Artikel 6 den auf Berlin bezüglichen Vorbehalt betrifft und Artikel 7 den sogenannten gesamtdeutschen Fragenkomplex behandelt. Artikel 8 betrifft die Aufzählung der gleichzeitig abgeschlossenen Abkommen, Artikel 9 die Einrichtung des Schiedsgerichts, Artikel 10 die Revisionsklausel, Artikel 11 den Zeitpunkt des Inkrafttretens und die Ratifikationsformalitäten. Zu Artikel 1 und 2 Die Bundesrepublik hat volle Macht über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten mit den im Vertrag festgelegten Ausnahmen; mit dem Inkrafttreten der Verträge werden die Drei Mächte das Besatzungsstatut aufheben und die Alliierte Hohe Kommission sowie die Dienststellen der Landeskommissariate auflösen. Endlich (Absatz 3) werden sie künftig ihre Beziehungen in der Bundesrepublik durch Botschafter unterhalten, die in solchen Angelegenheiten gemeinsam tätig werden, welche die Drei Mächte nach diesem Vertrag und den Zusatzverträgen als sie gemeinsam betreffend ansehen. Nach der einmütigen Auffassung des Ausschusses bekommt die Bundesrepublik die volle Macht über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten nicht durch Übertragung der bisher in den Händen der Alliierten befindlichen Souveränität, sondern sie wächst ihr dadurch zu, daß die Belastungen wegfallen, die auf der Souveränität Deutschlands und als deren Träger der Bundesrepublik gelegen haben. „Die Souveränität ist ihr kraft ihrer inneren Struktur eigen und hat in der Zwischenzeit geruht", formulierte Herr Staatssekretär Hallstein. Die Folgerungen daraus werden in den Absätzen 2 und 3 gezogen: Aufhebung des Besatzungsstatuts, diplomatischer Verkehr durch Botschafter. Die Alliierten haben zunächst die Einsetzung einer Botschafterkonferenz (Dr. Wahl) oder eines Botschafterrates als eine besondere Institution in Aussicht genommen. Jetzt heißt es nur noch, daß sie in Angelegenheiten, die sie gemeinsam angehen, gemeinsam auftreten. Gemeinsames Auftreten kann ihnen nach diplomatischer Gepflogenheit überhaupt kaum verwehrt werden, wenn es sich um die Verfechtung gemeinsamer Interessen handelt. Darauf haben die Engländer besonders hingewiesen, die in wirtschaftlichen Fragen mit den Benelux-Ländern nur gemeinsame Verhandlungen führen. Trotzdem hat die Klausel ihre besondere Bedeutung, zumal im Hinblick auf die Vorbehaltsrechte des Artikels 2, die zunächst erläutert werden sollen. Gilt es doch, die durch den Vertrag erzielten Fortschritte gegenüber dem bisherigen Besatzungsregime gerade durch die Abgrenzung dieses Kollektivvorgehens zu erkennen. Im Ausschuß wurde klargestellt, daß die Vorbehaltsrechte durch einseitige Erklärung der Alliierten aufrechterhalten werden. Sie bestehen nicht auf Grund des Vertrages, sondern sie werden retained, d. h. insoweit bleibt von der Besatzungsgewalt der Alliierten noch etwas übrig. Diese Vorbehalte sind aber ihrem Wortlaut nach umfassender als nach dem Sinn, der sich aus den Vertragsbestimmungen, den Verhandlungen und dem geschichtlichen Ablauf der Ereignisse seit 1945 ergibt. Die Bundesrepublik erkennt diese Vorbehaltsrechte nicht in dem Sinne an, daß den Alliierten diese Vorbehaltsrechte von der Bundesrepublik übertragen werden, sondern sie nimmt sie zur Kenntnis und nimmt sie de facto hin. Eine rechtliche Anerkennung dieser Vorbehaltsrechte ist mit Absicht vermieden. Gerade die gewählte Formulierung, daß es sich um die von den Alliierten „ausgeübten und innegehabten" Rechte handelt, sollte nach der Mitteilung des Herrn Staatssekretärs Hallstein zum Ausdruck bringen, daß diese Rechte nicht als den Alliierten von Rechts wegen zustehend anerkannt werden sollten, sondern nur als von ihnen tatsächlich besessen, wie sich aus ihrer ungestörten Ausübung ergab. Über die allgemeine Bedeutung dieser de facto-Hinnahme ist in meinem Mehrheitsgutachten für den Rechtsausschuß das Nötige gesagt. Wenn die Bundesregierung sich. verpflichtet, sich jeder Maßnahme zu enthalten, durch die diese Vorbehaltsrechte beeinträchtigt werden können, so ist diese übernommene Unterlassungspflicht gerade das Wesentliche der de facto-Hinnahme. Auch das zugesagte Zusammenwirken mit den Alliierten, um ihnen die Ausübung ihrer Vorbehaltsrechte zu er-leichtern, ist mit der bloßen de facto-Hinnahme noch vereinbar. Im einzelnen ist zu den 3 Vorbehaltsrechten folgendes zu bemerken: 1. Das Recht der Truppenstationierung einschließlich des Schutzes von deren Sicherheit: Man darf den Russen nicht in dem Sinne volle Gleichgültigkeit gegenüber den Rechtsfragen zutrauen, daß sie nicht genau den Rechtstitel der Anwesenheit alliierter Truppen in Deutschland in Erwägung zögen. Gewiß ist das Potsdamer Abkommen durch die Entwicklung ausgehöhlt, aber wenn die Anwesenheit alliierter Truppen in Deutschland nicht auf dem Kriegsausgang, sondern auf einer Gestattung durch die Bundesregierung beruhen würde, könnten sie etwa zu den Alliierten sagen: „Dann laßt Euch auch die Anwesenheit in Berlin durch die Bundesregierung gestatten." Zudem behält die Sowjetunion durch die Aufrechterhaltung der bisherigen Rechtsgrundlage gewisse rechtliche Möglichkeiten gegenüber den Westalliierten. 2. Berlin: Daß alle Berlin betreffenden Angelegenheiten in diesem Sinne zu den Vorbehaltsrechten gehören und gehören müssen, ist im Ausschuß auf keinerlei Widerstand gestoßen, abgesehen davon, daß das neue Besatzungsstatut für Berlin nach Ansicht einiger Ausschußmitglieder noch entgegenkommender hätte ausfallen können, und liegt nach dem Vorangegangenen auf der Hand. Der Berliner Senat hat sich ausdrücklich mit dieser Klausel einverstanden erklärt. Die Frage, ob die Alliierten, weil die auf Berlin bezüglichen Fragen zum Vorbehaltsgebiet gehören, auch in der Lage wären, nach ihrem Ermessen Berlin jederzeit von Truppen zu entblößen, beantwortete die Regierung mit dem Hinweis auf die Drei Mächte-Erklärung vom 27. Mai 1952, die im Zusammenhang mit dem EVG-Vertrag abgegeben worden ist und die in ihrem vorletzten Absatz die Berlin-Klausel folgenden Wortlauts enthält: „Die Drei Mächte sehen die Sicherheit und das Wohlergehen Berlins und die Aufrechterhaltung der Position der Drei Mächte in dieser Stadt als wesentliches Element des Friedens der freien Welt in der gegenwärtigen internationalen Situation an. Demgemäß werden sie auch weiterhin so lange Streitkräfte auf Berliner Boden stationiert halten, wie ihre Verantwortlichkeiten dies erfordern. Sie versichern deshalb erneut, daß sie jeden Angriff auf Berlin, gleich von welcher Seite, als einen Angriff auf sich und ihre Streitkräfte betrachten werden." 3. Dagegen hat die Vorbehaltsklausel in bezug auf Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung Deutschlands und einer friedensvertraglichen Regelung zu einer Reihe wichtiger Auseinandersetzungen geführt. Zunächst wurde klargestellt, daß der in der Formulierung des Vorbehalts verwendete Begriff „Deutschland als Ganzes" eine territoriale Seite hat, aber auch sachliche Elemente enthält. Er stammt aus dem Jahre 1945, besonders aus dem Potsdamer Abkommen. a) Territoriale Fragen Damals war Deutschland im Sinne der Vereinbarungen zwischen den Besatzungsmächten unzweifelhaft das Deutschland der Grenzen von 1937, und die territorialen Veränderungen, die inzwischen eingetreten sind, sind nicht von der Art, daß sie endgültig die deutschen Grenzen verschoben haben. Deshalb gehört das Saarproblem sicher zu den territorialen Vorbehaltsmaterien des Artikels 2. Aber das bedeutet nicht, daß die Bundesregierung in dieser Frage keine politische Initiative entfalten dürfe. Die von der Bundesregierung gegebene Auslegung hat klargestellt, daß der Charakter einer Frage als Vorbehaltsmaterie nur dazu führen (Dr. Wahl) könne, daß gegen deutscherseits begonnene Verhandlungen von alliierter Seite interveniert wird, während die vorherige Erlaubnis nicht eingeholt zu werden braucht; und weil es sich dabei um die Ausübung eines gemeinsamen Vorbehaltsrechtes handelt, war man geneigt, eine gemeinsame Intervention aller Drei Mächte zu verlangen. Andererseits ist es der Bundesregierung bei der Aushandlung des Artikels 7 nicht gelungen, die Alliierten zur Anerkennung des gemeinsamen politischen Ziels zu bewegen, bei der Wiedervereinigung Deutschlands die Grenzen von 1937 herzustellen. Die Grenzfragen sind nach Artikel 7 der friedensvertraglichen Regelung vorbehalten. Im Wege des Kompromisses ist nur ausgesprochen worden, daß diese friedensvertragliche Regelung die Grundlage für einen dauerhaften Frieden abgeben solle, was vor allem dahin auszulegen ist, daß nicht bloß an die Wiedervereinigung der Sowjetzone mit der Bundesrepublik zu denken ist. b) Sachliche Fragen Im Jahre 1945 wußte man nicht, wie weit die Zonenbefehlshaber die Zuständigkeit des Kontrollrats, der für die Deutschland als Ganzes betreffenden Angelegenheiten zuständig war, aushöhlen würden. Die Entwicklung ist so gelaufen, daß beinahe alles, was Deutschland als Ganzes betrifft, in die Zonen verlagert wurde, so daß schließlich der Westen und der Osten eine völlig verschiedene politische Gestalt bekommen haben. Die Deutschland als Ganzes interessierenden sachlichen Fragen umfassen heute im wesentlichen noch die Verkehrsfragen: Autobahn nach Berlin, den Interzonenverkehr und den Luftkorridor. Die Klarstellung dieser Zusammenhänge ist auch der Zweck des alliierten Schreibens vom 26. Mai 1952, in dem die Alliierten versichern, daß dieser Vorbehalt nicht dafür ausgelegt werden kann, daß ihnen hierdurch gestattet wird, die zwischen ihnen und der Bundesrepublik durch die Verträge hergestellten Beziehungen nachteilig zu beeinflussen. Dabei spitzte sich die Debatte auf die Frage zu, ob bei der Auslegung der Vorbehaltsrechte auf den Zustand von 1945 zurückzugreifen sei oder auf den heutigen, wie er sich durch das Besatzungsstatut und die weitere Praxis im Verhältnis zwischen der Bundesregierung und den Alliierten herausgebildet hat. Die Frage wurde im Sinne der Heranziehung des späteren Zeitpunktes beantwortet. In Artikel 2 ist von der Aufrechterhaltung der „bisher" innegehabten und ausgeübten Rechte die Rede, womit nach der Erklärung der Bundesregierung ein Zurückgehen auf 1945 verhindert werde. Dies schließt natürlich nicht aus, daß bei einem Rückblick auf unsere politische Entwicklung vielleicht einmal gesagt werden kann, der entscheidende Einschnitt in den Ereignissen seit 1945 liege beim Abschluß dieses Vertrages, in dem das Besatzungsstatut den Alliierten die Möglichkeit offen ließ, wieder die höchste Gewalt an sich zu nehmen, während nunmehr damit endgültig und bindend Schluß gemacht ist. Die Bundesregierung hat bei ihren Verhandlungen Wert darauf gelegt, daß jede Anspielung auf die frühere höchste Gewalt und die Urkunden, in denen diese niedergelegt war, in dem endgültigen Vertragstext vermieden wurde. Die Auseinandersetzung über die Bedeutung des Ausdrucks „Drei Mächte" belebte sich immer wieder von neuem, so oft im Vertragstext dieser Ausdruck begegnete. Die Regierung ließ schließlich durch den Leiter der Delegation für die Ablösung des Besatzungsstatuts, Professor Grewe, eine Ausarbeitung überreichen, aus der sich ergibt, daß die Verwendung des Ausdrucks Drei Mächte in den Vertragsbestimmungen offenbar nicht immer den gleichen Sinn hat. Es gibt Fälle, in denen unzweifelhaft die Drei Mächte geschlossen auftreten können und müssen — und dazu gehören in erster Linie die Maßnahmen auf Grund der Vorbehaltsrechte des Artikels 2 —, wobei dann die Frage auftaucht, ob eine interne Geschäftsordnung die Möglichkeit einräumt, daß eine der Drei Mächte von den beiden anderen majorisiert werden kann. Es gibt aber auch Bestimmungen — und gerade das ist durch Grewes Beispiele klargestellt —, in denen der Ausdruck „Drei Mächte" nicht auf ein gemeinsames Handeln schließen läßt. Die Frage ist also der Auslegung der einzelnen Vorschrift vorzubehalten. Mit Rücksicht auf die Bedeutung dieses Dokumentes sei es hier im Wortlaut mitgeteilt: „Der Bonner Vertrag ist ein Vertrag zwischen zwei Vertragsparteien: Der Bundesrepublik auf der einen Seite, den USA, dem Vereinigten Königreich und Frankreich auf der anderen Seite. Die vier Unterzeichnerstaaten stellen daher nicht vier selbständige vertragschließende Parteien dar, sondern die „Drei Mächte" bilden eine einheitliche Vertragspartei. Das ist ein Verfahren, wie es in den Friedensverträgen von 1947, im Entwurf des österreichischen Staatsvertrages und in ähnlichen Vertragsinstrumenten angewandt worden ist. Der Ausdruck „Drei Mächte" stellt eine zusammenfassende abgekürzte Bezeichnung für diese eine vertragschließende Seite dar. Das bedeutet indessen nicht, daß die Drei Mächte überall dort, wo sie in den Verträgen unter dieser Bezeichnung erwähnt werden, als eine Einheit aufzufassen wären. Zu dieser Frage besagt der Ausdruck überhaupt nichts. Das ergibt sich deutlich bereits aus Artikel 1 Absatz 3 GV: Durch diese Bestimmung wird klargestellt, daß die Botschafter der Drei Mächte nur in solchen Angelegenheiten gemeinsam tätig werden, welche die Drei Mächte nach diesem Vertrage und den Zusatzverträgen als sie gemeinsam betreffend ansehen. Das gleiche ergibt sich auch aus Artikel 3 Absatz 4: Es wäre absurd, anzunehmen, daß man etwa daran gedacht hätte, die Wahrnehmung der Interessen der Bundesrepublik in bestimmten Fällen allen drei Mächten zusammen zu übertragen. Selbstverständlich und nach dem Verlauf der Verhandlungen unbezweifelbar ist hier nur daran gedacht, daß sich die Bundesrepublik eine der Drei Mächte als diplomatische Schutzmacht aussuchen kann. (Dr. Wahl) Ebenso ist selbstverständlich, daß man in Artikel 9 Absatz 2 an Streitigkeiten gedacht hat, die sich zwischen der Bundesrepublik und einer der Drei Mächte (und nicht den Drei Mächten als einer Einheit) ergeben. Anhang B, Artikel 1 Absatz 2 (b). Jede der Drei Mächte ernennt ein Mitglied des Schiedsgerichts. Auch hier ist klar, daß unter den Drei Mächten nicht eine Einheit zu verstehen ist, sondern daß jede der Drei Mächte für sich handelt. Der gesamte Truppenvertrag wäre unandwendbar, wenn die Drei Mächte immer als eine Einheit verstanden würden. Denn aus Artikel 50 in Verbindung mit Anhang C des Truppenvertrages ergibt sich, daß der Vertrag überhaupt nur auf zwei Mächte, nämlich auf die Vereinigten Staaten und Großbritannien anwendbar ist. In Artikel 1 Ziff. 2 ist der Begriff „Die Drei Mächte" definiert. Es sind dort lediglich die drei Staaten aufgeführt, ohne daß darüber etwas gesagt wäre, daß sie als Einheit aufgefaßt werden müßten. Wenn im Artikel 4 Teil I des Überleitungsvertrages davon die Rede ist, daß die Drei Mächte im Bundesgebiet keine Gerichte unterhalten werden, die nicht vertraglich vorgesehen sind, so ist auch hier klar, daß es sich nur um Gerichte jeder einzelnen der Drei Mächte handeln sollte, denn gemeinsame alliierte Gerichte hat es niemals gegeben. Diese Beispiele ließen sich beliebig vermehren. Bonn, den 28. Oktober 1952 Grewe" Zu Artikel 3 Artikel 3 bringt eine Ausfüllung des Blanketts, daß sich die Bundesrepublik zu den westlichen Völkern rechnet. Deshalb bekennt sie sich zu den materiellen und organisatorischen Leistungen des Westens, besonders zu den Prinzipien der Satzungen der Vereinten Nationen. Konkreteren Gehalt haben die Absätze 3 und 4 des Artikels 3. Durch Absatz 3 wird verhindert, daß die Drei Mächte mit dem Ostblock in Verhandlungen treten, von denen wir nichts wissen. Sie müssen uns dabei konsultieren, wenn die Verhandlungen unsere politischen Interessen unmittelbar berühren. Das Wort „unmittelbar" ist auf alliierten Wunsch eingefügt worden. Absatz 4 enthält eine einseitige Verpflichtung der Alliierten, uns diplomatische Hilfe zu leisten in unseren Beziehungen zu Staaten, zu denen wir keine Verbindung und bei denen wir keine Vertretungen haben. Die Bestimmung ist nicht so zu lesen, daß wir nicht die Möglichkeit hätten, uns solchen Mächten gegenüber selbst zu vertreten. Wir sind nicht verpflichtet, wenn wir diese Möglichkeit bisher nicht haben, diesen Zustand aufrechtzuerhalten. Im Laufe der Unterhaltungen mit den Alliierten ist ausdrücklich klargestellt worden, daß wir nach diesen Bestimmungen nicht gehindert sind, in Moskau eine Botschaft zu errichten, sofern wir etwa dazu in der Lage wären, und zwar auch ohne Friedensvertrag. Bezüglich der Organisationen, in die wir nach dieser Vorschrift eintreten dürfen, beschäftigte den Ausschuß besonders die Frage, ob dazu auch der Atlantikpakt gehöre. Schließlich gab die Regierung die Erklärung ab, zu gegebener Zeit könnten wir auch den Antrag auf Aufnahme in den Atlantikpakt stellen. Zu Artikel 4 Durch Artikel 4 wird das Vorbehaltsrecht der Alliierten zur Truppenstationierung in einem Sinne erläutert, der die Streitkräfte nicht mehr als Besatzungstruppen erscheinen läßt. Vor allem wird diesen Truppen als einzige Aufgabe gestellt, die freie Welt zu verteidigen, zu der die Bundesrepublik und Berlin gehören. In bezug auf die Stationierung wird die Bundesrepublik konsultiert werden, soweit es die militärische Lage erlaubt. Truppen eines Staates, der zur Zeit keine Kontingente stellt — außer den drei Alliierten haben Belgien, Dänemark, Kanada, Luxemburg und Norwegen z. Z. Truppenkontingente in der Bundesrepublik —, dürfen nur nach vorheriger Einwilligung in. Bundesgebiet stationiert werden, sofern nicht ein Angriff oder ein unmittelbar drohender Angriff vorliegt. Aber wenn die Gefahr beseitigt ist, dürfen sie nur mit Einwilligung der Bundesrepublik in deren Gebiet verbleiben. Besonders wichtig erscheint es, daß die Rechtsbeziehungen, die aus der Truppenstationierung in Deutschland entstehen, im sogenannten Truppenvertrag niedergelegt sind und daß alle Streitigkeiten hieraus dem Schiedsgericht des Artikels 9 unterworfen sind. Dies zeigt, daß das Vorbehaltsrecht der Truppenstationierung, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist, sozusagen nur dem Grunde, dem Rechtstitel nach den • strengen Vorbehaltscharakter auf rechterhaltenen Besatzungsrechts hat, der die Anerkennung einer Schiedsgerichtbarkeit ausschließt, daß dagegen seine Ausübung auf den vertraglichen Abmachungen mit der Bundesrepublik beruht, die dem Schiedsgericht unterstellt werden könnten. Für Frankreich treten nach einer Übergangszeit, die für die einzelnen Materien zeitlich abgestuft ist, an die Stelle des Stationierungsrechts die im EVG-Vertrag vorgesehenen Regelungen besonders über die Dislozierung der europäischen Verteidigungskräfte. Zu Artikel 5 Artikel 5 bereitet für die Auslegung besondere Schwierigkeiten. Auch hier handelt es sich um ein von den Alliierten vorbehaltenes Recht, daß die Bundesregierung zur Kenntnis nimmt und für das ihr gelungen ist, gewisse vertragliche Abmilderungen durchzusetzen. Diese Abmilderungen bestehen einmal darin, daß die Befugnisse, die die Alliierten beanspruchen, lediglich subsidiären (Dr. Wahl) Charakter haben, also erst dann praktisch werden, wenn es der Bundesregierung und der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft nicht gelingt, aus eigener Kraft der Lage Herr zu werden, ferner darin, daß sie die Bundesregierung bei Ausübung der Notstandsbefugnisse dauernd konsultieren werden. Aus dem Ausschuß heraus wurde die Frage gestellt, ob die Fälle des Absatzes 2 nicht den Kriegsfall umfassen, für den das Bündnis eingegangen ist, und dann die Deutsche Bundesregierung praktisch abgesetzt werden könne. Die Regierungsvertreter haben versichert, dies sei keineswegs der Sinn der Bestimmung, wie sich schon aus der Konsultation der Bundesregierung ergäbe. An sich sind die Notstandsbefugnisse mit Rücksicht auf ihre innerpolitische Auswirkung bedauert worden. Es mußte aber zugegeben werden, daß den Alliierten auf Grund des Besatzungsrechts z. Z. sogar weitergehende Notstandsbefugnisse zustehen und daß im allgemeinen Völkerrecht unter dem Stichwort „Selbstschutz" das Recht der Staaten anerkannt ist, in fremden Ländern befindliche Personen und Sachen durch eigenes Vorgehen zu schützen, wenn der Aufenthaltsstaat nicht in der Lage ist, den Schutz dieser fremden Interessen zu gewährleisten. Daß insbesondere Absatz 7 mit dem Notwehrrecht der alliierten Truppen anerkanntes Völkerrecht ist, fand allgemeine Zustimmung. Es spielte auch die Erwägung eine Rolle, ob die Deutsche Bundesregierung die Möglichkeit habe, zur Bewältigung der Notstandslage die EVG-Truppen heranzuziehen. Diese Frage wurde unter Bezugnahme auf § 12 Absatz 2 des EVG-Vertrages dahin beantwortet, daß nach dieser Vorschrift das Recht der Mitgliedstaaten, ihre Kontingente zur Bekämpfung innerer Unruhen heranzuziehen, ausdrücklich vom Inhalt des nationalen Verfassungsrechts abhängig gemacht ist. Zu Artikel 6 und 7 Diese beiden Bestimmungen sind mit großer Gründlichkeit vor allem im Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen erörtert worden, vergl. den Bericht des Ausschußvorsitzenden Abgeordneten Wehner. Aber auch der Auswärtige Ausschuß hat sie ausführlich behandelt. Zu Artikel 6 ist vor allem zu bemerken, daß der Vertragstext selbst ganz unvollständig ist. Die Rechtsstellung Berlins wird in Zukunft ebenso durch die Erklärung der Bundesrepublik betr. Hilfeleistungen für Berlin und durch das Schreiben der drei Hohen Kommissare an den Bundeskanzler vom 26. Mai 1952 betr. die Ausübung des von den Drei Mächten vorbehaltenen Rechts in bezug auf Berlin (zu Artikel 2 Abs. 2 b) bestimmt werden. Den Ausschuß beschäftigte besonders die Frage, warum diese Aufteilung der neuen Rechtsgrundlagen auf den Vertragstext einerseits und die vorbezeichneten Erklärungen andererseits erfolgt sei. Es handelt sich insbesondere um die auffallende Tatsache, daß die Verpflichtungen der Bundesregierung im Vertragstext stehen, während umgekehrt die von den Alliierten gemachten Zusagen in besonderen Urkunden enthalten sind (vgl. auch die oben bei Artikel 2 zitierte Erklärung). Zur Begründung wurde im Ausschuß darauf hingewiesen, daß der Vorbehaltscharakter der Rechte der Alliierten in bezug auf Berlin diese Auseinanderreißung nahegelegt habe, um im Vertragstext ganz eindeutig die Grundlagen des gegenwärtigen Rechtszustandes aufrechtzuerhalten, da Berlin nun einmal der neuralgische Punkt in den Beziehungen zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion ist. Andererseits geht die Erklärung der Alliierten und die Milderung des Besatzungsstatuts für Berlin sehr weit, indem die deutschen Wünsche zwar nicht bezüglich einer formellen Eingliederung Westberlins in die Bundesrepublik, aber bezüglich der Anlehnung Berlins an die Bundesrepublik und die daraus zu ziehenden praktischen Folgerungen weitgehende Berücksichtigung gefunden haben. Im Auswärtigen Ausschuß wurde noch die Frage gestellt, ob die Unterstellung der Militärbefehlshaber von Berlin unter die Botschafter geplant sei. Durch eine solche Maßnahme werde der Geschäftsverkehr der Berliner Behörden und der Deutschen Dienststellen in Berliner Angelegenheiten mit den Drei Mächten wesentlich erleichtert, da sonst der Umweg über Washington, London und Paris nötig sei. Von der Bundesregierung wurde erklärt, ihres Wissens sei dies von den Alliierten geplant. Artikel 7, der das Wiedervereinigungsproblem behandelt, war von Anfang an die am meisten kritisierte Bestimmung des Vertragswerkes. Darüber ist man sich einig, daß Artikel 7 Absatz 3 verhindert, daß bei einer Wiedervereinigung Deutschlands die früheren Befugnisse des Kontrollrats wieder aufleben können und daß nach der jetzigen Fassung keine antizipierte automatische Erstreckung der Verträge auf ein wiedervereinigtes Deutschland mehr in Frage kommt. Dies ist ja gerade der Sinn der Textänderung, die noch am Tage der Unterzeichnung zwischen den Vertragspartnern ausgehandelt worden ist. Dagegen tauchte die sehr bedeutsame Auslegungsfrage auf, ob der Bedingungssatz, von dem die Erstreckung der Vertragswirkungen auf ein wiedervereinigtes Deutschland abhängig gemacht ist, nämlich daß das wiedervereinigte Deutschland die Verpflichtungen aus den europäischen Integrationsverträgen übernimmt, sich nicht nur auf die Gewährung der aus den europäischen Integrationsverträgen abzuleitenden Rechte bezieht, sondern auch auf die Rechte, welche die Bundesrepublik auf Grund des Deutschland-Vertrages und der Zusatzverträge bekommt. Prof. Grewe hat die engere Bedeutung des Bedingungssatzes vertreten und damit es für ausgeschlossen erklärt, daß jemals wieder die Befugnisse des Kontrollrats in einem wiedervereinigten Deutschland aufleben könnten. Er bezieht den Bedingungssatz des Absatzes 3 nur auf die zweite Zusicherung der Alliierten, daß die Rechte auf Grund der Verträge über die Bildung einer integrierten europäischen Gemeinschaft auf das wiedervereinigte Deutschland ausgedehnt werden und nicht auf die erste Zusicherung, daß die Rechte der Bundesrepublik aus diesem Vertrag auf ein wiedervereinigtes Deutschland erstreckt werden. Herr Staatssekretär Prof. Hallstein hat diese Auslegungsthese für vertretbar erklärt. (Dr. Wahl) Zu Artikel 8 Artikel 8 stellt die Zusatzverträge zu dem Deutschlandvertrag zusammen und stellt klar, daß die Strafvollstreckung aus Verurteilungen der sogen. Kriegsverbrecher in alliierten Strafanstalten weiterhin durchgeführt werden soll und erklärt für diese weitere Beeinträchtigung der deutschen Souveränität einen weiteren ausdrücklichen Vorbehalt. Zu Artikel 9 Das Schiedsgericht hat den Ausschuß besonders eingehend beschäftigt. Für die verfassungsrechtlichen Fragen wird auf das Mehrheits- und Minderheitsgutachten des Rechtsausschusses Bezug genommen. Im Auswärtigen Ausschuß wurde von dem Sachverständigen der Bundesregierung, Prof. E. Kaufmann, noch besonders darauf hingewiesen, daß es im Völkerrecht schon immer Schiedsinstanzen gegeben habe, die nicht wie ein gewöhnliches Schiedsgericht auf Grund völkerrechtlicher Rechtsgrundsätze einen Streit entschieden, sondern die Kompetenz zu einem Schiedsausgleich gehabt hatten, bei denen also die Schiedsinstanz ähnlich wie bei dem Schiedsgutachter-Vertrag nach § 315 BGB bestimmen könne, was ex aequo et bono im Geiste des Schiedsabkommens zwischen den Streitsteilen Rechtens sein soll. Ferner sei darauf hingewiesen, daß nach der Schiedsklausel Streitigkeiten, welche auf den in Artikel 2 angeführten Rechten der Drei Mächte oder auf Maßnahmen auf Grund dieser Rechte beruhen, nicht der Gerichtsbarkeit des Schiedsgerichtes oder eines anderen Gerichtes unterliegen. Das gleiche gilt für die Notstandsbefugnisse des Artikels 5, dessen Absatz 6 der Bundesregierung gestattet, in einem bestimmten Fall als Beschwerdeinstanz den Rat der NATO anzurufen. Wohl aber unterliegen die vertraglich geregelten Maßnahmen auf Grund der Vorbehaltsrechte der Schiedsgerichtsbarkeit, ebenso aber auch die Frage, ob eine unter Berufung auf einen Vorbehalt getroffene Maßnahme zu Recht aus dem Vorbehalt hergeleitet wird. Es wird Sache des Schiedsgerichtes sein, hier genauere Grenzen zu ziehen. Zu Artikel 10 Die Revisionsklausel ist von höchster Bedeutung, vor allem mit Rücksicht darauf, daß die Vorbehaltsrechte nach Artikel 2 „mit Rücksicht auf die internationale Lage" aufrecht erhalten werden. Wenn sich diese internationale Lage nach Ansicht aller Unterzeichner des Vertrages grundlegend ändert, haben sie in beiderseitigem Einvernehmen diesen Vertrag und die Zusatzverträge in dem Umfang abzuändern, der durch die grundlegende Änderung der Lage erforderlich oder ratsam geworden ist. Als Beispiele solcher grundsätzlicher Änderungen der Lage wird der Fall der Wiedervereinigung Deutschlands und der Fall, daß eine europäische Föderation zusammenkommt, besonders hervorgehoben. Artikel 11 regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens und die Förmlichkeiten der Ratifikation. Überblickt man die Bestimmungen des Vertrages im ganzen, so stellen sie trotz der Zumutungen, die der Vertrag unserem nationalen Selbstbewußtsein stellt, nach der Auffassung der Mehrheit im Ausschuß einen erheblichen Fortschritt dar, und zwar nicht nur hinsichtlich der Wiedererlangung unserer politischen Selbständigkeit und Freiheit, sondern auch bezüglich der Sicherung unseres freiheitlichen Staatswesens gegenüber einer etwaigen Bedrohung aus dem Osten. Es ist nicht so, wie es nach dem Versailler Vertrag gewesen ist — damals machten die Vertragspartner sich darüber keine Sorgen, wie wir mit den uns auferlegten Verpflichtungen hätten fertig werden können —, sondern hier wird uns zugleich mit dem Kriegsabschlußvertrag die Hand gereicht, um uns zum Verbündeten der Sieger von gestern zu machen, und dadurch werden die Anforderungen des Vertrages in eine andere Atmosphäre getaucht, die sie uns erträglich erscheinen läßt. Auch die Wiedervereinigung Deutschlands wird nach der Ansicht der Mehrheit des Ausschusses durch den Abschluß des Vertrages mehr gefördert als erschwert. Vor dem Ausschuß wurden erhebliche Bedenken gegen die Ratifikation auf Grund der Tatsache zum Ausdruck gebracht, daß die deutsche Politik im Verhältnis zu Rußland zu wenig Bewegungsfreiheit gewinne, wobei als die einzig erträgliche Lösung die Anerkennung eines Sonderstatuts für Deutschland im Verhältnis zu Rußland bezeichnet wurde; durch dieses müßte die Möglichkeit eröffnet werden, für die Wiedervereinigung Deutschlands einen Preis zu bezahlen, der dem Sicherheitsbedürfnis der Sowjetunion entgegenkäme. Herr Staatssekretär hat zu diesenVorschlagen im gesamtdeutschen Ausschuß bemerkenswerte Ausführungen gemacht, die die Mehrheit des Ausschusses dazu bestimmt haben, die vorerwähnten Bedenken als nicht stichhaltig anzusehen. Die Frage nach dem Preis, den der Westen an Rußland zu zahlen hätte, verbaue die richtige Einsicht in die durch das Unrecht der Sowjetunion entstandene Lage, und die Wiederherstellung der Freiheit in der Bundesrepublik sei der erste Schritt zu der für uns alle allein in Frage kommenden Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit. Dazu kommt ein Weiteres: Die heutige Lage schließt jede Parallele mit der Weimarer Zeit aus. Die Spannung zwischen West und Ost stand damals nicht im Vordergrund der Weltpolitik; die politische Bewegungsfreiheit war Deutschland niemals verloren gegangen, während sie jetzt auf einer freiwilligen Aufgabe alliierter Befugnisse beruht; heute tragen wir noch an den Nachwirkungen der unseligen Politik des nationalsozialistischen Regimes, das unserer Vertrauenswürdigkeit einen Stoß versetzt hat, von dem wir uns nur schwer erholen können. Bonn, den 26. November 1952 Dr. Wahl Generalberichterstatter b) Generalbericht zum Entwurf eines Gesetzes betreffend das Protokoll vom 26. Juli 1952 über die Erstreckung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Streitigkeiten aus dem am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichneten Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mit- glieder — Nr. 3700 der Drucksachen — Generalberichterstatter: Abgeordneter Dr. Wahl Das in der Drucksache Nr. 3700 wiedergegebene Protokoll vom 26. Juli 1952 über die Erstreckung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Streitigkeiten aus dem am 26. Mai 1952 unterzeichneten Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder beseitigt lediglich eine bei der Unterzeichnung der Bonner Verträge entstandene Lücke, indem dem Schiedsgericht die Zuständigkeit auch für Streitigkeiten aus dem genannten Steuerabkommen gegeben wird. Aus gesetzestechnischen Gründen schlägt der Ausschuß vor, den Entwurf eines Gesetzes betreffend das Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder vom 26. Mai 1952 (Anlage 5 zur Drucksache Nr. 3500) und den Entwurf eines Gesetzes betreffend das Protokoll vom 26. Juli 1952 (Drucksache Nr. 3700) miteinander zu verbinden und ihnen in der aus Ziffer 2 des Antrags des Ausschusses ersichtlichen Fassung zuzustimmen. Bonn, den 25. November 1952 Dr. Wahl Generalberichterstatter c) Generalbericht zur politischen Bedeutung des EVG-Vertrages Generalberichterstatter: Abgeordneter Brandt Der Deutsche Bundestag steht vor einer schwerwiegenden Entscheidung, wenn ihm das Zustimmungsgesetz zum EVG-Vertrag zur Verabschiedung vorliegt. Die Frage der „Wiederbewaffnung" hat die deutsche Öffentlichkeit wie kaum ein anderes Problem seit dem Zusammenbruch des Jahres 1945 beschäftigt. Die Erörterung dieser Frage hat gefühlsmäßige Regungen ausgelöst und ernste politische Meinungsverschiedenheiten zu Tage treten lassen; sie hat auch zu einem verfassungsrechtlichen Streit Veranlassung gegeben, der noch nicht entschieden ist. Befürworter und Kritiker des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft stimmen weitgehend darin überein, daß sich aus diesem Vertrag weitreichende Konsequenzen auf einer Reihe von Gebieten ergeben können. Mehr noch als durch das Bonner Vertragswerk wird durch den EVG-Vertrag über die künftige deutsche Außenpolitik entschieden. Die wirtschafts- und finanzpolitischen Auswirkungen werden von großer Bedeutung sein. Die Art der staatlichen Organisation im Geltungsbereich des Grundgesetzes wird durch die zu übernehmenden Verpflichtungen nicht unbeeinflußt bleiben. Daraus ergeben sich unterschiedlich beurteilte Ausstrahlungen auf das gesamtdeutsche Schicksal. Die wieder einzuführende allgemeine Wehrpflicht wird einen ernsten Einschnitt in das Leben unserer jungen Männer bedeuten. Der durch die skrupellose Politik der damaligen Machthaber in Deutschland heraufbeschworene zweite Weltkrieg hatte zum Zusammenbruch der deutschen Landesverteidigung geführt. Die Siegermächte verständigten sich auf ein Programm, zu dem die völlige Entmilitarisierung Deutschlands gehörte. So hart und enttäuschend manche Entscheidungen der Sieger für unser Volk sein mochten, wurde doch die Waffenlosigkeit von breiten Schichten des Volkes innerlich bejaht. Die Folgen einer maßlos übersteigerten Machtpolitik hatten Deutschland bis hart an den Rand des Abgrundes geführt. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen setzte ihre ganze Hoffnung auf eine friedliche Entwicklung. Sie wünschte, daß uns angesichts der Aufgaben des Wiederaufbaus militärische und rüstungsmäßige Belastungen künftig erspart bleiben möchten. Als sich die staatliche Neuordnung im Bereich der westlichen Besatzungszonen Deutschlands im Jahre 1949 vollzog, war die Auflösung der siegreichen Koalition des zweiten Weltkrieges bereits weit fortgeschritten. Aus den Vereinten Nationen war kein kollektives System zur Sicherung des Friedens geworden. Der Ost-West-Konflikt steigerte sich zu neuer Kriegsgefahr. Die Westmächte hielten jedoch auch noch im Jahre 1949 und Anfang 1950 daran fest, daß die Bundesrepublik demilitarisiert bleiben sollte. Maßgebende Vertreter der Bundesrepublik erklärten, daß — zumal im Rahmen des staatlichen Provisoriums — eine Wiederbewaffnung nicht erstrebt werde. Der Schutz jener deutschen Gebiete, in denen das Grundgesetz Geltung erlangt hatte, vor militärischer Expansion der Sowjets bestand in der Anwesenheit der westlichen Besatzungsstreitkräfte. Durch den Nordatlantikpakt des Jahres 1949 wurde ein Angriff auf diese Streitkräfte in Westdeutschland und in Berlin gleichbedeutend mit einem Angriff auf das Gebiet der vertragschließenden Staaten. Ein militärischer Vorstoß nach dem deutschen Westen war für den Angreifer mit dem Risiko verbunden, dadurch das Sicherheitssystem der Nordatlantikpakt-Organisation (NATO) auszulösen. Verschärfung des Ost-West-Konflikts Gelegentlichen Äußerungen in ausländischen und deutschen Presseorganen über die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer deutschen Beteiligung am westlichen Sicherheitssystem wurde damals keine wesentliche Bedeutung beigemessen. Die Lage änderte sich mit dem Ausbruch des militärischen Konflikts in Korea im Sommer 1950. (Brandt) In weiten Kreisen machte sich die Befürchtung geltend, das koreanische Abenteuer könnte sich auf deutschem Boden wiederholen. Hierzu ist festzustellen, daß ein sowjetischer oder sowjetisch inspirierter Angriff auf die zur NATO gehörenden alliierten Streitkräfte in Westdeutschland — im Gegensatz zu Korea - mit dem Risiko eines weltumspannenden Konflikts verbunden war. Diese relative Sicherung des westlichen Europas wurde jedoch vielfach für nicht ausreichend gehalten. Vor allem erhoben maßgebende Kreise der Vereinigten Staaten mit Nachdruck die Forderung, die Bundesrepublik sollte zur Leistung eines Verteidigungsbeitrages herangezogen werden. Dieser Forderung kam angesichts der dominierenden Stellung der Vereinigten Staaten in der westlichen Welt wesentliche Bedeutung bei. Sie setzte sich gegenüber manchen Einwänden westeuropäischer Regierungen durch. In der weiteren Entwicklung gingen die Planungen der NATO von der Voraussetzung aus, daß deutsche Truppen auf die eine oder andere Weise in das westliche Verteidigungssystem eingegliedert würden. Vor allem mit Hinblick auf die Landstreitkräfte glaubte man eine effektive Verteidigungsposition der NATO im westlichen Europa ohne deutsche Truppen nicht aufbauen zu können. Noch bevor die Frage eines deutschen Beitrags zur westlichen Verteidigung zur Entscheidung stand, hatte die Remilitarisierung in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands eingesetzt. Durch die „Bereitschaften" der sogenannten Volkspolizei wurde eine militärische Kaderorganisation geschaffen und in das Rüstungsprogramm des Sowjetblocks eingegliedert. Der Bundeskanzler hatte aus der Verschärfung des Ost-West-Konflikts die Folgerung gezogen, daß es geboten sei, mit den Westmächten die Frage der deutschen Sicherheit zu erörtern. Die Sicherheit Deutschlands und ein etwaiger deutscher Verteidigungsbeitrag waren Gegenstand jenes Memorandums, das den Außenministern der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs Ende August 1950 übermittelt wurde. Die prinzipielle Entscheidung der Außenminister wurde im September 1950 in New York getroffen, wobei die Einzelheiten des deutschen Engagements noch offen blieben. Bei gleicher Gelegenheit erklärten die Westmächte ausdrücklich, sie würden einen Angriff auf ihre Besatzungszonen in Deutschland oder auf die Westsektoren von Berlin so betrachten, als ob er gegen ihr eigenes Staatsgebiet gerichtet wäre. Über die Form eines deutschen Verteidigungsbeitrags ist seitdem auf verschiedenen Ebenen verhandelt worden: teils auf der Ebene der Drei Mächte, teils im Rahmen der NATO, vor allem aber auf der Grundlage französischer Vorschläge vom Herbst 1950, die auf eine verschmolzene westeuropäische Wehrorganisation mit Einschluß deutscher Kontingente abzielten. Als Ergebnis dieser Verhandlungen ist der Vertrag entstanden, der am 27. Mai 1952 in Paris von den Regierungen Frankreichs, Italiens, der Benelux-Länder und der Bundesrepublik unterzeichnet wurde. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß durch den Beitritt der Bundesrepublik zu diesem Vertrag die Sicherheit der deutschen Menschen wesentlich er-1 höht werden kann. Sie hat auf diese Weise zugleich einen entscheidenden Beitrag zur Vereinigung Europas leisten wollen. Der Ost-West-Konflikt hatte bereits vor Korea zur Veruneinigung der Siegermächte geführt. Der wirtschaftliche und politische Zusammenschluß der westlichen Besatzungszonen Deutschlands war eine der Folgen dieser Entwicklung. Aber die Zukunft lag im Dunkel. Der Bundeskanzler hat vor dem Auswärtigen Ausschuß erklärt, eine der größten Sorgen in den vergangenen Jahren sei gewesen, wie verhindert werden könnte, daß sich die Sowjetunion einerseits und die Westalliierten andererseits auf dem Rücken Deutschlands einigten. Diese Gefahr sei durch die aggressive Politik der Sowjets abgewehrt worden und habe zum Stellungswechsel der Westmächte gegenüber Deutschland geführt. Im Zeichen des andauernden Ost-West-Konflikts hat es nach Meinung der Bundesregierung keine Möglichkeit gegeben, die Dinge treiben zu lassen. Es sei, wie der Bundeskanzler vor dem Ausschuß betonte, nur die Wahl des Anschlusses nach Westen oder nach Osten geblieben. Mit der Ratifizierung des vorliegenden Vertragswerks, vor allem des Vertrags über die Schaffung der EVG, vollziehe die Bundesrepublik den Anschluß an den Westen. Damit komme sie aus dem Zustand der Isolierung und der Schutzlosigkeit heraus. Das Friedensinteresse der deutschen Politik Die Bundesregierung hatte in ihrer Begründung zum EVG-Vertrag betont, die dem Vertrag zugrundeliegenden Verhandlungen hätten basiert einmal auf der militär politischen Erwägung, die deutsche Verteidigungskraft in das westliche Sicherheitssystem einzubeziehen, und zum anderen auf einer allgemein -politischen Erwägung, nämlich dem Bemühen um eine Integration Europas. Der erste Anstoß sei aus militärischen Überlegungen gekommen. In diesem Zusammenhang ist von seiten der Regierung wiederholt auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, die gemeinschaftliche Organisation der Verteidigung des Westens durch einen deutschen Beitrag auszubauen. Die Teilnahme an der Verteidigung der freien Welt sei jedoch weit mehr eine Forderung des eigenen Gewissens als ein Verlangen anderer Staaten. Die Bundesregierung hat im übrigen nachdrücklich darauf hingewiesen, daß der EVG lediglich defensive Aufgaben zufallen würden. Unabhängig von der unterschiedlichen Beurteilung des vorliegenden Vertragswerks bestand im Auswärtigen Ausschuß Einigkeit darüber, daß die deutsche Politik von einem besonderen Interesse an der Erhaltung des Friedens getragen sein muß. Ein dritter Weltkrieg kann unsere Vernichtung als Volk bedeuten. Es besteht im Auswärtigen Ausschuß keine Meinungsverschiedenheit darüber, daß auch die Wiedervereinigung Deutschlands (Brandt) in Freiheit und die Regelung der Grenzfragen nur mit friedlichen Mitteln erstrebt werden dürfen. Die Bundesrepublik muß sich um normale Beziehungen zu a 11 e n Staaten bemühen. Für die deutsche Politik kann es andererseits nur eine klare Entscheidung gegen die sowjetische Expansionspolitik und gegen jeden Versuch der Sowjetisierung unseres Volkes geben. Im Auswärtigen Ausschuß ist nicht die Auffassung vertreten worden, Deutschland dürfte niemals und unter keinerlei Umständen bewaffnete Streitkräfte aufstellen oder sich an einer umfassenderen Verteidigungsorganisation beteiligen. Die Meinungen gingen allerdings weit auseinander bei der Beantwortung der Frage, ob eine Wiederbewaffnung in der gegenwärtigen Lage und in der vorgeschlagenen Form befürwortet und verantwortet werden könnte. Junktim mit dem Bonner Vertragswerk Die Bundesregierung hatte in ihrer Begründung zum Vertragswerk darauf hingewiesen, daß der EVG-Vertrag und die Bonner Verträge vom 27. bzw. 26. Mai 1952 „ein unteilbares Ganzes" seien. Der Bundesrat hat in seiner vorläufigen Stellungnahme vom 20. Juni 1952 betont, die genannten Verträge könnten „nur einheitlich betrachtet und beurteilt" werden. Von dieser Auffassung ist auch der Auswärtige Ausschuß ausgegangen. Die Opposition hat geltend gemacht, daß sie das Junktim zwischen EVG-Vertrag und Bonner Vertrag ablehne. Ihrer Meinung nach hätte bei den Verhandlungen mit den Westmächten erreicht werden müssen, daß zunächst das Besatzungsstatut durch eine vertragliche Regelung abgelöst worden wäre. Im Anschluß daran hätten auf der Basis der Gleichberechtigung gegebenenfalls Verhandlungen über das Sicherheitsproblem Deutschlands eingeleitet werden können. Die Mehrheit des Ausschusses teilte die Auffassung der Bundesregierung, daß eine Trennung der beiden Fragenkomplexe nicht möglich sei. Der Auswärtige Ausschuß hat sich nicht mit allen Einzelheiten des EVG-Vertrages und der damit zusammenhängenden Verträge befaßt. Die Prüfung der Einzelfragen und des militärpolitischen Gesamtkomplexes ist durch den „Ausschuß zur Mitberatung des EVG-Vertrages und der damit zusammenhängenden Fragen" erfolgt, dessen Berichterstatter gleichzeitig die Berichterstattung für den federführenden Ausschuß übernommen haben. Außerdem sind, wie aus dem Rahmenbericht ersichtlich ist, andere Ausschüsse an der Prüfung einzelner Vertragsteile beteiligt gewesen. Die Berichterstattung des federführenden Ausschusses beschränkt sich daher auf die politische Bedeutung des EVG-Vertrages und auf einige Fragen, die sich aus dem Beratungsergebnis der mitbeteiligten Ausschüsse ergeben haben. Verfassungsrechtlicher Vorbehalt Die Erörterung der politischen Gesamtproblematik steht in engem Zusammenhang mit der Frage, ob die Vereinbarkeit des EVG-Vertrages mit dem Grundgesetz bejaht oder verneint wird. Die beiderseitigen Standpunkte sind in der Stellungnahme der Mehrheit und der Minderheit des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht niedergelegt. Die Mehrheit auch des Auswärtigen Ausschusses verneint die Frage, ob die Zustimmung des Bundestages zum EVG-Vertrag eine Verfassungsänderung oder Verfassungsergänzung erfordert und deshalb nur bei verfassungsändernder Mehrheit wirksam werden könnte. Die Minderheit steht auf dem Standpunkt, das Grundgesetz erlaube ohne Verfassungsergänzung weder die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht noch die Ausübung der Wehrgewalt. Die Stellungnahmen der Minderheit zur politischen Problematik und zu Einzelheiten des Vertrages sind generell unter dem Vorbehalt vorgebracht worden, daß eine rechtsverbindliche Entscheidung über die umstrittenen Fragen erst noch zu erfolgen habe. Die zur Minderheit gehörenden Mitglieder des Ausschusses waren weiter der Meinung, das Vertragswerk hätte dem Bundestag nicht zur Entscheidung unterbreitet werden sollen, bevor das Bundesverfassungsgericht das vom Bundespräsidenten angeforderte Rechtsgutachten erstattet hat. Motive der Bundesregierung Die Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses schloß sich der Meinung der Bundesregierung an, daß der Abschluß des EVG-Vertrages für Deutschland lebensnotwendig sei, 1. um sich die Hilfe der freien Welt gegen die sowjetische Expansions- und Aggressionspolitik zu sichern, 2. um die Neutralisierung Deutschlands — als eine Vorstufe der Einbeziehung Deutschlands in den sowjetischen Machtbereich — unmöglich zu machen, 3. um einen Krieg zwischen den europäischen Völkern in Zukunft unmöglich zu machen und die Integration Europas herbeizuführen, 4. um zur Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit zu gelangen. Die Bundesregierung hat darauf hingewiesen, die Bundesrepublik erlange durch ihre Teilnahme an der EVG die Hilfe der Vereinigten Staaten und den Schutz der atlantischen Gemeinschaft. Gleichzeitig trete Großbritannien in enge Bündnisbeziehungen zu den Mitgliedern der EVG. Durch dieses Bündnis habe Großbritannien seine Bande zu Kontinentaleuropa enger geknüpft denn je zuvor. Der Brüsseler Pakt des Jahres 1948 habe seine Spitze gegen Deutschland verloren. Die Bundesregierung und die Mehrheit des Ausschusses sind weiterhin davon ausgegangen, daß die sowjetische Politik über die Neutralisierung (Brandt) Deutschlands seine Einbeziehung in den sowjetischen Machtbereich erstrebe. Dadurch würde die europäische Föderation unmöglich gemacht werden. Es unterliege keinem Zweifel, daß ein neutralisiertes Deutschland dem sowjetischen Zugriff verfallen würde. Der Bundeskanzler erklärte vor dem Ausschuß, im Spannungsfeld zwischen Ost und West sei die etwaige Neutralisierung eine entsetzliche Gefahr. Wenn es zum heißen Kriege zwischen den beiden großen Machtkomplexen kommen sollte, würde Deutschland mit Naturnotwendigkeit Schauplatz dieses Krieges werden. Von Regierungsseite wurde außerdem ins Feld geführt, die Wiedervereinigung Deutschlands werde auf dem Boden der Freiheit in der weiteren Entwicklung nur dann möglich sein, wenn der Westen über die nötige Stärke verfüge. Die Geschichte der Nachkriegszeit zeige, daß die Sowjetunion zu friedlichen Lösungen bereit sei, wenn sie sich überzeugender Stärke gegenübersehe. Die Vertreter der Ausschußmehrheit betonten, der Weg zur deutschen Einheit in Freiheit könne nur über die West-Integration führen. Allenfalls wäre noch die Bündnisfreiheit als alternativer Weg denkbar. Bei dieser etwaigen Alternative würde die Bundesrepublik jedoch in Gefahr geraten, die Freundschaft und Unterstützung der Westmächte zu verlieren. Der Bundeskanzler hat in diesem Zusammenhang auf die seiner Meinung nach ernste Lage hingewiesen, die dann entstünde, wenn die Vereinigten Staaten ihre gegenwärtigen Verpflichtungen gegenüber Europa wesentlich reduzierten. Die jüngste Entwicklung habe gezeigt, daß es auch andere Möglichkeiten der europäischen Politik der USA geben könnte. Ein Scheitern jener Pläne einer westeuropäischen Integration, an deren Zustadekommen die Vereinigten Staaten maßgebend beteiligt gewesen seien, würde sehr nachteilige Folgen haben. Einwände der Opposition Die Minderheit des Auswärtigen Ausschusses machte geltend, es sei keineswegs erwiesen, daß die Bundesrepublik eine zusätzliche Unterstützung der demokratischen Staaten nur unter den Bedingungen des vorliegenden Vertragswerks erhalten könnte. Es handele sich nicht nur um ein Problem der deutschen Sicherheit, sondern auch um die Selbstverteidigung der westlichen Staaten. Außerdem dürfe die Verteidigung der westlichen Welt nicht ausschließlich als ein militärische s Problem betrachtet werden. Die Position der Demokratien im kalten Krieg könnte erschüttert werden, wenn die wirtschaftliche und soziale Widerstandsfähigkeit der Völker durch überhöhte Rüstungslasten geschwächt würde. Die Minderheit wandte sich gegen die Meinung der Regierung, daß auf dem durch die Verträge gekennzeichneten Wege und auf ihm allein — durch die sogenannte „Politik der Stärke" — die Wiedervereinigung Deutschlands erreicht werden könne. Es sei im Gegenteil zu befürchten, daß auf diese Weise der Weg zur Wiedervereinigung blokkiert würde. Das Interesse der Vertragspartner an der deutschen Einheit sei nicht über jeden Zweifel erhaben. Durch den auf fünfzig Jahre befristeten EVG-Vertrag verpflichte sich die Bundesrepublik — abgesehen von den Bestimmungen des Bonner Vertrages —, keinerlei Bindungen einzugehen, die mit dem Vertrag über die Gemeinschaft in Widerspruch stünden. Es sei wenig wahrscheinlich, daß die Sowjetunion in absehbarer Zeit zu einer Verständigung auf der Basis bereit sein könnte, die sowjetische Besatzungszone Deutschlands dem westlichen Vertragssystem anzugliedern. Die deutsche Politik hätte nach Meinung der Opposition bemüht sein müssen, die Wiedervereinigung als Nahziel anzustreben und auf eine Klärung der Voraussetzungen für eine deutsche Wiedervereinigung durch die vier Besatzungsmächte zu dringen. Die Mehrheit des Ausschusses und die Vertreter der Bundesregierung waren der Meinung, daß es möglichst bald zu Verhandlungen mit der Sowjetunion über die deutsche Einheit kommen müsse. Dabei wurde es für wahrscheinlich gehalten, daß eine isolierte Lösung des deutschen Problems kaum zu erreichen sein würde und daß man eher mit einer globalen Erörterung der Ost-West-Gegensätze rechnen müsse. Der Bundeskanzler lehnte auf Befragen der Opposition die in ausländischen Kreisen vertretene Auffassung ab, daß durch die Stärkung des Westens eine ultimative Verhandlungssituation geschaffen werden sollte. Eine ultimative Verhandlung sei keine Verhandlung. Die Möglichkeit, zu einer Verständigung mit der Sowjetunion zu kommen, werde durch die Ratifizierung des EVG-Vertrages jedoch nicht geschwächt, sondern gestärkt. Ein totalitärer Staat erkenne nur die Macht des anderen an, mit dem er verhandele. Zu Verhandlungen mit der Sowjetunion werde es darum wohl erst kommen, wenn sich die Sowjets durch die Entwicklung darüber klar geworden seien, daß sie weder im Wege des kalten noch im Wege des heißen Krieges weitere Erfolge in Europa erzielen könnten. — Im übrigen wird zur Problematik der Wiedervereinigungspolitik auf den Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen verwiesen. Die Minderheit machte sich nicht die Zielsetzung einer Neutralisierung Deutschlands zu eigen. Sie hielt es jedoch für bedenklich, wenn von seiten der Regierung formuliert werde, eine bündnisfreie Stellung müsse auf alle Fälle unmöglichgemacht werden. Es bestehe die gefährliche Neigung, jeden Lösungsversuch außerhalb des atlantischen Systems als Neutralismus abzutun. Dem Argument, daß ein nicht mit dem atlantischen System verbundenes Deutschland unweigerlich Schauplatz eines neuen Krieges werden würde, wurde entgegengehalten, im Falle eines offenen Ost-West-Konfliktes würde Deutschland auch dann Kriegsschauplatz, wenn es sich an der vorgesehenen Heeresorganisation beteilige. Vor dem Ausschuß wurde zum Ausdruck gebracht, daß eine deutsche Ostpolitik durch das Vertragswerk erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht werde. Es sei nicht richtig, die diplomatische Auseinandersetzung mit der Sowjetunion aufzu- (Brandt) schieben, bis Westeuropa aufgerüstet habe. Eine Veränderung der weltpolitischen Lage durch die Aufstellung von Divisionen sei fragwürdig. Es sollte auch geprüft werden, ob sich in der weiteren Entwicklung eine Lockerung der militärvertraglichen Verpflichtungen zwischen Deutschland und der EVG auf der einen Seite und der NATO auf der anderen Seite erreichen lasse. Von der Regierung wurde hierauf nochmals erwidert, zunächst müßte eine Ausgangsposition für Verhandlungen herbeigeführt werden. Die deutschen Entscheidungen müßten so fallen, daß durch die Stärkung der Kraft des Westens ein annäherndes Gleichgewicht zwischen Ost und West erreicht werde. Zur Frage einer nationalen Armee Die Verhandlungen in Paris und mit den NATO-Mächten wurden von Anfang an unter der von den Außenministern im September 1950 vereinbarten Voraussetzung geführt, daß keine nationale deutsche Wehrorganisation aufgestellt werden sollte. In ihrer Begründung zum Bonner Vertrag hatte die Bundesregierung erklärt, eine nationale deutsche Armee sei „weder politisch sinnvoll noch psychologisch tragbar". Es war vor allem von französischer Seite betont worden, daß lediglich eine integrierte Lösung akzeptiert werden könne und daß dabei ein gewisses Übergewicht der französischen gegenüber den deutschen Kontingenten gewahrt bleiben müsse. Der Bundeskanzler hat vor dem Ausschuß dargelegt, Deutschland habe, auch wenn es wieder vereinigt sei, gar nicht die wirtschaftliche Kraft, eine nationale Armee mit ausreichender moderner Bewaffnung auf die Beine zu stellen, selbst wenn es die anderen Mächte gestatteten. Außerdem sei es. das erklärte Ziel der Bundesregierung, dazu beizutragen, daß die nationalen Armeen in Europa verschwinden. Die Minderheit bezeichnete es ebenfalls als ein erstrebenswertes Ziel, wenn —allerdings nicht nur in bezug auf Deutschland — der Zustand der Nationalarmeen überwunden würde. Das setzte jedoch ein beträchtliches Ausmaß an wirtschaftlicher und politischer Gemeinsamkeit voraus. Volkswirtschaftlich werde die durch die EVG-Lösung auf die Bundesrepublik zukommende Belastung kaum geringer sein als die, die mit einer selbständigeren Organisationsform verbunden wäre. Die im EVG-Vertrag vorgesehene Organisation sei außerdem nicht die einzig mögliche Alternative zu den traditionellen Formen einer Nationalarmee. In der NATO sei beispielsweise auf. der höheren Ebene ein beträchtlicher Grad der „Intregierung" erreicht. Der Ausschuß stimmte darin überein, daß ernste Anstrengungen gemacht werden müßten, um den traditionellen und durch den zweiten Weltkrieg wiederum verschärften Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland überwinden zu helfen. Der Minderheit erschien es jedoch nicht annehmbar, eine Bündnis- oder Integrierungspolitik von der Vorstellung aus einzuleiten, daß überhaupt noch kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den westeuropäischen Demokratien möglich seien. Andererseits zeigten die französischen Reaktionen, daß sich an der Frage der deutschen Wiederbewaffnung und am Streit um die EVG alter Konfliktstoff neu entzündet habe. Die Präambel Die Präambel des EVG-Vertrages gehört, wie das bei internationalen Verträgen üblich ist, nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt. Sie soll über die politischen Motive der vertragschließenden Regierungen Aufschluß geben. In diesem Sinne hat auch der Ausschuß bei seinen Erörterungen über die erwähnten Gesichtspunkte hinaus auf den Text der Präambel Bezug genommen. Im ersten Abschnitt heißt es dort, die sechs Staaten hätten sich entschlossen, mit den übrigen freien Völkern im Geiste der Satzung der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens beizutragen und insbesondere mit den Organisationen gleichen Zieles die Verteidigung Westeuropas gegen jeden Angriff zu sichern. Im zweiten und dritten Abschnitt wird dargelegt, die sechs Staaten hätten erwogen, ihre Menschen und materiellen Hilfsquellen — soweit das mit den militärischen Erfordernissen verträglich sei — in gemeinsamen Verteidigungsstreitkräften im Rahmen einer überstaatlichen europäischen Organisation völlig zu verschmelzen. Die Regierungen seien überzeugt, daß eine solche Verschmelzung — insbesondere ein gemeinsamer Haushalt und gemeinsame Rüstungsprogramme — zur zweckmäßigsten und wirtschaftlichsten Verwendung der Hilfsquellen ihrer Länder führen werde. Im vierten Abschnitt wird betont, die vertragschließenden Regierungen seien entschlossen, auf oben beschriebene Weise die Entwicklung ihrer Wehrkraft zu sichern, ohne den sozialen Fortschritt zu beeinträchtigen. Der fünfte Abschnitt handelt davon, daß die geistigen und sittlichen Werte gewahrt bleiben sollen. Es soll keine unterschiedliche Behandlung der beteiligten Staaten in der gemeinsamen Streitmacht geben. Weiter wird der Erwartung Ausdruck verliehen, daß die Vaterlandsliebe der Völker nicht an Kraft verlieren, sondern sich festigen und in erweitertem Rahmen neue Gestalt finden werde. Schließlich wird im sechsten Abschnitt betont, der Vertrag werde in dem Bewußtsein abgeschlossen, hiermit einen weiteren und bedeutsamen Abschnitt auf dem Wege zur Schaffung eines geeinten Europa zurückzulegen. Die Bundesregierung hat in ihrer Begründung ergänzend ausgeführt, Montanunion und EVG seien Bausteine zu den Vereinigten Staaten von Europa. Die übernationale Form der EVG entspreche der geschichtlichen Notwendigkeit, die Nationalstaaten in Europa zu überwinden. Die Mehrheit des Ausschusses ist mit der Bundesregierung der Auffassung, die EVG werde von selbst zu einer engen Verbindung auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens führen. Durch den Vertrag sei schon der Grundstein einer allgemeinen europäischen Gerichtsorganisation und eines einheitlichen europäischen Rechts gelegt worden. Die (Brandt) Weiterbildung zu einer europäischen Föderation sei ausdrücklich im Vertrag vorgesehen. Wenn das Hoheitsrecht der Selbstverteidigung auf die Gemeinschaft übergehe, müßten sich daraus zwangsläufig Auswirkungen auf die Finanz- und Wirtschaftspolitik ergeben. Die EVG dränge nicht nur zur politischen Föderation, sie sei schon ein entscheidender Teil davon.. Es werde Aufgabe der EVG-Versammlung sein, die Vollendung der politischen Föderation in die Wege zu leiten. Erwägungen zur Präambel Von seiten der Minderheit wurde bemerkt, es sei nicht ohne weiteres zu erkennen, was man mit „Organisationen gleichen Zieles" meine. Falls damit der Atlantikpakt gemeint sei, wäre es richtiger gewesen, ihn ausdrücklich zu erwähnen. Der Hinweis auf die „übrigen freien Völker" könne ebenfalls unterschiedlich ausgelegt werden. Aus dem Text der Präambel ergebe sich nicht, ob damit frei im Sinne einer demokratischen Grundordnung gemeint sei oder ob es sich nur darum handele, daß die betreffenden Völker nicht der sowjetischen Herrschaft unterliegen. Der Begriff der westlichen Verteidigung sollte nach Meinung der Opposition beispielsweise nicht zur Solidarisierung mit Regimen, die nicht den Statuten des Europarats entsprechen, führen oder die Bundesrepublik durch eine Mitverantwortung für die Kolonialpolitik gewisser Mächte belasten. Andererseits sollte der Begriff der westlichen Zusammenarbeit nicht so eng ausgelegt werden, daß daraus eine Distanzierung von den Völkern Asiens abgeleitet werden könnte. Es wurde weiter die Frage aufgeworfen, welc h e s Europa gebietlich und inhaltlich durch die von der Bundesregierung beiriebene Politik angestrebt werde. Der EVG-Vertrag spreche von der „westlichen Verteidigung", und im Protokoll der NATO-Staaten sei vom Zusammenschluß der w e s t europäischen Länder die Rede. Im Bonner Vertragswerk werde demhingegen im erweiterten Sinne von der zu schaffenden europäischen Gemeinschaft gesprochen. In diesem Zusammennang wandte sich die Minderheit gegen eine „nochmalige Spaltung Europas westlich des Eisernen Vorhangs". Es hätte alles versucht werden müssen, um solche Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln, an denen sich auch Großbritannien and die skandinavischen Länder beteiligen könnten. Die Bundesregierung und die Mehrheit des Ausschusses waren der Meinung, daß eine Einbeziehung Großbritanniens und der skandinavischen Länder in übernationale Formen der Zusammenarbeit gegenwärtig nicht hätte erreicht werden können. Darum sei nichts anderes übrig geblieben, als mit den sechs Ländern der Montanunion bzw. der EVG zu beginnen. Die künftige gebietliche und inhaltliche Ausdehnung der europäischen Gemeinschaft lasse sich nicht im voraus bestimmen. Die Minderheit bezweifelte, unabhängig von ihren sonstigen Einwänden, ob die vorgeschlagene Form der EVG dem Gesichtspunkt der Effektivität gerecht werde. Die Wirksamkeit werde von vornherein dadurch beeinträchtigt, daß die Sicherung gegen Expansionsgefahren aus dem Osten gekoppelt werden sollte mit dem Bestreben, Deutschland unter Kontrolle zu halten. Der Ausschuß begrüßte die in der Präambel niedergelegte Zielsetzung, daß der soziale Fortschritt durch die gemeinsamen Rüstungsanstrengungen nicht beeinträchtigt werden solle. Die Minderheit erklärte jedoch, ihrer Meinung nach bestehe die ernste Gefahr, daß sich aus den finanziellen Verpflichtungen der Wiederbewaffnung eine schwere wirtschaftliche und soziale Gefährdung ergeben könnte. — Hierzu wird im übrigen auf die Ausschußberichte über die wirtschaftliche und finanz- und steuertechnische Bedeutung der Vertragswerke verwiesen. Die Minderheit betonte, daß auch sie sich für das Ziel der europäischen Einigung einsetze. Sie halte jedoch den von der Bundesregierung beschrittenen Weg für zu schmal und zweifle daran, ob man Europa — noch dazu in der Begrenzung auf die sechs Schumanplan-Länder — vom Militärischen her einigen könne. EVG und NATO Im Zusammenhang mit der Feststellung der Präambel, es werde keine unterschiedliche Behandlung der beteiligten Staaten geben, wurde die Frage der Gleichberechtigung der Bundesrepublik in der EVG und im Verhältnis zur NATO erörtert. Während der EVG-Verhandlungen in Paris hatte sich, wie in der Regierungsbegründung erläutert wurde, die Notwendigkeit besonderer Verhandlungen über die Verbindungen zwischen NATO und EVG ergeben, um „der besonderen Stellung der Bundesrepublik" gerecht zu werden. Diese besondere Lage war insbesondere dadurch gegeben, daß sich Frankreich entschieden gegen eine Mitgliedschaft der Bundesrepublik in der NATO wandte. Es wurde dann eine Form gefunden (siehe hierzu Bericht des EVG-Ausschusses), durch die die Bundesrepublik mittelbar in die NATO eingegliedert wird, während die fünf übrigen EVG-Partner ihre unmittelbare Mitgliedschaft bei der NATO aufrechterhalten. Die Regierung hat darauf hingewiesen, daß die EVG „eingebettet" sei in die machtvolle atlantische Gemeinschaft. Deutschland sei zwar nicht Mitglied der NATO, aber die EVG sei als Ganzes mit der NATO verbunden. Damit trete auch die Bundesrepublik in den Genuß der damit verbundenen Vorteile. Die Gemeinschaft trete der NATO als Einheit gegenüber. Soweit es sich um operative Fragen handele, füge sie sich dieser Organisation als Glied ein. Der NATO sei insoweit die erforderliche Einflußnahme hinsichtlich der Beaufsichtigung und der militärischen Leitung eingeräumt. Dia Dienststellen beider Organisationen sollen eng zusammenarbeiten. Bei den militärischen Kommandostellen der NATO wird die EVG vertreten sein. Dies Vertretung soll personell nach dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung — entsprechend der Zusammensetzung der Streitkräfte — geregelt werden. Deutsche Offiziere sollen demnach in die führenden NATO-Stäbe entsandt werden können. (Brandt) Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, sich auf den vorgesehenen gemeinsamen Sitzungen der Ministerräte für deutsche Belange einzusetzen. Die Gemeinschaft soll außerdem durch das Gefüge internationaler Beistandsverpflichtungen (die Protokolle der NATO-Staaten einerseits und der EVG-Staaten andererseits) gesichert werden. Diese Beistandsverpflichtungen sollen die Gewähr geben, daß die EVG bei einem Angriff die militärische Unterstützung der westlichen Welt hat. In der Begründung wurde allerdings bereits darauf hingewiesen, daß die Frage, ob ein Angriff vorliege und mit welchen Mitteln einzugreifen sei, der Beurteilung der einzelnen Staaten unterliege. Sie seien verpflichtet, hierbei ein „honest jugdment" walten zu lassen. Das Vorhandensein einer unter einheitlichem Oberbefahl stehenden Streitkraft der NATO-Mächte stelle im übrigen sicher, daß der Beistand prompt und schlagkräftig geleistet werde. Von den sechs Mitgliedstaaten der EVG gehören also fünf gleichzeitig der NATO an und wirken an ihren Entscheidungen unmittelbar mit. Der Bundesrepublik ist eine begrenzte Mitwirkung eingeräumt. Die integrierten Streitkräfte aller sechs Mitgliedstaaten sind im Frieden der Aufsicht des NATO-Oberbefehlshaber unterstellt. Im Krieg sind sie ihm angeschlossen und seiner vollen Gewalt untergeordnet. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß die Gleichstellung aller Mitgliedstaaten in der EVG erreicht sei. Dieser Auffassung haben sich die Mehrheit des EVG-Ausschusses und die Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses angeschlossen. Von seiten der Regierung ist vor dem Auswärtigen Ausschuß erklärt worden, die im Verhältnis zur NATO gefundene Lösung sei allerdings nicht diejenige, die die Bundesregierung erstrebt habe. Die logische Lösung wäre die Aufnahme der Bundesrepublik als Mitglied in das System des Nordatlantikpaktes gewesen. Eine solche Lösung hätte sich jedoch nicht erlangen lassen. Dies bedeute nicht, daß die Bundesrepublik auf die Mitgliedschaft in der NATO verzichtet habe. Die Minderheit hat geltend gemacht, die Gleichberechtigung Deutschlands sei durch die EVG nicht gegeben, da die EVG mit der NATO einerseits und mit dem Bonner Vertrag andererseits gekoppelt sei. Weder der Nordatlantikpakt noch der Bonner Vertrag gewähre nach Meinung der Minderheit eine Gleichberechtigung der Bundesrepublik innerhalb der EVG. Die Minderheit befürchtet eine Benachteiligung der Bundesrepublik auch deswegen, weil nicht im einzelnen bekannt ist, welche Verpflichtungen einzelne Vertragspartner untereinander und gegenüber anderen Mächten eingegangen sind. Als Beispiele wurden die vertraglichen Bindungen Frankreichs gegenüber der Sowjetunion und die im einzelnen nicht bekannte Stellungnahme Frankreichs zum Potsdamer Abkommen vom August 1945 erwähnt. Im Zusammenhang mit dem Verhältnis zur NATO ist im Ausschuß die Frage aufgeworfen worden, ob die Bundesrepublik unter Umständen in die Gefahr gerate, als Ergebnis der Wiederbewaffnung in militärische Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden, die sich aus einer zur militärischen Entscheidung drängenden westlichen Politik ergeben könnten. Der Bundeskanzler vertrat dazu die Auffassung, gerade die EVG biete die Möglichkeit einer etwa irgendwann einmal im westlichen Lager aufkommenden Neigung zum Präventivkrieg Einhalt zu gebieten. Wenn die Bundesrepublik über eine gewisse Zahl von Divisionen verfüge, werde es kaum möglich sein, in Europa eine Politik zu betreiben, an deren Gestaltung die Vertreter der Bundesrepublik nicht beteiligt seien. Ohne die Verträge sei das jederzeit möglich. Aufbau der EVG Es wird im wesentlichen auf die Berichte des EVG-Ausschusses und des Haushaltsausschusses verwiesen. Die Minderheit des Auswärtigen Ausschusses ist im Gegensatz zur Bundesregierung und zur Ausschußmehrheit nicht der Meinung, daß in der vorgeschlagenen Organisationsform der EVG das Prinzip der Gewaltenteilung durchgeführt sei. Die Minderheit übte insbesondere Kritik an der bescheidenen Rolle, die der Versammlung im Aufbau der EVG zugedacht ist. Auch die Bundesregierung hatte in ihrer Begründung betont, auf die Dauer werde es notwendig sein, einem unmittelbar gewählten europäischen Parlament volle Mitwirkung zu gewähren. Während der Ausschußberatung wurde mitgeteilt, die deutschen Vertreter hätten sich ohne Erfolg bemüht, bereits der für den Anfang vorgesehenen EVG-Versammlung größere Kompetenzen zu sichern. Andererseits hieß es in der Regierungsbegründung, es habe darauf geachtet werden müssen, „die allgemein-politische Bedeutung der Versammlung nicht durch eine laufende Verknüpfung mit der größtenteils rein fachlichen Arbeit der Organe zu schmälern". Die Minderheit betrachtet es als eine Gefährdung der demokratischen Grundordnung, wenn die EVG bis auf weiteres ohne parlamentarische Kontrolle bleiben soll. Die nationalen Parlamente müßten die Budgetkontrolle preisgeben, aber auf übernationaler Ebene werde dieses Kontrollrecht nicht der Versammlung übertragen. Es sei nicht einzusehen, warum nicht schon der aus Vertretern der nationalen Parlamente zusammengesetzten Versammlung größere Rechte eingeräumt worden seien. Die Mehrheit betonte demgegenüber, alle Einwände würden hinfällig, wenn es gelänge, binnen kurzem zu einer echten politischen Gemeinschaft mit einer direkt gewählten parlamentarischen Vertretung zu kommen. Der Bundeskanzler bezeichnete den Artikel 38 als einen der wichtigsten des ganzen Vertrages und als „Quelle der dynamischen Entwicklung". Fragen der strategischen Planung Der Bundeskanzler erklärte dem Auswärtigen Ausschuß, er neige in Übereinstimmung mit zahlreichen Vertretern der westlichen Staaten zu der (Brandt) Auffassung, daß keine akute Kriegsgefahr bestehe. Die Gefahr eines Krieges sei geringer als vor ein paar Jahren. Dies sei darauf zurückzuführen, daß der Westen die sowjetische Gefahr erkannt und die nötigen Gegenmaßnahmen getroffen habe. Die Minderheit hat die Frage nach der strategischen Planung der NATO für Deutschland und Westeuropa aufgeworfen. Es sei unbefriedigend, wenn von westlicher Seite erklärt werde, die Verteidigung würde „so weit östlich wie möglich" etabliert werden, und zwar abhängig davon, ob deutsche Divisionen zur Verfügung stünden oder nicht. Äußerungen alliierter Staatsmänner und Militärs über eine Hauptverteidigungslinie am Rhein oder weiter im Westen hätten im deutschen Volk Beunruhigung ausgelöst. Die Bedenken seien dadurch noch verstärkt worden, daß maßgebende westalliierte Sprecher in letzter Zeit erklärt hätten, deutsche Truppen seien vor allem im Falle eines hinhaltenden Rückzugs erforderlich. Der Bundeskanzler hat dem gegenüber darauf hingewiesen, die Berücksichtigung der deutschen Belange in der strategischen Planung der NATO hänge maßgeblich vom deutschen Verteidigungsbeitrag ab. Darum sei eine rasche Ratifizierung des EVG-Vertrages durch den Bundestag von ausschlaggebender Bedeutung. Von der Minderheit ist vorgetragen worden, verschiedene NATO-Staaten hätten zu erkennen gegeben, sie seien nicht in der Lage, das im Februar 1952 in Lissabon vereinbarte Rüstungsprogramm durchzuführen. Selbst bei Einbeziehung deutscher Divisionen könnte die so entstehende Planungslücke nicht ausgefüllt werden. Man müsse als sicher davon ausgehen, daß das Programm von Lissabon weder der Zahl der Divisionen noch der Zahl der Flugzeuge nach erreicht werde. Der Bundeskanzler verwies auf eine Äußerung von General Ridgway. Dieser hatte gesagt, es stehe fest, daß die Lissabonner Abmachungen fristgemäß eingehalten würden. Allerdings bestehe eine gewisse Sorge, daß eine „kurze zeitliche Verschiebung" erfolgen müsse. Die Minderheit hat noch darauf hingewiesen, in ernsthaften ausländischen Zeitungen würden immer wieder Erörterungen über die Möglichkeit einer wesentlich veränderten strategischen Planung der Vereinigten Staaten angestellt. Auch wegen dieses Umstandes und anderer Unsicherheitsfaktoren der internationalen Politik hielt es die Minderheit für nicht angebracht, den EVG-Vertrag zur Ratifizierung zu bringen. Völkerrechtliche Stellung der EVG-Streitkräfte Der EVG-Ausschuß übermittelte dem Auswärtigen Ausschuß Material zur Beurteilung der völkerrechtlichen Stellung der Angehörigen der EVG-Streitkräfte. Der Ausschuß hat hierzu ergänzende Berichte gehört. Eine laufende Beobachtung der weiteren internationalen Erörterungen zur Klärung der sich aus den Viermächtevereinbarungen von 1945 ergebenden Fragen wurde für erwünscht gehalten. Als Meinung der Bundesregierung wurde vorgetragen, daß die europäischen Kontingente deutscher Nationalität den vollen Schutz des Völkerrechts genießen. Der Auswärtige Ausschuß hat von dieser Auffassung zustimmend Kenntnis genommen. Ergebnis der Ausschußberatungen Die Mehrheit des Ausschusses, bestehend aus den Abgeordneten der CDU/CSU, FDP und DP, kam zu dem Ergebnis, dem Bundestag die Annahme des Zustimmungsgesetzes zum EVG-Vertrag und zu den damit zusammenhängenden Verträgen anempfehlen zu sollen. Die Minderheit des Ausschusses, bestehend aus den Abgeordneten der SPD, kam zur Empfehlung der Ablehnung. Sie erklärte, unter Beachtung der Bestimmungen des Grundgesetzes müßten gegebenenfalls in neuen Verhandlungen die Voraussetzungen geklärt werden, unter denen die Bundesrepublik auf dem Boden der Gleichberechtigung und ohne Gefährdung der Wiedervereinigung ihren Platz in einem wirksamen System kollektiver Sicherheit finden könnte. Bonn, den 26. November 1952 Brandt Generalberichterstatter 2. Die Vertragswerke im Hinblick auf die Einheit Deutschlands Berichterstatter des federführenden Ausschusses: Abgeordneter Wehner Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen (8. Ausschuß) Bericht des Abgeordneten Wehner Vorbemerkung: Der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen untersuchte und beriet die Auswirkungen der Verträge auf die Einheit Deutschlands und auf die Be- mühungen um die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit. Er fand den Schwerpunkt seiner Beratungen bei den das Problem Deutschland als Ganzes berührenden Bestimmungen des Generalvertrages a) in den in Artikel 2 enthaltenen Vorbehaltsrechten bezüglich Berlins und der Wiedervereinigung Deutschlands, b) in den Bestimmungen und Vereinbarungen über Berlin in Artikel 6 und dem dazugehörigen Brief, c) im Artikel 7, d) bei der Erörterung der Zuständigkeit des Artikels 9 (Schiedsgericht) für die in den genannten Artikeln getroffenen Vereinbarungen. Als Grundlage der Beratung dienten 5 Berichte von Vertretern und Sachverständigen der Bundesregierung: 1. Die vertragschließenden Mächte und die deutsche Einheit (das Problem seit 1945). 2. Sowjetische Stellungnahme zur deutschen Einheit. 3. Stellungnahme der Mächte zu den deutschen Ostgebieten (Fragenkomplex seit 1945). 4. Stellung der Deutschen diesseits und jenseits der Zonengrenze im Falle des Krieges (aus den Vertragstexten sich ergebende völkerrechtliche Lage). 5. Berlin. Die Beratungen des Ausschusses wurden in vier Themengruppen zusammengefaßt. Zunächst wurde die Gesamttendenz der Vertragswerke in Beziehung zur deutschen Einheit und der Wiedervereinigung im Generalvertrag, dann das Problem: Deutschland als Ganzes im Generalvertrag, ferner die Frage der Grenzen, soweit sie von den Vertragswerken berührt oder erwähnt werden, und endlich das Problem der Stellung Berlins im Hinblick auf die Vertragswerke beraten. Die Feststellungen, die als Ergebnis der Ansichten der Mehrheit und der Minderheit im Ausschuß aus diesen Beratungen hervorgingen, werden im nachstehenden Bericht mitgeteilt. I. Feststellungen hinsichtlich der einzelnen Artikel des Vertrages über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten 1. Betreffend Artikel 2 Die Mehrheit des Ausschusses ist der Auffassung, daß die Vorbehaltsrechte lediglich im Hinblick auf die internationale Lage in Anspruch genommen werden. Es liege also in diesen Vorbehaltsrechten ein Schutz gegenüber der sowjetischen Besatzungsmacht, weil mit diesen Vorbehaltsrechten die Klammer für den Zusammenhang für Deutschland als Ganzes und für Viermächteverhandlungen beibehalten werde. Im Sinne der schriftlichen Begründung der Bundesregierung zu Artikel 2 ist während der Beratungen von der Mehrheit betont worden, daß die Vorbehaltsrechte von der Bundesrepublik lediglich hingenommen und nicht etwa im Sinne einer nachträglichen Anerkennung von Bestimmungen des Potsdamer Abkommens anerkannt werden. Von der Opposition ist zu Artikel 2 die Frage gestellt worden, a) um welche Viermächtevereinbarungen von 1945, die — gemäß der Begründung durch die Bundesregierung — nicht zerstört werden sollen, es sich im einzelnen handelt; b) welchen dieser Abkommen Frankreich ausdrücklich beigetreten ist und mit welchen Motivierungen oder Vorbehalten. Bezüglich des Vorbehaltsrechtes (1) (c) erklärte sich die Opposition unbefriedigt mit den Interpretationen der Regierungsvertreter hinsichtlich der Fixierung des Begriffs „Deutschland als Ganzes". Es wurde die Frage gestellt, was alles unter den Begriff „friedensvertragliche Regelung" fällt. Nach Auffassung der Opposition gehen die Vorbehaltsrechte über eine bloße Bezugnahme auf die internationale Lage hinaus und sind geeignet, Initiativen der Bundesrepublik in der Richtung der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands zu hemmen oder zu unterbinden. Von der Mehrheit ist demgegenüber betont worden, die Vertragsbestimmungen stellten keine Verschlimmerung des bisherigen tatsächlichen Zustandes dar. Das Vetorecht der bisherigen Besatzungsmächte sei zwar nicht aufgehoben, aber gemildert durch die Tatsache der Einschaltung der Bundesrepublik in die Erörterungen der Fragen, die auf die Wiedervereinigung Deutschlands Bezug nehmen (siehe 3., betreffend Artikel 7). (Wehner) 2. Betreffend Artikel 6 Die Mehrheit des Auschusses hält die Bestimmungen des Artikels 6 für unvermeidlich auf Grund der besonderen Lage der Viersektorenstadt. Der zu diesem Artikel gehörige Brief gibt nach Ansicht der Mehrheit die Gewähr für eine loyale Handhabung des aus der internationalen Situation Berlins heraus gebotenen Vorbehaltsrechtes. Durch Artikel 6 Absatz 1 wird nach Ansicht der Mehrheit die Möglichkeit eröffnet, im Streitfalle das Schiedsgericht anzurufen, wenn die Konsultationspflicht nicht erfüllt wird. Die Opposition verweist auf Artikel 9 Absatz 3, durch den die im Artikel 2 angeführten Rechte der Drei Mächte ausdrücklich als nicht der Schiedsgerichtsbarkeit unterliegend bezeichnet werden, so daß es unter Berufung auf Artikel 6 Absatz 1 zwar möglich wäre, das Schiedsgericht wegen Vernachlässigung der Konsultationspflicht anzurufen, aber nicht möglich sein werde, eventuelle Streitigkeiten, Berlin betreffend, materiell durch das Schiedsgericht entscheiden zu lassen, weil die Berlin-Fragen zu den in Artikel 2 festgelegten Vorbehaltsrechten gehören, die laut Artikel 9 Absatz 3 nicht der Gerichtsbarkeit des Schiedsgerichts oder eines anderen Gerichts unterliegen. Von der Opposition ist im Zusammenhang mit der Erörterung von Artikel 6 geltend gemacht worden, daß die Drei Mächte nicht von der Möglichkeit von Lockerungen der Besatzungsbestimmungen (z. B. hinsichtlich der Verfügung über die Polizei und ihrer einzelnen Beamten) Gebrauch gemacht haben, die nicht zu Kollisionen mit der vierten Besatzungsmacht Berlins führen müßten, weil es sich um innere Angelegenheiten im Bereich der Drei Mächte handeln würde. Gegen die Einwände der Opposition zum neuen Berliner Besatzungsstatut ist von den Sprechern der Regierung geltend gemacht worden, der Berliner Senat sei mit dieser Regelung einverstanden. Von der Mehrheit wurde geltend gemacht, daß sich aus dem herrschenden Verhältnis der Alliierten in Berlin zur Bevölkerung Berlins und den verfassungsmäßigen Organen Berlins keine Besorgnis hinsichtlich eines Mißbrauchs des Vorbehaltsrechts ergäbe. 3. Betreffend Artikel 7 Die Ansichten von Mehrheit und Minderheit des Ausschusses bezüglich Artikel 7 sind im wesentlichen in den Berichten der Abgeordneten Dr. von Merkatz und Dr. Bärsch zusammengefaßt worden. Von der Mehrheit wird der Artikel 7 Absatz 1 als ein wesentlicher Erfolg gegenüber dem bisherigen Zustand bezeichnet, weil die Drei Mächte ihre Einigkeit mit der Bundesrepublik darüber erklären, „daß ein wesentliches Ziel ihrer gemeinsamen Politik eine zwischen Deutschland und seinen ehemaligen Gegnern frei vereinbarte friedensvertragliche Regelung für ganz Deutschland ist, welche die Grundlage für einen dauerhaften Frieden bilden soll". Die Mehrheit des Ausschusses ist der Auffassung, durch diese Erklärung der Drei Mächte werde die Position Deutschlands gegenüber der sowjetischen Besatzungsmacht verbessert. Durch Artikel 7 Absatz 4 werde die Möglichkeit von Verhandlungen zwischen den vier Mächten über den Kopf der Bundesrepublik hinweg ausdrücklich ausgeschlossen. Von der Opposition Ist mit dem Hinweis auf die Vorbehaltsrechte in Artikel 2 die Gültigkeit dieses Argumentes der Mehrheit angezweifelt worden. Die Opposition vermißt ferner eine alle Seiten verpflichtende Interpretation bezüglich der Grenzen Deutschlands. Während die Mehrheit des Ausschusses im Artikel 7 Absatz 2 eine Bekräftigung und Unterstreichung der verstärkten Position der Bundesrepublik in den Bemühungen um die Wiedervereinigung Deutschlands sieht, erachtet die Opposition die in diesem Teil des Artikels 7 enthaltenen Hinweise auf das „gemeinsame Ziel" der Drei Mächte und der Bundesrepublik: „Ein wiedervereinigtes Deutschland, ... das in die europäische Gemeinschaft integriert ist", unter Hinweis auf die in der Präambel des Vertrags gegebene Definition der europäischen Gemeinschaft als eine Einengung der Möglichkeiten, die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit mit friedlichen Mitteln zu erreichen. Von der Mehrheit ist demgegenüber geltend gemacht worden, der Begriff „europäische Gemeinschaft" sei in diesem Zusammenhang nicht begrenzt auf die „Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl" und die „Europäische Verteidigungsgemeinschaft", die in der Präambel lediglich als „wesentliche Schritte" bezeichnet werden. Bezüglich Absatz 3 des Artikels 7 ergaben sich besonders langwierige Erörterungen auf Grund der Interpretation des Sachverständigen der Bundesregierung, die im Auszug beigefügt ist und zu der Staatssekretär Prof. Hallstein gegen Ende der Ausschußberatungen eine Erklärung abgegeben hat, die ebenfalls beigefügt ist. 2 Anlagen Bonn, den 12. November 1952 Wehner Berichterstatter * Anlage 1 Stellungnahme des Leiters der Delegation für die Ablösung des Besatzungsstatuts im Auswärtigen Amt, Prof. Dr. Grewe, in der 61. Sitzung des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen am 3. September 1952 (Auszug aus dem stenographischen Sitzungsprotokoll) Die deutsche Verhandlungsdelegation hat eine Formel vorgeschlagen, nach der ein künftiges Gesamtdeutschland zumindest dieselben Rechte wie die Bundesrepublik nach Abschluß des Generalvertrages besitzen muß. Die Alliierten haben diese Formulierung akzeptiert, jedoch mit dem Gegenvorschlag verknüpft, daß Gesamtdeutschland auch die gleichen Verpflichtungen übernehmen soll, die die Bundesrepublik durch die Verträge übernommen hat, insbesondere hinsichtlich der EVG und der MontanUnion. Ergebnis der Verhandlungen ist die erste Formulierung des Abschnitts 3 des Artikels 7 gewesen mit der darin enthaltenen Bindungsklausel, die Anlaß zu so weitgehenden Diskussionen in der (Prof. Dr. Grewe) Öffentlichkeit war. In letzter Stunde vor Unterzeichnung der Verträge ist dann am 26. Mai 1952 auf amerikanische Initiative die vollkommen neue Fassung des Artikels 7 erfolgt, die zu dem Ergebnis geführt hat, daß eine automatische Bindung einer künftigen gesamtdeutschen Regierung vermieden wird, daß andererseits aber auch eine Sicherungsklausel gegen das Wiederaufleben eines Kontrollratsmechanismus erreicht worden ist. Der Anfangssatz des Abschnitts 3 erstreckt im Falle der Wiedervereinigung die Rechte aus dem Generalvertrag ohne Bindung auf Gesamtdeutschland. Eine Bindung an die Verträge erfolgt erst dann, wenn Gesamtdeutschland die Rechte aus den europäischen Integrationsverträgen erwerben will und sich verpflichtet, auch die in diesen Verträgen von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtungen zu übernehmen. Es muß ausdrücklich betont werden, daß sich der erste Satz dieses Abschnitts nur auf den Generalvertrag und seine Zusatzverträge bezieht. Zu den wiederholt gegen den Schluß des Absatzes 3 des Artikels 7 geäußerten Bedenken ist festzustellen, daß diese Klausel lediglich wiederholend feststellt, daß die Bundesrepublik die in den Vertragswerken übernommenen Verpflichtungen respektieren werde. Eine solche Formel entspricht den völkerrechtlichen Gepflogenheiten und findet in vielen internationalen Verträgen Anwendung. Zu verweisen ist zum Beispiel auf den 1923 in Washington geschlossenen Neun-Mächte-Vertrag betreffend Vorderasien. * Anlage 2 Erklärung des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, Prof. Dr. Hallstein, in der 67. Sitzung des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen am 9. Oktober 1952 (Auszug aus dem stenographischen Sitzungsprotokoll) Zu Artikel 7 Absatz 3 möchte ich folgendes sagen. Die Interpretation, die Herr Professor Grewe dem Artikel 7 Absatz 3 gegeben hat, ist mir mitgeteilt worden. Ich beurteile die Sache folgendermaßen: Professor Grewe hat an den Verhandlungen, die zu dieser letzten Formulierung des Absatzes 3 geführt haben, nicht teilgenommen. Er hat den Artikel 7 Absatz 3 beurteilt als ein Experte, freilich als ein Experte, der eine genaue Kenntnis von der Problematik und dem bisherigen Gang der Verhandlungen hatte. Er hat in dieser Sachverständigenbeurteilung des Artikels 7 Absatz 3 eine These entwickelt, die für den Rechtsstandpunkt der Bundesrepublik vielleicht eine Chance enthält. Ich weiß nicht, wie groß die Chance ist. Ich weiß überhaupt nicht, wieviel in dieser Kontroverse steckt. Ich habe mich das natürlich auch gefragt, ob nun der Punkt dasteht oder nicht, wieweit das trägt, praktisch, aber es wird ja offenbar angenommen, daß etwas darin stecke. Ich muß also annehmen, daß sich ein gewisses Interesse hinter dem Unterschied verbirgt. Wenn das so ist, so würde ich doch sagen, ich möchte jetzt nicht mich und die Bundesregierung auf eine andere Auslegung als eine günstige Auslegung, die ein sachverständiger Betrachter diesem Artikel hat zuteil werden lassen, festlegen. Zuständig für die verbindliche Auslegung dieses Artikels wird das Schiedsgericht sein. Dieses wird an die Beurteilung mit einer noch größeren Unbefangenheit herantreten als ein deutscher sachverständiger Begutachter, der an diesen Verhandlungen beteiligt gewesen ist. II. Die Gesamttendenz der Vertragswerke in Beziehung zur deutschen Einheit Ausführungen der Abgeordneten Dr. von Merkatz und Dr. Bärsch Der Abgeordnete Dr. von Merkatz hat in einem den Ausschuß schriftlich vorgelegten Bericht, der im wesentlichen die Argumente der die Mehrheit des Ausschusses bildenden Mitglieder der Regierungsparteien deckt, eine zusammenfassende Darstellung gegeben. Der Abgeordnete Dr. Bärsch hat in einem mündlich erstatteten Bericht (der im Protokoll stenographisch festgehalten wurde) die von der Opposition gestellten Fragen und erhobenen Einwände zusammengefaßt. Beide Berichte sind als Anlage beigefügt. 1. Bericht des Abgeordneten Dr. von Merkatz (Mehrheitsauffassung) A. Wiedervereinigung 1. Die Wiederherstellung des deutschen Gesamtstaates und damit die Wiedervereinigung der Nation ist das hauptsächliche Ziel jeder deutschen Außenpolitik. Alle anderen Ziele stehen hiermit im Zusammenhang. 2. Es muß daher geprüft werden, ob der Deutschlandvertrag mit seinen Zusatzverträgen, der die Bundesrepublik vertrags- und bündnisfähig macht und der gemäß Artikel 11 mit dem Vertrag über die Bildung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft in einen politischen und rechtlichen Zusammenhang gebracht ist, dergestalt, daß beide Vertragswerke ein zusammenhängendes System bilden, die Wiedervereinigung Deutschlands a) fördert oder b) behindert bzw. unmöglich macht oder aber cl ohne Einfluß auf die Lösung dieser Frage ist. 3. Bei den Verträgen handelt es sich um völkerrechtliche Vertragswerke. Zur Beurteilung völkerrechtlicher Verträge muß die Prüfung der politischen Voraussetzungen, der Vertragsgeschichte und der politischen Zwecke einer juristischen Analyse vorangehen. Nur so läßt sich feststellen, was mit den Verträgen bezweckt werden soll und ob der Vertragstext im juristischen Sinn diesen Zielsetzungen tatsächlich genügt, ob also eine die Bindung bewirkende Zustimmung zu empfehlen ist oder nicht, ob weitere Verhandlungen zur Verbesserung des Textes möglich sind und empfohlen werden können oder ob das nicht der Fall ist. 4. Schließlich wäre die Frage zu beantworten, ob etwa eine Revision der Grundkonzeption zu erfolgen hätte oder ob andere Maßnahmen neben den Vertragswerken ins Auge gefaßt werden müßten. B. Politische Beurteilung der Lage I. 1. Die politischen Voraussetzungen der Vertragswerke sind darin zu suchen, daß sich die Sieger über Deutschland, die Sowjetunion einerseits und (Dr. von Merkatz) die Westmächte andererseits, uneins geworden sind. Die Gründe dieser Uneinigkeit liegen nicht allein darin, daß sie in der Frage der Behandlung Deutschlands verschiedene Auffassungen haben. 2. Die Deutschlandfrage ist nur ein Teil, wenn auch wahrscheinlich die Kernfrage der Probleme, die sich zwischen der Sowjetunion und den Westmächten zu einem schwer auszugleichenden Gegensatz ausgewachsen haben. 3. Daher ist die Annahme irrig, man könne über die Deutschlandfrage isoliert von den anderen Problemen einen Ausgleich zustande bringen. Vielmehr dürfte nur eine Globallösung möglich sein. 4. Wenn ein dauerhafter und tatsächlicher Ausgleich nur in einer Globallösung gesucht werden kann, so schließt das provisorische Teillösungen nicht aus. Sie führen jedoch solange zu keiner Entspannung, als sie nicht geeignet sind, eine Gesamtlösung aller Probleme vorzubereiten und zu fördern. 5. Teillösungen bedeuten einen provisorischen Ausgleich auf Teilgebieten z. B. dadurch, daß auf einem Teilgebiet annähernd ein Gleichgewicht der Kräfte hergestellt wird und so ein weiteres Ausbreiten der beiderseitigen Machtsphäre verhindert wird. 6. Solche Teillösungen lassen das Bedürfnis nach Sicherheit auf beiden Seiten nachdrücklich bestehen. Teillösungen können immer nur temporäre Lösungen sein. Sie sind nur dann konstruktiv, wenn sie keine Elemente der Verhärtung in sich tragen und nicht darauf gerichtet sind, den Status quo als Dauerlösung anzunehmen. Das gilt vor allem dann, wenn der Status quo auf einem Teilgebiet die Ursache einer Spannung ist. ) 7. Der Status quo in Deutschland, d. h. die Spaltung Deutschlands, ist ein Teilaspekt der Spannungen zwischen Ost und West. Der Status quo wird vom Osten und vom Westen als Bedrohung der Sicherheit begriffen. Teillösungen, die die Aufrechterhaltung bzw. gegenseitige Anerkennung dieses Status quo zum Inhalt hätten, könnten daher keine Entspannung herbeiführen und müßten das Sicherheitsbedürfnis auf beiden Seiten fortgesetzt steigern. II. 1. Die in Jalta und Potsdam geplanten Lösungen sahen praktisch (wenn auch nicht de jure) eine Zerstückelung Deutschlands vor, wobei außerdem das Potential ganz Deutschlands wie auch das seiner desintegrierten Teile bis zu einem Grade herabgesetzt werden sollte, daß es sowohl für den Westen als auch für den Osten uninteressant wurde. Das überschüssige Potential sollte gewissermaßen als Kriegsbeute behandelt und zum Zwecke der Wiedergutmachung und der Reparationen unter die Sieger verteilt werden, während der verbleibende Rest weder dem Westen noch dem Osten zufallen, sondern von den großen Drei gemeinsam beherrscht werden sollte zu dem gemeinsamen Zweck, Deutschland daran zu hindern, sein Potential zurückzugewinnen. So sollte für alle Zukunft eine nochmalige Bedrohung durch Deutschland unmöglich gemacht werden. 2. Die in Jalta und Potsdam vorgesehene Behandlung Deutschlands beruhte auf der Annahme, daß Deutschland ein hauptsächlicher Faktor der Störung des Weltfriedens sei und daß die Gemeinsamkeit des Interesses an seiner Niederwerfung im Kriege auch eine Gemeinsamkeit des Interesses an seiner Niederhaltung im Frieden mit sich bringen werde. 3. Auf der Grundlage dieses gemeinsamen Interesses und der Annahme, daß nur Deutschland als Friedensstörer in Frage kommen könne, alle anderen Nationen und vor allem die großen Siegermächte aber friedliebend seien, sollte der dauerhafte Frieden aufgebaut werden. Man hielt es deshalb für möglich, das in Deutschland geschaffene Vacuum in einer Form zu beherrschen, daß man es nach einer langen Periode der Besetzung und gemeinsam verabredeten Desintegrierung und Schwächung zu einem Einflußgebiet zur gesamten Hand machen könnte. 4. Die Gemeinsamkeit dieses Interesses, die ihm zugrunde liegenden Annahmen und die Durchführbarkeit eines solchen Plans erwiesen sich als falsch bzw. als unmöglich. Vor allem stellte sich bei dem Versuch der Durchführung heraus, daß man im Westen wie im Osten ganz verschiedene Vorstellungen über die Einzelheiten des Plans gehabt hatte, daß also eine konkrete Einigung gar nicht zustande gekommen war. Daraus ergab sich das Scheitern einer Beherrschung Deutschlands zur gesamten Hand und sehr bald der sichtbare Konflikt. 5. Als Folge des Zerstückelungskonzepts und des darauf beruhenden Systems der Besetzung ergab sich die Einbeziehung der Besatzungszonen in den Machtbereich der betreffenden Besatzungsmächte. 6. Hierbei ging die Sowjetunion besonders weit, indem sie ihre Besatzungszone zu sowjetisieren begann und zu diesem Zweck eine besonders rigorose Absperrung ihrer Zone von den westlichen Besatzungszonen durchführte. Sie verhinderte mehr und mehr durch innere und äußere Maßnahmen, daß ein Zusammenhang zwischen ihrer Zone und den Westzonen gewahrt werden konnte. 7. Das System des sogenannten „Eisernen Vorhangs", in das die sowjetisch besetzte Zone und die unter die Verwaltung Polens gestellten deutschen Ostgebiete einbezogen wurden, bezweckt die Abschließung dieser Gebiete von den übrigen Teilen Deutschlands, um auf diese Weise die sowjetische Herrschaft über diesen Machtbereich fest zu begründen und in der Hand zu behalten. Dabei wurde mehr und mehr das Ziel der sowjetischen Machtpolitik deutlich, den Einfluß der Sowjetunion weiter nach Westen auszudehnen. 8. Allein durch diese Maßnahmen und deutlich erkennbaren Absichten der Sowjetunion ist die Spaltung der Nation und die Teilung des deutschen Gesamtstaates in ein westliches und ein östliches Staatsgebiet erfolgt, das jedes für sich einen verschiedenen Status erhalten hat. 9. Die Entwicklung der drei westlichen Besatzungszonen zur (völkerrechtlich bisher unvollständigen) staatlichen Form ist nicht die Ursache, sondern die Folge der sowjetischen Separierungspolitik. 10. Die sowjetische Separierungspolitik verfolgt das Ziel, die von der Sowjetunion besetzten und beherrschten deutschen Gebiete in den Ostblock, d. h. in das von der Sowjetunion beherrschte Staatensystem einzubeziehen. Sie ist nicht nur darauf gerichtet, die mit dem Kriegsausgang und in der Folgezeit gewonnene Macht zu festigen und zu erhalten, sondern sie — wenn möglich — weiter auszudehnen. Hierbei verfolgt die Sowjetunion in Europa die Methode des sogenannten „Kalten Krieges". (Dr. von Merkatz) 11. Diese aggressive Tendenz hat die Westmächte veranlaßt, unter Führung der USA eine Politik der Abwehr aufzubauen. Die Bildung der Bundesrepublik Deutschland ist ein Teilaspekt dieser von der Sowjetunion erzwungenen Abwehrpolitik. 12. Die Sowjetunion bemüht sich — zum Teil mit Erfolg —, propagandistisch diesen Tatbestand durch Vertauschen von Ursache und Wirkung dialektisch umzufälschen. Sie hatte es in der Hand: a) durch Aufgabe ihrer aggressiven Ziele, b) durch Beseitigung der Absperrungsmaßnahmen, c) durch Unterlassen weiterer Versuche, ihre Zone zu sowjetisieren, die Ursache der Spaltung Deutschlands und damit einen gefährlichen Herd der Spannungen und Konflikte zu beseitigen und so die von ihr selbst erzwungene Wirkung einer westlichen Abwehrpolitik abzubauen sowie die Grundlagen für eine Politik der Verständigung und des Ausgleichs zu legen. III. 1. Jede Beurteilung, die nicht davon ausgeht, daß die Westmaßnahmen auf der von der Sowjetunion hervorgerufenen Notwendigkeit der Abwehr beruhen und die das Sicherheitsbedürfnis der Sowjetunion in den Vordergrund stellt, unterliegt dem dialektischen Versuch der Sowjet-Propaganda, Ursache und Wirkung, die zur gegenwärtigen politischen Lage geführt haben, zu vertauschen. 2. Die Beurteilung muß vom Sicherheitsbedürfnis der westlichen Welt ausgehen. 3. Entscheidend ist für Deutschland die Frage: a) wie weit unser eigenes Sicherheitsbedürfnis damit übereinstimmt b) und in welchem Umfange hierbei eine deutsche Entscheidungsfreiheit ernstlich angenommen werden kann. 4. Deutschland darf nicht damit einverstanden sein, seine Einheit durch Einbeziehung in den sowjetischen Machtbereich zu finden: a) Nach der Lage ist eine Einbeziehung Deutschlands in der gleichen oder ähnlichen Form, wie das bei Finnland der Fall ist, nicht mehr möglich, weil damit ein Machtzuwachs und eine Ausdehnung des Einflußbereichs der Sowjetunion verbunden wären, die von den Westmächten nicht geduldet werden könnten, und zwar vor allem deshalb nicht, weil in der DDR bereits ein sowjetisches. Machtgebilde zustande gekommen ist. Dieses Machtgebilde aus eigener deutscher Kraft — im Zustand des Einbezogenseins ganz Deutschlands in den Ostblock (!) — zu beseitigen, ist unmöglich. b) Eine Finnisierung ganz Deutschlands müßte die DDR als Instrument der Sowjetunion zum Sieger machen oder aber Zustände herbeiführen, die sich über eine Korea-Situation zur Intervention und schnell zum Weltkrieg ausweiten müßten. c) Eine Preisgabe des DDR-Regimes durch die Sowj etunion einerseits und eine Behandlung Deutschlands wie die Finnlands wäre ein Widerspruch in sich. d) Die deutsche Einheit als bolschewistische oder sonst scheindemokratische Einheit wäre überhaupt keine deutsche Wiedervereinigung, sondern der Untergang Deutschlands. 5. Es darf als sicher angenommen werden, daß die Westmächte, namentlich die USA, eine Einbeziehung Deutschlands in den Ostblock nicht zulassen werden und nicht zulassen können. 6. Das Konzept einer Wiedervereinigung ohne Einbeziehung in den Ostblock und ohne Einbeziehung in das westliche Staatensystem ist eine Illusion. Es kann von den Westmächten nicht zugestanden werden, weil es bei der gegenwärtigen Machtlage zu Zuständen führen müßte, die zur Intervention sowohl des Westens als auch des Ostens herausforderten. Darum ist weder eine Neutralisierung noch eine bewaffnete Neutralität ganz Deutschlands — was bei den schwachen Kräften zur eigenen Bewaffnung auf dasselbe hinausliefe — überhaupt möglich. 7. Wenn überhaupt, so kann das Sicherheitsbedürfnis Deutschlands mit dem Sicherheitsbedürfnis der Westmächte und Westeuropas nur durch Einbeziehung der Bundesrepublik in die Abwehrorganisation des Westens in Übereinstimmung gebracht werden. Wenn diese „Integration" gelingt, schafft sie und darf sie nur die Voraussetzungen für einen künftigen Ausgleich mit der Sowjetunion schaffen. 8. Die Integration wäre nur Voraussetzung, nicht Endlösung, denn eine Verhärtung des Status quo würde zwar im gegenwärtigen Augenblick dem Sicherheitsbedürfnis der Bundesrepublik entgegenkommen, nicht aber den Spannungsherd beseitigen. Ohne Gewährleistung dieser Sicherheit aber wäre die Möglichkeit, einen Ausgleich anzusteuern, nicht gegeben. 9. Darum kommt es darauf an zu prüfen, ob die Integration der Bundesrepublik in das westliche Abwehrsystem Voraussetzungen für einen künftigen Ausgleich schafft oder nicht. C. Die Voraussetzungen des Ausgleichs I. 1. Die westliche Konzeption erschöpft sich nicht im Aufbau eines Abwehrsystems zur Verhinderung weiterer Ausbreitung der Sowjetmacht. Die Idee der europäischen Einigung als Teil der atlantischen Gemeinschaft bedeutet mehr. Sie bezweckt, auf einem sehr unruhigen Teil der Erde, in Europa, die Ursachen und Möglichkeiten von Kriegen aus der Welt zu schaffen. Ein vereinigtes Europa würde das Gleichgewicht in der Welt wiederherstellen. Das Gebiet der Sowjetunion ist politisch nicht als Teil Europas anzusehen, sondern es ist politisch ein Kontinent für sich. Das Entstehen einer europäischen Gemeinschaft würde die Einkreisung der Sowjetunion verhindern, wenn die Sowjetunion ihrerseits auf ihre selbstgewählte Isolierung verzichten wollte. Ein vereinigtes Europa würde die Gegensätze zunächst mildern, später allmählich auflösen können. 2. Die Integration der Bundesrepublik in die europäische Gemeinschaft bedeutet den ersten konstruktiven Schritt zur Neuordnung. Ohne Deutschland, unter Vorantritt der Bundesrepublik, kann eine europäische Gemeinschaft nicht zustande kommen, sondern bestenfalls nur ein westeuropäisches Allianzsystem, das die bestehenden Spannungen nicht im konstruktiven und dauerhaften Sinne zu lösen vermag. II. 1. Es ist verfrüht, von einem Preis zu sprechen, der an die Sowjetunion zugunsten ihrer Sicherheit (Dr. von Merkatz) zu zahlen wäre. Dieser Preis darf und kann nicht auf Kosten Deutschlands entrichtet werden, denn solange Deutschland nicht wieder vereinigt ist und voll in eine europäische Gemeinschaft integriert ist, ist der Spannungsherd nicht zu beseitigen. 2. Nicht um einen deutschen Preis wird es sich handeln, sondern um einen Preis, den die europäische Gemeinschaft vielleicht anzubieten in der Lage wäre, wenn sie wenigstens in ihren Grundzügen einmal organisiert und handlungsfähig geworden ist. 3. Erst wenn diese Voraussetzung geschaffen ist, besteht die Möglichkeit, über ein neues Staatensystem mit der Sowjetunion zu verhandeln, d. h. über Maßnahmen des Ausgleichs zwischen der atlantischen Gemeinschaft und dem Ostblock, wobei der wichtigste Faktor die europäische Gemeinschaft und ihre vertraglichen Beziehungen mit der atlantischen Gemeinschaft und dem Ostblock wäre. 4. Nur so ließe sich eine Globallösung zur Beseitigung der Spannungen ins Auge fassen. Im gegenwärtigen Stadium aber sind diese Erwägungen verfrüht, da die Voraussetzungen für konstruktive Verhandlungen noch nicht gegeben sind. Es fehlt der Faktor der europäischen Gemeinschaft, und es fehlt der Vollzug der Eingliederung der Bundesrepublik als unerläßlicher Schritt, um die politische europäische Gemeinschaft entstehen zu lassen. D. Juristische Beurteilung I. 1. Bei der juristischen Beurteilung der Vertragswerke ist die Frage zu stellen, ob sie den oben dargelegten politischen Zielsetzungen genügen. 2. Die Vertragswerke sind Stationen in einer Politik, die sich bemüht, auf der Grundlage der atlantischen Staatengemeinschaft ein Staatensystem aufzubauen, das sowohl der Aufgabe der Abwehr als auch der Aufgabe einer möglichst engen Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet dienen soll. 3. Es würde zu weit führen, die einzelnen Phasen der Bildung dieses Systems, das sich in fortschreitender Entwicklung befindet, aufzuzeigen. Die Bauprinzipien dieses Staatensystems fußen auf den Erfahrungen, die mit dem Völkerbund gemacht wurden (eine dauernde internationale Verbindung souveräner Staaten, auf der Basis der Gleichberechtigung, mit gemeinschaftlichen Organen, d. h. ein Staatenbund auf der Grundlage des ungeschmälerten Souveränitätsprinzips), auf Vorstellungen, wie sie auf den panamerikanischen Konferenzen entwickelt -wurden, auf der Praxis, die sich aus der weitgehend zu technischen Verschmelzungen führenden Zusammenarbeit während des zweiten Weltkrieges ergeben haben, sowie auf den funktionalen und föderativen Begriffen, die im Rahmen der europäischen Einigungsbewegung entwickelt worden sind. Als letztes Ergebnis dieser Entwicklung sind die Systeme des supranationalen Funktionalismus in der Montan-Union und im EVG-Vertrag geschaffen worden. Allen diesen Systemen ist eine besondere Elastizität und ungeachtet aller Rückschläge eine nach vorn gerichtete Dynamik eigentümlich. 4. Zwischen dem Deutschlandvertrag und dem EVG-Vertrag besteht ein entscheidender Unterschied. Der Deutschlandvertrag schließt eine Vergangenheit ab, d. h. er liquidiert das Besatzungssystem, enthält gewisse Vorwegnahmen friedensvertraglicher Regelungen und stellt die Bündnisfähigkeit und das Bündnis zwischen den Drei Mächten und der Bundesrepublik her. Der EVG-Vertrag dagegen weist in die Zukunft. Er stellt nicht nur ein Bündnis, sondern eine auf vollen Zusammenschluß gerichtete Staatengemeinschaft auf einem Teilgebiet her (d. h. weder einen Bundesstaat, noch einen Staatenbund, noch auch ein Bündnis auf der Basis internationaler Nebenordnung, sondern ein völlig neues völkerrechtliches Gebilde). Beide Vertragswerke sind ihrem Wesen, ihrer Entstehung und ihrer Zwecksetzung nach nicht auf Erstarrung, sondern auf Fortentwicklung gerichtet. Sie stabilisieren keinen Status quo, sondern nehmen einen Status quo zum notgedrungenen Ausgangspunkt, um die Verkrampfung der internationalen Lage zu lösen und in Fluß zu bringen. 5. Während die kollektiven Sicherheitsverträge zwischen den beiden Weltkriegen nicht über den Gedanken der Abwehr hinausreichten. enthalten die beiden Vertragswerke als Glieder einer Kette einer weltumspannenden Politik die Zielsetzung, über den Abwehrgedanken hinaus zu Elementen des Ausgleichs durch die Fortentwicklung friedlicher Methoden der Zusammenarbeit zu gelangen. 6. Der in beiden Vertragswerken enthaltene Bündnisgedanke verwandelt das kollektive Sicherheitssystem des Brüsseler Paktes von 1948, das g e g en Deutschland gerichtet war, in ein kollektives Sicherheitssystem m i t der Bundesrepublik. 7. Allerdings darf nicht verkannt werden, daß die Sorgen um die Sicherheit vor Deutschland, vor allem vor einem in die Hände der Sowjetunion gefallenen, kommunistischen oder auch nicht kommunistischen Deutschland, keineswegs abgeklungen sind und neben den Vertragspflichten, die eine Sicherheit für Deutschland gewährleisten, eine sehr reale Bedeutung haben. Die enge Verbindung des Deutschlandvertrages mit dem EVG-Vertrag sowie vor allem die Bestimmungen der Artikel 2 bis 5, 7, 10 und 11 des Deutschlandvertrages müssen nicht zuletzt in ihrer Tragweite verstanden werden, daß sie ein Herausgebrochenwerden, aber auch ein Ausbrechen aus dem Vertragssystem verhindern sollen. 8. Daraus könnte ein Mangel an Souveränität und Gleichberechtigung gefolgert werden. Tatsächlich hat die unlösbare Bindung an das oben erwähnte Bündnissystem aber weder mit der Frage der Souveränität noch mit der Frage der Gleichberechtigung de jure etwas zu tun. Diese Form der Bindung stellt vielmehr eine besondere Art von Vertragsgarantie dar, die es ermöglicht, die Substanz der Souveränität, d. h. die Macht zur Selbstbestimmung, und die Gleichberechtigung, d. h. die Stellung als Bündnispartner, zu suspendieren, sobald durch einen Angriff von außen oder von innen die Fähigkeit oder der Wille zur Bündnispartnerschaft aufgehoben zu werden droht. 9. Die Wiedervereinigung Deutschlands wird praktisch in den Rahmen dieser Bündnispartnerschaft gestellt, d. h. in den Zusammenhang mit der Entwicklung des westlichen Staatensystems, der atlantischen Gemeinschaft und der europäischen Gemeinschaft. 10. Das Vertragssystem läßt in seiner Tragweite keinen Raum für eine Entscheidungsfreiheit zwischen West und Ost. Diese Tatsache wird nicht (Dr. von Merkatz) durch die Vertragssysteme gegründet, sondern ist eine vorher gegebene Konsequenz der Lage, in der sich Deutschland westlich und östlich des Eisernen Vorhangs befindet. 11. Damit wird eine Wiedervereinigung Deutschlands weder verhindert noch erschwert, noch auch nur verzögert. Der Mangel an Entscheidungsfreiheit ist Folge der Niederlage. Die Zustimmung zur Bündnispartnerschaft mit der unlösbaren Bindung an das westliche Vertragssystem bedeutet keinen Verzicht auf die Selbstbestimmung, sondern die Rückgewinnung der Fähigkeit und der von den Vertragspartnern zu achtenden Befugnis, an der Lösung der deutschen Frage mitzuwirken. Bei der Erfüllung der Bündnispflichten erlangt die Bundesrepublik die Fähigkeit, einen wesentlichen Teil der deutschen Selbstbestimmung wieder zu verwirklichen. Ohne ihre Zustimmung kann de jure über Deutschland nicht mehr entschieden werden. 12. Wer die Verwirklichung des deutschen Selbstbestimmungsrechts will, muß die durch die Verträge gebotene Möglichkeit der Mitwirkung bei der Lösung der deutschen Frage bejahen. Die Selbstbestimmung erhält in diesem Rahmen Substanz, d. h. reale Macht durch die vertragliche Pflicht der Drei Mächte, die Bundesrepublik bei der Wiedervereinigung zu unterstützen. Die Gegensätze zwischen Ost und West, die der Wiedervereinigung entgegenstehen, werden von den Vertragswerken weder geschaffen noch vertieft. Sie sind ohnehin vorhanden und müßten sich bei einer Ausschaltung deutscher Willenspotenz zunehmend verschärfen, da nach dem einseitig auferlegten Besatzungsstatut außer einem wirkungslosen Protest keine Möglichkeit gegeben wäre, zu verhindern, daß deutsche Menschen und Güter also deutsches Potential de facto gegen den Ostblock aufgeboten werden könnten. Deutsche Mitwirkung, die nach den Vertragswerken nicht umgangen werden kann, ist vielmehr geeignet, die Gegensätze zu mildern. Unser Interesse an einer friedlichen Lösung ist so elementar, daß niemand an diesem Willen vorbeigehen kann, zumal dann nicht, wenn unsere Mitwirkung, ja Zustimmung nach den Verträgen nicht mehr umgangen werden darf. II. 1. Die hier dargelegte Zwecksetzung der Vertragswerke hat ihren Ausdruck in der Präambel sowie in den Artikeln 7 und 10 des Deutschlandvertrages gefunden. 2. Die Präambel des Deutschlandvertrages gibt einen Aufriß der politischen Linie, die mit der Bildung der atlantischen Gemeinschaft . verfolgt wird. Sie enthält die Einordnung der Frage der Wiedervereinigung Deutschlands in das politische Konzept der Bildung einer europäischen Gemeinschaft als Glied der atlantischen Gemeinschaft, die Ablösung der Fremdherrschaft und die Grundprinzipien der Bündnispartnerschaft. 3. Artikel 2 Absatz 1 bezeichnet die Vorbehalte, darunter den Vorbehalt hinsichtlich der Wiedervereinigung. In Absatz 2 findet sich das Prinzip des Zusammenwirkens. 4. Artikel 3 Absatz 3 regelt die Konsultationspflicht der Drei Mächte bei Verhandlungen mit Staaten, mit denen die Bundesrepublik keine Beziehungen unterhält. Hierunter fallen vor allem die Staaten des Ostblocks. 5. Die Artikel 4 bis 7 des Deutschlandvertrages konkretisieren die Ausübung der von den Drei Mächten in Artikel 2 vorbehaltenen Rechte. In keinem Falle führt die Ausübung zu einer Ausschaltung (de jure) der Bundesrepublik. 6. Die Formulierungen sind elastisch, um sie der politischen Entwicklung anpassen zu können (ein ausgesprochen politischer Vertrag); sie sind aber jus strictum in der Tendenz, die Ausübung der gegebenen Interventionsrechte als Ausnahmen zu begrenzen und an Tatbestandsmerkmale zu knüpfen, um sie in ihrer Substanz nicht als Schmälerungen der Souveränität erscheinen zu lassen und sie damit von der im Besatzungsstatut bisher vorbehaltenen „Obersten Gewalt" zu unterscheiden. Das gilt besonders von Artikel 5. 7. Auf die Frage der Wiedervereinigung bezieht sich vor allem Artikel 7. Sie wird in Zusammenhang mit der endgültigen friedensvertraglichen Regelung gestellt und als ein wesentliches Ziel ihrer gemeinsamen Politik bezeichnet (Artikel 7, Absatz 1). Diese Politik ist nicht nur ein wesentliches Ziel der gemeinsamen Politik der drei Mächte, sondern ein Ziel, das gemeinsam und im Zusammenwirken mit der Bundesrepublik erreicht werden soll (Artikel 7 Absatz 2). a) Es soll mit friedlichen Mitteln erreicht werden und wird definiert als „ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung ähnlich wie die Bundesrepublik besitzt und das in die europäische Gemeinschaft integriert ist". b) Bündnispflicht, Pflicht zur gegenseitigen Unterstützung und zum Zusammenwirken beziehen sich also auf eine Wiedervereinigung Deutschlands, die zugleich im Rahmen der Integration ganz Deutschlands in die europäische Gemeinschaft und mit diesem Ziel erfolgt. Sie erstrekken sich nicht auf eine Wiedervereinigung unter der Voraussetzung eines anderen Staatensystems. c) Der umstrittene Artikel 7 Absatz 3 schließt de jure eine andere Form der Wiedervereinigung nicht aus. Er enthält aber die Garantie der Drei Mächte, keinem Status ganz Deutschlands zuzustimmen, der nicht auch von der Zustimmung der Bundesrepublik getragen wird, und das Versprechen, daß der mit dem Deutschlandvertrag erreichte Status nicht unterschritten werden soll. Die Erstreckung des in die atlantische und europäische Gemeinschaft eingebetteten Bündnis- und Beistandssystems wird davon abhängig gemacht, daß die mit der Integration verbundenen Pflichten von einem wiedervereinigten Deutschland gegenüber den Drei Mächten oder auch nur einer der Drei Mächte gegenüber übernommen werden (was einer Eingliederung in das umfassende Bündnissystem gleichkäme). Die Formulierungen weisen juristische Mängel auf, die sich aber dann klären, wenn man den Zusammenhang mit dem im Aufbau befindlichen, umfassenden westlichen Bündnissystem (atlantische Gemeinschaft und europäische Gemeinschaft als Glied derselben) und den mit diesem System verfolgten Zweck zur Auslegung heranzieht. Zweck dieses Systems ist, die Voraussetzungen für einen künftigen Ausgleich mit dem Ostblock zu schaffen und die Gefahr einer gewaltsamen Lösung des Gegensatzes durch den Ostblock abzuwehren. 8. Weder die Drei Mächte können de jure, noch die Bundesrepublik kann de jure und de facto aus diesem Bündnissystem ausbrechen. Eine gesamtdeutsche Regierung ist in ihrer Entscheidungsfrei- (Dr. von Merkatz) heit de jure nicht beschränkt. Eine Einigung der großen Vier kann ohne Beteiligung der Bundesrepublik nicht mehr auf Kosten Deutschlands vollzogen werden. Ergebnis: Ohne Zustimmung zu den Vertragswerken könnte ohne Befragen des freiheitlich-demokratisch regierten Teiles Deutschlands eine Einigung der vier Mächte auf Kosten Deutschlands unter Rückgriff auf die Vorstellungen von Jalta und Potsdam vollzogen werden. Diese Gefahr wird durch das Zustandekommen der Verträge beseitigt und durch eine baldige Zustimmung der Bundesrepublik zu den Vertragswerken praktisch von diesem Zeitpunkt ab abgewehrt. 2. Bericht des Abgeordneten Dr. Bär se h (Minderheitsauffassung) Für die Beantwortung der Frage, die uns hier gestellt ist, inwieweit sich die Verträge auf die deutsche Wiedervereinigung auswirken, kann die Betrachtung nicht einseitig von den Verträgen her erfolgen. Für die Beantwortung müssen vor allem zwei Problemkreise erörtert werden. Der erste Problemkreis betrifft die Frage, welchen Spielraum die Verträge für eine gesamtdeutsche Politik lassen, oder so gefragt, damit die Antwort im Grundsätzlichen teilweise vorwegnehmend: Welche Konzeption der deutschen Wiedervereinigung liegt den Verträgen zugrunde? wen zweiten Problemkreis möchte ich mit der Frage anzusprechen: In welchem machtpolitischen Raum liegt das deutsche Problem, und welche Faktoren setzen in welchem Maße der Lösung der deutschen Frage Bedingungen, und zwar unabdingbare und solche, über die sich möglicherweise verhandeln läßt? Die Antwort auf die uns gestellte Frage hängt davon ab, ob und inwieweit eine sachliche Analyse der beiden Problemkreise zu kongruenten Ergebnissen führt bzw. in welchem Maße die machtpolitischen Faktoren in ihrem Verhältnis zueinander verändert werden müssen, um sie zur vorliegenden Vertragskonzeption in Kongruenz zu bringen, und schließlich, wenn man das letzte bejaht, also glaubt, daß das heutige machtpolitische Verhaltnis verändert werden muß: ob es überhaupt verändert werden kann und ob es in dem Maße verändert werden kann, daß die Kongruenz zwischen der in den Verträgen vorgesehenen Vereinigungskonzeption mit den machtpolitischen Verhältnissen herbeigeführt wird. Wenn ich auf den letzten Problemkreis ein solches Gewicht lege, unterstelle ich damit, daß das ausschließliche Prinzip der außenpolitischen Auseinandersetzung zwischen Ost und West nicht das Rechts-, sondern das Machtprinzip ist und der Ausgleich der politischen Interessen der freien Völker des Westens unter sich zumindest auch nicht frei ist von diesem Machtprinzip. Das Machtprinzip findet aber in den Auseinandersetzungen der westlichen Völker untereinander seine Grenze dort, wo es mit dem Rechtsdenken der öffentlichen Meinung unvereinbar wird. Darin liegt meines Erachtens eine sehr wichtige Erkenntnis, nämlich die Erkenntnis, daß das Ringen der Deutschen mit den Alliierten einerseits und den Sowjets andererseits um die Wiederherstellung ihrer staatlichen Einheit auf unterschiedlichen Voraussetzungen mit unterschiedlichen Möglichkeiten beruht. Ich will es noch etwas konkreter ausdrücken: der Appell an das Recht wird die Sowjets nicht berühren. Der Versuch, mit einem Appell an das Recht die Sowjets zu einer Zustimmung zur Wiedervereinigung zu veranlassen, wäre also von vornherein als von einer Illusion ausgehend zu betrachten. Vom Westen her kann dieser Appell dagegen nicht ohne weiteres und bestimmt nicht in vollem Maße übergangen werden, weil ja im Westen die öffentliche Meinung als ein sehr wichtiger Faktor der Regierungspolitik fungiert, während wir sie bei den Sowjets nicht als Machtfaktor und nicht als Faktor für die Bildung der Politik in Rechnung stellen können. Wenn ich nach diesen kurzen Vorbemerkungen auf die Materie selbst eingehe, darf ich zunächst feststellen, daß hinsichtlich der Frage, welche Konzeption der Wiedervereinigung nach diesen Verträgen noch möglich erscheint, in etwa folgende Bestimmungen herangezogen werden müssen: Die Präambel in ihren Absätzen 2, 3 und 7, Artikel 2 Absatz 1 (c) und Absatz 2 erster Halbsatz, Artikel 4 Absatz 4, Artikel 7 Absätze 2 und 3 und Artikel 10. Ich darf mit der Betrachtung der Präambel beginnen. Wenn man das Wesen einer Präambel darin sieht, daß sie den Sinn und die Zielsetzung eines Vertrages in prägnanter Form verdeutlichen soll, so muß man sagen, daß an der Präambel des Generalvertrags, der ja an sich nicht der eigentliche Integrationsvertrag sein, sondern der Wiederherstellung der deutschen Souveränität dienen sollte, die Tatsache bemerkenswert ist, daß sie in der Reihenfolge die Integration der Bundesrepublik in die europäische Gemeinschaft und dadurch mittelbar in den Atlantikpakt vor die Wiederherstellung eines völlig freien und vereinigten Deutschlands, die erst im dritten Absatz erwähnt wird, stellt und dabei von einem grundlegenden und gemeinsamen Ziel — neben anderen grundlegenden und gemeinsamen Zielen — spricht, während sie bei der Integration der Bundesrepublik in die Gemeinschaft der westlichen Völker von d e m gemeinsamen Ziel schlechthin spricht. Das scheint mir auch ein gewisser Qualitätsunterschied zu sein. Besonders bedeutungsvoll scheint mir in der Präambel aber der Absatz 7 zu sein, in dem einmal die europäische Integration in eine spezielle und unbedingte Beziehung zur Montanunion und dem Militärbündnis der Bundesrepublik mit dem Westen, also zu dem EVG-Vertrag, gesetzt wird und in dem diese beiden Verträge ausdrücklich „als wesentliche Schritte zur Verwirklichung" des „Strebens nach einem wiedervereinigten Deutschland" anerkannt werden, „das in die europäische Gemeinschaft integriert ist". Damit werden die beiden Verträge — bei dieser Betrachtung geht es allerdings in erster Linie um den EVG-Vertrag — nicht nur als Schritte und Maßnahmen zur Erreichung einer angestrebten Zielsetzung erklärt, sondern als entscheidende vorweggenommene materielle Inhalte dieser Zielsetzung, deren Veränderung oder gänzliche Aufgabe einer Aufgabe der Zielsetzung überhaupt, nämlich ein wiedervereinigtes Deutschland, das in die europäische Gemeinschaft integriert ist, gleichkäme. Das heißt also, daß deren Änderung oder gar Annullierung den Bruch des Vertrags schlechthin bedeuten würde. Das entscheidende Faktum, das ich hierin sehe, besteht darin, daß dadurch als Vertragsziel die Wiedervereinigung Deutschlands unter gleichzeitiger Integration desselben in die europäische Ge- (Dr. Bärsch) meinschaft angestrebt wird und die beiden Verträge — Montan-Pakt und EVG-Vertrag — als unabänderliche Bestandteile dieser Integration vertraglich fixiert werden. Die angestrebte Zielsetzung dieser Integration läßt also zumindest in den der Wiedervereinigung Deutschlands vorweggenommenen Integrationstatsachen, wenn ich einmal so sagen darf, oder Integrationsverträgen keine Modifizierung mehr zu, selbst wenn vielleicht gerade an dieser Starrheit der Vertragskonzeption die Wiedervereinigung Deutschlands scheitern müßte: Ich sage damit im Grunde nichts sehr wesentlich Neues, sondern vielleicht in einer etwas ausführlicheren Form lediglich das gleiche, was Herr Professor Grewe in seinem Artikel in der „Außenpolitik" sehr klar ausgeführt hat, wenn er meinte, es sei selbstverständlich und sicher, daß das Vertragswerk auf eine bestimmte Wiedervereinigungskonzeption angelegt ist und daß es eine andere Wiedervereinigungskonzeption ausschließt, wobei er allerdings — und das belastet meines Erachtens überall, wo das geschieht, die Diskussion der Frage außerordentlich — jede andere Möglichkeit der Integration als die der militärischen Eingliederung Gesamtdeutschlands in die EVG mit dem Begriff der Neutralisierung bezeichnet und feststellt, daß diese Möglichkeit der Wiedervereinigung auf jeden Fall von den Verträgen ausgeschlossen wird. Nun zu den einzelnen Artikeln. In Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c behalten sich die Drei Mächte hinsichtlich Deutschlands als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung Deutschlands die bisher ausgeübten oder innegehabten Rechte weiterhin vor. Daß dieser Vorbehalt von eminenter Bedeutung zu sein scheint, geht meines Erachtens nicht so sehr aus der Begründung von Herrn Professor Grewe in seinem Artikel in der „Außenpolitik", auf die ich gleich noch eingehen will, sondern wohl mehr aus der Tatsache hervor, daß in Absatz 2 dieses Artikels dieses Vorbehaltsrecht der Drei Machte auch von der anderen Seite her, nämlich in seiner negativen Auswirkung ausdrücklich gesichert worden ist, indem der Bundesrepublik die Verpflichtung auferlegt wird, sich jeder Maßnahme zu enthalten, welche dieses Recht beeinträchtigen könnte. Ich vermute, daß die Sicherung dieses Rechts von der anderen Seite her in dieser präzisen Form deshalb nochmals erfolgt ist, um unter allen Umständen im Falle späterer Differenzen jeglichen Auslegungschwierigkeiten einen Riegel vorzuschieben. Bekanntlich unterliegen Streitigkeiten, welche die in Artikel 2 angeführten Rechte der Drei Mächte oder Maßnahmen auf Grund dieser Rechte berühren, nicht der Gerichtsbarkeit des Schiedsgerichts. Es erscheint notwendig, noch auf die Begründung einzugehen, die Herr Professor Grewe in seinem Artil:el in der „Außenpolitik" für die Aufrechterhaltung dieser entscheidenden drei Vorbehaltsrechte gegeben hat. Soweit ich mich erinnnere, sagt er, daß durch die Aufrechterhaltung dieser drei Vorbehaltsrechte eine der letzten Klammern um Deutschland erhalten wird, die also gewissermaßen in den Potsdamer Vereinbarungen bestehen. Es kann meines Erachtens kein Zweifel darüber bestehen, daß mit der Einbeziehung der Bundesrepublik in das westliche Militärbündnis — ich verweise auf Artikel 4 Absatz 4 — das Potsdamer Abkommen nun auch von den Westmächten in seiner Gesamtheit verletzt worden ist, und zwar in grundsätzlicher Weise; denn nach den Potsdamer Vereinbarungen ist eine solche Möglichkeit wohl undenkbar. Ich will damit in keiner Weise die Tatsache bestreiten, daß bei der Verletzung des Potsdamer Abkommens die Sowjets selbstverständlich die Priorität haben. Die Sowjets sind es gewesen, die als erste und sicherlich ebenso entscheidend das Potsdamer Abkommen verletzt haben. Ich will mich auch nicht näher mit der Frage befassen, ob und inwieweit wir an einer Aufrechterhaltung und Einhaltung der Potsdamer Vereinbarungen seitens der Garantiemächte überhaupt interessiert sein können. Ich will nur folgende Frage aufwerfen: Auf welchen Rechtsgrundsätzen basiert die Theorie, nach der man ein Abkommen im Grundsätzlichen verletzen, gleichzeitig aber für gewisse Teile oder Details aus diesem so gebrochenen Abkommen einen Rechtstitel für sich ableiten kann? Mir scheint das äußerst zweifelhaft. Wenn das aber sehr zweifelhaft ist, wenn sich weder theoretisch vom Völkerrechtlichen her, noch durch Anführung von praktischen Beispielen belegen läßt, daß man so etwas kann, dann ist die Begründung für die Aufrechterhaltung dieser Vorbehaltsrechte zumindest sehr stark erschüttert. Es wäre dann die Frage zu stellen, ob bei Wegfall dieser Begründung die Aufrechterhaltung so weitgehender Vorbehaltsrechte überhaupt noch akzeptiert werden kann. Denn was bedeutet im Grunde dieses Vorbehaltsrecht in Artikel 2 für die Deutschen? Meines Erachtens den freiwilligen Verzicht der Deutschen auf jede Politik in bezug auf die lebenswichtigste politische Frage, nämlich auf die Wiedervereinigung. Mit anderen Worten: jede gesamtdeutsche Politik der Deutschen muß auf Grund dieses Artikels durch das Interessensieb aller Drei Mächte gehen und wird dann von den Westmächten treuhänderisch für die Deutschen vertreten. Die Deutschen verpflichten sich also mit diesem Artikel praktisch dazu, auf jede Tätigkeit in dem entscheidendsten Sektor der deutschen Außenpolitik zu verzichten. Ich lese daraus einen Verzicht auf Betätigung in dem Sektor der deutschen Außenpolitik, der für uns der entscheidendste und lebenswichtigste ist. Ich lese daraus nicht, daß man sich verpflichtet, sich nicht mehr mit Pankow über die Frage der Wiedervereinigung Deutschlands auseinanderzusetzen. Aber ob uns diese Auseinandersetzung mit Pankow über die Frage der deutschen Wiedervereinigung wesentlich weiterbringen kann, ist die Frage. Ich kann mich auch mit der Nuancierung nicht einverstanden erklären, daß in Artikel 2 die Bunlesregierung lediglich eine Tatsache zur Kenntnis nehme, ohne sich in positiver Weise dazu zu bekennen oder diese Rechte den Drei Mächten ausdrückich zuzugestehen. Entscheidend ist die Tatsache, daß lie Bundesregierung mit ihrer Unterschrift bzw., wenn der Vertrag ratifiziert wird, dann auch das Parlament diese Rechte anerkennen und damit natürlich auch die Verpflichtung, sie zu respektieren, was vorsichtshalber in Absatz 2 des Artikels 2 noch ausdrücklich bekräftigt wird. Hier liegt eine nahezu unerträgliche Beschränkung unserer Souveränität vor, die aus dem ein- (Dr. Bärsch) seitig oktroyierten Siegerrecht verständlich ist, die aber nun in echtes Vertragsrecht umgewandelt wird, das uns politisch und moralisch bindet und dessen Ablösung durch die eigenartige Revisionsklausel praktisch wiederum nur unter Bedingungen möglich wird, die unter allen Umständen der Integrationszielsetzung dieses Vertrages gerecht werden. Außerordentliche Bedeutung kommt Artikel 4 Absatz 4 zu. Hier wird das Junktim zwischen der Wiederherstellung der deutschen Souveränität oder, sagen wir einmal, einem erweiterten deutschen Freiheitsstatus und dem Beitritt der Bundesrepublik zum europäisch-atlantischen Militärbündnis über die tatsächliche Verankerung in Artikel 11 hinaus hergestellt; er wird der Bundesrepublik zusätzlich als eine reguläre Verpflichtung aus diesem Vertrag auferlegt. Damit muß es seine Bewandtnis haben. Diese wird verständlich, wenn man einmal im Geist den Absatz 4 des Artikels 4 streicht und diese Streichung in der Perspektive des Artikels 7 Absatz 3 sieht, der besagt: „Im Falle der Wiedervereinigung Deutschlands werden die Drei Mächte die Rechte, welche der Bundesrepublik auf Grund dieses Vertrages und der Zusatzverträge zustehen, auf ein wiedervereinigtes Deutschland erstrecken und werden ihrerseits darin einwilligen, daß die Rechte auf Grund der Verträge über die Bildung einer integrierten europäischen Gemeinschaft in gleicher Weise erstreckt werden, wenn ein wiedervereinigtes Deutschland die Verpflichtungen der Bundesrepublik gegenüber den Drei Mächten oder einer von ihnen auf Grund der genannten Verträge übernimmt." Über diesen Satz hat schon eine Debatte im Auschuß stattgefunden. Damals ging es um den beruhmten Punkt, den Herr Professor Grewe im Geiste macht, den aber die vertragschließenden Teile bei der Abfassung des Artikels nicht gemacht haben, obwohl gerade dieser Artikel als einer der umstrittensten des Vertragswerks sicher eingehendst erörtert worden ist und in letzter Minute unter dem Druck der deutschen Öffentlichkeit umformuliert werden mußte. Solange die deutsche Bundesregierung vor dem Plenum des Hauses nicht eindeutig erklärt, daß sich der Bedingungssatz „wenn ein wiedervereinigtes Deutschland die Verpflichtungen der Bundesrepublik gegenüber den Drei Mächten oder einer von ihnen auf Grund der genannten Verträge übernimmt" nicht auf den Generalvertrag, sondern nur auf die Verträge zur Gründung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft bezieht, und solange diese Erklärung nicht ausdrücklich von den anderen Vertragspartnern bestätigt wird, so lange wird man diesen Satz mit dem gesunden Menschenverstand lesen müssen und wohl oder übel zu dem Schluß gelangen, daß sich dieser Bedingungssatz hinsichtlich der Übernahme der Verpflichtungen aus den Verträgen nicht nur auf die EVG-Verträge, sondern auch auf den Generalvertrag bezieht. Ich habe mir diesen Artikel sehr eingehend angesehen und mich nochmals mit der Frage wegen des Punktes befaßt. Der Gedanke, daß hier ein Punkt stehen müsse, war wohl deshalb in die Debatte geworfen worden, weil es nach den Worten: „werden die Drei Mächte die Rechte" aus dem Generalvertrag „auf ein wiedervereinigtes Deutschland erstrecken" neu losgeht mit: „und werden ihrerseits darin einwilligen" Man argumentiert, daß man andernfalls einfach hätte sagen können: sie werden die Rechte aus dem Generalvertrag und den Zusatzverträgen und dem EVG-Vertrag erstrecken, wenn Ich glaube aber, daß die Formulierung, mit der hier nochmals begonnen wird: „und werden ihrerseits . . . ." eine andere Ursache hat, nämlich, daß die Drei Mächte die Rechte aus dem EVG-Vertrag gar nicht auf Gesamtdeutschland erstrecken können, sondern sie können nur einwilligen, daß er erstreckt wird. Denn die Vertragspartner des EVG-Vertrags sind j a nicht identisch mit den Vertragspartnern des Generalvertrags, sondern diese Identität ist lediglich bei einem Vertragspartner vorhanden. Es erscheint mir also absolut logisch, daß diese Zäsur und diese Differenzierung zwischen dem unmittelbaren Erstrecken der Rechte aus dem Generalvertrag und seinen Zusatzverträgen und der Einwilligung zum Erstrecken der Rechte aus dem EVG-Vertrag und den Zusatzverträgen gemacht wird. Dafür, daß sich dieser Bedingungssatz auf beide Vertragssysteme bezieht, spricht weiter, daß es in dem Bedingungssatz heißt: „wenn ein wiedervereinigtes Deutschland die Verpflichtungen der Bundesrepublik gegenüber den Drei Mächten oder einer von ihnen auf Grund der genannten Verträge übernimmt." Damit ist also noch einmal in dem Bedingungssatz gesagt, daß es sich hier um zwei verschiedene Vertragssysteme handelt, bei denen einmal alle Drei Mächte Vertragspartner sind und beim anderen lediglich eine Macht Vertragspartner ist. Erst bei dieser Interpretation bekommt Artikel 4 Absatz 4 seinen schwerwiegenden Sinn. Wäre dieser Absatz mit der förmlichen Verpflichtung der Bundesrepublik zur Beteiligung an der EVG nicht vorhanden, so würde sich an dem tatsächlichen Junktim zwischen EVG und Wiederherstellung des vergrößerten deutschen Freiheitsstatus an sich nichts ändern. Dieses Junktim ist ja durch den Artikel 11 geschaffen, in dem es heißt, daß der Generalvertrag erst in Kraft tritt, wenn der EVG-Vertrag in Kraft getreten ist. Aber es wäre eine entscheidende Änderung im Falle einer deutschen Wiedervereinigung gegeben, denn dann müßte der erweiterte Souveränitätsstatus der Bundesrepublik — der auf Grund des Generalvertrags erweiterte Souveränitätsstatus -- auf Gesamtdeutschland erstreckt werden, wenn der gesamtdeutsche Staat die Verpflichtungen aus dem Generalvertrag übernimmt. Zu diesen Verpflichtungen gehörte eben dann nicht die Verpflichtung der Bundesrepublik, sich an der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft zu beteiligen. Das würde bedeuten, daß man den gesamtdeutschen Staat in demselben Maße wie die Bundesrepublik von den Besatzungsbedingungen befreien müßte, ohne eine Gewähr dafür zu haben, daß das Sicherheitsbedürfnis gegenüber Deutschland durch die vertragliche Bindung Deutschlands an die Europaarmee befriedigt wird. Denn es stünde ja nach dem Generalvertrag diesem gesamtdeutschen Staat frei, ob er Rechte und Pflichten aus dem. EVG-Vertrag übernehmen wollte oder nicht, wenn Artikel 4 Absatz 4 nicht vorhanden wäre, ohne damit im Falle einer Nichtübernahme der Pflichten und Rechte aus dem EVG-Vertrag, d. h. einer negativen Entscheidung, seinen erweiterten Souveränitätsstatus — den jetzt durch den Generalvertrag erweiterten Souveränitätsstatus der Bundesrepublik — für dieses Gesamt- (Dr. Bärsch) deutschland zu gefährden. Würde sich der gesamtdeutsche Staat aber bei dem bestehenden Vertrag mit Artikel 4 Absatz 4 weigern, in das Militärbündnis der Bundesrepublik mit der EVG einzutreten, dann verstieße er damit gleichzeitig eben gegen diesen Artikel 4 des Generalvertrags, der ja eindeutig die Verpflichtung zur Teilnahme an der EVG festlegt, und er würde somit zwangsläufig auch der gegenüber dem revidierten Besatzungsstatut erweiterten Freiheitsrechte dieses Generalvertrags verlustig gehen, denn es würde ja dieses Verhalten einen Bruch des Vertrags bedeuten. Wenn diese Konstruktion nicht zuträfe, weil sich der Bedingungssatz in Artikel 7 Absatz 3 in der Tat nur auf den EVG-Vertrag bezöge, dann wäre Artikel 4 Absatz 4 ein Pleonasmus, weil diese Verpflichtung ohnehin in Artikel 11 zur Bedingung für das Inkrafttreten des Generalvertrags überhaupt gemacht wurde. Ich komme zu der Feststellung, daß der Sinn dieses Artikels 4 Absatz 4 gerade darin besteht, die Abhängigkeit des erweiterten Souveränitätsstatus für die Bundesrepublik — und im Falle der Übernahme für Gesamtdeutschland für dieses — in unmittelbare Abhängigkeit von der Übernahme des Militärbündnisses der Bundesrepublik mit dem Westen auf diesen gesamtdeutschen Staat zu bringen. Vielleicht werden Sie sagen, daß diese Erörterung akademischer Natur sei, weil es ganz und gar in der Hand der Besatzungsmächte liege, wann und unter welchen Bedingungen sie die Wiedervereinigung Deutschlands zulassen wollen, denn der zweite Satz des Artikels 7 Absatz 3 stellt sicher, daß die Bundesrepublik kein Abkommen abschließt noch einer Abmachung beitritt, welche die Rechte der Drei Mächte beeinträchtigen oder die Verpflichtungen der Bundesrepublik auf Grund dieser Verträge mindern würden. Und Artikel 2 bietet die Gewähr dafür, daß die Bundesrepublik überhaupt keine gesamtdeutsche Politik im außenpolitischen Sinne treiben kann, wenn man unter gesamtdeutscher Politik etwas mehr versteht als die Auseinandersetzung mit den sowjetischen Statthaltern in Pankow. Das ist richtig, übersieht aber doch folgende Tatsache: Ohne die Bindungsklausel des Artikels 7 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 4 wäre die Forderung der Alliierten im Notenwechsel nach völliger Freiheit der gesamtdeutschen Regierung echt und wahrhaftig, und eine gesamtdeutsche Regierung bzw. die Bundesregierung als Treuhänder dieser gesamtdeutschen Regierung wäre in der Lage, einem möglichen Sicherheitsbedürfnis entgegenzukommen mit der freiwilligen Akzeptierung der vertraglichen Verankerung eines darauf abgestellten militärischen Status Gesamtdeutschlands, und zwar ohne damit den mit dem Generalvertrag erreichten erweiterten Souveränitätsstatus der Bundesrepublik für diesen gesamtdeutschen Staat aufs Spiel zu setzen. Die jetzige Vertragssituation gibt den Westmächten die Möglichkeit, von den Sowjets freie Wahlen zu fordern nach Abschluß der Verträge mit uneingeschränkter Entscheidungsfreiheit der daraus hervorgehenden deutschen Regierung, und dabei den Sowjets einseitig das Risiko einer solchen Entwicklung zu überlassen; denn die gesamtdeutsche Regierung hat nach den Verträgen nur eine Alternative: entweder den Status der erweiterten Handlungsfreiheit im Sinne dieses Generalvertrages dadurch zu wählen, daß sie in das Militärbündnis derBundesrepublik eintritt, oder aber: ohne Militärbündnis in das alte Besatzungsregime des revidierten Besatzungsstatuts zurückzusinken. Nun könnte man immer noch das Argument in die Wagschale werfen: wann und unter welchen Bedingungen die Wiedervereinigung vollzogen wird, liegt letzten Endes bei den Alliierten. Das stimmt; aber man übersieht, daß die Bundesrepublik mit dem Vertrag freiwillig ein Junktim auf sich nimmt: entweder erweiterte Handlungsfreiheit und Militärbündnis oder Zurücksinken in den alten Besatzungsstatus ohne Militärbündnis, das aus einseitigem Siegerrecht erwachsen ist und nur daraus erklärt werden kann. Wenn man sich aber vor Augen führt, daß der Rückfall in die Vier-MächteKontrolle weder von den Deutschen noch von den Einsichtigen auf seiten der Alliierten in Erwägung gezogen werden kann, so erkennt man, daß dieses Vertragswerk letzten Endes darauf hinausläuft, daß es nur eine einzige Konzeption der deutschen Wiedervereinigung ermöglicht: die Wiedervereinigung auf der Grundlage der Einbeziehung Deutschlands in den europäisch-atlantischen Militärpakt. Das läßt sich aus den unmittelbaren machtpolitischen Interessen der entscheidenden Macht des Westens durchaus als erstrebenswertes Ziel verstehen und würde auch unseren Intentionen absolut Rechnung tragen und der befriedigendste Status für uns sein, wenn wir die Überzeugung haben könnten, daß diese Wiedervereinigungskonzeption einigermaßen eine Realisierungschance besäße. Es wirft sich jedoch bei der gegebenen Lage die Frage auf, ob nicht gerade durch diese Ausschließlichkeit der Konzeption die deutsche Einheit den militärstrategischen Erwägungen der westlichen Mächte geopfert wird. Ich möchte zu der Behauptung gelangen, daß die Vertragskonzeption die Wiedervereinigung Deutschlands ausschließlich auf der Grundlage zuläßt, daß der gesamtdeutsche Staat in das Militärbündnis der Bundesrepublik mit dem Westen eintritt. Damit wäre ich also zur Beantwortung der Frage gekommen, wieviel Spielraum die Verträge der gesamtdeutschen Politik lassen bzw. welche Konzeption der deutschen Wiedervereinigung zugrunde liegt. Der zweite Problemkreis, der sich allerdings nicht unmittelbar aus meinem Auftrag herleitet, dreht sich um die Frage: In welchem machtpolitischen Raum vollzieht sich eine solche deutsche Wiedervereinigung, und welche Faktoren setzen in welchem Maße einer Lösung der deutschen Frage Bedingungen? Man müßte hier die machtpolitische Situation in der heutigen Welt erörtern, müßte sich darüber klar werden, daß die deutsche Frage unter der beherrschenden Tatsache des Ost-West-Konfliktes steht und daß dieser Ost-West-Konflikt der Konzessionsbereitschaft der dabei entscheidenden beiden Mächte ohne Zweifel Grenzen setzt. Ebensosehr, wie er auf der Seite des Westens die Grenze dort setzt, wo eine Wiedervereinigung Deutschlands zur Bolschewisierung Deutschlands führen müßte, ebenso setzt er auch auf der anderen Seite die Grenze dort, wo eine Wiedervereinigung Deutschlands zu einer eindeutigen entscheidenden machtpolitischen Verlagerung zugunsten des Westens und auf Kosten der Sowjets führen müßte. Ich will das nicht näher ausführen. Vielleicht wird die Debatte sich damit noch beschäftigen. Nach meiner Meinung geht diese Konzeption — und (Dr. Bärsch) wenn das nicht stimmt, was ich behaupte, so wird ja die Regierung Veranlassung haben, das Gegenteil zu beweisen —, wie sie den Verträgen zugrunde liegt und die ausschließlich eine Wiedervereinigung unter Einbeziehung Gesamtdeutschlands in die militärische Integration des Westens zuläßt, über den Spielraum hinaus, den eine deutsche Wiedervereinigung von der Seite der östlichen Machthaber her hat. Insofern komme ich deshalb zu dem Schluß, daß eine Kongruenz zwischen der Wiedervereinigungskonzeption der Verträge einerseits und den bestehenden machtpolitischen Gegebenheiten andererseits zumindest heute unter keinen Umständen gegeben ist. Es wäre weiter die Frage zu erörtern, wie die Regierung glaubt, eine solche Kongruenz herbeiführen zu können, etwa dadurch, daß man das Machtverhältnis zwischen Osten und Westen entscheidend verschiebt, und ob man glaubt, diese Machtverschiebung soweit treiben zu können, daß die Sowjets in der Tat gezwungen würden, die Konzeption der Wiedervereinigung so, wie sie die Verträge allein ermöglichen, zu akzeptieren. 3. Die verfassungsrechtliche, rechtspolitische und rechtliche Bedeutung der Vertragswerke Berichterstatter des federführenden Ausschusses: Abgeordneter Dr. Wahl Berichte des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) zur Frage der Vereinbarkeit der Vertragswerke mit dem Grundgesetz Die Berichterstattung des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht bezieht sich auf eine verfassungsrechtliche, rechtspolitische und rechtliche Betrachtungsweise des Vertragswerks und seiner einzelnen Bestimmungen. Es wurde ein Mehrheits- und ein Minderheitsbericht erstattet, bei denen es sich um fachliche Berichte zur Frage der Vereinbarkeit des Vertragswerks mit dem Grundgesetz handelt. Aus diesem Grunde beschränkt sich der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten darauf, festzustellen, daß diese Frage nur von der verfassungsrechtlichen Situation der Bundesrepublik her zu lösen ist und keinerlei außenpolitische Aspekte in sich schließt, und enthält sich einer eigenen Stellungnahme. 1. Bericht des Abgeordneten Dr. Wahl (Mehrheitsauffassung) Die Debatten über die Frage, ob die Zustimmung des Bundestages zu dem von der Regierung vorgelegten Vertragswerk eine Verfassungssänderung oder -ergänzung impliziert und deshalb nur bei verfassungsändernder Mehrheit wirksam werden kann, haben den Rechtsausschuß und seinen für die Vertragsgesetze gebildeten Unterausschuß in vielen Sitzungen beschäftigt. Es wurde beschlossen, ein Mehrheitsgutachten, das die Frage verneint, und ein Minderheitsgutachten, das sie bejaht, erstatten zu lassen. Als Berichterstatter des Rechtsausschusses gebe ich wie folgt das Mehrheitsgutachten ab: Es war nicht möglich, die sämtlichen in den zahlreichen vorliegenden Gutachten, Stellungnahmen und Schriftsätzen auftretenden Gesichtspunkte zu erschöpfen. I. Grundfragen Wer das Grundgesetz unbefangen liest, kann nicht zu dem Ergebnis kommen, daß es einen deutschen Wehrbeitrag von der Art des im Vertragswerk vorgesehenen ausgeschlossen hat. Zwar ist nirgends die Wehrpflicht direkt ausgesprochen oder das traditionelle Rechtsgut einer Wehrverfassung (Oberbefehl, Kriegserklärung, militärischer Einsatz in Notstandsfällen) ausdrücklich aufgenommen. Aber die Erschwerungen, die für jede Art von militärischer Vorbereitung und Betätigung im Grundgesetz enthalten sind, zeigen, daß der Parlamentarische Rat die Möglichkeit einer deutschen Wehrbetätigung ins Auge gefaßt hat, und zwingen im Zusammenhang mit dem Inhalt der Beratungen des Parlamentarischen Rats zu der Annahme, daß, wenn diese grundgesetzlichen Schranken beachtet werden, mindestens in einem internationalen Rahmen die Mitglieder des Parlamentarischen Rats eine deutsche Wehrbetätigung zugelassen haben. Es ist nach den im Ausschuß abgegebenen Erklärungen des Vorsitzenden des Zuständigkeitsausschusses des Parlamentarischen Rats, des Abgeordneten Wagner, sicherlich richtig, wenn man annimmt, daß eine Reihe wichtiger Mitglieder des Parlamentarischen Rats deshalb den Antrag Strauß, in Artikel 73 die Bundeszuständigkeit nicht nur für die auswärtigen Angelegenheiten, sondern auch für den Schutz des Bundes nach außen zu normieren, abgelehnt haben, weil sie den neuen Staat nicht mit dem Vorwurf belasten wollten, daß der deutsche Militarismus wieder aufleben sollte. Aber die Begründungen, die damals angeführt wurden, zeigen, daß die Besorgnisse die Wiederauferstehung einer deutschen Reichswehr betrafen. Die im Parlamentarischen Rat gefallene Außerung, „die Zeit der Nationalarmeen ist vorbei", beweist dies genügend, zumal der Parlamentarische Rat den Antrag des Kommunisten Renner gegen dessen Stimme abgelehnt hat, im Artikel 24 Absatz 2 klarzustellen, daß das kollektive Sicherheitssystem, dem die Bundesrepublik durch einfaches Gesetz beitreten kann, keine militärischen Hilfeleistungen von der Bundesrepublik oder von ihren Angehörigen fordern könne. Die Bedenken gegen einen deutschen Beitrag zu einer internationalen Verteidigungsanstrengung waren offenbar wesentlich geringer. Dabei darf daran erinnert werden, daß es im modernen Recht häufig vorkommt, daß im nationalen Bereich Beschränkungen bestehen, die im internationalen Bereich entfallen (Wirksamkeit der Goldklausel für internationale Zahlungen trotz internen Zwangskurses in den romanischen Rechten, Zulässigkeit der im nationalen Bereich verbotenen Schiedsklausel für internationale Geschäfte nach französischem Recht usw.). Das internationale Element verändert einen rechtlichen Tatbestand häufig so, daß seine Beurteilung nicht einfach nach den nationalen Normen über einen rein nationalen Sachverhalt vorgenommen werden darf. Das gilt auch im vorliegenden Falle. Wenn jetzt die Minderheit des Rechtsausschusses geltend macht, der Antrag Renner sei deswegen der Ablehnung verfallen, weil es sich um einen kommunistischen Antrag handele, so ist dieses Argument nicht stichhaltig. Der Ablehnung des kommunistischen Antrags ging zwar eine sachliche Debatte nicht voraus, aber wenn die sozialdemokratische Fraktion damals der Sache nach mit dem Antrag Renner einverstanden gewesen wäre, hätte sie, wie zahlreiche Präzedenzfälle beweisen, nach Ablehnung des Antrages Renner einen Antrag gleichen oder ähnlichen Inhalts stellen können. Dies ist unterblieben. (Dr. Wahl) Wenn man die Formulierungen des Grundgesetzes im einzelnen ansieht, so ist nirgends positiv das Verteidigungsrecht expressis verbis in Anspruch genommen, weil man eine den Wehrwillen direkt ausdrückende Formulierung für inopportun hielt. Aber wenn es in Artikel 26 heißt, die Vorbereitung eines Angriffskriegs ist verfassungswidrig, so ist damit die Vorbereitung eines Verteidigungskriegs verfassungsmäßig. Die ursprünglich in den Entwürfen vorgesehene Bestimmung, daß die Vorbereitung jedes Krieges verfassungswidrig sei, ist bewußt eingeschränkt worden. Genau so liegt es bei Artikel 4 Absatz 3, nach dem niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden kann, wobei die Einzelheiten der Regelung einem einfachen Bundesgesetz überlassen bleiben. Auch hier ist in der Formulierung, wenn der Ausdruck erlaubt ist, allein das Negative ausgesprochen, nämlich, wer keinen Dienst mit. der Waffe zu leisten braucht. Aber der Satz besagt, daß jeder auch gegen seinen Willen jedenfalls zum Dienst ohne Waffe, z. B. zum Sanitätsdienst, gezwungen werden kann und daß derjenige, der sich aus dem Dienst mit der Waffe kein Gewissen macht, zum Dienst mit der Waffe gezwungen werden kann. Der grundrechtliche Schutz des einzelnen gegen die Heranziehung zum Waffendienst ist also auf die Fälle der Gewissensnot eingeschränkt. Die Minderheit steht auf dem Standpunkt, daß diese Vorschrift im Zusammenhang mit dem Schutz der Religion und der Weltanschauungen lediglich ein zusätzliches Militärdienstverweigerungsrecht schaffe, ohne die Frage, ob überhaupt eine Wehrpflicht bestehe, zu präjudizieren. Da deren Einführung ihrerseits nach Auffassung der Minderheit einer Zweidrittelmehrheit bedarf, ist also dieses Grundrecht gegenstandslos, wenn die qualifizierte Mehrheit, die die Wehrpflicht wieder einführt, die Waffendienstverweigerung aus Gewissensgründen für unangemessen hält. Es läge also hier ein Grundrecht vor, dem die typische Funktion, den Gesetzgeber zu binden, überhaupt abginge, und ich glaube nicht, daß man dem Parlamentarischen Rat die Absicht einer reinen Deklamation unterstellen darf. Ganz anders, wenn durch Artikel 4 die Zulassung der Allgemeinen Wehrpflicht impliziert ist. Dann handelt es sich um ein echtes Grundrecht, das das Ermessen des Gesetzgebers einschränkt, und schon deshalb erscheinen die von der Mehrheit aus Artikel 4 per argumentum e contrario gezogenen Schlußfolgerungen unausweichlich. Auch für die Herstellung und den Vertrieb von Waffen ist im Grundgesetz nur das erschwerende Erfordernis der besonderen Genehmigung der Bundesregierung herausgestellt (Artikel 26 Absatz 2). Aber damit ist zugleich unzweifelhaft die Verfassungsnorm anerkannt, daß trotz des damals geltenden alliierten Verbots der Waffenherstellung nach deutschem Recht, wenn auch mit Erschwerungen, die Waffenherstellung zulässig ist. Von der Gegenseite ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß das im Völkerrecht viel berufene Recht des Staates zur Selbstverteidigung es nicht ausschließt, daß ein Staat durch sein Grundgesetz sich zum absoluten Pazifismus bekennt. Aber wenn dies nicht der Fall ist -- und die herangezogenen Bestimmungen des Grundgesetzes lassen eine andere Auslegung nicht zu —, dann kann sich nur noch die Frage erheben, ob die Durchführung der militärischen Organisation durch gewöhnliches Bundesgesetz daran scheitert, daß gewisse militärische Angelegenheiten nicht durch einfaches Gesetz, sondern nur durch verfassungsänderndes Gesetz gelöst werden können. Es fragt sich also, ob die Durchführung des vorliegenden Vertragswerks die Regelung von Fragen erfordert, die nach allgemeiner oder jedenfalls nach kontinentaler Rechtstradition Verfassungsrang haben. Das wäre eher der Fall, wenn der Oberbefehl bei den Deutschen stünde; denn die Weimarer Verfassung hat den Oberbefehl ausdrücklich geregelt und ihn dem Reichspräsidenten übertragen. Durch den EVG-Vertrag liegt aber der Oberbefehl überhaupt nicht bei einem Verfassungsorgan der deutschen Bundesrepublik, sondern bei internationalen Organen, deren Betrauung nicht Aufgabe des Grundgesetzes sein konnte und kann. Die den deutschen Verteidigungsbehörden übertragenen Befugnisse sind dagegen nicht von der Art, daß sie nur im Grundgesetz normiert werden könnten. Dies gilt sowohl für das Ernennungsrecht der Offiziere bis zum Obersten wie für die Rekrutierungsbefugnisse, die den deutschen Instanzen zustehen. Der Rechtsausschuß steht nicht auf dem Standpunkt, daß diese deutschen Befugnisse lediglich auf einer Rückdelegation seitens der Flohen Behörde beruhen — dies ist höchstens im technischen Sinne der Fall —, sondern daß es sich hier der Substanz nach um Ausflüsse der deutschen Wehrhoheit handelt, die durch einfaches Bundesgesetz in Anspruch genommen werden können. So rückte die Auslegung des Artikels 24 Absätze 1 und 2 in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen des Rechtsausschusses. Besonders entzündete sich die Debatte an folgenden drei Punkten: 1. Wenn es heißt, daß der Bund Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen kann, so ist daraus nicht zu folgern, daß die Hoheitsbefugnisse erst für gewisse innerdeutsche Staatsorgane konstituiert sein müßten, bevor sie auf die zwischenstaatlichen Einrichtungen übertragen werden können. Der derivative Rechtserwerb im Sinne der allgemeinen Rechtslehre liegt nicht nur dann vor, wenn A seine Rechte auf B überträgt, sondern auch dann, wenn A auf Grund seiner umfassenden Rechtsposition für B ein neues Recht begründet, das seinem Kerne nach eine Abspaltung ursprünglicher Befugnisse des A enthält. Es liegt derivativer Rechtserwerb nicht bloß vor, wenn A das Eigenturn an seinem Grundstück auf B überträgt, sondern auch dann, wenn er dem B eine Hypothek an seinem Grundstück einräumt, die dem A natürlich nicht zustand. Wenn man den Begriff der Übertragung der Hoheitsrechte auf einen Organwechsel einschränkt in dem Sinne, daß erst die deutschen Verfassungsorgane mit den Hoheitsbefugnissen augestattet werden müßten, um sie dann auf eine internationale Instanz übertragen zu können, verfällt man in den schon oben berührten Fehler, den internationalen Sachverhalt zunächst in die Zwangsjacke der für interne Tatbestände geschaffenen nationalen Rechtsordnung hineinzupressen, und tut ihm damit in unangemessener Weise Gewalt an. Wenn die Mitglieder des Parlamentarischen Rats keine nationale Armee wollten, aber der Bundesrepublik die Möglichkeit eröffneten, sich an der Aufstellung einer internationalen Armee zu beteiligen, kann man dem Willen der Grundgesetzgeber nur Rechnung tragen, wenn man die Einführung einer nationalen Wehrverfassung nicht als Voraussetzung für die deutsche Teilnahme an einer internationalen, besser supranationalen Streitmacht verlangt. (Dr. Wahl) 2. Es entstand die Frage, ob die Europäische Verteidigungsgemeinschaft wirklich eine zwischenstaatliche Einrichtung im Sinne des Grundgesetzes sei. Von der Minderheit wurde dies aus dem Grunde bestritten, weil bei der zwischenstaatlichen Einrichtung der EVG die demokratischen Mindest-. voraussetzungen nicht erfüllt seien, bei deren Vorliegen das Grundgesetz sich allein eine Übertragung von Hoheitsbefugnissen hätte vorstellen können. Es ist in der Tat nicht zu bestreiten, daß bei der EVG die Parlamentsvertreter, übrigens ähnlich wie bei der Montan-Union, nur beschränkte Mitwirkungsrechte bei der Verwaltung und Ausübung der übertragenen Hoheitsrechte haben. Man muß sich aber klarmachen, daß bei einem übernationalen Zweckverband nicht nur die Rechte der nationalen Parlamente beschränkt werden, sondern daß es auch sehr schwer ist, in diesem internationalen Zweckverband gleiche demokratische Garantien wie im nationalen Bereich zu schaffen. Wenn eine Straßenbahn von einem Zweckverband betrieben wird, den zwei Stadtgemeinden ins Leben gerufen haben — der Vergleich bezieht sich auf das reine Organisationsproblem, ohne den Blick für die verschiedene Größenordnung der behandelten Erscheinungen zu verlieren —, dann wird dadurch nicht nur-der Einfluß der Stadtparlamente auf dem Gebiet der Tarifpolitik dieser Straßenbahn eingeschränkt, man kann sich auch schwer denken, daß für diesen Betrieb ein der Stadtverordnetenversammlung analoges Beschlußgremium ins Leben gerufen werden kann. Streng genommen würde dies voraussetzen, daß hierfür durch eine neue direkte Wahl beider Kommunen ein Sonderparlament gebildet werden müßte, ein organisatorischer Aufwand, der in der Praxis aus naheliegenden Gründen vermieden werden muß. Wenn diese Lösung sich aber verbietet, dann bleibt nur eine indirekte Beteiligung des „Zweckverbandsvolkes" über Abordnungen der nationalen Parlamente übrig, und diese indirekte Beteiligung hat zwangsläufig eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse zur Folge. Das aber bedeutet, daß eine eigentliche Repräsentanz des Volkswillens im vollen demokratischen Sinne nicht gewährleistet sein kann. Unter diesen Umständen hat es einen guten Sinn, wenn das Hauptgewicht bei der Organisation solcher Zweckverbände bei den Exekutivorganen liegt, die ihrerseits ja auch ihrem Parlament parlamentarisch verantwortlich sind. Dazu kommt, daß für die wichtigsten Entscheidungen Einstimmigkeit im Ministerrat erforderlich ist und daß im EVG-Vertrag durch Artikel 38 die Ausarbeitung einer europäischen Verfassung vorangetrieben wird. 3. Auch der Begriff der kollektiven Sicherheit in Artikel 24 Absatz 2 wurde näher erörtert. Die Minderheit stand auf dem Standpunkt, daß ein System kollektiver Sicherheit im Sinne des Grundgesetzes notwendig ein solches mit universaler Tendenz sein müsse — mindestens in der Weise, daß es den virtuellen Angreifer (Dr. Schmid, Tübingen) mitumfasse —, also nur dann vorliege, wenn das System allen Nationen offenstände. In der Tat ist der Begriff der kollektiven Sicherheit zuerst in der Völkerbundszeit entwickelt worden. Damals war dieses Wesensmerkmal der Universalität gegeben. Auch als die Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurden, lag diese Tendenz zur Universalität an sich vor. Aber die Erfahrungen mit den Sanktionen gegen die Angreifer, die schon in der Völkerbundszeit gemacht wurden, haben dazu geführt, daß in der UN-Satzung von Anfang an Systeme regionaler Pakte und begrenzter Zusammenschlüsse zu kollektiver Selbstverteidigung vorgesehen wurden. Ein solches System ist auch die EVG, die durch ihre Bezugnahme auf die Satzungen der Vereinten Nationen dem kollektiven Sicherheitssystem der UN eingegliedert ist und in ihm ein Teilsystem bildet. Kollektive Sicherheit liegt nach Ansicht der Ausschußmehrheit, die sich dabei neueren Autoren (Kelsen) anschließt, immer dann vor, wenn mehrere Staaten sich zusammenschließen in der Weise, daß der Angriff auf einen als Angriff auf alle zu behandeln ist, d. h. jeder, der sich dem System der kollektiven Sicherheit anschließt, verpflichtet sich, den Angriff auf einen Vertragspartner als Angriff auf sich selbst zu behandeln mit der Folge, daß er zur Waffenhilfe gegenüber dem Angegriffenen verpflichtet ist. Darin liegt zum mindesten im Ideologischen insofern etwas Neuartiges gegenüber den alten Militärallianzen, als der Grundgedanke des modernen Kriegsverhütungsrechts, daß der Angriffskrieg als Delikt gegenüber allen Gliedern der Völkergemeinschaft und nicht nur gegenüber dem Angegriffenen selbst erscheint, darin seine Anerkennung findet. Es kommt hinzu, daß seit der Koreakrise sich in der Handhabung der UN-Satzung ein bernerkenswerter Wandel vollzogen hat, indem dann, wenn das Einstimmigkeitsprinzip im Sicherheitsrat Beschlüsse gegen den Angreifer nicht ermöglicht, weil ein Mitglied des Sicherheitsrats selbst der Angreifer ist oder den Angreifer durch sein Veto unterstützen will, die Vollversammlung mit Mehrheit die Kollektivmaßnahmen empfehlen kann, wodurch dem Sicherheitsrat trotz seiner Universalkompetenz eben wegen des Einstirnmigkeitsprinzips die Hände gebunden sind. Diese Entwicklung, die auf die praktische Ausschaltung des Angreifers hinausläuft und die friedliebenden Nationen als die eigentlichen Träger der kollektiven Sicherheitsbemühungen erscheinen läßt, hat nach der Auffassung der Mehrheit des Ausschusses einen gewissen Bedeutungswandel für den politischen Begriff der kollektiven Sicherheit gebracht. Es sei übrigens darauf hingewiesen, daß der Parlamentarische Rat bei der jetzigen Formulierung des Grundgesetzes gegen einen Antrag Dr. Menzel , der das Wort gemeinsame Sicherheit vorgeschlagen hatte, einer Anregung von Dr. Schmid (Tübingen), dem Vorsitzenden des Hauptausschusses, folgte, der empfohlen hatte, sich bewußt an den allgemeinen völkerrechtlichen Begriff des Kriegsverhütungsrechts anzulehnen. Die Minderheit im Rechtsausschuß wies gegenüber der von der Mehrheit gegebenen Auslegung des Artikels 24 darauf hin, daß sie zu der unerträglichen Möglichkeit führe, mit Hilfe eines einfachen Bundesgesetzes unseren ganzen Staat durch Einschaltung zwischenstaatlicher Einrichtungen aus den Angeln zu heben. In der Tat besteht hier eine gewisse Gefahr, die ernst genommen werden muß, aber der Parlamentarische Rat hat mit dieser Vorschrift rechtliches Neuland betreten, um der Entwicklung des internationalen Rechts starke Impulse zu geben und in der Vergangenheit aufgetretene Hindernisse zu beseitigen. Es fragt sich nur, ob die Übertragbarkeit von Hoheitsrechten auf internationale Organismen durch einfaches Bundesgesetz in allem eine glückliche Lösung gewesen ist. Aber deswegen liegt der von der Mehrheit gegebenen Auslegung des Artikels 24 kein Verstoß gegen das Grundgesetz zugrunde, sondern man kann sich höchstens fragen, (Dr. Wahl) ob das Grundgesetz an dieser Stelle nicht selbst reformbedürftig ist. Unabhängig von dem Text des Grundgesetzes sind bei der Generaldebatte über die Verfassungsmäßigkeit des deutschen Wehrbeitrags noch drei Fragen von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen worden. a) Der Ausschuß debattierte das Problem, welche Zusammenhänge zwischen Staatsangehörigkeit und Wehrpflicht bestehen. Mit Recht wurde darauf hingewiesen, daß es noch eine gemeinsame Staatsangehörigkeit für die Bewohner der Westzone, der Ostzone und des Saargebietes gibt. Daraus wurde von der Minderheit abgeleitet, daß die Wehrpflicht, die sich unmittelbar an die Staatsangehörigkeit anschließe, ja historisch zur Ausbildung der Staatsangehörigkeit geführt habe, im Osten und Westen unseres Landes nicht verschieden sein könne und dürfe, daß zum mindesten nach dem Sinn des Grundgesetzes alles vermieden werden müsse, was die Rechtsverschiedenheit zwischen Ost und West vermehren könnte. Demgegenüber wurde von den Vertretern der Mehrheit geantwortet, daß die Staatsangehörigkeit von der Wehrpflicht doch wohl zu unterscheiden sei. Es gibt Staaten, die schon lange eine Staatsangehörigkeit, aber die Wehrpflicht erst seit jüngerer Zeit kennen. Man denke an England, und selbst in Frankreich, wo die Staatsangehörigkeit mit der allgemeinen Wehrpflicht besonders eng verbunden zu sein scheint, ist die Staatsangehörigkeit nicht im Wehrgesetz oder in einem Sondergesetz, sondern im Code civil geregelt, weil sie auch die Voraussetzung für den Genuß der bürgerlichen Rechte bildet und deshalb ihre zivilrechtliche Bedeutung, die von der Wehrpflichtfrage völlig unabhängig ist, für ihre systematische Einordnung den Ausschlag gab. Die Normierung der Wehrpflicht kann also auch territoriale Anknüpfungen verwenden, ohne die gemeinsame Staatsangehörigkeit aller Deutschen preiszugeben. b) Ferner ist von der Opposition dargelegt worden, daß die Einführung der Wehrpflicht und die Entstehung deutscher Divisionen im Rahmen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft für die gesamte Bundesrepublik einen tiefgehenden Strukturwandel bedinge, der den dazu nötigen gesetzgeberischen Maßnahmen den Rang von Verfassungsgesetzen sichere. Dabei wird verkannt, daß viele einfachen Gesetze Strukturwandlungen herbeiführen können. Man denke an die Bedeutung des Finanzausgleichs für das Verhältnis von Bund und Ländern, an Wirtschaftsverfassungsgesetze, an das Betriebsverfassungsgesetz oder auch nur an einfache Steuergesetze. Noch niemand ist aber wegen der Tragweite solcher Gesetze auf den Gedanken gekommen, zu ihrem Zustandekommen eine verfassungsändernde Mehrheit zu verlangen. c) Der Ausschuß beschäftigte sich auch mit der Frage, welche Auslegungsgrundsätze gegenüber dem Grundgesetz Platz zu greifen hätten. Zweifellos handelt es sich um ein junges Gesetz, und die Vorarbeiten, die bei älteren Gesetzen in ihrer Bedeutung für die Auslegung zu verblassen pflegen, haben noch vollen Anspruch auf Berücksichtigung. In diesem Punkte herrschte Einigkeit. Andererseits bedeutet dies nicht, daß die politische Lage ganz außer Betracht bleiben kann. Als der Parlamentarische Rat tagte, war die Berliner Krise in vollem Gang, und die Luftbrücke war eben dabei, sie zu überwinden. Es kann nicht angenommen werden, daß die Verfasser des Grundgesetzes vor gewissen Eventualitäten, die in der politischen Lage begründet waren, die Augen haben verschließen wollen. Auch kann nach der Ansicht der Mehrheit die Anerkennung des obenerwähnten Bedeutungswandels des Begriffs der kollektiven Sicherheit, der durch die politischen Entwicklungen seit der Koreakrise im Verfassungsrecht der UNO akzentuiert wurde, nicht als im üblen Sinne politische Zweck-Jurisprudenz bezeichnet werden. II. Einzelfragen 1. In § 7 des Deutschlandvertrages übernimmt die Bundesregierung die Verpflichtung, mit den anderen Vertragspartnern dahin zusammenzuwirken, daß das in Freiheit wieder vereinigte Deutschland nicht nur eine dem Grundgesetz ähnliche Verfassung bekomme, sondern in die europäische Gemeinschaft integriert werde. Die Gegenseite sieht in dieser Vereinbarung einen Verfassungsbruch, weil das Recht des Bundeskanzlers die Richtlinien der Bundespolitik zu bestimmen, zu sehr eingeschränkt werde, weil das vom Grundgesetz der Bundesrepublik gesetzte Ziel, die deutsche Einheit in Freiheit zu verwirklichen, nach Inkrafttreten der Verträge nur noch über die Westintegration erreicht werden könne. Gegen diesen Einwand stehen zunächst folgende Erwägungen allgemeiner Art: Jede internationale Verpflichtung schränkt die Freiheit der Willersbildung des Schuldners ein. In der klassischen Zivilrechtslehre ist diese Willensbindung des Schuldners geradezu als das Wesen der Obligation angesehen worden. Herr Dr. Arndt weist daraufhin, daß die in Vertragstexten internationaler Abkommen üblicherweise übernommenen Verpflichtungen, Truppen zu stellen, Hilfe zu leisten usw., regelmäßig beschränkter seien als die generell gehaltenen Zielsetzungen in den Präambeln und daß diese beschränkteren tatsächlich übernommenen Verpflichtungen für eine abweichende Willensbildung und Richtlinienbestimmung Raum ließen, während die Verpflichtung zu einer inneren Haltung weit darüber hinausgehe. Dabei verkennt er jedoch nach der Auffassung der Mehrheit, daß das moderne Obligationsrecht neben jeder Hauptverpflichtung zahlreiche stillschweigend übernommene Nebenverpflichtungen anerkennt. Wenn die neuere deutsche Rechtslehre jede Obligation geradezu als einen Organismus bezeichnet, so meint sie damit, daß sie sich nicht in der Verpflichtung zu einem bestimmten Tun erschöpft, sondern daß sich um diese Hauptverpflichtung wie ein Kranz zahlreiche Nebenverpflichtungen herumlegen. Das internationale Recht weist gewiß mit Rücksicht auf die unvollkommene Organisation seines Rechtszwangs manche archaischen Elemente auf. Es ist aber deshalb so spannungsreich, weil es die principes généraux der zivilisierten Nationen zur Lückenergänzung heranzieht und damit auch die jüngste Rechtsentwicklung der modernen Staaten in sein System einbezieht. So kann es auf die im modernen Obligationenrecht aus Treu und Glauben abgeleitete Erweiterung des Vertragsinhalts auf allgemeine Loyalitätspflichten des Schuldners nicht verzichten, und deshalb sieht die Mehrheit des Rechtsausschusses in der bezeichneten Vertragsbestimmung (Dr. Wahl) keine entscheidende Ausdehnung der Vertragspflicht über das schon aus allgemeinen Rechsgrundsätzen abzuleitende Loyalitätsmaß hinaus. Die allgemeine Erscheinung, daß die Wahlfreiheit einer Regierung durch internationale Verpflichtungen eingeschränkt werden kann, ist deshalb hier nicht überschritten, so daß der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit zu entfallen hat. Dazu noch einige Erwägungen spezieller Art: Zweifellos hat das Grundgesetz der Bundesregierung die Aufgabe gestellt, die deutsche Einheit in Freiheit zu verwirklichen. Durch die Vereinbarung der inkriminierten Klausel wird jedenfalls sichergestellt, daß die deutsche Einheit nicht in Unfreiheit verwirklicht werden kann. Insoweit erfüllt die Bundesregierung ein Gebot des Grundgesetzes, indem sie eine Lösung verhindert, die das Grundgesetz verbietet. Dann aber bleiben nur noch zwei Möglichkeiten, die deutsche Einheit zu realisieren: entweder der Weg über die Westintegration Deutschlands oder der Weg über seine Neutralisierung. Es gehört meines Erachtens zu den durch das Grundgesetz nicht beschränkten Ermessensentscheidungen von Regierung und Parlament, ob sie den ersten oder zweiten Weg gehen wollen. Wenn sie den ersten beschreiten, müssen sie ihn so beschreiten, daß eine Chance der Verwirklichung besteht. Hätte sich die Bundesregierung bei den Vereinbarungen mit den Westalliierten den zweiten Weg ausdrücklich offengehalten, hätte das Mißtrauen der Westalliierten jede reale Chance für Deutschland ausgeschlossen. Daß sie den ersten Weg entschlossen geht, ist ihre Pflicht, weil der der zweite Weg ungangbar erscheint. Daß damit Bindungen begründet werden, die ein Zurück von dem eingeschlagenen Wege ausschließen, begründet nach der Ansicht der Mehrheit kein verfassungsrechtliches Problem 2. Schiedsgericht Die Opposition hält es für einen Verstoß gegen das Grundgesetz, daß das im Deutschlandvertrag vorgesehene Schiedsgericht mit Wirkung für das Bundesgebiet solche Gesetze erlassen kann, zu deren Erlaß das Schiedsgericht vorher die Bundesrepublik verurteilt hat, weil nach Ansicht des Schiedsgerichts ein vertraglicher Anspruch auf den Erlaß solcher Gesetze besteht. Hier taucht ein sogenanntes Qualifikationsproblem auf. Handelt es sich hier wirklich um die Anerkennung von Gesetzgebungsbefugnissen des Schiedsgerichts im verfassungsrechtlichen Sinn, oder handelt es sich nicht vielmehr um einen Akt der Zwangsvollstreckung des Schiedsspruchs, der nach internationalem Recht ein Ausfluß der dem Schiedsgericht eingeräumten Volstreckungsgewalt ist und aus diesem Grunde nicht als Änderung unseres Verfassungsrechts angesehen zu werden braucht? Schon im innerstaatlichen Recht haben die Formen des Rechtszwanges bei der zwangsweisen Durchsetzung von Obligationen eine lange Geschichte. Im römischen Recht galt der Satz, daß jede Verurteilung auf Geld lauten müsse. Ähnlich noch heute das angelsächsische Recht, das eine Verurteilung des Schuldners zu Naturalleistungen nach Equity-Recht nur in Ausnahmefällen zuläßt. Im französischen Code civil steht noch heute der Satz, daß die Verpflichtung zu einem Tun oder Unterlassen sich bei Nichterfüllung in Schadensersatz, also in eine Geldleistung auflöst, und erst eine große Rechtsprechung praeter legem hat die astreinte civile zugelassen, die auf eine unmittelbare Durchetzung der Verpflichtung zum Tun oder Unterlassen hinausläuft. Das deutsche Recht hat mit seiner fortschrittlichen Zivilprozeßordnung eine Verurteilung zur Erfüllung jedweder Verpflichtung zugelassen und setzt die Verpflichtung zur Vornahme einer geschuldeten Willenserklärung in der Weise durch, daß die rechtskräftig gewordene Verurteilung zur Abgabe der Willenserklärung im Verhältnis zum Gläubiger die geschuldete, aber vom Schuldner unterlassene Willenserklärung ersetzt. Soweit geht die Regelung des Deutschlandvertrages nicht, indem den deutschen Instanzen zunächst die Möglichkeit gelassen wird, das vom Schiedsspruch verlangte Gesetz selbst zu erlassen. Aber bei Nichterfüllung des Schiedsspruchs kann das Schiedsgericht selbst die verlangte Norm in Kraft setzen. Nun soll natürlich nicht verkannt werden, daß der Erlaß eines Gesetzes an allgemeiner Bedeutung über die Abgabe einer privaten Willenserklärung hinausgeht. Aber der Staatenprozeß lehnt sich an den Zivilprozeß an, und wenn das deutsche Bundesverfassungsgericht darauf beschränkt ist, Gesetze zu verbieten und für null und nichtig zu erklären, so hat es doch damit auch die Befugnis, diejenige Rechtsnorm zu bezeichnen, die nach seiner Meinung zulässig gewesen wäre. Die im Deutschlandvertrag vereinbarte Lösung geht darüber noch einen weiteren Schritt hinaus, indem das Schiedsgericht schließlich die verlangte Norm selbst für verbindlich erklären kann. Aber deswegen hat das Schiedsgericht nicht die Ermessensfreiheit eines Gesetzgebers, denn hier geht es nicht wie bei dem Bundesverfassungsgericht um die Frage, ob eine Norm sich im weiten Rahmen des Grundgesetzes hält, und darum, daß bei Nichtigerklärung eines Gesetzes dem Rechte schon genügt ist, sondern um die Erfüllung engbegrenzter Vertragspflichten und ( darum, daß die Nichtigkeitserklärung der vertragswidrigen Norm den Rechtsbruch bestehen läßt, bis die geschuldete Ersatznorm in Kraft tritt. Die Mehrheit des Ausschusses wurde durch den Hinweis der Verhandlungsführer der Bundesregierung überzeugt, daß es sich praktisch bei der Anwendung dieser Befugnisse immer nur darum handeln könne, eine vom deutschen Gesetzgeber erlassene Bestimmung in Einzelheiten abzuändern, wobei das Schiedsgericht feststellen muß, daß gerade diese Einzelheit auf Grund der abgeschlossenen Verträge einer übernommenen Rechtspflicht entspreche. Dabei darf auch die politische Erwägung hier angeführt werden, daß die Erfahrungen der Weimarer Zeit mit den sogenannten Sanktionen bei Nichterfüllung der Verträge unter keinen Umständen sich wiederholen dürfen, und man hat diese Vollstreckungsregelung als das kleinere Übel hingenommen. Die Minderheit hat auch darauf hingewiesen, daß die Übernahme legislatorischer Funktionen durch das Schiedsgericht gegen den in Deutschland anerkannten Grundsatz der Gewaltenteilung verstoße. Dabei darf man aber nicht vergessen, daß gerade bei Verurteilungen zu Handlungen, Unterlassungen und Willenserklärungen nach einer allgemeinen Rechtsentwicklung das Prozeßgericht selbst zum Vollstreckungsorgan bestellt zu werden pflegt — auch dem Bundesverfassungsgericht sind durch das Bundesverfassungsgerichtsgesetz Vollstrekkungsbefugnisse übertragen worden —, obwohl die Vollstreckung nach ihrem inneren Wesensgehalt sich von der rechtsprechenden Tätigkeit im eigentlichen Sinn unterscheidet. Diese Ent- (Dr. Wahl) wicklung ist bisher nie als- mit dem Prinzip der Gewaltenteilung unvereinbar angesehen worden. Schließlich ist auch das internationale Schiedsgericht eine zwischenstaatliche Einrichtung, der Hoheitsrechte übertragen werden, und es erscheint als eine Fortbildung des Völkerrechts, die auch ihre guten Seiten hat, wenn die Schiedsinstanz weitgehende Vollstreckungsbefugnisse zur Durchsetzung ihrer Rechtssprüche erhält. Auch diese Entwicklung wird durch Artikel 24 Absatz 1 des Grundgesetzes ermöglicht. Dabei ist es bemerkenswert, daß nach dem Vertragstext auch die Alliierten sich dieser Ersatzgesetzgebung des Schiedsgerichts unterstellen, was etwa bei gewissen Verordnungen für das Verhalten der alliierten Truppen in Deutschland praktisch werden kann. Wenn dagegen die Befugnisse des Schiedsgerichts gegenüber der Justiz auf eine Kontrolle der deutschen Justiz eingeschränkt sind, so liegt darin um deswillen keine rechtliche Diskriminierung, weil nach den Verträgen die deutschen Gerichte für alliierte Truppenangehörige zuständig sind, während die alliierten Gerichte für Deutsche keine Zuständigkeit haben. Diese Verschiedenheit folgt also aus der Natur der Sache. 3. Enteignung von Auslandsvermögen Die Bestimmungen über das Auslandsvermögen gelten der Opposition als unvereinbar mit Artikel 14 des Grundgesetzes, weil die Entschädigung der Betroffenen nicht in dem Zustimmungsgesetz selbst näher geregelt werde. Demgegenüber hat sich die Mehrheit des Rechtsausschusses auf den Standpunkt gestellt, daß die Enteignung des Auslandsvermögens kein deutscher Hoheitsakt, sondern ein alliierter ist, dem gegenüber das Grundgesetz nicht anwendbar ist. Die Bundesregierung erkennt die Rechtsgültigkeit dieser Enteignungen nicht an. Nach den Mitteilungen der Verhandlungsführer ist gerade deshalb die Formulierung gewählt, daß sie gegen die alliierten Maßnahmen, die schon beschlagnahmtes Vermögen betreffen, keine Einwendungen erheben will. Im Zusammenhang damit werden auch keine Klagen aus den der Vergangenheit angehörigen Tatbeständen in den Vertragsstaaten zugelassen werden. Aber eine rechtliche Anerkennung der Enteignung ist damit nicht gegeben. Der Klageverzicht geht über die Hinnahme des einmal von den Alliierten einseitig geschaffenen Rechtszustandes nicht hinaus, da auch nach bisherigem Recht Klagen unzulässig waren und der Verzicht auf das der Klage zugrunde liegende Recht gerade nicht ausgesprochen worden ist. Im Gegenteil bildet die Aufrechterhaltung des materiellen Rechts die Grundlage für die nunmehr eröffneten Verhandlungsmöglichkeiten mit allen beteiligten Staaten. Es ist zuzugeben, daß für den mit dem völkerrechtlichen Denken nicht Vertrauten eine Unterscheidung zwischen tatsächlicher Hinnahme und rechtlicher Anerkennung nicht leicht zu vollziehen ist. Aber es handelt sich hier um eine für das Verständnis der Verträge grundlegende Figur. Die Aufgabe der Bundesregierung war es, das Besatzungsstatut abzulösen. In vielen Fällen konnte dies nur in der Weise geschehen, daß die Alliierten an den durch ihre Politik in den letzten Jahren geschaffenen Tatbeständen festhielten und die Bundesregierung auf die Aufgabe beschränkt war, wenigstens eine Milderung ihres bisherigen Standpunktes zu vereinbaren. Daß damit die hingenommenen Tatbestände nicht als rechtmäßig im vollen Sinne anerkannt wurden, liegt auf der Hand. Es mußte aber die Spannung zwischen Recht und Wirklichkeit wenigstens abgeschwächt werden. 1m internationalen Recht ist das Rechtsschutzsystem nicht voll ausgebaut. Völkerrechtswidrigkeiten werden deshalb häufig als Fakten hingenommen, weil es an der Instanz fehlt, die das verbotene Faktum annullieren könnte. Dies ist der Kern der de facto-Doktrin, die sich auch hier auswirkt. Liegt demnach keine rechtliche Anerkennung der Enteignungen der Alliierten durch die Bundesregierung vor, ist auch die Entschädigung der Betroffenen nicht unmittelbar durch das Grundgesetz verlangt. wenn es auch natürlich richtig erscheint, den Betroffenen in analoger Anwendung des Grundgesetzes eine Entschädigung zuzusprechen. Diese Entschädigung, zu der sich die Bundesregierung ausdrücklich verpflichtet hat, braucht aber nicht im Ratifikationsgesetz selbst schon ausgeworfen zu werden. Ein spatium modicum erscheint um so dringender erforderlich, als zur Zeit noch kein hinreichender Überblick über das Ausmaß des verlorenen Auslandsvermögens vorliegt und die gerechte Abwägung der hier entstehenden Entschädigungsansprüche mit den Ansprüchen der Heimatvertriebenen und Bombengeschädigten noch nicht durchgeführt werden kann. 4. Notstandsklausel Auch bei der Notstandsklausel des Artikels 5 des Deutschlandvertrages handelt es sich um die tatsächliche Hinnahme vorbehaltener Besatzungsrechte mit einer gleichzeitigen Vereinbarung über die mildere Handhabung dieser alliierten Rechte. Die mildere Handhabung liegt in der Anerkennung der Alliierten, daß sie ihre Notstandsrechte nur subsidiär geltend machen und die Bundesregierung dauernd konsultieren werden. Insbesondere kann keine Rede davon sein, daß diese Notstandsbefugnisse der Alliierten auf einer Übertragung seitens der Bundesregierung beruhen. Dabei wurde auch auf § 12 des EVG-Vertrages eingegangen, nach dessen Absatz 2 eine Heranziehung vo EVG-Truppen durch die deutsche Regierung nur im Rahmen des deutschen Verfassungsrechts nöglich ist. Diese Auslegung hat sich die Bundesregierung nach den Erklärungen ihres Vertreters im Ausschuß voll zu eigen gemacht. Damit entfällt auch hier jeder Verfassungsverstoß. Bonn, den 15. November 1952 Dr. Wahl Berichterstatter 2. Bericht des Abgeordneten Dr. Arndt (Minderheitsauffassung) A. Vereinbarkeit des EVG-Vertrages mit dem Grundgesetz? I. Das Grundgesetz hat keine Wehrgewalt konstituiert. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat stets einstimmig die Rechtsüberzeugung vertreten, daß der deutsche Staat in seinen Grenzen von 1937 mit sich selbst identisch rechtlich rortexistiert und jetzt nur einen anderen Namen führt, daß er nicht mehr Deutsches Reich heißt, sondern Bundesrepublik Deutschland. Diese gemeinsame Rechtsüberzeugung hat in der 208. Sit- (Dr. Arndt) zung vom 9. Oktober 1952 (Protokoll S. 8) der Abgeordnete Dr. Kopf nochmals ausdrücklich bestätigt, indem er sich äußerte über „die Anschauung von der Natur der Bundesrepublik. Wir haben über diese Frage schon in früheren Stadien der Verhandlungen des Rechtsausschusses sehr oft gesprochen und haben immer eindeutig dieselbe Linie vertreten, die Herr Dr. Arndt vertreten hat, daß Deutschland identisch ist mit sich selbst, wie es schon vor dem letzten Krieg gewesen ist, und daß Deutschland eben das gesamte Deutschland ist. Wir sind auch Herrn Dr. Arndt dahin gefolgt, daß wir den Begriff der Bundesrepublik auf dieses große Deutschland anwenden wollten... Ferner gingen wir davon aus, daß im Rahmen dieses großen Deutschland das Territorium, das sich mit dem Geltungsbereich unserer Bundesgesetze deckt, allerdings in einem stärkeren Maße sich rechtlich organisiert hat. Wir haben damit die andere Auffassung einer Dachorganisation von Gesamtdeutschland abgelehnt, in dessen Rahmen sich zwei vielleicht noch nicht voll entwickelte Staaten, aber immer zwei Staatsfragmente bilden." Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht war und ist sich also darin einig, daß nach dem Willen des Parlamentarischen Rats und den Vorschriften des Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 der Begriff der Bundesrepublik Deutschland den gesamtdeutschen Staat in den Grenzen des Jahres 1937 umfaßt. Bei der Auslegung des Grundgesetzes ist es daher von Bedeutung, daß es keine Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Gesamtheit ist, sondern daß „die verfassungsmäßige Neuordnung nur für ein Teilgebiet Deutschlands vorgenommen werden konnte." (Gutachten von Mangoldt S. 11) Daraus erklärt es sich, daß die Rücksichtnahme auf die deutsche Einheit den verfassungsgeberischen Arbeiten des Parlamentarischen Rats in einem besonderen Maße ihren Stempel aufdrückte. Es soll nicht behauptet werden, daß für alle Zeit und in jeder. Hinsicht eine Wehrverfassung, die sich auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes beschränkt, unbedingt unvereinbar mit der rechtlichen Einheit ist, die auch die Sowjetzone, Berlin und die Saar als Teile der Bundesrepublik Deutschland umfaßt. Tatsächlich hat der Parlamentarische Rat jedoch nachweisbar das verfassunggeberische Bedenken gehegt, eine besondere Wehrverfassung nur für das deutsche Teilgebiet im Geltungsbereich des Grundgesetzes könne sich für die deutsche Einheit nachteilig oder gefährlich auswirken, zumal in der deutschen Rechtstradition die Auffassung vorherrschte, „die völkerrechtliche Stellung des Reiches als politische Einheit wäre praktisch bedeutungslos ohne Zusammenfassung und einheitliche Organisation der im Reiche vorhandenen Streitkräfte". (Gutachten von Mangoldt S. 22) Insbesondere die Abgeordneten Wagner und Dr. Greve haben daher als frühere Mitglieder auch des Parlamentarischen Rats ausdrücklich bestätigt, daß diese Rücksichtnahme auf die deutsche Einheit ein entscheidender Beweggrund dafür war, daß keine Wehrverfassung in das Grundgesetz aufgenommen wurde. Das Grundgesetz hat zur Frage einer Wehrgewalt sowohl positive als auch negative Entscheidungen getroffen. In der deutschen Rechtstradition stand die Staatsangehörigkeit stets in einem unlösbaren Zusammenhang zur Wehrdienstpflicht. Der Parlamentarische Rat sah sich deshalb vor der Entscheidung, ob er entweder die Staatsangehörigkeit für die Deutschen im Geltungsbereich des Grundgesetzes von der Staatsangehörigkeit der Deutschen außerhalb des Grundgesetzes loslösen und nach dem Territorialprinzip als eine besondere, zum Wehrdienst verpflichtende Staatsangehörigkeit ausgestalten oder ob er unter Verzicht auf die bisher zugehörige Wehrdienstpflicht die Staatsangehörigkeit für alle Deutschen einheitlich belassen sollte. Der Parlamentarische Rat hat sich für die zweite Möglichkeit entschieden und durch Artikel 116 GG die heute noch international anerkannte deutsche Staatsangehörigkeit einheitlich für alle Deutschen ohne Beschränkung auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes erneuert. Diese Staatsangehörigkeit kann daher keine Wehrdienstpflicht mehr mitumfassen. Zugleich hat der Parlamentarische Rat in Artikel 4 Absatz 3 das neue Grundrecht geschaffen, daß niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden kann. Dieser Begriff des Gewissens beschränkt sich, wie die Abgeordneten Frau N a d i g und Dr. Greve als Initianten der Vorschrift bestätigten, nicht nur auf das religiöse Gewissen, sondern erstreckt sich auf jedes weltanschauliche Bekenntnis im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 GG. Die Bundesrepublik Deutschland will sich also durch Gewährung dieses Grundrechts als ein Staat verstehen, der für den Kriegsdienst nicht die Gewissen fordert. Der Antrag des Abgeordneten Dr. Heuss im Parlamentarischen Rat, diese Vorschrift zu streichen, weil die allgemeine Wehrpflicht ein legitimes Kind der Demokratie sei, ist abgelehnt worden. In negativer Hinsicht hat das Grundgesetz das in Artikel 112 Absatz 2 der Weimarer Reichsverfassung gewährleistete Grundrecht, daß alle Reichsangehörigen inner- und außerhalb des Reichsgebietes Anspruch auf den Schutz des Reiches gegenüber dem Ausland haben, nicht in den Kata log seiner Grundrechte aufgenommen, weil es davon abgesehen hat, für die Übergangszeit, für die es nach seiner Präambel im Zusammenhang mit Artikel 146 GG für nur ein Teilgebiet der Bundesrepublik Deutschland allein gelten will, überhaupt irgendeine Schutzkompetenz der öffentlichen Gewalt zu konstituieren. Nach langen und eingehenden Verhandlungen hat der Parlamentarische Rat vielmehr zu Artikel 73 Nr. 1 GG den wiederholten Antrag abgelehnt, zusätzlich zur Kompetenz für die auswärtigen Angelegenheiten eine Kompetenz zum Schutz des Bundes nach außen oder zu seiner Sicherung zu schaffen. Man wollte keine Wehrgewalt der neuen Verfassungsorgane konstituieren, und man hat sie deshalb nicht konstituiert. Zugleich war man sich darin einig, daß die Kompetenz für die auswärtigen Angelegenheiten keine Kompetenz zu einer Wehrgewalt mit umfaßt. II. Die Wehrgewalt kann auch nicht völkerrechtlich begründet werden. Einigkeit herrschte darüber, daß es nach dem Völkerrecht jedem Staat freisteht, selbst darüber zu bestimmen, ob und wie er sich verteidigen will. Durch Artikel 26 Absatz 1 GG hat auch die Bundesrepublik Deutschland mittelbar diesen völ- (Dr. Arndt) kerrechtlichen Status für sich in Anspruch genommen. Aber diese völkerrechtliche Befugnis zur Selbstverteidigung begründet innerhalb der verfassungsrechtlichen Ordnung noch keine Kompetenz zur Wehrgewalt. „Aus der völkerrechtlichen Befugnis zur Selbstverteidigung ergeben sich keine unmittelbaren innerstaatlichen Rechtssätze" (Gutachten Scheuner S. 46). Diese Freiheit bedeutet nicht mehr, als daß kein fremder Staat völkerrechtliche Einwendungen dagegen erheben kann, wenn die Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe ihrer verfassungsrechtlichen Ordnung eine Wehrgewalt konstituiert und eine bewaffnete Streitmacht aufstellt. Ob und welche Kompetenzen aber ihre Verfassungsorgane hierzu haben, folgt nicht aus dem Völkerrecht, sondern kann nur aus dem Grundgesetz abgeleitet werden, das seinerseits absichtlich und ausdrücklich eine derartige Kompetenz verweigert hat. Insbesondere der Abgeordnete Dr. G r e v e hat als früheres Mitglied des Parlamentarischen Rates unwidersprochen hervorgehoben, daß — wie die Verhandlungsprotokolle zu Artikel 73 Nr. 1 GG ausweisen — die Sozialdemokratische Partei Deutschlands andernfalls dem Grundgesetz ihre Zustimmung versagt hätte. Ohne diese Zustimmung hätte nach den damaligen Mehrheitsverhältnissen weder im Parlamentarischen Rat noch in einer genügenden Anzahl der Landtage das Grundgesetz angenommen werden können. Man kann nicht nachträglich dadurch, daß man in das Grundgesetz zusätzlich etwas ihm Fremdes hineininterpretiert, diese Entscheidung der Verfassunggebenden Versammlung aufheben. III. Eine Integration des Geltungsbereichs des ' Grundgesetzes als eines Teilgebiets der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft wäre ein unmittelbarer und tiefgreifender Wandel der verfassungsrechtlichen Struktur des Grundgesetzes. Das Gesamtbild des verfassungsrechtlichen Zustandes vor und nach den Verträgen ist „in einem solchen Maße verschieden, daß man nicht wohl behaupten kann, es handele sich nur um eine tiefgreifende Änderung des Rechtszustandes, nicht aber des Verfassungsrechts, so daß das Grundgesetz unberührt bleibe" (Gutachten Thoma S. 5). IV. Auch Artikel 24 GG ermöglicht keine Beteiligung an einer supranationalen Wehrgewalt. 1. Der Artikel 24 Absatz 1 GG läßt unter bestimmten Voraussetzungen und lediglich nach einer bestimmten Richtung hin zwar einen Organwechsel zu, befreit im übrigen aber nicht von den Vorschriften der verfassungsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes. Daß Hoheitsrechte durch Gesetz auf eine zwischenstaatliche Einrichtung übertragen werden können, bedeutet, daß an die Stelle eines vom Grundgesetz verfassungsrechtlich bestimmten Organs die zwischenstaatliche Einrichtung treten darf. Der Artikel 24 Absatz 1 GG gewährt also (von der Verfahrensregelung abgesehen) nicht selbst eine Kompetenz, sondern ergänzt die Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes. Ob unter einem Gesetz im Sinne des Artikels 24 Absatz 1 GG notwendig ein sogenanntes einfaches Gesetz verstanden werden muß, kann hier dahingestellt bleiben; jedenfalls bezieht sich im Grundgesetz der Begriff des Gesetzes, z. B. in Artikel 20 und Artikel 79 wiederholt auch auf verfassungändernde oder verfassungergänzende Gesetze. Selbst bei weitester Auslegung kann Artikel 24 Absatz 1 GG nicht mehr bedeuten, als daß z. B. Artikel 88 GG wie folgt zu lesen ist: „Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank oder als Bank einer zwischenstaatlichen Einrichtung," und daß etwa Artikel 73 Ziffer 7 GG in Verbindung mit Artikel 77 Absatz 1 Satz 1 GG und mit Artikel 24 Absatz 1 GG in der Fassung des Artikels 70 Absatz 1 wie folgt zu lesen ist: „Dem Bundestag wird die Gesetzgebungsbefugnis über das Post- und Fernmeldewesen mit der Maßgabe verliehen, daß er es durch Gesetz auch auf eine zwischenstaatliche Einrichtung übertragen kann." Während sonst die verfassungsrechtlich bestimmten Kompetenzen, die nach Artikel 20 Absatz 2 GG notwendig organgebunden sind, ohne Verfassungsänderung ausschließlich durch das im Grundgesetz selbst bestimmte Verfassungsorgan hätten ausgeübt werden dürfen, hat Artikel 24 Absatz 1 GG verfassungskräftig bereits die ergänzende Regelung getroffen und vollzogen, daß unter bestimmten Voraussetzungen und in gewissen Grenzen das Organ in der Weise auswechselbar ist, daß an die Stelle eines nationalen Verfassungsorgans eine zwischenstaatliche Einrichtung treten kann. Mehr als diese immerhin außerordentlich bedeutsame Neuerung ist durch Artikel 24 Absatz 1 GG nicht bestimmt, insbesondere enthält Artikel 24 Absatz 1 GG weder seinem Wortlaut noch seiner Entstehungsgeschichte noch seiner Stellung im System nach irgendeine Kompetenz, die dazu ermächtigt, öffentliche Gewalt neu zu schaffen. Der Artikel 24 Absatz 1 GG gewährt deshalb keine Befugnis, auf supranationaler Ebene eine Wehrgewalt zu konstituieren. Abschließend sei bemerkt, daß diese Auslegung auch die einzige ist, die keinen unlösbaren Widerspruch zu Artikel 79 GG zur Folge hat. Der durch Artikel 24 Absatz 1 vorweggenommene Organwechsel darf sich ausschließlich in der Richtung vollziehen, daß an die Stelle der nationalen eine internationale Instanz tritt. Diese Instanz muß eine zwischenstaatliche Einrichtung sein. Sie kann also nicht selbst ein Staat oder ein Oberstaat werden. Daher berechtigt Artikel 24 Absatz 1 GG in keinem Fall zur Ausübung einer verfassunggebenden Gewalt auf supranationaler Basis, zumal Artikel 146 GG den vom Grundgesetz konstituierten Verfassungsorganen nicht einmal für den Gesamtbereich der Bundesrepublik Deutschland die verfassunggebende Gewalt anvertraut. Außerdem darf bei Beachtung des unumstrittenen Grundsatzes, daß eine Verfassung als ein unteilbares Ganzes aufzufassen und auszulegen ist, die Anwendung des Artikels 24 Absatz 1 GG nicht den Artikel 20 GG verletzen, zumal dessen Bestimmungen durch Artikel 79 GG sogar für unantastbar erklärt und selbst der verfassungändernden Gewalt entzogen sind. Bei der zwischenstaatlichen Einrichtung muß es sich deshalb um eine Staatengemeinschaft handeln, in der die Bundesrepublik Deutschland mit gleichem Rang Mitglied ist und deren Staatengemeinschaftsrecht die unabdingbaren Strukturprinzipien des Grundgesetzes wahrt. Weder die Europäische Verteidigungsgemeinschaft noch die Nordatlantikpakt-Organisation sind solche zwischenstaatlichen Einrichtungen. (Dr. Arndt) Die Bundesrepublik Deutschland soll auch nach den Verträgen kein Mitglied der NordatlantikpaktOrganisation werden. Sie kann daher auf diese Organisation oder deren Oberbefehlshaber auch keine Hoheitsrechte nach Artikel 24 Absatz 1 GG übertragen. Hiergegen verstößt die Abrede, daß der NATO-Oberbefehlshaber bereits im Frieden und jedenfalls im Kriege den unabdingbaren Oberbefehl über die deutschen Kontingente innerhalb der Europa-Armee führen soll. Auch die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ist keine zwischenstaatliche Einrichtung im Sinne des Artikels 24 Absatz 1 GG. Die Bundesrepublik Deutschland wird nicht Mitglied mit gleichem Rang, da alle übrigen Mitglieder außer ihr die doppelten Rechte haben, indem sie zugleich auch Mitglieder der Nordatlantikpakt-Organisation bleiben. Davon abgesehen verletzt die vertraglich vereinbarte Organisation der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft in mehrfacher Hinsicht die unabdingbaren Strukturprinzipien des Grundgesetzes. Sowohl das Kommissariat als auch der Ministerrat sollen in einer Hand gesetzgebende und vollziehende Gewalt vereinen. Der Bundestag soll seine Rechte, über die Bewilligung der Wehrausgaben zu entscheiden und über deren Verwendung Rechenschaft zu fordern, verlieren, ohne daß die bei der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft gebildete Versammlung gleichartige Rechte bekommt. Die Struktur der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft ist daher sowohl mit dem Prinzip der parlamentarischen Kontrolle als auch dem Prinzip der Gewaltenteilung unvereinbar. Da alle beteiligten Staaten in ihrem Staatsrecht diese Prinzipien anerkannt und durchgeführt haben, hätte es keine Schwierigkeiten zu bilden brauchen, auch die Europäische Verteidigungsgemeinschaft als zwischenstaatliche Einrichtung nach denselben Prinzipien zu gestalten. Für die verfassungsstaatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland erlaubt jedenfalls der durch Artikel 79 GG für unantastbar erklärte Artikel 20 Satz 2 GG nicht, Kompetenzen (Hoheitsrechte) auf eine zwischenstaatliche Einrichtung zu übertragen, die ohne Gewaltenteilung organisiert ist. 2. Der Artikel 24 Satz 2 GG gewährt ebenfalls keine Kompetenz, sondern erlaubt nach dem Vorbild der französischen und italienischen Verfassung nur die Beschränkung der vom Grundgesetz gewährten Befugnisse. Diese Vorschrift enthält ebensowenig eine „Einordnungskompetenz", wie Artikel 32 GG als eine Pflegekompetenz für die auswärtigen Beziehungen gedeutet werden darf. Daß Artikel 32 GG keine Konstituierung einer Kompetenz ist, folgt aus seinem Zusammenhang mit den Artikeln 59, 73 Ziffer 1 und 87 Absatz 1 GG, wo die entsprechenden Kompetenzen ausdrücklich verliehen sind. Auch Artikel 21 GG gewährt dem Bundesverfassungsgericht keine Kompetenz, verfassungändernde Entscheidungen zu fällen, sondern regelt ausschließlich das Verfahren zur Feststellung einer bereits nach dem Grundgesetz selbst unmittelbar eingetretenen Verfassungswidrigkeit. So beweist bereits die Einordnung des Artikels 24 in den II. Abschnitt des Grundgesetzes, der sowohl den rechtlichen Status des Bundesstaates selbst als auch seine rechtliche Eingliederung in die Staatenwelt und seine Rechtsbeziehungen zu den Gliedstaaten, nicht aber die öffentliche Gewalt gegenüber den Staatsangehörigen regelt, daß Artikel 24 GG nicht zu den kompetenzbegründenden Vorschriften gehört, sondern im Zusammenhang mit Artikel 20 GG die Prinzipien aufstellt, durch die alle öffentliche Gewalt gebunden ist. Ebenso wie Artikel 24 Absatz 1 GG in Ergänzung sämtlicher Kompetenzvorschriften bestimmt, daß die Organe dieser Kompetenzen auswechselbar sind, so bestimmt Artikel 24 Absatz 2 GG in Ergänzung aller Kompetenzvorschriften, daß die vom Grundgesetz verliehenen Kompetenzen beschränkbar sind, um die Einordnung in ein System der kollektiven Sicherheit zu ermöglichen. Die Bundesrepublik Deutschland beansprucht also nicht mehr unabdingbare und unbeschränkbare Kompetenzen als für ihre Souveränität wesensnotwendig nach der Art der früheren in sich geschlossenen Nationalstaaten. Dagegen ist es weder nach dem Wortlaut noch nach der Entstehungsgeschichte noch nach dem System des Grundgesetzes zulässig, in den Artikel 24 Absatz 2 GG eine „Einordnungskompetenz" hineinzuinterpretieren, die von allen übrigen Vorschriften des Grundgesetzes, vielleicht mit Ausnahme der Grundrechte, befreit sei. Dadurch würde sich insbesondere auch ein unlösbarer Widerspruch mit Artikel 79 GG ergeben. Man kann die beiden Halbsätze des Artikels 24 Absatz 2 nicht voneinander trennen, sondern muß sie nach ihrem klaren Wortlaut dahin verstehen, daß sie nichts anderes bedeuten. als daß alle vom Grundgesetz gewährten Kompetenzen von vornherein als beschränkbar konstituiert sind. Irgendeine Befugnis, auf einer supranationalen Basis eine Wehrgewalt zu schaffen, läßt sich daraus in keiner Weise ableiten. Auch hat die Bundesregierung selbst anerkannt, „daß eine Beteiligung an einem kollektiven Sicherheitssystem nicht notwendig eine bewaffnete Teilnahme voraussetze" (Stellungnahme vom 18. August 1952 S. 26) Unzulässig ist auch der Versuch, den Begriff eines Systems der kollektiven Sicherheit so aufzuweichen, daß er jedes Bündnis, jede Allianz und jede Koalition umfaßt. Die für diesen Versuch vorgebrachte Begründung ist eine rein politische und reicht nicht aus. Es mag durchaus sein, daß — besonders angesichts der gegenwärtigen Weltlage — sich ein System der kollektiven Sicherheit nicht verwirklichen läßt und infolgedessen einem Bündnis politisch der Vorzug zu geben ist. Der Artikel 59 GG bietet die legitime Möglichkeit zum Abschluß von Bündnisverträgen mit der Maßgabe, daß sie nicht aggressiv gewollt sein dürfen, weil sowohl das Verbot des Angriffskrieges in Artikel 26 Absatz 1 GG als auch die verfassungskräftige Richtlinie in der Präambel, daß Deutschland dem Frieden zu dienen habe, irgendwelche aggressiven Ziele von Verfassungs wegen ausschließt. Für den Abschluß von Bündnissen gilt also sonst die allgemeine Regel des Artikels 59 GG. Völkerrechtliche Verträge dürfen insoweit unbestreitbar vom Grundgesetz nicht abweichen. Die Beschränkbarkeit der Kompetenzen (Hoheitsrechte), soweit sie dadurch in ihrer Substanz vermindert und nicht nur durch Verpflichtungen gebunden werden, ist dagegen durch Artikel 24 Absatz 2 allein für die Beteiligung an einem System der kollektiven Sicherheit erlaubt. Ein solches System ist demnach nicht bereits jeder Pakt, der der Sicherheit dient, sondern es muß sich um ein System handeln, und dieses System muß überdies ein kollektives sein. Der Abgeordnete Dr. Schmid (Tübingen), der als Mitglied des Parlamentarischen Rats zu den Schöpfern des Artikels 24 GG gehört, hat klar dargelegt, wie er sich bei der Schaffung des Grundgesetzes den Inhalt dieses Begriffs gedacht hat. Das System der kollektiven Sicherheit (Dr. Arndt) zeichnet sich dadurch aus, daß es keine Entscheidung gegen einen Dritten ist, also nicht mehrere Staaten, die sich für gefährdet halten, zur Abwehr gegen einen möglichen Angreifer zusammenschließt. Das wäre ein Verteidigungsbündnis, welches, wie gesagt, nach Artikel 59 GG zulässig ist und politisch für die Sicherheit durchaus sinnvoll sein kann. Ein kollektives System der Sicherheit bedeutet im Unterschied zu einem solchen Bündnis, daß es mindestens die in einem Gefahrenbereich liegenden Staaten einschließlich des möglichen (virtuellen) Angreifers zu einer Gefahrengemeinschaft zusammenschließt und zwar unter der Beteiligung von dritten Mächten, die als Garanten hinzutreten. Der mögliche Angreifer soll i n n er-halb eines solchen Systems gerade dadurch, daß er selbst ihm angehört, zu einem Verzicht auf militärische Gewalt gezwungen werden. Auch charakterisiert sich eine derartige Gefahrengemeinschaft durch die Allgemeinheit ihres Vertragsrechts, dessen internationale Gerichtsbarkeit sich nicht auf die Streitigkeiten lediglich über die Auslegung des Vertrages selbst beschränken darf, sondern auf alle zwischen den am System beteiligten Staaten vorkommenden Konflikte erstreckt. Der Sinn eines solchen Systems ist also, die Verteidigung dadurch entbehrlich zu machen, daß es eine positive Sicherheit schafft, deren Verwirklichung die Gefahr eines Angriffs und somit die Vorsorge für eine Verteidigung gegen den Angriff ausschließt. Ihrem Wesen nach muß deshalb ein solches System auch offen, d. h. universell orientiert sein, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob die Universalität, wie die Völkerrechtslehre zumindest früher angenommen hat, notwendig eine mondiale sein muß oder auch räumlich eine regionale sein kann. Universalität ist in diesem Zusammenhang kein räumlicher Begriff, sondern ein rechtlich-sachlicher, der die vollständige Umschließung des Gefahrenbereichs bedeutet. Daß der Atlantikpakt kein System der kollektiven Sicherheit in diesem Sinn ist, wird in Großbritannien anerkannt. Auch die Europäische Verteidigungsgemeinschaft wäre kein solches System, da sie den möglichen Angreifer, nämlich die Sowjetunion, gerade nicht mit umfaßt, sondern die gefährdeten Staaten zu einer Verteidigung gegen die Gefahr einer sowjetischen Aggression zusammenschließt. Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ist daher ein Bündnis, das nur nach Maßgabe des Artikels 59 GG unter dessen allgemeinen Voraussetzungen und ohne jede Abweichung vom Grundgesetz abgeschlossen werden könnte. Denn die Gegenseitigkeit bedeutet gerade, daß die Beteiligten sich den Frieden untereinander gewährleisten sollen. Nicht dagegen kann aus dem Erfordernis der Gegenseitigkeit gefolgert werden, daß sie sich mit den gleichen Mitteln an der gemeinsamen Verteidigung nach außen beteiligen. Würde Gegenseitigkeit statt dessen die Gleichheit der Rechte und die Gleichheit der Pflichten erfordern, so ist eine solche Gegenseitigkeit durch die Europäische Verteidigungsgemeinschaft gerade nicht geschaffen, weil sie mit dem Atlantikpakt und dem Generalvertrag gekoppelt ist; weder der Generalvertrag noch der Atlantikpakt lassen die Gleichberechtigung der Bundesrepublik Deutschland innerhalb der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft zu. Nach Artikel 24 Absatz 2 GG kann daher der Abschluß des Vertrages über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft nach keiner Richtung hin gestutzt werden. Die den Wortlaut vergewaltigende Behauptung, daß Artikel 24 Absatz 2 GG eine vom Grundgesetz befreiende und selbständige Kompetenz zur Einordnung in ein Sicherheitssystem enthalte, will nichts anderes besagen, als daß angeblich das Grundgesetz außer der verfassungändernden und verfassungergänzenden Gewalt in Artikel 79 GG und im Widerspruch zur verfassunggebenden Gewalt des ganzen deutschen Volkes nach Artikel 146 GG noch eine zweite und selbständige verfassunggebende Gewalt des sogenannten einfachen Gesetzgebers konstituiere. Diese Behauptung macht geltend, daß im Wege des einfachen Gesetzes (von dem übrigens in Artikel 24 Absatz 2 GG überhaupt nicht einmal die Rede ist) die jeweilige Bundestagsmehrheit für eine kommende Europäische Staatengemeinschaft oder für einen Europäischen Bundesstaat die unbeschränkte verfassunggebende Gewalt ausüben könne. Hiermit wird nichts anderes erklärt, als daß Artikel 24 Absatz 2 GG selbst die Möglichkeit geschaffen habe im Wege einer außerordentlichen Verfassungs änderung die verfassungsstaatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland aufzuheben. Ein solcher Widersinn, der sich nach keiner Auslegungsregel rechtfertigen läßt, darf unmöglich in eine einzelne Vorschrift des Grundgesetzes hineininterpretiert werden. V. Zusammenfassung Der EVG-Vertrag ist daher mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Das Grundgesetz erlaubt ohne Verfassungsergänzung weder das Aufstellen einer bewaffneten Macht noch irgendeine Ausübung der Wehrgewalt, insbesondere durch Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Auch im einzelnen lassen sich eine Reihe von Bestimmungen des EVG-Vertrages mit dem Grundgesetz nicht in Einklang bringen, ohne daß darauf hier im besonderen noch eingegangen werden kann. Hervorzuheben ist lediglich, daß die Notstandsvorschriften in Artikel 12 des EVG -Vertrages im Widerspruch mit dem Grundgesetz stehen. Das Grundgesetz hat die Notstandsrechte abschließend geregelt und nach den Erfahrungen der Weimarer Zeit in einer klaren und nüchternen Weise Gewicht darauf gelegt, eine Diktaturgewalt nach Art des Artikels 48 GG der Weimarer Reichsverfassung auszuschließen. Dem Bund sind ausdrücklich sogar eigene Polizeikräfte versagt worden, außer daß er im Rahmen des Artikels 91 GG sich Polizeikräfte der Länder unterstellen darf. Dagegen soll Artikel 12 des EVG-Vertrages bedeuten, daß der Bundeskanzler oder die Bundesregierung die deutschen Kontingente aus der Europa-Armee anfordern können und im Innern als bewaffnete Macht gegen die eigene Bevölkerung einsetzen dürfen, und zwar bereits dann, wenn nach ihrem Ermessen irgendwelche Unruhen nur drohen. Diese fast unbegrenzte Erweiterung der einem Bundeskanzler zustehenden Rechte zur bewaffneten Diktaturgewalt ist mit Artikel 91 GG schlechterdings unvereinbar. Das Grundgesetz enthält auch keine Regelung über eine Kriegserklärung, die bei einem Verteidigungskriege in Betracht kommt und von rechtlicher Bedeutung sein kann. Nach dem EVG-Vertrag besteht die Gefahr, daß allein bereits das deutsche Mitglied im Ministerrat sich an einer Entscheidung beteiligen könnte, die der Sache nach eine Erklärung des Verteidigungskrieges bedeutet. Die Einräumung einer so außerordentlichen Machtbefugnis widerspricht in jeder Hinsicht den Vorschriften und dem Geist des Grundgesetzes, zumal (Dr. Arndt) die Weimarer Verfassung für eine entsprechende Entscheidung den Erlaß eines Reichsgesetzes vorschrieb. B. Vereinbarkeit des Generalvertrags mit dem Grundgesetz? I. Der Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrags ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Der Artikel 7 Absatz 3 des Generalvertrags läßt die Regelung für den Fall offen, daß die Einheit der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie gegenwärtig durch Besatzungsmaßnahmen gestört ist, in vollem Umfang wiederhergestellt wird. Diese Regelung entspricht insoweit der Rechtslage, als die gegenwärtigen Verfassungsorgane im Geltungsbereich des Grundgesetzes zwar berufen sind, die Rechte aller deutschen Staatsangehörigen wahrzunehmen, aber nicht legitimiert sind, Verpflichtungen für die deutschen Staatsangehörigen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes und somit für die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Gesamtheit zu begründen. Allerdings schließt Artikel 7 Absatz 3 des Generalvertrags die Gefahr nicht aus, daß die Besatzungsmächte wieder die oberste Gewalt beanspruchen, falls die wiedervereinigte Bundesrepublik Deutschland als Gesamtheit nicht die Verpflichtungen aus den Vertragswerken übernimmt. Im einzelnen hat der zum Generalvertrag zugehörige Überleitungsvertrag daher auch nicht ausgeschlossen, daß Reparationsforderungen aus der laufenden Produktion etwa seitens der Republik Frankreich gegenüber Gebieten außerhalb des gegenwärtigen Geltungsbereichs des Grundgesetzes noch erhoben werden. In jedem Fall bezieht sich Artikel 7 Absatz 3 des Generalvertrags nur auf den Rechtszustand, der nach der Wiedervereinigung eintreten soll. Dagegen kann und will Artikel 7 Absatz 3 des Generalvertrags nichts darüber besagen, ob und wie es zur Wiedervereinigung kommt. Rechte und Pflichten im Hinblick auf das Wiedervereinigen als Vorgang und Verfahren bestimmt vielmehr Artikel 7 Absatz 2. Dessen Vorschriften sind also von entscheidender Rechtsbedeutung dafür, o b das Wiedervereinigen überhaupt zulässig ist. Enthält Artikel 7 Absatz 2 ein Rechtsverbot oder eine rechtliche Einschränkung für das Wiedervereinigen, so sperrt diese Vorschrift ganz oder teilweise den Eintritt des Zustandes, der in Artikel 7 Absatz 3 des Generalvertrags als bereits geschaffen vorausgesetzt wird. Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrags bestimmt, daß bis zum Abschluß der friedensvertraglichen Regelung die Bundesrepublik (womit offenbar nur der Geltungsbereich des Grundgesetzes und die in ihm konstituierten Verfassungsorgane gemeint sind) und die Drei Mächte zusammenwirken, um mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel zu verwirklichen: ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung ähnlich wie die Bundesrepublik besitzt und das in die europäische Gemeinschaft integriert ist. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht war zusammen mit den Vertretern der Bundesregierung sich darin einig, daß diese Vorschrift mehr enthält als ein politisches Programm, also daß sie eine völkerrechtliche Verpflichtung zu einem solchen Zusammenwirken begründet. Selbstverständlich sind völkerrechtliche Verträge in ihrer Geltung unabhängig von dem Bestand der Regierung, die sie abgeschlossen und dem Bestand einer Volksvertretung, die ihnen zugestimmt hat. Daran hat niemals irgendein Zweifel bestanden. Selbstverständlich beeinträchtigt jeder völkerrechtliche Vertrag die Handlungs- und Bewegungsfreiheit der Vertragsstaaten und ihrer Staatsorgane. Auch daran hat niemals irgendein Zweifel bestanden. Völkerrechtliche Verpflichtungen können jedoch nicht unbeschränkt, sondern nur in den Grenzen des Verfassungsrechts übernommen werden. Das verfassungsrechtliche Problem ist daher, ob Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrags verfassungsrechtliche Beschränkungen, die den Verfassungsorganen im Grundgesetz auferlegt sind, verletzt oder überschreitet. Unstreitig gewährt das Grundgesetz keine absolute Vertragsfreiheit bei Ausübung der auswärtigen Gewalt. So sind z. B. unbestritten durch Artikel 26 Absatz 1 GG Bündnisse, die sich auf einen Angriffskrieg richten, als verfassungswidrig ausgeschlossen. Unstreitig ergeben sich weitere Einschränkungen aus den verfassungskräftigen Legitimitätsgrundlagen in der Präambel des Grundgesetzes. Im Ausschuß herrschte Einigkeit darüber, daß die Präambel des Grundgesetzes für alle eine Verfassungspflicht begründet, die nationale und staatliche Einheit zu wahren sowie die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Daraus ergab sich die weitere Einigkeit, daß kein völkerrechtlicher Vertrag abgeschlossen werden darf, der die Unfreiheit etwa durch einen Anschluß an das totalitäre Regime der Sowjetunion zum Inhalt habe. Auch war man einig darüber, daß infolgedessen Artikel 65 GG nicht erlaubt, einen das Gebot der Freiheit verletzenden Anschluß an ein Regime der Unfreiheit zur Richtlinie der Politik eines Bundeskanzlers zu machen. Schließlich war sich der Ausschuß auch darin einig, daß die verfassungskräftigen Gebote in den Legitimitätsgrundlagen des Vorspruchs zum Grundgesetz es verbieten, durch eine völkerrechtliche Vereinbarung auf die Wahrung der deutschen Einheit in Freiheit zu verzichten. Nach der Rechtsüberzeugung einer Minderheit, für die ich zu berichten habe, läßt sich Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrags daher aus entsprechenden Gründen nicht mit dem Grundgesetz in Einklang bringen. Durch Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrags verpflichtet sich die Bundesrepublik Deutschland nicht nur, mit den Drei Mächten zusammenzuwirken, um ein vereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung besitzt, zu verwirklichen (welche Verpflichtung ohnehin schon nach dem Grundgesetz für alle von ihm konstituierten Verfassungsorgane besteht), sondern es wird darüber hinaus die völkerrechtliche Verpflichtung übernommen, ein wiedervereinigtes Deutschland zu verwirklichen, „das in die europäische Gemeinschaft integriert ist". Dieser Zusatz verweist eindeutig auf Absatz 7 des Vorspruchs zum Generalvertrag. Die europäische Gemeinschaft ist hier nicht eine beliebige europäische Gemeinschaft, sondern ist diejenige konkrete und besondersartige Gemeinschaft, für welche der Vertrag über die Gründung der europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl sowie der Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft als wesentliche Schritte anerkannt werden. Dieses Anerkenntnis im Absatz 7 des Vorspruchs ist ein rechtliches und verpflich- (Dr. Arndt) tendes Anerkenntnis. Die Montan-Union und die Verteidigungsgemeinschaft werden zwar nicht in der Weise mit der europäischen Gemeinschaft gleichgesetzt, daß sie schon für sich allein die endgültige und abschließende Verwirklichung der Gemeinschaft sind, aber ihre Anerkennung als wesentliche Schritte hat die Rechtsbedeutung, daß sowohl die Montan-Union als auch die Verteidigungsgemeinschaft als wesentlich, d. h. als essentiell und insoweit den rechtlichen Status auch der in Artikel 7 Absatz 2 genannten europäischen Gemeinschaft bestimmend anerkannt werden. Gegenüber dieser eindeutigen wechselseitigen Bezugnahme zwischen Artikel '7 Absatz 2 und Absatz 7 in der Präambel haben die Regierungsvertreter im Ausschuß keinerlei Gewähr dafür bieten können, daß die von ihnen vertretene Auslegung, der Artikel '7 Absatz 2 beziehe sich auf eine beliebige und weder durch die Montan-Union noch die Verteidigungsgemeinschaft als für sie wesentlich gekennzeichnete europäische Gemeinschaft, auch mit der Auslegung übereinstimmt, die dieser Abrede von den Drei Mächten gegeben wird. Die durch Artikel 7 Absatz 2 übernommene Verpflichtung, eine Wiedervereinigung Deutschlands nur unter der Voraussetzung und der besonderen Bedingung zu verwirklichen, daß dieses Deutschland in die europäische Gemeinschaft integriert sein muß, gehört ferner zu den Verpflichtungen nach Artikel 7 Absatz 3 Satz 2 des Generalvertrags, durch die sich die Bundesrepublik Deutschland bindet, keine Abkommen abzuschließen und keiner Abmachung beizutreten, die eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland mindern würde. Der Generalvertrag soll daher den im Geltungsbereich des Grundgesetzes konstituierten deutschen Verf assungsorganen die völkerrechtliche Verpflichtung auferlegen, nur unter der Voraussetzung und der besonderen Bedingung die Einheit in Freiheit zu wahren und zu vollenden, daß Deutschland in die europäische Gemeinschaft integriert wird, für die sowohl die Montan-Union als auch die Verteidig ungsgemeinsehaft wesentlich und statusbestimmend sind. Eine solche Bindung kann ohne Widerspruch gegen die verfassungskräftige Legitimationsgrundlage im Vorspruch zum Grundgesetz nicht eingegangen werden und ist daher mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Aber auch dann, wenn unter der europäischen Gemeinschaft im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 des Generalvertrages jede beliebige Gemeinschaft europäischer Art verstanden werden dürfte, bleibt diese Abrede mit dem Grundgesetz unvereinbar. Der Begriff der Integration hat, wie auch die Regierungsvertreter im Ausschuß eingeräumt haben, eine spezifische Rechtsbedeutung. Integriert ist ein Staat dann, wenn er in eine Staatengemeinschaft so eingegliedert wird, daß für ihn das Staatengemeinschaftsrecht bestimmend ist und er insoweit seine Selbständigkeit verloren hat. Es wäre ein Irrtum, unser Bedenken so mißzuverstehen, daß die gleichzeitige Wiedervereinigung Deutschlands und seine Integrierung in eine Staatengemeinschaft europäischer Art nach dem Grundgesetz unzulässig wäre. Nicht die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit des positiv mit dem Generalvertrag beschrittenen Weges wird behauptet, sondern geltend gemacht wird, daß es nach dem Grundgesetz nicht statthaft ist, alle übrigen Möglichkeiten für die Einheit in Freiheit negativ dadurch auszuschließen. Eine solche Maßnahme kann nicht durch die Berufung auf die Präambel gerechtfertigt werden. Die unstreitige Verfassungspflicht, die „nationale und staatliche Einheit zu wahren und . . in freier Selbstbestimmung die Ein- heit und Freiheit Deutschlands zu vollenden", wie der Vorspruch des Grundgesetzes festlegt, bedeutet rechtlich mehr und etwas anderes als das weitere Bekenntnis „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen". Das Bekenntnis zum Dienst am Frieden der Welt in einem vereinten Europa enthält lediglich ein politisches Programm, eine Rechtspflicht allenfalls insoweit, als es den Gebrauch unfriedlicher Mittel für die Politik untersagt. Im übrigen ist dieses Bekenntnis zum Dienst am Frieden in einem vereinten Europa lediglich eine declaration making policy. Ob die Völker und Staaten Europas sich vereinigen und ob sie in ihrer Vereinigung der Bundesrepublik Deutschland die Gleichberechtigung gewähren, hängt nicht allein von Deutschland ab. Dieses Programm richtet sich auf die Zukunft. Der politische Begriff eines vereinten Europas bringt nur den Wunsch nach einer Einigkeit unter den europäischen Nationen zum Ausdruck, besagt aber nichts über seine rechtliche Form und kann daher mit dem spezifischen Rechtsbegriff der Integration nicht gleichgesetzt werden. Vereinen können die Völker und Staaten Europas sich nach ihrem Belieben in verschiedenster Weise, nicht nur durch eine Staatengemeinschaft, sondern einerseits auch durch einen Bundesstaat, andererseits durch einen Staatenbund oder durch bloße Bündnisse. Der rechtlichen Gestaltung einer solchen Vereinigung ist ein freier und jedenfalls wesentlich größerer und andersartiger Raum gelassen, als die spezifische Rechtsform der Integration ihn gewährt. Überdies ist die Gleichberechtigung hierbei ein unabdingbares Merkmal des politischen Programms. Soweit man ihm eine rechtliche Bedeutung beimessen will, ist es daher nur unter der unerläßlichen Voraussetzung der Gleichberechtigung verbindlich. Weder der General-Vertrag noch der EVG-Vertrag gewähren aber der Bundesrepublik Gleichberechtigung. Das bestreitet auch die Bundesregierung nicht. Die Notstandsrechte der Drei Mächte nach dem Generalvertrag schließen eine Gleichberechtigung Deutschlands aus. Ebenfalls wird Deutschland die Gleichberechtigung dadurch versagt, daß der EVG-Vertrag mit dem Atlantikpakt gekoppelt ist, alle übrigen Mitglieder der Verteidigungsgemeinschaft anders als allein Deutschland auch Mitglieder des Atlantikpakts bleiben und die deutschen Kontingente innerhalb der europäischen Armee der Verfügung des NATO-Oberbefehlshabers unterstellt werden. Schließlich kann — und dies vor allem ist das Entscheidende — aus dem politischen Bekenntnis zum Dienst am Frieden der Welt in einem vereinten Europa keineswegs gefolgert werden, daß die unbestrittene Verfassungspflicht, die nationale und staatliche Einheit zu wahren sowie die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden, irgendwie davon abhängig oder dadurch bedingt sein soll, daß auch zugleich Europa vereinigt und Deutschland ein gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa wird, was übrigens auch nur dadurch geschehen könnte, daß die Saar als Teil der Bundesrepublik Deutschland anerkannt wird, weil von Gleichberechtigung unmöglich die Rede sein kann, solange einer der europäischen Nationen verwehrt wird, alle ihre Staatsangehörigen in ihrem ein- (Dr. Arndt) heitlichen Staat zusammenzuschließen. Die Verfassungspflicht für alle im Geltungsbereich des Grundgesetzes konstituierten Verfassungsorgane, die Einheit in Freiheit zu wahren und zu vollenden, ist also bedingungslos ausgesprochen und darf daher durch keine völkerrechtliche Vereinbarung an irgendeine Beschränkung oder Voraussetzung geknüpft werden. Kein Verfassungsorgan kann sich binden, diese Verpflichtung nur unter der Bedingung zu erfüllen, daß zugleich auch Europa sich vereint oder jedenfalls Deutschland in irgendeine Staatengemeinschaft europäischer Art integriert wird. Gerade dies aber ist durch Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrages verfassungswidrig geschehen. Die Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland sollen verhindert sein, die Einheit und Freiheit mit anderen Mitteln und auf eine andere Weise zu wahren als einzig und allein durch die Verkoppelung der Wiedervereinigung Deutschlands mit seiner Integrierung in eine europäische Staatengemeinschaft. Daher steht Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrages in einem krassen Widerspruch zum Grundgesetz. Außerdem ist diese Vertragsabrede mit Artikel 65 Absatz 1 GG unvereinbar. Nach dieser Vorschrift bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik. Selbstverständlich wird hierdurch, wie nochmals betont werden muß, in keiner Weise ausgeschlossen, daß die Handlungsfreiheit der Bundesrepublik Deutschland und somit auch ihres jeweiligen Bundeskanzlers durch den Abschluß völkerrechtlicher Verträge tatsächlich eingeschränkt werden kann. Darüber besteht keinerlei Streit. Die Vereinbarung in Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrags hat jedoch einen weitergehenden und rechtlich völlig andersartigen Inhalt, als sonst völkerrechtliche Verträge ihn haben. Durch Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrags wird nicht nur eine völkerrechtliche Pflicht zu einer Gestaltung in der Zukunft übernommen, sondern die Politik unmittelbar selbst, ja sogar spezifisch eine Richtlinie der Politik zum Gegenstand des Vertrages und des Zustimmungsgesetzes gemacht. Dafür findet sich in der Geschichte kein Beispiel, abgesehen vielleicht von § 3 a des Reichsgesetzes vom 30. August 1924 über die Londoner Konferenz (RGBl. II S. 289). Wenn in anderen völkerrechtlichen Verträgen vereinbart wurde, etwa den „Status quo" aufrechtzuerhalten oder z. B. in China bei der Politik der „offenen Tür" zu bleiben oder in Amerika die „gute Nachbarschaft" zu wahren, so hat es sich dabei niemals um in der Zukunft liegende Zielsetzungen gehandelt, sondern ausnahmslos darum, daß unmittelbar durch den Abschluß des völkerrechtlichen Vertrages selbst ein rechtlicher Status anerkannt, geschaffen oder vollzogen wurde mit der Maßgabe, daß die Vertragspartner sich durch ihr Tun und Unterlassen so zu verhalten hatten, daß der den völkerrechtlichen Verträgen bereits entsprechende Zustand in seiner Wirklichkeit Bestand erhalten sollte. Hier dagegen ist die Wiedervereinigung Deutschlands zugleich durch Integration in eine europäische Gemeinschaft keine Zielsetzung, die der Generalvertrag selbst rechtlich in der Weise begründet, daß er einen entsprechenden Status herbeiführt, sondern umgekehrt sollen die Vertragspartner eine Verpflichtung übernehmen, in der Zukunft g es t alt e n d sich so zu betätigen, daß sie ein noch gar nicht erreichtes Ziel erst in späterer Zeit schaffen. Die Wiedervereinigung Deutschlands zugleich mit seiner Integration in eine europäische Gemeinschaft ist daher kein Ergebnis des Generalvertrags, das durch das eigene Verhalten im Tun und Unterlassen zu wahren und das künftig rechtlich gesollt wird, sondern die Beteiligten versprechen sich, daß von ihnen etwas, was gegenwärtig noch kein Sollen begründen kann, in der Zukunft gewollt wird. Sie machen damit ihre Politik, und zwar insbesondere eine Richtlinie ihrer Politik unmittelbar zum Vertragsgegenstand. Dies ist mehr und etwas anderes als eine Bindung im Willen; es ist das Gebot zu einem Wollen. Nach dem deutschen Verfassungsrecht ist es aber unzulässig, im voraus zu vereinbaren und gesetzlich zu bestimmen, was ein künftiger Bundeskanzler als Richtlinie seiner Politik zu wollen hat. Andernfalls könnte jedes parteipolitischePrcgramm zum Gegenstand eines völkerrechtlichen Vertrages mit der Maßgabe gemacht werden, daß ein jeder Bundeskanzler kraft des Zustimmungsgesetzes an dieses Parteiprogramm gebunden bleibt. Bereits in der Weimarer Zeit wurde daher für die entsprechende Klausel in § 3 a des Reichsgesetzes vom 30. August 1924 über die Londoner Konferenz erklärt, daß sie durch Verstoß gegen Artikel 56 der Weimarer Reichsverfassung als kompetenzanmaßend und verfassungsüberschreitend unzulässig war (vgl. Poetzsch-Heffter in JW 1929 S. 3364 Anm. 3 und Karl Loewenstein, Erscheinungsformen der Verfassungsänderung S. 212 Anm. 1). Die gleiche Rechtsauffassung wurde allgemein in der Weimarer Zeit im Jahre 1929 gegenüber dem Entwurf eines Gesetzes gegen die Versklavung des deutschen Volkes (sogenanntes Freiheitsgesetz) geäußert (vgl. Loewenstein a.a.O. S. 211 ff.). Man war darüber einig, daß auch das gesetzgebende Organ sich eine ihm von Verfassungs wegen nicht eingeräumte Kompetenz, nämlich die Bindung eines jeden Reichskanzlers an inhaltlich bestimmte außenpolitische Weisungen, nicht anmaßen dürfe, weil auch das gesetzgebende Organ, wie insbesondere Hugo Preuß in DJZ 1924 Sp. 649 ff. ausgeführt hat, ebensowenig wie ein anderes Verfassungsorgan berechtigt sei, seine eigene Kompetenz sich zu erweitern. Hierbei macht es rechtlich keinen Unterschied, ob ein gegenwärtiger Bundeskanzler mit dieser Kompetenzüberschreitung des gesetzgebenden Organs einverstanden ist oder nicht, da er über die einem jeden Kanzler durch Artikel 65 GG verliehene Kompetenz zu verfügen nicht befugt ist. Die dem gesetzgebenden Organ durch die Kompetenzzuweisung an den Bundeskanzler in Artikel 65 GG gezogene Grenze, daß die Richtlinienbestimmung nicht Gegenstand der Gesetzgebung sein kann, ist auch nicht in der Weise abänderbar, daß diese Richtlinienbestimmung zum Gegenstand eines völkerrechtlichen Vertrages gemacht und erst auf diesem Umwege Inhalt eines Zustimmungsgesetzes wird. Denn auch die Vertragsgewalt, die auszuüben nach Artikel 59 GG der Bundespräsident gemeinsam mit den gesetzgebenden Körperschaften berufen ist, findet eben ihre Grenze in Artikel 65 GG und darf in die Richtlinienbestimmung nicht eingreifen. Praktisch bedeutet dies: In Ausübung der auswärtigen Gewalt kann nach Artikel 59 GG selbstverständlich ein mit dem Grundgesetz vereinbarer völkerrechtlicher Vertrag abgeschlossen werden, der mittelbar und tatsächlich auch die politische Bewegungsfreiheit des in seiner Richtlinienbestimmung sonst freien Bundeskanzlers einschränkt, und zwar dadurch einschränkt, daß ein jeder Bundeskanzler während der Geltung des Vertrags verpflichtet bleibt, ebenso wie alle übrigen Verfassungsorgane, den rechtlichen Pflich- (Dr. Arndt) ten aus dem Vertrage nachzukommen. Dagegen kann infolge der Kompetenzzuweisung in Artikel 65 GG kein Bundeskanzler gezwungen werden, einen solchen Vertrag als politisch richtig zu wollen; es steht ihm vielmehr frei, die Beendigung des Vertrages mit völkerrechts- und vertragsgemäßen friedlichen Mitteln zur Richtlinie seiner Politik zu machen, insbesondere auch auf eine Revision des Vertrages hinzuarbeiten. Die Klausel in Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrags dagegen macht die Integration Deutschlands als einzigen Weg und als ausschließliches Mittel zu seiner Wiedervereinigung auch zur Richtlinie der Politik nicht nur des gegenwärtigen Bundeskanzlers, sondern aller während der Geltungsdauer des Vertrages amtierenden Bundeskanzler. Dies ist nach dem Grundgesetz unzulässig. Sowohl die Organe der auswärtigen Gewalt als auch die Organe der Gesetzgebung überschreiten die ihnen vom Grundgesetz gewährten Kompetenzen, indem sie in einer solchen Weise die Kompetenz der Bundeskanzler beschränken. Denn hier würde ein Bundeskanzler dem Vertrage nicht erst dadurch zuwiderhandeln, daß er die sich aus dem Vertrage zur Wahrung eines gegenwärtigen Zustandes ergebenden Pflichten versäumt, sondern er würde den Vertrag bereits verletzen, falls er politisch etwas anderes wollen und diesen Willen erklären würde, als nach dem Vertrage zu wollen er gebunden werden soll. Praktisch gesprochen heißt das: Dem jeweiligen Bundeskanzler soll die eigene und selbständige Bestimmung der Richtlinie seiner Politik zur deutschen Wiedervereinigung versagt bleiben; er soll vielmehr gehalten werden, im Hinblick auf die deutsche Einheit in Freiheit keine Richtlinie seiner Politik aufzustellen, die nicht zugleich die Integration als das einzige Mittel der Wiedervereinigung anerkennt und nicht zugleich als Richtlinie auch von den Drei Mächten gebilligt ist. Der jeweilige Bundeskanzler und mit ihm die Bundesrepublik Deutschland sollen also durch Artikel 7 Absatz 2 des Generalvertrags für die Zukunft jeder eigenen deutschen Wiedervereinigungspolitik entsagen und eine solche Politik nur in Abhängigkeit von den Drei Mächten durch diese Mächte mitbestimmen lassen. Dieser Verstoß gegen Artikel 65 GG muß als außerordentlich schwerwiegend erachtet werden und bedeutet zugleich, daß in dieser entscheidendsten Frage jeder deutschen Politik die Gleichberechtigung verwehrt wird. Die Abrede räumt letzten Endes jeder einzelnen der Drei Mächte in der Frage einer Wiedervereinigung in Freiheit ein unabwendbares Einspruchsrecht ein, obgleich unbestritten nach den verfassungskräftigen Legitimationsgrundlagen im Vorspruch zum Grundgesetz alle deutschen Verfassungsorgane die unabdingbare und unbeschränkte Verpflichtung haben, die staatliche Einheit zu wahren und die Einheit Deutschlands in Freiheit zu vollenden. II. Auch der Artikel 5 des Generalvertrags ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Offenbar herrscht kein Streit darüber, daß die in Artikel 5 des Generalvertrags niedergelegten Notstandsbefugnisse der Drei Mächte ohne Abänderung des Grundgesetzes nicht vereinbart werden könnten. Der Versuch, diese Notstandsbefugnisse nicht als aus dem Generalvertrag ableitbar, sondern als von ihm vorausgesetzt anzusehen, muß fehlschlagen. Die Bundesrepublik Deutschland hat durch Artikel 5 in Verbindung mit Artikel 2 des Generalvertrags eine von den Drei Mächten beanspruchte Befugnis, in Deutschland Streitkräfte zu stationieren und deren Sicherheit zu schützen, nicht ohne rechtliche Anerkennung nur als bloße Tatsache hingenommen, sondern sie hat sich durch Artikel 2 Absatz 2 ausdrücklich verpflichtet, sich jeder diese Rechte beeinträchtigenden Maßnahme zu enthalten und mit den Drei Mächten zusammenzuwirken, um ihnen die Ausübung dieser Rechte zu erleichtern. Ferner hat die Bundesrepublik Deutschland durch Artikel 7 Absatz 3 Satz 2 des Generalvertrags sich gebunden, keine Abkommen abzuschließen und keiner Abmachung beizutreten, welche die Rechte der Drei Mächte auf Grund des Generalvertrags beeinträchtigen oder die Verpflichtungen der Bundesrepublik aus dem General-vertrage mindern. Zu den Rechten und Pflichten aus dem Generalvertrage gehört insoweit auch die Notstandsbefugnis der Drei Mächte und deren Hinnahme. Man kann keine Befugnis bloß als rechtlich nicht anerkannte Tatsache voraussetzen, wenn man sich gleichzeitig verpflichtet, das Ausüben dieser Befugnis zu erleichtern und keinen sie beeinträchtigenden anderen Vertrag abzuschließen. Da nach Artikel 5 Absatz 3 die Drei Mächte alle nach ihrem Ermessen erforderlichen Maßnahmen treffen können, um die Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland aufrechtzuerhalten, verpflichtet Artikel 2 Absatz 2 sogar dazu, im Falle eines Angriffs auf die Bundesrepublik dazu beizutragen, daß tatsächlich die Regierung in Deutschland nicht von dem dazu gebildeten demokratischen Verfassungsorgan, sondern von den Drei Mächten ausgeübt wird. Bemerkenswert ist hierbei ferner, daß die Notstandsbefugnis aus Artikel 5 Absatz 2 des Generalvertrags sich nicht auf die völkerrechtliche Befugnis, für die Sicherheit der eigenen Streitkräfte auf fremdem Boden Vorsorge zu treffen, beschränkt, sondern durch eine ausgesprochene Interventionsklausel sich auf den Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung erstreckt, und zwar bereits dann, wenn diese Ordnung nach dem Ermessen der Drei Mächte auch bloß bedroht ist. Eine Schiedsgerichtsbarkeit in der Frage, ob die Drei Mächte hierbei sich innerhalb ihres vertragsgemäßen Ermessens halten, ist ausgeschlossen (Artikel 9 Absatz 3 des Generalvertrags). Auch beziehen sich die Artikel 2 und 5 nicht allein auf eigene Streitkräfte der Drei Mächte, sondern auch auf Streitkräfte dritter Staaten, die nach Inkrafttreten des Vertrages noch in der Bundesrepublik Deutschland stationiert werden. III. Der Artikel 11 Absatz 6 der Satzung des durch Artikel 9 Absatz 1 des Generalvertrags gebildeten Schiedsgerichts ist mit Artikel 20 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 79 Absatz 3 GG unvereinbar. Dieses Schiedsgericht ist keine zwischenstaatliche Einrichtung, da sich die Drei Mächte und die Bundesrepublik Deutschland nicht durch den Generalvertrag zu einer Staatengemeinschaft zusammengeschlossen haben. Hiervon abgesehen ist es unzulässig, den unabdingbaren Grundsatz der Gewaltenteilung in der Weise zu verletzen, daß ein Gericht außer mit rechtsprechender Gewalt zugleich auch mit vollziehender Gewalt und mit gesetzgebender Gewalt ausgestattet wird. Der Versuch, die unbestreitbar gesetzgebenden Befugnisse des Schiedsgerichts als eine Art Ersatzvornahme der Vollstreckung zu erklären, ist bereits deshalb verfehlt, weil ja schon Vollstreckung durch vollziehende Gewalt nicht Aufgabe eines Organs der Rechtsprechung sein kann und bei internationalen Schiedsgerichten auch noch niemals gewesen (Dr. Arndt) ist. In jedem Falle ist es unzulässig, dem Schiedsgericht für seine eigene Rechtsprechung zugleich auch die gesetzgebende Gewalt anzuvertrauen. Das Ausmaß dieser gesetzgebenden Gewalt ist an und für sich unerheblich, aber im Gegensatz zu den Verkleinerungsbemühungen sogar tatsächlich beträchtlich. Denn das Schiedsgericht soll insbesondere im Bereich der Landbeschaffung durch Enteignung, wobei Artikel 14 GG gewahrt bleiben null), und im Bereich des Arbeitsrechts (vgl. Artikel 44 Absatz 3 des Truppenvertrags) Gesetze zu erlassen befugt sein, die unmittelbar für die deutschen Staatsangehörigen verbindlich sind. Schließlich sind hierbei auch die Gegenseitigkeit und die Gleichberechtigung nicht gewahrt. Die Befugnisse des Schiedsgerichts beschränken sich auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes. Infolgedessen kann eine Gesetzgebung nur gegen Deutsche geschaffen werden. Außerdem sind die Militärgerichte der Drei Mächte einer Gerichtsbarkeit des Schiedsgerichts nicht unterstellt, wohl dagegen alle deutschen Gerichte einschließlich des Bundesverfassungsgerichts, auch soweit z. B. bei der Landbeschaffung eine Auslegung des Artikels 14 GG in Betracht kommt. Ohne Verfassungsänderung muß es ausnahmslos als unzulässig angesehen werden, das Bundesverfassungsgericht als ein höchstes und über die Auslegung des Grundgesetzes endgültig entscheidendes Verfassungsorgan durch seine Unterstellung unter ein Schiedsgericht herabzumindern. IV. Der Truppenvertrag ist mit Artikel 16 GG nicht vereinbar, soweit er den Drei Mächten die Befugnis einräumt, über die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger, die zugleich Mitglied der Streitkräfte der Drei Mächte sind, zu entscheiden oder solche deutschen Staatsangehörige, die sich von ihren Streitkräften entfernt haben, zu verhaften sowie zur Aburteilung oder sogar Hinrichtung ins Ausland zu verbringen. Kein Vertrag kann einem deutschen Staatsangehörigen, auch wenn er in den Streitkräften eines fremden Staates Dienst tut, die verfassunggemäßen Rechte entziehen, auf die er nach Artikel 16 GG Anspruch hat. Ein solcher Rechtsverlust kann nicht mit der völkerrechtlichen Übung erklärt werden, daß jeder Staat die Gerichtsbarkeit über seine Streitkräfte in Anspruch nimmt. Denn weder die Auslieferung, z. B. die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen aus Deutschland durch die Vereinigten Staaten von Amerika an Großbritannien (etwa weil er dort eine strafbare Handlung begangen haben soll), noch das Ergreifen eines deutschen • Staatsangehörigen, der sich in seiner Heimat aus dem Verband der fremden Streitmacht bereits entfernt hat, sind Aufgaben und Maßnahmen der Rechtsprechung. Bezeichnenderweise haben die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Militärgerichte dem durch Artikel 9 des Generalvertrags gebildeten Schiedsgericht nicht unterstellt, um das nach ihrer Unionsverfassung bestehende Verbot von double jeopardy zu wahren, während der Generalvertrag versäum hat, eine Verletzung des Artikels 16 GG auszuschließen. V. Artikel 7 Absatz 3 im I. Teil des Überleitungsvertrags ist mit den Artikeln 3 Absatz 1, 20 Absatz 3, 101 Absatz 1 und 103 GG nicht vereinbar. Vertraglich vereinbart ist mehr als eine bloße Vollstreckungshilfe. Die in Betracht kommenden Personen sollen vielmehr „in jeder Hinsicht" als nach deutschem Recht rechtskräftig und rechtswirksam verurteilt gelten. Durch ein Zustimmungsgesetz zu einer solchen Vereinbarung würden die gesetzgebenden Körperschaften ihre Kompetenz überschreiten und eine ihnen versagte rechtsprechende Gewalt durch Gesetz ausüben. Andere Lösungen des Problems wären möglich gewesen. VI. Die im Überleitungsvertrag (z. B. Artikel 8 im II. Teil und in den Gerichtssatzungen) vereinbarte Indemnität zugunsten von Richtern deutscher Staatsangehörigkeit ist weder mit Artikel 3 noch mit Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 GG vereinbar. Im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht herrschte Einigkeit darüber, daß selbst den Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts durch Bundesgesetz eine solche Indemnität nicht hätte gewährt werden können. Der Hinweis auf internationale Gepflogenheiten ist nicht stichhaltig, denn die hier in Betracht kommenden Gerichte sind keine internationalen Gerichte. Vielmehr besteht nur die Vertragspflicht, diese Gerichte teilweise auch mit ausländischen Staatsangehörigen zu besetzen. Auch eine Schule z. B. in einem Minderheitengebiet würde noch keine internationale Schule dadurch, daß man sich vertraglich verpflichtet, an der Schule Lehrkräfte ausländischer Staatsangehörigkeit mit anzustellen. Da es nach Aufhebung des Besatzungsstatuts (Artikel 1 Absatz 2 des Generalvertrags) keine Besatzungsgerichte mehr geben kann und da die von den in Betracht kommenden Gerichten auszuübende Rechtsprechung auch nicht zu den angeblichen Vorbehaltsrechten der Drei Mächte nach Artikel 2 Absatz 1 des Generalvertrags gehört, muß es sich um deutsche Gerichte handeln. Sie haben deutsche rechtsprechende Gewalt auszuüben in Anwendung der Bestimmungen, die kraft der Vertragswerke deutsches Recht werden sollen. Den an solchen Gerichten tätigen Richtern deutscher Staatsangehörigkeit kann deshalb in Deutschland keine Exterritorialität mit der Maßgabe eingeräumt werden, daß die verfassungsrechtlich über sie konstituierte Strafgewalt aufgehoben wird. VII. Die Regelung der Auslandsvermögen im VI. Teil des Überleitungsvertrags ist mit Artikel 14 GG unvereinbar. Auch diese Vorschriften können nicht damit erklärt werden, daß die Enteignung der deutschen Auslandsvermögen als von den Besatzungsmächten bereits vollzogen nur ohne rechtliche Anerkennung tatsächlich hingenommen und vorausgesetzt wird. Denn die Besatzungsmächte haben diese Enteignung auch tatsächlich noch gar nicht vollendet, sondern sich weitgehend bisher auf eine Beschlagnahme und Zwangsverwaltung beschränkt. Überdies ist mehr geschehen, als bloß die Tatsache hinzunehmen. Denn durch Artikel 3 hat die Bundesrepublik Deutschland sich nicht nur verpflichtet, in Zukunft keine Einwendungen mehr gegen die hinsichtlich des deutschen Auslandsvermögens getroffenen und sogar noch zu treffenden Maßnahmen zu erheben (Absatz 1), sondern kraft deutschen Rechts sollen die bisher Berechtigten ihre Ansprüche und Klagebefugnisse verlieren (Absatz 3). Die Tatsächlichkeit der gegen das Auslandsvermögen getroffenen Maßnahmen wird erst hierdurch rechtlich in eine Enteignung nach deutschem Recht umgewandelt. Das Zustimmungsgesetz zum Überleitungsvertrag als Teil des Generalvertrags ist daher ein Enteignungsgesetz. Gewiß braucht im Vertrag die Entschädigung der Betroffenen, die in (Dr. Arndt) Artikel 5 des Überleitungsvertrags zutreffend als nunmehr frühere Eigentümer bezeichnet sind, nicht geregelt zu werden, weil es sich dabei nicht um die völkerrechtliche Beziehung zwischen der Bundesrepublik Deutschland zu den Drei Mächten, sondern um die verfassungsrechtliche Beziehung zwischen der Bundesrepublik und ihren Staatsangehörigen handelt. Wohl aber muß und kann das Zustimmungsgesetz als das deutsche Enteignungsgesetz den Vorschriften des Artikels 14 entsprechen. Für Artikel 14 GG aber ist gerade die JunctimKlausel wesentlich (vgl. Ipsen DVBl. 1951 S. 689 ff.), so daß die Enteignung nicht vollzogen werden darf, ohne gleichzeitig die Entschädigung zu regeln. VIII. Schlußbemerkung. Diese Gegenäußerung mußte sich darauf beschränken, in der knappsten Form eine Reihe von Hauptbedenken gegen die 'Vereinbarkeit der Vertragswerke mit dem Grundgesetz zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen wird auf die Verhandlungsprotokolle des Bundestagsausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht verwiesen. Denn es ist im Rahmen der zu kurzen Zeit, die zur Verfügung steht, ausgeschlossen, die ganze Fülle der verfassungsrechtlichen Bedenken auch nur aufzuzählen, geschweige denn im einzelnen zu begründen. Dies gilt auch für die verfassungspolitischen und für die rechtspolitischen Bedenken. Insoweit darf jedoch nicht ganz unerwähnt bleiben, daß die Strafvorschriften im Anhang A zum Truppenvertrag zu tiefster Besorgnis Anlaß geben. Beispielsweise ist § 12 („wer auf ein Mitglied der Streitkräfte mit der Absicht einwirkt, die pflichtmäßige Bereitschaft zum Dienst in den Streitkräften zu untergraben") in seinem Tatbestand rechtsstaatwidrig so weit gefaßt, daß die Gefahr eines Mißbrauchs gegen die freie Meinungsäußerung besteht. Durch § 2 Absatz 4 ist mit der teilweisen Außerkraftsetzung von § 100 Absatz 3 StGB in die Rechtsstellung der deutschen Volksvertreter in einer Weise eingegriffen, die als Entwürdigung empfunden werden muß. Überdies birgt gerade diese Regelung erhebliche Gefahren, da sie militärische Geheimnisse, wie z. B. illegale Ausbildung deutscher Staatsangehöriger zu Partisanen, als geschützt erscheinen läßt, obgleich die angeblich geheimen Sachverhalte nach dem Grundgesetz verfassungswidrig sein würden. Unzumutbar ist auch die Versteinerung der lex Kemritz durch Artikel 3 im I. Teil des Überleitungsvertrags. Verfassungspolitisch sind die Bedenken, die sich daraus ergeben, daß unabhängig von der verfassungsrechtlichen Frage hier Regelungen geschaffen werden sollen, gegen deren Ausweitung kein verfassungsrechtlicher Schutz besteht. Kann die allgemeine Wehrpflicht für männliche Staatsangehörige ohne vorangegangene Verfassungsergänzung durch Bundesgesetz eingeführt werden, so wäre die gleiche Maßnahme künftig auch für weibliche Staatsangehörige zulässig. Das Aufstellen einer bewaffneten Steitmacht und die Einführung einer Wehrdienstpflicht, ohne daß zugleich die Beziehungen zwischen der bewaffneten Macht und den anderen Verfassungsgewalten geregelt sowie zugleich Schranken gegen den Mißbrauch der bewaffneten Macht aufgerichtet werden, bedroht die freiheitliche Grundordnung in ihrem Kern. Auch nach dem Regierungsstandpunkt würde völlig offen bleiben, welche Verkürzungen der Grundrechte sich „aus der Natur der Sache" eines Wehrverhältnisses ergeben. Für die Dauer der zwangsweisen Wehrdienstpflicht müßte das Grundrecht der Freiheit der Person im Widerspruch zu Artikel 19 Absatz 2 GG in seinem Wesensgehalt aufgehoben werden, da die zwangsweise Wehrdienstpflicht eine tatsächliche und wirklich erzwingbare Verfügungsgewalt der Befehlshaber über die körperliche Person der Wehrpflichtigen mit sich bringen müßte. Letzten Endes handelt es sich nicht um einen Streit über nur eine einzelne Verfassungsfrage, sondern um ein Gelten der Verfassung in ihrer Ganzheit. Die verfassungspolitischen Auswirkungen auf weiteste Kreise des Volkes, die sich ihres Grundgesetzes beraubt fühlen würden, können nicht überschätzt werden und sind unabsehbar. Bonn, den 13. November 1952. Dr. Arndt Berichterstatter 3. Anhang zum Bericht des Abgeordneten Dr. Arndt Ergänzung des Minderheitsgutachtens des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über die Verfassungsprobleme der Vertragsgesetze Das von dem Berichterstatter Herrn Professor Dr. Wahl unter dem 15. November 1952 erstattete Mehrheitsgutachten ist mir erst nach Abfassung meiner Gegenäußerung vom 13. ds. Mts. bekanntgeworden. Infolge der Notwendigkeit, den Bericht auf eine enge Auswahl einiger weniger Hauptprobleme zu beschränken, hatte ich es nicht für nötig gehalten, mich mit einigen Fragen auseinanderzusetzen, die Herr Dr. Wahl behandelt hat. Daher ist insoweit eine Ergänzung des Minderheitsgutachtens angebracht. 1. Der Antrag Renner Die Erwägung des Mehrheitsgutachtens, die soziaidemokratische Fraktion im Parlamentarischen Rat hätte einen Antrag gleichen oder ähnlichen Inhalts stellen können, wenn sie damals der Sache nach mit dem Antrag Renner einverstanden gewesen wäre, beruht auf einer falschen Voraussetzung. Selbstverständlich konnte irgendein Einverständnis auch nur der Sache nach mit dem kommunistischen Antrag Renner niemals in Betracht kommen. Dieser Antrag forderte, daß das System nicht der Vorbereitung irgendeines Krieges, also auch nicht eines Verteidigungskrieges, dienen dürfe und daß von ,der Bundesrepublik Deutschland oder ihren Staatsangehörigen keine militärische Hilfeleistungen irgendwelcher Art gefordert oder erwartet werden dürften. Der Antrag verlangte also, daß auch die übrigen Mitgliedstaaten eines solchen Sicherheitssystems vollständig abgerüstet und entwaffnet sein müßten und daß die Bundesrepublik Deutschland auch keine sachlichen Leistungen, z. B. durch Bereitstellung von Gebäuden und Grundstücken oder durch Zahlungen erbringen dürfe. Der Antrag begehrte nichts anderes als den Abzug der Besatzungstruppen, und zwar in einem Zeitpunkt, in welchem gerade die Sozialdemokratie eine Vermehrung der Besatzungstruppen forderte. Daher konnte auch der Sache nach irgendein Antrag gleicher oder ähnlicher Art für die Sozialdemokratie überhaupt nicht in Betracht kommen. Hier ist eine Zwischenbemerkung zur Methodik des Mehrheitsgutachtens erforderlich. Das Mehrheitsgutachten arbeitet an fünf entscheidenden (Dr. Arndt) Stellen mit falschen Alternativen. Es wird unterstellt, daß es entweder nur eine bewaffnete oder gar keine Beteiligung an einem Sicherheitssystcm geben könne, daß die Vorbereitung eines Verteidigungskrieges entweder verfassungswidrig oder verfassungsmäßig sein müsse, daß das Grundgesetz sich entweder zu einem absoluten Pazifismus bekennen könne oder nur die Durchführung der Wehrorganisation als Frage der einfachen Gesetzgebung übrigbleibe, daß die Bundesrepublik Deutschland entweder integriert oder nur neutralisiert werden könne und daß Sicherheit entweder durch individuelle bzw. kollektive Selbstverteidigung oder gar nicht möglich wäre. Man kann aber nicht sagen, daß ein Mensch entweder blonde oder schwarze Haare hätte und schwarz sein müsse, weil er nicht blond wäre; denn Menschen können auch rote, graue oder weiße Haare haben. Der unzulässigen Art, wie hier aus der diskussionslosen Ablehnung des kommunistischen Provokationsantrags argumentiert wird, liegt die falsche Alternative zugrunde, daß man sich an einem Sicherheitssystem entweder nur bewaffnet oder gar nicht beteiligen könne. Dahinter verbirgt sich die weitere und ebenso falsche Alternative, daß eine Verfassungsurkunde die Wehrgewalt entweder zulassen oder nur ausschließen könne. Insoweit geht das Mehrheitsgutachten leider weder auf die Ausführungen der Minderheit zum Antrag Renner noch überhaupt zur Wehrgewalt im Grundgesetz ein. Es trifft nicht zu, daß eine Verfassungsurkunde eine Institution wie die Wehrgewalt alternativ entweder nur schaffen oder verbieten könne, so daß die Sozialdemokraten im Parlamentarischen Rat sich mit einer angeblich stillschweigend im Grundgesetz enthaltenen Wehrgewalt hätten schlüssig einverstanden erklären müssen, wenn sie die Einsetzung einer Wehrgewalt nicht verbieten wollten. Denn es gibt in jedem Falle noch eine dritte verfassungsrechtliche Möglichkeit. Diese dritte Möglichkeit, die eindeutig der klar bekundeten Auffassung der Sozialdemokratie und sogar der großen Mehrheit im Parlamentarischen Rat entsprach, war die, daß im Grundgesetz als der rechtlich vollständigen und abschließenden Verfassung das politische Problem einer Wehrgewalt absichtlich ausgeklammert werden sollte. Ein Verfassunggeber kann entscheiden (und gerade dies ist hier geschehen), daß er eine Frage noch nicht für reif genug hält, um sie bereits sofort in der von ihm errichteten Verfassungsurkunde zu regeln und hierdurch zugleich mit Verfassungskraft zum Ausdruck bringen, daß er die Entscheidung über diese Frage den von ihm konstituierten Organen der verfassungergänzenden Gewalt vorbehält. Hierzu sah sich in der Frage der Wehrgewalt der Parlamentarische Rat aus dem offenkundigen Grunde veranlaßt, weil seine Verfassung nur für ein Teilgebiet des von ihm als rechtlich-identisch und fort-existierend vorausgesetzten deutschen Staates geschaffen werden konnte. Für dieses Teilgebiet war weder eine Wehrgewalt erforderlich noch erschien sie politisch wünschenswert, weil sonst ungünstige Rückwirkungen auf die deutsche Einheit befürchtet wurden. Diese verfassunggeberische Entscheidung ist besonders bei den Beratungen und Abstimmungen zu Artikel 73 GG eindeutig zum Ausdruck gekommen. Es kann niemanden geben, der zu einem Zweifel daran berechtigt ist, daß die Sozialdemokratie und nicht nur sie dem Grundgesetz eine Zustimmung versagt hätte, falls über die Frage einer Wehrgewalt in anderer Weise entschieden worden ware, als daß sie einer späteren Regelung erst durch die verfassungergänzende Gewalt vorbehalten bleiben sollte. 2. Der Artikel 4 GG Das sittliche Bekenntnis des Grundgesetzes zum Frieden, durch das im Artikel 4 die Bundesrepublik Deutschland als Staat sich versagt, zwangsweise die Gewissen für den Kriegsdienst mit der Waffe zu fordern, darf nicht — wie Smend und Schätzel überzeugend dargetan haben — in sein Gegenteil als verstecktes Zugeständnis der Wehrgewalt umgebogen werden. Auch trifft es nicht zu, daß andernfalls dieses Grundrecht gegenstandslos sei und eine reine Deklamation bedeute. Nach Artikel 79 Absatz 3 GG ist eine Änderung der in Artikel 1 GG niedergelegten Grundsätze unzulässig. Der Artikel 4 Absatz 3 GG ist nur eine Entwicklung der im Artikel 1 GG enthaltenen Grundsätze und darf daher in seinem Wesensgehalt auch nicht durch eine Verfassungsänderung beseitigt werden. Hiervon abgesehen genügt keine bloß rechtslogische Berechnung, um den Sinn des Artikels 4 Absatz 3 GG zu erfassen. Selbst wenn die verfassungändernde Gewalt nach Artikel 79 GG befugt wäre, das Grundrecht aus Artikel 4 Absatz 3 GG in vollem Umfang aufzuheben, so bleibt es eine — wenn auch nicht juristische — so doch politische und psychologische Schranke für die verfassungändernde Gewalt, daß sie in einem solchen Falle ausdrücklich ein bereits verbrieftes Grundrecht erst noch wieder entziehen müßte. Mit anderen Worten: Für die Ausübung der verfassungändernden Gewalt macht es doch einen schwerwiegenden Unterschied, ob sie erst zur Wegnahme eines bereits gewährleisteten Grundrechts schreiten muß, auf dessen Unverbrüchlichkeit die Bevölkerung vertraute, oder ob sie gar keine Regelung vorfindet und es daher sehr viel leichter hat, der Bevölkerung die Last der Wehrpflicht aufzubürden. Es wird die Aufgabe der Politik sein, eine Lösung der deutschen Frage zu finden, die ohne Antastung des Grundrechts als Ergebnis zeitigt, daß eine Wehrpflicht keine Gewissensnot hervorruft und daß die Verweigerung des Waffendienstes keine Massenerscheinung mehr sein wird, wie sie es jetzt zu werden droht und angesichts der Vertragsinhalte werden muß. 3. System der kollektiven Sicherheit Der Artikel 24 Absatz 2 GG spricht von einem System der kollektiven Sicherheit, aber keineswegs von einer kollektiven Selbstverteidigung. Sicherheit und Selbstverteidigung sind grundsätzlich voneinander unterschieden. Sehr richtig hebt das Mehrheitsgutachten als Grundgedanken des modernen Kriegsverhütungsrechts hervor, daß ein Angriffskrieg als Delikt gegenüber allen Gliedern der Völkergemeinschaft und nicht nur gegenüber dem Angegriffenen selbst erscheint (Seite 11198C). In der Tat ist es die wesentlichste Funktion eines Systems der kollektiven Sicherheit, daß es durch seine Automatik einen Angreifer ipso jure als den Rechtsbrecher erweist, der sich eines kriminellen Delikts gegen das Völkerrecht schuldig gemacht hat. Gerade daraus ergibt sich aber, daß ein Pakt nur dann ein Sicherheitssystem und nur dann kollektiv ist, wenn er keine Entscheidung gegen einen Dritten vorwegnimmt, sondern den virtuellen Angreifer mitumfaßt. Nur so allein läßt sich der Angriff automatisch und ipso jure als Delikt disqualifizieren, weil er sich als Verletzung der im Sicherheitssystem übernommenen Verpflichtungen (Dr. Arndt) darstellt und weil gleichsam mit demokratischer Mehrheit der am System beteiligten Staaten festgestellt wird, wer zum Angriff schritt. Eine kollektive Selbstverteidigung dagegen ist ganz etwas anderes. Sie schließt ihrem Begriff nach gerade nicht aus, daß sich eine Mehrzahl solcher Kollektive der Selbstverteidigung bilden und im Verhältnis der verschiedenen Kollektive der Selbstverteidigung zueinander deshalb offenbleibt, welches Kollektiv sich eines Angriffs dem anderen Kollektiv gegenüber schuldig gemacht hat. Nichts kann daher unzulässiger und sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn des Artikels 24 GG widersprechender sein, als den Begriff der kollektiven Sicherheit durch den wesensanderen Begriff der kollektiven Selbstverteidigung zu ersetzen. Die kollektive Sicherheit erfordert ihrem Wesen nach keine bewaffnete Beteiligung, zumal es ihr Sinn ist, durch eine positive Regelung einen Angriff zum Delikt zu machen und eine Rüstung gerade entbehrlich werden zu lassen. In den Artikel 24 Absatz 2 GG darf deshalb nichts weniger hineininterpretiert werden als das Einverständnis mit der eigenen Beteiligung an einer supranationalen Wehrgewalt. Ihr mußten im Hinblick auf die deutsche Einheit die gleichen Bedenken im Parlamentarischen Rat gegenüberstehen wie einer nationalen Wehrgewalt. 4. Die Staatsangehörigkeit Der Streit besteht nicht darüber, ob sich die Staatsangehörigkeit von der Wehrpflicht unterscheiden läßt und im Verfassungsrecht beides getrennt geregelt werden kann. Ein Vergleich mit England ist nicht statthaft, weil das britische Staatsrecht ganz anderer Art ist und weder eine formelle Verfassung noch deren Urkundlichkeit kennt. Die französische Theorie geht von einem doppelten Verfassungsrecht aus, den unwandelbaren Verfassungsvorschriften, wie sie in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte niedergeschrieben stehen. und die allgemeine Wehrpflicht als Rechtsschöpfung der Großen Revolution mit-umfassen, und der wandelbaren Verfassung, die in der jeweiligen Konstitution enthalten ist. Darum hat dort die Wehrpflicht in der jeweiligen Konstitution, die sich nur durch das formelle Erschwernis ihrer Abänderbarkeit auszeichnet, überhaupt keinen Raum mehr, da sie bereits in der übergeordneten und unwandelbaren Verfassung geschrieben steht. Daß die auch in Frankreich mit der Wehrpflicht unlösbar verbundene Staatsangehörigkeit im einzelnen hinsichtlich Erwerb und Verlust durch den ode civil geregelt ist (der nach Art des Preußischen Allgemeinen Landrechts auch Teile des öffentlichen Rechts mitumfaßt), hat ebensowenig Bedeutung wie der Umstand, daß in Deutschland die Staatsangehörigkeit hinsichtlich Erwerb und Verlust durch ein besonderes Gesetz geregelt wird. Entscheidend ist die Feststellung, daß das Grundgesetz zwischen den Organen der öffentlichen Gewalt und ihren Bürgern erschöpfend die Rechtsbeziehungen (z. B. auch durch die Steuer- oder Strafgewalt) konstituiert hat und das im Grundgesetz geschaffene Staatsangehörigkeitsverhältnis anders als im früheren deutschen Verfassungsrecht unbestritten keine Wehrgewalt der Staatsorgane und keine Wehrpflicht der Staatsangehörigen mitumfaßt. 5. Integration Die im Mehrheitsgutachten aufgestellte Behauptung (Seite 11260A), daß es angeblich für eine Realisierung der deutschen Einheit alternativ lediglich noch zwei Möglichkeiten gebe,. entweder Integration oder Neutralisierung, ist keine rechtliche, sondern eine rein politische Erwägung. Dieses politische Werturteil ist weder rechtlich noch richterlich nachprüfbar. Tatsächlich ist es unrichtig und wiederum durch die Suggestion einer falschen Alternative gewonnen. Man wird unmöglich sagen dürfen, daß die den Vereinten Nationen als Mitglieder angehörenden europäischen Staaten wie z. B. Schweden, die Schweiz und Finnland in dem besonderen Sinn einer Waffenlosigkeit neutralisiert wären; bekanntlich aber hat die Sowjetunion zugestanden, daß sie sich mit einem bei seiner Wiedervereinigung als Mitglied in die Vereinten Nationen aufgenommenen Deutschland einverstanden erklären würde. Es sind doch nicht alle Staaten, die nicht integriert oder sogar nicht im Atlantikpakt organisiert sind, deshalb notwendigerweise neutralisiert. Rechtlich und tatsächlich kommen für ein wiedervereinigtes und freies Deutschland, dessen Zugehörigkeit zum Westen in jeder Hinsicht außer aller Frage steht, auch die Möglichkeiten in Betracht, daß dieses Deutschland in einer anderen und ihm entsprechenden Weise an die friedlichen Völker der freien Welt angeschlossen und — nach einer Ergänzung des Grundgesetzes oder nach Maßgabe der durch Artikel 146 GG frei zu schaffenden Verfassung — durch Aufstellung einer Nationalarmee oder im Schutze einer schweren Polizei auch bewaffnet ist. Politisch diese Möglichkeiten, über deren Realisierbarkeit nicht vor, sondern erst durch eine Viermächtekonferenz unter deutscher Beteiligung Klarheit geschaffen werden kann, im einzelnen zu bewerten, ist hier nicht der Ort. Verfassungsrechtlich darf jedenfalls nicht behauptet werden, daß es außer der Neutralisierung einzig und allein die Möglichkeit der Integration gebe. 6. Auslandsvermögen Die gegenwärtige Sachlage läßt sich nicht als von den Alliierten einseitig geschaffener Rechtszustand" bezeichnen, weil sich völkerrechtlich eine solche Rechts lage unbestritten eben nicht einseitig begründen läßt. Man kann ein Faktum, selbst wenn es sogar Rechtsfolgen auslöst, nicht als einen Rechtszustand qualifizieren. Im Falle des Auslandsvermögens ist aber gerade die Völkerrechtswidrigkeit des bisherigen Zustandes unstreitig. Auch trifft es nicht zu, daß die Berechtigten ihr Vermögen bereits verloren hätten, da gerade nach der Auskunft auch der Regierungsvertreter deutsches Vermögen im Wert von mindestens 5 Milliarden DM noch vorhanden und nicht liquidiert, sondern lediglich sequestriert ist. Ob Klagen der Berechtigten nach bisherigem Besatzungsrecht bereits unzulässig waren, ist unerheblich; denn mit dem Fortfall des Besatzungsrechts würden die bisher ausgeschlossenen Klagebefugnisse nach Staats-und Völkerrecht (postliminium) wieder gewährt sein. Der Rechtsgehalt der Verträge ist, daß die Vorschriften den sonst unvermeidlichen Eintritt einer dem Völkerrecht entsprechenden Rechtslage (postliminium) ausschließen und sich dadurch im Rechtssinn als eine Enteignung durch die Bestimmungen erweisen, die durch das Vertragsgesetz auch in deutsches Recht transformiert werden sollen. Bonn, den 20. November 1952 Dr. Arndt Mitberichterstatter 4. Anhang zum Bericht des Abgeordneten Dr. W a h 1 Ergänzung des Mehrheitsgutachtens des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die Verfassungsprobleme der Vertragsgesetze Die Ergänzung des Minderheitsgutachtens des Herrn Mitberichterstatters Dr. A r n d t macht auch einen Nachtrag zum Mehrheitsgutachten erforderlich. I. Auch das Minderheitsgutachten hat eine falsche Alternative verwendet. Es geht davon aus, daß der Antrag Renner nur hätte angenommen oder abgelehnt werden können. Gerade weil nach der Auffassung der Minderheit kollektive Sicherheitssysteme auch ohne militärische Hilfeleistung möglich sind und nur solche von der Minderheit angeblich in der Verfassungsvorschrift gemeint waren, hätte es doch außerordentlich nahe gelegen, nachdem durch den Antrag Renner die Aufmerksamkeit auf diese Variante gelenkt war, zur Klarstellung der wahren Absichten des Parlamentarischen Rats auf der Annahme des kommunistischen Antrags in seiner zweiten Hälfte (Verbot militärischer Hilfeleistung) zu bestehen oder einen selbständigen Antrag dieses Inhalts zu bestellen. Beides ist nicht geschehen. II. Daß es neben dem Verbot und der Zulassung der Wehrbetätigung auch die Ausklammerung der Wehrfrage gibt, habe ich nicht bestritten. Aber diese Ausklammerung muß sich ganz deutlich aus der Verfassungsurkunde ergeben. Das ist bei dem Grundgesetz nicht der Fall, insbesondere kann man es nicht daraus folgern, daß der Oberbefehl über die Truppen und die Kriegserklärung nicht besonders geregelt sind. Denn in den kollektiven Sicherheitssystemen, an denen sich die Bundesrepublik beteiligen darf, ergeben sich für beide Fragen Gestaltungen, die mit dem traditionellen Rechtsgut der europäischen Verfassungen nichts mehr zu tun haben. Dieses war für Nationalstaaten und Kriege alten Stils zwischen solchen Nationalstaaten bestimmt, paßt aber überhaupt nicht für die modernen internationalen Gestaltungen. Für den Oberbefehl habe ich im ersten Teil des Mehrheitsgutachtens bereits das Nötige gesagt. Für die Kriegserklärung möchte ich zur Verdeutlichung noch auf folgendes hinweisen: Das Grundgesetz und das Vertragswerk haben nur einen Verteidigungskrieg für möglich erklärt. Bei einem Verteidigungskrieg gegenüber einem Angriff entfällt aber, wie schon die jüngste Geschichte eines verwilderten internationalen Lebens zeigt, die Kriegserklärung überhaupt oder wird bei faktisch schon begonnenen Kriegshandlungen zu einem reinen Formalakt, dem sich mit Rücksicht auf die entstandene Lage kein Staatsorgan entziehen kann. Es bleibt höchstens — je nach der Sachlage — die Ermessensentscheidung zu treffen, ob Angriffshandlungen auf die durch den Vertrag geschützten Gebiete von der Art sind, daß sie einen allgemeinen Krieg auslösen oder nicht. Man kann annehmen, daß das Einstimmigkeitserfordernis in den vorgesehenen Beschlußgremien für diese Entscheidung nur retardierend wirken kann, weil auch die vom unmittelbaren Kriegsgeschehen nicht betroffenenen, geographisch entfernt liegenden Staaten zustimmen müssen. Vor allem aber hat die moderne Verfassungsentwicklung im Zusammenhang mit der Weltfriedensorganisation der UN die Bedeutung des alten Verfassungsrechts stark abgeschwächt. Der Sicherheitsrat entscheidet nach der Satzung über die Reaktion auf einen Angriff auch mit Wirkung für solche Länder, die dem Sicherheitsrat nicht angehören, und kann Kriegsanstrengungen von allen Mitgliedern der UN verlangen. Die Entscheidung des Sicherheitsrats setzt keine parlamentarische Zustimmung für die an der Entscheidung mitwirkenden Regierungen voraus, der sich die Mitgliedstaaten unterworfen haben, und für den Beitritt zur UN ist trotz dieser schwerwiegenden Folgen und einschneidenden Auswirkungen auf die nationalen Verfassungssysteme nirgends verfassungsändernde Mehrheit verlangt worden. Das Minderheitsgutachten tut immer so, als ob wir noch um das Jahr 1900 lebten und die beiden Weltkriege mit ihrem Auftrieb für das internationale Kriegsverhütungsrecht nicht stattgefunden hätten. Der UNO könnten wir jedenfalls durch einfaches Bundesgesetz beitreten, weil der Parlamentarische Rat das so wollte! Wir brauchen keine nationale Wehrverfassung im traditionellen Sinne, wenn das Grundgesetz nur an eine Teilnahme der Bundesrepublik an internationalen Verteidigungsanstrengungen gedacht hat. III. Auch Herr Dr. Arndt räumt angesichts der uriausgetragenen Streitfrage über die Abänderlichkeit der in den Artikeln 2 bis 18 enthaltenen Grundrechte die Möglichkeit ein, daß Artikel 4 Absatz 3 keine juristische, sondern nur eine politische Garantie für den Wehrdienstverweigerer enthält. Gerade der Parlamentarische Rat hat aber im Gegensatz zu Weimar im Grundrechtskatalog keine bloß programmatischen Erklärungen von bloß politischer Bedeutung, sondern geltendes Recht schaffen wollen (vgl. Artikel 1 Absatz 3). IV. Angesichts meiner Feststellung, daß die Beschlagnahmen und Enteignungen deutschen Auslandsvermögens durch die Alliierten nicht als rechtmäßig anerkannt werden, ist der von mir verwendete Ausdruck „durch die Alliierten geschaffene Rechtszustand" natürlich nur ein lapsus linguae. Bonn, den 27. November 1952 Dr. Wahl Berichterstatter 4. Die wirtschaftliche, finanz- und steuertechnische Bedeutung der Vertragswerke a) Berichterstatter des federführenden Ausschusses: Abgeordneter Dr. Freiherr von Rechenberg Berichte des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) Der Bericht des Wirtschaftsausschusses gliedert sich in den von Herrn Abgeordneten Stegner erstatteten Bericht über den EVG-Vertrag sowie in den von Herrn Abgeordneten Dr. Fricke erstatteten Bericht über Truppenvertrag und Überleitungsvertrag. Daneben erstattete Herr Abgeordneter Dr. Kreyssig für die Minderheit einen weiteren Bericht. Vorn Gesichtspunkt der Außenpolitik her ist zu den Berichten nichts zu ergänzen, da diese sich lediglich mit den zu erwartenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Verträge auf unsere Wirtschaft beziehen. Die Grundlage der Versorgung der bei uns stationierten Truppen wird im Zusammenhang mit dem Finanzvertrag erörtert, ebenso wie das Beschaffungswesen für die Versorgung dieser Truppen. Nach übereinstimmender Meinung des Ausschusses erscheinen allerdings die arbeitsrechtlichen Fragen nicht durchsichtig geklärt. Das gleiche gilt bezüglich der personellen Besetzung der vorgesehenen gemischten Kommission mit Arbeitnehmern. Der Ausschuß ist übereinstimmend der Meinung, daß die Regierung fordern muß, daß deutsche Gewerkschaftsvertreter zur Besetzung dieser gemischten Kommission heranzuziehen sind. Bedenken wurden vom Ausschuß erhoben angesichts der gegenwärtigen Lage eines Wirtschaftssicherungsgesetzes bzw. eines Bundesleistungsgesetzes. Die Regierung erklärte, daß sie hoffe, ohne solch ein Gesetz auskommen zu können. Der Ausschuß war übereinstimmend anderer Meinung. Gleichzeitig äußerte er übereinstimmend Bedenken über die bisher bekanntgewordene Absicht über die Ausgestaltung des Bundesleistungsgesetzes. Vor allem aber erschien es dem Ausschuß notwendig, daß nicht eine derartige gesetzliche Regelung dazu führen könne, auf das alte Reichsleistungsgesetz zurückgreifen zu wollen. Um dieser Gefahr vorzubeugen hat der Ausschuß der Bundesregierung die Bitte unterbreitet, recht umgehend dem Bundestag ein entsprechendes Bundesleistungsgesetz vorzulegen. Die in den Verträgen enthaltene Vorschrift gegen Wettbewerbsbeschränkungen stellt nach Meinung des Ausschusses eine Erleichterung insofern dar, als daraus folgt, daß ein neues Kartellgesetz der Alliierten vermieden wurde. Allerdings ist die Bundesrepublik bei dem Erlaß eines deutschen Kartellgesetzes an die entscheidenden Bestimmungen des vorliegenden Regierungsentwurfes gebunden. Es erscheint dem Ausschuß mehr als fraglich, ob dieser Zwang mit der Präambel des Generalvertrages vereinbar ist. Der Ausschuß beschloß, den Vermittlungsausschuß darauf hinzuweisen, daß die Konsequenz einer etwaigen Nichtbeschlußfassung über ein deutsches Gesetz zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens die wäre, daß das bisherige Gesetz 32 der A.H.K. weiter bestehen bleiben würde. Über die an sich bedenkliche Auswirkung der Entflechtung und Dekartellierung ist die Mehrheit des Ausschusses der Meinung, daß die hierin liegenden Beschränkungen der wirtschaftlichen Entwicklungsmöglicheiten nicht zu einer Verneinung der Verträge Anlaß geben sollten. Der EVG-Vertrag hat an sich nur die Integration auf militärischem Gebiete zum Ziele, andererseits aber enthält er auch gewisse Tendenzen zu einer Integration auch auf wirtschaftlichem Gebiete. Eine Tatsache, die angesichts der Notwendigkeit enger Zusammenarbeit auf verschiedenen wirtschaftlichen Gebieten zwangsläufig ist. Die EVG wird ein riesiger Auftraggeber sein, so daß die Notwendigkeit besteht, den Bedarf der EVG mit dem sonstigen Bedarf der Volkswirtschaft abzustimmen. Dabei soll nach jeder Richtung hin eine optimale Wirkung erzielt werden ohne jede Diskriminierung irgendeines Teilnehmers. Zur Sicherung dieses Grundsatzes besteht die Möglichkeit, den Rat sowie gegebenenfalls das vorgesehene Gericht anzurufen. Das Rüstungsprogramm umfaßt Ausrüstung, Bewaffnung, laufende Versorgung und Wehrbauten. Es ist zusammen mit dem Haushaltsplan mit Zweidrittelmehrheit zu genehmigen. Der Ausschuß erblickt hierin insofern eine Unstimmigkeit, als die Haushaltspläne jeweils für ein Jahr beschlossen werden, während Rüstungsprogramme doch nur sinnvoll über mehrere Jahre beschlossen werden sollten. Wichtig erscheint, daß das nationale Interesse dadurch gewahrt wird, daß letzten Endes jedes nationale Parlament über den auf sein Land entfallenden Anteil selber zu entscheiden hat. Die Beschaffung soll tunlichst nach den Grundsätzen eines umfassenden Wettbewerbs erfolgen. Ein beratender Ausschuß ist von dem Kommissariat über alle wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Rüstung zu hören. Die Ansicht der Minderheit, daß das fehlende Initiativrecht dieses Ausschusses bedenklich sei, wird vom Vertreter der Regierung mit Zustimmung der Mehrheit dahin widerlegt, daß das Prinzip der Einheitlichkeit der Verantwortung gefährdet worden wäre. Schwierigkeiten der Rüstungsproduktion, die aus Mangellagen herrühren, können Maßnahmen in Form von zu treffenden Empfehlungen auslösen. Derartige Empfehlungen (Dr. Freiherr von Rechenberg) können, soweit im Rat eine einstimmige Entscheidung nicht zustande kommt, vom Kommissariat nach Beratung mit den beteiligten Regierungen ausgesprochen werden. Damit erscheint das nationale Interesse voll gewahrt. Wie weit die weitere Steigerung des Sozialproduktes das Aufbringen des Verteidigungsbeitrages erlauben wird, wurde nicht einheitlich beurteilt. Die Mehrheit hielt die Belastung für tragbar. Im von Herrn Dr. Kreyssig erstatteten Minderheitsbericht werden Bedenken erhoben, ob tatsächlich die Streitkräfte gebührende Rücksicht auf die deutschen öffentlichen und privaten Interessen zu nehmen gehalten wären; besonders gelte das für die Beschaffung deutscher Arbeitskräfte und von Dienstleistungen. Bedenken äußert der Bericht in bezug auf das arbeitsrechtliche Gebiet; aber auch bezüglich der Bestimmung für das Beschaffungswesen scheint der Opposition nicht sichergestellt, daß Störungen der Wirtschaft tatsächlich unmöglich gemacht seien. Die im Ausschuß zutage getretene Meinungsverschiedenheit über die zu erwartende Entwicklung der Wirtschaft nach Abschluß der Verträge wird im Minderheitsbericht unterstrichen, dazu verweist der Bericht auf die Erklärung des Präsidenten des Zentralsrats der Bank deutscher Länder. 1. Bericht des Abgeordneten Dr. Fricke Im Rahmen des Fragenkreises „Sach- und Werkleistungen des Artikels 39 des Truppenvertrages" erwies sich die Behandlung der grundsätzlichen Bestimmungen des Artikels 37 über Art und Umfang der Leistungen als unerläßlich zum Verständnis der Auswirkungen. So entstand im Artikel 37 Absatz 1 als erstes die Frage, wie weit sich der Begriff „Erforderlichkeit des Bedarfs der Streitkräfte" erstreckt. Der Begriff ist „justitiabel", gehört also gegebenenfalls vor das Schiedsgericht. Die Bundesrepublik muß bei der Bereitstellung von Liegenschaften, Sach- und Werkleistungen, Verkehrs-, Post-, Fernmelde- und sonstigen öffentlichen Diensten bereitstellen, was erforderlich ist, aber eben auch nur das. Artikel 37 ist sowohl im Zusammenhang mit der Generalklausel des Artikels 3 Absatz 1 des Truppenvertrages als auch mit dem Finanzvertrag Artikel 4 zu sehen. In diesem Zusammenhang wird zu Artikel 3 Absatz 1 klargestellt, daß die Fassung „die Streitkräfte nehmen Rücksicht" in dem Sinne zu verstehen ist: sie haben Rücksicht zu nehmen. Hierbei wird geklärt, daß es nicht angängig ist, in Zweifelsfragen der Übersetzung sich deutscherseits auf die ungünstigere ausländische Version zu berufen. Übersetzungsschwierigkeiten, die zu Auslegungszweifeln führen, können nach Artikel 9 des Generalvertrages dem Schiedsgericht vorgelegt werden, wenn nicht in Fragen von geringerer Bedeutung schon der Versorgungsausschuß entscheiden kann. Bei der Generalklausel des Artikels 3 rief die Formulierung Rücksichtnahme auf den „wesentlichen" innerdeutschen und Ausfuhrbedarf der Bundesrepublik die Frage hervor, wer darüber entscheidet, was „wesentlich" ist: Die Entscheidung liegt bei der Bundesrepublik. In der Praxis wird der Versorgungsausschuß zusammentreten, beim Nicht-Einvernehmen über bestimmte Anforderungen der Streitkräfte entfällt die Anforderung für das Programm. Insofern hat die deutsche Seite eine entscheidende Möglichkeit, mitzureden. Der ( Weg an das Schiedsgericht ist nur möglich, wenn es sich um Grundsatzfragen handelt. Wenn überhaupt Aufträge verteilt werden, sei es durch deutsche Beschaffungsstellen, sei es durch alliierte Stellen unmittelbar, so ist vorher ein Programm im Einvernehmen mit deutschen Stellen darüber aufgestellt worden. Die Frage, ob es möglich ist, den Anforderungen aus dem Truppenvertrag und dem EVG-Vertrag zu entsprechen, ohne dem innerdeutschen und Exportbedarf zu schaden, beantwortet sich durch die Tatsache, daß die Anforderungen aus dem Truppenvertrag etwa 11/2 Prozent der industriellen Gesamtproduktion beanspruchen. Mit der Bezifferung der Anforderungen aus dem Truppenvertrag auf etwa 11/2 Prozent der industriellen Gesamtproduktion entfällt auch normalerweise eine Gefährdung des Exports. Die Frage zu Artikel 3 Absatz 2, ob „Befriedigung des Bedarfs der Streitkräfte" und „Erfüllung der Verpflichtungen der Bundesrepublik" zweierlei oder ein kumulativer Ausdruck ist, wird im zweiten Sinne geklärt. Der Ausschuß spricht den Wunsch aus, an dieser Stelle eine Synopse der etwas voneinander abweichenden Sprachtexte vornehmen zu lassen. Artikel 4 des Finanzvertrages legt die Höhe des deutschen Verteidigungsbeitrages absolut fest. Nur in diesem Rahmen bewegt sich die Inanspruchnahme von Leistungen nach Artikel 37. Im Vertrag verpflichtet sich die Bundesrepublik zu bestimmten Leistungen in dem Rahmen, wie Geld durch den Verteidigungbeitrag vorhanden ist, darüber hinaus vergebene Aufträge etwa der Amerikaner werden auf freiem Wege und mit Devisen geregelt, stellen also praktisch „Export" dar. Zur Frage der Ausweichmöglichkeit der Verwaltung der Streitkräfte gemäß Artikel 36 auf eine Heranziehung nicht-deutscher wirtschaflicher Unternehmen für militärische Bedürfnisse wird geklärt, daß Speziallieferanten von militärischen Geräten, die etwa mit besonderem Patent oder Lizenzen hergestellt werden, die Möglichkeit haben müssen, ein Reparaturbüro nach Deutschland zu entsenden. Artikel 36 befaßt sich nicht mit deutschen Leistungen, sondern mit den Vorrechten, die gewisse Organisationen und Unternehmen im Gefolge der Truppen haben müssen. Artikel 37 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 44 Die hier bestehende Sorgepflicht der Bundesrepublik, den Streitkräften die benötigten zivilen Arbeitskräfte durch deutsche Stellen zu vermitteln, besagt in der Verwaltungssprache, daß das Arbeitsministerium an die Arbeitsämter Anweisung ergehen läßt, die Streitkräfte bei ihrem Bedarf zu bedienen, ihre Anforderungen entgegenzunehmen und diesen nach Möglichkeit zu entsprechen, dagegen ist, obgleich dies von US-Seite gewünscht wurde, keine Art Dienstverpflichtung festgelegt, da eine solche dem Grundgesetz entgegensteht. Mittelbaren Zwang, in Arbeitsverhältnisse bei den Streitkräften zu gehen, etwa durch Verweigerung der Arbeitslosenunterstützung bei Nichtannahme einer bei den Streitkräften zugewiesenen Arbeit, soll es nicht geben, die zivile Tätigkeit bei den Streitkräften ist wie jede andere Tätigkeit im Rahmen eines deutschen Arbeitsvertrages anzusehen, so daß eine Unterstützungssperre nur in Frage kommt, wenn die Verweigerung der angebotenen Arbeit off en-sichtlich unberechtigt ist. Die Nichtannahme einer Tätigkeit militärischer Art kann nicht als offen- (Dr. Fricke) sichtlich unberechtigt betrachtet werden. Die weitere Frage, ob es im Rahmen der Arbeitsverwaltung Möglichkeiten gibt, mit gewissen administrativen Hemmnissen ein Gefälle zugunsten der Erfüllung von Auflagen der Arbeitskräfte-Bereitstellung für den Truppenbedarf zu erzeugen, wird dahingehend geklärt, daß es eine gewisse Rangordnung in den Aufträgen geben wird, daß aber an keine Art einer Dienstverpflichtung gedacht ist. Nach der Praxis der Arbeitsvermittlung wird ein Arbeitsuchender nicht mit einer einzigen Zuweisung einer Arbeitsstelle abgespeist, so daß auch die Gefahr nicht besteht, daß dem Arbeitsuchenden andere Möglichkeiten, als im Dienst der ausländischen Streitkräfte eine Arbeit zu finden, verschwiegen werden. Zu dem Grundsatz des Artikels 44 Absatz 3, daß das deutsche Arbeitsrecht gilt, sind die Einschränkungen des Absatzes 9 zu beachten, der zwar die Bildung von Betriebsräten anerkennt, aber im übrigen Einschränkungen enthält, ferner Absatz 3, nach dem eine Gemischte Kommission (gemäß Artikel 44 Absatz 10) berechtigt ist, zu prüfen, ob und inwieweit Einzelvorschriften des deutschen Arbeitsrechts mit den militärischen Erfordernissen unvereinbar sind. Diese Bestimmung beruht auf einer bekannten gewissen Unsicherheit der alliierten Behörden dem deutschen Arbeitsrecht, z. B. dem Kündigungsschutzgesetz und auch dem Schwerbeschädigtengesetz gegenüber. Die Gemischte Kommission kann aber nur Feststellungen treffen, die die deutschen Behörden angemessen zu berücksichtigen haben. Zweifeln über die Möglichkeit der Beteiligung von Arbeitnehmervertretern an den Gemischten Kommissionen, insbesondere, was die Bereitwilligkeit der alliierten Seite betraf, diese als Vertreter deutscher „Behörden" — wie es im deutschen Text, „authorities", wie es im englischen Text heißt — anzunehmen, stand die Auffassung des Ausschusses gegenüber, daß doe Beteiligung von Gewerkschftsvertretern auf der deutschen Seite der Gemischten Kommission zu fordern ist. Zu Absatz 5 des Artikels 44 Der normale Weg zur Festlegung der Arbeitsbedingungen ist der Abschluß von Tarifverträgen für die Übergangszeit. Nach Inkrafttreten der Verträge mußte eine Formulierung gegeben werden, die die Möglichkeit schaffte, vor dem Abschluß von Tarifverträgen eine Festlegung der Arbeitsbedingungen durch Vereinbarungen zwischen den beiderseitig zuständigen Stellen zu ermöglichen. Tarifvertragspartner sind dann die Bundesregierung und die entsprechenden Gewerkschaften. Hier äußert der Ausschuß die Bitte einer Synopse des deutschen und französischen Textes der Ziffer a des Absatzes 5 des Artikels 44, bei der im französischen Text das Wort „gegebenenfalls" fehlt. Solange dies nicht bereinigt ist, hält die Oppositionsseite des Ausschusses an der Auffassung fest, daß hier eine Nachrangigkeit der tarifvertraglichen Regelung festgelegt ist. Zu Artikel 37 Absätze 3 und 4 Die Bundesregierung übernimmt die Verpflichtung, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, die gewährleisten, daß dem Bedarf der Streitkräfte ein Vorrang vor dem nicht der Verteidigung dienenden innerdeutschen und Ausfuhrbedarf eingeräumt wird. Hierbei entscheidet die Bundesregierung ihrerseits über die Geeignetheit der Maßnahmen. Zu Artikel 37 Absatz 4 Zum Komplex Gesetz für Sicherungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft und Bundesleistungsgesetz: Beide Gesetze sind in Verbindung mit Artikel 37 Truppenvertrag als Notventil zu betrachten. Die Ziffer 3 des § 1 des Gesetzes in der Fassung vom 5. Mai 1951 besagt, daß die Bundesregierung oder das Bundeswirtschaftsministerium Verordnungen und Vorschriften über die Herstellung, die Verarbeitung, die Lagerung, den Besitz, die Lieferung, den Bezug, den Transitverkehr usw. von Waren der gewerblichen Wirtschaft erlassen kann. Die weitere Bestimmung „zur Durchführung der von den Besatzungsmächten für die gewerbliche Wirtschaft angeordneten Beschränkungen" entfällt. Hinzu soll kommen die Position „Verwendung von Waren" und ferner eine Bestimmung, die sich mit der Errichtung von Bauwerken und mit Instandsetzungsarbeiten befaßt. Als Grundtendenz ist folgende Formulierung des wirtschaftswissenschaftlichen Beirats vom 7. und 8. Juni 1952 zu betrachten: „. . . Es muß auch vermieden werden, Institutionen zu schaffen, die unter den gegenwärtigen Voraussetzungen mit der Marktwirtschaft vereinbar erscheinen, jedoch die Gefahr in sich bergen, bei auftretenden Schwierigkeiten für allgemeine Lenkungsmaßnahmen mißbraucht zu werden." Über die Frage, ob die kommenden Anforderungen an die Wirtschaft es gestatten, mit dem Wirtschaftssicherungsgesetz auszukommen, besteht im Ausschuß keine Einmütigkeit. — Der Komplex Bundesleistungsgesetz befindet ich als Entwurf in völlig unfertigem Zustand, so daß ein Wortlaut nicht vorgelegt werden konnte. Der Ausschuß faßt aus diesem Grunde den Beschluß, sich in dieser Angelegenheit schriftlich an den Herrn Bundeskanzler zu wenden. Zu Artikel 39 Die Regelung der Sach- und Werkleistungen in Artikel 39 wirft zwei gesonderte Fragenkomplexe auf. Der erste ist der der Programme, d. h. der Tragbarkeit der unter dem Truppenvertrag zu erbringenden Sach- und Werkleistungen, der zweite enthält die Fragen der Durchführung. Die periodischen Programme werden in einem gemeinsamen Versorgungsausschuß sämtlicher Truppenvertragspartner, in dem auch die Bundesrepublik als gleichberechtigtes Mitglied beteiligt ist, abgestimmt. Gegen den etwaigen Einspruch der Bundesregierung kann ein Programm nicht wirksam werden. Nachdem der deutsche Standpunkt nicht durchzusetzen gewesen ist, alle Beschaffungen für die künftigen Schutztruppen durch deutsche Beschaffungsstellen durchzuführen, ist der gemeinsame Versorgungsausschuß mit seiner Programmbildung der gegebene Ausweg gewesen. Bisher sind alle Anforderungen der Besatzungsmächte ohne irgendwelche Schwierigkeiten durchgeführt, die Programmregelung ist also bereits praktiziert. Auf dem Gebiete von Eisen und Stahl sind mengenmäßig die Anforderungen zurückgegangen. Die Zweispurigkeit der Auftragserteilung hat der Ausschuß als schwierig angesehen. Ausnahmefälle solcher Art, daß sich einzelne Firmen mehr oder weniger korrekt gelegentlich Aufträge besorgen, die Leistungsfähigkeit und Materialversorgung übersteigen, sind denkbar. Hinsichtlich der Qualität angeforderter Waren kann der Ausschuß verbindlich Einspruch erheben. Bei verbleibenden Unstimmigkeiten etwa hinsichtlich der (Dr. Fricke) Qualität einer bestimmten Lieferung kann dann nicht das Schiedsgericht in Anspruch genommen-werden, da dieses nur für Rechtsfragen zuständig ist. Immerhin kann nichts mit Gewalt durchgesetzt werden. (Generalklausel des Absatzes 1: Alles, was deutscherseits auf dem Versorgungsgebiet zu tun ist, muß sich innerhalb von Programmen abspielen. Für diese Programme ist das beiderseitige Einvernehmen erforderlich, bei Nicht-Einigung entsteht daraus für die deutsche Seite noch keine Verpflichtung, sondern es ist mit dem Wort „Einvernehmen" der Zwang verbunden, sich zwischen zwei Willensmeinungen zu. einigen.) Soweit es sich bei den Anforderungen um Materialien aus Engpaßgebieten handelt, wird dieser Engpaßcharakter vom Versorgungsausschuß festgestellt. Dabei ist der Ausschuß in der Lage, genaue Spezifizierungen der Programme zu verlangen. Auf Grund dieser Spezifizierungen wird die deutsche Seite mit ihren Sachverständigen die Durchführbarkeit beraten und hierbei evtl. Gegenvorschläge machen. Vorhandene Engpässe wechseln erfahrungsgemäß und verlagern sich je nach dem Beschaffungsprogramm. Zur Preisgestaltung von Beschaffungen: Die Besatzungsmächte haben bisher oft hohe Preise zugebilligt erhalten, dies hat sich bis zu Korruptionsfällen gesteigert. Artikel 12 des Finanzvertrages nimmt in seinen Absätzen 2 und 3 eine Festlegung auf das jeweilige Preis- und Lohnniveau des Bundesgebietes vor. Für die nicht unter das Programm fallenden kleineren Beschaffungen, vgl. auch Artikel 40 — der Begriff „kleinere Bauleistungen" wird durch zweiseitige Vereinbarungen festgelegt —, können die gegenwärtigen Beschaffungsvorschriften in der US-Zone zum Vergleich dienen. Verfahren der Auftragsvergebung: Beim Verzicht der allierten Dienststellen auf eine eigene Beschaffung tritt das normale deutsche Verfahren zur Vergebung von Aufträgen ein. Deutsche Dienststellen überwachen die Ausführung. Nach Ablieferung des Gegenstandes erfolgt die Bezahlung bisher aus den Besatzungskosten, künftig aus dem Verteidigungsbeitrag. Gehen die Mächte den eigenen Weg der Auftragsbeschaffung, so tritt das normale, von der US-Heeresverwaltung vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren in Kraft. Nach diesen Vorschriften müssen für jeden Auftrag mindestens drei Angebote eingeholt werden. Praktisch gilt für den Beschaffungsweg über deutsche Stellen eine dem VOL-Verfahren entsprechende Regelung für den unmittelbaren Beschaffungsweg der Streitkräfte das ökonomische Moment, den Preis mit Rücksicht auf die begrenzten Summen möglichst niedrig zu halten. Zu Artikel 39 Absatz 5 Die besondere Erwähnung eines Vorranges bezieht sich nur auf die raschere Abwicklung eines von einer Firma übernommenen Auftrages, dagegen nicht auf den Fall einer Ablehnung der Belieferung im Rahmen der Programmabstimmung. Absatz 5 bezieht sich auf die Beschaffung, und beschafft kann nur werden, was im Programm abgestimmt ist. Der deutsche Vertreter im Versorgungsausschuß hat es in der Hand, den „wesentlichen zivilen Bedarf" zu bestimmen. Im Zusammenhang mit Artikel 39 stehen die Bestimmungen über die Zurverfügungstellung von Verkehrs-, Post- und Fernmeldeleistungen gemäß Artikeln 41 und 42 (vgl. entsprechende Spezialberichte der zuständigen Ausschüsse). Als Grundsatz gilt hierbei, daß die Streitkräfte in der Regel sich ihre Transportleistungen im Rahmen der üblichen Beförderungsverträge und des normalen Transportwesens sichern. Nur in Ausnahmefällen besonderer Spitzenbeanspruchung tritt ein auf bisherigen Erfahrungen basierendes Sonderverfahren ein. Hinsichtlich Benutzung, Vergütung und bevorrechtigter Bedienung der Ansprüche der Streitkräfte lagen für die übrigen europäischen Länder parallel geplante oder geltende Regelungen zum Vergleich nicht vor. Die Frage etwa verbleibender Bestände von Bundesbahn-Fahrzeugen für den Gebrauch der Streitkräfte ist durch Stellungnahme des BVM mit Schreiben vom 16. Oktober d. J. mit einer Aufstellung beantwortet worden. Die Voraussehbarkeit (gemäß Artikel 41 Absatz 7 und 42 Absatz 3) zusätzlicher Inanspruchnahme vorhandener oder der Neuerrichtung von Verkehrs- und Fernmeldeanlagen ist insoweit gegeben, als entsprechend dem Finanzvertrag entscheidendes Kriterium bleibt, wie weit solche Anlagen ausschließlich oder überwiegend für militärische Zwecke benutzt werden. Bonn, den 26. November 1952. D r. Fricke Berichterstatter 2. Bericht des Abgeordneten Stegner Teil A Die grundsätzlichen Ausführungen des Vertreters des Bundeswirtschaftsministeriums zu dem EVG-Vertrag, die danach im Ausschuß eingehend erörtert wurden, gliedern sich in drei Teile, nämlich das Problem der europäischen Zusammenarbeit, das Rüstungsprogramm und die sonstigen wirtschaftlichen Bestimmungen des EVG-Vertrages. 1. In dem EVG-Vertrag ist wohl eine Integration auf militärischem, nicht aber eine Gesamtintegration auf wirtschaftlichem Gebiet vorgesehen, wie sie in der Montanunion vereinbart wurde. Dementsprechend bleibt beim EVG-Vertrag die wirtschaftliche Souveränität grundsätzlich bei den Mitgliedstaaten. Dies ist für die Bundesrepublik von besonderer Bedeutung, da sie ihre Hoheit wiedergewinnt, die ihr bisher als besetztes Land von den Besatzungsmächten nicht zugestanden war. Wenn auch durch den EVG-Vertrag keine Gesamtintegration auf wirtschaftlichem Gebiet vereinbart worden ist, so enthält dieser Vertrag doch eine gewisse Tendenz in dieser Richtung, die in verschiedenen Bestimmungen zum Ausdruck kommt. Am deutlichsten ist diese Tendenz dem Ausschuß bei der Regelung der Warenbewegung erkennbar geworden. Dort ist festgestellt und vereinbart, daß Warenbewegungen, die die EVG zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten durchführt, nicht als Außenhandel — weder als Einfuhr noch als Ausfuhr — erscheinen, sondern praktisch als europäischer Inlandsverkehr betrachtet werden. Des weiteren ergibt sich aus dem gemeinsamen Haushalt und dem gemeinsamen Rüstungsprogramm, das durch gemeinsame Organe durchgeführt wird, die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit aller Beteiligten. Der EVG-Vertrag stellt somit in wirtschaftlicher Hinsicht eine gewisse Ergänzung der anderen Bestrebungen (Stegner) dar, die ebenfalls auf eine europäische Zusammenarbeit ausgerichtet sind. Aus diesem Grunde ist in Artikel 4 und Artikel 32 des EVG-Vertrages festgelegt, daß die Gemeinschaft und das Kommissariat mit jeder Organisation zusammenwirken werden, die die gleichen Ziele wie sie selbst verfolgt. Gedacht ist dabei vor allem an die EZU, die OEEC, die Montanunion und auch an den Europarat. Von dem Sozialprodukt, von der Gesamtsumme der verfügbaren Güter und Dienste der einzelnen Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten wird in Zukunft ein gewisser Teil für die EVG in Anspruch genommen werden. Das Kommissariat der EVG tritt dabei nicht als europäisches Wirtschaftsministerium, sondern lediglich als Auftraggeber auf. Die Qualifizierung dieses Auftraggebers liegt in dem großen Auftragsvolumen, das bei einem jährlichen Gesamt-Haushalt von ungefähr 30 Milliarden DM entstehen wird. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, den Bedarf der EVG mit dem Bedarf der einzelnen Mitgliedstaaten zu koordinieren und abzustimmen. Dementsprechend finden sich in dem Vertrag verschiedene Vorschriften, die eine solche Koordinierung zum Inhalt haben. Dabei ist ganz allgemein auf den Artikel 113 zu verweisen, wo es heißt, daß alle Organe und Dienststellen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten eng miteinander zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig Amts- und Rechtshilfe zu leisten haben. Mit Artikel 39 erhält der Rat der Gemeinschaft die allgemeine Aufgabe, „die Tätigkeit des Kommissariats und die Politik der Regierungen der Mitgliedstaaten miteinander in Einklang zu bringen". Der Grundsatz der laufenden Zusammenarbeit ist hinsichtlich des Rüstungsprogramms auch noch in den Artikeln 101 und 104 verankert worden, wo es unter anderem heißt, daß Aufstellung und Durchführung der Rüstungsprogramme im Benehmen, d. h. in Abstimmung mit den Regierungen der Mitgliedstaaten zu erfolgen habe. Von den materiellen Klauseln wurden bei der grundsätzlichen Betrachtung des Vertragswerkes vor allem die Artikel 3 und 6 behandelt. In Artikel 3 wird bestimmt, daß die Gemeinschaft die Mittel zu verwenden hat, die am wenigsten belasten und am meisten Erfolg bringen. Sie darf nur eingreifen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist; sie hat dabei die staatsbürgerlichen Rechte und Grundrechte des Einzelnen zu wahren. Artikel 6 stellt den allgemeinen Grundsatz des Verbots der Diskriminierung der einzelnen Mitgliedstaaten auf. Sollten sich trotz dieser materiell-rechtlichen Klausel und derjenigen des Artikels 102 noch Schwierigkeiten ergeben, so kommt unter anderem die generelle Bestimmung des Artikels 56 zum Zuge. Nach dieser Vorschrift kann ein Mitgliedstaat, der der Ansicht ist, daß eine Handlung oder Unterlassung des Kommissariats in einem bestimmten Falle geeignet ist, bei ihm tiefgreifende und anhaltende Störungen hervorzurufen, das Kommissariat mit der Angelegenheit befassen. Das Kornmissariat wird hierauf, soweit hierzu Anlaß besteht, nach Anhören des Rates über die im Rahmen des Vertrages zu treffenden Maßnahmen entscheiden. Hiergegen kann bei dem Gerichtshof Klage erhoben werden, der ein uneingeschränktes Nachprüfungsrecht besitzt. Damit ist die Möglichkeit gegeben, die Einhaltung der materiellen Schutzklauseln auch auf gerichtlichem Wege sicherzustellen. Die Bestimmungen des wirtschaftlichen Teils des Vertrages sind im übrigen möglichst elastisch gehalten, um der Entwicklung und Dynamik der Gemeinschaft den nötigen Raum zu lassen. 2. Das Rüstungsprogramm steht naturgemäß im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Bestimmungen des EVG-Vertrages. Nach Artikel 101 soll das Rüstungsprogramm die Bewaffnung, Ausrüstung, laufende Versorgung und Wehrbauten betreffen. Seine Aufstellung erfordert eine Synthese zwischen militärischem Bedarf und güterwirtschaftlichen Möglichkeiten; darüber hinaus muß sichergestellt sein, daß sich das, was dementsprechend — unter Berücksichtigung einer Außenhilfe — von den einzelnen Volkswirtschaften zu leisten ist, im Rahmen der Gesamtsumme der finanziellen Beiträge bewegt. Das Kommissariat muß daher festlegen, was gebraucht wird, zu welchen Terminen, in welcher Qualität, zu welchen voraussichtlichen Preisen und wie die Deckung dieses Bedarfs durch die einzelnen Mitgliedstaaten — unter Berücksichtigung einer Außenhilfe durch die USA — erfolgen soll. Das Rüstungsprogramm stellt eine Anlage zum Haushaltsplan dar. Dementsprechend ist die Genehmigung des Rüstungsprogramms mit der Genehmigung des Haushaltsplans der EVG gekoppelt. Durch die Genehmigung des Haushaltsplans, die hinsichtlich der Ausgabenseite eine Zweidrittelmehrheit erfordert, erfolgt auch die Genehmigung des Rüstungsprogramms. Der Haushaltsplan und damit auch das Rüstungsprogramm sind jeweils nur auf ein Jahr abgestellt. Darüber hinaus gibt Artikel 103 § 2 die Möglichkeit, auch mehrjährige Programme aufzustellen, die der Zustimmung des Rates mit Zweidrittelmehrheit bedürfen. Nach Artikel 102 § 1 a sind bei Aufstellung und Durchführung der Programme in erster Linie die „technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten aller Mitgliedstaaten aufs beste nutzbar zu machen". Der zweite Grundsatz diese Artikels besagt, daß dem Umfang der von den Mitgliedstaaten zu leistenden Beiträge Rechnung zu tragen ist und daß die Grundsätze des Vertrages über den Zahlungstransfer zu beachten sind. Nach Artikel 102 § 1 c sind in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen der NATO, soweit und sobald wie möglich die Bewaffnung, Ausrüstung usw. zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. In den Artikeln 109 und 110 des Vertragswerkes ist der Beratende Ausschuß verankert, der vom Kommissariat zu Fragen wirtschaftlicher und sozialer Art zu hören ist, die sich aus der Vorbereitung und Durchführung der gemeinsamen Rüstungsprogramme ergeben. Er besteht aus mindestens zwanzig und höchstens vierunddreißig Mitgliedern; er umfaßt insbesondere Vertreter der Erzeuger und Arbeitnehmer in gleicher Anzahl. 3. Im Anschluß an vorstehende Fragen ist das Beschaffungswesen eingehend erörtert worden. Die Durchführung des Rüstungsprogramms erfolgt durch einzelne konkrete Beschaffungen. Nach Artikel 104 § 1 sorgt das Kommissariat mit dem Rat und den Regierungen der Mitgliedstaaten für die Ausführung der Programme. Es sind daher europäische Beschaffungsstellen einzurichten, die in Gestalt ziviler Behörden zu dezentralisieren sind. Für das Verfahren der Beschaffung gilt vorläufig das nationale Verdingungsrecht der Mitgliedstaaten. Es ist in Aussicht genommen, dieses durch ein europäisches Verdingungsrecht abzulösen (Artikel 104 a). Von Mitgliedern des Ausschusses wurde die Frage aufgeworfen, ob zu befürchten sei, daß die im Ge- (Stegner) biet der Bundesrepublik zu errichtenden europäischen Beschaffungsstellen u. U. statt mit Deutschen mit Angehörigen der Besatzungsmächte besetzt werden. Hierauf wurde seitens der Vertreter der Regierung erwidert, daß der Vertrag zwar keine Bestimmungen enthalte, die diese Frage ausdrücklich regeln. Es läge jedoch sicherlich ein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung vor, das in Artikel 6 festgelegt ist, wenn die personelle Besetzung der europäischen Beschaffungsstellen im Gebiet der Bundesrepublik eine andere wäre als in den übrigen Mitgliedstaaten. Als materieller Grundsatz ist festgelegt, daß die Vergebung der Aufträge auf der Grundlage eines möglichst umfassenden Wettbewerbs erfolgen soll. Je nach Sachlage können Vergebungen nach öffentlicher bzw. beschränkter Ausschreibung, bzw. freihändig erfolgen. Bei Streitigkeiten gilt im Falle der Lieferung beweglicher Güter das am Wohnsitz des Lieferanten geltende Recht, bei Immobilien das Recht des Ortes der belegenen Sache. Es ist vorgesehen, einen Ausschuß für Auftragsvergebung beim Kommissariat zu errichten. Dieser Ausschuß soll aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten zusammengesetzt werden. Bei Aufträgen, die eine bestimmte Wertgrenze übersteigen, ist dieser Ausschuß vor der Entscheidung des Kommissariats über den Zuschlag zu hören. Will das Kommissariat von der Entscheidung dieses Ausschusses abweichen, so hat es darüber dem Rat unter Angabe der Gründe zu berichten. Von einer Minderheit des Ausschusses wurde bemängelt, daß dem Beratenden Ausschuß kein Initiativrecht eingeräumt sei. Seine Einberufung könne lediglich auf Antrag des Kommissariats erfolgen. Hierauf wurde seitens des Vertreters der Regierung erwidert, daß das gesamte Vertragswerk von dem Grundsatz der Verantwortlichkeit des Kommissariats ausgehe. Dem würde es widersprechen, wenn neben dem Kommissariat abgesehen von dem Rat andere Organe vorhanden seien, die auf Gebieten, die zur Zuständigkeit des Kommissariats gehören, ihrerseits Entscheidungsbefugnisse besäßen. Aus diesem Grunde seien in Übereinstimmung mit allen anderen Delegationen sowohl dem Beratenden Ausschuß (Artikel 109 und 110) als auch dem Ausschuß für Auftragsvergebung (Artikel 104 § 5) lediglich beratende Funktionen zugestanden worden. Im übrigen hänge die Bedeutung des Beratenden Ausschusses sehr stark von der Persönlichkeit seiner Mitglieder und deren Aktivität ab. 4. Der Ausschuß erörterte dann in längerer Debatte die Rüstungsbeschränkungen, die der EVG-Vertrag enthält. Bisher unterliegt die Bundesrepublik einseitig den weitgehenden Beschränkungen des Besatzungsregimes. Es gilt das Gesetz Nr. 24 in der Fassung des Gesetzes Nr. 61. Durch den EVG-Vertrag in Verbindung mit dem Deutschlandvertrag werden diese diskriminierenden Beschränkungen beseitigt. Andererseits werden aber für alle Mitgliedstaaten der EVG gewisse Rüstungsbeschränkungen, die im Artikel 107 genannt sind, neu eingeführt. Das Verbot des Artikels 107 erstreckt sich auf die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr von Rüstungsmaterial, auf die Maßnahmen, die sich unmittelbar auf Einrichtungen zur Erzeugung von Rüstungsmaterial beziehen, auf die Herstellung von Mustern und die angewandte Forschung auf dem Gebiet des Rüstungsmaterials. Das Kommissariat kann Ausnahmen genehmigen. Hinsichtlich des Verfahrens sind besondere Durchführungsvorschriften des Kommissariats vorgesehen, die der Genehmigung des Rates mit Zweidrittel-Mehrheit bedürfen. Welches Rüstungsmaterial unter das Verbot fällt, ergibt sich aus der Anlage 1 dieses Artikels, deren Inhalt eingehend erörtert wurde. Es fallen unter anderem darunter: Kriegswaffen, Munition, Zünder, gewisse Pulver- und Sprengstoffarten, Panzermaterial, Kriegsschiffe aller Typen, Militärflugzeuge aller Typen, Atomwaffen, biologische und chemische Waffen sowie bestimmte Einzelteile. Im Hinblick auf die Bedenken, die von einigen Mitgliedern des Ausschusses geäußert wurden, wurde durch die Vertreter der Regierung eindeutig festgestellt, daß sich die Ziffern 10 und 11 der Anlage 1 lediglich auf solche Einzelteile und solche Maschinen beziehen, die ausschließlich für die genannten Zwecke verwendet werden können. Einzelteile und Maschinen, die außerdem auch noch für andere Zwecke eingesetzt werden können, fallen dementsprechend nicht unter die Beschränkung des Artikels 107. Dementsprechend fallen nur einige wenige Einzweckmaschinen unter das Verbot der Ziffer 11. Aus praktischen Gründen ist davon abgesehen worden, diese Maschinen listenmäßig im einzelnen aufzuführen. Für den Export von Rüstungsmaterial sowie für die angewandte Forschung sind in dem Artikel 107 hinsichtlich der genannten Beschränkungen gewisse Erleichterungen vorgesehen. Dadurch soll sichergestellt werden, daß das obige Verbot den Export und die Forschung nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das zur Erreichung der Ziele der Gemeinschaft unbedingt erforderlich ist. Im übrigen ist von besonderer Bedeutung, daß das Verbot des Artikels 107 in gleicher Weise für alle Mitgliedstaaten gilt. Es unterliegt in seiner' praktischen Anwendung selbstverständlich dem allgemeinen Verbot der Diskriminierung, das in Artikel 6 für das gesamte Vertragswerk verankert ist. Damit treten an die Stelle der einseitig diskriminierenden Regelungen des Besatzungsrechts die für alle Mitgliedstaaten in gleicher Weise geltenden und auf Vertrag beruhenden Vorschriften der EVG. Durch Artikel 106 ist die Möglichkeit geschaffen worden, auf europäischer Basis solche Forschungen durchzuführen, die für einzelne Mitgliedstaaten kaum oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten in Betracht kommen. 5. Der Artikel 105 befaßt sich in Anlehnung an den Schuman-Plan mit dem sogenannten „Pénurie"-Fall, das heißt dem Fall der Mangellage. Stellt das Kommissariat fest, daß sich der Durchführung eines Rüstungsprogramms ganz oder zum Teil solche Schwierigkeiten entgegenstellen, daß das Programm nicht durchgeführt werden kann — zum Beispiel wegen ungenügender Versorgung mit Rohstoffen, wegen Mangels an Kapazitäten oder infolge überhöhter Preise — oder daß die Ausführung des Programms nicht innerhalb des vorgeschriebenen Zeitabschnittes erfolgen kann, so hat es gemeinsam mit dem Rat die zur Beseitigung dieser Schwierigkeiten geeigneten Mittel zu suchen. Der Rat entscheidet im Benehmen mit dem Kommissariat einstimmig über die zu treffenden Maßnahmen. Kommt eine einseitige Entscheidung des Rates nicht zustande, so richtet das Kommissariat nach Beratung mit den beteiligten Regierungen an diese entsprechende Empfehlungen, um die Vergebung und Durchführung der Aufträge fristgemäß zu nicht überhöhten Preisen herbeizuführen. Es hat (Stegner) hierbei zu berücksichtigen, daß die sich ergebenden Belastungen auf die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten so gerecht wie möglich zu verteilen sind. Der Rat kann mit Zweidrittel-Mehrheit allgemeine Richtlinien für die Erteilung solcher Empfehlungen erlassen. Diejenigen Mitgliedstaaten, denen solche Empfehlungen zugehen, können ihrerseits den Rat anrufen, der sodann mit einfacher Mehrheit zu entscheiden hat. Durch diese Regelung ist sichergestellt, daß die Rüstungsprogramme auch tatsächlich durchgeführt werden können. Da die Empfehlungen nach Artikel 27 lediglich hinsichtlich der von ihnen bestimmten Ziele verbindlich sind, den betroffenen Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der für die Erreichung dieser Ziele geeigneten Mittel überlassen, steht es den Mitgliedstaaten frei, mit welchen wirtschaftspolitischen Methoden sie die Unterbringung der betreffenden Aufträge sicherstellen wollen. Die Autonomie der nationalen Wirtschaftspolitik wird insoweit dementsprechend durch den Artikel 105 nicht beeinträchtigt. 6. Nach Artikel 111 hat das Kommissariat im Benehmen mit den Regierungen der Mitgliedstaaten Pläne für die wirtschaftliche Mobilmachung vorzubereiten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß diese Arbeit, die lediglich vorbereitender Art ist, zusammen mit den Mitgliedstaaten durchzuführen ist. 7. Der Vertreter dos Bundesministeriums für Wirtschaft erläuterte eingehend die Bestimmungen des EVG-Vertrages nebst Anlagen, die sich mit dem zwischenstaatlichen Zahlungsverkehr befassen. Insbesondere behandelte er die 85-Prozent- und die 15-Prozent-Klauseln sowie das Transfer-Problem. 1 Dabei wies er darauf hin, daß der Zahlungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft über die EZU abgewickelt werde. Insoweit trete zu den Momenten, die bisher den Saldenstand der Mitgliedstaaten der EZU beeinflußt haben, durch die EVG ein neues hinzu. Wie sich der Saldenstand für die Bundesrepublik im einzelnen gestalten werde, lasse sich im voraus nicht übersehen. Es sei aber anzunehmen, daß sich voraussichtlich für die Bundesrepublik infolge ihrer besonderen Verhältnisse zumindest in der Anlaufzeit ein gewisser Aktivüberschuß ergeben werde, zu dem allerdings die auf Grund der Londoner Schuldenkonferenz zu erbringenden Leistungen gegenüberstehen werden. Im übrigen sind verschiedene Sicherungsklauseln in das Vertragswerk eingebaut worden, die den Zweck haben, eine Gefährdung des wirtschaftlichen und währungsmäßigen Gleichgewichts der Mitgliedsstaaten zu vermeiden. Insoweit kommen insbesondere die Vorschriften des Artikels 96 und des Artikels 102 § 1 b des EVG-Vertrages in Betracht. Des weiteren ist auf die ergänzenden Klauseln der Artikel 34 und 35 des Finanzprotokolls zu verweisen. Soweit es sich um Zahlungen in Devisen von Staaten handelt, die der EZU nicht angehören, ist jeweils die Zustimmung des betroffenen Mitgliedsstaates erforderlich. Dies gilt insbesondere für Zahlungen von US-Dollars oder anderen freien konvertierbaren Devisen. Damit ist hinsichtlich dieser Währungen sichergestellt, daß eine Gefährdung der Volkswirtschaft der Mitgliedstaaten vermieden werden kann. In Ergänzung dieser Ausführungen des Bundesministeriums für Wirtschaft wurde von der Opposition die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit die BdL und der Zentralbankrat mit dem Transferproblem befaßt worden sind. Auf Grund einer entsprechenden Anfrage hat sich hierzu Herr Präsident Bernard in seinem Schreiben vom 4. November schriftlich geäußert. Die darin gemachten Ausführungen wurden durch einen Vertreter der BdL in einer Sitzung des Ausschusses mündlich ergänzt. Eine weitere schriftliche Stellungnahme des Präsidenten des Zentralbankrates vom 24. November 1952 ging dem Ausschuß ebenfalls zu. Die Mehrheit des Ausschusses war in Übereinstimmung mit der Erklärung des Vertreters des Bundesministeriums für Wirtschaft und der BdL bzw. des Zentralbankrates der Auffassung, daß die in dem EVG-Vertrag hinsichtlich des internationalen Zahlungsverkehrs enthaltenen Verpflichtungen unter normalen Verhältnissen und unter der Voraussetzung eines stetigen organischen Wachstums der Volkswirtschaft als durchaus erfüllbar erscheinen. Darüber hinaus enthalte das genannte Vertragswerk eine Reihe von Kautelen, Konsultativverpflichtungen und Einstimmigkeitserfordernissen, die auch bei Eintritt unvorhergesehener Entwicklungen im Interesse aller Beteiligten eine vernünftige Handhabung der vereinbarten Regelungen gewährleisten dürften. Dies gelte auch, wenn man von der Gesamtheit der währungspolitischen Situation der Bundesrepublik ausgehe, wie sie sich jetzt darstelle und wie sie sich auf Grund von Faktoren, die sich bereits jetzt mit einiger Sicherheit erkennen lassen, für die Zukunft abzeichne. Die Minderheit hielt demgegenüber die von ihr geäußerten Befürchtungen aufrecht. Teil B Nach Behandlung der in Teil A dieses Berichtes dargelegten Vertragsbestimmungen wurden verschiedene weitere Fragen aufgeworfen und eingehend erörtert. Dabei handelte es sich im wesentlichen um folgende Komplexe: 1. Es wurde bezweifelt, ob die von der Bundesregierung erwartete Zuwachsrate des Sozialprodukts um 4 Prozent und der industriellen Wertschöpfung um 6 Prozent nach der Stagnation des zweiten Quartals 1952 eintreten werde. Dabei wurde auf die Äußerung des wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums vom 7. und 8. Juni 1952 verwiesen. Diese Befürchtungen sind nach Ansicht der Vertreter der Bundesregierung unbegründet. Man sei bei der Abfassung der Vertragswerke davon ausgegangen, daß das Sozialprodukt eine beachtliche weitere, wenn auch nicht mehr so große Steigerung wie bisher erfahren werde. In diesem Zusammenhang wurde auf die Tabellen im Bericht der Bundesregierung für die OEEC über die wirtschaftliche Lage und die Entwicklungsmöglichkeiten bis zum Jahre 1953/54 Bezug genommen. Darin geht die Bundesregierung davon aus, daß das Nettoprodukt zu Marktpreisen von dem NATO-Jahr 1951/52 von rund 108 Mrd. D-Mark zum NATO-Jahr 1952/53 auf 112,6 Mrd. D-Mark und zu dem NATO-Jahr 1953/54 auf rund 117,7 Mrd. D-Mark steigen wird. Die Zuwachsrate des Sozialprodukts sei demnach wesentlich größer als die zusätzliche Belastung des öffentlichen Haushalts, die sich ergebe, wenn man den Verteidigungsbeitrag mit dem bisher für die Besatzungsmächte aufzubringenden Betrag vergleiche. Die Opposition gab weiter zu bedenken, ob sich nicht zwangsläufig durch eine Schaffung unproduktiver Güter Teuerungsfaktoren insbesondere auf (Stegner) dem Konsumgütermarkt ergeben würden. Die Mehrheit des Ausschusses teilte diese Bedenken nicht in vollem Umfange, im Hinblick darauf, daß die Wirtschaft auf dem Konsumgütersektor elastisch genug sei, um einen solchen Bedarf aufzufangen, dies um so mehr, als Reserven durch weitere Rationalisierungsmöglichkeiten vorhanden seien und außerdem in Teilen der Konsumgüterindustrie eine Überkapazität zu verzeichnen sei. Mithin wurde die Meinung der Mehrheit festgestellt, daß die wirtschaftlichen Auswirkungen des EVG-Vertrages für die deutsche Wirtschaft tragbar seien. 2. Es wurden ferner Bedenken geäußert, daß durch die langfristige Planung von Rüstungsprogrammen das wirtschaftliche Strukturbild der Mitgliedstaaten wesentlich verändert werden könnte. Demgegenüber wurde durch die Vertreter der Regierung ausgeführt, daß der Anteil der Rüstungsproduktion an der Gesamtproduktion verhältnismäßig gering sei. Zudem erfolge die Aufstellung der Rüstungsprogramme in Abstimmung mit den einzelnen Mitgliedstaaten, so daß diese unabhängig von der an sich nötigen Genehmigung des Rates auch insoweit die Mäglichkeit haben, ihre Auffassung in ausreichendem Umfange zur Geltung zu bringen. Sofern neue Ereignisse eintreten, wäre es im übrigen jederzeit zulässig, die Planung diesen veränderten Verhältnissen anzupassen. 3. Der Ausschuß bat die Vertreter der Regierung, über die geplanten gesetzlichen Maßnahmen, die erforderlich sind, um der Bundesregierung die Erfüllung der durch das Vertragswerk übernommenen Verpflichtungen zu ermöglichen, zu berichten. Seitens der Regierungsvertreter wurden die gewünschten Auskünfte über die beabsichtigte Anderung des Wirtschaftssicherungsgesetzes und den Stand der Vorarbeiten für ein Bundesleistungsgesetz gegeben. Da über diesen Fragenkomplex im Zusammenhang mit dem Bericht über den Truppenvertrag berichtet wird, kann auf den Bericht über die Informationen, die seitens der Regierung hierzu gegeben wurden, verzichtet werden. Es wurden seitens der Opposition Zweifel geäußert, ob das Wirtschaftssicherungsgesetz in seiner abgeänderten Fassung ausreichen wird, um den verteidigungswirtschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Es wurde insbesondere die Befürchtung geäußert, daß noch weitergehende Eingriffe notwendig werden könnten. Demgegenüber vertraten die Vertreter der Bundesregierung die Auffassung, daß die genannten Vorschriften mit Rücksicht auf den Umfang der zu erbringenden Leistungen und den Stand der Produktion eine ausreichende Gewähr für die Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen bieten werden. 4. Auf Wunsch des Ausschusses gaben der Sicherheitsbeauftragte der Bundesregierung und ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums vertraulich Auskünfte über den Fragenkomplex „strategisch gefährdete Gebiete", die sogenannte Pulverlinie, die Größenordnung der notwendigen Leistungen, insbesondere Bauleistungen sowie über die zu erwartende Außenhilfe. Da diese Auskünfte mit denen seitens der Regierungsvertreter im EVG-Ausschuß, im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und im Haushaltsausschuß übereinstimmen dürften, kann an dieser Stelle auf die Berichterstattung verzichtet werden. Das gleiche gilt für die seitens der Regierung gegebenen Erläuterungen zum Kanzlerbrief vom 7. Mai 1952 betr. die Flugzeugproduktion. 5. Von Mitgliedern des Ausschusses wurde die Frage aufgeworfen, wie sich der EVG-Vertrag und insbesondere der Deutschlandvertrag auf die mit den Staaten des Ostblocks abgeschlossenen Handelsabkommen auswirken werden. Daraufhin hat der Vorsitzende ides Ausschusses das Bundesministerium für Wirtschaft um eine schriftliche Auskunft gebeten. Diese wurde mit Schreiben vom 6. November 1952 erteilt, das allen Ausschußmitgliedern zugegangen ist. Die darin enthaltenen Ausführungen wurden in einer Sitzung des Ausschusses durch einen Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft noch näher erläutert. Der Ausschuß sah diese Erklärung als eine 'befriedigende Antwort der gestellten Frage an. Er glaubt dementsprechend, daß der EVG-Vertrag und der Deutschlandvertrag zu keiner Beeinträchtigung der handelspolitischen Belange der Bundesrepublik im Handelsaustausch mit den Ostblockländern führen werde. 6. Der Ausschuß war übereinstimmend der Auffassung, daß die Erbringung von Verteidigungsleistungen nicht zu einer weiteren Benachteiligung der Notstands-, Sanierungs- und Zonengrenzgebiete führen dürfe. Es sei vielmehr dafür zu sorgen, daß diese Gebiete bevorzugt an der Durchführung von Verteidigungsleistungen beteiligt werden. Die Bundesregierung hat hierzu eine eingehende Darstellung des gesamten Problems vorgelegt, die in eingehender Diskussion in verschiedenster Hinsicht vertieft wurde Abschließend hat der Ausschuß daraufhin folgende Entschließung angenommen. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung aufzufordern, im Zusammenhang mit der Ratifizierung der Verträge gemäß Drucksachen des Bundestages Nrn. 3500 und 3501 alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um in den arbeitsmarktpolitisch besonders belasteten Gebieten der Bundesrepublik, insbesondere den Notstands-, Sanierungs- und Zonengrenzgebieten durch konzentrierte Arbeitsbeschaffungs- und sonstige wirtschafts-, steuer- und finanzpolitische Maßnahmen die wirtschaftliche Gesamtsituation unter besonderer Berücksichtigung der kleineren und mittleren Unternehmen und Gewerbebetriebe sowie der Flüchtlinge zu bessern. Darüber hinaus soll die Bundesregierung in geeigneter Weise sicherstellen, daß a) in Durchführung der Verträge sich ergebende Aufträge und Dienstleistungen bevorzugt unter Berücksichtigung der Vorschriften des Verdingungsrechts Betrieben in den obengenannten Gebieten und Unternehmen von Flüchtlingen und Vertriebenen zugute kommen, b) die im Zuge der Durchführung der Verträge notwendig werdende Schaffung und Ausweitung von Produktionskapazitäten möglichst in arbeitsmarktpolitisch belasteten Gebieten vorgenommen wird. Die Opposition äußerte Bedenken hinsichtlich des zweiten Absatzes obiger Entschließung. Sie machte dabei geltend, daß die genannten Gebiete eine allgemeine wirtschaftliche Förderung dringend benötigten. Aus dem EVG-Vertrag und dem Deutschlandvertrag werde eine solche allgemeine und dauerhafte wirtschaftliche Förderung ihrer Auffassung nach nicht erwachsen. Bonn, den 26. November 1952 Stegner Berichterstatter 3. Bericht des Abgeordneten Dr. Fricke Artikel 1: Vorschriften gegen Wettbewerbsbeschränkungen Nach Artikel 1 des Überleitungsvertrages bleibt das jetzt geltende alliierte Recht so lange in Kraft, bis ein Bundesgesetz angenommen wird, das den „entscheidenden Bestimmungen" des zur Zeit dem Bundestag vorliegenden Entwurfs entspricht. Das ursprüngliche alliierte Verlangen, ein neues alliiertes Kartellgesetz vertraglich aufrecht zu erhalten, konnte glücklicherweise abgewehrt werden. Die Frage, was . „entscheidende Bestimmungen" sind, ist nicht ganz leicht zu beantworten. Der Ausdruck entbehrt der Präzision, die erreicht worden wäre, wenn die einzelnen „entscheidenden Bestimmungen" ausdrücklich aufgezählt worden wären. Dadurch wären aber die gesetzgebenden Körperschaften in ihrer Entschließungsfreiheit erheblich mehr beeinträchtigt worden als durch die allgemeinere Fassung der „entscheidenden Bestimmungen". Die andernfalls eintretende Starrheit und Unbeweglichkeit wird durch diese Fassung vermieden. Außerdem darf nicht vergessen werden, daß die „entscheidenden Bestimmungen" nur bis zur Bildung des Bundeskartellamtes von Bedeutung sind. Nach seiner Errichtung steht das Gesetz zur vollen Disposition des Bundesgesetzgebers und kann in jeder Hinsicht geändert oder auch völlig aufgehoben werden, ohne daß die Alliierten irgendein Recht hätten, sich einzumischen oder das Schiedsgericht anzurufen. Die Frage, ob das vom Bundestag angenommene Gesetz hinsichtlich seiner Übereinstimmung mit den entscheidenden Bestimmungen der derzeitigen Regierungsvorlage vom Bundespräsidenten geprüft werden kann, hält der Ausschuß als für außerhalb seiner Kompetenz liegend. Ob der weitgehende Zwang des Artikels 1 und die sonstigen Bestimmungen des Zweiten Teiles mit der Präambel des Generalvertrages, die der Bundesrepublik mit Ausnahme der drei bekannten Vorbehalte Souveränität verleiht, im Einklang stehen, bleibt unentschieden. Eine gesetzliche Regelung, durch welche die „entscheidenden Bestimmungen" nicht gewahrt werden, kann zur Folge haben, daß formal zwei Gesetzesregelungen nebeneinander bestehen, die alte alliierte und die neue deutsche, von denen jedoch nur eine zur Anwendung kommen kann. Im Konfliktsfall muß gerichtlich entschieden werden. Gemäß Absatz 3 des Artikels 1 bleiben rechtskräftige Entscheidungen der Alliierten bestehen. Sie stehen in dieser Hinsicht entsprechenden Verfügungen oder Entscheidungen der deutschen Behörden oder Gerichte gleich, können also mit denselben Rechtsbehelfen wie diese beseitigt werden. Artikel 2: Ufa/Ufi-Gesetz Es wird festgestellt, daß der Vermittlungsausschuß die weitere Behandlung des vom Bundestagsplenum angenommenen Gesetzentwurfs zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens vertagt hat, um dem Bund und den Ländern Gelegenheit zu geben, sich über die Verwendung des Filmvermögens zu einigen. Von Länderseite ist unter anderem die Errichtung einer Anstalt als künftiger Vermögensträgerin gewünscht worden. Da jedoch das alliierte Gesetz Nr. 32 weiter in Kraft bleiben würde, wenn der vorgelegte Gesetzentwurf abgelehnt werden sollte, beschließt der Ausschuß ein Schreiben an den Vermittlungsausschuß, in dem auf die in Aussicht stehenden Unzuträglichkeiten bei einer weiteren Vertagung hingewiesen wird. Artikel 3: Großbanken Der Schlußsatz ist eine formale Gläubigerschutz-bestimmung. Das Großbankengesetz bringt im einzelnen bestimmte Vorschriften darüber, wie die Gläubiger der Großbanken zu befriedigen sind. Diese Schutzbestimmungen dürfen nicht zu Ungunsten der Gläubiger geändert werden. Die Frage, ob das Großbankengesetz durch Artikel 3 des Zweiten Teiles festgelegt (versteinert) ist, wird dem Ausschuß dahingehend beantwortet, daß eine Änderung nur bis zu der Übertragung der Vermögensgegenstände an die Nachfolgebanken und bis zu der Übergabe der Aktien an die Bank deutscher Länder ausgeschlossen sei. Die erste Voraussetzung sei bereits erfüllt. Die zweite — Übergabe der Aktien — werde etwa Anfang nächsten Jahres erfüllt sein. Von diesem Zeitpunkt ab sind daher die gesetzgebenden Körperschaften in der Lage, das Gesetz zu ändern. Artikel 4: Entflechtung des Kohlenbergbaues und der Stahl- und Eisenindustrie Dieser Artikel muß mit Artikel 5 — Gemischter Ausschuß — sowie mit den Artikeln 7 und 8 gemeinsam betrachtet werden. Nach Artikel 8 sollen sich die Bundesregierung und die Drei Mächte bemühen, daß die Tätigkeit der alliierten Agency mit dem 31. Dezember 1952 beendet ist. Diese Frist kann nicht allgemein eingehalten werden, wenn auch ein Teil der Neuordnungskomplexe bereits zu Ende geführt oder doch dem Abschluß nahe gebracht worden ist. Abs. 3 von Artikel 4 versucht deswegen, die Aufgaben der Agency auch sachlich zu begrenzen. Mit der Verwirklichung eines jeden Teilzieles beschränken sich die Befugnisse der Agency automatisch auf die jeweils noch verbleibenden Restaufgaben. Die Befugnisse der Agency werden also allmählich entsprechend dem Fortschreiten der Entflechtung eingeschränkt. Sobald ein Plan über die Restvermögenswerte und über die Festsetzung von Art und Höhe des Entgelts, das von der neuen Gesellschaft für die Übertragung von Vermögensgegenständen zu gewähren ist, vorliegt, ist die Tätigkeit der Agency bei dieser Gesellschaft beendet. Vor der Inkraftsetzung eines Planes wird er der Bundesregierung zugeleitet, die ihn hinsichtlich seiner Übereinstimmung mit den Grundprinzipien des Vertrages und der gesetzlichen Bestimmungen überprüft. Gläubiger und Aktionäre haben ihrerseits das Recht, den in Artikel 4 Absatz 6 bezeichneten Prüfungsausschuß anzurufen. In dem Schreiben der Alliierten Hohen Kornmission an den Bundeskanzler vom 21. Mai 1952 (Brief Nr. 15 der Anlage 3 zu Drucksache Nr. 3500) ist das pro-rata-Prinzip niedergelegt, nach welchem die Anteile an den Einheits- oder Nachfolgegesellschaften an die Anteilseigner der Altgesellschaften nach dem Verhältnis der Altbeteiligungen zugeteilt werden. Dieses pro-rata-Prinzip gilt auch für die Großaktionäre. Jedoch dürfen Großaktionäre im Rahmen des Schreibens vom 21. Mai 1952 nur jeweils an einer Nachfolgegesellschaft in unbeschränkter Höhe auf die Dauer beteiligt sein. Bei den übrigen Nachfolgegesellschaften müssen sie ihren Aktienbesitz — mindestens, soweit er 5 % überschreitet — veräußern. Dieser Verkaufszwang so- (Dr. Fricke) wie der Umstand, daß der Kapitalmarkt in Deutschland noch nicht voll funktionsfähig ist, wird das Eindringen ausländischer Interessenten mit Hilfe von Sperrmark in die Entflechtungsbetriebe erleichtern. Für einen Großaktionär, der eine Veräußerung an Ausländer vermeiden will, ist jedoch in jedem Falle die Möglichkeit gegeben, eine Fristverlängerung nach Artikel 5 zu beantragen. Hierbei kann ihm die Veräußerungsmöglichkeit zu Sperrmark nicht entgegengehalten werden, da sie keine Veräußerung „auf einer mit dem deutschen Allgemeininteresse zu vereinbarenden Grundlage" i. S. von Artikel 5 Absatz 4 darstellt. Nach Artikel 8 hat die Bundesregierung dafür zu sorgen, daß die Pläne durchgeführt werden. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung wird die Bundesregierung gegebenenfalls genötigt sein, ein Gesetz einzubringen. Für den Fall jedoch, daß die gesetzgebenden Körperschaften ein solches Gesetz ablehnen sollten, würden sich aus dem Vertrage keine weiteren Konsequenzen ergeben. Daß sich die Bundesregierung nicht gegen die parlamentarische Mehrheit durchsetzt, kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, da sie durch die Einbringung eines Gesetzes sich mit den ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für die Durchführung zu sorgen bemüht hat. Artikel 6: Entflechtung der I. G. Farbenindustrie A. G. i. L. Hier ist auf das Schreiben des Bundeskanzlers vom 24. Mai 1952 (Brief Nr. 14 a der Anlage 3 zur Drucksache Nr. 3500) zu verweisen. Danach hat die Bundesregierung bis längstens 31. Dezember 1955 — falls das Gesetz Nr. 35 vorher außer Kraft tritt — dafür zu sorgen, daß Zusammenschlüsse und ähnliche Verträge der entflochtenen I. G.-Nachfolgegesellschaften unterbleiben. Abgesehen von den drei großen Nachfolgegesellschaften können aber Zusammenschlüsse auch schon vorher — durch die Agency, solange sie besteht, alsdann durch die Bundesregierung — genehmigt werden. Nach dem 31. Dezember 1955 sind Zusammenschlüsse nicht mehr beschränkt. Artikel 10: Gewerbefreiheit Mit Inkrafttreten des Vertrages sind die besatzungsrechtlichen Beschränkungen der Gewerbefreiheit beendet. Gewerberechtliche Gesetze sind alsdann nur nach Artikel 12 des Grundgesetzes auszurichten. Artikel 10 schützt im übrigen den jetzigen gewerberechtlichen Besitzstand; er gestattet jedoch die Beseitigung unzuverlässiger Elemente. Nach Artikel II des von der Regierung vorgelegten Ratifizierungsgesetzes werden die „Zusatzverträge nebst Anlagen" von dem Gesetz erfaßt. Zu den Anlagen gehört auch der Briefwechsel. Ob der Briefwechsel ein Tätigwerden des Parlaments oder lediglich der Exekutive erforderlich macht, ist damit jedoch noch nicht entschieden. Das kann nur nach dem Inhalt der einzelnen Schreiben beurteilt werden. Bonn, den 26. November 1952 Dr. Fricke Berichterstatter *) Anlage 23. Oktober 1952 Abschrift! Abg. Naegel Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaftspolitik An den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland Herrn Dr. Konrad Adenauer Bonn Sehr verehrter Herr Bundeskanzler, im Zusammenhang mit den Beratungen des Truppenvertrages und des EVG-Vertrages im Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat sich folgendes Problem ergeben: 1. Nach Artikel 112 des EVG-Vertrages sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, allgemeine und besondere Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, die Ausführung der Verpflichtungen aus den Entscheidungen und Empfehlungen der Organe der Gemeinschaft zu sichern und der Gemeinschaft die Erfüllung ihrer Aufgaben zu erleichtern. Eine entsprechende Verpflichtung folgt aus dem Artikel 105 des EVG-Vertrages. 2. Weiter ist die Bundesregierung nach Artikel 37, Absatz 3 des Truppenvertrages gehalten, geeignete Gesetze zur Durchführung der gemäß Artikel 37, Absatz 1 übernommenen Verpflichtungen zu erlassen. Bis zum Erlaß dieser Gesetze sollen diese Verpflichtungen gemäß Artikel 37, Absatz 4 unter Beachtung der Bestimmungen des Grundgesetzes und durch angemessene Anwendung insbesondere des Reichsleistungsgesetzes erfüllt werden. Hieraus folgt, falls bei Inkrafttreten der Verträge ein Bundesleistungsgesetz noch nicht verabschiedet ist, die Notwendigkeit, daß das Reichsleistungsgesetz zur Anwendung kommt. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik ist der Meinung, daß ein derartiger Zustand unter allen Umständen vermieden werden sollte, schon allein deswegen, weil sich aus Artikel 13 und 14 GG erhebliche Schwierigkeiten bei der Anwendung dieses Gesetzes ergeben dürften. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik erlaubt sich daher, darauf hinzuweisen, daß sich aus den obigen Feststellungen die unverzügliche Vorlage eines Entwurfes eines Bundesleistungsgesetzes zwangsläufig ergibt. Mit besten Grüßen Ihr sehr ergebener gez. Naegel 4. Bericht des Abgeordneten Dr. Kreyssig (Minderheitsauffassung) Der Bericht der Minderheit des Ausschusses für Wirtschaftspolitik läßt viele der in den beiden anderen Berichten bereits dargestellten Probleme außer Betracht und beschränkt sich auf die Darstellung derjenigen Hauptpunkte, die nach Auffassung der Minderheit ungenügend beantwortet wurden oder ganz offen geblieben sind. 1. Im Truppenvertrag Artikel 3, der die allgemeinen Verpflichtungen der Bundesregierung behandelt, ist erklärt, daß die Streitkräfte auf die (Dr. Kreyssig) deutschen öffentlichen und privaten Interessen „gebührend Rücksicht" nehmen und daß sie insbesondere „dem wesentlichen innerdeutschen und Ausfuhr-Bedarf" Rechnung tragen. Es ist in der Diskussion darauf hingewiesen worden, daß weder der Begriff „ gebühr e n d " geklärt ist noch eine befriedigende Auskunft gegeben werden konnte, was unter dem „wesentlichen" Bedarf verstanden wird. Fest steht auf der anderen Seite, daß gemäß dem gleichen Artikel Ziffer 2 die Befriedigung des Bedarfs der Streitkräfte und die Erfüllung der Verpflichtungen der Bundesrepublik „gewährleistet" werden muß. Entgegen den Erklärungen der Regierungsvertreter glaubt die Minderheit, daß die festgestellten Übersetzungsdifferenzen zwischen dem deutschen, französischen und englischen Text die Verbindlichkeiten der Bundesrepublik größer und zwingender erscheinen lassen, als es nach dem deutschen Wortlaut der Fall zu sein scheint. 2. Besonders starke Bedenken hat die Minderheit hinsichtlich des Artikels 37 des Truppenvertrags, der sich mit der Beschaffung der Arbeitskräfte befaßt. Nach dem Wortlaut dieses Artikels übernimmt es die Bundesrepublik, „ sicherzustellen ", daß der sich im Bundesgebiet ergebende Bedarf der Streitkräfte insoweit befriedigt wird, als dies für die Erfüllung ihrer Verteidigungsaufgabe erforderlich ist. Über den Umfang der Anforderung konnten Angaben nicht gemacht werden. Im Absatz 2 des Artikels 37 heißt es, daß die Bundesrepublik dafür Sorge trägt, daß den Streitkräften die benötigten und geeigneten zivilen Arbeitskräfte durch die zuständigen deutschen Stellen „v ermittelt" werden. Es muß hier mit besonderem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß sowohl die englische als auch die französische Fassung dahin auszulegen ist, daß die Bundesrepublik die Verpflichtung übernommen hat, dafür zu sorgen, daß die Streitkräfte die zivilen Arbeitskräfte auch tatsächlich erhalten. Die Vertreter der Bundesregierung haben erklärt, dem Wunsch der Alliierten nach Schaffung einer Möglichkeit von Dienstverpflichtungen nicht entsprochen zu haben. Sie gaben jedoch zu, daß das Vorhandensein von Gesetzen über eine Dienstpflicht in den alliierten Ländern dazu führen könne, daß die Partner des Generalvertrags von Deutschland eine entsprechende Gesetzgebung verlangen könnten. Es muß mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß die bisherige Praxis im Fall der deutschen Dienstgruppen bereits eine deutliche Benachteiligung der Arbeitnehmer aus ihrer schwachen wirtschaftlichen Position heraus zeigt. Es könnte demzufolge auch ohne Änderung der bestehenden Vorschriften eine keineswegs ganz freiwillige Arbeitsaufnahme bei den Dienststellen der Streitkräfte herbeigeführt werden. 3. Noch schwerer wiegend sind die Bedenken bezüglich Artikel 44, der im Absatz 2 die Art der Dienste, die verlangt werden, nicht genau definiert. Im deutschen Text heißt es: „Dienste nichtsoldatischer Art", während im englischen und französischen Text von „nicht kämpfend" (non combattant) gesprochen wird. Es bleibt sonach fraglich, ob der deutsche Text in der praktischen Nutzanwendung von den anderen Parteien anerkannt wird. Die Minderheit vertritt die Auffassung, daß die gemäß Absatz 10 dieses Artikels eingesetzte gemischte Kommission nach der arbeitsrechtlichen Seite hin Befugnisse hat, die für die Beschäftigten gegenüber dem deutschen Arbeitsrecht beträchtliche und gefährliche Nachteile bringen. Gemäß Absatz 8 beispielsweise kann in Rechtsstreitigkeiten wegen Kündigungen aus Sicherheitsgründen diese gemischte Kommission mit bindender Wirkung für die deutschen Arbeitsgerichte über die Frage entscheiden, ob eine Kündigung als fristlose oder fristgemäße gerechtfertigt ist. Damit wird den deutschen Arbeitsgerichten zugemutet, gegebenenfalls Urteile zu verkünden, die zum Teil auf reinen Verwaltungsentscheidungen als gegebenen, nicht nachprüfbaren Tatsachen fußen. Eine solche Sachlage scheint für die Minderheit einen echten Konflikt mit dem Grundgesetz deutlich zu machen. Abgesehen davon, daß die Bildung von Betriebsräten für die bei den Streitkräften Beschäftigten nur eine Kannvorschrift und nicht zwingend vorgeschrieben ist, wird auch von den Regierungsvertretern zugegeben, daß die Befugnisse dieser Betriebsräte außerordentlich beschränkt sind, da sie im wesentlichen nur darauf Anspruch haben, von den zuständigen Behörden der Streitkräfte „gehört" zu werden. 4. Die Zusammensetzung der gemischten Kommission gemäß Artikel 44 Ziffer 10 hat zu langen Auseinandersetzungen Anlaß gegeben. Dem deutschen Text zufolge bestehen diese Kommissionen aus einer gleichen Anzahl von Vertretern der B e h ö r den der Bundesrepublik und Vertretern der zuständigen Behörden der drei am Truppenvertrag beteiligten Mächte. Im englischen und französischen Text wird demgegenüber nur von „Vertretern der Bundesrepublik" gesprochen. Zwar erklärte der Vertreter der Bundesregierung, daß deutscherseits daran gedacht sei, die Gewerkschaften an diesen gemischten Kommissionen zu beteiligen. Fraglich bleibt, ob die Partner bereit sind, den Deutschen Gewerkschaftsbund z. B. als „Vertreter der Bundesrepublik" zu akzeptieren. 5. Die Minderheit stellt fest, daß Artikel 44 Ziffer 5 a den Abschluß von Tarifverträgen als nachrangig gegenüber den sonstigen Formen der Festlegung von Arbeits- und Entlohnungsbedingungen festlegt. Der Abschluß von Tarifverträgen kommt dem Vertragstext zufolge nur „gegebenenfalls" in Frage. Die Regierungsvertreter haben zugegeben, daß bei den Verhandlungen die Anwendbarkeit des deutschen Arbeitsrechts nicht uneingeschränkt durchgesetzt werden konnte. In den Bestimmungen der Artikel 37 und 44 sieht die Minderheit eine Einschränkung des deutschen Arbeitsrechts und befürchtet — ohne daß von Regierungsseite diese Bedenken überzeugend widerlegt worden wären — eine Verhinderung der Freizügigkeit und der Arbeitsplatzwahl. Gemäß Artikel 39 Sach- und Werkleistungen verpflichtet sich die Bundesrepublik zur Mitarbeit bei der Durchführung im Rahmen der periodischen Programme. Sie erklärt sich bereit, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, „um zu gewährleisten ", daß dem Bedarf der Streitkräfte derjenige Vorrang vor dem nicht der Verteidigung dienenden innerdeutschen und Ausfuhr-Bedarf gewährt wird, der eine „rechtzeitige Belieferung" der Streitkräfte „sicherstellt". Die Regierungsvertreter haben dazu erklärt, daß Verordnungen in Vorbereitung seien, die lediglich eine zeitliche, jedoch keine materielle Priorität vorsehen würden. Der Hinweis, daß die Bundesregierung in dem gemeinsamen Versorgungsausschuß (Artikel 39, Ziffer 2) jederzeit gewissermaßen ein Vetorecht habe, ist für die Ausschußminderheit kein befriedigendes Argument gegenüber dem klaren Text des Artikels 39, 5, der (Dr. Kreyssig) die Sicherstellung der rechtzeitigen Belieferung der Streitkräfte mit Vorrang vor eigenen innerdeutschen oder Ausfuhrbedürfnissen festlegt. 6. Die hier auftauchenden Befürchtungen werden verstärkt durch die Artikel 101 und folgende des EVG-Vertrags. Das Kommissariat ist gemäß Artikel 102 lediglich angehalten, „schwere Störungen in der Wirtschaft" zu vermeiden. Weder läßt der Vertragstext erkennen, was unter „schwere Störungen" zu verstehen ist, noch konnten die Regierungsvertreter irgendwelche befriedigende Angaben machen, was unter diesem Begriff zu verstehen sei. Die Tatsache jedoch, daß lediglich schwere Störungen vermieden werden sollen, läßt eindeutig erkennen, daß leichtere Störungen sowohl vorausgesehen werden als auch in Kauf genommen werden sollen. Nach Auffassung der Minderheit ist die Machtstellung des Kommissariats in Verbindung mit den im Artikel 112 übernommenen Verpflichtungen so stark, daß daraus schwere Schäden für die Wirtschaft der Bundesrepublik entstehen können. Gemäß Artikel 105 (Mangellage) kann das Kommissariat an die beteiligten Regierungen „ Empfehlungen" richten, die die Bundesregierung zwar dahin interpretiert, daß es sich nur um ein vorgeschriebenes Ziel handle, das mit beliebiger Methode erreicht werden könne. Nach Artikel 112 ist die Bundesrepublik jedoch verpflichtet, „alle geeigneten allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, um die Erfüllung der Verpflichtungen zu sichern, die sich aus den Entscheidungen und Empfehlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben." Hinzu kommt, daß der Rat (Artikel 102 § 2) mit Zweidrittelmehrheit „allgemeine Richtlinien" erteilen kann, also auch gegen die Stimme der Bundesrepublik, über deren mögliche Auswirkungen auf unsere Wirtschaft seitens der Regierungsvertreter nichts ausgesagt werden konnte. 7. Die Minderheit ist der unwiderlegten Auffassung, daß die Anerkennung der Bundesrepublik durch den Brief Adenauers als „strategisch exponiertes Gebiet" zwangsläufig wirtschaftliche Nachteile für die Bundesrepublik mit sich bringt. 8. Die Minderheit weist nachdrücklich darauf hin, daß der „beratende Wirtschaftsausschuß" (Artikel 109/110) mit völlig ungenügenden Rechten ausgestattet ist und den Charakter eines pseudodemokratischen Zierstückes ohne Bedeutung hat. 9. Im Bericht des Mitberichterstatters ist auf die völlige Unzulänglichkeit der Vorbereitungen der Bundesregierung bezüglich des Bundesleistungsgesetzes und des Wirtschaftssicherungsgesetzes bereits hingewiesen. Die Minderheit muß nachdrücklich darauf hinweisen, daß mangels einer bekannten oder erkennbaren Grundlinie des Bundesleistungsgesetzes Konflikte mit dem Grundgesetz möglich sind. Die Vertreter der Bundesregierung haben nichts darüber aussagen können, wieweit Lenkungsmaßnahmen aus zwingenden Bestimmungen der Verträge notwendig oder erforderlich werden. Nach Auffassung der Minderheit kann auch die Schaffung einer sogenannten „supranationalen Verdingungsordnung" (Artikel 104 a) keine befriedigende Lösung bieten, die eine Benachteiligung der Bundesrepublik ausschalten würde. Die Auftragsvergebung wird nicht nur nach strategischen Gesichtspunkten, sondern wegen mangelnder Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Planung durch das Kommissariat nach Gesichtspunkten erfolgen, die auf die echten Wirtschafts- und Wettbewerbsverhältnisse der Partner keine Rücksicht nehmen. Die Regierungsvertreter haben zugegeben, daß ein Auftragsraum mit mehreren Währungen und ganz unterschiedlichem Kosten- und Devisengefälle echten Wettbewerb praktisch unmöglich macht. 10. Im Wirtschaftsauschuß ist die Frage, welche Gesamtbelastung aus Generalvertrag und EVG-Vertrag für die deutsche Wirtschaft entsteht, lange und lebhaft diskutiert worden. Die Minderheit stellt fest, daß die verschiedensten Vertreter der Bundesregierung nicht in der Lage gewesen sind, eine irgendwie zuverlässige Fernschätzung der Kosten zu geben oder auch nur etwas auszusagen über den Umfang der Dienstleistungen, die von der deutschen Wirtschaft auf Grund dieser Verträge beansprucht werden. Dagegen hat sich herausgestellt, daß Vertreter der Bundesregierung, die im Ausschuß für Wirtschaftspolitik ausgesagt haben, hinsichtlich der Beurteilung der Wirtschaftsentwicklung nach dem Inkrafttreten der Verträge unterschiedlicher Meinung waren. Während die Bundesregierung in offiziellen Dokumenten mit einer konjunkturellen Befruchtung der Wirtschaft auf Grund der nach dem Inkrafttreten des EVG-Vertrages zu erwartenden Aufträge rechnet und sie in ihren Angaben gegenüber der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) einsetzt, ist im Ausschuß für Wirtschaftspolitik die Auffassung vertreten worden, daß die Rüstungsproduktion weder zu einer Desorganisierung der deutschen Wirtschaft, noch zu einem Konjunktur-und Produktionsaufschwung in der Wirtschaft führen würde, der neue Investitionen verlange. Die Auffassung der Vertreter im Ausschuß für Wirtschaftspolitik ging dahin, daß eine echte Ausweitung der Wirtschaft nicht zu erwarten, weil nicht notwendig sei. Es wurde insbesondere darauf hingewiesen, daß auch das Bauprogramm im ersten Jahre, das von einem Vertreter auf 2,5 Mrd. DM, von einem anderen auf 3,3 Mrd. DM beziffert wurde, bei einem Gesamtbauvolumen von 12 Mrd. DM pro Jahr keine Schwierigkeiten bedeute. Wenn diese Angaben zutreffend sind, ist eine außerordentlich stark fühlbare Benachteiligung des sozialen Wohnungsbaues unvermeidlich. Besondere Aufmerksamkeit hat der Ausschuß der Frage der Bekämpfung der strukturellen Arbeitslosigkeit im Zusammenhang mit den Verträgen gewidmet. Nach Aussage der Dienststelle Blank soll über eine Kernbeschaffungsstelle durch Auftragslenkung die strukturelle Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern mit gelöst werden. 11. Die großen, nicht nur von der Opposition geteilten Befürchtungen, daß der Trend der industriellen Westwanderung die Notstandsgebiete besonders hart treffen würde, hat dazu geführt, den Bundeswirtschaftsminister darüber zu befragen, wie eine Berücksichtigung der arbeitsmarktpolitisch belasteten Gebiete bei Lieferungen und Investitionen im Rahmen der Verteidigungsleistungen erfolgen kann. Der Ausschuß hat festgestellt, daß Artikel 104 EVG keine Möglichkeiten einer speziellen Berücksichtigung notleidender Gebiete vorsieht und demzufolge interne Maßnahmen allein wirkungsvoll zur Anwendung kommen müßten. Die vom Bundeswirtschaftsminister schriftlich gegebene Antwort und auch die in der mündlichen Beratung (Dr. Kreyssig) erfolgten Antworten der Regierungsvertreter haben gezeigt, daß die Bundesregierung über die Raumordnungsfragen keine geeigneten Vorstellungen hat und über eine gewisse „Kasernenplanung" nicht hinausgekommen ist. Es konnte der Minderheit keine Antwort gegeben werden, welche grundsätzliche Konzeption der Bundeswirtschaftsminister hat und wie eine Intendierung der Wirtschaft durchgeführt werden könne. Es muß gegenüber der Gefahr, daß die Notstandsgebiete als Folge des Verteidigungsbeitrags in noch größere wirtschaftliche Schwierigkeiten gelangen, als absolut unbefriedigend bezeichnet werden, wenn der Bundeswirtschaftsminister erklärt, daß es vom Standpunkt des Bundeswirtschaftsministeriums „zu begrüßen" sei, „wenn im Zuge der Durchführung des EVG-Vertrages sich die Möglichkeit bieten würde, in den Sanierungs- und Grenzgebieten neue Betriebe zu errichten". Die Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums haben auch nichts darüber aussagen können, wo die nach Auffassung ihres Ministeriums vorhandenen „standortlichen Voraussetzungen" gegeben sind. Ebenso blieb die Frage offen, warum und wieso nach Auffassung des Wirtschaftsministeriums die Gesamtkosten der Investition in diesen Gebieten geringer sein könnten als im übrigen Bundesgebiet, weil „häufig" neben Werksanlagen auch Wohnräume für die Arbeitskräfte vorhanden seien. Die Fragen der Minderheit haben keine Beantwortung gefunden, wenn der Bundeswirtschaftsminister schriftlich erklärt, daß er der Überzeugung sei, die Leitung von Verteidigungsaufträgen und entsprechenden Investitionen in die Sanierungs- und Grenzgebiete sei „ein sehr wesentliches Mittel", um der wirtschaftlichen Entwicklung dieser notleidenden Räume einen Auftrieb zu geben. Die Besprechung der Antwort des Bundeswirtschaftsministers hat gezeigt, daß für eine bevorzugte Behandlung der Notstandsgebiete bei der Auftragsvergebung im Rahmen der EVG nur wenig Raum bleibt, wenn der Grundsatz tz des freien Wettbewerbs bei der Auftragsvergebung eingehalten werden soll. Die Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums konnten keine befriedigende Antwort geben, wie Wettbewerb mit Lenkung in Einklang gebracht werden soll. Daß der Bundeswirtschaftsminister erklärt, alle zentralen wirtschaftlichen Maßnahmen und Programme unter regionalen Gesichtspunkten noch mehr als bisher koordinieren zu wollen, um den Wirkungsgrad strukturverbessernder Maßnahmen zu erhöhen, vermag die Tatsache nicht aus der Welt zu schaffen, daß keine klare Konzeption für eine wirtschaftspolitische Steuerung vorliegt. Die Befürchtung der Minderheit, daß die wirtschaftliche Notlage in den Grenz- und Notstandsbezirken als Folge des EVG-Vertrages zunehmen wird, ist in keiner Weise beseitigt worden. 12. Der Ausschuß hat es für notwendig erachtet, durch den Präsidenten des Zentralrats der Bank deutscher Länder die Frage klären zu lassen, wie weit der EVG-Vertrag und der Generalvertrag dazu angetan sein könnten, die Sicherstellung der Währung zu gefährden. In der Antwort ist erklärt worden, daß die Verpflichtung, für den Verteidigungsbeitrag eine entsprechende haushaltsmäßige Deckung herbeizuführen, solange einen Schutz vor inflatorischen Finanzpraktiken biete, solange eine Verletzung dieser Vertragsbestimmungen nicht stattfindet und im Haushalt vorgesehene Deckungsmittel auch wirklich realisierbar seien. Nach Artikel 94 Absatz 2 des EVG-Vertrages könne „ g eh of f t werden dürfen", daß überspannte Beitragsfestsetzungen unterbleiben. Die Minderheit hält es für notwendig, den nachfolgenden Satz des Präsidenten des Zentralbankrats der BdL Bernard nachdrücklichst zu unterstreichen: „Bei einer Stellungnahme zu dem finanziellen Teil des EVG-Vertrags kann die Notenbank im Hinblick auf zahlreiche unbekannte Größenordnungen und im Hinblick auf die ungewissen, weitgehend von der Weltkonjunktur abhängigen Entwicklungstendenzen der Zukunft nicht mit voller Sicherheit erklären, ob die dem EVG-Vertrag entspringenden Verpflichtungen in jeder konkreten Situation immer und unter allen Umständen mit dem Erfordernis der inneren finanziellen Stabilität und mit der Aufrechterhaltung des Zahlungsbilanzgleichgewichts vereinbar sein werden." Bei der Abfassung dieses Berichts lag die von der BdL verlangte Stellungnahme über die Auswirkungen der Verpflichtungen des Generalvertrags im Hinblick auf eine mögliche Währungsgefährdung noch nicht vor und konnte demzufolge im Ausschuß nicht diskutiert werden. Bonn, den 26. November 1952 D r. Kreyssig Berichterstatter b) Berichterstatter des federführenden Ausschusses: Abgeordneter Erler Berichte des Ausschusses für Finanz- und Steuer fragen (11. Ausschuß) Zur Beurteilung vor allem des Truppenvertrages ist die Kenntnis des noch nicht ratifizierten Abkommens zwischen den Parteien des NordatlantikPaktes über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951 erforderlich, nach dem unter diesen Parteien weitgehend praktisch bereits verfahren wird. Dieses Abkommen ist dem Bundestag gleichzeitig mit dem Bericht zu seiner Unterrichtung zugegangen. Hier wie auf anderen Gebieten ist die Frage zu erörtern, warum der Truppenvertrag mit seinen Anlagen die Rechtsstellung der Stationierungsstreitkräfte anders regelt als der EVG-Vertrag oder das oben erwähnte Abkommen vom 19. Juni 1951. Es handelt sich um ein ursprünglich auf die Vorbehaltsrechte des Artikels 2 des Vertrags über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten zurückgehendes Überbleibsel der Besatzungsgewalt, das, wie die grundsätzliche Justitiabilität der Bestimmungen des Truppenvertrages zeigt, einer echten freien vertraglichen Regelung möglichst angenähert wurde. Das Vorbehaltsrecht selbst mußte wegen der Aufrechterhaltung der Viermächtevereinbarungen über das Recht der Alliierten, Truppen in Westdeutschland und Berlin zu unterhalten, hingenommen werden. Daraus entspringt auch die besondere Rechtsstellung, welche die Drei Mächte im Truppenvertrag und seinen Anlagen ihren Truppen vorbehalten haben. Die nächstliegende Lösung wäre gewesen, den Stationierungskräften in der Bundesrepublik keine andere Rechtsstellung einzuräumen, als sie die NATO-Staaten oder die Mitgliedstaaten der EVG einander gegenseitig gewähren. Die bei den Verhandlungen von den Drei Mächten gegen diesen Gedanken erhobenen Einwände, daß das NATO- (Erler) Abkommen noch nicht ratifiziert sei, vor allem aber die wesentlich größere Zahl der in Deutschland stationierten Truppen besondere Probleme aufwerfe, die auch rechtlich einer besonderen Lösung bedürften, sind mehr formaler Natur. Ein Vergleich mit der EVG ist insofern schwer durchführbar, als es sich bei der EVG ihrer Struktur nach um eigene Truppen der gesamten Gemeinschaft und nicht um Truppen eines fremden Entsendungsstaates handelt. Das zeigt sich auch auf wirtschaftlichem Gebiet bei einem Vergleich der zu ratifizierenden Vertragswerke etwa mit den Artikeln IV bis XIV des Abkommens vom 19. Juni 1951, welche von der Truppenversorgung, den Steuern und Zöllen sowie den Devisenkontrollbestimmungen handeln. Die Einzelheiten ergeben sich aus den diesem Vorbericht folgenden drei Einzelberichten des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen. Zu diesen drei Berichten sei auf folgende Hauptpunkte hingewiesen: A. Der Bericht des Abgeordneten Dr. Kneipp behandelt den Devisenverkehr, die Steuerbefreiung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder sowie der dazugehörenden Angehörigen sowohl auf dem Gebiet der Einkommensteuer als auch der Verbrauchsteuern und die Steuerfreiheit gewisser Organisationen einschließlich Banken im Dienste der Streitkräfte. Der Auswärtige Ausschuß nimmt zu der Frage, ob der Bund die Kompetenz habe, Abkommen zu schließen, welche sich auf Gemeindesteuern beziehen, keine Stellung. Zu den Ausführungen über die Behandlung der Streitkräfte auf dem Gebiet der Zölle ist eine Ergänzung erforderlich. Die Zollabfertigung an den für die Streitkräfte wesentlichen Grenzübergangspunkten wird durch Bedienstete der Streitkräfte in Zusammenarbeit mit den deutschen Zollbehörden durchgeführt, lediglich an den übrigen Grenzübergangsstellen normal durch deutsche Beamte. B. Der Bericht des Abgeordneten Dr. Gülich geht auf die Höhe des finanziellen Verteidigungsbeitrags der Bundesrepublik und die Anrechnung von Aufwendungen aus dem Bundeshaushalt auf diesen Verteidigungsbeitrag ein. Er behandelt die Frage der Stationierungskosten, der entstehenden Schäden und des zu leistenden Ersatzes sowie die Abwicklung bereits entstandener Besatzungsschäden. Der Auswärtige Ausschuß hebt die mit Groß-Britannien im Anhang A zum Finanzvertrag vereinbarte Sonderregelung hervor, wonach deutsche Behörden und Gerichte in Entschädigungsfragen allein zuständig sind und ihre Entscheidungen auch die Behörden der britischen, belgischen, dänischen und norwegischen Streitkräfte binden. Er hält es für erwünscht, daß eine entsprechende Regelung auch mit den anderen Stationierungsmächten zustande kommt. Der Bericht Gülich geht weiter auf die Preise und Vergütungen sowie die Bereitstellung von Arbeitskräften für die Besatzungsmächte ein, behandelt die Verausgabung von Baukosten und erwähnt die Revisionsklauseln des Finanzvertrages. Diese Klauseln sehen einen Einlassungszwang auf Verhandlungen zur Änderung oder Aufhebung von Artikeln des Finanzvertrages dann vor, wenn ein Abkommen zwischen der EVG- und der Nordatlantik-Organisation es erforderlich macht. Außerdem sind ergänzende Abkommen über Zahlungen der Bundesrepublik zu Lasten der Stationierungskosten vorgesehen. Die Ausnahmen von der Schiedsgerichtsbarkeit, wie sie der Bericht Gülich im einzelnen zutreffend darlegt, sind wiederum aus dem Charakter des Truppen-und des Finanzvertrages zu erklären. Der Bericht behandelt weiter eingehend die finanziellen und haushaltsrechtlichen Folgen des EVG-Vertrages und gibt ein Gesamtbild der für ein Jahr zu erwartenden Belastung. Zum Vergleich der hier gemachten Ausführungen wird auf die Berichte des Haushaltsausschusses und des EVG-Ausschusses verwiesen. C. Der Bericht des Abgeordneten Dr. Wellhausen erörtert die Regelung der Frage der Reparationen und des deutschen Auslandsververmögens im Sechsten Teil des Überleitungsvertrages. Die in dem in Artikel 2 erwähnten Verzeichnis zum Gesetz Nr. 63 der Alliierten Hohen Kommission genannten Länder, für die das Kontrollratsgesetz Nr. 5 über die Beschlagnahme der deutschen Auslandsvermögen seine Wirksamkeit im Bundesgebiet nicht verliert, sind Bulgarien, Finnland, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweiz, Triest, Türkei und Ungarn. Die durch den Sechsten Teil des Überleitungsvertrages aufgeworfenen völkerrechtlichen und politischen Fragen sind an dieser Stelle nicht zu behandeln. Darüber äußert sich der Auswärtige Ausschuß an anderer Stelle in einem besonderen Entschließungsantrag. Dieser Entschließungsantrag tritt nach einem mit Mehrheit gefaßten Beschluß des Auswärtigen Ausschusses an die Stelle eines Berichtes zum Sechsten Teil (Reparationen) und Achten Teil (Ansprüche gegen Deutschland) des Überleitungsvertrages. Zu diesen beiden Vertragsteilen legt der Auswärtige Ausschuß keine besonderen Berichte vor. 1. Bericht des Abgeordneten Dr. Kneipp Der Beratung lagen zugrunde: 1. Truppenvertrag Anlage 2 zu Drucksache Nr. 3500, Artikel 32 bis 36, Seite 56 ff. Begründung dazu, Anlage 4 zu Drucksache 3500, Seite 22 ff. 2. Entwurf eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 27. Mai 1952 über die Rechtsstellung der europäischen Verteidigungsstreitkräfte und über das Zoll- und Steuerwesen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, Anlage 3 zu Drucksache Nr. 3501, Artikel 29 bis 45, Seite 17 ff. ,Begründung dazu, Anlage 4 zu Drucksache Nr. 3501. 3. Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder, Anlage 6 zu Drucksache 3501. Begründung dazu, Anlage 7 zu Drucksache Nr. 3500. Ferner wurde zum Vergleich herangezogen das Abkommen zwischen den Parteien des NordatlantikPaktes über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951. Schließlich wurden auch die Aufsätze in den Bulletins vom 18. März, 11. Juli, 22. August, 28. und (Dr. Kneipp) 29. August, 4. und 5. September 1952, soweit sie in die behandelten Fragen hineinleuchteten, als Beratungsgegenstände miteingeschaltet. Der Ausschuß behandelte besonders eingehend den Artikel 32 des Truppenvertrages, der sich mit dem Devisenverkehr befaßt. Von Regierungsseite wurde dargelegt, daß bisher die Besatzungsmächte im Rahmen des Besatzungsregimes eine Insel innerhalb der deutschen Devisenzwangswirtschaft gebildet hätten. Dabei hätten sie auch unter der Besatzungsherrschaft geeignete Maßnahmen ergriffen, um aus dieser Inselstellung heraus keine unerträglichen Folgen für die deutsche Devisenlage herzuleiten. Daß bei diesen von beiden Seiten (deutsche und alliierte) getroffenen Maßnahmen noch gewisse Lücken bestehen geblieben seien, sei verständlich. Diese Lücken möglichst zu schließen, sei die Absicht des Artikels 32. Dadurch würden in Zukunft weniger Nachteile bei der deutschen Devisenwirtschaft entstehen. Artikel 32 habe auch zum Ziele, in Zukunft die Bestimmungen der Besatzungsmächte mit denen der deutschen Bundesrepublik in Übereinstimmung zu bringen. Demgegenüber wurde im Ausschuß die Auffassung vertreten, daß bei der Beurteilung solcher Bestimmungen deutscherseits von dem auszugehen sei, was normalerweise innerhalb der EVG vorgeschrieben sei. Solches müßte verglichen werden mit dem, was uns an besonderen Verpflichtungen auferlegt werde. Es könnte doch unmöglich nur für die europäischen Streitkräfte in Deutschland eine Art Sonderdevisenrecht geschaffen werden. Auch die NATO-Bestimmungen seien anders. Demgegenüber wurde von Regierungsseite erklärt, daß die NATO kein offizielles Abkommen darüber hätte, sondern daß nur eine de factoRegelung bestehe, daß die Truppen und ihre Angehörigen den Devisenkontrollbestimmungen des Entsendungsstaates unterständen, aber die Anordnungen des Aufenthaltsstaates zu beachten hätten. Man habe versucht, in Artikel 32 den en NATO- Grundsatz praktikabel zu machen. Daher die Bestimmung, daß die Vorschriften gemeinsam zwischen Bundesregierung und Entsendestaat erarbeitet werden. Die Aussprache im Ausschuß drehte sich dann des längeren darum, ob die Bestimmungen des Artikels 32 für die deutsche Devisenwirtschaft ausreichten, oder ob sie unvollkommen wären, ob es möglich sei, Schäden abzuwehren durch die Verwendung von Devisen der ausländischen Streitkräfte auf deutschem Staatsgebiet. Schließlich wird die Frage erörtert, ob notfalls das Schiedsgericht eingespannt werden könne und ob dies einen ausreichenden Schutz für die deutsche Wirtschaft biete. Der Regierungsvertreter erklärte auf verschiedene Fragen aus dem Ausschuß, daß die Bundesregierung keine Unterlagen über Vereinbarungen besäße zwischen USA und europäischen Ländern betr. Devisenverkehr, daß aber das Auswärtige Amt bemüht bleibe, die gewünschten Unterlagen durch die Generalkonsulate zu beschaffen. Der Artikel 32 Absatz 2 des Truppenvertrags fand eine besonders kritische Würdigung, insbesondere auch die Begründung zu Artikel 32, die als nicht ganz zutreffend bezeichnet wurde. Klarheit wurde darüber geschaffen,. daß den Behörden der beteiligten Mächte gewisse Zugeständnisse eingeräumt worden sind, die sich auf Devisenwerte beziehen, die der deutschen Devisenhoheit gar nicht unterliegen, nämlich auf Zahlungsmittel nichtdeutscher Währung, Zahlungsanweisungen, Militärgutscheine, die sich als Eigentum der Behörden im Ausland befinden. Diese Devisenwerte können ohne Genehmigung bei uns eingeführt und auch wieder ausgeführt werden. Doch dürfen Behörden einer beteiligten Macht in Deutschland keine Zahlungsmittel erwerben oder über sie verfügen, die auf eine ausländische Währung lauten. Ausnahmen bilden die in Artikel 32 Absatz 2 genannten Gründe, nämlich zur Bezahlung des Soldes an ihre Mitglieder. Die Devisenkontrolle ist grundsätzlich den Streitkräften selbst übertragen worden. Sie haben jedoch die Verpflichtung, bei ihren Maßnahmen die 'deutschen devisenrechtlichen Interessen zu wahren. Die Regierung gab dann eine abändernde Begründung zu den Akten des Ausschusses, die folgendermaßen lautet: „Es wird nicht bestimmt, ob und ggf. welchem Devisenrecht die Streitkräfte unterliegen. Absatz 1 stellt die Streitkräfte lediglich hinsichtlich der Einfuhr von Zahlungsmitteln nichtdeutscher Währung und zwar solcher Zahlungsmittel, die der deutschen Devisenhoheit nicht unterliegen, von Beschränkungen auf Grund des MPG 53 frei. Er gestattet ferner den Besitz der eingeführten Zahlungsmittel und die Verfügung hierüber im Rahmen der Bestimmungen des Absatzes 2 sowie die Wiederausfuhr nichtverbrauchter Beträge. Andere Verfügungen über diese Zahlung' mittel, 'insbesondere auch der Erwerb von Devisenbeträgen, sind ausgeschlossen. Um eine dennoch mögliche Gefährdung der deutschen devisenwirtschaftlichen Interessen zu vermeiden, sind die Streitkräfte verpflichtet, im Zusammenwirken mit der Bundesregierung geeignete Maßnahmen gegen einen Mißbrauch der Bestimmungen von Absätzen 1 und 2 zu treffen. Derartige Vorkehrungen bestehen auf Grund besatzungsrechtlicher Vorschriften teilweise bereits heute. Durch das Zusammenwirken mit der Bundesregierung sollen Lücken in den zu treffenden Maßnahmen verhütet werden." Es darf zu dieser Begründung bemerkt werden, daß sie nur eine deutsche Begründung darstellt. Steuerrechtliche Fragen. Artikel 33 Bereits in der ersten Lesung der Verträge im Plenum wurde vom Bundesfinanzminister dieser Frage besondere Beachtung geschenkt. Er gab an, daß die den Streitkräften und ihren Mitgliedern gewährte steuerliche Behandlung internationalen Gepflogenheiten entspräche. Die diesen gewährte Befreiung gelte sowohl für die Zölle als auch für die Verbrauchsteuern, dabei müsse grundsätzlich unterschieden werden zwischen den Streitkräften selbst und den Mitgliedern der Streitkräfte, insbesondere Familienangehörigen. In 'den Erörterungen des Ausschusses spielte die begriffliche Umrahmung der Streitkräfte eine wichtige Rolle. Unter Mitwirkung von Vertretern des A. A. wurde versucht, eine Definition der Begriffe „Streitkräfte" und „Behörden der Streitkräfte" herbeizuführen. Dabei wurde regierungsseitig erklärt, daß als „Streitkräfte" oder Truppe im Sinne des Truppenvertrages schon die kleinste Einheit, also die Kompanie, anzusehen sein werde, darunter könne man wohl nicht gehen. Eine eindeutige Umrahmung sei jedoch nicht gegeben worden. Auch der Begriff „Behörden der Streitkräfte" lasse sich nicht für jeden Einzelfall regeln, die Frage der Zuständigkeitsregelung müsse vielmehr (Dr. Kneipp) Sache der jeweiligen beteiligten Macht sein. Die erschöpfende Ausdeutung des Begriffs sei deshalb so schwierig gewesen, weil der Truppenvertrag mit den Drei Mächten abgeschlossen worden wäre, daneben auch noch eine Reihe von „Hilfsvölkern" (Dänen, Norweger, Kanadier usw.) in Frage kämen. Man hätte in Artikel 1 Ziffer 4 des Truppenvertrages den Begriff der „beteiligten Macht" eingeführt. Es müsse also zwischen den beteiligten Mächten und der Bundesregierung in engstem Einvernehmen eine besondere Festlegung getroffen werden. Selbstverständlich müsse es die Aufgabe der Bundesregierung sein, den Begriff der Organisation im Sinne des Artikels 36 möglichst einzuengen. Der Vertreter des A. A. gibt an, daß es gelungen sei, einen Teil der Organisation auszuklammern, sie also aus der steuerlichen Vergünstigung herauszunehmen. Die Ausschußbehandlung erstreckte sich auf eine Reihe von Fragen über die nunmehrige Eingliederung verschiedener Organisationen. Regierungsseitig wurde eine Liste solcher Organisationen überreicht, die die steuerlichen Begünstigungen der Streitkräfte genießen sollen. In dieser Zusammenstellung fanden sich 21 amerikanische, 12 britische und 13 französische Organisationen, die in engstem Kontakt mit den Streitkräften stehen sollen; eine Liste der Organisationen ist angefügt.*) Aus dem Ausschuß wurde von verschiedenen Seiten der Wunsch geäußert, den Kreis dieser Verbände einzuengen, auch wenn ihre Kompliziertheit nicht verkannt wurde. Diejenigen, die irgendwie wirtschaftlich tätig seien, müßten ausgeschieden werden. Umfangreich war die Aussprache über die Banken im Sinne des Artikels 36 des Truppenvertrages, also Banken, die für die Streitkräfte arbeiten und denen die Vorrechte des Absatzes 5 des Artikels 36 des Truppenvertrages eingeräumt werden. Sie sollen auch die in Absatz 4 des Artikels 35 des Vertrages erwähnten Vergünstigungen bei Steuern auf Einkommen usw. erhalten. Für die Bediensteten dieser Banken gilt die Steuerbefreiung, wenn sie Aufgaben erhalten, die sonst von militärischen Zahlmeistern der Vereinigten Staaten erfüllt werden. Aus dem Ausschuß heraus wurde gerade bei diesen Banken darauf hingewiesen, daß sehr starke Zweifel beständen, ob sie nur als Truppenzahlstelle fungieren. Auch darüber entspann sich eine lebhafte Unterhaltung, was unter Mitgliedern der Streitkräfte zu verstehen sei, wobei nicht verkannt wurde, daß neben militärischem Personal und Gefolge mit Rücksicht auf die langdauernde Stationierung der Truppen im Bundesgebiet auch mehr Familienangehörige hereinzunehmen seien. Begrüßt wurde die Erklärung, daß gegenüber dem bisherigen Rechtszustand der privilegierte Personenkreis sich auf Ehegatte, Kinder und sonstige unterhaltsberechtigte Familienangehörige beschränken solle. Im Ausschuß war eine rege Aussprache über die Unterscheidung zwischen „kleinen" und „großen" Verbrauchsteuern von den Streitkräften nicht erhoben werden sollten, während die großen zur Erhebung kommen sollten. Von seiten der Regierung wurde dies eingehend, wenn auch nicht in vollem Umfang den Ausschuß überzeugend, begründet. Es wurde von der Regierung erwidert, daß *) Vgl. Umdruck Nr. 721, Seite 11298. das Wiederherausholen der wichtigsten Verbrauchsteuern den Verträgen entspräche, die z. Z. in Frankreich und England mit den Amerikanern beschlossen sind und gelten. Auf das sogenannte Off-shore-Verfahren wurde hingewiesen. Die Frage spielte noch eine Rolle, ob man hier von einer Gleichstellung reden könne; auch auf die Änderung gegenüber dem Besatzungsstatut wurde hingewiesen. Die Frage der Umsatzsteuerbefreiung nahm einen sehr breiten Raum in den Ausschußverhandlungen ein. Man nahm zur Kenntnis, daß die Verhandlungen darüber außerordentlich hart geführt worden seien. Die Amerikaner und andere Besatzungsmächte hätten sich gegen eine Umsatzsteuervorbelastung sehr zur Wehr gesetzt. Die Forderung betr. Umsatzsteuerfreiheit für die Vorlieferungen sei immer wieder erhoben worden. Im Ausschuß wurde von den verschiedensten Seiten auf den bisherigen Zustand hingewiesen, der praktisch schon auf die Umsatzsteuerbefreiung hinausgelaufen wäre. Man nahm schließlich von der „Legalisierung" des bisherigen Zustandes Kenntnis. Einen besonderen Raum in den Erörterungen nahm die Frage der „Biersteuer" in Anspruch, deren Freistellung für die amtlichen Beschaffungsstellen der Wehrmacht in einem besonderen Vertrag festgelegt wird (Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder). Schließlich wurde die Frage aufgeworfen, ob man nicht mit weiteren Steuerbefreiungen an uns herantreten würde und ob Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis durch die Verträge und Abkommen erfaßt würden. Auf die Frage der Hundesteuer kam man in diesem Zusammenhange, ebenso auf die Frage der Vergnügungsteuer, zu sprechen. Festgestellt wurde jedenfalls, daß die Auslegung des Artikels 1 hinsichtlich der Gemeindesteuern gewisse Schwierigkeiten bereite. Da die Gemeindesteuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis gar nicht der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, wurden Zweifel geäußert, ob der Bund hierüber überhaupt einen internationalen Vertrag abschließen könne. Die Frage ist nicht restlos klar aus den Verhandlungen hervorgegangen. Jedenfalls wurde klargestellt, daß die Alliierten den Hinweis auf eine getrennte Finanzwirtschaft von Bund und Ländern nach dem Grundgesetz nicht beachtet hätten. Man hätte dann eine Lösung in der Weise gefunden, daß der Bund sich verpflichtet, etwaige Ansprüche der Länder zu erfüllen. Diese Regelung sei deshalb akzeptabel gewesen, weil schon bisher aus dem Einzelplan XXVII an die Länder in solchen Fällen die Nutzungsvergütung gezahlt worden sei. Die Frage der Steuern auf gemeindlicher Ebene bedarf wohl noch einer späteren vertraglichen Regelung. Zollrechtliche Bestimmungen hinsichtlich der Streitkräfte und ihrer Mitglieder. Artikel 34 Truppenvertrag bestimmt, daß die Einfuhr für den militärischen und Unterhaltsbedarf der Streitkräfte zollfrei ist. Kontrollen gegen einen Mißbrauch dieser Begünstigungen sind in erster Linie Aufgabe der Streitkräfte selbst. Sie haben nach dem Vertrag insbesondere die Verpflichtung der Beschränkung besonders dem (Dr. Kneipp) Schmuggel ausgesetzter Lebens- und Genußmittel: Kaffee, Tee, Tabak, Spirituosen, auf das für den persönlichen Bedarf erforderliche Maß. Zur Wahrung der deutschen finanzwirtschaftlichen Interessen ist unter gewissen Voraussetzungen auch eine Mitwirkung der deutschen Zollbehörden vorgesehen. Der persönliche Bedarf der Mitglieder der Streitkräfte ist zollfrei. Die Beratungen im Ausschuß drehten sich in erster Linie um folgende Punkte: Wie soll der Verkauf zollfrei eingeführter, dann aber später nicht mehr benötigter Waren vor sich gehen? Um diese Frage entspann sich eine eingehende Diskussion. Man bezeichnete die bisher festgelegten Bestimmungen als nicht besonders glücklich, auch wenn die Zustimmung der deutschen Zollbehörden in Artikel 35 ausdrücklich vorbehalten sei. Es wurde hierbei festgestellt, daß zwar die Organisationen fremder Streitkräfte auf deutschem, wie auch auf anderem Boden einen Sonderstatus hätten, während die Mitglieder der Streitkräfte nach Artikel 35 Absatz 1 grundsätzlich der deutschen Zollgesetzgebung unterlägen, dergestalt, daß sie von deutschen Behörden mit Steuerbescheiden bedacht werden und die Abgaben mit Hilfe der Alliierten selbst herausgeholt werden könnten. Auch könnten Waren bei ihnen beschlagnahmt werden (also auch Kaffee, Zigaretten usw.). Nach Artikel 35 Absatz 5 gelte nunmehr, abgesehen von Geheim- und Kuriersendungen, eine normale deutsche Zollabfertigung. Um die Einschränkung des Besatzungsschmuggels entspann sich eine weitere lebhafte Diskussion. ' Nach vorliegenden Statistiken seien die Amerikaner zu rund 80 °!o am Besatzungsschmuggel beteiligt. Nur durch wesentliche Rationskürzungen von Kaffee, Tee und Zigaretten sei der Schmuggel einzudämmen. In bezug auf die Frage der zollfreien Einfuhr von Kriegsmaterial für die Europäische Verteidigungsgemeinschaft wurde von Regierungsseite erklärt, daß die Aufstellung einer solchen Liste in Vorbereitung sei. Es handle sich im wesentlichen um Waffen im Sinne des Artikels 107 des EVG-Vertrages. Dabei wurde auch bekanntgegeben, daß Waren, die die Gemeinschaft von einem Nichtmitgliedsstaat (z. B. Schweden oder Schweiz) erwirbt, beim Eintritt in das Gebiet der Gemeinschaft den Zöllen und Abgaben unterliegen, ,die im Gebiete des Mitgliedsstaates erhoben werden, in das die endgültige Einfuhr vorgenommen wird. Allerdings werde Material spez. militärischen Charakters, wie es in der in Aufstellung begriffenen Liste verzeichnet werden wird, von Einfuhrzöllen freigestellt. Nach dem geltenden Zolltarif der meisten Mitgliedstaaten ist solches Material bereits in weitem Umfange zollfrei. Das Bestreben auch bei ,der Verfrachtung dieses Waffenmaterials von einem Mitgliedsstaat in den anderen müsse dahinausgehen, daß kein Mitgliedstaat besondere steuerliche Vorteile gegenüber einem anderen Mitgliedstaate habe. Auf der anderen Seite hinwider müsse jedem Staate seine Finanz- und Steuerkraft möglichst ungeschmälert erhalten bleiben. Bad Homburg, den 8. November 1952 Dr. Kneipp Berichterstatter 2. Bericht des Abgeordneten Dr. Gülich betreffend: I. Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten mit Zusatzverträgen vom 26. Mai 1952 (sog. Deutschlandvertrag) (Anlage 2 zur Drucksache Nr. 3500). Nebst: Begründung (Anlage 4 zur Drucksache Nr. 3500). hier: 1. Finanzvertrag (Anlage 2 zur Drucksache Nr. 3500 S. 96-119) Begründung: Anlage 4 zur Drucksache Nr. 3500 S. 35-42) Nebst: Anhang A (Anlage 2 zur Drucksache Nr. 3500 S.120-123) (Ausführungsbestimmungen betr. die Streitkräfte Großbritanniens und Nordirlands, Belgiens, Dänemarks und Norwegens nach Artikel 8 des Finanzvertrages) und: Anlagen zum Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten mit Zusatzverträgen. Briefe und Briefwechsel. (Anlage 3 zur Drucksache Nr. 3500). hier: A. Briefe und Briefwechsel zum Vertrag über die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten. Nr. 1. Schreiben betreffend die Ausübung des von den Drei Mächten vorbehaltenen Rechtes in bezug auf Berlin, Absatz 5 betr. Besatzungskosten für Berlin (S. 1-3). C Briefe und zum Finanzvertrag (S. 10-15) Nr. 5. Schreiben betr. Artikel 4 Absätze 3 und 5 des Finanzvertrages. Nr. 6. Schreiben betr. Artikel 6, Absatz 2 des Finanzvertrages. Nr. 7. Schreiben betr. Artikel 10 Absatz 1 des Finanzvertrages. 2. Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzzung entstandener Fragen (Anlage 2 zur Drucksache Nr. 3500 S. 124-226. Begründung: Anlage 4 zur Drucksache Nr. 3500 S. 43-63) hier: Teil 9: Gewisse Ansprüche gegen fremde Nationen und Staatsangehörige. Artikel 3 (S. 191/192). Teil 11: Erleichterungen für die Botschaften und Konsulate der Drei Mächte in der Bundesrepublik (S. 208-211). II. Vertrag vom 27. Mai 1952 über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. (Anlage 1 zur Drucksache Nr. 3501). Nebst Begründung: (Anlage 2 zur Drucksache Nr. 3501). hier: (Dr. Gülich) Titel 4 (Artikel 83-100): Finanzielle Bestimmungen. (Anlage 1, S. 35-43. Begründung: Anlage 2 S. 25-31). Nebst: Zusatzprotokolle zu dem Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. (Anlage 1 zur Drucksache Nr. 3501 S. 61-113). hier: 1. Finanzprotokoll (S. 95-105). 2. Protokoll über die Besoldungsgrundlagen des Militär- und Zivilpersonals der Gemeinschaft über dessen Ruhegehaltsansprüche (S. 106-108). Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen hat die vorstehend aufgeführten Vertragswerke in folgenden Sitzungen beraten: 154. Sitzung am 10. Oktober, 156. am 23. Oktober, 157. am 24. Oktober, 158. am 29. Oktober, 159. am 12 November, 160. am 13. November und 162. am 17. November 1952. Bei dem Umfang der dem Ausschuß vorliegenden Vertragsteile war es nicht möglich, die Einzelberatungen so vollständig durchzuführen, wie es die Bedeutung des Vertragswerkes erfordert hätte. Der Ausschuß hat sich im wesentlichen auf die Beratung der besonders wichtigen Probleme beschränkt. Die Tatsache, daß der Ausschuß keine Beschlüsse gefaßt hat, erschwert die Aufgabe des Berichterstatters, der also nicht - wie sonst üblich - in der Lage ist, die übereinstimmende oder mit Mehrheit beschlossene Auffassung der Ausschußmitglieder vorzutragen. Der Ausschuß hält es aber für erforderlich, daß die in den Sitzungen vorgetragenen Auffassungen, Bedenken und Einwände seiner Mitglieder dargelegt werden. Angesicht der Kompliziertheit des Stoffes war es nicht möglich, lediglich das „Für und Wider" zu erörtern; es mußte vielmehr erst Klarheit über den Inhalt der hier zu behandelnden Teile des Vertragswerkes geschaffen werden. Ich gebe mithin im 1. Teil meines Berichtes eine Darstellung des Inhaltes mit Hinweisen auf die noch offen gebliebenen Fragen, im 2. Teil eine Analyse der Problematik des Finanzvertrages und der finanziellen Bestimmungen des EVG-Vertrages, soweit sie im Ausschuß diskutiert worden sind. Erster Teil. Abschnitt I: Finanzvertrag 1. Außer den im Truppenvertrag erläuterten Bestimmungen der Begriffe „das Bundesgebiet", „die Drei Mächte", „anderer Entsendestaat", „die beteiligte Macht", „Behörden der Streitkräfte", „Mitglieder der Streitkräfte", „Liegenschaften" legt der Finanzvertrag folgende Begriffsbestimmungen (Artikel 1) fest: a) „Behörden der beteiligten Mächte" bedeutet die Behörden der beteiligten Mächte einschließlich der Behörden ihrer Streitkräfte (Artikel 1, Absatz 2 a). b) „Die Streitkräfte" sind die im Bundesgebiet stationierten bewaffneten Streitkräfte der Drei Mächte und anderer Entsendestaaten. Auf die im Bundesgebiet stationierten Streitkräfte der beteiligten Mächte, die auf Grund des „Vertrages über die Errichtung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft" Kontingente der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte geworden sind (vorbehaltlich der Vorschriften des Artikels 8), findet die Bezeichnung nur bis zum 30. Juni 1953 Anwendung (Artikel 1, Absatz 2 b). c) „Mittel für den Unterhalt der Streitkräfte" bedeuten den Teil des Verteidigungsbeitrages der Bundesrepublik, der den beteiligten Mächten als Beitrag zur Deckung der Stationierungskosten für die im Bundesgebiet stationierten Streitkräfte und ihrer Mitglieder zur Verfügung gestellt wird (Artikel 1, Absatz 2 c). 2. Verpflichtung zur Förderung der Vertragszwecke (Artikel 2) Die deutschen Behörden und die Behörden der beteiligten Mächte sind zu uneingeschränkter Zusammenarbeit durch Austausch von Informationen und durch Bereitstellung der Dienste ihrer Dienststellen verpflichtet. 3. Die Höhe des deutschen Verteidigungsbeitrages für die Zeit vom Inkrafttreten der Verträge bis zum 30. Juni 1953 wird durch Artikel 4 geregelt. Die Bundesrepublik hat einen festen monatlichen Durchschnittsbetrag von 850 Mio DM zu leisten; er umfaßt: a) den Beitrag zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und b) den Anteil der Bundesrepublik an den Kosten für den Unterhalt der Streitkräfte (Stationierungskosten). Innerhalb des Betrages von 850 Mio DM wird der Anteil der Stationierungskosten wie folgt festgelegt: a) für die ersten sechs Monate nach Inkrafttreten des Vertrages, soweit sie vor dem 30. Juni 1953 liegen 551 Mio DM b) für die drei folgenden Monate, soweit sie vor dem 30. Juni 1953 liegen 319 Mio DM c) für jeden weiteren Monat, soweit er vor dem 30. Juni 1953 liegt, ein in Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Drei Mächten festzusetzender Betrag (Artikel 4 Absätze 1-3). Die Regelungen unter b) und c) werden praktisch bedeutungslos, da mit der Inkraftsetzung des Vertrages vor dem 1. Januar 1953 nicht zu rechnen ist. Die Beträge für Stationierungskosten werden als durchlaufende Posten in den EVG-Haushalt eingestellt (Artikel 4 Absatz 4). Die EVG übt mithin über die Verwendung dies er Mittel keine Kontrolle aus. Auf den Anteil an den Stationierungskosten von 551 Mio DM für die ersten sechs Monate werden angerechnet (Artikel 4 Absatz 5): a) Ausgaben, die v o r dem Inkrafttreten des Vertrages entstanden sind, wenn die Dokumente über Zahlungsverpflichtungen für die Bereitstellung von Gütern, Materialien und sonstigen Leistungen nach dem Inkrafttreten ausgestellt werden (vgl. dazu Brief Nr. 5). b) Ausgaben für den Unterhalt der Streitkräfte, die nach dem Inkrafttreten des Vertrages bis zum 30. Juni 1953 entstehen. (Dr. Gülich) Soweit die Mittel nicht in voller Höhe zur Abdeckung von Verpflichtungen verausgabt werden, die vor dem 1. Juli 1953 eingegangen sind, stehen sie den Streitkräften weiter bis zum 30. Juni 1954 zur Verfügung (Artikel 4, Absatz 5 b in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 3, Satz 2). Außerdem können Beträge für andere zwischen der Bundesrepublik und den Drei Mächten vereinbarte Zwecke zu Lasten des Stationierungsanteils der Bundesrepublik verausgabt werden (Artikel 4, Absatz 5 c). Brief Nr. 7, Absatz 3 erwähnt solche Beträge, die als Besatzungskosten und Auftragsausgaben gegen Zahlungsdokumente verausgabt werden, die zwischen dem 1. April 1952 und dem 1. November 1952 ausgestellt wurden, soweit diese Beträge den monatlichen Durchschnittsbetrag von 600 Mio DM übersteigen (vgl. dazu Artikel 10). Dem Wortlaut des Vertrages nach brauchen sich solche Beträge nicht auf die im Brief Nr. 7 bezeichneten Beträge zu beschränken, sondern es können danach „Beträge, die für andere zwischen der Bundesrepublik und den Drei Mächten vereinbarte Zwecke verausgabt werden", zu Lasten der Stationierungskosten gehen. Brief Nr. 7 betrifft also nur einen Anwendungsfall. 4. Festlegung des finanziellen Beitrages zur EVG und zu den Stationierungskosten nach dem 30. Juni 1953 (Artikel 3) Der Vertrag regelt grundsätzlich die Beziehungen der Bundesrepublik zu den Drei Mächten (Vereinigte Staaten, Großbritannien und Frankreich); Artikel 3 des Finanzvertrages regelt jedoch die finanziellen Beziehungen der Bundesrepublik lediglich im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Die Regelung im Verhältnis zu der Französischen Republik als einem der EVG-Mitglieder 1) erfolgt durch den EVG-Vertrag (s. Artikel 18, Absatz 1, Finanzvertrag). Während für die Zeit bis zum 30. Juni 1953 feste Summen vereinbart sind, bedarf die Höhe der finanziellen Leistungen nach dem 30. Juni 1953 späterer Vereinbarung. Der Beitrag muß die „deutsche Wirtschaftskraft" im gleichen Verhältnis beanspruchen, in dem die anderen großen westlichen Staaten ihre Wirtschaftskraft für Verteidigungszwecke in Anspruch nehmen (Artikel 3, Absatz 1). Allerdings haben diese Staaten Anspruch darauf, daß ihre Ausgaben für außereuropäische Verteidigungsmaßnahmen einbeschlossen werden. Die Bundesrepublik bringt also ihre gesamten finanziellen Leistungen für europäische Verteidigungszwecke in den EVG-Haushalt ein, während die anderen westlichen Staaten einen erheblichen Teil ihrer finanziellen Leistungen (z. B. Frankreichs Krieg in Indochina) für außereuropäische Zwecke verwenden dürfen. Der deutsche Vertragstext, Artikel 3, Absatz 1 lautet: „unter Mitberücksichtigung der Ausgaben für außereuropäische Verteidigungsmaßnahmen". Diese Übersetzung ist irreführend. Im französischen 1) (EVG-Mitglieder sind: Bundesrepublik Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Großbritannien gehört der EVG nicht als Mitglied an, steht aber in Bündnisbeziehungen zu ihr durch den „Vertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und den Mitgliedstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft vom 27. Mai 1952" — Anlage 1 zur Drucksache Nr. 3501, S. 116 — 121.) Text heißt es: „y compris les dépenses", im eng- (( lischen: „ including expenditures". Der Beitrag zu den Verteidigungskosten der Bundesrepublik wird „nach Grundsätzen und Verfahren bestimmt", die der Festsetzung der Verteidigungsausgaben der Mitgliedstaaten der Nordatlantikpaktorganisation ensprechen (Artikel 3 Absatz 2). Der „NATO-Fragebogen", nach dem die deutsche Wirtschaftskraft ermittelt werden soll, wurde von Regierungsseite für geheim erklärt und dem Ausschuß nicht bekannt gegeben. Die vorstehend genannten Verpflichtungen „dürfen nicht zu einer Schlechterstellung der Bundesrepublik gegenüber den anderen großen westlichen Staaten führen" (Artikel 3, Absatz 3). Der an die EVG abzuführende Beitrag der Bundesrepublik setzt sich zusammen aus: a) dem Beitrag zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, b) dem Anteil der Bundesrepublik an den Kosten für den Unterhalt der Streitkräfte, d. h. dem Beitrag zu den Kosten für den Unterhalt der ausländischen Streitkräfte 2) und ihrer Mitglieder im Bundesgebiet, soweit diese nicht der EVG angehören (also amerikanische, britische, dänische und norwegische Streitkräfte) (Artikel 3, Absatz 4). Die Mitgliedstaaten der EVG (also die Kontingente der Belgier, Franzosen, Luxemburger) werden an den Stationierungskosten nur bis zum 30. Juni 1953 beteiligt (Artikel 3, Absatz 5 a). Die Höhe des nach dem 30. Juni 1953 zu zahlenden Beitrages zu den Stationierungskosten solcher Streitkräfte, die von nicht der EVG angehörenden Mächten in das Bundesgebiet entsandt wurden, ist im Vertrag nicht festgelegt. Dieser Beitrag muß in späteren Verhandlungen zwischen der EVG, der Bundesrepublik und den nicht der EVG angehörenden Staaten vereinbart werden (Artikel 3, Absatz 5 a). Auch die Stationierungskosten nach Artikel 3, Absatz 5 b, sind für den EVG-Haushalt nur durchlaufende Posten. 5. Verwendung, Verausgabung und Verbuchung der Stationierungskosten (Artikel 5 und 6) Die Stationierungskosten müssen ausschließlich für den Unterhalt der Streitkräfte verwendet werden, sich in dem mit der militärischen Leistungsfähigkeit der Streitkräfte zu vereinbarenden Mindestrahmen halten, und wirtschaftlich und sparsam verwendet werden (Artikel 5, Absatz 1). Über den Begriff „Mindestrahmen" im Einklang mit der „militärischen Leistungsfähigkeit" können die Auffassungen stark abweichen. Konkrete Vereinbarungen darüber sind also noch zu treffen. Jede beteiligte Macht hat einen Haushaltsplan aufzustellen. Jeder beteiligten Macht ist — abweichend vom deutschen Haushaltsrecht — die Möglichkeit der Übertragung von Mitteln der verschiedenen Haushaltspositionen gegeben. 2) (das sind zur Zeit amerikanische, belgische, britische, dänische, französische, luxemburgische und norwegische Streitkräfte). (Dr. Gülich) Bei den Haupt positionen werden die Abweichungen auf 10 v. H. des veranschlagten Betrages begrenzt; sie müssen der Bundesregierung vorher mitgeteilt werden, damit diese in der Lage ist, Empfehlungen auszusprechen. Mittelübertragungen, die über 10 v. H. hinausgehende Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsansatz bewirken, sind jedoch möglich, wenn dies im Einvernehmen zwischen den Drei Mächten und der Bundesrepublik erfolgt. Übertragungen zwischen Haushaltspositionen, die nicht Hauptpositionen sind, bedürfen also der Zustimmung der Bundesregierung nicht. Die im Vertrag festgelegte generelle Begrenzung der Übertragungsmöglichkeit kann also durch besondere Vereinbarungen abgeändert werden. Da es sich aber um Übertragungen im Rahmen der gesamten Haushaltssumme handelt, werden sich finanzielle Änderungen im Endergebnis nicht zeigen. Nach besonderer Übereinkunft zwischen der Bundesrepublik und den beteiligten Mächten kann ein besonderer Bauhaushalt geschaffen werden (Artikel 5, Absatz 3) für den Bau von a) Liegenschaften für die Streitkräfte der beteiligten Mächte oder für die Streitkräfte deutschen Ursprungs, b) der Verteidigung dienenden Anlagen und Wer- ken (vgl. Artikel 20 des Truppenvertrages). Die im Rahmen eines solchen Haushalts zu leistenden Ausgaben zu Lasten der Stationierungskosten werden im Haushalt der EVG nur als durchlaufende Posten behandelt. Es ist fraglich, ob eine solche Übereinkunft nach Ratifizierung des Vertragswerkes ge- troffen wird, falls die Stationierungskosten mit dem 30. Juni 1953 aufhören sollten. Die Bundesrepublik wird verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die Mittel für alle Zahlungen bei Bedarf zur Verfügung stehen (Artikel 6, Absatz 1). Im Brief Nr. 6 werden Einzelheiten über die Abwicklung der Zahlungen geklärt, in dem Sinne, daß: 1. Zahlungen innerhalb von 15 Tagen nach Vorlage der Zahlungsermächtigung, 2. Lohn- und Gehaltszahlungen innerhalb einer Woche nach Vorlage der Zahlungsermächtigung zu leisten sind, 3. Zahlungsfristen nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen triftiger Gründe und mit vorher gegebenem Einverständnis der Behörden der Streitkräfte überschritten werden können. Die technische Abwicklung von Auszahlungen auf Grund von Zahlungsermächtigungen der Streitkräfte erfolgt durch deutsche Zahlstellen (Artikel 6, Absatz 2). Damit muß die Bundesrepublik den Zahlungsermächtigungen der Streitkräfte den Vorrang einräumen; sie muß unter Umständen mit stoßweise anfallenden größeren Zahlungsermächtigungen rechnen, die ihre Kassenlage beeinträchtigen können. Wenn kleinere Ausgaben zu leisten sind, kann von der Vorschrift der Abwicklung durch die zuständigen deutschen Dienststellen abgesehen werden. Für solche Fälle können den beteiligten Mächten von den deutschen Zahlstellen Zahlungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Das Gleiche soll für besonders zu vereinbarende Ausnahmefälle ebenfalls gelten (Artikel 6, Absatz 4). Es besteht also die Möglichkeit, Ausnahmefälle zu vereinbaren, für die Grundsätze bisher nicht aufgestellt sind und die sich dann jedenfalls auch auf größere Ausgaben beziehen können. Es ist dabei ausdrücklich festgelegt, daß eine Zahlungsermächtigung mit Rechnungsbelegen in allen Fällen vorzulegen ist, damit auch der Bundesrepublik die Möglichkeit einer ordnungsmäßigen Buchführung gegeben wird. Während die deutschen Dienststellen bisher auf die Buchführung der Alliierten angewiesen waren, wird jetzt die deutsche Buchführung als gleichberechtigt neben der der beteiligten Mächte anerkannt. Durch Prüfungen soll die Übereinstimmung der Ausgabebücher der beteiligten Mächte mit denen der Bundesrepublik gewährleistet werden. Differenzen werden gegebenenfalls in einem Koordinierungsausschuß bereinigt, der das entsprechende Verfahren festlegt. Die bevollmächtigten Vertreter der beteiligten Mächte können die deutschen Unterlagen über von deutschen Zahlstellen geleistete Zahlungen prüfen; umgekehrt besagt der Vertragstext nichts über eine entsprechende Prüfungsberechtigung deutscher Bevollmächtigter gegenüber den beteiligten Mächten (Artikel 6, Absatz 2 und 3). 6. Unentgeltliche Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Dienststellen durch die Streitkräfte (Artikel 7) Hier handelt es sich um Leistungen der Bundesrepublik über ihren Beitrag zu den Stationierungskosten hinaus. Die Bundesrepublik stellt den Streitkräften für eigene Zwecke und für Zwecke ihrer Mitglieder unentgeltlich zur Verfügung: a) Verwaltungsleistungen und Verwaltungshilfe deutscher öffentlicher Dienststellen (Polizei, Gesundheitsdienst, Feuerschutz, Wetterdienst, Vermessungsdienst usw.), b) Wege, Straßen, Brücken, c) schiffbare Gewässer; (Artikel 7, Absatz 1 a—f) Dies gilt nur dann, wenn es sich um normale Beanspruchung handelt (vgl. dazu Artikel 8, Absatz 5). Wenn „Einverständnis darüber besteht, daß es sich um Leistungen besonderer Art handelt, für die eine Bezahlung gerechtfertigt ist", bedarf es besonderer Vereinbarung (Artikel 7, Absatz 1 a, c, d, f). d) Vermögenswerte der Bundesrepublik — mit Ausnahme der Bundesbahn und der Bundespost — und des früheren Deutschen Reiches, auch solche, die aus Besatzungskosten oder Auftragsausgaben oder aus dem Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik erbaut oder beschafft worden sind (Artikel 7, Absatz 1 g). Der Finanzvertrag sieht gewisse Ausnahmen vor, über die besondere Vereinbarungen zu treffen sind. Die Streitkräfte etc. können Vermögenswerte der Länder für eigene Zwecke in Anspruch nehmen. Die Bundesrepublik verpflichtet sich, die Streitkräfte von der Haftung für alle den Ländern zustehenden Ansprüche zu befreien und ihrerseits den Ländern die Nutzungsvergütung zu bezahlen (Artikel 7, Absatz 2). Dasselbe gilt für Vermögenswerte der Gemeinden. Die Bundesrepublik übernimmt es, für die von (Dr. Gülich) den Streitkräften in Anspruch genommenen Grundstücke die Grundsteuer zu entrichten (Artikel 7, Absatz 3). Auch die Mitglieder der Streitkräfte dürfen kraft eigenen Rechts Einrichtungen und Leistungen unentgeltlich beanspruchen, wenn dies „normalerweise" auch von anderen Personen geschieht (Artikel 7, Absatz 4). Für Landen und Starten militärischer Luftfahrzeuge der Mächte auf zivilen Flugplätzen der Bundesrepublik sind grundsätzlich keine Gebühren zu entrichten. Auf Flugplätzen, die nicht Eigentum der Bundesrepublik sind oder von ihr verwaltet werden, müssen den deutschen Vorschriften entsprechend Gebühren entrichtet werden. Notlandungen sind davon ausgenommen (Artikel 7, Absatz 5). Die Kosten des Baues, der Instandsetzung und Instandhaltung von für zivile u n d militärische Zwecke genutzten Verkehrsmitteln, -anlagen und -einrichtungen, Meldeanlagen, -einrichtungen und -ausrüstungen, öffentlichen Versorgungseinrichtungen belasten im allgemeinen nicht den Haushalt der Mächte, sondern den Haushalt der Bundesrepublik (Artikel 7, Absatz 6). Militärische Sonderausgaben werden auf Grund vorheriger Abmachung nur dann ganz oder teilweise auf den Stationierungskostenhaushalt verrechnet, wenn die betreffende Einrichtung keinen Ertrag abwirft und nur in geringem Umfange für zivile Zwecke genutzt wird, es sei denn, daß Sonderumstände die Übernahme der Kosten begründen. „Die Sonderumstände" sind nicht näher definiert. Einige Fälle, die n u r im militärischen Interesse liegen, sind in Artikel 13, Absatz 2, Buchstaben b und c aufgeführt: b) die Kosten für den Bau von auf dem Baugelände befindlichen oder zum Baugelände führenden Verkehrs Fernmelde- und Versorgungseinrichtungen und -anlagen, vorausgesetzt, daß diese Einrichtungen und Anlagen ausschließlich zur Versorgung der betreffenden Liegenschaft erstellt werden; c) die Kosten des Ersatzes oder der Umlegung von Verkehrs-, Fernmelde- oder Versorgungseinrichtungen und -anlagen, die wegen des Baues der betreffenden Liegenschaft für die öffentliche Benutzung nicht mehr zur Verfügung stehen, bis zur Höhe des bisherigen Standards. 7. Schadensersatzansprüche für künftige Schäden (Artikel 8) Die Schadensersatzpflicht erstreckt sich auf Verluste oder Schäden a) durch die Streitkräfte selbst (Artikel 8, Absatz 2 b); b) durch Mitglieder oder Bedienstete der Streitkräfte bei der Erfüllung dienstlicher Pflichten (Artikel 8, Absatz 2 a); c) durch Manöver (Artikel 8 Absatz 2 d) oder Benutzung von Liegenschaften oder beweglichen Gegenständen (vgl. Truppenvertrag Artikel 38), soweit die Schäden „normale Abnutzung" überschreiten (Artikel 8, Absatz 2 c). Bei der Prüfung von Schadensersatzansprüchen müssen die Dienststellen der Streitkräfte die deutschen Rechtsvorschriften berücksichtigen (Artikel 8 Absatz 4); sie entscheiden jedoch allein, ob und in welchem Umfange Entschädigung gezahlt werden soll (Artikel 8 Absatz 4 und 9). Nicht berücksichtigt werden Ansprüche aus (Artikel 8, Absatz 5): a) Beschädigungen öffentlicher Wege, Straßen, Brücken, schiffbarer Wasserstraßen Und anderer Verkehrsanlagen infolge ihrer Benutzung durch die Streitkräfte, deren Mitglieder oder Bedienstete für normale Verkehrszwecke, b) Verluste oder Beschädigungen an Vermögenswerten, die aus Besatzungskosten oder Auftragsausgaben oder aus dem Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik erbaut oder beschafft worden sind, c) Verluste oder Schäden aus Verträgen oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnissen. Für die Geltendmachung von Ansprüchen wird folgendes Verfahren festgelegt (Artikel 8, Absatz 6-8): Der Geschädigte muß seinen Anspruch innerhalb von 90 Tagen nach Kenntnisnahme von dem Schaden anmelden, spätestens aber innerhalb eines Jahres nach Eintritt des Schadens. Bei Belegungsschäden rechnet die Frist vom Zeitpunkt der Freigabe ab. Die Ansprüche sind bei der zuständigen deutschen Dienststelle in der vereinbarten Form anzumelden. Die deutsche Behörde leitet die Unterlagen zusammen mit dem Ergebnis ihrer Ermittlungen und einem Vorschlag für die zu gewährende Entschädigung an die zuständige Dienststelle der Streitkräfte weiter. Wenn der Geschädigte mit der Entscheidung der Streitkraft nicht einverstanden ist, kann er seinen Anspruch im ordentlichen Klagewege gegen die Bundesrepublik geltend machen (Artikel 8, Absatz 10). Die erforderlichen Unterlagen und Beweismittel stellt die Streitkraft auf Antrag den deutschen Behörden zur Verfügung (Artikel 8, Absatz 11). An den Prozessen kann sich die Dienststelle der Streitkraft beteiligen (Artikel 8, Absatz 12). Wenn das Urteil des Gerichts von der Entscheidung der Streitkraft abweicht, so ist die Entscheidung der Streitkraft nur dann zu ändern, wenn diese dem Prozeß beigetreten war; sonst ist es in das Ermessen der Dienststelle gestellt, ob sie ihre Entscheidung ändern will (Artikel 8, Absatz 13). Nur dann, wenn die beteiligte Macht die Entscheidung eines deutschen Gerichtes zu ihren Ungunsten anerkennt, erfolgt die Bezahlung der Schäden zu Lasten der Stationierungskosten der Streitkräfte. Erkennt sie sie jedoch nicht an, so erfolgt die Entschädigungszahlung zu Lasten der Bundesrepublik. (Begründung zu Artikel 8/9, Ziffer 3, Absatz 3, Seite 38). Entschädigungszahlungen, die einer Entscheidung der Streitkräfte entsprechend zu Lasten der Stationierungskosten geleistet werden sollen, werden nur bis zum 30. Juni 1953 aus diesen Mitteln finanziert. Die Finanzierung der nach dem 30. Juni 1953 zu leistenden Zahlungen muß in späteren Verhandlungen noch geklärt werden (Artikel 8, Absatz 14). Eine abweichende Regelung behandelt Anhang A zum Finanzvertrag: eine Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland in bezug auf Schadensersatzansprüche, von denen die (Dr. Gülich) britischen, belgischen, dänischen und n o r w e g i s c h en Streitkräfte betroffen sind. Wenn solche Streitkräfte betroffen sind, liegt die Festsetzung der Entschädigung bei den deutschen Behörden (Anhang A, § 1). Von dem Betrag, der dem Geschädigten zuerkannt wird, gehen 75 v. H. zu Lasten der Stationierungskosten, 25 v. H. zu Lasten der Bundesrepublik (Anhang A, § 7). Für außerhalb des Dienstes entstandene Schäden gilt diese Regelung nicht. Für Belegungsschäden gelten nach Artikel 8, Absatz 15 besondere Vorschriften. Schäden an den Streitkräften überlassenen Vermögensobjekten gelten erst als im Zeitpunkt der Freigabe entstanden (Artikel 8, Absatz 3), so daß auch Entschädigungsansprüche erst von diesem Augenblick an gelten. Wenn die Freigabe einer vor Inkrafttreten des Vertrages zur Nutzung überlassenen beweglichen oder unbeweglichen Sache erst nach dem 30. Juni 1953 erfolgt, ist die Höhe der Entschädigung ausschließlich durch die deutschen Behörden festzusetzen, die Deckung des Schadens geht zu Lasten der Bundesrepublik. Schäden, die außerhalb des Dienstes durch Mitglieder der Streitkräfte verursacht werden, werden nicht einheitlich vergütet (Artikel 8, Absätze 16 und 17). Die Vereinigten Staaten gewähren eine Entschädigung, Großbritannien sieht lediglich die Möglichkeit einer Billigkeitszahlung vor. (Das Recht des Geschädigten, von dem Schädiger Ersatz zu verlangen, soweit der Schaden nicht von der beteiligten Macht gedeckt wird, bleibt unberührt). Die Bescheinigung darüber, ob eine Handlung oder Unterlassung bei der Erfüllung von Dienstverpflichtungen erfolgt ist oder nicht, wird von der zuständigen Dienststelle der Streitkräfte ausgestellt. Die Entscheidung der Frage, was im Rahmen dienstlicher Tätigkeit an Schäden entsteht, liegt also bei den Dienststellen der Streitkräfte. 8. Schadensersatzansprüche für Schäden an Vermögenswerten der öffentlichen Hand (Artikel 9) Für Schäden an Vermögenswerten im Eigentum der Bundesrepublik — ausgenommen Bundesbahn und Bundespost — wird kein Ersatz geleistet, ebenso nicht für Belegungsschäden an Bundes- und früherem Reichseigentum. Die Bundesrepublik verpflichtet sich im Vertrag ausdrücklich, aus derartigen, nach dem Inkrafttreten der Verträge entstehenden Schäden keine Ansprüche zu stellen, die beteilig t en Mächte also von der Haftung zu befreien. Die beteiligten Mächte ihrerseits verzichten auf Ansprüche aus Werterhöhungen an Vermögenswerten, die aus Mitteln des Besatzungskosten- oder Auftragsausgabenhaushalts oder der Stationierungskosten vorgenommen worden sind (Artikel 9, Absatz 1). Eine entsprechende Regelung in bezug auf Ländereigentum wird in Artikel 9, Absätze 2 und 3 getroffen. Um jedoch nicht die Länderhaushalte aus der Erfüllung von Schadensersatzansprüchen zu belasten, übernimmt die Bundesrepublik auch hier an Stelle der Länder die Haftung. Die beteiligten Mächte verpflichten sich, auch aus Werterhöhungen an Vermögensgegenständen der Länder keine Ansprüche geltend zu machen (Artikel 9, Absatz 2). Die beteiligten Mächte verpflichten sich, solche Ansprüche an die Bundesrepublik abzutreten, da ja die Bundesrepublik auch die Belastungen aus der Haftung an Stelle der Länder übernehmen muß. 9. Schadensersatzansprüche aus Besatzungsschäden (Artikel 10) Hier handelt es sich um die Regelung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Schäden aus der Besatzungszeit. Artikel 10 des Finanzvertrages regelt diese Frage in Verbindung mit Teil 9, Artikel 3 des Überleitungsvertrages. Die Bundesrepublik erkennt an, daß keine Ansprüche gegen die Drei Mächte auf Grund von Handlungen oder Unterlassungen der Drei Mächte oder ihrer Mitglieder zwischen dem 5. Juni 1945 und dem Inkrafttreten des Vertrages geltend gemacht werden können. Grundsätzlich belasten solche Schäden als Verteidigungsfolgekosten die Bundesrepublik auf Grund eines noch zu erlassenden deutschen Gesetzes (Bundesleistungsgesetz). Zu Lasten der Stationierungskosten gehen Ersatzansprüche aus Besatzungsschäden lediglich in dem zwischen der Bundesrepublik und den beteiligten Mächten vereinbarten Umfang (Brief Nr. 7, Absatz 1): a) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Inkrafttreten des Finanzvertrages entstehende Besatzungsschäden (Brief Nr. 7, Absatz 2) b) Beträge, die als Besatzungskosten und Auftragsausgaben gegen solche Zahlungsdokumente verausgabt werden, die zwischen dem 1. April 1952 und dem 1. November 1952 von den Streitkräften und Behörden der Besatzungsmächte ausgestellt werden, soweit diese Beträge den monatlichen Durchschnitt der Besatzungskosten von 600 Mio DM übersteigen (Brief Nr. 7, Absatz 3) (vgl. auch Artikel 4, Absatz 5 c). 10. Einnahmen der Bundesrepublik und der beteiligten Mächte (Artikel 11) Der Bundesrepublik sollen folgende Einnahmen zufließen: a) aus Veräußerungen von beweglichem Eigentum, entsprechend dem Truppenvertrag (Artikel 34, Absatz 9), das aus Mitteln des Besatzungskosten-oder Auftragsausgabenhaushalts beschafft worden ist; b) aus Ausgleichszahlungen Dritter für Werterhöhungen. Dieser Absatz gewinnt Bedeutung, wenn auf von der Besatzungsmacht in Anspruch genommenen Grundstücken über Besatzungskosten bauliche Maßnahmen durchgeführt werden und damit Wertveränderungen eintreten. Zahlungen, die als Ausgleich für Werterhöhungen zu leisten sind, sollen in Zukunft dem Bundeshaushalt außerhalb des Stationierungskostenhaushalts zufließen und der Bundesrepublik zur freien Verwendung zur Verfügung stehen, während sie bisher auf dem Besatzungskostenhaushalt verbucht wurden; c) aus Rückzahlungsansprüchen infolge von Überzahlungen des Besatzungskostenhaushalts oder Auftragsausgabenhaushalts, die mit Ausgaben in Verbindung stehen, die vor dem Inkrafttreten des Finanzvertrages aus Mitteln des Besatzungskosten- oder Auftragsausgabenhaushalts beglichen worden sind. (Dr. Gülich) Der beteiligten Macht sollen Einnahmen zufließen, die mit Aufwendungen aus dem Stationierungskostenanteil des Bundes in Verbindung stehen und die entstammen aus: a) der Veräußerung von beweglichem Eigentum entsprechend dem Truppenvertrag (Artikel 34, Absatz 9), das aus Mitteln des Stationierungskostenanteils der Bundesrepublik beschafft worden ist, b) der Nutzung von Liegenschaften, Gütern, Materialien u. a., die im Rahmen des Finanz- oder Truppenvertrages zur Verfügung gestellt werden. (Davon ausgenommen sind Nutzungsvergütungen von Personen oder Dienststellen, die nicht den Streitkräften angehören), c) Ausgleichszahlungen Dritter, die auf Werterhöhungen zurückzuführen sind, die ein Vermögensgegenstand durch Verwendung von Mitteln des Bundesanteils an Stationierungskosten erhalten hat. Wenn es sich um Vermögenswerte der Länder handelt, fließen die aus der Werterhöhung resultierenden Einnahmen der Bundesrepublik zu, entsprechend Artikel 9, Absatz 2. d) Rückzahlungen von Dritten aus Überzahlungen mit den von der Bundesrepublik bereitgestellten Mitteln für Stationierungskosten. Die Verwendung der den beteiligten Mächten zufließenden Einnahmen erfolgt durch Ergänzungsbaushaltsvoranschläge im Einvernehmen mit der Bundesrepublik (Artikel 11, Absatz 2). Bei Veräußerung von beweglichem Eigentum, das mit Mitteln der Streitkräfte beschafft wird, werden die dafür einzusetzenden Beträge festgelegt nach dem Verkaufspreis oder auf Grund einer Wertfestsetzung „gemäß den zwischen der Bundesrepublik und der beteiligten Macht zu vereinbarenden Bedingungen". Dazu müßten grundsätzliche Vereinbarungen getroffen werden. 11. Grundsätze für die Festlegung von Preisen und Vergütungen (Artikel 12) Die Festsetzung der Preise und Vergütungen für Liegenschaften, Güter, Materialien und Leistungen für die Streitkräfte und deren Mitglieder muß dem jeweiligen Preis- und Lohnniveau in der Bundesrepublik entsprechen (Artikel 12 Absatz 1). Wenn der Bedarf der Streitkräfte über deutsche Behörden gedeckt wird, oder wenn zu Lasten der Streitkräfte gehende andere Ausgaben von deutschen Behörden geleistet werden, unterliegt der zu zahlende Betrag der Genehmigung der Behörden der beteiligten Macht (Artikel 12, Absatz 2). Grundsätze und Richtlinien für die Festsetzung von Preisen und Vergütungen sind noch nicht vereinbart. Subventionen der Bundesrepublik im Interesse des deutschen Verbrauchers dürfen den beteiligten Mächten nur dann zugute kommen, wenn es sich um Waren handelt, die zum Verbrauch der im Bundesgebiet normalerweise wohnhaften Personen beschafft werden. Das Verfahren zur Verwirklichung dieser Vorschrift ist durch die in Artikel 17 vorgesehenen Ergänzungsabkommen zu regeln (Artikel 12, Absatz 2). Die Vergütungen für die Bereitstellung von Liegenschaften, Gütern und Materialien oder sonstigen Leistungen müssen den Vorschriften eines zu erlassenden Bundesgesetzes unterliegen. Bis zu diesem Zeitpunkt werden sie nach den bisher gültigen Vorschriften bemessen (Artikel 12, Absatz 3). Es handelt sich um ein ,.Bundesleistungsgesetz", an dessen Stelle vorerst das Reichsleistungsgesetz vom 1. September 1939 weiter gilt. Der Abschluß von Tarifverträgen für Zivil- arbeitskräfte ist Angelegenheit der Bundesrepublik (Artikel 12, Absatz 4). Im Gegensatz zu der bisher — wenigstens teilweise — geübten Praxis müssen die Beträge, die zu Lasten der Mittel für den Unterhalt der Streitkräfte gehen, die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und die nach deutschem Recht zu zahlenden Prämien zur gesetzlichen Unfallversicherung einschließen (Artikel 12, Absatz 4). Die Vergütung für die von den stationierten Streitkräften u n d ihren Mitgliedern gemäß dem Truppenvertrag (Artikel 41 und 42) beanspruchten Verkehrseinrichtungen und -leistungen sowie Einrichtungen und Leistungen des öffentlichen Post-und Fernmeldewesens erfolgt den im Abkommen erwähnten Tarifen entsprechend (Artikel 12, Absätze 5 und 6). Zunächst werden die Vergütungen nach den zur Zeit gültigen Tarifabkommen vorgenommen. Vor Ablauf dieser Abkommen müssen rechtzeitig neue geschlossen werden. Da die Abkommen aus den Jahren 1950 und 1951 stammen und — das liegt in der Formulierung von Artikel 41, Absatz 3 des Truppenvertrages — dem Grundgedanken der Verträge teilweise widersprechen dürften, wäre es erstrebenswert gewesen, diese Abkommen noch vor ihrem Ablauf, etwa mit dem Inkrafttreten der Verträge, durch neue zu ersetzen. 12. Verausgabung von Baukosten (Artikel 13) Bis zum 30. Juni 1953 gehen zu Lasten der Stationierungskosten folgende Bauausgaben: a) Kosten für Material und Arbeitskräfte und andere Baukosten, einschließlich Aufschließungskosten, b) Kosten für den Bau von Verkehrs-, Fernmeldeund Versorgungseinrichtungen und -anlagen zur Versorgung des betreffenden Geländes, c) Kosten für Ersatz oder Umlegung solcher Einrichtungen, die durch den Bau für die öffentliche Benutzung nicht mehr zur Verfügung stehen (Artikel 13, Absatz 2 a—c). In besonderen Fällen kann die Verausgabung von Baukosten zum Gegenstand einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und den beteiligten Mächten gemacht werden (Artikel 13, Absatz 1). Die Höhe der zu Lasten der Stationierungskosten gehenden Aufwendungen für den Bau von Verkehrs-, Fernmelde- und Versorgungseinrichtungen und -anlagen zur Versorgung der Liegenschaft und der Kosten für Ersatz oder Umlegung solcher Einrichtungen wird im Einvernehmen mit den Behörden der Streitkräfte bestimmt (Artikel 13, Absatz 2 b). Die Finanzierung von Ausgaben für Verteidigungsanlagen wird bis zum 30. Juni 1953 zwischen der Bundesrepublik, der EVG und den beteiligten Mächten geregelt, soweit nicht Ansätze in den Haushalten der beteiligten Mächte enthalten sind (Artikel 13, Absatz 3). (Dr. Gülich) Nicht berücksichtigt sind in den Stationierungskosten die Kosten der Wiederansiedlung derjenigen, die ein Objekt für Zwecke der Streitkräfte räumen müssen. Die Kosten werden, soweit sie v o r dem 30. Juni 1953 geleistet werden, aus den deutschen Aufbaukosten bestritten (Artikel 13, Absatz 4). Alle übrigen Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Räumung von Liegenschaften zugunsten der Streitkräfte, einschließlich der Kosten für die Erstellung von Ersatzunterkünften für evakuierte Personen, Betriebe und Dienststellen, übernimmt die Bundesrepublik (Begründung S. 41). Ausgaben, die nach dem 30. Juni 1953 für die in Artikel 13 genannten Zwecke erfolgen, unterliegen den Verhandlungen nach Artikel 3, Absatz 5 a, über die Höhe der Stationierungskosten nach dem 30. Juni 1953 (Artikel 13, Absatz 5). 13. Bildung eines Koordinierungsausschusses (Artikel 14) Der Koordinierungsausschuß wird aus Vertretern der Bundesrepublik und der Drei Mächte gebildet. Der Finanzvertrag weist ihm Aufgaben zur Erleichterung der Durchführung des Vertrages zu und überträgt ihm die Beseitigung von Schwierigkeiten, die sich im Benehmen zwischen den Behörden und Dienststellen nicht unmittelbar beheben lassen. Die Bildung dieses Koordinierungsausschusses sollte vordringlich erfolgen, damit er mit dem Inkrafttreten des Vertrages seine Tätigkeit aufnehmen kann. 14. Verausgabung von Mitteln in Berlin (Artikel 15) Nach Artikel 15 können die beteiligten Mächte ihre Mittel auch in Berlin verwenden, also über die ihnen in Berlin als Besatzungskosten zur Verfügung stehenden Mittel hinaus dort Ausgaben machen. 15. Vorbehalt von Änderungen des Vertrages (Artikel 16 und 17) Die beiden Artikel enthalten Revisionsklauseln, die die Möglichkeit bieten, politische und wirtschaftliche Veränderungen zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn Vereinbarungen zwischen der NATO und der EVG dies „notwendig oder wünschenswert machen". Zu diesem Zwecke sind ergänzende Abkommen notwendig (Artikel 17, Absatz 1). 16. Ausnahmen von der Schiedsgerichtsbarkeit (Artikel 19) Die durch den Deutschlandvertrag (Artikel 9) vorgsehene Schiedsgerichtsbarkeit ist nicht zuständig für Streitigkeiten, die a) die Festsetzung des Verteidigungsbeitrages (Artikel 3), b) die Verteilung der Stationierungskosten unter die einzelnen Mächte (Artikel 4, Absatz 4), c) den Bauetat (Artikel 5, Absatz 3), d) die Bestimmungen über die Zuständigkeit in Entschädigungs- und Vergütungsfragen (Artikel 8), e) die Zuständigkeit des Koordinierungsausschusses (Artikel 14) betreffen. Sie ist ferner nicht zuständig zur Überprüfung der Entscheidungen der in diesem Artikel erwähnten Organe. Artikel 19 entzieht dadurch die wesentlichsten ' noch zu vereinbarenden Punkte und die in der Natur der Sache liegenden Differenzpunkte der Zuständigkeit des Schiedsgerichts und somit einer höheren Instanz. Ergänzend gehört zu diesem Komplex Teil 11 des „Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen" (sog. Überleitungsvertrag): „Erleichterungen für die Botschaften und Konsulate der Drei Mächte in der Bundesrepublik". Entsprechend Artikel 3 des Überleitungsvertrages Teil 11, wird für Gebäude, die aus Mitteln des Besatzungskosten- oder Auftragsausgabenhaushalts der Bundesrepublik und ihrer Länder errichtet worden sind, für die Zeit bis zum 1. Oktober 1953 lediglich eine Vergütung für die Benutzung des Bodens gezahlt. Nach dem 1. Oktober 1953 hingegen ist für den Boden wie für die Gebäude eine „den Umständen nach angemessene Miete zu zahlen". Die finanziellen Lasten sollen dann aus dem Heimathaushalt des betreffenden Landes getragen werden. Abschnitt II. Finanzielle Bestimmungen des EVGVertrages Der Finanzvertrag regelt die finanziellen Beziehungen der Bundesrepublik zu den „Streitkräften" und ihren „Mitgliedern"; die finanziellen Bestimmungen des EVG-Vertrages bestimmen die Finanzverfassung, die Finanzverwaltung und das Haushaltswesen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Im Rahmen des Vertragswerkes werden in einem besonderen Finanzprotokoll (S. 95-105) allgemeine Leitsätze für Vorbereitung und Durchführung des Haushaltsplanes der EVG niedergelegt. Die finanziellen Bestimmungen des EVG-Vertrages und das Finanzprotokoll sind in der Praxis noch nicht unmittelbar anwendbar, da noch eine „Finanzordnung" (Artikel 83) erlassen werden muß, welche konkrete Bestimmungen enthält. 1. Die Sonderbehörden für die Durchführung der finanziellen Bestimmungen des Vertrages (Artikel 83-85) Sie sind abhängig von Weisungen des Kommissariats, der Versammlung und des Rates (über die der EVG-Ausschuß berichtet): 1. Die Finanzdirektion (etwa dem Finanzministerium eines Staates vergleichbar) (Finanzprotokoll Artikel 1). 2. Der Finanzkontrolleur. Er ist unabhängig vom Kommissariat, dem Rat verantwortlich und wird von diesem einstimmig auf fünf Jahre ernannt (Artikel 84). 3. Die Rechnungsprüfungsbehörde ist eine auf fünf Jahre ernannte unabhängige Kollegialbehörde, in der Angehörige jedes Mitgliedstaates vertreten sind. Der Rat setzt die Zahl seiner Mitglieder einstimmig fest und ernennt die Mitglieder und den Präsidenten mit Zweidrittelmehrheit (Artikel 85). Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft stellt als Ausdruck ihres überstaatlichen Charakters einen gemeinsamen Haushalt auf (Artikel 86). Das gesamte Volumen des EVG-Haushalts wird sich schätzungsweise auf rund 30 Mrd DM belaufen, ohne Einschluß (Dr. Gülich) der Außenhilfe, also dem Haushaltsvolumen eines großen Staates entsprechen. Es liegt auf der Hand, daß die Herauslösung eines so umfangreichen Blocks von Einnahmen und Ausgaben aus den nationalen Haushalten eine Fülle von Problemen aufwirft und aus der Verschiedenartigkeit des Haushaltsrechts und der staatlichen Struktur der Mitgliedstaaten heraus besondere Schwierigkeiten stellt. Die Grundlage für die Zusammenarbeit der EVG-Staaten bildet der Gemeinsame Plan für Rüstung, Ausrüstung, laufende Versorgung und Wehrbauten, der Rüstungsplan, der sich über mehrere Jahre erstreckt und der dem Haushaltsplan der EVG als Anlage beigefügt wird (Artikel 89, § 1, Absatz 2). Der Haushaltsplan enthält die für das gesamte Programm erforderlichen Ermächtigungen und Voranschläge in Form von Genehmigungen zur Vorausbelastung künftiger Rechnungsjahre und den sich daraus ergebenden Finanzbedarf des laufenden Rechnungsjahres (Finanzprotokoll Artikel 6). 2. Die Einnahmen der EVG (Artikel 93-95) Eigene Steuerquellen hat die Gemeinschaft bisher nicht. Die Einnahmeseite des EVG-Haushaltsplanes (Artikel 93) besteht überwiegend aus Beiträgen der Teilnehmerstaaten (Artikel 87 und 94), ferner aus eigenen Einnahmen der Gemeinschaft (etwa Zinserträgen aus Anlagen) und aus Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen. Daneben wird mit Einnahmen aus Außenhilfe in der Form materieller oder finanzieller Zuwendungen gerechnet (Artikel 99). Die Höhe der Beiträge wird im Vertrag nicht konkret festgelegt; es wird lediglich vorgeschrieben, daß die Beiträge nach dem Verfahren der Nord a tl an ti kpaktorganisation bemessen werden sollen, solange nicht der Rat einstimmig eine andere Methode beschlossen hat (Artikel 94). Für die Entwicklung einer anderen Methode stellt der Vertrag lediglich die Forderung, die Beiträge der Mitgliedstaaten in Einklang mit ihren finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Belangen zu bringen. Die NATO-Grundsätze, die noch nicht ratifiziert sind, legen für die Bemessung der Beiträge die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Staaten zugrunde. Sicherheitsgarantien für die gleichmäßige Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und für die gerechte Aufbringung der finanziellen Lasten gibt es in den Verträgen nicht. Zwar ist der Wirtschaftsausschuß der NATO verpflichtet, die Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen, aber eine wirklich zuverlässige, gleichmäßige und rechtlich festgelegte Methode zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit der einzelnen Länder stellt das vorläufig anzuwendende Verfahren der Nordatlantikpaktorganisation für die Festlegung von Beiträgen nicht dar. Daher das Bemühen, eine der Wirtschaftskraft der Länder entsprechende automatische Leistungsklausel zu ermitteln (vgl. Artikel 94). Da der Rat die Beitragshöhe e ins t i m m i g beschließen muß (Artikel 87, S 2 a), können die einzelnen Länder zu den Gesamtvolumen des EVG- Haushalts durch das Veto ihres Vertreters Stellung nehmen. Der Vertrag trifft aber Vorsorge, daß nicht durch das Veto eines Teilnehmerstaates die Vertragszwecke unterhöhlt werden: Artikel 3 legt fest, daß die Mitgliedstaaten die erforderlichen Beiträge „zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft" zur Verfügung stellen. Damit ist zwar nichts Konkretes über die Höhe der Beiträge festgelegt, aber ein Rahmen gegeben. Für alle Mitgliedstaaten wird ein Globalbeitrag als Verteidigungsbeitrag festgelegt. Für die Finanzierung spezieller nationaler Interessen stehen den Ländern abzugsfähige Beträge zu, die sich beziehen können auf den Unterhalt von nationalen Streitkräften zur Verwendung in nichteuropäischen Gebieten — Einheiten im Mutterland zur Ablösung dieser Streitkräfte — nationalen Streitkräften zur Durchführung zwischenstaatlicher Aufgaben; Einheiten zum persönlichen Schutz des Staatsoberhauptes — nationalen Seestreitkräften (Artikel 10). Dasselbe gilt für Polizei und Gendarmeriestreitkräfte (Artikel 11). Die Beiträge der Mitgliedstaaten ergeben sich für das Übergangsjahr aus den Ausgabensummen ihrer Wehrhaushalte, die in den EVG-Haushalt eingestellt werden, bzw. aus dem von den „Drei Weisen" vorgeschlagenen und von den nationalen Parlamenten gebilligten Gesamtbetrag der Wehrausgaben nach Abzug der sog. abzugsfähigen Ausgaben (Begründung S. 27). Die Bundesrepublik, die keinen Wehrhaushalt hat, der in den Gemeinschaftshaushalt eingehen könnte, stellt ein Aufbauprogramm für deutsche Kontingente auf, für das also der nicht als Stationierungsbeitrag weitergeleitete Betrag, abzüglich der anteilmäßigen Kosten für die Ausgaben der gemeinsamen Organe, zur Verfügung steht (Begründung S. 27). Die Beiträge werden von den Mitgliedstaaten in die nationalen Haushalte eingestellt (Artikel 87, § 2 a). Bis zur Festsetzung der Jahresbeiträge werden die finanziellen Bedürfnisse der EVG aus Vorschüssen der Mitgliedstaaten befriedigt, die diesen auf die Beiträge angerechnet werden (Artikel 87 a, § 3). Die Höhe des Beitrages ist Grundlage für das Stimmgewicht eines Teilnehmerstaates im Rat. Das Stimmgewicht wird ermittelt aus einem kombinierten Schlüssel aus: a) dem prozentualen Anteil an den Stärken der europäischen Verteidigungsstreitkräfte am ersten Tage des laufenden Halbjahres, und b) dem prozentualen Anteil an den während des vorangegangenen Haushaltsjahres tatsächlich geleisteten finanziellen Beiträgen (Artikel 43, § 4 und Artikel 43 a). Die Stationierungskosten der Bundesrepublik zählen bei der Ermittlung des deutschen Stimmgewichts mit, die für nationale Verteidigungsaufgaben abzugsfähigen Beträge jedoch nicht. Entsprechend sind bei der Berechnung des Stimmgewichts der Bundesrepublik die Polizeiausgaben nicht einbezogen. 3. Die Ausgabenseite des Haushaltsplanes muß die Ausgaben enthalten, die im Zusammenhang mit den militärischen und finanziellen Programmen aller Mitgliedstaaten (Dr. Gülich) für die Aufstellung von Einheiten der europäischen Verteidigungsstreitkräfte stehen (Artikel 78 a, § 1, Abs. 2). Der Haushaltsplan deckt also den Bedarf aller Kontingente der Gemeinschaft. Über die Ausgaben wird mit Zweidrittel-Mehrheit entschieden, so daß, wenn nötig, nationale Sonderwünsche ausgeschaltet werden (Artikel 87, § 2 b). Eine Ausnahme davon bedeutet Artikel 37 des Finanzprotokolls in bezug auf Verteilung der Außenhilfe (s. S. 31). 4. Der Haushaltsplan der EVG (Artikel 86-92 und Finanzprotokoll Artikel 1-23) Das Gesamtvolumen des EVG-Haushalts wird zunächst von der Einnahmenseite her bestimmt, nicht wie allgemein üblich vom Bedarf. Bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes berücksichtigen die Organe der Gemeinschaft die Verpflichtungen gegenüber der Nordatlantikpaktorganisation (Artikel 91, Absatz 2). a) Die Vorbereitung des Haushaltsplans (Artikel 87, 87 a, Finanzprotokoll Artikel 1) Das Kommissariat, das sich zu diesem Zwecke der Finanzdirektion bedient, stellt in Beratung mit den Regierungen der Mitgliedstaaten den Entwurf auf; dieser geht mindestens drei Monate vor Beginn des Haushaltsjahres an den Rat, das eigentliche Budgetbewilligungsorgan, das zu allen Änderungen befugt ist und einstimmig den Gesamtumfang des Haushaltsplanes festlegt, über die Einzelansätze der Ausgaben jedoch mit Zweidrittel-Mehrheit beschließt. Das Übergangsbudget wird vom Rat selbständig verabschiedet (Artikel 87 a, § 1), die späteren Haushaltspläne müssen aber der Versammlung spätestens zwei Wochen vor Beginn des Rechnungsjahres vorgelegt werden. Die Versammlung beschließt über die Annahme des Haushaltsentwurfs, sie kann Änderungen vornehmen, jedoch nur im Rahmen des vom Rat festgesetzten Gesamtausgabenbetrages. Die Versammlung kann mit qualifizierter Mehrheit auch die Ablehnung des Haushaltsplans vorschlagen (Artikel 87, § 3, Absatz 3). In den Fällen, in denen aus der Versammlung Änderungen oder Ablehnung vorgeschlagen werden, kann der Rat innerhalb von zwei Wochen nach der Abstimmung durch das Kommissariat oder einen Mitgliedstaat in zweiter Lesung mit dem Haushaltsplan befaßt werden. Diese zweite Lesung muß innerhalb von zwei Wochen stattfinden. Die Vorschläge der Versammlung sind angenommen, wenn der Rat sie mit Zweidrittel-Mehrheit billigt oder wenn er innerhalb von zwei Wochen nicht angerufen wird (Artikel 87, § 4). Der Finanzkontrolleur nimmt zum Entwurf des Haushaltsplanes Stellung (Finanzprotokoll Artikel 1). Wird der Haushalt nicht termingemäß verabschiedet, so verlängert sich auf Grund des Nothaushaltsrechts, das der deutschen Regelung ähnelt, für jeden Monat der Nichtbewilligung der Haushaltsplan des abgelaufenen Rechnungsjahres mit Ansätzen von je 1/12 der Jahresausgaben, die auf die Beiträge der Mitgliedstaaten anzurechnen sind. Ist der Haushaltsplan nach Ablauf eines Vierteljahres noch nicht genehmigt, tritt der vom Rat beschlossene Plan ohne weiteres in Kraft, unter der Bedingung, daß der Versammlung eine Frist von zwei Wochen zu seiner Prüfung zur Verfügung steht (Artikel 88). Die Aufstellung und Vorlage eines zusätzlichen Haushaltsplanes im Laufe des Rechnungsjahres kann nach Artikel 88, § 2 durch das Kommissariat erfolgen. b) Der Aufbau des Haushaltsplanes (Finanzprotokoll Artikel 2 bis 10). Hierzu werden eine ganze Reihe von Einzelbestimmungen gebracht, die weitgehend in Übereinstimmung mit dem deutschen Haushaltsrecht stehen. Der Haushaltsplan wird nach dem Bruttoprinzip aufgestellt. (Artikel 89 § 1 und Finanzportokoll Artikel 5), d. h. es müssen alle Einnàhmen und Ausgaben erscheinen, ohne daß eine Aufrechnung vorgenommen werden darf. Der Haushalt kann in einen ordentlichen und in einen außerordentlichen Haushalt aufgeteilt werden, wenn sich das aus dem Charakter der in ihm enthaltenen Ausgaben und Einnahmen ergibt (Finanzprotokoll Artikel 2). Für alle Organe der Gemeinschaft wird ein Einzelplan aufgestellt (Artikel 87) und nach Art der Ausgaben untergliedert (Finanzprotokoll Artikel 3). Der Haushaltsplan darf keine zweckgebundenen Einnahmen enthalten; alle Einnahmen sind Deckungsmittel für den gesamten Ausgabenbedarf (Finanzprotokoll Artikel 5). Innerhalb der verschiedenen Titel des Haushaltsplanes kann übertragen werden, wenn die Übertragungen 10 000 Rechnungseinheiten nicht überschreiten und wenn sie nicht Verpflichtungen für mehrere Jahre begründen (Artikel 90 und Finanzprotokoll Artikel 8). Der Haushaltsplan kann in Einnahmen und Ausgaben durchlaufende Posten enthalten. Über die Verwendung solcher Beträge übt die EVG keine Kontrolle aus; sie trägt auch keine Verantwortung für ihre rechtmäßige Verwendung (Finanzprotokoll Artikel 9). Nicht verbrauchte Haushaltsmittel verfallen , wenn nicht ausdrücklich ihre Übertragbarkeit auf das nächste Jahr vorgesehen ist (Finanzprotokoll Artikel 10, Absatz 1). Die Defizitdeckung muß spätestens im folgenden Rechnungsjahr (das mit dem Kalenderjahr zusammenfällt) er f o l g e n (Finanzprotokoll Artikel 10, Absatz 2). Aus etwaigen Haushaltsüberschüssen ist ein Reservefonds zu bilden. Dieser darf ein Zehntel des höchsten Gesamtbetrages eines Haushaltsplanes der letzten fünf Jahre nicht überschreiten (Finanzprotokoll Artikel 10, Absatz 3). Der Haushalt wird in einer Rechnungseinheit aufgestellt, die für die ersten Jahre voraussichtlich der Dollar sein wird (Artikel 89, § 2); sie muß vom Rat mit Zweidrittel -Mehrheit beschlossen werden. c) Der Vollzug des Haushaltsplanes (Finanzprotokoll Artikel 11 bis 20) ähnelt weitgehend dem deutschen Haushaltsrecht. (Dr. Gülich) Das Bewirtschaftungsrecht wird wichtigster Teil der noch zu erlassenden Finanzordnung sein. Vorerst sind lediglich im Finanzprotokoll eine Anzahl von Leitsätzen aufgestellt, aus der die künftige Finanzordnung hervorgehen wird (Artikel 91 § 1)1). Für das Rumpfjahr hat das Kommissariat, soweit seine eigenen Dienststellen dazu noch nicht in der Lage sind, die zuständigen nationalen Stellen mit der Durchführung des Haushaltsplanes zu beauftragen. Später soll die Inanspruchnahme nationaler Dienststellen für die Durchführung des Haushaltsplanes in das Ermessen des Kommissariats gestellt werden (Artikel 87 a, § 2). Einzelvorschriften, die den Vollzug des Haushaltsplans betreffen, sind in den Artikeln 11 bis 20 des Finanzprotokolls niedergelegt: Trennung zwischen Anweisung und Ausführung (Finanzprotokoll Artikel 11). Die Durchführung aller sachlichen Maßnahmen ist abhängig von den Anweisungen der Finanzdirektion (Finanzprotokoll Artikel 11). Hauptanweisender des Haushaltsplanes ist der Präsident des Kommissariats. Er kann nach Anhören der Finanzdirektion diese Befugnis delegieren auf andere Mitglieder des Kommissariats, auf die Behördenleiter der Zentralverwaltung oder der Außenstellen. Die Beauftragten können die Mittel nur im Rahmen ihrer Befugnis verwalten. — Die bewirtschaftenden Dienststellen müssen der Finanzdirektion an bestimmten Terminen über den Stand ihrer Verpflichtungen berichten (Finanzprotokoll Artikel 12). Die Ausgabemittel dürfen nur im Rahmen monatlicher Genehmigungen der Finanzdirektion angewiesen werden. Diesen Genehmigungen liegen der angemeldete Bedarf und die zur Verfügung stehenden Mittel zugrunde (Finanzprotokoll Artikel 13). Die Verpflichtung zu einer Ausgabe oder der Anspruch auf eine Einnahme können nur auf Grund eines Beschlusses der zuständigen Verwaltungsbehörde entstehen; die bloße Aufnahme in den Haushaltsplan begründet keine Rechte oder Verpflichtungen gegenüber Dritten (Finanzprotokoll Artikel 14). Die Eingehung einer Schuld der Gemeinschaft bedarf der einstimmigen Zustimmung des Rates (Finanzprotokoll Artikel 15). Für die Einziehung von Forderungen der Gemeinschaft ist das Kommissariat zuständig. Es kann gegebenenfalls Zahlungsaufschub gewähren, jedoch nicht für die Beiträge der Mitgliedstaaten, und es kann mit Zustimmung des Finanzkontrolleurs Ansprüche bis zu 5 000 Rechnungseinheiten niederschlagen; für darüber hinaus gehende Beträge ist die Entscheidung des Rates erforderlich (Finanzprotokoll Artikel 16). Ankäufe, Verkäufe oder Tausch von Immobilien werden vom Kommissariat gesondert geregelt (Finanzprotokoll Artikel 17). 1) Nach dem bisherigen Stand wird diese Finanzordnung voraussichtlich folgende Einzelordnungen umfassen: Haushaltsordnung — Rechnungslegungsordnung — Rechnungsprüfungsordnung — Entlastungsordnung — Kassenordnung — Beitragsordnung — Schuldenordnung. Das Kommissariat kann alle Aufträge der Ge- ( meinschaft vergeben, soweit Mittel im Haushaltsplan dafür vorgesehen sind (Einzelheiten der Auftragsvergebung werden durch das Kornmissariat geregelt). Soweit der Betrag 10 000 Rechnungseinheiten nicht übersteigt und den Gesamtbetrag des Haushalts nicht erhöht, ist das Kommissariat ermächtigt, auch Aufträge zu vergeben, für die Mittel im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind. Darüber hat das Kommissariat auf der nächsten Sitzung des Rates zu berichten (Finanzprotokoll Artikel 18). • Jede Leistung einer Ausgabe muß belegt werden. Näheres über die Art der Belege bestimmt die Finanzdirektion gemeinsam mit den Kontrollorganen (Finanzprotokoll Artikel 19). In von der Finanzdirektion bestimmten Ausnahmefällen können den Dienststellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, über deren Verwendung sie erst später Rechenschaft abzulegen brauchen (Finanzprotokoll Artikel 20). Kassenmäßig sollen die Überweisungen soweit als möglich bargeldlos erfolgen (Finanzprotokoll Artikel 24). d) Für die laufende Kontrolle des Haushaltsvollzuges (Finanzprotokoll Artikel 21 bis 23) wird eine dem deutschen Haushaltsrecht fremde Institution, der Finanzkontrolleur (Artikel 92), eingesetzt. Aufgabe des Finanzkontrolleurs ist es, während der Ausführung des Haushaltsplanes die dem Haushaltsplan bzw. der Finanzordnung (vorläufig also dem Finanzprotokoll) entsprechende ordnungsmäßige Verausgabung der Haushaltsmittel sicherzustellen, vierteljährlich über die Finanzgebarung des Kommissariats zu berichten und zu den Entwürfen des Haushaltsplanes Stellung zu nehmen. Die EVG-Dienststellen sind verpflichtet, den Finanzkontrolleur durch alle notwendigen Aufklärungen und Unterlagen in der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen und ihn über alle Vorgänge im Rahmen des Haushaltsvollzuges, insbesondere über die Betriebsmittelverteilung und über die Geldbewegungen des Monats, zu unterrichten. Ohne seinen Sichtvermerk werden Zahlungsanweisungen nicht ausgeführt. Ebenso unabhängig, wie der Finanzkontrolleur dem Verwaltungsapparat gegenübersteht, steht er auch der Rechnungsprüfungsbehörde (Artikel 97) gegenüber. e) Diese ist die oberste Instanz für die N a c h -kontrolle, die trotz laufenden Kontrollen durch den Finanzkontrolleur nicht überflüssig wird. Ihre Berichte bilden die Grundlage für die Entlastung der Verwaltung der EVG in bezug auf ihre Finanzgebarung, über die durch die Versammlung beschlossen wird. Letztere kann die Entlastung mit einer Zweidrittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen und der Mehrheit ihrer Mitglieder ablehnen. 5. Im Zusammenhang mit der Tätigkeit der EVG ergeben sich eine Reihe von sonstigen Problemen, die in den „Finanziellen Bestimmungen" geregelt werden: Aus der Bereitstellung der Mittel in den Landeswährungen der Mitgliedstaaten (Überweisung von 1/12 des Jahresbeitrages monatlich im voraus) ergeben sich Devisen- und Transferprobleme (Artikel 95, 96). (Dr. Gülich) In Verbindung mit dem Haushaltsplan der EVG muß eine Übersicht vorgelegt werden, aus der hervorgeht, in welchen Ländern die jeweils veranschlagten Mittel ausgegeben werden sollen, damit die Teilnehmerstaaten sich in ihren wirtschafts-und währungspolitischen Maßnahmen rechtzeitig auf die zu erwartenden Lieferungen einstellen können. Es ist vorgeschrieben, daß mindestens 85 v. H. des von einem Mitgliedstaat zu zahlenden Beitrages in seiner eigenen Volkswirtschaft ausgegeben werden müssen und nur 15 v. H. transferiert werden können. Dieser Prozentsatz kann mit Zustimmung des betreffenden Staates auf Antrag herabgesetzt werden (Finanzprotokoll Artikel 29). Die Verpflichtung zur Beschaffung von Devisen erstreckt sich demnach auf nur 15 v. H. des Verteidigungsbeitrages eines Landes. Die in einem Mitgliedstaat zu verausgabende Summe für Beschaffungen zugunsten der EVG darf 115 v. H. seines Beitrages nicht überschreiten, es sei denn, daß der betreffende Staat seine Zustimmung zur Verausgabung einer 115 v. H. seines Beitrages überschreitenden Summe erteilt (Finanzprotokoll Artikel 30). Da alle Mitglieder der EVG auch Mitglied der Europäischen Zahlungsunion (EZU) sind, wickelt sich der Devisenausgleich multilateral ab; das sehr schwierige und verwickelte Transferproblem wird dadurch vereinfacht. Außer ihrer allgemeinen wirtschaftspolitischen Bedeutung für die Zahlungsbilanz der Mitgliedstaaten hat die Klausel also die Aufgabe, durch die Begrenzung des transferierbaren Betrages zu bewirken, daß der multilaterale Zahlungsmechanismus der EZU nicht vor Aufgaben ge- stellt wird, denen er nicht gewachsen ist. Im Rahmen der 15 v. H. bleibt es der EVG überlassen, ob und wie sie die Beträge konvertieren will. Für die Bereiche frei konvertierbarer Devisen, insbesondere für den Dollarraum, können alle Ausgleiche nur auf Grund einstimmiger Beschlüsse des Rates vorgenommen werden (Finanzprotokoll Artikel 32). Für den Devisenausgleich, also für den Ausgleich zwischen Devisen von Mitgliedstaaten und Devisen von Nichtmitgliedstaaten der Europäischen Zahlungsunion, ist das Kommissariat zuständig. Kommt eine Einigung in bezug auf die Ausgleiche nicht zustande, so wird der Rat damit befaßt und muß einstimmig entscheiden (Finanzprotokoll Artikel 39). Die Ausgleiche zwischen Mitgliedstaaten der EVG und Nichtmitgliedstaaten, die jedoch Mitglied der EZU sind, gehen ebenso vor sich wie bei den Mitgliedern untereinander (Finanzprotokoll Artikel 31). Die Beiträge der Mitgliedstaaten werden in nationaler Währung bei den nationalen Emissionsbanken bereitgestellt und können von der EVG ihrem Bedarf entsprechend verwendet werden (Artikel 95 und Finanzprotokoll Artikel 24 und 25). Es sind sowohl Aktiv- und Passivzinsen bei verspätetem Zahlungseingang (Finanzprotokoll Artikel 26) und bei Zahlung von Vorschüssen vorgesehen als auch monatliche Vorschüsse bei vorübergehendem höheren Geldbedarf. (Finanzprotokoll Artikel 27). Nicht verbrauchte Mittel verbleiben im Währungsgebiet des Mitgliedstaates, der sie gezahlt hat. Für die Anlage solcher Mittel werden grundsätzlich kurzfristige Schatzanweisungen bei den Staatsbanken erworben. Wenn die Gemeinschaft Anlagen bei Privatbanken vorzunehmen wünscht, muß sie sich mit den Währungsbehörden des betreffenden Mitgliedstaates über den Höchstbetrag verständigen. Außerhalb des EVG-Bereiches darf sie Anlagen nur mit Zustimmung des Rates vornehmen (Finanzprotokoll Artikel 28). Auch aus der Verschiedenartigkeit der Kaufkraft bei der Zahlung der Beiträge werden sich währungspolitische Probleme ergeben. Vor allem ist von Interesse, ob eine Ausgleichsverpflichtung statuiert wird für den Fall, daß in einem Lande während des Rechnungsjahres eine amtliche Abwertung eintritt. In solchen Fällen verpflichtet der Vertrag die betreffenden Staaten zur Aufwertung ihrer infolge Herabsetzung der amtlichen Wechselkurse veränderten Beiträge, sieht aber eine Ermäßigung der Nachzahlung vor für den Fall, daß die Kaufkraft der nationalen Währungen sich nicht sofort dem neuen Kurs angleicht (Artikel 95, § 2). Für den Fall einer sog. schleichenden Abwertung (mit nichtamtlicher Änderung des Wechselkurses) hingegen ist trotz Prüfung dieser Frage bisher kein anderer Ausweg gefunden worden, als im gegebenen Falle den Rat zu konsultieren mit dem Ziel, die Möglichkeit eines Ausgleichs einer geringeren volkswirtschaftlichen Leistung zu prüfen (Artikel 95, § 3). Indirekt können sich Devisenschwierigkeiten für einen Mitgliedstaat unter Umständen aus der Notwendigkeit der zentralen Beschaffung für die in einem Lande anwesenden Streitkräfte ergeben. Da es sich dabei in der Regel um erhebliche Mengen gegen fremde Valuten einzuführender Güter handelt, besteht immerhin die Möglichkeit, daß die Wirtschaft des betreffenden Landes empfindlich gestört wird. (Von der richtigen Verteilung von Planungsaufträgen auf das Gebiet des EVG-Bereiches unter militärischen, wirtschaftlichen (Rohstoffbeschaffungs- und Arbeitsmöglichkeiten) und monetären Gesichtspunkten wird es weitgehend abhängen, ob tatsächlich das wirtschaftliche, finanzielle und soziale Gleichgewicht der Staaten aufrechterhalten bleiben wird.) 6. Die von der EVG erwartete Außenhilfe (Artikel 99 in Verbindung mit Finanzprotokoll Artikel 37 und 38) soll in Materialhilfen und in Finanzhilfen bestehen, deren Entgegennahme nicht durch das Vetorecht eines Mitgliedstaates behindert werden kann. Für Verhandlungen in Fragen der Außenhilfe ist das Kommissariat zuständig, das auch die Materialhilfe verwaltet und verteilt. Der Abschluß des Vertrages selbst bedarf der Zustimmung des Rates. Grundsätzlich sind die Finanzhilfen Einnahmen der Gemeinschaft; einzelne Mitgliedstaaten können jedoch Wirtschaftshilfen und dergleichen erhalten, wenn der gebende Staat eine entsprechende Bestimmung trifft. Staaten, die der EVG nicht angehören, können von der Gemeinschaft auf Grund eines einstimmigen Beschlusses des Ministerrates Außenhilfe erhalten, wenn diese der Erreichung der Vertragsziele (Artikel 2) dient. Der Rat ist dafür verantwortlich, daß durch Fragen der Außenhilfe das wirtschaftliche Gleichgewicht der Mitgliedstaaten nicht gestört wird; zu diesem Zwecke erteilt er dem Kommissariat allgemeine Richtlinien. (Dr. Gülich) In bezug auf die Verwendung von finanziellen Außenhilfen finden folgende Vorschriften keine Anwendung: 1. Die „85 : 15-Klausel" (Finanzprotokoll Artikel 29), d. h. die Vorschrift, daß mindestens 85 v. H. des Beitrages eines Mitgliedstaates im Währungsgebiet dieses Staates verausgabt werden müssen, 2. die Beschränkung des im Gebiet eines Mitgliedstaates zu verausgabenden Betrages auf 115 v. H. seines Beitrages (Finanzprotokoll Artikel 30), 3. die Transfervorschriften der Artikel 34 und 35 des Finanzprotokolls, 4. die Vorchriften des Artikels 87, § 2, Absatz 2 a und b in bezug auf eine Erhöhung des Haushaltsvolumens. (Artikel 87, § 2, Absatz 3). 7. Ein gewichtiges finanzielles Problem ist auch die Frage der Besoldung der europäischen Kontingente (Artikel 100), die in einem Zusatzprotokoll, dem „Protokoll über die Besoldungsgrundlagen des Militär- und Zivilpersonals der Gemeinschaft und über dessen Ruhegehaltsansprüche" geregelt wird. (Auch hier handelt es sich um einen größenordnungsmäßig bedeutenden Ausgabeposten, etwa 30 v. H. der laufenden Ausgaben der Gemeinschaft). Das Protokoll sieht eine Einheitsbesoldung in den einzelnen Mitgliedstaaten vor auf der Basis der Dienststellung, in der Form, daß man eine von der Nationalität unabhängige Grundbesoidung einführt, aber auf dem Wege über Auslandszulagen und eventuell veränderliche Ausgleichszulagen (Garnison- oder Stationierungszulagen) die Besoldungen elastisch den jeweiligen Bedingungen in einem Lande anpaßt (Protokoll über die Besoldungsbedingungen Artikel 3). Die Ausgleichszulagen sollen aus den nationalen Haushalten bezahlt werden und nicht den Verteidigungsbeitrag belasten. Besoldungssätze, die der Rat einstimmig beschließen muß, sind bisher nicht festgelegt (Protokoll über die Besoldungsbedingungen Artikel 7). Die Zivilbediensteten sollen soweit wie möglich Vergütungen nach den nationalen Tarifen erhalten. Soweit das nicht möglich ist, wird das Kommissariat mit einstimmiger Billigung des Rats die Besoldung regeln (Protokoll über die Besoldungsbedingungen Artikel 8). Über das Versorgungswesen sind Regelungen noch nicht getroffen; es soll aber nach einheitlichen Gesichtspunkten geregelt werden. Bis zu einer einstimmigen Regelung durch den Rat gelten die nationalen Versorgungsrechte. Für die Bundesrepublik z. B., die kein Versorgungsgesetz hat, müßte eine Übergangsregelung getroffen werden, die der Rat im Einvernehmen mit der betreffenden Regierung festsetzt (Protokoll über die Besoldungsbedingungen Artikel 9). Zweiter Teil — Analyse der Problematik der Verträge 1. Form und Entstehung des Finanzvertrages Die Debatte des Ausschusses begann mit einer Kritik der Opposition an der häufig schwammartigen, unkonkreten und verklausulierten Form vieler Formulierungen des Vertrages, zu dessen Verständnis eingehendes Studium nicht zureiche. dessen Inhalt vielmehr erst durch Interpretation erschließbar sei. Oft heben bestimmte Klauseln die allgemeinen Vertragsbestimmungen wieder auf. Häufig seien aus dem Vertragstext paritätische Regelungen zu entnehmen, die bei näherem Zusehen aber nur scheinbar paritätisch seien; z. B. verzichten im Artikel 9 die Drei Mächte und die Bundesrepublik gegenseitig auf Schadensersatzansprüche, obwohl in Wirklichkeit Ersatzansprüche der Mächte an die Bundesrepublik kaum zu erwarten sind, da die Schaden verursachende Tätigkeit sich ausschließlich auf deutschem Gebiet abspielt. Insbesondere könnten auch die Länder nicht Eigentum der Mächte beschädigen, wohl aber die Mächte das Eigentum der Länder. Die Bundesrepublik verpflichte sich aber (Artikel 9 Absatz 3), die Mächte von der Haftung zu befreien, die sie gegenüber Länderansprüchen auf Schadensersatz haben; die Mächte ihrerseits verpflichten sich „entsprechende Ansprüche, die ihnen gegen die Länder erwachsen, an die Bundesrepublik abzutreten". Die Opposition sah hierin keine echte Partnerschaft gleichberechtigter Staaten, also eine irreführende Form der Vertragsformulierung. Der Regierungsvertreter gab die Berechtigung der Kritik zu, erklärte aber die Schwerfälligkeiten, Verklausulierungen und • sich widersprechenden Formulierungen aus der Entstehungsgeschichte dieses Vertrages, dessen Verhandlung im Dezember 1951 mit der undiskutierten Mitteilung der Be satzungsmächte an die Bundesregierung eingeleitet wurde, sie habe mit 13 Mrd. DM Verteidigungsbeitrag zu rechnen. Die Bundesregierung habe erst durch einen diplomatischen Notenwechsel erreicht, daß die Festsetzung dieses Verteidigungsbeitrages in demselben Verfahren erfolgte, in dem die Nordatlantikpaktstaaten ihren Verteidigungsbeitrag festsetzten. Der erste Entwurf, der der Bundesregierung von den Alliierten als Finanzvertrag vorgelegt wurde, habe noch merklich den Geist von Männern geatmet, die recht lange unter dem Besatzungsregime in Deutschland gearbeitet hatten. Das monatelange Ringen in den Verhandlungen mit den Alliierten erkläre die Form vieler Einzelbestimmungen des Vertrages, der überdies kein originärer Vertrag sei, sondern nur die finanziellen Konsequenzen des Truppenvertrags ziehe. Demgegenüber vermißte die Opposition gerade die finanzielle Konkretisierung in den Bestimmungen, deren Unklarheiten sie als Symptom übereilter Fixierung und vorschneller Terminierung eines Vertrages interpretierte, der gleichsam im Stadium der Vorverhandlungen stehengeblieben sei. 2. Beitragsermittlung In der wohl wichtigsten Frage des Finanzvertrags, der Beitragsermittlung, ging die Debatte des Ausschusses von Artikel 94, Absatz 1 des EVG-Vertrages aus, nach dem die Beiträge der Mitgliedstaaten der EVG durch den Rat nach NATO-Grundsätzen auf Grund einstimmigen Beschlusses festgesetzt werden. Nach Artikel 94, Absatz 2 wird der Rat für die Zukunft „eine Methode ermitteln, die unter Berücksichtigung der finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Mitgliedstaaten eine gerechte Verteilung der Lasten gewährleistet". Der Regierungsvertreter stellte hierzu fest, daß die Aufstellung eines solchen Leistungsschlüssels noch nicht gelungen sei, daß aber die Einstimmigkeit der (Dr. Gülich) Haushaltsaufstellung auf jeden Fall eine Schlechterstellung der Bundesrepublik in der Beitragsbemessung nach NATO-Grundsätzen verhindere. Die Frage nach der Art der NATO-Grundsätze und -Verfahren der Beitragsermittlung beantwortete der Regierungsvertreter mit der Erklärung, daß zwischen den Atlantikpaktstaaten „eine Reihe von Übungen über die Festsetzung des Beitrags" bestehen, die durch Verhandlungen auf Grund der Gutachten der „Drei Weisen" durchgeführt wird. Diese Erklärung wurde im Ausschuß durch den Hinweis auf Artikel 3 Absatz 1 des Finanzvertrages ergänzt, wonach der Beitrag der Bundesrepublik „dem Ausmaße entspricht, in dem die anderen großen Staaten ihre eigene Wirtschaftskraft für Verteidigungszwecke — unter Mitberücksichtigung der Ausgaben für außereuropäische Verteidigungsmaßnahmen — in Anspruch nehmen". Der Ausschuß befaßte sich daraufhin eingehend mit der Problematik des Vergleichsmaßstabes für die Bemessung des Beitrages für die Bundesrepublik und führte in diesem Zusammenhang die Erklärung des Bundesfinanzministers am 11. Juli 1952 vor dem Plenum des Bundestages an, daß noch keine Einigung erzielt worden sei „über das, was als Verteidigungslast der Bundesrepublik anzuerkennen ist". Bisher sei auch nicht zu sehen gewesen, „was jedes der anderen Länder wirklich leistet". Auch der Finanzdelegierte der Bundesregierung auf der Pariser Konferenz, Ministerialrat Dr. Vialon, habe im Bulletin vom 29. August 1952 festgestellt, daß die bisherige Beitragsbemessung für die Bundesrepublik unbefriedigend sei: „Es fehlt die Gewißheit, daß für die Höhe des Beitrages die auf den Kopf des Einwohners bezogene Leistungsfähigkeit anhand des verfügbaren Einkommens berechnet wird ... Diese Leistungsklausel wurde verhindert". Auch der Text des Gutachtens der „Drei Weisen" vom 16. Februar 1952 suche den maximalen Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik allein im Rahmen der „volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit". Obwohl das Gutachten die besonderen deutschen Schwierigkeiten durch die Arbeitslosigkeit und das Flüchtlingsproblem anerkenne (S. 8), werte es das „Vorhandensein erheblicher ungenutzter wirtschaftlicher Möglichkeiten in Deutschland als potentielles Aktivum" unzulässig hoch, zumal es davon die Steigerung der deutschen Einfuhr und (als deren Folge) einer höheren deutschen Gesamtzahlungsbilanz (S. 14) und einer „relativ hohen Steigerungsrate bei der Gesamtproduktion" (S. 15) erwarte und daraus positiv eine „günstige finanzielle Lage der Bundesrepublik" (S. 16) folgere. Der „Drei-Weisen-Bericht" räume zwar ein, daß „man auch wichtige menschliche und soziale Werte neben den streng wirtschaftlichen und finanziellen berücksichtigen" müsse, benutze aber doch nur als einzigen Maßstab der Beitragsermittlung für die Bundesrepublik ein ausschließlich wirtschaftliches Kriterium, die Statistik der deutschen Gesamtproduktion. Der Regierungsvertreter suchte dieses Problem des Vergleichsmaßstabes durch den Hinweis zu klären, daß zwar das Brutto-Sozialprodukt nach bestimmten gesamtwirtschaftlichen Kriterien berechnet wird, daß aber ,.gewisse Sonderbelastungen berücksichtigt" würden und daraus ein Nettoverteidigungsbeitrag an die EVG errechnet werde. Der Ausschuß warf dann die Frage auf, ob beispielsweise bei der Beitragsermittlung für Frankreich das Wirtschaftsvolumen berücksichtigt werde, das Frankreich z. B. aus Indochina erhält (da die „Republique Française" und nicht die „Union Française" Partner der EVG sei), deren Wichtigkeit durch die Forderung unterstrichen wurde, daß alle Ausgaben und Einnahmen bei der Beitragsermittlung zu berücksichtigen seien. Die Opposition erblickte in der Tatsache, daß europäische Staaten von ihrem nationalen Beitrag an die EVG ihre überseeischen Verpflichtungen abziehen können, eine Schwächung des EVG-Gedankens; auch in der Tatsache, daß über die Verwendung europäischer Verteidigungsmittel, etwa in Indochina, nicht von der EVG selber entschieden werde, sah die Opposition ein Problem. Die Vertreter der Koalitionsparteien und die Regierungsvertreter erblickten in der Bestimmung, daß die Höhe des Verteidigungsbeitrages — wegen des Prinzips der Einstimmigkeit — nicht g e g en die Stimme der Bundesrepublik festgesetzt werden könne, geradezu ein Faktum, das der Bundesrepublik bei Verhandlungen eine Schlüsselposition verleihe. Der Sprecher der Opposition befürchtete demgegenüber gerade durch dieses Prinzip eine Erschütterung des gesamten europäischen Verteidigungssystems, da es durch ein Veto der Bundesregierung die Bundesrepublik isoliere und die anderen Staaten aus ihrer Verantwortung entlasse. Im Zusammenhang mit dem Problem der Anrechnungsfähigkeit der Kosten für Berlin auf den Verteidigungsbeitrag wurde an die Erklärung des Bundesfinanzministers am 11. Juli 1952 vor dem Plenum des Bundestags erinnert, daß bisher keine Einigung darüber erzielt wurde, ob die Ausgaben für Polizei, Grenzschutz, Wehrmachtspensionen und Berlin-Hilfe als Verteidigungslast der Bundesrepublik anzuerkennen seien: „Deshalb haben wir den Standpunkt vertreten, daß jede D-Mark, die wir an Berlin-Hilfe ausgeben — ob sie für polizeiliche Zwecke oder für soziale Zwecke oder sogar für kulturelle und rein wirtschaftliche Zwecke gilt —, genau so hoch einzuschätzen ist, wie jede D-Mark, die für unmittelbar militärische Zwecke der Verteidigung anderswo ausgegeben wird. Da wir diesen Standpunkt nicht aufgeben, ihn aber auf der anderen Seite auch nicht sofort zum vollen Erfolg führen konnten, schloß man ein Kompromiß, in dem man die Lösung dieser Frage einer allgemeinen Revision des deutschen Verteidigungsbeitrages überließ, die vor dem 30. Juni 1953 stattfinden muß." Auch das Gutachten der „Drei Weisen" erkläre: Ein „T e i 1 der Ausgaben für Berlin fällt praktisch unter die allgemein angewandte Begriffsbestimmung für Verteidigungsausgaben... Die m eist en fallen jedoch nicht darunter." Nur weil sie weitgehend das „Maß normaler Notstandsgebietaufwendungen" übersteige, sei diese Belastung bei der Bemessung des deutschen Verteidigungsbeitrags „als besonderer Faktor berücksichtigt worden". Im Zusammenhang mit der Ungeklärtheit der Anrechnungsfähigkeit der Ausgaben für Berlin auf den deutschen Verteidigungsbeitrag wurde die Tatsache erörtert, daß in der Hilfe für Berlin der Bundeszuschuß zum Berliner Landeshaushalt enthalten ist, außerdem die Übernahme der Besatzungskosten in Berlin, die Umsatzsteuerrückvergütungen, der Verzicht des Bundes auf Verbrauchssteuern für Waren aus dem Bundesgebiet und außerdem Beiträge für die Berliner Kommunal- (Dr. Gülich) verwaltung, Polizei und Sozialversicherung, die Berliner Kriegsopferversorgung und für Lebensmittel- und Wohnungsbausubventionen für Berlin. Die Anrechnung dieser Kosten, die einschließlich der Besatzungskosten in Berlin 1060 Mio betragen, als echte Besatzungskosten habe der Bundesfinanzminister in den Beitragsverhandlungen wohl erstrebt, aber nicht erreicht. Es wurde betont, daß diese Beträge für die Berlin-Hilfe mindestens ebenso echte Verteidigungsbeiträge seien, wie die Indochina-Kriegskosten für Frankreich. Der Vertreter des Bundesfinanzministeriums erklärte hierzu, die Bundesregierung werde in den zu erwartenden Verhandlungen die Anrechnungsfähigkeit der gesamten Berlin-Hilfe auf den deutschen Verteidigungsbeitrag geltend machen. Bei den Bemühungen um die Klärung der Fragen, welche Ausgaben für außereuropäische Ausgaben nach Artikel 3 Absatz 1 mitberücksichtigt werden sollten, stellte der Ausschuß fest, daß die Formulierung des deutschen Textes „unter Mitberücksichtigung" eine irreführende Übersetzung sei, da der englische Text „including", der französische Text „y compris" laute; also „unter Einbeziehung" der Ausgaben für außereuropäische Verteidigungsmaßnahmen, was die klare Einbeziehung des gesamten Betrags, nicht nur seine Mitberücksichtigung für den Verteidigungsbeitrag bedeute. 3. Leistungen In bezug auf die deutschen Leistungen, die der Finanzvertrag festlegt, entwickelte der Regierungsvertreter die deutsche Tendenz, bei den Verhandlungen nur solche öffentliche Einrichtungen oder Dienstleistungen den Schutzmächten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, die auch den Deutschen unentgeltlich zur Verfügung ständen, also etwa die normale Straßenbenutzung und der normale Polizeischutz, nicht jedoch ein besonderer Polizeischutz, der von den Mächten nunmehr bezahlt werden müsse. Die Auffassung der Bundesregierung, nach der die unentgeltliche Benutzung. z. B. öffentlicher Gebäude durch die Besatzungsmächte nach Aufhebung des Besatzungsstatuts im Rahmen der neuen Verträge zum mindesten für das Eigentum der deutschen Länder nicht gelte, habe sich jedoch nicht durchgesetzt. Er leitete dies aus dem Tatbestand ab, daß die bundesstaatliche Konstruktion mit dem getrennten Haushalt von Bund und Ländern den Mächten fremd sei, auch hätten andere große westeuropäische Staaten, in deren Bereich fremde Truppen stationiert seien, „sich in unentgeltlichen Leistungen an diese Truppen geradezu überboten". Die weitgehenden Vergünstigungen, die England und Frankreich nicht nur auf steuerlichem Gebiet, sondern auch auf dem Gebiet der Zurverfügungstellung öffentlichen Eigentums, öffentlicher Sach- und Werkleistungen und öffentlicher Dienste den amerikanischen Truppen eingeräumt hätten, habe es der Bundesrepublik ererschwert, wesentlich ungünstigere Bedingungen gegenüber den stationierten Truppen durchzusetzen. Gegen diese Argumentation wandte die Opposition ein, daß diese Staaten im Gegensatz zur Bundesrepublik ausschließlich freiwillige Leistungen stellten und überdies allen Grund zur Einräumung großer Vergünstigungen hätten, da sie gegebenenfalls von den amerikanischen Truppen nicht auf englischem oder französischem, sondern auf deutschem Boden verteidigt werden würden. Haftung und Vergütung Im Zusammenhang mit dem Problem der Haftung führte die Opposition Artikel 7 Absatz 2 und Artikel 9 Absatz 3 an, nach denen sich die Bundesregierung einseitig verpflichte, die Mächte von aller Haftung für Ansprüche der deutschen Länder auf Nutzungsvergütung zu befreien. Der Ausschuß diskutierte auch das Problem der Nutzungsvergütung für Gemeinden. Vertreter der Regierungsparteien brachten Fälle vor, in denen Gemeinden für Requisitionen durch die Besatzungsmächte keine Vergütung gezahlt wurde. Der Regierungsvertreter erklärte dazu, daß sich die Besatzungsmächte unter der Herrschaft des Besatzungsstatuts geweigert hätten, Nutzungsvergütungen an Bund oder Länder zu zahlen, daß aber für Gemeindeeigentum grundsätzlich eine Vergütung gezahlt worden sei. Der Generalvertrag stelle in aller Form das Prinzip der Entschädigungspflicht für alles in Anspruch genommene Eigentum mit Ausnahme des Bundes- und Ländereigentums fest, besonders für das benutzte Gemeindeeigentum. Für solches zahle der Bund auch rückwirkend eine Entschädigung. Das Problem der Behandlung von requiriertem Ländereigentum sei mit den Alliierten wegen der diesen fremden bundesstaatlichen Konstruktion der Bundesrepublik besonders schwierig zu verhandeln gewesen, auch sei es in finanzieller Hinsicht wenig bedeutsam. Auch bisher hätten die Länder, obwohl sie nach alliiertem Recht keine Vergütung bekommen, über den Einzelplan 27, den Nebenplan zum alliierten Haushalt, vom Bund Vergütungen erhalten. Durch ihre subsidiäre Haftung wolle die Bundesregierung der deutschen Seite den Rechtsschutz sichern. In der Frage der Abwicklung der noch nicht geregelten Besatzungsschädenvergütung habe die Bundesregierung ihren Standpunkt, daß dieser Betrag — den man auf 300 .Mio DM schätzt — auf den Verteidigungsbeitrag anzurechnen sei; nicht durchgesetzt. Sie habe dies hingenommen, um eine Limitierung der Besatzungskosten zu erreichen und um die Abwicklung nach deutschen Rechtsgrundsätzen vollziehen zu können. 5. Hauhaltsprobleme des EVG-Vertrags Im Zusammenhang mit der Darstellung der Finanzorgane der EVG charakterisierte der Vertreter des Bundesfinanzministeriums auf Fragen der Regierungsparteien und der Opposition die Stellung des Finanzkontrolleurs als nicht an die Weisungen der Finanzdirektion oder des Finanzkommissars gebunden. Die Diskussion stellte heraus, daß der Kontrolleur im Prinzip ein Exekutivorgan sei, während die Rechnungsprüfungsbehörde der EVG eindeutig ein Kontrollorgan sei. Der Regierungsvertreter definierte den Finanzkontrolleur näher als Exekutivkontrollorgan, „dessen Funktion sich darauf beschränkt, bestimmte Verwaltungsvorgänge zu bremsen und ersatzweise neu zu gestalten". Der Ausschuß begrüßte die Einrichtung eines Finanzkontrolleurs zur Sicherung der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit des Einsatzes der Verteidigungsbeiträge durch die Exekutive. Auf die Frage der Opposition, ob in dem Verteidigungsbeitrag auch die Beträge für die Erstausstattung der projektierten zwölf deutschen Divisionen enthalten seien, erklärte der Regierungsvertreter, daß für die Erstausstattung der aufzustellenden deutschen Kontingente vom Tag des Inkrafttretens der Verträge an, ausschließlich die (Dr. Gülich) EVG verantwortlich sei. Nach seiner Auffassung bietet die Haushaltaufstellung der EVG Gewähr dafür, daß die Ausrüstung der künftigen europäischen Soldaten deutschen Ursprungs der der übrigen Kontingente nicht nachsteht. Lücken in der Ausrüstung müsse die vorgesehene Außenhilfe ergänzen. Nach seiner Ansicht, der sich die Vertreter der Regierungsparteien anschlossen, bietet die Einstimmigkeit der Haushaltsaufstellungen der EVG der Bundesrepublik die Schlüsselposition, diesen, wie auch andere berechtigte Ansprüche durchzusetzen. Demgegenüber wies die Opposition darauf hin, daß eine vorauszusehende jährliche Belastung von 20 Mrd. DM die Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik (die bei 10 °/o des Sozialprodukts liege) weit überschreite, daß aber eine deutsche Ablehnung, die nach dem Prinzip der Einstimmigkeit ja den deutschen Beitrag zu Fall bringen könne, den deutschen Vertreter im Haushaltsausschuß der EVG in eine prekäre Lage bringe. Die Argumentation des Vertreters des Bundesfinanzministeriums, daß sich die Militärs mit dem, was für die Verteidigung von der Einnahmeseite her bereitgestellt werde, abfinden müßten und daß die Regierungen und die Parlamente der EVG, wenn die Verteidigung teurer werde oder als unzulänglich erkannt werde, eben daraus die Konsequenzen ziehen müßten, wurde von seiten der Opposition als unbefriedigend 'empfunden. Sie verwies auf die Begründung zum EVG-Vertrag, die ein klares Bekenntnis zur Politik der Stärke enthalte. Eine solche aber setze Finanzkraft voraus. Eine Revision der Militärprogramme wegen der Kostenfrage g e f ä h r de gerade die Sicherheit, die die Verträge gewährleisten sollten. Der Zwang zur Aufrüstung aber gefährde unseren sozialen Standard. 6. Die Belastung der öffentlichen Finanzen Über die unmittelbare Belastung des Haushalts der Bundesrepublik berichtet im einzelnen der Haushaltsausschuß. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen mußte bestrebt sein, außer den unmittelbaren Haushaltsbelastungen auch die mittelbaren Verteidigungslasten festzustellen. Geht man davon aus, daß im Haushaltsjahr 1953 ein monatlicher Verteidigungsbeitrag von 850 Mio DM zu zahlen ist, so ergibt das die Summe von 10 200 Mio DM. Zu diesem Verteidigungsbeitrag kommen noch strittige Ausgaben, wie die Berlin- hilfe, die auch für 1953 mit 1 060 Mio DM eingesetzt werden kann, . . 1 060 Mio „ die Ausgaben für die Innere Sicherheit (Polizei, Bundesgrenzschutz, Zollgrenzschutz, Zollgrenzdienst) bei vorsichtiger Schätzung 1 070 Mio „ für Besatzungskosten und Auf- tragsausgaben Berlin . . . . . 160 Mio „ für Verteidigungsfolgekosten im Bundesgebiet und Berlin . . . . 840 Mio „ für den Erwerb von Liegenschaften zur Unterbringung von Botschaften und Konsulaten (Überleitungsvertrag Teil 11, Art. 5, Abs. 4) . . . 15 Mio „ für Besatzungslastenverwaltung mindestens 25 Mio DM für Errichtung von Ersatzunterkünften 25 Mio „ dies macht zusammen die Summe von 13 395 Mio DM. Die Mietwertverluste für die Nut- zung von öffenlichem Eigentum und Verwaltungseigentum werden geschätzt auf . . . . . . . . 110 Mio „ Summe . . . 13 505 Mio DM. Der Ausschuß hat weitere Belastungen, die im Jahre 1953 eintreten werden, zwar erörtert, sich jedoch darüber noch kein endgültiges Bild verschaffen können. Hierher gehören: Die Tilgung und Verzinsung der deutschen Auslandsschulden Das Abkommen über die Schuldenregelung mit der Schweiz Der Wiedergutmachungsvertrag mit Israel Das Wiedergutmachungsabkommen mit den jüdischen Weltorganisationen Die noch nicht abgewickelten Individualrestitutionen Die Belastung der Bundesfinanzen durch das Lastenausgleichsgesetz Der Ausbau des Bundesgrenzschutzes Die Ausweitung von Versorgungslasten etc. Der Ausschuß ersuchte die Regierungsvertreter, Schätzungen über Einnahmeausfälle durch Steuer-und Zollvergünstigungen an die Streitkräfte und ihre Mitglieder und über den Umfang der deutschen Sach- und Werkleistungen bekanntzugeben, doch konnten auf diese Frage Antworten noch nicht erteilt werden, da hierüber noch keine Berechnungen und Schätzungen vorliegen. Schätzungen der Entwicklung des deutschen Sozialprodukts, aus dessen Höhe die Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes für den Verteidigungsbeitrag berechnet werden kann, sind noch zu unsicher, als daß sie vom Ausschuß hätten eingesetzt werden können. Bonn, den 26. November 1952 Dr. Gülich Berichterstatter 3. Bericht des Abgeordneten Dr. Wellhausen Die Reparationsregelung des Überleitungsvertrages wurde in der 158. Sitzung am 29. Oktober und in der 161. Sitzung am 14. November beraten. Die Besprechungen nahmen jeweils einen Vormittag ein. Um die finanzielle Tragweite der einzelnen Bestimmungen im vollen Umfang überblicken zu können, erörterte der Ausschuß auch eine Reihe völkerrechtlicher Fragen. Es wurde die grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob es notwendig sei, die Regelung der Reparationen zum Gegenstand dieses Teils des Vertragswerks zu machen. Dies wurde regierungsseitig damit begründet, daß die Alliierten angekündigt hätten, hinsichtlich der Reparationen einen besonderen Vorbehalt zu machen und sich ihre Handlungsfreiheit auf diesem Gebiet zu erhalten, wenn eine vertragliche Regelung nicht erfolge; so gesehen, habe die Aufnahme in den Vertrag Vorteile. Auch (Dr. Wellhausen) der Ausschuß war .der Auffassung, daß bei dieser Einstellung der Alliierten eine vertragliche Regelung den Vorzug verdiene. Artikel 1 ist die einzige Bestimmung des Reparationsteiles, die sich mit dem Reparations-problem im ganzen Umfang befaßt, während die Artikel 2 bis 5 sich auf die Regelung des deutschen Auslandsvermögens beziehen. Die Frage der Reparationen soll nach Artikel 1 erst durch den Friedensvertrag zwischen Deutschland und seinen ehemaligen Gegnern oder vorher durch „diese Frage betreffende Abkommen" geregelt werden. Damit dürften vor allem Vereinbarungen im Anschluß an Handelsverträge oder Zahlungsabkommen gemeint sein. Durch die Fassung („die Frage der Reparationen") ist klargestellt, daß ein Zwang zur Regelung dieser Materie im Friedensvertrag nicht bestéht, daß es vielmehr den Friedensverhandlungen überlassen bleibt, ob und wieweit noch die Notwendigkeit bestehen wird, Bestimmungen dieser Art in den Friedensvertrag aufzunehmen. Der Ausschuß hat sich eingehend mit der Bedeutung des Vorbehaltes der Friedensregelung beschäftigt, insbesondere damit, welchen Einfluß diese Bestimmung auf den Geltungsbereich der Artikel 2 bis 5 hat. Es wurde die Frage ,aufgeworfen, ob die Artikel 2 bis 5 nur für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, wie es im Grundgesetz umschrieben ist, gelten, oder darüber hinaus für die sowjetische Zone, die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie und das Saargebiet. Hierzu wurde regierungsseitig darauf hingewiesen, daß laut Artikel 2 Generalvertrag dieser Vorbehalt des Friedensvertrages eng mit dem gesamtdeutschen Vorbehalt zusammenhänge, so daß alle gesamtdeutschen Fragen von der Regelung ausgenommen seien. Die Vertrags' partner, die Bundesrepublik einerseits und die Drei Mächte andererseits, hätten in den Verträgen nur innerhalb ihrer Legitimationen handeln können und gehandelt. Diese seien auf der Seite der Drei Mächte durch die Potsdamer Vereinbarungen, in denen eine Reparationsentnahme nach Zonen vereinbart wurde, auf die ihnen zugewiesenen Zonen be- schränkt. Andererseits könne die Bundesrepublik auch nur Verpflichtungen irgendwelcher Art hinsichtlich ihres Staatsgebietes eingehen. Daher könnte die Regelung der Artikel 2 bis 5 weder die sowjetisch besetzte Zone, noch die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie, noch das Saargebiet betreffen. Der Ausschuß hatte Bedenken, ob diese Auslegung auch hinsichtlich des Saargebietes zutreffe, da die Französische Republik Vertragspartner des Abkommens sei. Dem Ausschuß leuchtete jedoch die ergänzende Argumentation der Regierungsvertreter ein, daß durch den Friedensvertragsvorbehalt deutlich gemacht worden sei, daß keine Absicht bestehe, eine gesamtdeutsche Frage zu regeln. Artikel 1 Absatz 1 Satz 2 enthält die einzige endgültige Bestimmung des Abkommens. Er sagt, daß die Drei Mächte sich verpflichten, zu keiner Zeit Forderungen auf Reparationen aus der laufenden Produktion der Bundesrepublik geltend zu machen. Diese Bestimmung wird ergänzt durch eine protokollarisch festgehaltene Erklärung der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreiches (Anlage 5 zum Nachgang zur Drucksache Nr. 3500), in der diese beiden Mächte erklären, sich auch jeder Forderung seitens anderer auf Reparationen aus der laufenden Produktion widersetzen zu wollen. Die französische Regierung hat vor Unterzeichnung des Vertrages diese bindende Erklärung der beiden Mächte zur Kenntnis genommen und mit Rücksicht darauf ihren zunächst geäußerten Vorbehalt gegen Artikel 1 Absatz 1 Satz 2 zurückgezogen. Es traten Zweifel in der Beratung auf, ob die Regelung des Artikels 1 Absatz 1 Satz 2 lediglich ein Schutz gegen die Forderungen auf derartige Reparationen aus dem Bundesgebiet darstelle, oder ob es nicht doch offenbliebe, daß z. B. die Französische Republik im Friedensvertrage Reparationen aus der laufenden Produktion des Saargebiets verlangen könne. Der Ausschuß kam zu der Auffassung, daß dem die erwähnte Erklärung der beiden Mächte über Reparationen entgegenstehe; denn eine solche Maßnahme — also z. B. Frankreichs im Saargebiet — könne nur unter Mitwirkung der vorgenannten Mächte getroffen werden, die dies im vorhinein versagt hätten. Artikel 1, Absatz 2 bestimmt, daß die Bestimmungen der Artikel 2 bis 5 lediglich bis zu der in Absatz 1 erwähnten endgültigen Regelung gelten; damit stellen diese Artikel einen Abbau der Befugnisse dar, die bisher den Besatzungsmächten auf Grund des Besatzungsstatuts vorbehalten waren. Artikel 2, der vorsieht, daß das Kontrollratsgesetz Nr. 5 in einigen Ländern, die im Verzeichnis zum Alliierte-Hohe-Kommission-Gesetz Nr. 63 genannt sind, in Wirksamkeit bleibt und daß das Alliierte-Hohe-Kommission-Gesetz Nr. 63 nur mit Zustimmung der Drei Mächte aufgehoben oder geändert werden kann, gab zu dem Bedenken Anlaß, daß dadurch das in der Präambel des Kontrollratsgesetzes Nr. 5 erwähnte Potsdamer Abkommen verankert werde. Demgegenüber wurde darauf hingewiesen, 'daß durch das Alliierte-Hohe-Kommission-Gesetz Nr. 63 die materiellen Bestimmungen des Potsdamer Abkommens nicht übernommen würden, sondern daß auf dieses nur insoweit Bezug genommen werde als es eine Aufteilung der Gebiete vorsieht, aus denen Reparationen entnommen werden können. Der Ausschuß hat sich sodann eingehend mit der Frage befaßt, welche Bedeutung die Verpflichtung des Artikels 3 Absatz 1 habe, daß die Bundesrepublik „in Zukunft keine Einwendungen ... erheben" wird gegen die „Maßnahmen, die gegen das deutsche Auslandsvermögen oder sonstige Vermögen durchgeführt worden sind oder werden sollen ...". Es wurde insbesondere die Befürchtung geäußert, diese Formulierung vermeide es lediglich, eine Anerkennung der alliierten Maßnahmen ausdrücklich auszusprechen, enthalte eine solche jedoch tatsächlich. Es wurde in diesem Zusammenhang bedauert, daß ein deutscher Rechtsvorbehalt gegen die mit dem Völkerrecht nicht zu vereinbarenden alliierten Maßnahmen nicht zum Ausdruck komme. Der Ausschuß hat daher besonderen Wert darauf gelegt, eingehend über die Entstehungsgeschichte dieser Formulierung unterrichtet zu werden. Nach den Erklärungen der Regierungsvertreter hätten die alliierten Verhandler 'zunächst einen Entwurf vorgelegt, in dem eine ausdrückliche Anerkennung der alliierten Maßnahmen, darunter auch der Verträge mit den neutralen Staaten (z. B. Washingtoner Abkommen) ausgesprochen war. Dieser 'Entwurf sei von deutscher Seite als indiskutabel zurückgewiesen worden. Der deutsche Gegenentwurf habe dann eine ausdrückliche Feststellung der in verschiedenen Noten der Bundesregierung ge- (Dr. Wellhausen) machten Rechtsvorbehalte enthalten. Bei den einleitenden Besprechungen, die vor Aufnahme der formellen Verhandlungen über diesen Teil zwischen den Vorsitzenden der beiden Sachverständigen-Gruppen stattfanden, sei klargestellt worden, daß die deutsche Seite nicht in der Lage sei, eine Formulierung anzunehmen, aus der eine Anerkennung der alliierten Maßnahmen auch nur herauszulesen sei, daß auf der anderen Seite die Alliierten außerstande sein würden, eine Formulierung anzunehmen, mit der sie die Völkerrechtswidrigkeit ihrer eigenen Maßnahmen zugegeben hätten. Außerdem hätten die deutschen Unterhändler feststellen müssen, daß man die Bereitschaft der alliierten Seite, der Bundesrepublik Verhandlungen über die deutschen Auslandswerte mit den einzelnen Staaten zuzugestehen, von der Form abhängig machen wolle, in der der deutsche Rechtsstandpunkt geltend gemacht werde. Die deutsche Seite habe daher vor der Frage gestanden, worauf sie bei den Verhandlungen größeren Wert legen sollte: auf die Möglichkeit zu Verhandlungen über das noch nicht liquidierte Vermögen und das Vermögen, für das Liquidationserlöse noch nicht ab-disponiert sind (es handle sich dabei schätzungsweise um 2/3 der gesamten in Rede stehenden Vermögenswerte), oder auf eine formale Wiederholung des Rechtsvorbehaltes. Sie habe sich dafür entschieden, die Verhandlungsmöglichkeiten als wichtiger anzusehen und habe sich schließlich nach zahlreichen Zwischenstationen in den Verhandlungen mit der vorliegenden Formulierung einverstanden erklärt. Der Ausschuß sah die Tatsache, daß die deutschen Verhandler irgendeine Form der Anerkennung, die von alliierter Seite zunächst verlangt wurde, abgelehnt haben, als entscheidend an. Der Ausschuß nahm weiter mit Befriedigung zur Kenntnis, daß die Verpflichtung, in Zukunft keine Einwendungen zu erheben, nur gegenüber den Vertragspartnern, d. h. den Drei Mächten, gelte, während es der Bundesrepublik unbenommen bleibe, bei Verhandlungen, insbesondere mit den neutralen Staaten, auf die Völkerrechtswidrigkeit der Maßnahmen hinzuweisen. Dadurch schaffe man einen günstigen Ausgangspunkt für die Verhandlungen mit den neutralen Staaten. Unter Berücksichtigung aller in Rede stehenden Gesichtspunkte, insbesondere der Verhandlungen, die zu der nunmehrigen Fassung führten, gelangte der Ausschuß zu der Ansicht, daß Artikel 3 Absatz 1 eine materielle Anerkennung der alliierten Maßnahmen gegen das Auslandsvermögen nicht enthalte. Im Bestreben, in die Materie so tief wie irgend möglich einzudringen, befaßte sich der Ausschuß sodann mit einer weiteren Zweifelsfrage, die der Wortlaut des Artikels 3 Absatz 1 einem sehr krititischen Beurteiler nahebringen könnte. Von einer Seite wurde nämlich besorgt gefragt, ob sich etwa die Verpflichtung der Bundesrepublik beziehe nicht nur auf die in der Vergangenheit liegenden Maßnahmen, sondern auch künftige Beschlagnahmemaßnahmen der Alliierten decke („die . . . durchgeführt worden sind oder werden sollen"). Diese Besorgnisse wurden zurückgestellt, nachdem regierungsseitig erläutert worden war, daß in der Zukunft liegende Maßnahmen sich auch nur auf Vermögenswerte beziehen könnten, die bereits beschlagnahmt worden seien, z. B. auf eine Liquidation solcher beschlagnahmter Vermögen. Auch die Befürchtung, daß neu erworbenes Auslandsvermögen noch zu Reparationszwecken hinzuge- I zogen werden könne, schien auf Grund der Erklärungen der ehemaligen Gegner Deutschlands anläßlich der Beendigung des Kriegszustandes als nicht begründet Auf derselben Linie liegen im Ausschuß sodann noch aufgetretene Bedenken dagegen, am Schluß des Absatzes 1 auf Abkommen Bezug zu nehmen, die die Drei Mächte in Zukunft noch schließen werden. Aus den Verhandlungen mit den Alliierten wurde jedoch berichtet, daß es sich hierbei lediglich um das noch nicht ratifizierte Abkommen der Drei Mächte mit Portugal und um ein angestrebtes Abkommen mit der Türkei handele. Diese beiden Abkommen seien nur deswegen nicht ausdrücklich im Vertrag erwähnt worden, weil ihr Zustandekommen fraglich sei. Unter diesen Umständen glaubte der Ausschuß auch hier seine Bedenken zurückstellen zu können. Auf Befragen haben die Vertreter der Regierung erklärt, daß es sich bei den in Artikel 3 Absatz 1 genannten Abkommen, „die die Drei Mächte mit anderen alliierten Staaten, neutralen Staaten oder ehemaligen Bundesgenossen Deutschlands geschlossen haben", um das JARA-Abkommen, die sog. Safe-Haven-Abkommen mit den neutralen Staaten Schweden, Schweiz und Spanien und um Spezialabkommen, wie Patentabkommen, handele. Aus der ausdrücklichen Erwähnung der Drei Mächte gehe deutlich hervor, daß hierbei weder das Potsdamer Abkommen (das von den Vier Mächten abgeschlossen wurde) noch die Saarabreden von 1947 (die nur von Frankreich allein abgeschlossen wurden) einbegriffen sein könnten. Artikel 3 Absatz 3 ist fast wörtlich aus dem Alliierte-Hohe-Kommissions-Gesetz Nr. 63 entnommen. Er wiederholt eine bereits bestehende Verpflichtung der Bundesrepublik. In dem Gebiet der Drei Mächte ist dasselbe durch die dort geltende Feindvermögengesetzgebung bestimmt. Bedenken, die im Ausschuß dagegen vorgetragen wurden, daß durch diese Vorschrift ehemaligen Besitzern von Auslandsvermögen der Rechtsweg versperrt werde, begegneten die Regierungsvertreter mit dem Hinweis auf Artikel 4 Absatz 4. Dieser sehe vor, daß über das Schicksal des Auslandsvermögens mit jedem einzelnen Staat verhandelt werden könne, so daß erst nach Abschluß dieser Verhandlungen möglich sei, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang für Besitzer von Auslandsvermögen ein Rechtsschutzbedürfnis noch bestehe. Im übrigen blieben Klagen vor Gerichten von Staaten, die nicht am Vertrag beteiligt sind, durch diese Bestimmung unberührt. Artikel 4 bestimmt in den ersten drei Absätzen, über welche Auslandswerte die Bundesrepublik in Zukunft Vereinbarungen abschließen kann. Im ersten Absatz, der sich auf die Nicht-JARAStaaten, und im 2. Absatz, der sich auf die JARAStaaten bezieht, ist ein Recht zur Verhandlung eingeräumt, welches an keine Mitwirkung der Alliierten gebunden ist. Der Kreis der Werte, die dafür in Frage kommen, ist bei den Nicht-JARAStaaten (Absatz 1) sehr viel weiter gezogen als bei den JARA-Staaten (Absatz 2), und zwar mit Rücksicht auf die zwischen diesen bestehenden vertraglichen Vereinbarungen. Aber auch bei den JARAStaaten sind Verhandlungsmöglichkeiten über Werte eingeräumt, über die bisher nach den Verrechnungsregeln der JARA nicht verhandelt werden konnte (Absatz 2 b bis d). In Absatz 3 sind hinsichtlich des Safe-Haven-Abkommens Verhand- (Dr. Wellhausen) sungen über die Entschädigungsfrage zugelassen, an denen die Drei Mächte teilnehmen können. In Absatz 4 hatte der Ausschuß vor allem Bedenken gegen die Bestimmung, wonach über andere (als in Absätze 1 bis 3 genannte) Fragen zwar verhandelt werden kann, aber ein Widerspruchsrecht der Drei Mächte gegen Vereinbarungen vorgesehen ist. Der Ausschuß gelangte auf Grund einer Analyse des Textes in den drei Sprachen zu der Auffassung, daß das Widerspruchsrecht der Drei Mächte nur gegenüber dem Abschluß von Vereinbarungen bestehe, während die Führung von Verhandlungen der Bundesregierung freistehe. Seine Bedenken richteten sich jedoch dagegen, daß die Gründe, aus denen ein Widerspruch erhoben werden kann, nicht festgelegt sind, so daß u. U. auch aus reinen Konkurrenzgründen, die mit der Vereinbarung nichts zu tun haben, ein Abkommen zu Fall gebracht werden könne. Es wurde regierungsseitig darauf hingewiesen, daß keine Anzeichen dafür sprächen, daß die Drei Mächte ihr Vetorecht über Gebühr ausnutzen oder gar mißbrauchen würden. Völlig ausgeräumt konnten aber die Bedenken des Ausschusses nicht werden. Mit der Regierung wird immerhin die Einräumung von Verhandlungsmöglichkeiten über alle Werte, die bisher nicht gegeben war, als Fortschritt empfunden. Zu Artikel 5 wurde von Regierungsseite mitgeteilt, daß die Alliierten ursprünglich eine volle Entschädigung der deutschen Eigentümer verlangt hätten, wie dies vor allem in ihren Verträgen mit den neutralen Staaten vorgesehen sei. Dagegen sei von deutscher Seite geltend gemacht worden, daß diese Verpflichtung mit Rücksicht auf die Bestimmungen in Artikel 3 und 14 des Grundgesetzes nicht übernommen werden könne, sondern daß es dem deutschen Gesetzgeber überlassen bleiben ' müsse, die Art und den Umfang der Entschädigung in Übereinstimmung mit seinem Verfassungsrecht festzusetzen. Bei dieser Entschädigung, die auf Grund von einseitigen Maßnahmen der Alliierten gezahlt werden solle, müsse die Bundesrepublik in der Lage sein, verschiedenen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. Einmal stehe der Umfang des entstandenen Schadens noch nicht fest, da der Bundesrepublik in Artikel 4 weitgehende Verhandlungsmöglichkeiten eingeräumt worden seien, andererseits müsse neben der Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik auch berücksichtigt werden, welche Entschädigungen auf Grund des Lastenausgleichsgesetzes gezahlt würden. Dies sei schon durch Artikel 3 des Grundgesetzes geboten. Soweit die Liquidationserlöse in einzelnen Ländern (z. B. in Schweden) zur Bezahlung deutscher Schulden verwandt worden seien, müsse ein innerer Ausgleich, ein Clearing von Land zu Land, eingerichtet werden. Die Alliierten hätten im übrigen auf den Artikel 5 nicht nur wegen ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den neutralen Staaten Wert gelegt, sondern vor allem auch, um ihr Gewissen zu beruhigen. Der Ausschuß nahm diese Erklärungen zur Kenntnis und stellte fest, daß es den gesetzgebenden Körperschaften bei der Vorlage eines Entschädigungsgesetzes durch die Regierung unbenommen bleibe, Art und Höhe der Entschädigung selbst festzusetzen, und daß sie durch die Vertragsbestimmung in Artikel 5 nicht präjudiziert seien. Bonn, den 26. November 1952 Dr. Wellhausen Berichterstatter c) Berichterstatter des federführenden Ausschusses: Abgeordneter Dr. Hasemann Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages, der für die finanziellen und haushaltsrechtlichen Fragen der Vertragswerke mitberatend tätig war, hat seine Auffassungen in den beiden ausführlichen Berichten der Herren Abgeordneten Bausch und Schoettle niedergelegt, die dem Bericht des Auswärtigen Ausschusses beigefügt sind. Eine einheitliche Auffassung über die finanziellen und haushaltsrechtlichen Konsequenzen der Vertragswerke wurde nicht erreicht. Die von der Deutschen Bundesrepublik zu tragenden Ausgaben für die Verteidigung werden im Haushalt der Bundesrepublik bekanntlich nur in Form eines globalen Beitrags an die EVG erscheinen. Bezüglich der finanziellen Verpflichtungen der Bundesrepublik ist folgendes zu sagen: Unterstellt man, daß die Verträge mit dem 1. April 1953 in Kraft gesetzt sind, so würde die Bundesrepublik gemäß § 4 des Finanzvertrags bis zum 30. Juni 1953, also für 3 Monate, einen Betrag von je 850 Mio DM zu zahlen haben. Für die Zeit nach dem 1. Juli wird der Betrag nach dem sogenannten NATO-Verfahren neu festgesetzt. Es ist dabei der Wunsch des Haushaltsausschusses, daß die Bundesregierung stärkstens bemüht bleibt, daß sowohl bei der Festsetzung der Bruttobeiträge wie bei der Anerkennung der Abzugsfähigkeiten die besonderen Belastungen Berücksichtigung finden, die die Bundesrepublik als unmittelbare oder mittelbare Kriegsfolgelasten stärker zu tragen hat als andere Länder. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Beitrag auch nach dem 1. Juli keinesfalls mehr als 850 Mio DM pro Monat betragen wird, daß vielmehr erwartet werden kann, daß der Betrag unter dieser Summe bleiben wird. Der Bundesfinanzminister hat dabei seiner Überzeugung Ausdruck gegeben, daß diese Beträge ohne Erhebung neuer Steuern aufgebracht werden können. Eine Minderheit des Ausschusses hat die Erklärungen der Regierung nicht für ausreichend begründet angesehen. Es wird befürchtet, daß es zunächst und zumindest bei der Belastung von 850 Mio DM pro Monat, also 10,2 Mrd. DM pro Jahr, bleiben wird. Die Minderheit war dabei der Auffassung, daß damit die Grenze des Tragbaren bereits überschritten sei, da die Steigerung des deutschen Sozialproduktes nicht in dem entsprechenden und erwarteten Umfange eingetreten sei. Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung wurde die Auffassung vertreten, daß sich zwangsläufig ein bestimmtes Volumen des Aufwands ergeben würde, das noch erhöhte Beiträge notwendig mache, besonders wenn die sogenannte äußere Hilfe, also der Beitrag der Vereinigten Staaten zur Aus- (Dr. Hasemann) rüstung der aufzustellenden deutschen Kontingente, insbesondere mit schwerem Material, einer gewissen Revision unterworfen würde. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich der Auffassung der Bundesregierung angeschlossen, sowohl hinsichtlich der Höhe der zu leistenden Beiträge wie auch hinsichtlich der Außenhilfe. Es wurde zum Ausdruck gebracht, daß eine Erhöhung der Leistung der Bundesrepublik nur mit deren Zustimmung erfolgen könne, da die Einstimmigkeit der entsprechenden Beschlüsse vorgesehen sei. Hinsichtlich der Hilfe der Vereinigten Staaten folgte die Mehrheit den Argumenten der Regierung, daß es sich um eine bindende Zusage der Vereinigten Staaten handle. Wenn auch keine schriftliche Abmachung vorläge, so sei die Zusage jedoch von verantwortlicher Stelle, vom Hohen Kommissar, Herrn McCloy, gemacht worden. Zu dem festgesetzten Verteidigungsbeitrag von 10,2 Mrd. DM pro Jahr tritt noch der Aufwand für sogenannte nichtanerkannte Verteidigungskosten in Höhe von voraussichtlich 930 Mio DM. Es wird von den Verhandlungen über die Festsetzung des deutschen Verteidigungsbeitrages ab 1. Juli 1953 abhängen, ob der Exekutivausschuß der NATO diese Kosten auf den Verteidigungsbeitrag anrechnen wird. Die Regierung hat den Haushaltsausschuß davon unterrichtet, daß sie sich in dieser Richtung bemüht und hofft, daß diese Bemühungen Erfolg haben. Die Minderheit des Ausschusses wendet gegen die Zusammenstellung der Regierung ein, daß die eingesetzten Beträge mutmaßlich zu niedrig sind, und fürchtet, daß in einzelnen Positionen die effektiv aufzubringenden Beträge höher sein werden. Zu den materiellen Auswirkungen der Verträge gehören auch die voraussichtlichen finanziellen Belastungen der Bundesrepublik aus dem Überleitungsvertrag. Dieser Betrag wird auf rd. 20,5 Mrd. DM geschätzt, ein Betrag, der sich wesentlich zusammensetzt aus: 1. rund 15 Mrd. DM deutscher Auslandsschulden, 2. etwa 4 Mrd. DM Entschädigungen für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, 3. 1,5 Mrd. DM innere Rückerstattung. Inwieweit und in welchen Zeiträumen Zahlungen für diese Zwecke zu leisten sind, hängt von den noch zu erlassenden Gesetzen ab. Der Ausschuß war dabei aber der einmütigen Auffassung, daß es sich bei dem weitaus größten Teil dieser Lasten um solche handelt, die sich aus der Liquidation des Krieges ergeben und soweit nicht als Folge der abgeschlossenen Verträge angesehen werden können. Die Minderheit des Ausschusses weist noch auf eine weitere mögliche Belastung des Bundeshaushalts hin, die durch Entschädigungsforderungen entstehen könne, die sich aus dem in Teil 6 Artikel 3 des Überleitungsvertrages ausgesprochenen Verzicht auf das deutsche Auslandsvermögen ergeben können. Die Schätzungen dieser Vermögen schwanken zwischen 15 und 20 Mrd. DM. Das Ausmaß einer späteren Belastung des Bundeshaushalts durch eine evtl. Entschädigung dieser Verluste ist vorläufig nicht zu schätzen. Neben den materiellen Auswirkungen hat der Haushaltsausschuß auch noch die haushaltsrechtlichen Fragen geprüft. Die Minderheit des Ausschusses hat Besorgnis, daß nach Abschluß der Verträge Lasten entstehen, die in ihrem Umfang vom Bundestag nicht mehr beeinflußt werden können und eine fortlaufende Verpflichtung der Bundesrepublik darstellen. Besonders bemängelt wurde auch das Fehlen einer echten parlamentarischen Kontrolle im Rahmen der EVG. Die Mehrheit des Ausschusses vertrat demgegenüber den Standpunkt, daß die Verfügungsgewalt auf deutscher Seite genau so groß oder gering ist wie auf anderer Seite, sowohl im Ministerrat wie im Kommissariat und der Versammlung. Es wurde geltend gemacht, daß entscheidende Beschlüsse nur einstimmig, also mit Zustimmung der deutschen Vertreter gefaßt werden können. Die Mehrheit weist zudem darauf hin, daß es sich nur um eine Übergangslösung handle. Das auch von der Minderheit monierte Fehlen einer echten parlamentarischen Kontrolle könne bald überwunden werden, wenn die in Artikel 38 des EVG-Vertrages vorgesehene europäische politische Gemeinschaft bald begründet und wirksam würde. Im übrigen faßte der Haushaltsausschuß zum Abschluß seiner Beratungen einstimmig einen Beschluß bezüglich des Haushaltsvolumens der EVG und der Aufteilung der Beiträge auf die Mitgliedstaaten, den sich der Ausschuß für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten als Entschließungsantrag zu eigen machte. (Teil B des Berichtes) 1. Bericht des Abgeordneten Bausch (Mehrheitsauffassung) Vorbemerkung: In seiner 222. Sitzung vom 10. Juli 1952 hat der Bundestag die obengenannten Gesetzentwürfe an den Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten als den federführenden Ausschuß und zur Mitberatung an weitere 6 Ausschüsse, darunter auch an den Haushaltsausschuß, überwiesen. Der Haushaltsausschuß hat die Gesetzentwürfe und die Verträge, soweit sich ihr Inhalt auf finanzielle Probleme und Fragen des Haushalts des Bundes bezieht, sorgfältig geprüft und hat sich bei dieser Prüfung vor allem die Aufgabe gestellt, zu untersuchen, welches die Auswirkungen der Verträge auf den Haushalt des Bundes sind und wie sich der Haushalt des Bundes in bezug auf Verteidigungskosten, Besatzungslasten und ähnliche Kosten nach Unterzeichnung der Verträge vor-. aussichtlich gestalten wird. Da die Gesetzentwürfe und Verträge noch in 6 anderen Ausschüssen beraten werden, sieht der nachfolgende Bericht von einer Darstellung des materiellen Inhalts der Verträge im einzelnen ab und beschränkt sich darauf, die wichtigsten finanzpolitischen Probleme darzustellen, die durch die Verträge aufgeworfen werden, und das Ergebnis der im Ausschuß geführten Verhandlungen über die finanziellen und haushaltsrechtlichen Konsequenzen der Verträge wiederzugeben. I. Verteidigungskosten und Bundeshaushalt In dem Haushalt des Bundes werden die Ausgaben für die Verteidigung künftig lediglich in Form eines globalen Beitrags der Bundesrepublik an die EVG erscheinen. Einen besonderen Haushalt für unmittelbare militärische Ausgaben wird es nicht geben. Von dem Zeitpunkt des (Bausch) Inkrafttretens des EVG-Vertrags an wird es keinen deutschen Soldaten der EVG geben, für den der deutsche Haushalt irgendeine unmittelbare finanzielle Verpflichtung hätte. Die gesamten Kosten für die Ausrüstung, Unterhaltung und Unterbringung des deutschen Soldaten trägt die EVG. Sie hat also sowohl für seine Erstausstattung, wie auch für seine Unterbringung und seinen laufenden Unterhalt zu sorgen. Dagegen werden die Ausgaben für das künftige deutsche Verteidigungsminsterium, die Auf wendungen für die Versorgung der ehemaligen deutschen Wehrmacht sowie einige Ausgaben ähnlicher Art, die als Verteidigungskosten angesprochen werden können, im Haushalt der Bundesrepublik erscheinen. Der Aufwand für sogenannte nicht anerkannte Besatzungsschäden (vgl. unten Ziff. VI) soll künftighin in einem Haushalt „Verteidigungsfolgekosten" — bisher Einzelplan XXVII — ausgewiesen werden. H. Der Haushalt der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft Der Haushalt der EVG stellt die europäische Integration eines einzigen Verwaltungszweiges, nämlich der Verteidigungsverwaltung, dar. Ohne Rücksicht auf die besonderen Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten sollen in einem Cemeinschaftshaushalt alle Einnahmen und Ausgaben für die Zwecke der Verteidigung zusammengefaßt werden. Auf der Einnahmenseite werden im wesentlichen nur die Globalbeiträge der Mitgliedstaaten und die Außenhilfe verzeichnet. Die Ausgaben der EVG haben sich grundsätzlich nach den Einnahmen zu richten. 1 Die Gesamteinnahmen der EVG werden sich schätzungsweise auf 25 bis 30 Mrd. DM belaufen, davon wird auf Deutschland etwa 1/3 entfallen. Nach Maßgabe der vom Kommissariat der EVG mit einstimmiger Zustimmung des Ministerrats aufgestellten Pläne für die Organisation der Streitkräfte bereitet das Kommissariat im Benehmen mit den Regierungen den Haushaltsplan der Gemeinschaft vor. Der Ministerrat wird mit diesem Entwurf mindestens 3 Monate vor Beginn des Haushaltsjahres befaßt. Der vom Rat nach den Bestimmungen des Artikels 87 § 2 einstimmig gebilligte Haushaltsplan wird der Versammlung vorgelegt, welche die in Artikel 87 §§ 3 und 4 des Vertrags festgelegten Befugnisse besitzt. Das Rechnungsjahr der EVG ist das Kalenderjahr. Um die Schwierigkeiten der Anlaufzeit zu überwinden, ist in Artikel 87 a des Vertrags für die Zeit zwischen dem Inkrafttreten des Vertrags und dem Ende dieses Kalenderjahres eine Sonderregelung getroffen. Für diese Zeitperiode ist der Ministerrat für den Haushaltsplan verantwortlich. Zur Ausführung des Haushaltsplans für diesen Zeitabschnitt werden die zuständigen nationalen Stellenbeauftragt, für Rechnung der EVG die nötigen Ausgaben vorzunehmen, soweit ihre eigenen Stellen noch nicht in der Lage sind, diese Aufgabe auszuführen. III. Die Festsetzung des Bruttobeitrags der EVG- Partner zur EVG im NATO-Verfahren Nach Artikel 4 des Finanzvertrages ist die Bundesrepublik für die Zeit bis zum 30. Juni 1953 zur Leistung eines monatlichen Verteidigungsbeitrags von 850 Mio DM verpflichtet. Nach Artikel 3 Absatz 1 des Finanzvertrags verpflichtet sich die Bundesrepublik, mit Wirkung vom 1. Juli 1953, einen fortlaufenden jährlichen Beitrag zu den Verteidigungskosten zu leisten, der auf eine Inanspruchnahme der deutschen Wirtschaftskraft hinauslaufen muß, die unter Zugrundelegung der Vergleichsmaßstäbe ,der NATO-Organisation dem Ausmaß entspricht, in dem die anderen großen westlichen Staaten ihre eigene Wirtschaftskraft für Verteidigungszwecke — unter Berücksichtigung der Ausgaben für außereuropäische Verteidigungsmaßnahmen — in Anspruch nehmen. Dabei ist in Artikel 3 Absatz 3 des Finanzvertrages ausdrücklich bestimmt, daß dieses Beitrags-Festsetzungsverfahren zu keiner irgendwie gearteten Schlechterstellung der Bundesrepublik gegenüber anderen großen westlichen Staaten führen darf. In Artikel 94 des EVG-Vertrags ist bestimmt, daß die Beiträge der Mitgliedstaaten vom Inkrafttreten des Vertrags an vom Rat gemäß dem Verfahren der NATO festgesetzt werden. Der Rat ist aber ermächtigt, sodann unabhängig vom NATO-Verfahren ein Verfahren für die Festsetzung der Beiträge zu ermitteln, „das unter Berücksichtigung der finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Mitgliedstaaten eine gerechte Verteilung der Lasten gewährleistet." Dieses Verfahren ist vom Rat einstimmig zu beschließen. Falls diese Einstimmigkeit nicht zustande kommt, ist weiterhin nach der NATO-Methode zu verfahren. Da die geforderte Einstimmigkeit aller Vermutung nach nur schwer zu erzielen sein wird, wird es zur Prüfung der Leistungsfähigkeit der Vertragspartner und zur Festsetzung des Beitrags der einzelnen Staaten auf längere Zeit hinaus bei dem NATO-Verfahren bleiben. Es werden hiernach die Mitglieder des Exekutivkomitees der NATO auf Grund der von ihnen vorgenommenen Untersuchungen und auf Grund der Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten -der EVG an die Organe der EVG gutachtliche Äußerungen über die festzusetzende Höhe der Beiträge der einzelnen Länder abgeben. Es werden dabei Grundsätze angewandt, die nicht in einem geschriebenen Kodex, sondern in den vereinbarten und die Verhandlung tragenden Nonnen bestehen, die sich innerhalb der Atlantikpaktstaaten herausgebildet haben. Der NATO-Ausschuß prüft die Leistungsfähigkeit der Staaten nach volkswirtschaftlichen Prinzipien und setzt zugleich die abzugsfähigen Ausgaben fest. Am Ende seiner Untersuchungen erteilt er Empfehlungen, die aber für die Organe der EVG und für die Parlamente der einzelnen Länder nur Empfehlungen sind. In keinem Fall kann einem Land ein höherer Beitrag auferlegt werden, als dies seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht. Der Entscheidung über den Bruttobeitrag Deutschlands zur EVG kommt im Hinblick auf die voraussichtliche Höhe des Beitrags eine ganz ungewöhnliche Bedeutung zu. Nach Artikel 3 Absatz 1 des Finanzvertrags ist als Grundlage für die Bemessung des Bruttobeitrags die Wirtschaftskraft Deutschlands anzusehen. Nun ist es aber eine unbestreitbare Tatsache, daß die Wirtschaftskraft der Bundesrepublik durch den Kriegsausgang und seine Folgen mit einer Reihe von schweren Hypotheken vorwegbelastet ist, die für die Dauer wirken und die andere Partner der EVG nicht zu tragen haben. Von diesen Sonderbelastungen der Bundesrepublik sind neben zahlreichen anderen vor allem folgende zu nennen: (Bausch) a) das Flüchtlingsproblem und der damit verbundene Lastenausgleich; b) die Zerstörung des deutschen Wohnraums und die dadurch bedingte Notwendigkeit, laufend außerordentlich hohe Mittel zur Beseitigung der Wohnungsnot einzusetzen; c) die Kriegsopferversorgung, durch die Deutschland stärker als jedes andere Land belastet ist; d) der Verlust des gesamten deutschen Auslandsvermögens. Es war der einmütige Wille des Ausschusses, daß die Bundesregierung bei den bevorstehenden Verhandlungen alles tut, um die Brücksichtigung dieser Vorwegbelastungen der deutschen Wirtschaftskraft bei der Festsetzung des deutschen Bruttobeitrags zur EVG zu erreichen. IV. Der abzugsfähige Aufwand und die Festsetzung des Nettobeitrags der Bundesrepublik Steht der Bruttobeitrag fest, so wird geprüft, welche von den einzelnen Staaten gemachten Aufwendungen für Verteidigungszwecke am Bruttobeitrag abgezogen werden können. Auch diese Entscheidung ist von ungewöhnlicher Wichtigkeit. Abzugsfähig sind diejenigen Beträge, die einzelne Staaten für eigene militärische Einrichtungen und für militärähnliche, der Verteidigung dienende Zwecke aufwenden, so etwa für außereuropäische Verteidigung, für Polizei, für Militärpensionen oder für Verteidigungsministerien. Frankreich ist z. B. berechtigt, auch die Kosten der auswärtigen Kriege, also des Indochinakrieges, abzuziehen. Von dem Bruttoaufwand Frankreichs für Verteidigung mit ca. 14 Mrd. DM kommen voraussichtlich bis zu 6 Mrd. DM als abzugsfähig in Betracht. Im Hinblick darauf, daß Deutschland bisher über keine irgendwie gearteten Verteidigungsorgane verfügte und auch keine auswärtigen Kriege führt, hat Deutschland nur eine beschränkte Möglichkeit, Abzüge anzumelden. Um so wichtiger ist es, daß Deutschland alle diejenigen Aufwendungen zum Abzug anmeldet, die es bisher für seine Sicherheit aufgewendet hat. Abgesehen von den sogenannten Stationierungskosten, die im Vertrag besonders behandelt werden und über deren Anrechnungsfähigkeit völlige Klarheit besteht, kommen zur Anrechnung insbesondere in Betracht: 1. Aufwendungen für die innere Sicherheit mit rund 750 Mio DM. 2. Der Aufwand für Berlin. Der gesamte direkte und indirekte Aufwand der Bundesrepublik für Berlin beläuft sich zur Zeit auf mehr als 2 Mrd. DM. Wenn auch Zweifel bestehen, ob der indirekte Aufwand, insbesondere für die sogenannte kommerzielle Hilfe für Berlin, als abzugsfähig anerkannt werden wird, so muß doch die Bundesrepublik unabdingbar darauf bestehen, daß der direkte Aufwand aus den öffentlichen Haushalten als echter Beitrag Deutschlands für seine Verteidigung anerkannt wird. 3. Die Aufwendungen Deutschlands für das neu zu schaffende Verteidigungsministerium. 4. Der Aufwand für die Versorgung der berufsmäßigen Angehörigen der ehemaligen deutschen Wehrmacht. 5. Der Aufwand für Belegungs- und Besatzungsschäden, der nicht schon unmittelbar aus dem EVG-Haushalt getragen wird (vgl. unten Ziffer VI). Die Bundesregierung vertritt den Standpunkt, daß diese Aufwendungen von der NATO als abzugsfähige Zwecke anerkannt werden müssen. Sie wird sich nach den von ihr abgegebenen Erklärungen mit allem Nachdruck dafür einsetzen, daß dieses geschieht. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Nettobeitrag Deutschlands zur EVG ab 1. Juli 1953 keinesfalls mehr als 850 Mio DM monatlich betragen kann, daß vielmehr auf der Festsetzung einer Nettoleistung bestanden werden muß, die hinter dem Betrag von 850 Mio DM erheblich zurückbleibt. Der Bundesminister der Finanzen hat erklärt, er sei überzeugt, daß Deutschland den Globalbeitrag zur EVG künftig ohne die Erhebung neuer zusätzlicher Steuern werde aufbringen können. V. Die Voraussichtliche Belastung des Bundeshaushalts im Haushaltsjahr 1952/53 Der EVG-Vertrag tritt erst in Kraft, wenn das letzte beteiligte Parlament den Vertrag ratifiziert haben wird. Dieser Zeitpunkt steht heute noch nicht fest. Es steht deshalb auch nicht fest, wann die Verpflichtung zur laufenden Bezahlung von 850 Mio DM monatlich gemäß Artikel 4 des Finanzvertrages wirksam wird. Eine bestimmte Voraussage über die Gesamtbelastung, die dem Bund im Haushaltsjahr 1952/53 zufallen wird, kann deshalb heute noch nicht gegeben werden. Die mutmaßliche Belastung kann nur an Hand eines hypothetischen Beispiels dargestellt werden: Angenommen, der EVG-Vertrag würde zum 1. Januar 1953 in Kraft treten, so würden sich für den Haushalt 1952/53 folgende Belastungen ergeben: 1. Für Besatzungskosten und Auftragsausgaben für die Zeit vom s 1. April 1952 bis 31. Dezember 1952 nach Maßgabe des Schriftwechsels zwischen der Alliierten Hohen Kommission und dem deutschen Bundeskanzler vom 26. Mai 1952 (vgl. Seite 14 der Anlage 3 zur Drucksache Nr. 3500) monatlich 600 Mio DM, für 9 Monite hiernach 5 400 Mio DM. 2. Ab 1. Januar 1953 bis 31. März 1953 je 850 Mio DM = . . . . 2 550 Mio DM. 3. Hinzu kämen noch (vgl. unten Abschnitt VI) sogenannte nicht anerkannte Besatzungs- und Verteidigungsausgaben für 1952/53 mit 680 Mio DM, und 4. Besatzungskosten in Berlin mit . . . . 170 Mio DM 850 Mio DM Zusammen . . . 8 800 Mio DM. VI. Aufwand für sogenannte nicht anerkannte Verteidigungskosten Die anerkannten Besatzungs- oder Stationierungskosten, soweit solche bis zum 30. Juni 1953 noch entstehen, werden grundsätzlich auf den Nettoverteidigungsbeitrag von 850 Mio DM angerechnet. (Bausch) Die Bundesregierung hat jedoch erklärt, daß es neben diesen von den Drei Mächten anerkannten Besatzungs- oder Stationierungskosten auch noch Aufwendungen zur Abgeltung von nicht anerkannten Besatzungsschäden und nicht anerkannten Auftragsausgaben gibt. Für das Jahr 1952/53 werden sich diese, wie bereits festgestellt, auf 680 Mio DM belaufen. Für das Jahr 1953/54 werden sie sich schätzungsweise auf insgesamt 840 Mio DM belaufen. Sie setzen sich wie folgt zusammen: a) Für die Räumung von Kasernen und die Wiederansiedlung verdrängter Personen in Wohnungen, Gewerberäumen oder auf landwirtschaftlichem Gelände . . . 400 Mio DM. b) Für die Abgeltung von Besatzungsschäden vor allem in der britischen Zone . . . . . . . 300 Mio DM. c) Vergütung von Belegungsschäden, die nach Freigabe von Grundstücken durch die Besatzung entstehen 50 Mio DM. d) Nutzungsvergütungen an die Länder 75 Mio DM. e) Für sonstige nicht anerkannte Besatzungskosten 15 Mio DM. Zusammen . . . 840 Mio DM. Außerdem rechnet die Bundesregierung noch mit folgenden Aufwendungen: a) Für Hilfen in Fällen von stärkerer Truppenkonzentration (z. B. Heidelberg) 25 Mio DM. b) Für die Errichtung von Botschaften und Konsulaten 15 Mio DM. c) Persönlicher und sachlicher Aufwand für die Behörden der Verteidigungsiastenverwaltung . . 50 Mio DM Zusammen . . . 90 Mio DM. Ob sich jedoch diese Aufwendungen endgültig auf den Haushalt des Bundes auswirken werden, wird davon abhängen, ob sie bei den Verhandlungen mit dem Exekutivausschuß der NATO auf den Bruttoverteidigungsbeitrag angerechnet werden. Die Bundesregierung hat erklärt, daß sie alles versuchen werde, um diese Anrechnung zu erreichen. Da es sich bei einem großen Teil dieser Kosten zweifellos um echten Verteidigungsaufwand handelt, steht zu hoffen, daß diese Bemühungen von Erfolg begleitet sind. In diesem Fall würde im Endergebnis eine Belastung des Haushalts der Bundesrepublik mit diesen Kosten nicht entstehen. VII. Der Beitrag der Bundesrepublik zur EVG in der Zeit vom L April 1953 bis 30. Juni 1953 Unterstellt man, daß der EVG-Vertrag am 1. April 1953 in Kraft getreten ist, so wird die Bundesrepublik in der Zeit vom 1. April 1953 bis 30. Juni 1953 den in Artikel 4 Absatz 2 des Finanzvertrags festgesetzten Verteidigungsbeitrag von monatlich durchschnittlich 850 Mio DM zu leisten haben, auf den die Aufwendungen für den Unterhalt der Streitkräfte (Stationierungskosten) nach Maßgabe der Bestimmungen des Artikels 4 Absatz 3 des Finanzvertrages voll anzurechnen sind. VIII. Stationierungskosten ab 1. Juli 1953 Nach Artikel 3 Absatz 5 des Finanzvertrags wird derjenige Teil des Verteidigungsbeitrags der Bundesrepublik, der nach dem 30. Juni 1953 als Beitrag zur Bestreitung der Stationierungskosten verwendet wird, zu gegebener Zeit durch Verhandlungen festgesetzt werden. An diesen Verhandlungen nehmen die Gemeinschaft, also die Organe der EVG, die Bundesrepublik und die nicht der Gemeinschaft angehörenden Mächte, die Streitkräfte im Bundesgebiet unterhalten, also insbesondere England und Amerika, teil. Diese Verhandlungen werden nach Artikel 9 a des Finanzprotokolls, das dem Pariser Vertrag beigegeben ist, von dem Ministerrat der EVG geführt. Die Beschlüsse, die sich aus diesen Verhandlungen ergeben, müssen einstimmig gefaßt werden, also die Zustimmung der Bundesrepublik finden. Hieraus ergibt sich, rein rechtlich gesehen, daß dem Bundeshaushalt ohne die Zustimmung der Bundesrepublik nach dem 1. Juli 1953 kein Aufwand für Stationierungskosten mehr erwachsen kann. Ein solcher Aufwand wäre, wenn er je entstehen würde, nach Artikel 3 des Finanzvertrags in jedem Fall voll anrechnungsfähig. Abgesehen von dieser rechtlichen Lage ist aber von amerikanischer Seite mehrfach erklärt worden, man rechne für die Zeit nach dem 1. Juli 1953 nicht mehr mit einem deutschen Stationierungsbeitrag. Der britische Schatzkanzler hat nach Zeitungsmeldungen die gleiche Auffassung vertreten. Auch auf anzösischer Seite scheint der Wunsch vorhanden zu sein, daß nach dem 1. Juli 1953 von deutscher Seite für Stationierungstruppen nichts mehr aufgewendet wird. Es besteht hiernach begründete Aussicht, daß das Aufhören des Stationierungsbeitrags zum 30. Juni 1953 ohne Schwierigkeiten erreicht werden kann. IX. Der deutsche Beitrag zur EVG ab 1. Juli 1953 Die Höhe des deutschen Beitrags zur EVG ab 1. Juli 1953 hängt, wie bereits festgestellt, von dem Ausgang der Verhandlungen mit dem Exekutivkomitee der NATO ab. Nach den bereits getroffenen Feststellungen besteht begründete Aussicht dafür, daß die Aufwendungen für den deutschen Beitrag zur EVG nach dem 1. Juli 1953 keinesfalls höher sein werden als 850 Mio DM monatlich. X. Belastungen für Post und Bundesbahn, Belastungen durch Einräumung von Steuer- und Zollvorteilen, sowie Belastungen durch Überlassung öffentlichen Eigentums Von der näheren Prüfung etwa entstehender Belastungen für Post und Bundesbahn und von Belastungen, die aus der Einräumung von Steuer-und Zollvorteilen abgeleitet werden könnten, wurde in diesem Bericht abcesehen, da eine der Wahrheit und Wirklichkeit entsprechende Abschätzung der Auswirkung der Verträge auf diesen Gebieten nur dann gefunden werden könnte, wenn in die aufzustellende Rechnung auch die auf dem Gebiet des Verkehrs und des Steuerwesens von dem Vertragsabschluß zu erwartenden, auch nach Auffassung der Regierungsvertreter sehr beträchtlichen Vorteile eingestellt würden. Zudem kann angenommen werden, daß sich zu diesen Fragen noch andere Fachausschüsse äußern werden. (Bausch) Was Belastungen anbelangt, die sich aus der Verpflichtun gder Bundesrepublik ergeben könnten, Eigentum der Bundesrepublik den Schutzmächten unentgeltlich zur Benutzung zu überlassen (Artikel 7 des Deutschlandvertrags), so wird es sich dabei in erster Linie um die Überlassung von Kasernen, Exerzierplätzen und Flugplätzen handeln, deren Nutzungswert nur sehr schwer festzustellen ist. Im übrigen liegt die Überlassung solchen Eigentums an die Westmächte eindeutig im deutschen Interesse. Unter diesen Umständen kann von der Aufstellung einer besonderen Berechnung über die hieraus zu erwartenden Belastungen abgesehen werden. XI. Finanzielle Auswirkungen des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen Der Ausschuß hat weiterhin die Frage untersucht, ob und inwieweit dem Bund für die Zukunft eine finanzielle Belastung aus dem Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen erwachsen wird. Die Regierung hat hierüber eine auf Schätzungen beruhende Erklärung abgegeben. Nach dieser Erklärung können aus der Bereingung der in dem Vertrag angeschnittenen Probleme etwa folgende Kosten erwachsen: 1. Die Gemischten Ausschüsse, die nach dem Ersten Teil Artikel 6 und 7 des Vertrages zu bilden sind, werden voraussichtlich Kosten verursachen in Höhe von 100 000 DM 2. Bei der Durchführung des Zweiten Teils des Vertrages, Dekartellierung und Entflechtung, werden schätzungsweise Kosten entstehen in Höhe von . . . . 100 000 DM 3. Dritter Teil: Innere Rückerstattung Die Haftung der Bundesrepublik für rückerstattungsrechtliche Geldverbindlichkeiten des Reichs nach Artikel 1 des Dritten Teils des Vertrags sind beschränkt auf . . . . . . . 1 500 000 000 DM 4. Vierter Teil: Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung Die voraussichtlich aus der Gesamtfinanzmasse der Bundesrepublik zu bestreitenden Gesamtaufwendungen hierfür werden sich voraussichtlich belaufen auf . . . .. . . . . 4 000 000 000 DM 5. Fünfter Teil: Äußere Restitution Die Aufwendungen für Restitutionsgüter, die nicht zurückgegeben werden konnten, werden schätzungsweise betragen . 7 000 000 DM 6. Achter Teil: Deutsche Auslandsschulden Die Auslandsverbindlichkeiten im Sinne der Artikel l und 2 des Achten Teils des Vertrages belaufen sich auf rund . . . . 15 000 000 000 DM Sie sind z. Z. Gegenstand der Verhandlungen auf der Londoner Schuldenkonferenz. Welcher Teil dieser Verbindlichkeiten nicht von der Bundesrepublik, sondern von anderen Schuldnern zu übernehmen ist, steht heute noch nicht fest. 7. Zehnter Teil: Ausländische Interessen in Deutschland Nach Artikel 6 des Zehnten Teils des Vertrages betreffend Befreiung von Steuern und Abgaben wird sich der Ausfall an Vermögensabgabe infolge der Vergünstigungen der Angehörigen der Vereinten Nationen schätzungsweise belaufen auf . 27 000 000 DM 8. Elfter Teil: Erleichterungen für die Botschaften und Konsulate der Drei Mächte im Bundesgebiet Die Bundesregierung hat es übernommen, die anderweitige Unterbringung der diplomatischen Vertretungen im Bedarfsfall durch Errichtung von Neubauten zu erleichtern. Hierfür werden im Rechnungsjahr 1953 voraussichtlich Aufwendungen erwachsen in Höhe von (siehe Abschnitt VI) 15 000 000 DM Summe . . . 20 549 200 000 DM Inwieweit, nach welchen Grundsätzen und in welchen Zeiträumen Zahlungen für diese Zwecke zu leisten sind, wird vor allem bei den Wiedergutmachungen und bei den Auslandsschulden von dem Inhalt der noch zu erlassenden Bundesgesetze abhängen. Bei dem Erlaß dieser Bundesgesetze wird auf die Haushaltslage des Bundes Rücksicht genommen werden müssen. Der Bundestag wird insbesondere in seiner Entscheidung über die Verteilung der Lasten auf eine künftige Zeit fr ei sein. Im übrigen war der Haushaltsausschuß der einmütigen Überzeugung, daß es sich bei dem weitaus größeren Teil dieser Lasten um solche handelt, die aus der Liquidation des Krieges und aus den der Bundesregierung auferlegten moralischen Verpflichtungen der Bundesrepublik gegenüber den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Krieges entstanden sind und insoweit nicht als Folgen der von der Bundesregierung abgeschlossenen Verträge angesehen werden können. XII. Außenhilfe Der Bundesminister der Finanzen hat in der Plenarsitzung des Bundestages vom 9. Juli 1952 folgende Erklärung abgegeben: „Die Vereinigten Staaten haben die Verpflichtung übernommen, das gesamte schwere Material für die Ausrüstung des deutschen Kontingents in derselben Art, in derselben Güte, in derselben Menge, wie es nach den sogenannten NATO-Verträgen für irgend ein Kontingent zu liefern ist, auch dem deutschen Kontingent unentgeltlich zu liefern. Sie haben sich daneben verpflichtet, auch leichtes Material in einem bestimmten Wert und zahlenmäßig genannten Umfang zu liefern." (Bausch) Für die Ausstattung der deutschen Kontingente der EVG mit schwerem und leichtem Material, für das Tempo, in dem diese Ausstattung erfolgt, und für das Ausmaß der finanziellen Belastung, die Deutschland aus der Beteiligung an dem Verteidigungsbeitrag erwächst, ist es naturgemäß von größter Bedeutung, daß diese Zusage gegeben wurde. Bei den Beratungen im Haushaltsausschuß wurde die Frage ausführlich erörtert, von welcher Art und von welchem Gewicht diese Zusage war, ob mit ihrer Einhaltung mit Sicherheit zu rechnen sei und ob die Bundesregierung auch heute noch der überzeugung sei, daß mit der Einhaltung dieses Versprechens gerechnet werden könne. Der Bundesminister der Finanzen und die Vertreter der Bundesregierung haben eindeutig erklärt, es bestünde keinerlei Anlaß, von der Erklärung abzurücken, die im Bundestag abgegeben worden sei.. Die Zusage sei durch den Amerikanischen Hohen Kommissar, Herrn McCloy, selbst gemacht worden. Das Protokoll darüber liege vor. Die letzte Verhandlung über diese Frage sei von dem -Herrn Bundeskanzler am 22. Mai 1952 mit Herrn McCloy geführt worden. Es handele sich um bindende Zusagen für die Lieferung des genannten Gerätes und der Waffen. Im Haushaltsauschuß traten verschiedene Meinungen über die Bewertung dieser von der amerikanischen Regierung abgegebenen Erklärung in Erscheinung. Vertreter der Minderheit bemängelten, daß die Regierung nicht im Besitz von Dokumenten sei, in denen die gegebene Zusage der Regierung der USA schriftlich und bindend bekräftigt sei. Sie wiesen ferner darauf hin, daß das Tempo der Ausrüstung der deutschen Kontingente der EVG bei einer Nichteinhaltung der Lieferungszusage erheblich verlangsamt werde. Vertreter der Bundesregierung erklärten demgegenüber, daß keinerlei Anlaß bestehe, an der Einhaltung der gegebenen Zusage zu zweifeln. XIII. Der Einfluß der deutschen Bundesregierung und des deutschen Parlaments auf die Finanz-und Haushaltsgebarung der EVG Der Haushaltsausschuß hat bei seinen Beratungen eine ganz besondere Sorgfalt der Prüfung der Fragen zugewandt a) ob und inwieweit Deutschland an der Verfügungsgewalt über die von den Vertragspartnern in die EVG eingebrachten Mittel beteiligt ist; b) wie sich das deutsche Haushaltsrecht und die Finanzbestimmungen des EVG-Vertrages zueinander verhalten und wie der Einfluß des Parlaments auf die EVG gesichert sei. Naturgemäß waren die Auffassungen des Haushaltsausschusses in der Beurteilung dieser Fragen nicht einheitlich. Unabhängig davon kann aber auf Grund des materiellen Inhalts des Vertrags festgestellt werden, daß die Verfügungsgewalt Deutschlands über die von den Vertragspartnern der EVG eingebrachten Mittel genau so groß oder genau so gering ist, wie die der anderen Partner. Eine Benachteiligung Deutschlands bei der Festlegung seiner Rechte in bezug auf Entscheidungen über finanzielle Fragen gegenüber den anderen Staaten liegt nirgendwo vor. Die Verfügungsgewalt, so weit Deutschland an ihr beteiligt ist, liegt bei dem Rat mit einem deutschen Mitglied, beim Kommissariat mit seinen deutschen Mitgliedern, bei der Versammlung mit ihren 21 deutschen' Mitgliedern, beim Deutschen . Bundestag, der über die Bewilligung des deutschen EVG-Beitrags zu entscheiden hat. Die wichtigste Instanz beim EVG-Vertrag ist der Ministerrat. Bei ihm liegt die größte Machtfülle. Er ist nach Artikel 39 des Vertrags berufen, die Tätigkeit des Kommissariats und die Politik der Regierungen der Mitgliedstaaten untereinander in Einklang zu bringen. Er kann bindende Richtlinien für die Tätigkeit des Kommissariats erlassen. Für die wichtigsten der Entscheidungen ist im Vertrag die Einstimmigkeit, für andere die 2/3 Mehrheit vorgeschrieben. Der Einfluß Deutschlands auf diejenigen Entscheidungen der EVG, die für Finanzen und Haushalt von Bedeutung sind, kann am zweckmäßigsten durch den besonderen Hinweis auf folgende Vorschriften des Vertrags klargestellt werden: 1. Die Richtlinien für die Tätigkeit des Kommissariats müssen einstimmig beschlossen werden (Artikel 39). 2. Das Kommissariat stellt mit einstimmiger Zustimmung des Rats die Pläne für die Organisation der Streitkräfte auf (Artikel 71). 3. Der Finanzkontrolleur ist von dem Kommissariat unabhängig und wird vom Rat einstimmig ernannt (Artikel 84). 4. Der Rat setzt einstimmig die Zahl der Mitglieder des Rechnungsprüfungshofes fest und ernennt mit 2/3 Mehrheit die Mitglieder und die Präsidenten (Artikel 85). 5. Der Rat beschließt einstimmig den gesamten Umfang des Haushalts und den Beitrag jedes Mitgliedstaates (Artikel 87). 6. Der Rat beschließt einstimmig eine Finanzordnung (Artikel 40 des Finanzprotokolls). 7. Der Rat kann anstelle der NATO-Methode einstimmig eine von der NATO-Methode abweichende Methode der Ermittlung der Beiträge der Mitgliedsstaaten beschließen (Artikel 94). Soweit 2/3 Mehrheit gefordert ist, wird das Gewicht der deutschen Stimme noch durch die in Artikel 43 getroffene Regelung gesteigert, nach der die Höhe der Beiträge der Mitgliedstaaten zu werten ist. Im Hinblick auf die . Höhe des deutschen Beitrags wird der deutsche Einfluß durch diese Bestimmung erheblich gesteigert. Es ist hiernach offenkundig, daß in allen denjenigen Fällen, in denen Einstimmigkeit gefordert ist — und dies sind ausnahmslos alle Entscheidungen von grundlegender Bedeutung —, ohne diese Zustimmung des deutschen Vertreters im Rat, also eines Mitglieds der deutschen Bundesregierung, die der Kontrolle des Bundestags unterliegt, nichts beschlossen werden kann. Die Festsetzung des deutschen Globalbeitrags für die EVG ist anerkanntermaßen eine der für die Finanzgebarung der Bundesrepublik folgenschwersten Entscheidungen. Wie weit aber der deutsche Einfluß auf diese Entscheidung geht, kann daraus ersehen werden, daß die Bundesrepublik schon bei der Durchführung des NATO-Verfahrens entscheirung abgegebenen Erklärungen gilt für das NATO-Verfahren ebenfalls das Einstimmigkeitsprinzip. Deutschland kann nicht überstimmt werden. Es dend beteiligt ist. Nach den von der Bundesregiemuß so lange verhandelt werden, bis Deutschland (Bausch) seine Zustimmung gibt. Die Empfehlung der NATO geht sodann an den Ministerrat der EVG, der die Empfehlung der NATO annehmen oder ablehnen kann, und der nach Artikel 87 § 2 a die Höhe des Beitrags jedes Mitgliedstaates einstimmig zu beschließen hat. Nach Artikel 87 § 2 a ist der Beitrag sodann von der Regierung jedes Mitgliedstaates nach den verfassungsmäßigen Vorschriften in den nationalen Haushaltsplan einzustellen. Schließlich liegt es beim Bundestag, eine Entscheidung über die Bewilligung oder Nichtbewilligung dieses Beitrags zu fällen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß das Parlament in seiner Entscheidung über die Höhe des zu bewilligenden Verteidigungsbeitrags frei ist. Nach Artikel 19 des Finanzvertrags ist das gemäß Artikel 9 des Deutschlandvertrags zu errichtende Schiedsgericht für Streitigkeiten, die zwischen der Bundesrepublik und den Drei Mächten wegen der Festsetzung des deutschen Verteidigungsbeitrags entstehen können, nicht zuständig. Ungeachtet dieser von der Bundesregierung geltend gemachten Argumente vertrat die Minderheit des Auschusses den Standpunkt, daß das deutsche Parlament von der Mitbestimmung über den deutschen Beitrag zur EVG weitgehend ausgeschaltet sei. Die Mehrheit des Ausschusses trat den Argumenten der Bundesregierung bei und wies im übrigen darauf hin, daß es sich bei der getroffenen Regelung um eine Übergangslösung handele. Es sei völlig in unsere Hand gegeben, möglichst bald dafür zu sorgen, daß die in Artikel 38 des EVG-Vertrags vorgesehene europäische politische Gemeinschaft begründet und wirksam werde. Ein dann gewähltes europäisches Parlament werde dann im Stande sein, die jetzige Zwischenlösung durch eine befriedigendere und endgültige zu ersetzen. Von seiten der Minderheit wurde jedoch gefordert, daß das Parlament oder eines seiner Organe schon vor Beendigung des NATO-Verfahrens über die Auffassungen der Regierung hinsichtlich der Höhe des Verteidigungsbeitrags, den die Regierung für möglich halte, unterrichtet werden sollte. Dem Parlament müsse auf diesem Weg die Möglichkeit gegeben werden, möglichst frühzeitig Einfluß auf die Entschließungen der Bundesregierung über die Höhe des deutschen Verteidigungsbeitrags zu nehmen. Der Vertreter der Bundesregierung stimmte dieser Auffassung zu. Er erklärte, er halte es durchaus für möglich, ja für selbstverständlich, daß eine solche Beratung zwischen der Bundesregierung und dem zuständigen Parlamentsorgan stattfinde. In Verfolg eines von einem Abgeordneten der Minderheit gestellten Antrags faßte der Haushaltsausschuß zum Abschluß seiner Beratungen einstimmig folgenden Beschluß: „Der Haushaltsausschuß wünscht, daß die Bundesregierung zu den Verträgen die folgende verbindliche Erklärung abgibt: Der deutsche Vertreter im Ministerrat wird vor der endgültigen Beschlußfassung über das Haushaltsvolumen der EVG und die Aufteilung der Beiträge auf die Mitgliedstaaten das zugrunde liegende Zahlenmaterial mit dem zuständigen Ausschuß des Bundestags erörtern." Bonn, den 19. November 1952 Bausch Berichterstatter 2. Bericht des Abgeordneten Schoettle (Minderheitsauffassung) Die Aufgaben des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages bei der Mitberatung der Verträge mußten sich auf folgende Fragenkomplexe beschränken: a) Die Feststellung der unmittelbaren Belastung des Bundeshaushalts, die sich aus den Vertragstexten ergibt; b) die mittelbaren materiellen Auswirkungen der Verträge und der Zusatzverträge im Sinne von zusätzlichen Ausgaben des Bundes und Einnahmeverminderungen; c) die haushaltsrechtlichen Konsequenzen der Verträge. .a) Die Belastung durch den Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft Die Beratungen des Haushaltsausschusses mußten sich naturgemäß zunächst auf diejenigen haushaltsmäßigen Belastungen konzentrieren, die sich aus der beabsichtigten Eingliederung der Bundesrepublik in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ergeben. Hier stand im Vordergrund die Frage nach der Höhe des finanziellen deutschen Verteidigungsbeitrages. Dabei wurde ausgegangen von der Voraussetzung, daß der EVG-Vertrag am 1. April 1953 in Kraft sein werde. Die Bundesregierung hat in den Verhandlungen mit den Vertragspartnern einen monatlichen deutschen Beitrag an die EVG von 850 Mio DM zugestanden. Da die Abmachungen bis zum 30. Juni 1953 befristet sind, wären zunächst als effektiver und bereits feststehender deutscher Beitrag die Leistungen für die nächsten drei Monate des Haushaltsjahres 1953/54 mit 2 550 Mio DM anzusetzen. Nach den Mitteilungen der Regierungsvertreter muß für die Zeit nach dem 30. Juni 1953 erneut über den deutschen Beitrag verhandelt werden. Die Regierungsvertreter sprachen die Hoffnung aus, daß nach diesem Termin ein geringerer deutscher Beitrag ausgehandelt werden könnte. Eine ausreichende und befriedigende Begründung für diese Annahme wurde indessen nicht gegeben. Man muß also damit rechnen, daß es für den Rest des Haushaltsjahres 1953/54 bei dem monatlichen Betrag von 850 Mio DM bleibt. Das würde für die neun Monate bis zum 31. März 1954 die Summe von 7 650 Mio DM ergehen. Insgesamt würde also der Bundeshaushalt 1953/54 zunächst mit einem reinen Verteidigungsbeitrag an die EVG von 10 200 Mio DM belastet. Welche Belastungen die Bundesrepublik in den Jahren nach 1954 in ihrem Haushalt aufzunehmen haben wird, ist selbstverständlich im Augenblick nur andeutungsweise zu ermitteln. Man wird aber nicht fehlgehen, wenn man sie mit mindestens demselben Betrag ansetzt wie für 1953/54, d. h. mit 10.2 Mrd. DM jährlich. Dabei ist zu berücksichtigen, daß schon dieser Betrag das Ergebnis eines Kompromisses zwischen den Unterhändlern der Bundesregierung und den Vertretern der westlichen Mächte war, während die ursprünglich von der Bundesregierung in Aussicht genommene Leistung auf Grund von Schätzungen der deutschen Wirtschaftsentwicklung erheblich unter 10.2 Mrd. DM lag. Die Schätzungen. von denen die Bundesregierung bei ihren ursnrünglichen Vorschlägen ausging, waren, wie sich heute zeigt, optimistisch und sind durch die Entwicklung nicht in vollem Umfang bestätigt worden. Insbesondere ist die Steigerung des deutschen Sozialprodukts nicht in dem (Schoettle) Umfang eingetreten, wie es erwartet wurde. Schon die 10,2 Mrd. DM dürften im Lichte der neueren Entwicklung die Grenze des Tragbaren überschreiten. Die Annahme, daß in den folgenden Jahren die Belastung der Bundesrepublik geringer sein werde, ist in den Tatsachen kaum ausreichend begründet. Es ist zwar nicht zu bestreiten, daß nach den Grundsätzen für die Ermittlung des Beitrages der einzelnen Vertragspartner Maßstäbe erarbeitet worden sind, die auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des einzelnen Partners in Rechnung stellen. Es ist ferner zuzugeben, daß nach dem Wortlaut des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft für die Festsetzung der nationalen Beiträge die Einstimmigkeit des Ministerrats erforderlich ist und daß infolgedessen das deutsche Mitglied des Ministerrats eine verhältnismäßig starke Verhandlungsposition hätte, wenn die übrigen Partner zuungunsten der Bundesrepublik eine Verteilung der Gesamtsumme vornehmen würden. Sicher aber ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen Vertragspartner nicht der einzige Faktor, an dem die Bedürfnisse der EVG bemessen werden könnten. Vielmehr wird aus der Natur der Sache sich sehr schnell ergeben, daß die Tauglichkeit der militärischen Organisationen der EVG und die Einsatzfähigkeit ihrer Kontingente ein bestimmtes Gesamtvolumen des Aufwandes erzwingen. Wenn in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeiten der Außenhilfe hingewiesen wird, so muß dabei der politische Charakter dieser Außenhilfe und ihre Abhängigkeit von den politischen Verhältnissen in dem Lande gesehen werden, das allein für die Außenhilfe in Frage kommt, nämlich den Vereinigten Staaten von Amerika. Während des Wahlkampfes um die Präsidentschaft und nach dem Sieg des republikanischen Kandidaten ist mehrfach und zuletzt in einer sehr verbindlichen Form von republikanischer Seite erklärt worden, daß das Gesamtvolumen des amerikanischen Haushalts gektürzt werden mußte, und daß sich innerhalb des gekürzten Volumens auch eine Verschiebung der einzelnen Zuteilungen notwendig machen werde. Mit anderen Worten heißt das, daß bei einer Kürzung des amerikanischen Haushalts, die zunächst von 80 auf 70 Mrd. Dollar und später auf 60 Mrd. Dollar erfolgen soll, die für überseeische Aufgaben zur Verfügung stehenden amerikanischen Haushaltsmittel gekürzt und vielleicht sogar von der europäischen nach der asiatischen Seite verlagert werden dürften. Der Druck auf die europäischen Staaten und insbesondere auf die Partner der EVG wird von der amerikanischen Seite zweifellos im Sinne einer stärkeren Leistung der europäischen Nationen wirksam werden. In diesem Zusammenhang muß auch die Feststellung gewertet werden, die vor kurzem die MSA (Amt für gegenseitige Sicherheit) getroffen hat, wonach nur zwei europäische Länder im Jahre 1954 in der Lage sein würden, ihre Verteidigungsausgaben wesentlich zu erhöhen, nämlich Belgien und. die Bundesrepublik. Man muß unterstellen, daß die schließliche Festsetzung der nationalen Anteile an den Gesamtkosten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft nicht nur eine rechnerische, sondern auch eine politische Aufgabe ist. Nimmt man dies alles zusammen, dann kommt man bei der Beurteilung der künftigen Belastung des Bundeshaushalts zu einer erheblich pessimistischeren Auffassung als die Vertreter der Bundesregierung im Haushaltsausschuß. Die Höhe dieser Belastung zu schätzen, ist unmöglich. Bei der Abschätzung der quantitativen Belastung des Bundeshaushalts auf Grund des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft über die Zeit bis zum 30. Juni 1953 hinaus sind ferner folgende Überlegungen anzustellen: Der Betrag von 10,2 Mrd. DM für ein Haushaltsjahr, beginnend mit dem 1. April 1953, enthält mindestens für neun Monate einen Unsicherheitsfaktor, weil für diese Periode erst die tatsächlichen deutschen Leistungen ausgehandelt werden müssen. Der Betrag ist aber schon von vornherein nur als Nettobetrag anzusehen, da er ja bekanntlich zustande kam durch die Anrechnung bestimmter anerkannter Verteidigungslasten der Bundesrepublik auf den ursprünglich von den „Drei Weisen" vorgeschlagenen weit höheren deutschen Verteidigungsbeitrag. Nach den Mitteilungen der Regierungsvertreter soll in neuen Verhandlungen die Anrechnung eines erheblich höheren Betrages als bisher geltend gemacht werden. Selbst wenn man annehmen wollte, daß dieser höhere Betrag in vollem Umfang von den Verhandlungspartnern anerkannt wird, muß man im Hinblick auf die bereits früher behandelten Faktoren (Wahrscheinlichkeit einer reduzierten amerikanischen Bereitschaft und Notwendigkeit gesteigerter europäischer Anstrengung für die Einsatzfähigkeit der Kontingente der EVG) eher mit einem höheren als mit einem niedrigeren deutschen Beitrag für die kommenden Jahre rechnen. Eine wichtige Rolle spielten bei der Beratung dieser Fragen die sogenannten Stationierungskosten, die im Rahmen der Abmachungen bis zum 30. Juni 1953 geleistet werden müssen. Aus den Äußerungen der Regierungsvertreter und aus dem Text der Verträge ergibt sich, daß diese Stationierungskosten ein Teil der deutschen Leistungen an die EVG sind, da sie dort als durchlaufender Posten gebucht werden und mit deutscher Amtshilfe von den dazu beauftragten Behörden der Drei Mächte bewirtschaftet werden. Es handelt sich hier nicht um eine zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts über die vereinbarte Gesamtsumme hinaus, vielmehr ist festzustellen, daß Verhandlungen über die Leistung von Stationierungskosten nach dem 30. Juni 1953 stattfinden werden. Dieser Punkt bedeutet einen gewissen Unsicherheitsfaktor, sofern man nicht die Ausführungen der Regierungsvertreter als abschließende Antwort auf die Frage nach der Bedeutung dieses Postens akzeptieren will, daß nämlich nach dem 30. Juni 1953 niemand von Stationierungskosten weiter reden wird. Die Beurteilung dieser Ausführungen ist abhängig vom politischen Standort und von den Erfahrungen in der Zukunft. Andeutungen aus dem Kreis der beteiligten Mächte lassen vermuten, daß man dort mit der Leistung deutscher Beiträge unter dem Titel „Stationierungskosten" auch nach dem 30. Juni 1953 rechnet. Schlußfolgerungen zu a) 1. Für die Zeit bis zum 30. Juni 1953 beträgt die unmittelbare Verpflichtung der Bundesrepublik aus dem EVG-Vertrag 2 550 Mio DM. Für die Zeit nach diesem Termin ist erst. das Ergebnis der Verhandlungen abzuwarten. Wahrscheinlich aber muß der Betrag von 7,65 Mrd. DM bis zum Ende des Haushaltsjahres 1953/54 und ein Jahresbetrag von 10,2 Mrd. DM für die künft4gen Haushaltsjahre veranschlagt werden. (Schoettle) Der Berichterstatter kommt auf Grund der Abwägung der verschiedenen politischen und sachlichen Faktoren zu dem Ergebnis, daß vermutlich der endgültige Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik erheblich über dem jetzt errechneten Jahressoll liegen wird. b) Die mittelbaren materiellen Auswirkungen der Verträge und der Zusatzverträge Zu den im vorstehenden Abschnitt ermittelten und zum Teil bereits jetzt feststehenden deutschen Leistungen aus dem EVG-Vertrag sind nach den Mitteilungen der Regierungsvertreter die nicht anerkannten Besatzungskosten oder die künftig nicht anerkannten Verteidigungskosten hinzuzurechnen. Sie sind für das deutsche Haushaltsjahr 1953/54 auf 840 Mio DM errechnet worden. Diese Summe müßte zunächst den 10,2 Mrd. DM hinzugefügt werden. Im einzelnen gliedern sich diese nicht anerkannten Beträge wie folgt: Für die Räumung von Kasernen und die Wiederansiedlung der verdrängten Personen in Wohnungen, Gewerberaum oder auf landwirtschaftlichem Gelände 400 Mio DM Für die Abgeltung der Besatzungsschäden 300 Mio DM Für die Abgeltung von Belegungsschäden 50 Mio DM Für die Rückerstattung der Nutzungsvergütung an die Länder für ihr von den Schutzmächten beanspruchtes Eigentum 75 Mio DM Und schließlich für sonstige nicht anerkannte Besatzungskosten . . 15 Mio DM Das ergibt zusammen 840 Mio DM Es ist möglich, daß sich in den künftigen Jahren die eine oder andere dieser Position ermäßigt, weil die zu regulierenden Schadensfälle inzwischen abgewickelt sind. Auf der anderen Seite werden über das Haushaltsjahr 1953/54 hinaus noch zahlreiche Belegungsschäden zu regulieren sein. Der Betrag von 50 Mio DM, der in der Aufstellung des Bundesfinanzministeriums eingesetzt wurde, erfaßt nur einen Teil der Schadensfälle. Es handelt sich um rund 60 000 Objekte, die jetzt noch beschlagnahmt sind. Nach den Mitteilungen des Regierungsvertreters wird der Durchschnittsschaden mit 20 000 DM pro Objekt angenommen, was eine Gesamtverpflichtung des Bundes von 1200 Mio DM ergibt. Dieser Betrag wird sich auf verschiedene Haushaltsjahre verteilen, weil das Tempo der Rückgabe dieser Objekte den ganzen Prozeß weit über das Haushaltsjahr 1953/54 hinaus erstrecken wird. Ob die Hoffnung der Bundesregierung berechtigt ist, diese Summe auf den Bruttoverteidigungsbeitrag angerechnet zu bekommen, muß dahingestellt bleiben. Nach den Mitteilungen der Regierungsvertreter sind weiter Ausgaben ins Auge gefaßt für die Beseitigung von unerträglich gewordenen Notständen in Brennpunkten der Besatzungskonzentration, wie z. B. Heidelberg. Für diese Zwecke sind 25 Mio DM geschätzt worden. Hinzu kommen noch die Kosten, die sich aus Artikel 5, Absatz 4, 11. Teil des Überleitungsvertrages ergeben, nämlich Aufwendungen für eine echte Hilfeverpflichtung der Bundesverwaltung bei der Unterbringung von weiteren Konsulaten. Dafür sind 15 Mio DM geschätzt worden. Außerdem ist der personelle und sachliche Aufwand der Behörden der Verteidigungslastenverwaltung mit anzusetzen, wobei je nach der Form, in der diese Verwaltung aufgebaut wird, diese Kosten zwischen 25 und 50 Mio DM für den Bund geschätzt werden. Nach den Mitteilungen des Regierungsvertreters würde eine bundeseigene Verwaltung 50 Mio DM kosten. Nimmt man den niedrigsten Satz, dann ergeben sich aus den oben erwähnten Faktoren 65 Mio DM an weiterem Aufwand. An mittelbaren Belastungen für die Bundesrepublik werden weiterhin diejenigen Ausfälle in Rechnung zu stellen sein, die sich aus Artikel 7 des Generalvertrags ergeben. In diesem Artikel hat die Bundesregierung die Verpflichtung übernommen, öffentliches Eigentum, d. h. Eigentum der Bundesrepublik, bzw. ehemaliges Reichseigentum, das jetzt von der Bundesregierung verwaltet wird, den Schutzmächten unentgeltlich zur Benutzung zu überlassen. Nach den Mitteilungen des Regierungsvertreters ist dafür ein Nutzungswert von 110 Mio DM errechnet, der der Bundesrepublik entgeht. Ob man diesen Betrag für zu hoch oder zu niedrig erachtet, hängt davon ab, wie der Nutzungswert z. B. einer Kaserne ermittelt wird. Der Summe von 110 Mio DM ist ein Zinssatz von 3 v. H. des investierten Kapitals als fiktiver Nutzungswert angesetzt worden. Eine unmittelbare Belastung der Bundesrepublik ergibt sich aus den Steuer- und Zollvorteilen, die den Streitkräften und ihren Mitgliedern in einem Zusatzvertrag zum Generalvertrag eingeräumt worden sind. Schätzungen über die Höhe dieses Ausfalls sind nach den Mitteilungen des Regierungsvertreters schwierig. Zahlen sind darüber nicht mitgeteilt worden. Man könnte bestenfalls von der Erfahrung unter dem bisherigen Besatzungsregime ausgehen, aber möglicherweise werden die dabei geschätzten Summen in einer neuen Situation nicht mehr zutreffen. Es dürfte sich jedoch um einen Ausfall handeln, der mehrere hundert Millionen ausmacht. Eine Möglichkeit weiterer mittelbarer Belastungen ergibt sich zwar nicht unmittelbar für den Bundeshaushalt, aber für die Bundespost und die Bundesbahn aus dem Artikel 12 des Finanzvertrages (Zusatzvertrag zum Generalvertrag). Im Absatz 6 des Artikels 12 wird gesagt: „Die Vergütung für die Inanspruchnahme der Einrichtungen und Leistungen des öffentlichen deutschen Post- und Fernmeldewesens, die den Streitkräften und ihren Mitgliedern gemäß Artikel 42 des Truppenvertrages zur Verfügung gestellt werden, und die Vergütung für die Inanspruchnahme aller Einrichtungen, die . den deutschen Behörden gemäß Absatz (5) jenes Artikels von den Streitkräften zur Verfügung gestellt werden, bemißt sich nach den Tarifen, die gemäß Absatz (1) jenes Artikels festgesetzt sind." Dem Ausschuß ist durch einen Vertreter des Bundespostministeriums erklärt worden, daß die Bundespost — und das gleiche gilt vermutlich auch für die Bundesbahn — damit rechnet, daß bis zum 30. Juni 1953 noch die Tarife gelten, die mit den Besatzungsmächten ausgehandelt worden sind. Diese entsprechen nicht immer den deutschen (Schoettle) Tarifen. Der Ausfall, der sich aus einem Vergleich der normalen und der für die Besatzungsmächte geltenden Tarife ergibt, ließe sich nicht genau ermitteln. Für die Zeit nach dem Ablaufen der jetzt geltenden Tarife sollen neue Tarife vereinbart werden. Der Vertreter der Bundespost vertrat die Auffassung, daß diese dann den deutschen Tarifen angepaßt werden. Eine weitere mögliche Belastung des Bundeshaushalts läßt sich im Augenblick gleichfalls ihrem Umfang nach nicht ermitteln: Die Entschädigungsforderungen, die sich aus dem in Teil 6, Artikel 3 des Überleitungsvertrages ausgesprochenen Verzieht auf das deutsche Auslandsvermögen ergeben könnten. Nach den Aussagen des Regierungsvertreters ist das deutsche Auslandsvermögen außerordentlich verschieden geschätzt worden. Die Schätzungen schwanken zwischen 15 und 20 Mrd. DM. Ein Drittei dieses Vermögens ist enteignet und liquidiert. Ein weiteres Drittel ist enteignet, aber noch vorhanden. Das letzte Drittel ist beschlagnahmt, steht aber noch zur Verfügung. Der endgültige Verlust wird sich nach Meinung des Regierungsvertreters erst ermitteln lassen, wenn die Verträge ratifiziert und die mit den einzelnen Staaten zu führenden Verhandlungen abgeschlossen sind. Im Finanzplan der Bundesregierung ist für die erste Zeit ein Entschädigungsbetrag nicht eingesetzt. Man wird aber damit rechnen müssen, daß Entschädigungsforderungen geltend gemacht werden. Ihre Regelung wird nur auf dem Wege der Gesetzgebung erfolgen können, unterliegt also einer echten politischen Entscheidung. Die Vorstellung, daß es sich zu einem erheblichen Teil um zwangsläufige Folgen des verlorenen Krieges und um dessen Liquidation handelt, ist zweifellos richtig. Ob der Verzicht auf das private deutsche Auslandsvermögen in der im Überleitungsvertrag ausgesprochenen Form unter gleichzeitiger Anerkennung der deutschen Auslandsschulden notwendig und unvermeidlich war, ist Gegenstand politischer Meinungsverschiedenheit. Wenn man aber die These akzeptiert, daß es sich um einen Teil der Liquidation des Krieges handelt, dann muß man diesen Verlust mindestens genau so bewerten wie die Vermögensverluste, deren Entschädigung durch die Lastenausgleichsgesetzgebung der Bundesrepublik reguliert worden sind. Es muß also in absehbarer Zeit eine gesetzliche Regelung erfolgen, die unmittelbare materielle Folgen für den Bundeshaushalt haben wird. Diese Verpflichtungen kann man zwar nicht in vollem Umfang als Folgen der Verträge bezeichnen, zu welchem Teil sie jedoch Folgen des Verzichts sind, ist von der politischen Beurteilung der Verhandlungsergebnisse abhängig, die zu der jetzigen Fassung der Verträge geführt haben. Zu den materiellen Auswirkungen der Verträge gehören auch die voraussichtlichen finanziellen Belastungen der Bundesrepublik aus dem Überleitungsvertrag. Die Regierungsvertreter haben diese Belastungen in einer Übersicht zusammengestellt, die zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichtes allerdings nicht vollständig war. Mit dieser letzteren Einschränkung sind die Gesamtbelastungen aus diesem Zusatzvertrag zum Generalvertrag auf 20 549 200 000 DM geschätzt. Im einzelnen ergeben sich folgende Positionen: Aus Artikel 6 und 7 (Gemischter Ausschuß und Gemischter beratender Gnadenausschuß) für 1953 100 000 DM Aus Teil 2, Artikel 6 (Entflechtung der IG -FarbenIndustrie AG, Kosten für den Prüfungsausschuß und den Gemischten Ausschuß) 100 000 DM Aus Teil 3 (Innere Rückerstattung) . . . . 1,5 Mrd. DM Aus Teil 4 (Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung) voraussichtlich 4 Mrd. DM Aus Teil 5 Restitution Artikel 4 (Restitutionsgüter) schätzungsweise . . . . . . . 7 Mio DM Die Belastung aus Teil 6 (Reparationen) kann in ihrer Höhe erst nach der gesetzlichen Regelung übersehen werden. Sie hängt von der Feststellung der Vermögensverluste und von den Verhandlungen mit fremden Staaten ab, die im Gang sind. Die Summe bleibt also offen. Eine Entschädigungspflicht der Bundesrepublik besteht auch nach dem Gesetz über den Lasten ausgleich (es handelt sich um Entschädigung für Demontage-, Restitutions- und Liquidationsgeschädigte). Aus Teil 8 Ansprüche gegen Deutschland Artikel 1 und 2 (deutsche Auslandsschulden) Die Auslandsverbindlichkeiten betragen rund . . . . . . . . 15 Mrd. DM. Über die Regelung dieser Verbindlichkeiten wird zur Zeit auf der Londoner Schuldenkonferenz verhandelt. Welche Belastungen sich für den Bundeshaushalt hieraus ergeben, wird sich erst übersehen lassen, wenn diese Konferenz abgeschlossen ist und die Abmachungen über die Verzinsung und Tilgung vorliegen und bekannt ist, welcher Teil nicht von der Bundesrepublik, sondern von anderen Schuldnern zu übernehmen ist. Aus Teil 1 0 Auslandsinteressen in Deutschland ergeben sich folgende Belastungen: Artikel 6 Befreiung von Steuern und Abgaben, Ausfall an Vermögensabgaben infolge Vergünstigung für die Angehörigen der Vereinten Nationen insgesamt 27 Mio DM. Dazu kommen die bereits erwähnten 15 Mio DM aus der Verpflichtung der Bundesregierung, für die anderweitige Unterbringung der diplomatischen Vertretungen, im Bedarfsfall durch Errichtung von Neubauten zu sorgen. Dies ergibt den bereits er- wähnten Gesamtbetrag von . 20 549 200 000 DM. Es wird unterstellt, daß dieser Betrag über einen längeren Zeitraum auf den Bundeshaushalt verteilt werden muß, insbesondere, soweit die Belastungen aus Teil 3, 4 und 8 von insgesamt 20,5 Mrd. DM in Betracht kommen. (Schoettle) Schlußfolgerungen zu b) Für den Bundeshaushalt 1953/54 ergeben sich über den reinen deutschen Beitrag an die EVG von 10 200 Mio DM hinaus folgende zusätzliche Belastungen: Nichtanerkannte Verteidigungskosten 840 Mio DM Besatzungskosten u. Auftragslasten (Berlin) . . . . 160 Mio DM Verteidigungslastenverwaltung (Min- destansatz) . . . 25 Mio DM Beseitigung von Notständen . . . 25 Mio DM Kosten aus Teil 11, Artikel 5 (4) Überleitungsvertrag . . 15 Mio DM 1 065 Mio DM Haushaltsbelastung insgesamt . . 11 265 Mio DM In künftigen Haushaltsjahren wären je nach den politischen Gegebenheiten, der Haushaltslage und den eingegangenen Verpflichtungen Jahreszahlungen aus folgenden Beträgen einzusetzen: Aus 1953/54 noch nicht geregelte Belegungsschäden . . . . . 1 150 Mio DM Innere Rückerstattung (Teil 3) Überleitungsvertrag 1 500 Mio DM Entschädigung für Opfer der NS- Verfolgung (Teil 4) 4 000 Mio DM Restitutionen (Teil 5), Artikel 4 7 Mio DM Auslandsschuldenregelung . . 15 000 Mio DM 21 000 Mio DM Ferner muß in Rechnung gestellt werden die Einnahmenminderung, die sich aus der kostenlosen Überlassung von öffentlichem Eigentum an die Schutzmächte ergibt, geschätzt auf 110 Mio DM, sowie die Einnahmeminderung, die sich aus den den Streitkräften und ihren Mitgliedern eingeräumten Steuer- und Zollvorteilen ergibt. Genaue Zahlenangaben waren nicht zu erhalten. Eine minimale Schätzung auf Grund bisheriger Erfahrungen läßt einen Einnahmeverlust von 200 bis 300 Mio DM voraussehen. Man wird also nicht fehlgehen, wenn man für die Einnahmenminderung insgesamt einen Betrag von 350 bis 450 Mio DM schätzt. Dazu kommen noch Verpflichtungen aus dem Überleitungsvertrag, Teil 6, deren Höhe nicht zu bestimmen war. c) Die haushaltsrechtlichen Konsequenzen der Verträge Der Haushaltsausschuß hatte neben den materiellen Auswirkungen der Verträge vor allem auch die haushaltsrechtlichen Folgen zu prüfen. Im Vordergrund mußte dabei die Frage stehen, inwieweit die von der Bundesregierung abgeschlossenen internationalen Abmachungen das Haushaltsrecht und die Haushaltskontrolle der nationalen Parlamente beschränken oder aufheben. Im Generalvertrag und seinen Zusatzverträgen kann davon ausgegangen werden, daß das Haushaltsrecht des Bundestages insofern berührt wird, als Lasten entstehen, die 1. in ihrem Umfang vom Bundestag nach Abschluß der Verträge nicht mehr beeinflußt werden können, und die 2. eine fortdauernde Verpflichtung der Bundesrepublik darstellen. Die Haushaltsgesetzgebung kann hier allerdings die Belastung des einzelnen Haushaltsjahres in bestimmten Grenzen beeinflussen. Einschneidender, wenn auch im Umfang jetzt noch nicht zu übersehen, könnten die Zuständigkeiten des Schiedsgerichts nach Artikel 9 des Generalvertrags sein. Bekanntlich hat dieses Schiedsgericht sehr weitgehende Befugnisse. Es kann nach Artikel 11 Absatz 6 des Generalvertrags in seine Urteile Bestimmungen aufnehmen, die Rechte und Verpflichtungen für alle Personen und Behörden im Bundesgebiet begründen, soweit sie nicht im Widersnruch zum Grundgesetz stehen. Welche Bedeutung diese Befugnisse gegenüber der Haushaltsgesetzgebung des Bundes im ganzen und im einzelnen Fall erlangen können, wird erst durch die Erfahrung zu ermitteln sein. Besorgnisse in diesem Punkt erscheinen berechtigt, wenn man in Betracht zieht, daß das Schiedsgericht zuständig ist in Streitfragen, die sich aus dem Vertrag über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland, aus dem Finanzvertrag und aus dem Überleitungsvertrag ergeben. Eine entscheidende Beschränkung des Haushaltsrechts des Bundestages ist jedoch im Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft zu erblicken, insbesondere im Titel 4 über die finanziellen Bestimmungen, Artikel 83 bis 100., Das Haushaltsrecht der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft selbst war nur beiläufig Gegenstand der Beratungen im Haushaltsausschuß. Es ist, wie aus den Beratungen hervorging, weitgehend unter dem Einfluß der deutschen Sachverständigen geformt worden. Der entscheidende Mangel des Vertrages vom haushaltsrechtlichen Gesichtspunkt aus gesehen, ist das Fehlen einer echten parlamentarischen Kontrolle. Die Befugnisse der Versammlunrg hinsichtlich der Mitwirkung bei der Gestaltung und Verabschiedung des Haushaltsplanes der Gemeinschaft sind vollkommen unzureichend. Sie kann Änderungen in Form von Streichungen, Herabsetzungen, Erhöhungen oder neuen Einnahmen oder Ausgaben vorschlagen. Sie ist in ihren Vorschlägen nach oben durch den Entwurf des Rates beschränkt. Sie kann außerdem die Ablehnung des Haushaltsplanes zwar mit 2/3 der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit der Mitglieder der Versammlung vorschlagen, sie hat aber nicht die letzte Entscheidung. Diese liegt vielmehr beim Ministerrat, der ihre Vorschläge mit 2/3 Mehrheit billigen muß, wenn sie als angenommen gelten sollen. Die Einlassung, daß eine künftige aus allgemeinen europäischen Wahlen hervorgegangene echte parlamentarische Körperschaft größere Befugnisse haben werde, ist ein Wechsel auf eine sehr ungewisse Zukunft. Die Minderheit des Ausschusses sieht sich nicht in der Lage, den Optimismus der Mehrheit zu teilen, daß aus den Beratungen der ohne gesetzliche Grundlage tagenden ad hoc Versammlung in einer übersehbaren Zeit ein Entwurf für eine europäische Verfassung hervorgehen werde, der bald an die Stelle der jetzigen Teillösungen eine echte europäische politische Körperschaft setzen wird. (Schoettle) Solange dies aber nicht der Fall ist, bleibt der unbefriedigende Zustand, wie ihn die finanziellen Bestimmungen des EVG-Vertrages vorsehen, bestehen. Das Schwergewicht der finanziellen Entscheidung liegt in diesem Provisorium beim Ministerrat. Es ist darauf hingewiesen worden, daß der jetzige Vertreter im Ministerrat gerade bei den finanziellen Entscheidungen eine außerordentlich bedeutungsvolle Position habe. Unter den gegenwärtigen Umständen muß damit gerechnet werden, daß die Höhe der deutschen Verpflichtungen nach dem 30. Juni 1953 in Verhandlungen mit den Vertragspartnern und unter dem Einfluß der NATO ausgehandelt werden wird. Das wird sich in jedem Haushaltsjahr der kommenden Zeit wiederholen. Der Bundestag wird stets vor die Entscheidung gestellt sein, den ausgehandelten deutschen Beitrag zur EVG zu akzeptieren oder abzulehnen. Es ist von allen Seiten im Haushaltsausschuß festgestellt worden, daß in den künftigen Haushaltsplänen dieser deutsche Beitrag an die EVG nur in einer einzigen Globalsumme erscheinen wird, der dann Erläuterungen beigefügt sein werden. Bei dem Umfang des zu erwartenden deutschen Verteidigungsbeitrages, der mindestens 40 % des gesam ten Haushaltsvolumens der Bundesrepublik ausmachen wird, ist die Frage entscheidend, ob das Parlament im Vorstadium bereits in der Lage ist, einen. direkten Einfluß auf die Höhe der deutschen Verpflichtungen auszuüben. Selbst wenn man davon ausgeht, daß der deutsche Vertreter im Ministerrat mit allen Unterlagen ausgestattet ist, die die deutsche Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft der Partner dartun, muß damit gerechnet werden, daß er in seiner Entscheidung im Ministerrat nicht ausschließlich unter dem Einfluß der nationalen Faktoren steht, sondern daß auf ihn außerdem die verschiedenartigsten politischen Einwirkungen ausgeübt werden. Ist eine Entscheidung einmal getroffen, und ist diese Entscheidung auch vom Bundeskabinett gebilligt, dann steht der Bundestag vor einer vollendeten Tatsache, die er nur um den Preis von politischen Komplikationen (Desavouierung des deutschen Vertreters der Regierung und der damit verbundenen politischen Krisen) zu ändern versuchen könnte. Diese Überlegung führt zu dem Schluß, daß das Haushaltsrecht des Bundestages in erheblichem Umfang durch die Verpflichtungen des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft beschränkt wird und daß dieser Beschränkung kein gleichwertiger Ersatz auf der übernationalen Ebene gegenübersteht. Der Haushaltsausschuß hat deshalb einstimmig den Beschluß gefaßt, an den Herrn Bundesminister der Finanzen und damit an die Bundesregierung den folgenden Wunsch heranzutragen: „Der deutsche Vertreter im Ministerrat wird vor der endgültigen Beschlußfassung über das Haushaltsvol men der EVG und die Aufteilung der Beiträge auf die Mitgliedstaaten das zugrunde liegende Zahlenmaterial mit dem zuständigen Ausschuß des Bundestages erörtern." Schlußfolgerung aus der dem Ausschuß gestellten Aufgabe Die von der Bundesrepublik nach dem EVG-Vertrag zu übernehmende unmittelbare finanzielle Last muß im Zusammenhang mit den Gesamtbelastungen gesehen werden, die sich aus den Verträgen, aus den Kriegsfolgelasten im allgemeinen und aus den sozialen Verpflichtungen des öffentlichen Haushalts ergeben. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kommt man zu dem Schluß, daß die der Bundesrepublik zugemutete Verteidigungslast, unabhängig von ihrer politischen Bedeutung, die vom Ausschuß nicht zu untersuchen war, vom Bundeshaushalt nur getragen werden kann, wenn andere wichtige Aufgaben vernachlässigt werden. Der Zwang, entweder andere Leistungen des Bundeshaushalts zu drosseln oder eine Erhöhung der Einnahmen zu erreichen, wird infolge der Ungeklärtheit vieler mit der Finanzierung der geplanten militärischen Organisation zusammenhängenden Fragen in den kommenden Jahren immer stärker werden. Hinzu treten die haushaltsrechtlichen Bedenken. Weder die Mitteilungen der Regierungsvertreter noch die eingehende Diskussion im Ausschuß über die Möglichkeiten einer echten parlamentarischen Mitwirkung bei der Festsetzung und Verwendung des Verteidigungsbeitrags haben die Befürchtung zerstreuen können, daß die in den Verträgen vorgesehenen Regelungen auf einen Abbau der parlamentarischen Kontrolle auf weiten Gebieten des öffentlichen Haushalts hinauslaufen. Bonn, den 19. November 1952 Schoettle Berichterstatter 5. Die Vertragswerke im Hinblick auf Truppenstationierung und Verteidigung Deutschlands Berichte des. Ausschusses zur Mitberatung des EVG-Vertrages und der damit zusammenhängenden Abmachungen (50. Ausschuß) a) Berichterstatter des federführenden Ausschusses: Abgeordneter Strauß Bericht über die politischen und militärischen Bestimmungen des EVG-Vertrages und ihre Auswirkungen Berichterstatter Abgeordneter Str a u ß A. Allgemeine politische Einführung. Mit der Beratung des EVG-Vertrages ist dem Bundestag zum ersten Mal in seiner Tätigkeit eine neuartige Aufgabe, nämlich die Prüfung eines militärischem Vertrages gestellt worden. Es ist daher nötig, in Kürze auf die politische Vorgeschichte einzugehen. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges war Deutschland durch die totale Kapitulation und die völlige Entwaffnung und Abrüstung, die zu einem festen Bestandteil der gemeinsamen Politik der Sieger gegenüber Deutschland geworden waren und auch im Besatzungsrecht festgelegt wurden, ein militärisches Vakuum und nicht mehr als ein Objekt der Politik der Weltmächte. Die Änderung der politischen Weltlage in den Jahren nach 1945 hat jedoch die westlichen Besatzungsmächte einerseits dazu veranlaßt, sich mit dem Gedanken zu befassen, Deutschland an der Verteidigung der freien Welt zu beteiligen. Andererseits mußte die deutsche Regierung trotz der Einschränkung ihrer Handlungsfreiheit und Verantwortung die Frage der deutschen Sicherheit angesichts der gegebenen Weltlage, insbesondere nach dem Ausbruch und der Entwicklung des Korea-Konflikts in ernsthafter Weise prüfen. Diese Erwägungen fanden ihren ersten Niederschlag in der Note des Bundeskanzlers vom 24. August 1950 an die drei Hohen Kommissare, und nahmen mit der Außenministerkonferenz in New York im Herbst 1950 und den daraufhin ergehenden Beschlüssen feste Formen an. Es setzten daraufhin Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik und den drei westlichen Besatzungsmächten ein, die allerdings auf die theoretische Prüfung der militärisch-technischen Möglichkeiten eines deutschen Verteidigungsbeitrages beschränkt waren. Als Folge der Washingtoner Beschlüsse, aber unabhängig von ihnen, legte dann der damalige französische Ministerpräsident Pleven im Oktober 1950 einen Plan als französischen Vorschlag zur Lösung der Frage der Einbeziehung Deutschlands in die europäische Verteidigung vor. Dieser Plan sah die Einbeziehung Deutschlands vor, aber nur in der Form, daß die von Deutschland zu stellenden militärischen Verbände im einzelnen nicht über die Stärke eines Bataillons bzw. einer Brigade hinausgehen sollten. D. h., die Integration der deutschen Verbände sollte nach dieser Vorstellung schon bei einer so kleinen Einheit erfolgen, daß dies weder politisch noch militärisch tragbar erschien, weil damit die grundsätzliche deutsche Forderung auf Gleichberechtigung unberücksichtigt geblieben wäre. Trotzdem entschloß sich die Bundesregierung, der Einladung der französischen Regierung zu Verhandlungen über die Schaffung einer europäischen Armee nach Paris zu folgen, und zwar aus der grundsätzlichen Überlegung, daß eine wirksame deutsche Verteidigung ohne eine eigene Beteiligung nicht möglich sei. Sie trat in die Verhandlungen ein mit dem Ziel, einen effektiven Schutz der Bundesrepublik bereits an den Grenzen gegenüber jedem potentiellen Angreifer zu erreichen, durch den deutschen Beitrag zu dem kollektiven Sicherheitssystem des Westens die Sicherheit Deutschlands zu erhöhen, die gesamten Verteidigungskräfte des Westens zu stärken und damit die Kriegsgefahr zu vermindern. Als politischer Grundsatz galt, diese Verhandlungen so zu führen, daß bei der deutschen Beteiligung die Gleichberechtigung Deutschlands in allen Fragen durchgesetzt werden sollte. Die oben erwähnten Besprechungen, die ausdrücklich auf rein militärisch-technische Fragen beschränkt waren und nicht den Abschluß eines Abkommens zum Ziel hatten, liefen im Sommer 1951 aus, während die Verhandlungen in Paris, die im Februar 1951 begonnen hatten, von Anfang an den Abschluß eines Vertrages zum Ziel hatten. Als Folge der hier geschilderten Entwicklung und als Ergebnis der Pariser Verhandlungen hat die Bundesregierung mit den anderen Vertragspartnern (Belgien, Frankreich, Holland, Italien, Luxemburg) am 27. Mai 1952 den hier vorliegenden Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft in Paris unterzeichnet. Die erste Lesung des Ratifizierungsgesetzes fand am 9. und 10. Juli 1952 im Deutschen Bundestag statt. Das Vertragswerk wurde zur Sonderberatung dem damals neu gegründeten Ausschuß zur Mitberatung des EVG-Vertrages und der damit zusammenhängenden Abmachungen überwiesen. Dieser Ausschuß hat sich am 19. Juli 1952 konstituiert und hat sein Aufgabengebiet dahingehend umschrieben, daß er sich vor allem mit der militärpolitischen und militärtechnischen Seite des Vertragswerkes und der damit zusammenhängenden Abmachungen beschäftigen sollte. (Strauß) Der Ausschuß hat das ihm gestellte Thema in acht Stoffgebiete gegliedert: Referat 1: Politische Fragen, Struktur, Verfassung, allgemeine Bestimmungen; Referat 2: Allgemeine militärische Bestimmungen und Organisation; Referat 3: Besondere militärische Bestimmungen (Personalwesen, inneres Gefüge, Ausbildung, Sprachen, Besoldung und Versorgung); Referat 4: Finanzielle Bestimmungen und Haushalt; Referat 5: Wirtschaft, Rüstung, Produktion, Transfer und Außenhandelsfragen; Referat 6: Beziehungen zur NATO und zum Vereinigten Königreich; Referat 7: Rechtsstellung der Streitkräfte und Zoll- und Steuerwesen, Vergleich des Truppenvertrages des Generalvertrages mit dem Truppenvertrag der NATO-Organisation; Referat 8: Militärrecht. In diesem Berichtsteil werden die Themen der Referate 1, 2, 3 und 6 behandelt. Das Vertragswerk ist ein regionaler Verteidigungspakt im Geiste der Satzungen der VN. Ihm liegt das politische Ziel zugrunde, die Sicherheit der freien Völker Europas zu erhöhen und jeden potentiellen Angreifer abzuschrecken, gleichzeitig aber auch, die politische Föderation der Vertragspartner vorzubereiten. Diese Absicht läßt sich sowohl aus dem Namen „Europäische Verteidigungsgemeinschaft" wie aus dem Text der Präambel ableiten. Es muß in diesem Zusammenhang ausdrücklich hervorgehoben werden, daß für Deutschland der Eintritt in dieses Vertragssystem ein besonderes Problem mit sich bringt, weil ein Teil des deutschen Volkes gegen seinen Willen in ein anderes Machtsystem einbezogen und damit der politischen Selbstentscheidung beraubt ist. Die Föderation der europäischen Völker kann sich angesichts der Schwierigkeiten der sich dabei ergebenden Probleme und nach den gemachten Erfahrungen nur schrittweise vollziehen. Der Anfang dieser Entwicklung ist mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gemacht worden. Diese Entwicklung wird fortgesetzt mit dem Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Es steht zu erwarten, daß auf einer Reihe von anderen Gebieten weitere Integrationsmaßnahmen folgen. In diesem Zusammenhang bleibt die Frage unberücksichtigt, inwieweit der Begriff der europäischen Gemeinschaft, der zunächst nur die Länder Deutschland, Belgien, Frankreich, Holland, Italien und Luxemburg umfaßt, auf andere Länder ausgedehnt werden kann und ausgedehnt werden soll und welche anderen Formen des europäischen Zusammenschlusses möglich sind: Offensichtlich ist schon bei der Ausarbeitung der beiden Verträge Wert darauf gelegt worden, Organe zu schaffen, die entweder identisch sind oder analoge Funktionen ausüben, um damit der später beabsichtigten Schaffung einer gemeinsamen politischen Autorität vorzuarbeiten. B. Organe der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft Die Versammlung (Montan-Parlament bzw. EVG-Parlament) ist für beide Vertragswerke die gleiche, allerdings mit der Ergänzung, daß für die Entscheidungen der Verteidigungsgemeinschaft die Zahl der Sitze für die Bundesrepublik, Frankreich und Italien um je drei erhöht wird. Es wurde festgestellt, daß die Zuständigkeiten des EVG-Parlaments eng begrenzt sind. Es hat bei einer Sitzungsperiode im Jahr, die nicht länger als einen Monat dauern soll, die Aufgabe, den Bericht des Kommissariats entgegenzunehmen, zu erörtern und dazu Stellung zu nehmen, sowie Wünsche und Anregungen auszusprechen. Ferner kann in der Versammlung ein Mißtrauensantrag gegen das Kommissariat eingebracht werden, allerdings frühestens ein Jahr nach Beginn der Tätigkeit des Kommissariats. Ein mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder der Versammlung angenommener Mißtrauensantrag hat den geschlossenen Rücktritt des Kommissariats zur Folge. Weiterhin wird der Versammlung der Vorschlag des Rechnungsprüfungshofes über die jedem Organ zu erteilende Entlastung hinsichtlich der Finanzgebarung vom Rat mit einer Stellungnahme übermittelt. Die Entlastung gilt als erteilt, wenn eine gleiche Mehrheit wie oben sie nicht verweigert. Die Versammlung hat auch nur ein stark eingeschränktes Budgetrecht. Sie nimmt spätestens zwei Wochen vor Beginn des Rechnungsjahres zu dem vom Rat gebilligten gemeinsamen Haushaltsplan Stellung, kann Änderungen in Form von Streichungen, Herabsetzung, Erhöhung oder niden Einnahmen und Ausgaben vorschlagen, ohne daß diese Vorschläge allerdings den Gesamtausgabenbetrag des vom Rat aufgestellten Entwurfs erhöhen dürfen. Ebenso wie oben beim Mißtrauensantrag kann die Versammlung mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit der Mitglieder der Versammlung den gesamten Haushaltsplan ablehnen. Eine weitere Einschränkung liegt darin, daß die Haushaltsbeschlüsse der Versammlung nur dann angenommen sind, wenn sie der Rat mit Zweidrittelmehrheit billigt oder wenn der Rat innerhalb einer Frist von zwei Wochen überhaupt nicht angerufen wird. Das Anrufungsrecht liegt beim Kommissariat und bei jedem Mitgliedstaat. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Aufgabe der Versammlung entsprechend den Artikeln 34 Absatz 2 und 46 des Vertrages zu verweisen. Die Regierung hat den geringen Umfang der Rechte dieses Parlaments damit begründet, daß die anderen Vertragspartner einem mittelbaren Parlament, wie es die Versammlung ist, keine weitergehenden Befugnisse einräumen wollten, daß aber nach allgemeiner Übereinstimmung eine Neuregelung der Befugnisse dieses Parlaments im Zusammenhang mit Artikel 38 oder 33 § 2 des Vertrages erfolgen soll. Von, einer Minderheit im Ausschuß wurde als besonderer Nachteil hervorgehoben, daß die Mitglieder des Kommissariats zwar das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen der Versammlung haben, daß aber keine Anwesenheitspflicht besteht, daß es also nicht möglich ist, sie vor die Versammlung zu zitieren. Der Ministerrat entspricht dem Ministerrat der Montan-Union. Er besteht aus je einem Vertreter der sechs Mitgliedstaaten, wobei die Regierungen der einzelnen Mitgliedstaaten in ihrer Entscheidung frei sind, welche Fachminister sie jeweils gemäß der zu treffenden Entscheidung in die Sitzung des EVG-Ministerrates entsenden. Seine allgemeine Aufgabe ist, die Tätigkeit des Kommissariats und die Politik der Regierungen der Mitgliedstaaten aufeinander abzustimmen. Seine Rechte bestehen (Strauß) vor allem in der Mitwirkung beim Zustandekommen der Verordnungen des Kommissariats durch Abgabe von Voten und insbesondere darin, daß er jederzeit durch einstimmigen Beschluß dem Kommissariat Richtlinien für dessen Tätigkeit erteilen kann. Im ganzen gesehen stellt er das föderative Organ der EVG dar. Seine Befugnisse, verglichen mit denen des Ministerrates der MontanUnion, sind wesentlich umfassender. Durch diese erweiterten Befugnisse soll verhindert werden, daß die Gemeinschaft eine Entwicklung nimmt, welche die Bedürfnisse sowie die politische und wirtschaftliche Struktur der einzelnen Völker nicht berücksichtigt. Das Kommissariat entspricht seiner Funktion nach etwa der Hohen Behörde der Montan-Union. Es ist das Exekutivorgan der Gemeinschaft und hat nach Maßgabe des Vertrags Handlungs- und Aufsichtsbefugnisse. Es besteht zunächst aus neun Mitgliedern, von denen, ohne daß es im Vertragstext ausdrücklich angeführt ist, die Bundesrepublik, Frankreich und Italien je zwei, Belgien, Holland und Luxemburg je ein Mitglied stellen werden. Offen bleibt noch die Frage, wie nach einer allgemeinen Organisationsordnung die Aufgabengebiete zwischen den einzelnen Kommissaren verteilt werden. Das Kommissariat erläßt die allgemeine Organisationsordnung selbst; sie wird vom Interims-Ausschuß vorbereitet. Das Kommissariat ist seiner Natur nach eine übernationale Behörde; Weisungen der nationalen Regierungen an die einzelnen Kommissare sind nicht statthaft. Der Gerichtshof ist der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, wie Artikel 52 des Vertrages ausdrücklich vorsieht. Einem Organ ist eine besondere Aufgabe zugewiesen, die mit dem engeren Ziele des Vertrages, nämlich der militärischen Sicherheit der beteiligten Staaten, unmittelbar nichts zu tun hat. Gemäß Artikel 38 des Vertrages soll die Versammlung binnen 6 Monaten nach Aufnahme ihrer Tätigkeit folgende Fragen untersuchen: 1. Die Bildung eines EVG-Parlamentes durch demokratische Wahl. 2. Den Umriß der Befugnisse einer solchen Versammlung. 3. Änderungsvorschläge zu dem bestehenden Vertrag, was die übrigen Organe der Gemeinschaft anbetrifft. Die endgültige Organisation der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft soll auf Grund dieser Arbeit der Versammlung zugleich den Bestandteil eines späteren föderierten europäischen Staates darstellen. Dabei soll die Versammlung gleichzeitig die Fragen klären, die sich aus dem Nebeneinander bereits bestehender oder noch zu schaffender Organisationen für europäische Zusammenarbeit ergeben, um eine spätere Zusammenfassung im Rahmen einer föderativen Konstruktion vorzubereiten. Die Versammlung wird also damit über den Rahmen der ihr naturgemäß gestellten militärischen Aufgaben hinaus eine Vorarbeit für eine echte Integration der am Vertrag beteiligten Staaten leisten und damit beitragen, in absehbarer Zeit die Gefahr zu überwinden, die in dem nebeneinander erfolgenden Aufbau europäischer Einzelinstanzen ohne Zweifel liegt. Das Ergebnis dieser Arbeit wird dem Ministerrat zur Stellungnahme vorgelegt und mit dieser den Regierungen der Mitgliedstaaten zugeleitet. Diese haben innerhalb einer Frist von drei Monaten eine Konferenz zur Prüfung der Vorschläge einzuberufen. Das Weitere liegt bei den Regierungen. C. Wesentliche politische Bestimmungen I. Vertragsdauer Der Vertrag gilt 50 Jahre und sieht kein Kündigungsrecht vor. Insbesondere enthält er keine Bestimmungen für den Fall, daß vor Ablauf des Vertrages die Einheit Deutschlands gemäß dem Willen des deutschen Volkes auf demokratischer Grundlage zustande kommt. Dieses Thema ist im EVG-Ausschuß nicht abschließend behandelt, sondern der Berichterstattung des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen überlassen worden. Wenn vor der Errichtung eines europäischen Bundesstaates oder Staatenbundes der Nordatlantikpakt erlöschen sollte oder in der Zusammensetzung der Nordatlantikpakt-Organisationen eine wesentliche Änderung eintreten sollte, so wird der EVG-Vertrag dadurch nur insoweit berührt, als die vertragschließenden Teile gemeinsam über die neue Lage beraten müssen. II. Gleichberechtigung der Bundesrepublik Der EVG-Ausschuß hat es sich ausdrücklich zur Aufgabe gemacht zu prüfen, ob die Gleichberechtigung der Bundesrepublik auf allen von dem Verteidigungsbeitrag berührten Gebieten gesichert ist. In diesem Zusammenhang muß eine der wesentlichsten Bestimmungen des Vertrages hervorgehoben werden, nämlich die sogenannte Nichtdiskriminierungsklausel des Artikels 6, die besagt, daß der Vertrag keinerlei unterschiedliche Behandlung der Mitgliedstaaten zuläßt. Die Vertreter der Bundesregierung haben hierzu ausdrücklich festgestellt, daß die Bundesregierung, um den Wert dieser Generalklausel nicht zu vermindern, bewußt darauf verzichtet habe, in den Einzelbestimmungen, bei denen sie Wert auf die Sicherstellung der Gleichberechtigung gelegt habe, diese noch einmal ausdrücklich festzulegen. Sie hat andererseits die Absicht geäußert, in all den Fällen, in denen sie bei der Anwendung des Vertrages eine Verletzung der Diskriminierungsklausel, sei es grundsätzlicher Art oder sei es im Einzelfall, feststellen würde, den Gerichtshof anzurufen. III. Verhältnis der EVG zur Nordatlantikpakt-Organisation Jede Beurteilung des EVG-Vertrages muß folgerichtig auf die Nordatlantikpakt-Organisation und ihr Beistandssystem eingehen. Die AtlantikpaktOrganisation ist das bereits bestehende große Sicherheitssystem der westlichen Welt und übt infolgedessen und weil es mit der EVG eng verzahnt ist, einen erheblichen Einfluß auf die Gestaltung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft aus. Aus diesem Grunde soll hier zunächst in gedrängter Form auf die Unterschiede in den militärischen Beistandsverpflichtungen beider Vertragssysteme eingegangen und dann geprüft werden, inwieweit sie dem Ziel der Integrierung und des wirksamen Aufbaues einer Verteidigungsmacht gerecht werden können. Die Armee der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft ist eine im vollen Sinne des Wortes (Strauß) integrierte Armee; demgegenüber sind die Verteidigungsstreitkräfte der NATO eine KoalitionsArmee. Im EVG-Vertrag ist eine automatische Auslösung des gemeinsamen militärischen Sicherheitssystems vorgesehen. Die NATO-Staaten sind zum Beistand untereinander verpflichtet, jedoch ist die Form dieses Beistands nicht festgelegt und kann sich in militärischen, politischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Maßnahmen auswirken. Stellt man diese Eigenschaften der beiden Vertragssystem einander gegenüber, dann ist festzustellen, daß di Integrierung bei der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft institutionell festgelegt ist, während sie in der Atlantikpakt-Organisation durch die zunehmende technische Verflechtung effektiv vorhanden ist. Diese beiden Vertragssysteme sind gegenseitige Beistandsverpflichtungen eingegangen. Es gibt allerdings zwischen NATO und EVG keinen selbständigen Vertrag, sondern die Beistandsverpflichtungen sind in drei Protokollen enthalten, die den EVG-Vertrag und den NATO-Vertrag ergänzen und damit Vertragscharakter erhalten. Es handelt sich um zwei korrespondierende Protokolle (nämlich Protokolle über die Beistandsverpflichtungen der Mitgliedstaaten der EVG gegenüber den Teilnehmerstaaten des Nordatlantikpaktes und Zusatzprotokoll zum Nordatlantikpakt über die Beistandsverpflichtungen der Teilnehmerstaaten des Nordatlantikpaktes gegenüber den Mitgliedstaaten der EVG), welche die Verknüpfung der beiden Beistandssysteme herstellen, und um ein Protokoll, in welchem die organisatorischen Beziehungen zwischen den beiden Systemen geregelt sind (Protokoll über die Beziehungen zwischen der EVG und der Organisation des Nordatlantikpaktes). Inhaltlich handelt es sich dabei für die Atlantikpakt-Organisation um die gleiche Beistandsverpflichtung gegenüber der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft im Falle eines Angriffs auf die letztere wie im Falle eines Angriffs auf einen NATO-Staat. In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich hervorzuheben, daß auf diese Weise die Bundesrepublik als einziges Nichtmitglied der Atlantikpakt-Organisation in den Schutzbereich dieser Organisation einbezogen wird. Umgekehrt hat im Falle eines Angriffs auf die NATO oder einen Mitgliedstaat der NATO die EVG die Pflichten eines NATO-Staates, d. h. also die oben geschilderte lockere Beistandsverpflichtung. • Der sichtbare Ausdruck der Verzahnung beider Verteidigungssysteme ergibt sich aus der Bestimmung des Artikels 2 § 2, wonach die Europäische Verteidigungsgemeinschaft sich im Rahmen des NATO-Paktes an der westlichen Verteidigung beteiligt, und aus der Stellung, die dem zuständigen Oberbefehlshaber der NATO-Organisation in Artikel 18 §§ 1 und 2 gegenüber den europäischen Streitkräften eingeräumt ist. Die letztgenannte Bestimmung wird von den Vertretern der Bundesregierung dahingehend interpretiert, daß es sich sowohl rechtlich als auch tatsächlich nicht um eine Befehlsgewalt des NATO-Oberbefehlshabers im Frieden, sondern nur um ein Dispositionsrecht handelt, das außerdem die Befugnisse zu technischen Anweisungen im Rahmen der militärischen Zuständigkeiten enthält. Diese Interpretation, die auch von einer Mehrheit des Ausschusses übernommen wurde, geht auch insbesondere aus der Vertragsbestimmung des Artikels 18 § 2 hervor, die besagt, daß der NATO-Oberbefehlshaber im Kriege die volle Gewalt und Verantwortung habe. Es muß hier verzeichnet werden, daß diese Interpretation jedoch von einer Minderheit innerhalb des Ausschusses nicht angenommen wurde, die der Auffassung ist, daß das Dispositionsrecht des NATO-Oberbefehlshabers im Frieden praktisch bereits ein weitgehendes Unterstellungsverhältnis der EVG-Streitkräfte zur Folge habe. Zur Wahrung der Interessen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und ihrer Mitglieder innerhalb der NATO ist der Gemeinschaft die Möglichkeit eingeräumt, auf wesentliche Entscheidungen der NATO Einfluß zu nehmen. In allen Fragen, welche die gemeinsamen Ziele der beiden Organisationen betreffen, sind gegenseitige Beratungen zwischen dem Rat des NordatlantikPaktes und dem Ministerrat der EVG vorgesehen, und zwar in Form gemeinsamer Sitzungen, die dann stattfinden, wenn einer der beiden Räte sie verlangt. Darüber hinaus hat jeder Teilnehmerstaat der NATO und der EVG das Recht, mit verbindlicher Wirkung gemeinsame Sitzungen zu fordern, wenn er glaubt, also wenn er subjektiv der Auffassung ist, daß die Unverletzlichkeit des Gebietes, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit eines der Mitgliedstaaten oder daß der Bestand oder die Einheit der Organisation des Nordatlantikpaktes oder der EVG bedroht ist. Der Zweck einer solchen Sitzung ist, die Maßnahmen zu prüfen, die erforderlich sind, um dieser Lage zu begegnen. Bindende Beschlüsse können nur einstimmig gefaßt werden. Es ist vorgesehen, daß auf technischem Gebiet beide Organisationen eng zusammenarbeiten, also zweckdienliche Auskünfte einander erteilen und eine ständige enge Verbindung des beiderseitigen Personals sichern. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Einfluß der Nichtdiskriminierungsklausel zu erwähnen. Diese Klausel stellt sicher, daß in den gemäß Artikel 68 § 3, 69 § 3 und 70 § 3 in die Nordatlantik-Führungsstäbe einzugliedernden Teilen der EVG-Stäbe deutsche Offiziere paritätisch vertreten sein müssen. Die Mehrheit des Ausschusses faßt ihre Meinung über die Stellung der Bundesrepublik zur NATO wie folgt zusammen: 1. Der deutsche Einfluß auf militärisch-technischem Gebiet in allen maßgebenden NATO-Gremien ist durch die Verzahnung der EVG mit der Atlantikpakt-Organisation und die Nichtdiskriminierungsklausel sichergestellt. 2. Deutschland hat zwar auf die politischen Entscheidungen im Atlantikpaktrat infolge seiner Nichtmitgliedschaft in der Atlantikpakt-Organisation keinen unmittelbaren Einfluß. Jedoch verfügt die Bundesrepublik in der für Deutschland in erster Linie entscheidenden Frage, welcher Verteidigungsplan in Europa gegenüber einer Aggression festgelegt wird, durch sein Truppenkontingent und durch seine Mitwirkung in beiden Generalstäben über genügend Einfluß, daß die Festlegung des Verteidigungsplans nur im Einvernehmen mit Deutschland erfolgen kann. Rechtlich entscheidet der NATO-Rat im Zusammenwirken mit dem EVG-Rat, d. h. ohne die deutsche Zustimmung kann die EVG nicht gebunden werden. 3. Die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland zu einem späteren Zeitpunkt dem NATO-Pakt beitreten soll, bleibt einer Prüfung der dann bestehenden politischen Verhältnisse und militärischen Notwendigkeiten überlassen. (Strauß) Demgegenüber hat die Minderheit die Befürchtung, daß für die deutschen Interessen wichtige Entscheidungen von den Organen des NATO-Rats auch ohne Abhaltung gemeinsamer Sitzungen mit dem Ministerrat der EVG getroffen werden können. Z. B. können die Bestellung des Oberbefehlshabers der Atlantikpakt-Organisation oder auf finanziellem Gebiet die Erörterung der Methode der Verteilung der Verteidigungslasten innerhalb der Atlantikpakt-Organisation im NATO-Rat ohne Beteiligung des EVG-Rates stattfinden. Es scheint der Minderheit auch nicht ausreichend gesichert, daß die Richtlinien des NATO-Oberbefehlshabers an das Kommissariat z. B. über die Dislozierung der Truppen, von denen der Ministerrat der EVG nur einstimmig abweichen kann, von der Bundesrepublik im notwendigen Umfang beeinflußt werden können. IV. Die gegenseitige Beistandsverpflichtung zwischen EVG und dem Vereinigten Königreich Diese Beistandsverpflichtungen sind enthalten in dem Vertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und den Mitgliedstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Sie sind enger gestaltet als die Beistandsverpflichtungen zwischen EVG und NATO. In diesem Vertrag ist nämlich festgelegt, daß beide Teile automatisch mit allen zu Gebote stehender Mitteln gegenseitige Hilfe zu leisten haben. Dies bedeutet praktisch die gleiche Beistandsverpflichtung wie die der EVG-Staaten untereinander. V. Der Zusammenhang mit dem Artikel 5 des Deutschland-Vertrages (Notstandsklausel) Es ist im Ausschuß die Frage gestellt worden, ob in Anwendung des Artikels 5 des Deutschlandvertrages die Drei Mächte den deutschen Sitz im Ministerrat der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft durch einen Kommissar der Drei Mächte einnehmen können und ob auf diesem Wege auch der Oberbefehl über einen der deutschen Regierung zur Bekämpfung innerer Unruhen zur Verfügung gestellten Teil ihres Kontingents von den Drei Mächten ausgeübt wird. Die Möglichkeit ist von der Bundesregierung ausdrücklich verneint worden. Sie hat bindend erklärt, daß durch die Anwendung der Notstandsklausel keinesfalls deutsche Souveränitätsrechte von anderen Mächten einschließlich der Drei Mächte übernommen werden können. D. Wesentliche militärische Bestimmungen I. Die Integration im Aufbau der Streitkräfte Die Integration beginnt im Aufbau der Streitkräfte beim Armee-Korps. Bis zur sogenannten Grundeinheit einschließlich, die mit der Division gleichzustellen ist, sind die Einheiten nationalhomogen zusammengesetzt. Mit dieser Abgrenzung der Integration soll der Forderung der Präambel Rechnung getragen werden, Menschen und Hilfsquellen im Rahmen einer überstaatlichen europäischen Organisation so zu verschmelzen, wie dies mit den militärischen Erfordernissen vereinbart werden kann. Die für die Zusammenarbeit der Streitkräfte besonders wichtige Sprachenfrage ist durch ein im Militär-Protokoll festgelegtes und nach Meinung des Ausschusses zweckmäßig erscheinendes System genau geregelt. II. EVG-Streitkräfte und nationale Streitkräfte Einige Vertragspartner haben Aufgaben außerhalb des Vertragsgebietes wahrzunehmen, z. B. Verteidigung außereuropäischer Gebiete, zwischenstaatliche Aufgaben in Berlin, in Österreich oder gemäß Entscheidung der VN in Korea. Dieser Tatsache mußte dadurch Rechnung getragen werden, daß diesen Staaten gestattet wurde, für diese Zwecke nationale Streitkräfte, d. h. Streitkräfte, die nur der Souveränität der eigenen Regierung unterstehen, zu unterhalten; außerdem ist jedem Mitgliedstaat gestattet, eine Einheit für den persönlichen Schutz des Staatsoberhauptes zu unterhalten. Für die EVG ergab sich damit die Frage, wieweit durch die Unterhaltung nationaler Streitkräfte die Effektivstärke der EVG berührt und gegebenenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird. Dieser Frage tragen die Artikel 9 und 10 des EVG-Vertrages Rechnung, die festlegen, daß kein Mitgliedstaat andere nationale Streitkräfte unterhalten kann als solche, die für die ausdrücklich genannten Zwecke notwendig sind. Die Effektivkraft der EVG-Streitkräfte darf durch die Unterhaltung nationaler Streitkräfte nicht gefährdet werden, weshalb im Artikel 10 § 5 des Vertrages vorgesehen ist, daß die Gesamtstärke der nationalen Streitkräfte einschließlich ihrer Ersatzeinheiten den durch Regierungsabkommen der Mitgliedstaaten festgelegten Beitrag zu den europäischen Verteidigungsstreitkräften nicht beeinträchtigen darf. Es ist auch keinem Mitgliedstaat, der nationale Streitkräfte unterhält, gestattet, ganze Einheiten zwischen nationalen Streitkräften und EVG-Streitkräften seiner Nationalität auszutauschen. Das Austauschrecht beschränkt sich auf Einzelpersonen mit der Maßgabe, daß daraus sich keine Verringerung der europäischen Streitkräfte ergeben darf. Es besteht auch die Möglichkeit, daß ein Vertragspartner für genau festgelegte Fälle Teile seines EVG-Kontingentes zu einer vorübergehenden nationalen Verwendung anfordert. Die näheren Umstände sind in den Artikeln 12 bis 14 festgelegt. Es unterliegt dabei keinem Zweifel, daß der deutsche Bundesgrenzschutz und die Bereitschaftspolizeien der Länder sinngemäß zu den im Artikel 11 genannten Polizei- und Gendarmeriestreitkräften gehören, deren nationaler Charakter durch diesen Vertrag nicht berührt wird. III. Die Wehrpflicht Das Vertragswerk legt in dem Artikel 15 des EVG-Vertrages und im Artikel 12 des MilitärProtokolls die Wehrpflicht fest. Die Einführung der Wehrpflicht kann nur durch die nationale Gesetzgebung erfolgen. Diese gesetzliche Regelung der Wehrpflicht schließt ein oder berührt die Fragen des Wehrersatzwesens, die Frage der Handhabung und Überwachung der Zurückstellung und sonstiger Ausnahmen und insbesondere auch die Frage der Kriegsdienstverweigerung. Alle diese Dinge berühren selbstverständlich das Verfassungsrecht und sind in diesem Zusammenhang besonders zu prüfen. IV. Rekrutierung Die Rekrutierung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte ist gemäß Artikel 73 Angelegen- (Strauß) heit der Gesetzgebung jedes Mitgliedstaates im Rahmen der im Militär-Protokoll (Artikel 13) festgelegten grundsätzlichen Bestimmungen. Hierbei ist darauf hinzuweisen, daß der Begriff Rekrutierung die gesamte personelle Erfassung für die Verteidigungsstreitkräfte einschließt. Die Rekrutierung bleibt gemäß Artikel 73 § 3 so lange nationale Angelegenheit, bis die Regierungen der Mitgliedstaaten in einem gemeinsamen besonderen Übereinkommen festlegen, daß die Rekrutierung durch die EVG durchgeführt werden soll. Diese besondere Regelung ist getroffen worden, um den unterschiedlichen nationalen Verhältnissen Rechnung zu tragen. V. Dienstzeit Der Vertrag legt in Artikel 72 fest, daß die aktive Dienstzeit in den Europäischen Verteidigungsstreitkräften von gleicher Dauer sein soll. Diese Vereinheitlichung soll durch einstimmige Entscheidung des Rates so schnell wie möglich durchgeführt werden. Der Rat ist bei dieser Entscheidung insofern gebunden, als gemäß Artikel 12 § 2 des Militär-Protokolls die Mindestdauer der aktiven Dienstzeit auf 18 Monate festgesetzt ist. Über diese vertraglichen Bestimmungen hinaus besteht ei; Protokoll zur Unterzeichnung, in dem die Regierungen der Signatar-Staaten sich verpflichten, in besonderen Verhandlungen eine Verständigung über die Dauer der Dienstzeit zu erzielen. Diese Einigung soll dann als Grundlage der gemäß Artikel 12 § 2 des Militär-Protokolls zu fällenden Entscheidung des Ministerrats dienen. Wegen der endgültigen Dauer der Dienstzeit hat der Ausschuß keine abschließende Meinung gebildet. Er hat sich jedoch mit großer Sorgfalt mit den Gründen befaßt, die für die einzelnen Vorschläge in dieser Richtung gegeben wurden. Dabei kam er zu dem Ergebnis, daß eine Dauer der Dienstzeit von 18 Monaten nach dem Urteil der Sachverständigen diejenige Zeit zu sein scheint, die die beiden Gesichtspunkte am besten berücksichtigt, die bei der Beurteilung dieser Frage zu stellen sind, nämlich die militärischen Erfordernisse und die Vermeidung einer unbilligen Belastung der Wehrpflichtigen. VI. Stationierung und Einsatz der Streitkräfte Die Stationierung der Streitkräfte innerhalb des Vertragsgebietes geschieht nach den Bestimmungen des EVG-Vertrages und nach Weisung des Kommissariats entsprechend Artikel 77 im Zusammenhang mit Artikel 18. Jede Stationierung von Truppen außerhalb des Vertragsgebietes, jedoch innerhalb des in Artikel 6 des Nordatlantikpaktes bezeichneten Gebietes, sowie die Anlage von Schulen, Einrichtungen und Ausbildungsstätten der Gemeinschaft innerhalb des gleichen Gebietes oder in Afrika nördlich des Wendekreises des Krebses, bedarf der einstimmigen Zustimmung des Ministerrats, also auch des Vertreters des Staates, dessen Kontingente dort stationiert werden sollen. Eine Stationierung von Streitkräften bzw. Anlage von Schulen usw. außerhalb der oben bezeichneten Gebiete bedarf der einstimmigen Zustimmung des Ministerrats und, wenn es nach den nationalen Verfassungen vorgeschrieben ist, der Zustimmung des nationalen Parlaments. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, daß das deutsche Grundgesetz diese Frage offenläßt. Es war in Übereinstimmung mit den Vertretern der Bundesregierung der Standpunkt der Mehrheit des Ausschusses, daß diese Frage vor der Aufstellung deutscher Kontingente keine Bedeutung hat, aber daß für diesen Fall entweder eine Ergänzung der Verfassung oder eine gesetzliche Regelung wünschenswert und po- litisch notwendig sei. Die Minderheit ist der Auffassung, daß das Grundgesetz die Aufstellung bewaffneter Streitkräfte nicht zuläßt und infolgedessen auch eine Stationierung außerhalb der oben bezeichneten Gebiete ohne formale Änderung des Grundgesetzes nicht statthaft ist. Sie befürchtet, daß die Bundesregierung für die Entscheidung über die Zustimmung zur Stationierung von Streitkräften außerhalb des bezeichneten Gebietes die Zustimmung des Parlaments gegenwärtig verfassungsrechtlich nicht für erforderlich hält. Die Dislozierung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte, d. h. ihre regionale. Aufteilung auf die Mitgliedstaaten bestimmt das Kommissariat im Rahmen der Empfehlungen des zuständigen NATO-Oberbefehlshabers, zu welchen dieser gemäß Artikel 18 § 1 berechtigt ist. Nur mit einstimmiger Genehmigung des Ministerrates kann das Kommissariat von den Empfehlungen des NATO-Oberbefehlshabers abweichen. D. h. praktisch, daß die Bundesrepublik durch ihr Nein im Ministerrat die Ausführung der Empfehlungen des NATO-Oberbefehlshabers durchsetzen kann, wenn ihr diese für die deutsche Lage und die deutschen Notwendigkeiten günstiger erscheinen als ein eventueller Beschluß der Mehrheit oder der übrigen Mitglieder des Ministerrats. Der Einsatz der Truppen im Ernstfall regelt sich nach den Bestimmungen des Artikels 18 § 2 im Zusammenhang mit dem Artikel 123 § 1. Danach wird festgelegt, daß im Ernstfall der NATO-Oberbefehlshaber den Oberbefehl über die EVG-Truppen ausüben wird. Jedoch ist der Zeitpunkt, zu dem er die Kommandogewalt, übernimmt, abhängig, von der einstimmigen Entscheidung des Ministerrats. Seine Befugnisse können vom Ministerrat auf das Maß begrenzt werden, welches notwendig ist, um der Lage zu begegnen. VII. Abgrenzung der Zuständigkeiten für Mobilmachungsmaßnahmen Der Artikel 75 des EVG-Vertrages sieht, unbeschadet der in Artikel 38 vorgesehenen endgültigen Organisation eine Abgrenzung der Zuständigkeiten für die Vorbereitung und die Durchführung der Mobilmachungsmaßnahmen zwischen dem Kommissariat und den einzelnen Mitgliedstaaten vor. Die Vorbereitung der Mobilmachungsmaßnahmen wird dem Kommissariat im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten obliegen, während die Auslösung Angelegenheit des einzelnen Mitgliedstaates ist und die Durchführung wieder teils durch das Kommissariat, teils durch die Mitgliedstaaten erfolgt. Die Gesichtspunkte für die Aufteilung der Zuständigkeiten ergeben sich aus den militärischen Notwendigkeiten einerseits und den nationalen Forderungen der Mitgliedstaaten anderseits. Einzelheiten hinsichtlich der Aufteilung der Zuständigkeiten sind noch nicht festgelegt. VIII. Militärische Zentralorgane des Kommissariats An militärischen Zentralorganen des Kommissariats nennt das Vertragswerk lediglich in Ar- (Strauß) tikel 6 des Militär-Protokolls den Zentralen Generalstab. Es steht heute fest, daß weitere Zentralorgane geschaffen werden, jedoch ist noch nicht geklärt, um welche Einrichtungen es sich dabei handeln wird. Es steht lediglich fest, daß alle Zentralorgane einschließlich des Zentralen Generalstabs die militärische Direktion des Kommissariats bilden werden. Nationale Generalstäbe im Rahmen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft wird es nicht geben. IX. Die militärische Territorialorganisation und der Bevollmächtigte Als ständige Basis für die Europäischen Verteidigungsstreitkräfte ist eine militärische Territorial-Organisation notwendig, die für den Bedarf der Streitkräfte zu sorgen hat und entsprechend der Art der Truppen, für die sie arbeitet, integriert ist. Das Vertragswerk sieht diese Organisation in Artikel 7 des Militär-Protokolls vor. Für die Durchführung von Aufgaben, die in nationaler Zuständigkeit verbleiben, kann sich auch der nationale Verteidigungsminister ihrer bedienen. Sie ist also sowohl den europäischen Organen als auch dem nationalen Verteidigungsminister unterstellt. Während der Zeit der Aufstellung und Umstellung wird in jedem Lande ein bevollmächtigter General des Zentralen Europäischen Generalstabs die oberste Spitze für die Aufstellung der Truppe und die militärische Territorial-Organisation sein, dessen Stellung und Funktion in den Artikeln 6 und 7 des Militär-Protokolls festgelegt sind. Er hat die Nationalität des Landes, in das er abgestellt ist. Im ersten Fall der Auswahl dieses Bevollmächtigten wird die nationale Regierung ihn vorschlagen und die Ernennung wird durch das Kommissariat stattfinden, wobei wahrscheinlich der Ministerrat entsprechend den Vorschriften des Artikels 31 § 3 a einstimmig zustimmen muß. Der Stab der Bevollmächtigten ist entsprechend den Bedürfnissen der Führung, der Ausbildung und der Verbindungen zu den in dem betreffenden Gebiet liegenden Truppen integriert. Bei diesem Bevollmächtigten laufen die je nach den Kompetenzen erteilten Weisungen des Kommissariats und des nationalen Verteidigungsministers zusammen. Die Funktion des Bevollmächtigten endet nach Artikel 10 spätestens innerhalb einer Frist von 18 Monaten, allerdings besteht die Möglichkeit, daß der Ministerrat einstimmig beschließt, diese Organisationsform über die genannte Zeit hinaus beizubehalten. Die endgültige Territorialorganisation muß durch Entscheidung des Kommissariats mit Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit des Ministerrats festgelegt werden. Nach einmütiger Auffassung des Ausschusses sollte .die in Artikel 10 angeführte Organisationsform über die genannte Frist hinaus beibehalten werden. X. Heimatverteidigung Der EVG-Vertrag enthält als einen in dieser Form neuartigen Begriff den Begriff der Heimatverteidigung. Darunter fallen vor allem 1. die aktive Luftverteidigung, 2. die ortsgebundene Küstenverteidigung und 3. der Schutz der militärisch wichtigen Objekte. Die Heimatverteidigung soll nach Artikel 16 von zusätzlichen national geschlossenen Einheiten, die aber europäischen Status haben, ausgeführt werden. Der Umfang und die Einzelabgrenzung der dafür vorzusehenden Einheiten bedarf noch der endgültigen Klärung und Festlegung durch die Vertragspartner. Die Führung dieser national geschlossenen Einheiten muß nach Artikel 18 § 3, soweit sie nicht bereits für einzelne Staaten durch unmittelbares Abkommen mit der NATO geregelt ist, durch eine Vereinbarung zwischen der Nordatlantikpakt-Organisation und der EVG bestimmt werden. XI. Soldatenkategorien Der Vertrag sieht in Artikel 15 § 1 neben den überkommenen Kategorien der Wehrpflichtigen und der Berufssoldaten die Kategorie der langfristig dienenden Freiwilligen vor. Hierunter versteht man diejenigen, die sich über die aktive Dienstzeit hinaus freiwillig zu weiterer zeitlich begrenzter Dienstleistung verpflichten, ohne damit aber Berufssoldaten zu werden. XII. Verleihung der Dienstgrade Der Artikel 31 regelt die Verleihung der Dienstgrade. Dabei sind für die Verleihung der Dienstgrade innerhalb der national geschlossenen Einheiten zwei Möglichkeiten zur Wahl gestellt. Es ist die Meinung des Ausschusses, daß die Bundesrepublik sich für die zweite Möglichkeit, nämlich Verleihung des Dienstgrads auf Vorschlag der vorgesetzten Dienststelle nach Anhörung nationaler Behörden durch das Kommissariat entscheiden sollte. XIII. Ergänzung des Offizier-Korps Die Einzelheiten für die Ergänzung werden entsprechend Artikel 14 § 1 des Militär-Protokolls durch das Kommissariat geregelt. Für die Ergänzung gibt der § 2 des Artikels 14 drei Möglichkeiten an, nämlich: Ergänzung aus Anwärtern, Unteroffizieren und Reserveoffizieren. Für die Ergänzung aus der ersten Gruppe sind drei Voraussetzungen erforderlich, nämlich Freiwilligkeit, Eignung und abgeschlossene aktive Dienstzeit. Damit steht fest, daß das System der Kadettenanstalten nicht wieder aufleben wird, eine Absicht, die der Ausschuß mit Genugtuung verzeichnet hat. Die Tatsache, daß der Offizieranwärter eine vorgeschriebene Eignung besitzen muß, besagt praktisch, daß eben nur die Eignung und nicht andere Bewertungsmaßstäbe, wie z. B. Herkunft oder Vermögen, für die Auswahl des Offizieranwärters entscheidend sein muß. In diesem Zusammenhang hat der Ausschuß auch von der Meinung der Regierungsvertreter Kenntnis genommen, daß für Generalstabsoffiziere keine bevorzugten Beförderungsbestimmungen in Aussicht genommen sind. Für Übernahme von Reserveoffizieren und Unteroffizieren in die aktive Offizierslaufbahn sind gerade für die Aufstellung des deutschen Kontingents Sonderbestimmungen zu erwarten. XIV. Auf bau und Gestaltung der Lehrpläne der Schulen Der Artikel 27 des Militär-Protokolls sieht Lehrgänge verschiedener Art für die Mitglieder der Streitkräfte vor. Die Schulen, auf denen diese Lehrgänge stattfinden, sollen den Bedürfnissen der Gemeinschaft entsprechend so bald wie möglich einheitlich europäisch aufgezogen werden. Für den Umfang und die Lehrpläne sollen zwei Gesichtspunkte maßgebend sein, nämlich Erziehung zu (Strauß) europäischem Denken und einheitliche Grundsätze bei der Vermittlung des militärisch-fachlichen Unterrichtsstoffes. Es ist vorgesehen, daß die innere Struktur dieser Schulen zweckentsprechend vereinheitlicht wird, insbesondere, daß der Lehrbetrieb integriert wird. Einzelheiten stehen bisher noch nicht fest. XV. Ergänzung der militärischenRahmenbestimmungen Wesentliche militärische Bestimmungen des Vertrages (Artikel 68 ff) sind ihrer Natur nach RahmenBestimmungen, die entweder durch das MilitärProtokoll ausgefüllt sind oder noch durch Anordnungen des Kommissariats bzw. des Ministerrats und in bestimmten Fällen durch Regierungsabkommen, die zum Teil ratifizierungsbedürftig sind, ausgefüllt werden müssen. Als Beispiele für das letztere sind zu nennen die Europäische Besoldungsordnung, die Europäische Disziplinar-Ordnung und das Europäische Militär-Strafgesetzbuch. Als Ergebnis seiner Beratungen über die Disziplinarordnung hat der Ausschuß einstimmig folgende Entschließungen gefaßt: 1. Der Ausschuß hält es für wünschenswert, daß ohne Rücksicht auf die Möglichkeiten der Schaffung einer einheitlichen Militär-Disziplinarordnung gemäß Artikel 79 baldmöglichst ein deutscher Entwurf einer Militär-Disziplinarordnung als Modell für die Verhandlungen gemäß Artikel 79 vorliegt. 2. Zwischen der deutschen Ratifizierung und dem Inkrafttreten des Vertrages muß über die beabsichtigte Gestaltung der Militär-Disziplinarordnung durch eine entsprechende Vorlage im Bundestag ebenso Klarheit geschaffen werden wie über die anderen gesetzlichen Bestimmungen, die innerdeutsche Voraussetzung für die Aufstellung des Kontingents sind. In diesem Zusammenhang muß die Vereinbarkeit der Disziplinarordnung mit dem Grundgesetz hinreichend geklärt werden. XVI. Besoldung und Versorgung Die Fragen der Besoldung sind in dem besonderen Protokoll über die Besoldungsgrundlagen des Militär- und Zivilpersonals der Gemeinschaft und über dessen Ruhegehaltsansprüche geregelt. Die Regelung geht von dem Grundsatz aus, daß der Sold nicht nur eine Vergütung für geleistete Dienste sein soll, sondern darüber hinaus in seiner Ausgestaltung auch die staatspolitische Bewertung des Wehrdienstes auszudrücken hat. Bei der Zusammensetzung des Soldes wird von einem einheitlichen Grundsold ausgegangen, zu dem veränderliche Zulagen treten, nämlich Garnisons- oder Stationierungszulagen und Auslandsvergütungen. Dazu kommen Naturalleistungen wie die Ausrüstung, die Verpflegung, ärztliche Betreuung und verschiedene andere Vergünstigungen. Die Behandlung dieses Problems im Ausschuß hat ergeben, daß trotz erheblicher Schwierigkeiten in der Angleichung der augenblicklich sehr unterschiedlich gelagerten Verhältnisse in den verschiedenen Teilnehmerstaaten eine europäische Lösung wohl gefunden werden dürfte. Voraussichtlich wird für eine Übergangszeit zunächst eine nationale Regelung der Besoldung erfolgen müssen, bis die notwendigen Vorarbeiten für die internationale Regelung geleistet sind. Das gleiche gilt für das Versorgungsrecht, das auch im Endziel gem. Artikel 9 der Besoldungsordnung europäisch gestaltet werden soll, aber zunächst noch durch die nationale Gesetzgebung festzulegen ist. XVII. Arbeitsrechtliche Verhältnisse Über die arbeitsrechtlichen Verhältnisse der Wehrdienstpflichtigen sagt der Vertrag nichts aus; sie sind demgemäß durch die nationale Gesetzgebung zu regeln. Dabei sollen folgende Gedanken zugrunde gelegt werden: 1. Die bestehenden arbeitsrechtlichen Verhältnisse erlöschen während der Dienstzeit nicht, aber Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer setzen während dieser Zeit aus. 2. Soweit ein Familienunterhalt in Betracht kommt, ist dieser aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren, und zwar nach einmütiger Auffassung des Ausschusses aus dem Haushalt der EVG. 3. Die Wehrdienstzeit ist auf die berufliche und betriebliche Dienstzeit anzurechnen. 4. Ein Kündigungsrecht von Seiten des Arbeitgebers während der Dienstzeit besteht nicht, die Kündigungsmöglichkeit von Seiten des Arbeitnehmers während der Dienstzeit bleibt jedoch davon unberührt. 5. Kann der Wehrpflichtige nach seiner Entlassung nicht an seinen Arbeitsplatz aus Gründen zurückkehren, die außerhalb des Kündigungsschutzes liegen, so ist ihm bevorzugt ein Arbeitsplatz zu vermitteln. XVIII. Die feierliche Verpflichtung In Artikel 17 des Militär-Protokolls ist festgelegt, in welcher Form der Soldat bei seinem Eintritt in die Armee verpflichtet wird. Es steht fest, daß der Eid nicht angewandt werden soll. An seine Stelle tritt eine feierliche Verpflichtung, bei deren Ausgestaltung die nationalen Bräuche zu berücksichtigen sind. Es ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, daß nach den dem Ausschuß zuteil gewordenen Informationen dieser Verzicht auf den Eid auch der Meinung der beiden großen christlichen Kirchen entspricht. XIX. Das Problem des militärischen Gehorsams Die Vorschriften über die Befehlsgewalt und die Gehorsamspflicht sind in dem Artikel 3 § 1 des EVG-Vertrages, in den Artikeln 16, 18 und 19 des Militär-Protokolls und in dem Protokoll über allgemeine Strafrechtsgrundsätze enthalten. Es sind lediglich Rahmenbestimmungen, die noch auszufüllen sind, und zwar durch die nationale Gesetzgebung; insbesondere wird das in der Allgemeinen Disziplinarordnung und im Militär-Strafgesetzbuch zu geschehen haben. Der Ausschuß konnte sich dementsprechend nur mit diesen Bestimmungen und mit den Vorstellungen befassen, die bei den Sachverständigen der Bundesregierung über die Ausfüllung der Rahmenbestimmungen bestehen. Er hat dabei mit Zustimmung zur Kenntnis genommen, daß nach diesen Vorstellungen durchaus eine Abgrenzung der Gehorsamspflicht von dem sogenannten blinden Gehorsam angestrebt wird. Er stimmt dem Grundgedanken dieser Pläne zu, die in der Wahrung der Würde des Befehlsempfängers im Befehl selbst und in den angestrebten Grenzen der Gehorsamspflicht bestehen. In dem noch zu schaffenden Recht soll nach den Informationen, (Strauß) die dem Ausschuß geliefert wurden, die Befehlsgewalt begrenzt werden, es sollen ein Befehlsverweigerungsrecht gegenüber verbrecherischen Befehlen und Rechtsmittel gegenüber unzulässigen oder unrechtmäßigen Befehlen eingebaut werden. Es ist nicht möglich, in diesem Zusammenhang im einzelnen alle Gesichtspunkte zu schildern, die für die Regelung dieser Frage aufgezeigt worden sind. Der Ausschuß hat sich jedenfalls mit sehr großem Ernst gerade dieses Problems angenommen. Es kann hier aber nicht verschwiegen werden, daß die bitteren Erfahrungen, die Deutschland als Staat und frühere deutsche Soldaten als Einzelpersonen nach dem Ende des letzten Krieges machen mußten, die Fragwürdigkeit einer Regelung aufgezeigt haben, die allen Bedenken gerecht wird. Ohne das Problem ausschöpfen zu können und ohne anzweifeln zu wollen, daß eine befriedigende Lösung auf Grund der erwähnten Rahmenbestimmungen versucht werden muß, ist zu erwähnen, daß im Ausschuß auch Stimmen laut geworden sind, die an einer befriedigenden praktischen Verwirklichung gezweifelt haben. XX. Beschränkung der militärischen Formen auf das dienstlich notwendige Maß Über diese Frage enthält der Vertrag keine bindenden Bestimmungen. Der Ausschuß hat sich jedoch in Anbetracht der psychologischen Auswirkungen dieses Problems auf die breite Öffentlichkeit eingehend damit befaßt. Er hat sich übereinstimmend dahingehend ausgesprochen, daß eine Neuregelung und Abgrenzung des Verhältnisses zwischen Vorgesetzten und Untergebenen in Abweichung von den überkommenen Gebräuchen vorzunehmen ist. Diese Dinge sind, soweit sie nicht in die vorgesehene Europäische Disziplinarordnung aufgenommen werden, im einzelnen in den einschlägigen nationalen Vorschriften zu regeln. In diesem Zusammenhang wird man sich dann auch mit besonderen Wünschen, die im Ausschuß laut geworden sind, zu befassen haben, z. B. mit der Einschränkung der Grußpflicht, der Notwendigkeit einer klaren Trennung zwischen Dienst und Freizeit, der Freizügigkeit in der Handhabung der Zivilerlaubnis und anderen Fragen mehr. XXI. Teilnahme der EVG-Soldaten am politischen Leben Die politischen Rechte der EVG-Soldaten sind nach dem Recht ihres Heimatstaates zu regeln, d. h. also, sie werden in unserem Fall durch die deutsche Gesetzgebung festgelegt. Es können hier nur die Gedanken des Ausschusses dazu bekanntgegeben werden. Der Grundgedanke ist, daß den Soldaten die Teilnahme am politischen Leben nicht verwehrt werden kann und daß Einschränkungen dieses Rechts nur in der Natur des militärischen Dienstes begründet sein dürfen. Es ist allerdings nicht daran gedacht, eine parteipolitische Tätigkeit oder Propaganda innerhalb des Dienstes zu gestatten. Jedoch wird auf jeden Fall das aktive und das passive Wahlrecht verbleiben müssen, wobei im Falle des passiven Wahlrechts die Zugehörigkeit zur Armee entweder ruht oder aufhört. Der Versammlungsbesuch ist dem Soldaten grundsätzlich zu gestatten, allerdings soll er nicht selbst als Sprecher auftreten. Außerdem soll ihm jede vertretbare Möglichkeit der politischen Information gegeben werden. XXII. Das Koalitionsrecht der Berufssoldaten Der Ausschuß hat sich auch mit der Frage befaßt, inwieweit fortschrittliche Gedanken bei der Regelung der Rechtsverhältnisse der Berufssoldaten berücksichtigt werden sollen. Der Vertrag sagt darüber nichts aus. Die Regelung dieser Frage wird in nationaler Zuständigkeit erfolgen müssen. Demgemäß wird sich der Deutsche Bundestag damit zu beschäftigen haben, und zwar im Rahmen der nationalen Ausführungsgesetze. XXIII. Der administrative Apparat Über den administrativen Apparat sagt das Vertragswerk nur wenig aus. Der administrative Apparat wird Soldaten und zivile Beamte umfassen. Die Soldaten werden als Kombattanten gelten, die Beamten naturgemäß nicht. Die genaue Festlegung dieses administrativen Apparates steht noch aus. Sie ist dem Kommissariat durch die Artikel 30, 78 und 78 a des Vertrages als Aufgabe zugewiesen. Der Artikel 31 § 4 sieht vor, daß die Leiter ziviler Dienststellen, die dem Kommissariat unmittelbar verantwortlich sind, vom Kommissariat mit einstimmiger Zustimmung des Rates zu ernennen sind. Im übrigen liegt die Organisationsgewalt beim Kommissariat. Bonn, den 27. November 1952 Strauss Berichterstatter b) Berichterstatter des federführenden Ausschusses: Abgeordneter Erler Bericht über die wirtschaftlichen, finanziellen und haushaltsmäßigen Bestimmungen des EVG- Vertrages und ihre Auswirkungen Berichterstatter: Abgeordneter Erler A. Allgemeines I. Vorbemerkung Dieser Bericht behandelt diejenigen Probleme, welche im EVG - Ausschuß beraten worden sind. Eine ganze Anzahl von weiteren Fragen aus dem behandelten Gebiet sind in anderen Ausschüssen erörtert worden. Eine weitere Zahl von nachstehend untersuchten Problemen ist in anderen Ausschüssen gründlicher zur Behandlung gekommen. Es handelt sich vor allem um die Beratungen des Haushalts-Ausschusses über alle mit der Aufstellung und Durchführung des Haushalts der EVG und mit den Auswirkungen auf den Bundeshaushalt zusammenhängenden Fragen, um die Beratungen des Finanz-Ausschusses über den Finanz-Vertrag und die steuerliche Behandlung der Streit- (Erler) kräfte sowie um die Beratungen des WirtschaftsAusschusses über die wirtschaftlichen Auswirkungen, die Währungssituation und so fort. Die Einteilung des Berichts folgt im wesentlichen der Begründung des Vertrages nach der Regierungsvorlage. II. Einleitung Zur Beurteilung der finanziellen Konsequenzen der Vertragswerke muß man berücksichtigen, daß es sich um Beträge von hoher Größenordnung handelt, die im einzelnen weiter unten errechnet werden. Die Gemeinschaft hat noch keine eigenen Steuerquellen. Ihre eigenen, nicht aus Beiträgen stammenden Einnahmen werden sehr gering sein und sich nur auf den Erlös aus dem Verkauf von Altmaterial, entbehrlichen Grundstücken usw. beschränken. Soweit der Gemeinschaft nicht Außenhilfe von auswärts stehenden Ländern zufließt, muß ihr Bedarf von den Mitgliedstaaten aufgebracht werden. B. Der Haushalt I. Gemeinsamer Haushalt Es wird ein Gemeinschaftshaushalt aufgestellt, der die Ausgaben nach der Dringlichkeit ohne Rücksicht auf nationale Sonderinteressen enthalten soll. Zur Deckung dieser Ausgaben sollen alle Mitgliedstaaten in der Weise ihren Beitrag leisten, daß sie ihrer Wirtschaftskraft entsprechend herangezogen werden. Der Gesamtbetrag des Haushalts der Gemeinschaft wird durch einstimmigen Beschluß des Ministerrats festgestellt. Das Kommissariat bewirtschaftet nicht etwa die nationalen Verteidigungshaushalte oder einen von den Mitgliedstaaten gespeisten gemeinsamen Verteidigungs-Fonds, es wird vielmehr ein gemeinschaftlicher Haushalt beschlossen finanzieller Aus Ausdruck einheiteit schlossen als finanzieller Ausdruck einer einheitBedarfsermittlungsplanung und Programmdurchführung. II. Der Beitragsschlüssel Die von den Mitgliedstaaten zu leistenden Beiträge werden zunächst nach dem in der Nordatlantikpakt-Organisation geltenden Schlüssel errechnet. Dieser Schlüssel soll später verfeinert werden. Die Beiträge dürfen aber das wirtschaftliche Gleichgewicht der Mitgliedstaaten nicht stören. Falls der Ministerrat nicht einstimmig andere Regeln für die Aufbringung der Beiträge beschließt, verbleibt es bei den Grundsätzen der NATO. Es ist daher anzunehmen, daß diese NATO-Grundsätze noch für eine Anzahl von Jahren nach der Ratifizierung der Verträge weiter gelten werden. III. Die Ermittlung der Beiträge Als Maßstab für die Festsetzung der Beiträge gilt die Leistungsfähigkeit des Mitgliedstaates. Dabei wird ausgegangen von dem Sozialprodukt, das in den Mitgliedstaaten verschieden hoch ist, aber auch verschiedenartigen Sonderbelastungen unterliegt. Der Grundsatz, daß die progressiv steigende Leistungsfähigkeit je nach der Höhe des durchschnittlichen Einzel-Einkommens der Bürger der Mitgliedstaaten berücksichtigt werden muß, hat sich noch nicht durchgesetzt. Das muß in neuen Verhandlungen erst noch versucht werden. Diese Verhandlungen müssen jetzt schon geführt werden, weil der Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik für die Zeit nach dem 30. Juni 1953 noch nicht festgesetzt ist. Von dem errechneten Globalbetrag, den jeder Mitgliedstaat nach gewissen einheitlichen Grundsätzen insgesamt für die Verteidigung aufzubringen hat, können die Ausgaben für die verbleibenden nationalen Streitkräfte und die Führung von Kriegen etwa in den Kolonialgebieten abgezogen werden, ferner die Aufwendungen für Polizei- und Gendarmeriestreitkräfte, für die Pensionen ehemaliger Berufssoldaten, für die nationalen Verteidigungsministerien und für den aktiven Luftschutz. Wie hoch dieser Abzug für die verbleibenden nationalen Streitkräfte sein wird, konnte nicht festgestellt werden, weil Zahlen über die national verbleibenden See- und Luftstreitkräfte der anderen Vertragspartner nicht zugänglich sind. Sicher wird dieser Abzug am größten für Frankreich sein. Dort ist nach den letztbekannten Haushaltsziffern mit einem Brutto-Verteidigungsaufwand von 14,6 Mrd. DM im Jahr zu rechnen, von denen . etwa 6 Mrd auf den verbleibenden nationalen Haushalt entfallen dürften. In dem Beitrag der Bundesrepublik an die EVG sind die Kosten für die Stationierung der britischen und amerikanischen Truppen in Deutschland als durchlaufender Posten enthalten. Die Bundesrepublik zahlt ihren Gesamtbeitrag an die EVG, welche ihrerseits die Stationierungskosten an die genannten Streitkräfte abführt, im einzelnen also keinen Einfluß auf die Verwendung ausübt. Die Stationierungskosten der Bundesrepublik zählen bei der Errechnung des Stimmgewichts im Ministerrat der EVG mit, während die in den nationalen Haushalten verbleibenden Kosten für nationale Streitkräfte und Nationalkriege nicht zum Beitrag an die EVG gehören und infolgedessen bei der Ermittlung des Stimmgewichts ausscheiden. In dieser Weise rechnen bei der Bundesrepublik nicht mit die im nationalen Haushalt (einschließlich Länderhaushalten) enthaltenen Aufwendungen für die Polizei, die bisher in Höhe von 750 Mio jährlich geltend gemacht wurden. Die Polizeiausgaben haben 1951 tatsächlich 785 Mio betragen und belaufen sich im Haushaltsansatz 1952 auf 901 Mio. IV. Das Budgetrecht der nationalen Parlamente Der Beitrag des einzelnen Mitgliedstaates wird global in den nationalen Haushalt als Ausgabe eingestellt und nach den Bestimmungen der nationalen Verfassungen beschlossen. Es kann aber kein Mitgliedstaat. die Verteidigungsgemeinschaft durch Verweigerung der Mittel aushöhlen. Die Höhe jedes einzelnen Beitrags wird vom Ministerrat einstimmig festgesetzt. Diese Global-summe muß in den nationalen Haushalt eingestellt werden, sofern der Beitrag zur Erreichung der Ziele der Verteidigungsgemeinschaft verwendet wird. Es ist nicht anzunehmen, daß — vor allem in den ersten Jahren — die Verteidigungsgemeinschaft Ausgaben für andere Zwecke leistet als solche, die den Vertragszielen dienen. Auf die Einsetzung des vollen vom Ministerrat beschlossenen Beitrags kann mit der oben gemachten Einschränkung vor dem Gerichtshof gegen den betreffenden Mitgliedstaat der Gemeinschaft geklagt werden. Insofern ist das Recht der nationalen Parlamente auf freie Bestimmung der Beiträge beschränkt. (Erler) V. Die Aufstellung des Haushaltsplans Das Kalenderjahr ist das Rechnungsjahr. Zur Versorgung der Gemeinschaft mit Betriebsmitteln werden die festgesetzten Beiträge zu einem Zwölftel des Jahresbetrages monatlich im voraus entrichtet. Die EVG ist vermögensfähig, kann Anleihen aufnehmen und infolgedessen auch einen außerordentlichen Haushalt aufstellen und decken. Unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Regeln wird der Haushaltsplan vom Kommissariat nach Abstimmung mit den Mitgliedstaaten aufgestellt und vom Rat in seinem Gesamtumfang einstimmig beschlossen, während für die Festlegung der einzelnen Ausgabenansätze jeweils eine Zweidrittel-Mehrheit des Rates erforderlich ist, damit in Einzelfällen Ansätze auch gegen nationale Sonderwünsche beschlossen werden können. Die auf der Einnahme-Seite erscheinenden Beiträge der Mitgliedstaaten werden, wie bereits erwähnt, gleichfalls einstimmig vom Rat beschlossen. Die Versammlung kann Änderungen nur im Rahmen des vom Rat beschlossenen Gesamtvolumens des Haushaltsplans vorschlagen. Diese Änderungen gelten als angenommen, wenn der Rat sie mit einer Zweidrittel-Mehrheit billigt oder nicht binnen 2 Wochen mit der Angelegenheit befaßt wird. Die Versammlung kann mit Zweidrittel-Mehrheit auch vorschlagen, den Gesamthaushalt abzulehnen. Aber auch dieser Vorschlag muß vom Rat mit Zweidrittel-Mehrheit oder durch Stillschweigen gebilligt werden. Andernfalls entscheidet nicht die Versammlung, sondern der Rat. Der Gesamtplan ist rein nach Zwecken, betriebswirtschaftlich gesagt nach Kostenarten, aufgebaut, nicht wie in Deutschland im allgemeinen üblich nach dem Organisationssystem, also nach Kostenstellen. Die Details sind aus diesem Gesamtplan in Einzelpläne abgetrennt, die einen Bestandteil des Gesamt-Haushaltsplans bilden. Diese Einzelpläne mit den Angaben in den Erläuterungsbüchern sind bindend. VI. Der Übergangshaushalt In der nach dem Finanzvertrag bis zum 30. Juni 1953 vorgesehenen Übergangszeit gehen die nationalen Wehrhaushalte, soweit sie die Aufgaben der EVG betreffen, in den gemeinschaftlichen Haushaltsplan ein. Damit wird gesichert, daß die von den Staaten eingegangenen Verpflichtungen aus Aufträgen sowie die Verpflichtungen gegenüber der NATO (z. B. auf Bezahlung des Soldes an die bereits bestehenden militärischen Einheiten) in dem gemeinschaftlichen Haushaltsplan berücksichtigt werden. Die Bundesrepublik besitzt keinen nationalen Wehrhaushalt, sondern stellt ein Programm für die Verwendung des von ihr geleisteten finanziellen Beitrags in dieser Übergangszeit auf, das nach den Vertragsbestimmungen weitestgehend berücksichtigt werden muß. Es ist daran gedacht, daß der nicht als Stationierungsbeitrag weitergeleitete Teil des deutschen Finanzbeitrags, der also der EVG verbleibt, im wesentlichen dem Aufbau der deutschen Kontingente zugeführt wird. Lediglich die Ausgaben für die gemeinschaftlichen Organe, Stäbe, Schulen und dergleichen sollen anteilig auch aus diesen deutschen Mitteln bestritten werden. Artikel 87 a § 1 Absatz 2 des Vertrages legt fest, daß der Übergangshaushalt in weitestgehendem Umfang das militärische und finanzielle Programm aller Mitgliedstaaten für die Aufstellung der Einheiten der EVG enthalten muß. Aus dieser Bestimmung wird gefolgert, daß keine deutschen finanziellen Mittel für die Ausstattung anderer Kontingente in der EVG benutzt werden können. Die Vertragsbestimmung gestattet natürlich auch den umgekehrten Schluß, daß nach diesen Programmen während der Übergangszeit auch die Mittel der anderen Partner nicht für den Aufbau der deutschen Kontingente vorgesehen sein dürften. Der Übergangshaushalt wird ohne Beteiligung der Versammlung nur vom Ministerrat genehmigt. VII. Die Gesamtkosten Es hängt im wesentlichen von dem Umfang der Außenhilfe ab, ob die Finanzmasse der EVG für den Aufbau der deutschen Kontingente ausreicht. Die Beiträge der Mitgliedstaaten werden diesen Aufbau nicht bestreiten können. Der finanzielle Beitrag der Bundesrepublik ist durch den Finanzvertrag vom 26. Mai 1952 zur Ergänzung des Truppenvertrages mit den Besatzungsmächten auf 850 Mio DM monatlich festgelegt worden. Davon werden für die ersten 6 Monate 551 Mio und für die 3 weiteren Monate bis zum 30. Juni 1953 319 Mio als Stationierungskosten an die Besatzungsmächte weitergeleitet. An den Verhandlungen über die Höhe der Stationierungskosten nach dem 30. Juni 1953 sind nach Artikel 3 Absatz 5 a des Finanzvertrages die Bundesrepublik, die EVG und die Stationierungsmächte beteiligt. Diese Vertragsbestimmung läßt erkennen, daß die Höhe der späteren Stationierungskosten nicht ohne Mitwirkung der Bundesrepublik beschlossen werden kann. Aus der Formulierung geht aber nicht hervor, daß nach dem 30. Juni 1953 überhaupt keine Stationierungskosten mehr entrichtet werden müssen. Der Vertrag sieht keine Verpflichtung, aber Verhandlungen über solche Kosten vor. Für das Haushaltsjahr 1952 beziffert der Finanzminister Besatzungskosten und Verteidigungsbeitrag einschließlich der nicht anerkannten Besatzungskosten und des Besatzungskostenbeitrags für Berlin auf 8,8 Mrd. Vom 1. April bis 30. Juni 1953 sind monatlich 850 Mio = 2,55 Mrd zu zahlen. Der Beitrag für die Zeit nach dem 30. Juni 1953 muß in neuen Verhandlungen festgelegt werden. Das Bundesfinanzministerium bemüht sich, die Berlin-Hilfe voll auf den Brutto-Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik angerechnet zu erhalten. Die „Drei Weisen" der NATO-Organisation hatten den Brutto-Beitrag für 1 Jahr auf 11,25 Mrd bemessen, von denen sie rd. 1 Mrd. für Polizei, Grenzschutz, Ruhegehälter der früheren Wehrmacht, Luftschutz und dergleichen absetzten, woraus sich der Barbeitrag von 10,2 Mrd. jährlich ergab. Der Bundesfinanzminister hat seine feste Überzeugung ausgesprochen, den finanziellen Verteidigungsbeitrag ohne neue Steuern und ohne defizitäre Haushaltspolitik aufbringen zu können, wenn die Berlin-Hilfe voll angerechnet wird. Natürlich ist das nur möglich, wenn der Beitrag zur EVG sich nicht erhöht, wenn also, worauf noch einzugehen ist, die EVG die für den Ausbau ihrer Verbände notwendige Außenhilfe in dem gehofften Ausmaß erhält. Andernfalls müßten entweder die Beiträge der Mitgliedstaaten um das gleiche Maß erhöht werden, in dem die Außenhilfe hinter den Erwartungen zurückbleibt, oder die Schlagkraft der Verbände der EVG infolge unzureichender Ausrüstung leiden. Das Gesamthaushaltsvolumen der EVG wird von den Einnahmen bestimmt, nicht vom Bedarf. Der Beitrag der Mitgliedstaaten wird nach ihrer Leistungsfähigkeit festgesetzt. Zu diesen Gesamt- (Erler) einnahmen muß dann die Außenhilfe treten, um den militärischen Bedürfnissen zu genügen. Für die ersten beiden Aufbaujahre ist mit einem Haushaltsvolumen der EVG von 25 bis 30 Mrd. DM zu rechnen. Für die Außenhilfe liegen Zusagen für die Lieferung von schwerem und leichtem Gerät vor, die ziffernmäßig dem Ausschuß nicht benannt werden konnten. Hierzu hat der Bundesfinanz- minister in der Plenarsitzung des Bundestages vom 9. Juli 1952 folgende Erklärung abgegeben: „Die Vereinigten Staaten haben die Verpflichtung übernommen, das gesamte schwere Material für die Ausrüstung der deutschen Kontingente in derselben Art, in derselben Güte, in derselben Menge, wie es nach den sogenannten NATO-Verträgen für irgendein Kontingent zu liefern ist, auch dem deutschen Kontingent unentgeltlich zu liefern. Sie haben sich daneben verpflichtet, auch leichtes Material in einem bestimmten wert- und zahlenmäßig genannten Umfang zu liefern." Aus dieser Erklärung ergibt sich, daß die USA die Bundesrepublik genau so beliefern wollen wie die NATO-Staaten. Der Erklärung ist nicht zu entnehmen, wie hoch ziffernmäßig die Verpflichtung der USA gegenüber den NATO-Ländern ist. Welchen bestimmten Wert und zahlenmäßigen Umfang das zu liefernde leichte und schwere Material hat, konnte nicht festgestellt werden. Die Verpflichtung der USA scheint auch nicht die Form eines im Besitz der Bundesrepublik befindlichen unterzeichneten Dokumentes zu haben, sondern nur durch protokollarisch festgehaltene mündliche Erklärungen der amerikanischen Beobachter bei den Pariser Verhandlungen gegeben worden zu sein. Die Bundesrepublik wird mit einem Beitrag von rund einem Drittel des EVG-Haushalts zu rechnen haben. Der französische Beitrag wäre nach der Leistungsfähigkeit an sich höher, mindert sich aber durch den Indochina - Krieg und die verbleibenden nationalen Streitkräfte voraussichtlich auf etwa 28 %. Alle diese Beträge sind natürlich je nach der Entwicklung der wirtschaftlichen und militärischen Verhältnisse veränderlich. Als Anhalt für den erforderlichen Finanzbedarf können folgende Überlegungen angestellt werden: Für die Aufstellung eines Kontingents von 12 Divisionen zuzüglich aller übrigen dazugehörigen Verbände muß mit einem Gesamtaufwand von rd. 36 Mrd. DM gerechnet werden. Dazu erfordert die Neuunterbringung eines Mannes in der modernen Heeresorganisation durchschnittlich rd. 7 000 DM, d. h. insgesamt rd. 3' Mrd. DM. Dieser Gesamtaufwand von rd. 39 Mrd. DM muß während der Aufbauzeit aufgebracht werden, die nach dem Vertragt voraussichtlich zwei Jahre betragen soll. Der Unterhaltsaufwand je Mann von 7 bis 9 000 DM pro Jahr wächst erst während des Aufbaus des Kontingents bis zu seiner vollen Höhe an. Diese Belastung muß aus den Beiträgen der Mitgliedstaaten zur EVG nur insoweit bestritten werden, als sie nicht aus der zu erwartenden Außenhilfe getragen wird. In welchem Umfang nach Ablauf der Aufbauzeit Material für ausgebildete Reservisten bereitgestellt werden soll, bleibt späteren Verhandlungen vorbehalten. VIII. Vollzug des Haushalts Hierzu kann im wesentlichen auf die Begründung, Besonderer Teil, 4. Titel, finanzielle Bestimmungen, Abschnitt: Vollzug des Haushalts, verwiesen werden. Darin werden die Übertragbarkeit, die Regelung bei Defizit oder Überschuß, die Anlage von Reserve-Fonds, die monatliche Betriebsmittelzuweisung und die Vorschüsse für die Anlaufzeit behandelt. Zum Unterschied gegenüber der deutschen Regelung geht die „Deckungsfähigkeit" wesentlich weiter. Derartige „Virements", in der Begründung „Übertragbarkeit" geheißen, sind ohne parlamentarische Beschlußfassung in weitgehendem Umfang durch Entscheidungen des Kommissariats bzw. des Ministerrats möglich. Zur Ausführung des Haushaltsplans kann sich das Kommissariat während des Rumpfjahres nationaler Dienststellen bedienen. Auch später ist die Beauftragung nationaler Dienststellen mit der Ausführung des Haushaltsplans nicht ausgeschlossen. Die Organisation dieser nationalen Dienststellen muß nicht in allen Staaten gleich sein. Dagegen muß das Ausmaß der den nationalen Dienststellen übertragenen Befugnisse der EVG in allen Staaten übereinstimmen. Nur in diesem Sinne ist die Begründung auf Seite 28 (unten) der Regierungsvorlage auszulegen. IX. Nothaushalt Für die ersten 3 Monate des neuen Rechnungsjahres wird, wenn der Haushaltsplan noch nicht beschlossen ist, mit le einem Zwölftel der alten Jahresansätze weitergearbeitet. Nach Artikel 88 § 1 Absatz 3 tritt aber einfach der vom Ministerrat beschlossene Haushaltsplan in Kraft, wenn die Versammlung nicht in den ersten 3 Monaten den Haushaltsplan verabschiedet hat. X. Kontrolle während der Ausführung des Haushaltsplans Zur besseren Übersicht über das gesamte Finanzgebaren der Gemeinschaft ist an die Einführung des Loehkartensystems gedacht. Die Begründung behandelt die während der Ausführung des Haushaltsplans notwendige Kontrolle ausführlich. Neu für Deutschland ist der Finanzkontrolleur, der vom Kommissariat unabhängig, nur dem Rat verantwortlich ist und von diesem mit Einstimmigkeit ernannt wird. Der Finanzkontrolleur hat alle Entscheidungen des Kommissariats, welche zur Leistung von Ausgaben verpflichten, vorher zu prüfen. Ohne seinen Sichtvermerk kann nicht gezahlt werden. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet zwar das Kommissariat, wird aber der Rat mit der Angelegenheit befaßt. Zu den Entwürfen des Haushaltsplans und zu allen allgemeinen Vorschriften über die Ausgabengestaltung muß der Finanzkontrolleur Stellung nehmen. Er begutachtet die Positionen bei der Aufstellung des Haushaltsplans und erhält Aufträge, aber keine Weisungen, vom Ministerrat. XI. Nachkontrolle und Entlastung Auch hierzu wird auf die Begründung verwiesen. Die etwa dem Bundesrechnungshof nachzubildende supranationale Rechnungsprüfungsbehörde legt ihren Bericht innerhalb von 6 Monaten nach Abschluß des Rechnungsjahres vor. Über die Entlastung beschließt die Versammlung, allerdings kann sie die Entlastung nur mit einer ZweidrittelMehrheit verweigern. Diese Mehrheit ist festgelegt worden, weil auch für ein Mißtrauensvotum der Versammlung gegen das Kommissariat eine Zwei- (Erler) drittel-Mehrheit gefordert wird und die Verweigerung der Entlastung einem solchen Mißtrauensvotum gleichkommt. C. Finanz-Fragen I. Transfer-Fragen Auch die Fragen der Geldbewegung und des Transfers von einer Währung in die andere sind in der Begründung ausführlich behandelt. Als Rechnungseinheit wird voraussichtlich der Dollar gelten, jedoch nicht in der Weise, daß die EVG etwaigen Kursschwankungen des Dollars folgen müßte. Über die angewendeten Umrechnungskurse, die Behandlung geleisteter Vorschüsse, das Verfahren bei Rückständen, die Verzinsung, die Anlage flüssiger Mittel, den im wesentlichen über die Europäische Zahlungsunion abzuwickelnden Devisenausgleich gibt die Begründung hinlänglich Auskunft. Wichtig ist aber eine Darstellung der sogenannten 85 %-Klausel: 85 % des Beitrags eines jeden Mitgliedstaates müssen für Zahlungen in dem Hoheitsgebiet dieses Staates verwendet werden. Damit soll erreicht werden, daß kein Staat mehr als 15 % des Beitrages in Devisen aufzubringen hat. Natürlich können auch 100 % des Beitrages in dem betreffenden Staat ausgegeben werden, sogar bis 115 %. Um nun zu vermeiden, daß die von den einzelnen Staaten jeweils an die Gemeinschaft transferierten 15 % gesammelt in einem Lande zu einem wirtschaftlichen Ausverkauf führen, ist bestimmt, daß nur mit Zustimmung des betreffenden Staates mehr als 115 % seines Beitrags in seinem Hoheitsgebiet von der EVG ausgegeben werden können. Damit die Mitgliedstaaten sich beizeiten in ihrer Wirtschaftspolitik auf die voraussichtlichen Währungsfolgen einrichten können, regelt ein als Anlage zum Haushaltsplan besonders festzustellender Plan die Verwendung der in den nationalen Währungen aufkommenden Beträge. Die EVG muß also ihr Rüstungsprogramm, das sich im Haushaltsplan niederschlägt, in großen Zügen auch schon auf die Einkaufsgebiete in den verschiedenen Ländern verteilen. Für die Bundesrepublik wird in den ersten Jahren damit zu rechnen sein, daß sicher mehr als 85 °/o ihres Beitrags hier ausgegeben werden, allein schon wegen der voraussichtlich zu errichtenden Bauten. Die Größenordnung der für die Teilnahme der Bundesrepublik an der Produktion der Ausrüstung nötigen Investitionen kann noch nicht angegeben werden. II. Finanz-Ordnung Der Ministerrat kann das Finanz-Protokoll mit Einstimmigkeit ändern. Es enthält die tragenden Prinzipien für die jetzt bereits im Interims-Ausschuß in Arbeit befindliche künftige Gesamt-Finanzordnung, deren Teile eine Haushaltsordnung, Kassenordnung, Rechnungslegungsordnung, Beitragsordnung und Schuldenordnung sein müssen. Das Finanzprotokoll (s. Begründung) wird später vom Ministerrat zu einer umfassenden Finanzordnung ausgestaltet werden müssen. Voraussichtlich wird im Kommissariat eine Finanzdirektion errichtet werden. III. Außenhilfe Für die Annahme der Außenhilfe gibt es kein Vetorecht eines Mitgliedstaates. Die Zuwendungen an die Gemeinschaft können in Geld und Material gegeben werden. Verhandlungen über die Außenhilfe werden vom Kommissariat geführt, allerdings kann der Ministerrat mit Zweidrittel-Mehrheit dem Kommissariat Richtlinien für seine Verhandlungen geben. Das Kommissariat verwaltet und verteilt die als Material geleistete Außenhilfe, während eine' in Geld geleistete Außenhilfe als Einnahme dem Gesamttopf der Gemeinschaft zufließt. Es bleibt aber auch eine besondere wirtschaftliche Hilfe an die einzelnen Mitgliedstaaten ohne Zwischenschaltung der EVG nach der Bestimmung des Gebers möglich. Sicher kann auch eine Materialhilfe an die Einzelstaaten für die verbleibenden nationalen Streitkräfte, die sich z. B. in Kolonialkriegen befinden, gegeben werden. Die EVG kann auch Außenhilfe geben, wie in der Begründung dargelegt. Es besteht kein Zweifel daran, daß ohne die Außenhilfe die Mittel der EVG nicht annähernd für den Aufbau ausreichen. Über das Ausmaß der Außenhilfe siehe oben Seiten 11271A, 11272C und 11273A. D. Wirtschaftsfragen I. Rüstungsprogramm Das Rüstungs- und Forschungsprogramm der EVG wird vom Kommissariat im Benehmen mit den Mitgliedstaaten aufgestellt. Das Rüstungsprogramm kann sich über mehrere Jahre erstrecken. Sein Finanzbedarf für ein Rechnungsjahr bildet den Gegenstand des Jahres-Haushaltsplans der Gemeinschaft. Die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten sollen aufs beste nutzbar gemacht und schwere Störungen in der Wirtschaft der Mitgliedstaaten vermieden werden. Bei Streitigkeiten entscheidet zunächst das Kommissariat, eventuell der Gerichtshof nach Artikel 56 des Vertrages. Es wird ein aus 20 bis 34 Mitgliedern bestehender beratender Ausschuß für das Rüstungsprogramm gebildet, in dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber in gleicher Anzahl vertreten sein müssen. Das Rüstungsprogramm wird vorn Ministerrat mit einer Zweidrittel-Mehrheit genehmigt und dann vom Kommissariat ausgeführt. Es enthält eine gebietsmäßige Verteilung der in Aussicht genommenen Bestellungen, die mit einer Zweidrittel-Mehrheit vom Ministerrat zu beschließen ist. Diese Verteilung ist unbedingt an die Einhaltung der 85 %-Klausel (siehe oben) gebunden, kann aber den im Laufe des Rechnungsjahres eintretenden Veränderungen in den Einzelheiten angepaßt werden. II. Beschaffung Die Beschaffung obliegt europäischen, aber dezentralisierten zivilen Dienststellen. Die Beschaffung soll nach den Grundsätzen des Wettbewerbs durch alle Staaten hindurch vorgenommen werden, wobei allerdings die 85 %-Klausel der TransferBestimmungen zu beachten ist. Einstweilen wird nach den nationalen Verdingungsordnungen beschafft, eine europäische Verdingungsordnung ist beabsichtigt. Als Gerichtsstand ist der Geschäftssitz des Lieferanten bzw. der Ort (Erler) der Liegenschaft festgelegt, damit nicht alle Streitigkeiten nur am Sitz der EVG ausgetragen werden müssen. Bei Mangellagen kann das Kommissariat, wenn der Ministerrat nicht einen einstimmigen Beschluß faßt, den Regierungen zur Erfüllung von Aufträgen Empfehlungen geben, die in Wirklichkeit Auflagen sind. Die Empfehlungen binden im Ziel, lassen aber den Regierungen die Wahl der Ausführungsmittel frei. Das Kommissariat kann sich nicht unmittelbar an die Betriebe wenden. Es ist Sache der Regierungen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausführung der Empfehlungen zu sichern. Die EVG schafft einen europäischen Einkaufsmarkt. Durch den großen Umfang ihrer Ausgaben und die Verteilung auf die verschiedenen Länder und Wirtschaftszweige kann sie die nationale Wirtschaftspolitik der Vertragsstaaten beeinflussen. Konkrete Beschaffungsprogramme liegen jetzt noch nicht vor, so daß auch die Auswirkungen dieser Programme auf die nationalen Wirtschaften im einzelnen nicht zu übersehen sind. Nach dem Vertrag sind die Beschaffungsstellen europäisch organisiert. Das bedeutet, daß auch Staatsbürger der anderen Vertragsstaaten bei in Deutschland tätigen Beschaffungsstellen verwendet werden können. Die Bundesrepublik kann aber jederzeit verlangen, daß Deutsche in gleichem Umfange bei Beschaffungsstellen, die in anderen Ländern tätig sind, verwendet werden. Es ist im Grundsatz festgelegt, daß die Beschaffungsstellen sich mit den nationalen Wirtschaftsministerien abstimmen sollen. Die Einzelheiten dieser Abstimmung liegen nicht fest. Auf deutscher Seite ist beabsichtigt, für alle wirtschaftlichen Fragen die Federführung beim Bundeswirtschaftsministerium zu belassen. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Wirtschaftsministerium und dem zukünftigen Verteidigungsministerium müßte die notwendige Abstimmung im Kabinett vorgenommen werden. Nach den Erklärungen des Wirtschaftsministeriums genügt eine kleine Modifizierung des Wirtschaftssicherungs-Gesetzes zur Erfüllung der militärischen Anforderungen. Demgegenüber wurde auf die Bestimmungen des Truppenvertrages hingewiesen, die ausdrücklich eine bestimmte Reihenfolge in der Deckung der Bedürfnisse für den Fall einer Mangellage vorsehen. Beim Bundeswirtschaftsministerium zusammen mit der Industrie gebildete Arbeitskreise sollen für die Abstimmung der Rüstungsaufträge auf die Möglichkeiten und Interessen der deutschen Wirtschaft sorgen, wobei nicht nur die Lieferungen an die EVG, sondern auch die off-shore-Aufträge, Besatzungsaufträge und ähnliches zu beachten sind. Eine einheitliche Ausrüstung der Streitkräfte der EVG, die durch die Beschaffungsorganisation erreicht werden muß, braucht ihre Zeit, weil zunächst einmal verschieden ausgerüstete Divisionen eingebracht werden. III. Kontrolle der Rüstungsproduktion Auch für die gesamte Rüstungsproduktion gilt das Prinzip der Nichtdiskriminierung. Grundsätzlich bedarf die gesamte Herstellung von Rüstungsmaterial im Gebiet der EVG einer Genehmigung des Kommissariats, die allen Staaten gleichmäßig erteilt werden soll. Wichtig ist das „kleine Kartellgesetz" des Artikels 104 § 7, Absatz 1. „Stellt das Kommissariat bei der Ausführung der Programme fest, daß Eingriffe der öffentlichen Hand oder Abkommen oder verabredete Praktiken der Unternehmen darauf abzielen, den normalen Wettbewerb zu verfälschen oder erheblich einzuschränken, so ruft es den Rat an; dieser beschließt einstimmig über die geeigneten Abhilfemaßnahmen." Diese Bestimmung gibt dem Rat weitgehende Möglichkeiten zu Eingriffen. Nach Artikel 102 § 2 kann der Rat dem Kommissariat allgemeine Richtlinien für die Vorbereitung und Ausführung der Programme mit Zweidrittel-Mehrheit erteilen. Für eine beschränkte Zahl von Waffen sind strategische Gesichtspunkte maßgebend. Die in Anlage II des Vertrages genannten Waffen (Atomwaffe, gelenkte Geschosse und Influenz-Minen, größere Kriegsschiffe und Militär-Flugzeuge) dürfen in strategisch gefährdeten Gebieten nicht hergestellt werden, wenn der Rat dies nicht einstimmig beschließt. Die Bundesregierung hat in einem Brief an die Außenminister der anderen Vertragspartner vom 7. Mai 1952 erklärt, daß die Bundesrepublik sich in einer strategisch exponierten Lage im Sinne des Artikels 107 des Vertrages befinde und es im Hinblick darauf nicht als Diskriminierung betrachte, wenn das Kommissariat keine Ermächtigung für die Herstellung der obengenannten Waffen in der Bundesrepublik erteilen wird. Allerdings sollten die deutschen Kontingente nicht ungünstiger mit diesen Waffen ausgestattet werden als die der anderen Teilnehmer. Die Bundesrepublik sei auch bereit, eine Forschung auf diesen Gebieten, soweit sie nicht rein wissenschaftlichen Zwecken auf nichtmilitärischen Gebieten diene, zu verhindern. Außerdem hat der Herr Bundeskanzler an die Außenminister der Besatzungsmächte einen Brief gerichtet, wonach die Bundesrepublik sich verpflichtet, im Wege der Gesetzgebung zu verbieten: a) die Entwicklung, die Herstellung und den Besitz von Atomwaffen; b) die Einfuhr und Herstellung von Kernbrennstoff in Mengen von mehr als 500 g für die Dauer eines Jahres; c) die Entwicklung, die Konstruktion oder den Besitz von Kernreaktoren oder sonstigen Geräten oder Einrichtungen, die geeignet sind, Atomwaffen oder Kernbrennstoff in Mengen von mehr als 500 g während eines Jahres herzustellen; d) die Herstellung oder die Einfuhr von Uranium in irgendeiner chemischen Form in Mengen, die größer sind als der Gegenwert von 9 Tonnen Uraniumelement während der Dauer eines Jahres; für das erste Jahr wird eine größere Menge bewilligt; e) die Lagerung von Uranium in irgendeiner chemischen Form außer in der Form von nichtaufbereitetem Erz (18 Tonnen Uraniumelement und zusätzliche Mengen für den Anfangsbedarf eines Reaktors). Die Bundesrepublik verpflichtete sich darin ferner, zu kontrollieren: a) die Ausfuhr aller für die Entwicklung von Atomenergie nützlichen Artikel und Erzeugnisse aus der Bundesrepublik und (Erler) b) die Betätigungen einschließlich Ausfuhr und Einfuhr, die sich auf Uranium und Thorium und Uranium und Thorium enthaltende Stoffe beziehen. Abschließend verpflichtete sich die Bundesrepublik, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, daß Informationen, die die Sicherheit auf dem Gebiete der Atomenergie berühren, unbefugten Personen nicht zugänglich gemacht werden. Ferner erteilt das Kommissariat nach Artikel 107 § 4 b die Genehmigung zur Errichtung von neuen Pulverfabriken für militärische Zwecke nur für ein durch ein besonderes Abkommen zwischen den Regierungen festgelegtes Gebiet. Das ist die sogenannte Pulverlinie, wonach die Errichtung neuer Pulverfabriken und die Herstellung von ferngelenkten Geschossen mit kurzer Reichweite nur in einem bestimmten westlichen Teil der Bundesrepublik zulässig ist. Schließlich hat der Bundeskanzler am 7. Mai gleichfalls an die Außenminister der Besatzungsmächte einen Brief des Inhalts gerichtet, daß z. Z. in der Bundesrepublik Zivil-Luftfahrzeuge weder hergestellt würden, noch Möglichkeiten für eine derartige Produktion bestünden. Die Bundesregierung beabsichtige, diejenigen Zivil-Luftfahrzeuge von anderen Ländern käuflich zu erwerben, die gegebenenfalls in Deutschland benötigt würden. Sollten sich die Verhältnisse ändern, würde sich die Bundesrepublik um ein Einvernehmen mit den Regierungen der Drei Mächte bemühen. Durch den Brief des Bundeskanzlers zur Anlage II des Artikels 107 hat die Bundesrepublik darauf verzichtet, vor dem Gerichtshof zu klagen, wenn das Kommissariat ihr die Herstellung der in der Anlage II zu Artikel 107 genannten Waffen nicht gestattet, sie den anderen Vertragspartnern aber erlaubt. Andere Staaten, außer der Bundesrepublik, haben derartige Verzichtserklärungen nicht abgegeben. Wird durch Entscheidung des Ministerrats ein anderes Gebiet zum strategisch gefährdeten Gebiet erklärt und dort die Herstellung dieser Waffen verboten, so kann der betreffende Staat diese Frage vor den Gerichtshof bringen. Im Ausschuß ist die Befürchtung erörtert worden, daß strategisch gefährdete Gebiete durch die besondere Erwähnung dieser Gefährdung im Vertrag wirtschaftliche Nachteile erlitten. Es lägen Erfahrungen dafür vor, daß die Konsumgüter-Industrie gleichfalls bestimmte Gebiete meide, wenn die Rüstungsindustrie sich dort nicht betätigen dürfe. Dem wurde entgegengehalten, daß die strategisch gefährdete Lage sich nicht aus dem Vertragstext, sondern aus den Tatsachen ergebe und der gesamten Wirtschaft auch ohne Erwähnung im Vertrage bekannt sei. Man solle für einen Ausgleich der eventuell zu befürchtenden Abwanderungstendenzen durch sinnvolle Lenkung von Aufträgen gerade der EVG in die vom Waffenherstellungsverbot betroffenen Gebiete sorgen. Dem Volumen nach falle das Verbot überhaupt nicht ins Gewicht. Dennoch wurde der Einwand der Minderheit aufrechterhalten, daß die abschreckende Wirkung vor allem gegenüber Neuinvestitionen durch den ausdrücklichen Hinweis auf die strategisch gefährdete Lage im Vertragstext verstärkt worden sei und man damit den französischen Tendenzen zur Verlagerung der Rüstungsproduktion in das lothringische Industriebecken und nach Afrika entgegenkäme. Andere Rüstungs- und Forschungsbeschränkungen und -kontrollen nach dem bisherigen Besatzungsrecht fallen mit dem Inkrafttreten der Verträge fort. Allerdings hängt die Praxis der Kontrolle durch das Kommissariat auch von seiner künftigen Gestaltung ab, die unter diesem Gesichtspunkt besondere Aufmerksamkeit verdient. Bonn, den 27. November 1952 Erler Berichterstatter c) Berichterstatter des federführenden Ausschusses: Abgeordneter Dr. Jaeger Bericht über die rechtsprechende Gewalt im Rahmen des EVG-Vertrages mit einem Anhang über einzelne Bestimmungen des Truppenvertrages Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Jaeger A. Rechtsquellen und Legaldefinitionen I. Rechtsquellen der Bestimmungen über die sogenannte dritte Gewalt, also über Stellung und Aufgabe der Justiz im Rahmen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, sind: 1. Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft Titel II, Kapitel IV, Artikel 51 bis 67 (Anlage 1 zur Bundestagsdrucksache Nr. 3501, Seite 25 ff.) — nachstehend zitiert als „V". 2. Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl Titel II, Kapitel IV, Artikel 31 bis 45 (Anlage 2 zur Bundestagsdrucksache Nr. 2401, Seite 19 ff.), genannt „Schuman-Plan" — nachstehend zitiert als „Sch.Pl.". 3. Protokoll über die Satzung des Gerichtshofes —45 Artikel — (Anlage 2 zur Bundestagsdrucksache Nr. 2401, Seite 74 ff.), nachstehend zitiert als „Satzung". 4. Justizprotokoll — 34 Artikel — (Anlage 1 zur Bundestagsdrucksache Nr. 3501, Seite 81 ff.) — nachstehend zitiert als „J.Pr.". 5. Protokoll über allgemeine Strafrechtsgrundsätze (Anlage 1 zur Bundestagsdrucksache Nr. 3501, Seite 93 ff.) — nachstehend zitiert als „Str.Pr.". II. Gemäß Artikel 33 des Justizprotokolls werden definiert als 1. „Mitglieder der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte": Die Mitglieder des Militär- und Zivilpersonals. (Dr. Jaeger) 2. „Zivilpersonal": Der nichtmilitärische Teil des Personals, das unter den von den zuständigen Stellen der Gemeinschaft festgelegten Bedingungen organisch zu den Europäischen Verteidigungsstreitkräften gehört. 3. „Unterhaltsberechtigte Person": Der Ehegatte eines Mitgliedes des Militär- oder Zivilpersonals, seine minderjährigen Kinder und ausnahmsweise die in direkter Linie mit ihm verwandten Vorfahren oder Nachkommen, die normalerweise mit ihm im Haushalte leben und von den zuständigen Behörden der Gemeinschaft ermächtigt sind, das Familienoberhaupt zu begleiten. 4. „Herkunftsstaat": Der Mitgliedstaat, dem die Mitglieder des Militär- oder Zivilpersonals vor ihrem Beitritte zu den Europäischen Verteidigungsstreitkräften angehörten. 5. „Aufenthaltsstaat": Der Mitgliedstaat, auf dessen Gebiete sich Mitglieder des Militär- oder Zivilpersonals der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte dauernd oder vorübergehend aufhalten. B. Gerichtshof und Gerichtsorganisation I. Die durch den vorliegenden Vertragsentwurf zu errichtende Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) soll nicht beziehungslos neben der bereits bestehenden Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montan-Union) stehen, sondern einen weiteren Schritt auf dem Wege zur Konstituierung eines europäischen Bundesstaates oder Staatenbundes darstellen. Um dem Ziel einer verschiedene, bisher nationale Hoheitsaufgaben umfassenden europäischen Integration näher zu kommen, ist es erforderlich, schon jetzt einen möglichst engen Zusammenhang zwischen den einzelnen europäischen Funktionen herzustellen. Dieser Absicht sollen insbesondere Organe dienen, die den einzelnen europäischen Gemeinschaften gemeinsam sind. Während der Ministerrat und das Kommissariat bzw. die Hohe Behörde der EVG und der Montan-Union zwar personell verschieden zusammengesetzt, aber ähnlich organisiert sind, liegt beim Parlament der beiden Gemeinschaften nahezu Gleichheit vor, indem zur Versammlung der Montan-Union noch neun weitere Abgeordnete hinzutreten. Der Gerichtshof ist hingegen völlig identisch. Nach Artikel 52 V ist der Gerichtshof der Montan-Union zugleich derjenige der EVG. Diese Identität ist kein Ergebnis der Vorläufigkeit der EVG, sondern gewolltes Moment der Einheit und der Stabilität. II. Die Organisation des für die EVG zuständigen Gerichtshofes bestimmt sich also zuerst nach den Vorschriften des Schumanplanes und eines seiner Nebenverträge, der Satzung des Gerichtshofes (siehe oben unter A, Ziffer 2 und 3). Wegen Stellung und Aufgabe des Gerichtshofes in der Montan-Union wird auf Seite 7, Spalte 2 und Seite 8, Spalte 1 des Berichts des Abgeordneten Dr. Preusker über den Schumanplan hingewiesen (zu Bundestagsdrucksache Nr. 2950). Der Gerichtshof besteht aus sieben Mitgliedern, von denen alle drei Jahre abwechselnd drei oder vier Richter von den Regierungen im gemeinsamen Einvernehmen ernannt werden. Der Gerichtshof wählt seinen Präsidenten aus seiner Mitte auf die Dauer von drei Jahren. (Artikel 32, Absatz I, II und V Sch.Pl.). Angesichts der durch die EVG um das Vielfache vermehrten Aufgaben des Gerichtshofes wird die Vorschrift des Artikels 32, Absatz IV des Schuman-planes, daß die Zahl der Richter auf Vorschlag des Gerichtshofes durch einstimmigen Beschluß des Rates erhöht werden kann, bald praktische Bedeutung erlangen. Während der Gerichtshof insoweit seinen neuen Aufgaben gewachsen sein dürfte, bestehen gewisse Bedenken wegen der nicht vollständig ausgebauten richterlichen Unabhängigkeit. Zwar sind die Richter keiner Exekutive unterstellt und keinem Disziplinarverfahren unterworfen (ihre Amtsenthebung kann nach Artikel 7 der Satzung nur durch einstimmiges Urteil der übrigen Richter erfolgen), sie genießen sogar nach Artikel 3 der Satzung eine Reihe weiterer Privilegien und Immunitäten und sind zudem nach Artikel 4 in ihrem Amt durch weitgehende Inkompatibilität geschützt. Sie sind jedoch nur auf sechs Jahre und damit nicht auf Lebenszeit ernannt (Artikel 32, Absatz 1 Sch.Pl.). Die Tatsache, daß sie nach Ablauf ihrer Amtszeit wieder ernannt werden können (Artikel 32, Absatz III Sch.Pl.) ändert an dieser nicht ausreichenden Sicherung ihrer Stellung nichts. Dies wiegt deshalb im Rahmen der EVG schwerer als in dem der Montan-Union, weil zu zivilrechtlichen und staats- bzw. völkerrechtlichen Zuständigkeiten nun auch noch strafrechtliche kommen. Andererseits kann man darauf hinweisen, daß die Ernennung auf Lebenszeit auch bei anderen obersten Gerichten, so auch bei einem Teil der Richter des Bundesverfassungsgerichts, fehlt und daß man für die Ubergangszeit bis zur Bildung eines politisch geeinten Europa die getroffene Regelung vielleicht als noch ausreichend betrachten kann. Der Gerichtshof, dessen Mitglieder der Residenzpflicht unterliegen (Artikel 9 der Satzung), tagt ständig, und zwar in Plenarsitzungen. Er kann jedoch gemäß einer von ihm zu beschließenden Geschäftsordnung aus seiner Mitte zwei Senate mit je drei Richtern bilden (Artikel 17 und 18, Absatz 1 der Satzung). Nach den Erklärungen der Bundesregierung im Ausschuß ist nicht beabsichtigt, die Aufgabengebiete der Senate nach den beiden zugrunde liegenden Verträgen zu trennen, also einen Montan-Senat und einen Verteidigungs-Senat zu schaffen; vielmehr soll die Aufgabenteilung nach der rechtlichen Materie erfolgen, d. h. es sollen etwa Fragen des Verfassungsrechts von denen des Verwaltungsrechts geschieden werden usw. Denn es handelt sich um eine einheitliche europäische richterliche Gewalt, die nicht nach Fachgebieten geteilt ist und durch diese ihre Einheitlichkeit ein besonders Integrationsmoment darstellen soll. Die Mitgliedstaaten und die Organe der Gemeinschaft werden vor dem Gerichtshof durch Bevollmächtigte vertreten, die von Fall zu Fall ernannt werden. Für natürliche und juristische Personen besteht Anwaltszwang (Artikel 20 der Satzung). Wegen der Einzelheiten der Arbeitsweise des Gerichtshofs, insonderheit der Stellung der Generalanwälte und des Kanzlers wegen des Verfahrens, das in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil zerfällt, der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Verjährung kann in diesem Zusammenhang auf die Bestimmungen der Satzung hingewiesen werden. (Dr. Jaeger) III. Zweck des Gerichtshofs im Rahmen der EVG ist die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des Vertrages und seiner Durchführungsvorschriften (Artikel 51 V). Die Gerichtsorganisation wird durch eine zwischen den Mitgliedstaaten zu vereinbarende Gerichtsordnung im einzelnen geregelt (Artikel 53 und 67 V). Einen Teil dieser Gerichtsordnung stellt ein Abkommen über die Verfassung des Gerichtshofs und die Vorschriften über sein Verfahren dar (Artikel 30 und 34 J. Pr.). Durch die Gerichtsordnung soll insbesondere eine Änderung der Satzung des Gerichtshofs zum Zweck der Anpassung an die Aufgaben der EVG erfolgen (Artikel 67 V). Hierbei wird auch die Einrichtung einer Staatsanwaltschaft als Anklagebehörde in Strafsachen geregelt werden müssen. Es ist vorgesehen, daß der Gerichtshof bei der Erfüllung seiner Aufgaben von einer Gerichtsorganisation unterstützt wird, die insbesondere untere Gerichte europäischen Charakters umfaßt (Artikel 12 Absatz 1 J. Pr), und dann an nachverschiedene Organisationsformen gedacht, nämlich einmal an Landessenate des Gerichtshofs (Artikel 7, § 1, Absatz II J. Pr.), die für Fragen der Amtshaftung jeweils aus einem Richter des Gerichtshofes als Vorsitzendem und aus 4 weiteren Richtern der Gemeinschaft, die die Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates besitzen müssen, als Beisitzern bestehen, in bestimmten Fällen aber nur mit drei Richtern besetzt zu sein brauchen (Artikel 12 Absatz 1 J. Pr.), und dann an nachgeordnete Gerichte in Strafsachen (Artikel 22 J. Pr.), die entweder europäische Gerichte nationaler Zusammensetzung sind oder Gerichte der Mitgliedstaaten, die als nationale Gerichte gemäß Ermächtiguhg der EVG tätig werden. Diese letzteren sind jedoch nur als Übergangsregelung zur Behebung gewisser verfassungsrechtlicher Schwierigkeiten einzelner Mitgliedstaaten gedacht (Artikel 20 und 22 letzter Absatz J. Pr.). Für Belgien gelten außerdem bis auf weiteres besondere Übergangsvorschriften (Artikel 31 und 32 J. Pr.). Aber auch wenn diese nationalen Gerichte tätig werden, handelt es sich um die Ausübung europäischer Gerichtsbarkeit, denn die Mitgliedstaaten übertragen ihre Strafgewalt, in deren Rahmen diese Gerichte tätig werden, der EVG, von der sie an die erwähnten nationalen Gerichte rückdelegiert werden (Artikel 18, 21 und 22 J. Pr.). Auch die nationale Gesetzgebung, die Verfassung und Verfahren der verschiedenen unteren Gerichte einschließlich der Landessenate des Gerichtshofs in ihrer strafrechtlichen Tätigkeit zu regeln hat, gilt als europäisches Recht (Artikel 23 J. Pr.). Zu den erwähnten Gerichten treten zur Erledigung der Schadensersatzansprüche örtliche Schadenskammern, deren Zahl, Bezirk und Verfahren durch Verordnung des Kommissariats geregelt werden (Artikel 10 J. Pr.). Diese setzen sich zusammen aus einem Vorsitzenden, der die Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates und die Befähigung zum Richteramt besitzen muß, aus einem Mitglied, das nicht Staatsangehöriger des Aufenthaltsstaates sein darf und ebenso wie der Vorsitzende vom Kommissariat bestimmt wird, und aus einem Mitglied der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte, das von der örtlich zuständigen militärischen Behörde ernannt wird (Artikel 10, § 2 J. Pr.). Gemäß ihrer Tätigkeit muß man sie nach deutscher Rechtsanschauung sachlich als Gerichte ansprechen, wenn dies auch im Hinblick auf die abweichende Rechtsauffassung anderer Vertragspartner formell nicht ausgesprochen ist. Die Vorschrift des Artikel 34 des Grundgesetzes, daß der ordentliche Rechtsweg bei der Geltendmachung der Amtshaftung nicht ausgeschlossen werden darf, steht dieser Regelung jedenfalls deshalb nicht im Wege, da das Grundgesetz hier naturgemäß nur von deutschen öffentlichen Ämtern spricht, europäische Behörden mit dieser Vorschrift also nicht gemeint und nicht gebunden sind. IV. Der Gerichtshof selbst ist zuständig für 1. Nichtigkeitsklagen gegen Entscheidungen und Empfehlungen des a) Kommissariats wegen aa) Unzuständigkeit bb) Verletzung wesentlicher Formvorschriften cc) Verletzung des Vertrages oder von Durchführungsnormen dd) Ermessensmißbrauch auf Antrag von Mitgliedstaat oder Rat oder Versammlung (Artikel 54 V). b) Rates wegen aa) Unzuständigkeit bb) Verletzung wesentlicher Formvorschriften cc) Verletzung des Vertrages oder von Durchführungsnormen dd) Ermessungsmißbrauch auf Antrag von Mitgliedstaat, Kommissariat oder Versammlung (Artikel 57 V). c) gegen Beschlüsse der Versammlung (sog. Aufhebungsklagen) wegen aa) Unzuständigkeit bb) Verletzung wesentlicher Formvorschriften auf Antrag von Mitgliedstaat oder Kommissariat (Artikel 58 V). 2. Klagen wegen Untätigkeit des Kommissariats, auf Antrag von Mitgliedstaat oder Rat (Artikel 55 V). 3. Klagen wegen tiefgreifender und anhaltender Störung durch Handlungen oder Unterlassungen des Kommissariats, auf Antrag eines Mitgliedstaates (Artikel 56 V). 4. Streitigkeiten a) über die Haftung der Gemeinschaft (Artikel 60 V). b) über die Rechtsstellung der im Dienst der Gemeinschaft stehenden Personen (Artikel 60 V). c) auf Grund einer Schiedsklausel in öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Verträgen der Gemeinschaft (Artikel 63). d) auf Grund einer Zuständigkeitserklärung in einer Zusatzbestimmung zu diesem Vertrag oder in nationalen Gesetzen (Artikel 64 V). e) unter Mitgliedstaaten (Artikel 65 V), und zwar über aa) alle Streitigkeiten über die Anwendung dieses Vertrages bb) Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Gegenstand dieses Vertrages stehen, auf Grund eines Schiedsvertrages. 5. Strafsachen (Artikel 61 V) 6. Vorabentscheidungen über die Gültigkeit von Entscheidungen oder Empfehlungen des Kommissariats sowie von Beschlüssen des Rates in Streit- (Dr. Jaeger) sacken, die vor nationalen Gerichten anhängig sind (Artikel 62 V). Die Nichtigkeitsklagen nach Ziffer 1 a haben ihr Vorbild in Artikel 33 des Schumanplanes, diejenigen nach 1 b und c in Artikel 38 des Schuman-planes. Gegenüber dessen Möglichkeiten, den Gerichtshof anzurufen, ist besonders das Anfechtungsrecht gegen Beschlüsse des Rats erweitert worden, da dieser in der EVG größere Bedeutung hat als in der Montan-Union. Kann die Klage nach Artikel 38 Sch. Pl. nur auf Unzuständigkeit oder Verletzung wesentlicher Vorschriften gestützt werden, so nach Artikel 57 V auch auf Verletzung des Vertrages oder irgendeiner bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm, ja darüber hinaus sogar auf Ermessensmißbrauch. Die Klagen nach Ziffer 2 und 3 haben ihr Vorbild in den Artikeln 35 und 37, die nach Ziffer 6 und 4 c und d in den Artikeln 41 bis 43 des Schumanplans. Der in Artikel 40 des Schumanplans vorgesehenen Regelung des Schadensersatzes entspricht oben Ziffer 4 a; die Amtshaftung ist im Justizprotokoll erheblich erweitert worden (siehe unten!). Der Artikel 36 des Schumanplans über die Nachprüfung von finanziellen Sanktionen und Zwangsgeldern hat in der EVG naturgemäß keine Entsprechung. Die Klagemöglichkeit wegen der Rechtsstellung der im Dienst der Gemeinschaft stehenden Personen (Ziffer 4 b) in Strafsachen (Ziffer 5) und bei Streitigkeiten unter Mitgliedstaaten (Ziffer 4 e) haben im Schumanplan keine Entsprechung. Das Justizprotokoll, das als Zusatzbestimmung zum vorliegenden Vertrag gemäß Artikel 64 V anzusehen ist (siehe oben 4 d), enthält zusätzlich Bestimmungen über die Zuständigkeit des Gerichtshofes selbst. Er ist für alle Streitigkeiten zwischen der Gemeinschaft einerseits und den Mitgliedstaaten oder den auf ihrem Gebiet bestehenden öffentlich-rechtlichen Körperschaften andererseits in Fragen der Amtshaftung ausschließlich zuständig (Artikel 16 J. Pr.). Ist in Fragen der Amtshaftung Berufung gegenüber der Entscheidung der Schadenskammer eingelegt, so kann diese statt vor den Landessenat vor dem Gerichtshof selbst verhandelt werden, wenn der Fall Grundsatzfragen aufwirft und die Schadenssumme 3000 US-Dollar übersteigt (Artikel 13 Absatz I J. Pr.). Eine besondere Regelung, die im deutschen Recht keine Entsprechung findet, ist im Anschluß an vorstehende Bestimmung festgelegt. Falls die Schadenssumme die erwähnte Grenze nicht überstiegen hat, kann das Kommissariat — und zwar nur dieses, nicht aber die Gegenpartei —, wenn der Fall Grundsatzfragen aufwirft, zur Wahrung der Rechtseinheit den Gerichtshof gegen die bereits erlassene und rechtskräftige Entscheidung des Landessenats anrufen. Auch bei abweichender Meinung des Gerichtshofes bleibt für die Parteien die Entscheidung des Landessenats endgültig. Der Gerichtshof kann nur die involvierte Rechtsfrage nochmals nachprüfen. — Gegen diese Regelung lassen sich erhebliche Bedenken vorbringen. Eine Benachteiligung einer Partei ist zwar, da die Entscheidung des Landessenats für die Parteien gültig bleibt, nicht zu erwarten. Die Befassung des Gerichtshofes mit einer demgemäß nur noch theoretischen Frage ist aber an sich nicht begrüßenswert. Sie könnte außerdem zu einer nach deutscher Rechtsüberlieferung unerwünschten Überbetonung von Präjudizien führen. Eine Erweiterung der Befugnisse des Gerichtshofes ist im Zusammenhang mit dem Militärstrafrecht vorgesehen (Artikel 19 Absatz II J. Pr.). Vorerst entscheidet der Gerichtshof in diesem Zusammenhang über 1. Zuständigkeitsstreitigkeiten, 2. Rechtsfragen, die sich auf die Auslegung des Vertrages, der Zusatzprotokolle und der sie ergänzenden Vorschriften beziehen, 3. alle anderen Fragen, in denen er gegebenenfalls später Zuständigkeiten erhält, insbesondere soweit bestimmte Straftaten von Mitgliedern der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte eine schwere Verletzung der Interessen der Gemeinschaft darstellen (Artikel 22, Ziffer 1 in Verbindung mit Artikel 30 J. Pr.). V. Über die Zuständigkeit der übrigen rechtsprechenden Organe ist bisher festgelegt: Die Landessenate entscheiden 1. Über die Schuldfrage, falls Streit darüber entsteht, ob Schadenshandlungen in Ausübung der dienstlichen Tätigkeit begangen sind, soweit nicht eine Verweisung an den Gerichtshof selbst erfolgt (Artikel 7, § 1, Absatz 2), 2. Bei Berufungen gegen Entscheidungen der Schadenskammern, soweit diese nicht an den Gerichtshof selbst verwiesen werden, und zwar in letzter Instanz (Artikel 12 J. Pr.), 3. in Strafsachen nach noch zu treffender Regelung (Artikel 23 J. Pr.). Die Schadenskammern entscheiden über die Anträge auf Schadenersatz, falls vor der Kammer kein gütlicher Ausgleich zustande kommt (Artikel 10 J. Pr.). VI. Den beim Gerichtshof erhobenen Klagen kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Der Gerichtshof kann jedoch, wenn es die Umstände erfordern, die Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung oder Empfehlung aussetzen, sowie jede andere erforderliche einstweilige Anordnung treffen (Artikel 59 V; — Artikel 56, § 2 V). Die Berufung gegen die Entscheidung einer örtlichen Schadenskammer hat aufschiebende Wirkung (Artikel 11 Absatz II, letzter Satz J. Pr.). Die Zwangsvollstreckung der Entscheidungen des Gerichtshofes und der Landessenate sowie der rechtskräftigen Entscheidungen der örtlichen Schadenskammern erfolgt nach nationalem Recht (Artikel 66 V und Artikel 15 J. Pr.). Im Ermessen der örtlichen Schadenskammern liegt eine vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung durch Abschlagszahlung auf die Schadenersatzsumme (Artikel 10, § 3, Absatz IV J. Pr.). Das Gnadenrecht bezüglich der Straftaten, wegen deren Verurteilung erfolgt ist, wird durch die im Herkunftsstaat zuständige Stelle ausgeübt (Artikel 27 J. Pr.). Die Strafvollstreckung erfolgt bei Freiheitsstrafen über 6 Monate durch die Behörden des Herkunftsstaates, für Freiheitsstrafen unter 6 Monaten kann Vollstreckung anderweitig geregelt werden (Artikel 28 J. Pr.). Die Art und Weise der Rechtshilfe sowie die Befugnisse der Militärpolizei und der Polizei des Aufenthaltsstaates auf dem Gebiet der Strafverfolgung bleiben nach Artikel 30 Ziffer 7 und 8 J. Pr. dem schon erwähnten besonderen Abkommen vorbehalten. (Dr. Jaeger) VII. Über den Gerichtshof des Schumanplanes hat der Abgeordnete Dr. Preusker auf Seite 5 seines schon erwähnten Berichtes (zu Drucksache Nr. 2950) ausgeführt: „Im Gegensatz zur schwachen Ausbildung der Legislative ist die richterliche Gewalt des Schumanplans, der ,Gerichtshof, mit so weitgehenden Befugnissen ausgestattet worden, daß in ihm tatsächlich eine echte überstaatliche Institution erblickt werden darf". Im Ausschuß wurden allerdings Zweifel laut, ob bei der rechtsprechenden Gewalt im Rahmen der EVG eine echte Integration geglückt sei. Die endgültige Klärung dieser Frage wird nur die Praxis bringen können. C. Amtshaftung (Die nachfolgenden Artikel und Paragraphen beziehen sich, soweit nicht anders vermerkt, auf das Justizprotokoll.) Die Frage der Amtshaftung wird schon in Artikel 40 des Schumanplanes geregelt. Innerhalb der EVG ist jedoch angesichts der vielfach größeren Zahl der von ihr unmittelbar erfaßten Menschen und der Art ihrer Tätigkeit die Amtshaftung von wesentlich größerer Bedeutung als innerhalb der Montan-Union. Demgemäß findet die Amtshaftung in den vorliegenden Bestimmungen auch eine erhebliche stärkere Ausgestaltung. Da die Bundesrepublik Deutschland als Grenzland im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedstaaten naturgemäß einen besonders hohen Anteil an Schadensfällen haben wird, wird die Regelung der Amtshaftung auf deutscher Seite besonderes Interesse finden. Im Hinblick auf die Vielzahl der von möglichen Schadensfällen Betroffenen sowie die Notwendigkeit einer möglicherweise häufigen Standortverlegung der Truppen, deren Einheitsführer und sonstige Mitglieder verschiedenen Nationen angehören, ist ein einheitliches Haftungsrecht auf die Dauer unumgänglich. Die Vereinheitlichung des materiellen Rechts ist eine langwierige Angelegenheit, deren Bewältigung jedoch beabsichtigt ist (Artikel 2, § 3). Es mag bei der Vielgestaltigkeit des Problems auch zweckmäßig sein, die Rechtsbildung vorerst dem Richterspruch zu überlassen. Schon jetzt aber wird eine angleichende Vereinigung der Grundsätze der verschiedenen nationalen Rechtssysteme angestrebt (a.a.O.). Die Gemeinschaft haftet gemäß der Generalklausel des Artikels 1 für Schäden, die durch Amtsfehler herbeigeführt sind. Sie kann außerdem, auch wenn kein Amtsfehler vorliegt, haftbar sein. Im einzelnen wird die Haftpflicht der Gemeinschaft in folgenden Fällen begründet: 1. Für Schäden, die durch Verschulden der in Diensten der Gemeinschaft stehenden Personen bei Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit entstanden sind (Artikel 1 und 6, Absatz 1). 2. Für Schäden durch die in ihrer Obhut stehenden Liegenschaften und Einrichtungen, unbeschadet der etwaigen Haftung des Eigentümers nach nationalem Recht (Artikel 2, § 1). 3. Für Schäden auf Tätigkeitsgebieten der Gemeinschaft, die eine besondere Gefahr für Dritte darstellen (Artikel 2, 5 2). 4. Für Schäden des Verkehrsnetzes oder der öffentlichen Anlagen aus der Benutzung durch Streitkräfte oder Dienststellen der Gemeinschaft, falls die Schäden nach Art und Umfang merklich über das Maß dessen hinausgehen, das sich aus der gewöhnlichen Benutzung ergibt (Artikel 4). 5. Für Schäden von Gegenständen, die der Gemeinschaft vertraglich durch einen Mitgliedstaat oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts zur Verfügung gestellt worden sind, soweit nicht anderes bestimmt wird (Artikel 5). 6. Für Übungs-, Manöver- und Unterbringungsschäden (Artikel 17, Absatz I). Für außerhalb des Dienstes verursachte Schäden ist eine Billigkeitsentschädigung ohne Rechtsanspruch, je nach den Umständen des Falles, insbesondere dem Verhalten des Geschädigten möglich, kann jedoch gerichtlich nicht angefochten werden (Artikel 7, § 2). Die Amtshaftung wird ausgeschlossen oder vermindert, soweit der Schaden nachweislich durch den Geschädigten oder einen Dritten verschuldet oder durch höhere Gewalt herbeigeführt ist (Artikel 2, § 1, Absatz II). Wenn aus der Tätigkeit der Dienststellen oder den in ihrer Obhut stehenden Liegenschaften oder Einrichtungen eine außergewöhnlich schwere Gefahr für Dritte entspringt, so kann die Haftung nur insoweit ausgeschlossen oder gemindert werden, als der Schaden nachweislich auf dem Verschulden des Geschädigten beruht (Artikel 3). Soweit die Amtshaftung der Gemeinschaft eingreift, ist gemäß der im deutschen Recht geltenden Regelung, aber in Abweichung von den Bestimmungen des Artikels 40, Absatz II des Schumanplanes die persönliche Haftung der im Dienste der Gemeinschaft stehenden Personen gegenüber Dritten ausgeschlossen (Artikel 6, Absatz II). Dementsprechend ist ein Regreßanspruch der Gemeinschaft gegen die genannten Personen bei besonders schwerem Verschulden zulässig; diese haften außerdem, falls sie durch besonders schweres Verschulden einen unmittelbaren Schaden der Gemeinschaft herbeigeführt haben (Artikel 8). Für körperliche Schäden, die ein Mitglied der Streitkräfte bei Ausübung, seines Dienstes erlitten hat, kann sein Herkunftsland von der Gemeinschaft Schadenersatz nicht verlangen (Artikel 9). Bei der Geltendmachung von Ansprüchen ist nicht der Heimatstaat, sondern die EVG passiv legitimiert. Die Geltendmachung erfolgt vor den örtlichen Schadenskammern, die die notwendigen Untersuchungen, Nachprüfungen und Gutach ten veranlassen. Das Verfahren zerfällt in ein Güte-, und wenn dieses nicht zum Erfolg führt, in ein Streitverfahren. Die Entscheidung setzt den dem Antragsteller zustehenden Schadenersatz fest, ist also ein Leistungs-, nicht ein Feststellungsentscheid (Artikel 10, §§ 1 und 3). Ober eine Berufung entscheidet, falls nicht Grundsatzfragen berührt werden und die Schadenssumme von 3000 US-Dollar überstiegen wird, der Landessenat, sonst der Gerichtshof in letzter Instanz (Artikel 12 und 13). Die Art und Weise der Feststellung und Schätzung der Übungs-, Manöver- und Unterbringungsschäden wird durch Verordnung des Kommissariats bestimmt, die nach Anhörung der Regierungen der in Frage kommenden Mitgliedstaaten der Zustimmung einer 2/3-Mehrheit des Rates bedarf (Artikel 17, Absatz II). Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die vorstehend erwähnten Bestimmungen noch nicht die endgültige Kodifizierung darstellen, muß man (Dr. Jaeger) die Ausgestaltung der Amtshaftung als durchaus befriedigend ansehen. Sie entspricht im wesentlichen den gerade in Deutschland entwickelten rechtsstaatlichen Grundsätzen. Das Interesse der deutschen Geschädigten erscheint insbesondere durch die Schaffung örtlicher und damit den Vorgängen und den Antragstellern naher Schadenskammern sowie die Zusammensetzung der Landes-senate gewahrt. D. Militärstrafrecht (Die nachfolgenden Artikel und Paragraphen beziehen sich, soweit nicht anders vermerkt, auf das Justizprotokoll.) I. Die Bestimmungen über eine Justizhoheit der Gemeinschaft auf dem Gebiete des Strafrechtes stellen auf dem Gebiete der europäischen Einigung ein Novum dar, da solche Bestimmungen im Schumanplan fehlen. Mit dem Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages übertragen die Mitgliedstaaten ihre Strafgewalt, soweit es sich um Straftaten von Mitgliedern der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte handelt, auf die EVG (Artikel 18). Diese Regelung macht alsbald die Einführung eines einheitlichen materiellen und formellen Strafrechtes notwendig. Dieses ist auch unter Erweiterung der Befugnisse des Gerichtshofes vorgesehen (Artikel 19 und Einleitung zum Strafrechtsprotokoll). Auf ein einheitliches Militärstrafgesetzbuch kann um so weniger verzichtet werden, als das Zivilrecht auch vom Richter geschaffen werden kann, Strafrecht jedoch nicht; denn den der EVG angeschlossenen europäischen Staaten ist der in einigen von ihnen auch verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz gemeinsam, daß keine Strafe ohne gesetzliche Grundlage erlassen werden darf. Mit der Einführung eines gemeinsamen Militärstrafgesetzbuches wird notwendigerweise zugleich ein eineitlicher allgemeiner Teil des euroäischen Strafrechts überhaupt, also auch seines zivilen Sektors, geschaffen werden. Da die Rechtssysteme aller Mitgliedstaaten der EVG auf dem gemeinsamen Erbe des römischen Rechts gewachsen sind, dürften die hierbei erwachsenen Schwierigkeiten nicht unüberwindlich sein. Nachdem man darauf verzichtet hat, das Militärstrafgesetzbuch einer europäischen Nation, etwa das der Schweizer Eidgenossenschaft, zur vorläufigen allgemeinverbindlichen Norm zu erheben, mußte man notgedrungen auf die nationalen Militärstrafgesetzbücher der einzelnen Mitgliedstaaten zurückgreifen und sich im übrigen auf Kompetenzregelung und Kollisionsnormen beschränken. Für die Bundesrepublik Deutschland, die über ein gültiges Militärstrafgesetzbuch im Augenblick nicht verfügt, bedeutet dies, daß vor der Einführung des europäischen Militärstrafgesetzbuches ein deutsches neu geschaffen werden muß. Dies bringt den Vorteil einer Stärkung der deutschen Position bei den Verhandlungen über die Angleichung des nationalen Strafrechts dadurch mit sich, daß man von deutscher Seite bereits gültige und moderne Normen zur Grundlage der Verhandlungen machen kann. II. Bis zum Inkrafttreten der vorgesehenen europäischen Strafgesetzgebung ist eine Übergangsregelung getroffen (Artikel 20). Die Mitglieder der europäischen Verteidigungsstreitkräfte, also sowohl das militärische als auch das zivile Personal, unterstehen, soweit nicht nach Artikel 30 Ziffer 3 auf die Ausübung der europäischen Gerichtsbarkeit gemäß ' noch zu erlassender Bestimmungen verzichtet wird, nach Artikel 24 europäischen Gerichten. Die diesen unterworfenen Personen unterstehen weiterhin ausschließlich dem Rechte ihres Herkunftsstaates, soweit nicht ausdrücklich Ausnahmen zugunsten des Rechtes des Aufenthaltsstaates vorgesehen sind (Artikel 26 § 1). Bei diesen Ausnahmen ist einmal von dem streng gebietsmäßigen Charakter bestimmter Rechtsnormen, etwa auf dem Gebiet des Straßenverkehrs, der Jagd und der Fischerei, auszugehen, sodann von den Belangen des Aufenthaltsstaates und seiner Einwohner, insbesondere bei Straftaten, die sich gegen diesen Staat oder seine Einwohner richten und nach dem Gesetz des Herkunftsstaates nicht oder nur mit geringeren Strafen geahndet werden (Artikel 26 § 2). Es ist zu hoffen, daß die sich aus dieser Regelung ergebenden unausweichlichen Schwierigkeiten möglichst bald durch die Einführung eines gemeinsamen europäischen Militärstrafgesetzbuches beseitigt werden. Die unterhaltsberechtigten Personen, also die Familienangehörigen der Mitglieder der europäischen Streitkräfte, unterstehen außerhalb des Gebietes ihres Herkunftsstaates den zuständigen Gerichten des Aufenthaltsstaates, soweit nicht ausdrücklich Ausnahmen vorgesehen werden, die unter Beachtung der Verfassungsvorschriften jedes einzelnen Mitgliedstaates bestimmt werden ( Artikel 25). Richtet sich eine Straftat gegen die EVG oder die Person oder das Vermögen eines Mitgliedes der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte, so sollen die unterhaltsberechtigten Personen der europäischen Gerichtshoheit unterstehen und zur Aburteilung vor das Gericht kommen, das für die Aburteilung des Familienoberhauptes in seiner Eigenschaft als Mitglied der Verteidigungsstreitkräfte zuständig wäre (Artikel 30 Ziff. 4 Absatz 2). Die nach dem Strafrecht ihres Herkunftslandes Minderjährigen unter stehen ausschließlich der Gerich';sbarkeit dieses Landes (Artikel 30 Ziff. 4 Absatz 4). III. Die nationalen gesetzlichen Vorschriften über die Bestrafung von Straftaten gegen die eigenen Streitkräfte, ihre Einrichtungen und ihre Mitglieder finden auf Taten gleicher Art gegen die Streitkräfte der EVG und ihre Mitglieder Anwendung (Artikel 29 § 1). Die Regierungen der Mitgliedstaaten werden ihren gesetzgebenden Körperschaften die für notwendig erachteten Gesetzesvorlagen machen, um auf ihrem Hoheitsgebiet Sicherheit und Schutz der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte, ihrer Einrichtungen, ihres Materials, ihres Eigentums und ihrer Archive und Urkunden sowie die Bestrafung von Straftaten gegen diese Gesetzgebung sicherzustellen (Artikel 29 § 2). IV. irber die Grundlagen der kommenden gemeinsamen Gesetzgebung auf dem Gebiete des Militärstrafrechts wurde ein Einverständnis in der Form des oben unter A, Ziffer 5 aufgeführten Strafrechtsprotokolls erzielt. Die hierbei festgelegten Grundsätze entsprechen im wesentlichen der rechtsstaatlichen Überlieferung, wie sie sich gerade auch in Deutschland im Laufe des letzten Jahrhunderts herausgebildet hat. Auf eine Anführung im einzelnen kann hier verzichtet und auf das Strafrechtsprotokoll selbst verwiesen werden. In Ziffer 7 des Strafrechtsprotokolls sind als Hauptstrafen die Todesstrafe, Freiheitsstrafen und (Dr. Jaeger) möglicherweise Geldstrafen vorgesehen. Ziffer 8 lautet wörtlich: „Für Täter, die Staatsangehörige von Ländern sind, in denen die Todesstrafe abgeschafft ist, kann eine lebenslängliche Freiheitsstrafe an die Stelle der Todesstrafe treten". Das Wörtchen „kann" hat sachlich die Bedeutung eines „muß", d. h. die Todesstrafe kann gegen Deutsche im Hinblick auf Artikel 102 des Grundgesetzes nicht ausgesprochen werden. Gerade im Hinblick auf diese verfassungsrechtliche Bestimmung wurde von deutscher Seite die Anregung zur Abfassung der zitierten Ziffer 8 des Strafrechtsprotokolls gegeben. Die Formulierung als Kann-Vorschrift entspricht nur der allgemeinen Terminologie des Strafrechtsprotokolls und enthält die Ermächtigung, bei der kommenden Strafrechtsgesetzgebung Ausnahmen nationaler Art vom Prinzip der Todesstrafe zuzulassen. Dies ergibt sich überdies aus Artikel 19 des Justizprotokolls, nach dem das kommende Militärstrafgesetzbuch „unter Beachtung der in jedem Mitgliedstaate geltenden Verfassungsvorschriften" ausgearbeitet werden muß. Ein Widerspruch zum Grundgesetz ist in den erwähnten Vorschriften also nicht zu finden. Anhang über einzelne Bestimmungen des Vertrages über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundsrepublik Deutschland (Truppenvertrag) I. Gegenstand des Berichtes ist der Vertrag über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland (Anlage 2 zur Bundestagsdrucksache Nr. 3500, Seite 24 ff.), genannt Truppenvertrag, mit Ausnahme des Titels II (Artikel 6 bis 16), der Gerichtsbarkeit und Verfahren behandelt, sowie der Artikel 32 bis 36 und 17, 18, 37 bis 45, die Finanz-und Wirtschaftsfragen betreffen. Die nachfolgenden Artikel und Paragraphen beziehen sich, soweit nicht ausdrücklich anders bemerkt, auf den Truppenvertrag. II. Eine politische Wertung des Truppenvertrages hinsichtlich seiner Stellung im gesamten Vertragswerk wurde von anderer Seite vorgenommen. Immerhin darf festgehalten werden, daß es sich bei den im Truppenvertrag erfaßten Streitkräften um fremde Truppen handelt, im Gegensatz zu den Truppen der EVG, die eigene übernationale Verbände der Gemeinschaft darstellen. Wenn im Text des Truppenvertrages ständig von den Drei Mächten gesprochen wird, so sind hiermit auf die Dauer nur die Vereinigten Staaten und Großbritannien gemeint, denn Frankreich scheidet spätestens am 30. Juni 1953 aus dem Kreise der durch den Truppenvertrag berechtigten Mächte aus (Artikel 50 und Anhang C). Im übrigen werden durch Rechte und Pflichten aus dem Truppenvertrag die Bestimmungen des EVG-Vertrages nicht berührt. Widersprüche zwischen den Rechten und Pflichten der Unterzeichnerstaaten aus beiden Verträgen werden durch Vereinbarungen zwischen den beteiligten Regierungen geregelt (Artikel 49). Der Inhalt des Truppenvertrages kann im gemeinen zwar nicht als hochpolitisch bezeichnet werden, wird sich aber in der Praxis als besonders bedeutsam erweisen für die Tätigkeit der Verwaltung und der Justiz sowie für das tägliche Leben des Staatsbürgers. Es dürfte deshalb von besonderer Bedeutung sein, daß Streitigkeiten aus dem Truppenvertrag der Schiedsgerichtsbarkeit unterliegen und daß der Truppenvertrag, unbeschadet des Artikels 10 des Vertrages über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten, auf Antrag eines der Unterzeichnerstaaten nach Ablauf von zwei Jahren nach seinem Inkrafttreten jederzeit überprüf t werden kann (Artikel 51). III. Im ersten Titel des Truppenvertrages wird eine Reihe von Begriffen (diesbezüglich siehe Artikel 1) und allgemeinen Bestimmungen festgelegt. Die Bestimmung der gegenseitigen Pflichten und Rechte soll auf den Grundsätzen der Gleichberechtigung der Vertragspartner und der Anerkennung der deutschen Staatshoheit beruhen. So übernehmen die Mitglieder der Streitkräfte, soweit nicht ausdrücklich anderes vereinbart wird, die Pflicht zur Beachtung des deutschen Rechts, ihre Behörden die Pflicht für die Durchsetzung dieses Rechts gegenüber den Mitgliedern der Streitkräfte (Artikel 2 Absatz 1). Die letzteren enthalten sich jeder Betätigung, die mit dem Geist des Truppenvertrages unvereinbar ist, insonderheit jeder politischen Betätigung (Artikel 2 Absatz 2). Die Streitkräfte nehmen grundsätzlich bei der Geltendmachung ihrer Rechte auf die deutschen Interessen, seien sie öffentlicher oder privater Art, Rücksicht, insonderheit auf die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sowie den wesentlichen innerdeutschen und Ausfuhrbedarf der Bundesrepublik und Westberlins (Artikel 3 Absatz 1). Die deutschen Behörden verpflichten sich, auf dem Gebiet der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung ihre verfassungsmäßigen Befugnisse im Interesse des Schutzes und der Sicherheit der Streitkräfte, ihrer Mitglieder und des Eigentums beider auszuüben und die Befriedigung des Bedarfs der Streitkräfte zu gewährleisten (Artikel 3 Absatz 2). Hierbei ist nicht an eine, naturgemäß verfassungswidrige, unterschiedliche Auslegung von Rechtsnormen gedacht, sondern nur an die Ausfüllung des Ermessensspielraums. Jede Diskriminierung der Streitkräfte, ihrer Mitglieder und ihres Eigentums gegenüber den für im Inland ansässige Ausländer üblichen Bestimmungen, dem Völkerrecht und der internationalen Praxis ist ausgeschlossen (Artikel 3 Absatz 4). Die Vertragspartner verpflichten sich zur Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterstützung bei der Förderung und Wahrung der Sicherheit der Bundesrepublik und einer der beteiligten Mächte sowie der im Bundesgebiet stationierten Streitkräfte. Diese Zusammenarbeit erstreckt sich auch auf die Sammlung und den Austausch, sowie auf den Schutz der Sicherheit aller einschlägigen Nachrichten. Eine enge gegenseitige Verbindung zwischen den deutschen Behörden und denen der Streitkräfte ist gewährleistet (Artikel 4 und 5). Zugleich mit dem Truppenvertrag treten gemäß Artikel 3 Absatz 3 die Vorschriften des Anhangs A zum Vertrag in Kraft. Diese gewährleisten als Strafvorschriften den Schutz der Drei Mächte, der Streitkräfte und ihrer Mitglieder durch Bestimmungen über den Verrat militärischer Angelegen- (Dr. Jaeger) heften, Sabotage, Untergrabung der Dienstbereitschaft und Manneszucht der Streitkräfte, Beschimpfungen der Streitkräfte und entsprechende Anwendung von im einzelnen aufgeführten Vorschriften des deutschen Strafgesetzbuches zugunsten der Streitkräfte. Die Bundesrepublik verpflichtet sich, den hierdurch gewährleisteten Rechtsschutz nicht zu vermindern. Diese Bestimmungen gehen über den in Artikel 29 des Justizprotokolls zum EVG-Vertrag bewirkten strafrechtlichen Schutz der Mitgliedstaaten der EVG hinaus. Denn für diese ist nur bestimmt, daß die nationalen gesetzlichen Vorschriften über die Bestrafung von Straftaten gegen die eigenen Streitkräfte, ihre Einrichtungen oder ihre Mitglieder auf Taten gleicher Art gegen die Europäischen Verteidigungsstreitkräfte und ihre Mitglieder Anwendung finden und daß in jedem Mitgliedstaat die Regierung dem Parlament die notwendigen Gesetzesvorlagen macht, um Sicherheit und Schutz der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte, ihrer Einrichtungen, ihres Materials, ihres Eigentums, ihrer Archive und Urkunden, sowie die Bestrafung von Straftaten gegen diese Gesetzgebung sicherzustellen. Es bleibt bedauerlich, daß sich die Drei Mächte im Truppenvertrag nicht mit der Anwendung der Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuches und der Verpflichtung zu einer ergänzenden Gesetzgebung durch die verfassungsmäßigen Organe der Bundesrepublik begnügt haben, sondern auf einer unmittelbar bindenden Festlegung der Strafvorschriften im Rahmen des Vertrages bestanden haben. Dem sachlichen Inhalt nach dürfte ein wesentlicher Unterschied zwischen dem auf die beiden Methoden zu erreichenden Ergebnis nicht bestehen. IV. Aus den oben angeführten Grundsätzen werden im Teil III die Konsequenzen für die einzelnen Gebiete der Verwaltung und Versorgung der Truppen zu ziehen versucht. Dabei behandelt der 1 Abschnitt ,,Einzelne`` Verwaltungsgebiete (Artikel 17 bis 36) die hoheitliche, der 2. Abschnitt ,,Versorgung" (Artikel 37 bis 48) die obligatorische Seite der Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Hier interessiert nur ein Teil der dort aufgeführten Bestimmungen. Zur Durchführung von Manövern und sonstigen Übungen haben die deutschen Behörden nach rechtzeitiger vorheriger Verständigung auf Antrag der Streitkräfte die notwendigen Verwaltungsmaßnahmen zu treffen, an deren Durchführung die Streitkräfte mitwirken können. Die deutschen Verwaltungsmaßnahmen sind genügend weit zu halten, um den Streitkräften selbst zu gestatten, die zur Erfüllung des militärischen Zweckes erforderlichen Einzelmaßnahmen zu treffen (Artikel 19). Mit dieser Regelung des Manöverrechts unterscheidet sich der Truppenvertrag vom EVG-Vertrag und dem NATO-Statut, die beide darüber nichts enthalten. Nun wird sich auch im Rahmen der EVG eine entsprechende Regelung als notwendig erweisen. Gerade weil es sich bei den vom Truppenvertrag erfaßten Streitkräften um fremde Truppen handelt, bestand aber ein deutsches Interesse daran, von vornherein das besatzungsrechtliche Manöverrecht im Truppenvertrag zu beseitigen und den Umfang des künftigen Manöverrechts klarzustellen. Unmittelbar der Verteidigung dienende Anlagen und Werke sowie Sicherheitsvorrichtungen errichtet und ändert die Bundesrepublik in dem für die Verteidigung erforderlichen Ausmaß. Nur sofern ein besonderes Geheimhaltungs- oder Sicherheitserfordernis vorliegt, können die Streitkräfte nach vorheriger Konsultation der Bundesregierung derartige Anlagen und Werke selbst errichten und ändern. Diesbezüglich und im Hinblick auf die Rechte der Streitkräfte in bezug auf diese Anlagen sowie die Abgrenzung deutscher und alliierter Rechtsvorschriften sind weitere Vereinbarungen getroffen (Artikel 20 und 21). Die Streitkräfte und ihre Mitglieder besitzen besondere Privilegien: Anlagen, Archive, Dokumente und Postsendungen unterliegen mit gewissen Einschränkungen nicht dem Zutritt, der Durchsuchung und Beschlagnahme oder der Zensur durch deutsche Behörden (Artikel 22). Bei Ein- und Ausreisen bzw. Aufenthalten in der Bundesrepublik werden Mitglieder der Streitkräfte von einigen allgemein bindenden Bestimmungen freigestellt (Artikel 25). Mitglieder der Streitkräfte können nur von der beteiligten Macht aus dem Bundesgebiet entfernt werden (Artikel 28 Absatz 1). Ein formales Recht der Bundesbehörden, die Ausweisung eines Mitgliedes der Streitkräfte zu verlangen, besteht also im Gegensatz zu den Rechten der Aufenthaltsstaaten nach dem NATO-Abkommen nicht. Ein Bedürfnis hierzu hat auch nicht in dem gleichen Maße bestanden, da dann, wenn die Drei Mächte in Deutschland Personen als Mitglied der Streitkräfte führen, die nach den Bestimmungen des Truppenvertrages nicht Mitglieder der Streitkräfte sein dürfen, die Möglichkeit besteht, das Schiedsgericht anzurufen, eine Möglichkeit, die bei EVG und NATO nicht besteht. Über ein Ersuchen um Auslieferung von Mitgliedern der Streitkräfte entscheidet die beteiligte Macht, also diejenige Macht, deren Rechte und Verpflichtungen im konkreten Fall betroffen sind. Erhalten die deutschen Behörden ein Auslieferungsersuchen von einer anderen Regierung als einer der Drei Mächte, so teilen sie, falls eine solche Auslieferung nach deutschem Recht nicht unzulässig ist, dieses den Behörden der Drei Mächte schriftlich mit. Die Behörden der Drei Mächte können binnen 21 Tagen bei den deutschen Behörden Einwendungen gegen die Auslieferung erheben. Beabsichtigen die deutschen Behörden dennoch die Auslieferung zu bewilligen, so entscheidet ein Schiedsrichter (Artikel 27). Hiernach kann kein deutscher Zivilist ausgeliefert werden. Schwierigkeiten wegen deutscher Staatsangehöriger können sich unter Umständen nur ergeben, wenn ein solcher Mitglied der Streitkräfte einer der Drei Mächte ist. Man wird allerdings nicht leugnen können, daß ein solcher deutscher Staatsangehöriger durch die Eingliederung in einen fremden militärischen Verband in gewissem Umfang aus den Bindungen zu seinem Heimatstaat gelöst wird. Praktisch kann es sich hierbei nur um solche Personen handeln, die im Ausland Mitglieder der amerikanischen Streitkräfte geworden sind, also um einige wenige Grenzfälle von Emigranten. Die Polizei der Streitkräfte hat das Recht zum Streifendienst gegenüber den Mitgliedern der Streitkräfte (Artikel 23), die durch die zuständige Behörde der beteiligten Mächte mit Personalsausweisen zu versehen sind (Artikel 24). Für das Verhältnis zwischen der deutschen Polizei und der Militärpolizei gilt der in Artikel 4 festgelegte Grundsatz der gegenseitigen Zusammenarbeit und Unterstützung bei der Förderung und Wahrung der Sicherheit der Bundesrepublik und der beteiligten (Dr. Jaeger) Mächte sowie der Sicherheit der Streitkräfte, ihrer Mitglieder und des Eigentums der Streitkräfte und ihrer Mitglieder. Deutsche und alliierte Sicherheitsinteressen sind demnach bei der Zusammenarbeit von allen Seiten gleichermaßen zu wahren. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Streitkräfte nur solche Polizeibefugnisse haben, die im Truppenvertrag ausdrücklich umschrieben sind. Die Polizeibefugnisse der Streitkräfte gegenüber Personen, die der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen, bestehen außerhalb von Anlagen nur in Ausnahmefällen nach Artikel 7 des Truppenvertrages; entsprechendes gilt für die Befugnisse der deutschen Polizei gegenüber Mitgliedern der Streitkräfte. Im Rahmen des Grundgesetzes und der internationalen Abmachungen über den Reiseverkehr arbeiten die deutschen Behörden mit denen der Drei Mächte zusammen, um die unerwünschte Einreise oder Ausreise von solchen Personen zu verhindern, die seitens einer oder mehrerer der Drei Mächte als der Sicherheit der Streitkräfte abträglich erachtet wird (Artikel 26). Sind die Behörden der Drei Mächte der Auffassung, daß der Aufenthalt einer solchen Person im Bundesgebiet ihre Sicherheit gefährdet, so können sie den deutschen Behörden die nach dem Grundgesetz zulässigen Maßnahmen hinsichtlich des Aufenthaltes der betreffenden Personen empfehlen (Artikel 28 Absatz 2). Die verfassungsmäßigen Grundrechte bleiben also gewahrt. Die Behörden der Streitkräfte regeln die Voraussetzungen, unter denen bei den Streitkräften beschäftigte Personen Waffen besitzen oder gebrauchen dürfen. Diese bedürfen hierzu eines Waffenscheines, der nur für Personen ausgestellt werden darf, gegen die keine begründeten Bedenken bestehen. Die Bestimmungen über den Waffengebrauch werden sich im Rahmen des deutschen Notwehrrechtes halten (Artikel 29). Die Behörden der Bundesrepublik und der Streitkräfte arbeiten in Fragen des Gesundheitswesens und der sanitären Maßnahmen in vollem Umfange zusammen, insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle ansteckender Krankheiten. Auf Antrag der Behörden der Streitkräfte treffen die deutschen Behörden in der Umgebung von Anlagen der Streitkräfte diejenigen gesundheitlichen und sanitären Maßnahmen, die zum Schutze der Gesundheit der Streitkräfte erforderlich sind. In diesen Bestimmungen darf man wohl insbesondere eine Grundlage für Maßnahmen zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten erblicken (Artikel 30 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1). Auch innerhalb ihrer Anlagen haben die Streitkräfte die deutschen Vorschriften auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheit zu befolgen, soweit ihre eigenen nicht gleichwertige oder höhere Anforderungen stellen. Unter Umständen können die Streitkräfte ihre eigenen Vorschriften unter der Voraussetzung anwenden, daß sie hierdurch nicht die öffentliche Gesundheit, Sicherheit und Ordnung außerhalb der Anlagen gefährden. Sie teilen dies den deutschen Behörden rechtzeitig mit (Artikel 21 Absatz 1). Sind die deutschen Behörden nicht in der Lage, hinsichtlich der Müllabfuhr, der Ungezieferbekämpfung oder der Wasserreinigung in Gebieten außerhalb der Städte angemessene Maßnahmen zur Erfüllung der militärischen Erfordernisse zu treffen, so können die Streitkräfte selbst diese Maßnahmen ergreifen. In Städten dagegen, in denen Streitkräfte stationiert sind, treffen die städtischen Behörden und die Streitkräfte Vereinbarungen über die Normen für die Wasserreinigung (Artikel 30 Absatz 2 Satz 2 und 3). Damit sind die Streitkräfte nicht mehr in der Lage, einseitige Bestimmungen über die Chlorung des Trinkwassers zu treffen. Die Streitkräfte sind berechtigt zur Anlegung eigener Friedhöfe sowie zum Erlaß angemessener hygienischer Vorschriften über Bestattung, Exhumierung und Überführung verstorbener Mitglieder der Streitkräfte (Artikel 31). Die Regelung des Jagd- und Fischereirechts (Artikel 46) sucht den Interessen aller Beteiligten gerecht zu werden. Bonn, den 27. November 1952 Dr. Jaeger Berichterstatter III. Zusätzliche Berichte des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) zu bestimmten Teilen der Vertragswerke 1. zusätzlicher Bericht über die mit der Stationierung fremder Streitkräfte zusammenhängenden Rechtsfragen Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wahl Der Ausschuß nahm mit Befriedigung davon Kenntnis, daß es in dem Truppen-Vertrag gelungen ist, in Strafsachen die Zuständigkeit der ausländischen Militärgerichte auf die Aburteilung der ausländischen Truppenangehörigen einzuschränken. Deutsche Staatsangehörige, die nicht zu den ausländischen Truppen gehören, nehmen dagegen ebenso wie Angehörige anderer Staaten, die nicht zu den ausländischen Truppen gehören, auf Grund der Verträge ihr Recht allein vor den deutschen Gerichten. Die Abgrenzung der deutschen von der ausländischen Gerichtsbarkeit ist also nach dem Personalitätsprinzip gestaltet und die Frage, ob deutsche Interessen oder Interessen ausländischer Streitkräfte verletzt sind, spielt künftig keine Rolle mehr. Im einzelnen ist jedoch zu bemerken, daß zu den Angehörigen der ausländischen Streitmächte, die der Kompetenz der ausländischen Militärgerichte unterliegen, auch die amerikanischen Familienangehörigen gehören sowie die Familienangehörigen von Soldaten solcher Nationen, die wie die USA auch im Frieden für im Ausland stationierte Truppen nach angestammtem Recht die Strafkompetenz der Militärgerichte über die Familienangehörigen ihrer Soldaten beanspruchen. Dazu gehören die Dänen, während zum Beispiel die Familienangehörigen britischer Soldaten im Frieden nicht von den britischen Militärgerichten abgeurteilt werden. Andererseits gehören die sogenannten Arbeitseinheiten nicht vor die ausländischen Militärgerichte, da sie nicht als Truppenangehörige behandelt werden. Für sie gilt allein ziviles Arbeitsrecht, so daß alle Glieder dieser Arbeitseinheiten, insbesondere die deutschen Staatsangehörigen, zur deutschen Gerichtszuständigkeit gehören. Die strenge Durchführung des Personalitätsprinzips bedingt gewisse Konfliktmöglichkeiten: 1. sind die ausländischen Militärgerichte berufen, Delikte ihrer Truppenangehörigen zum Nachteil der deutschen Interessen zu ahnden, 2. sind die deutschen Gerichte im Rahmen ihrer Kompetenz verpflichtet, den Schutz der ausländischen Truppenverbände sicherzustellen. Für den ersten Fall wird in Artikel 6 Absatz 6 vorgesehen, daß die ausländischen Militärgerichte unter Umständen auch deutsches Recht zur Anwendung bringen müssen, wenn die Handlung, wegen deren sich Truppenangehörige zu verantworten haben, nach dem Recht der Militärmacht nicht strafbar ist, wohl aber nach deutschem Recht. (Hauptfall: Widernatürliche Unzucht [§ 175 StGB].) Um den umgekehrten Konfliktsfall, daß deutsche Gerichte über Delikte zum Nachteil der ausländischen Truppen abzuurteilen haben, einer sachgemäßen Erledigung zuzuführen, sind im Anhang A Strafvorschriften zum Schutz der Drei Mächte, der Streitkräfte und ihrer Mitglieder vereinbart worden, die in Zukunft für die deutschen Strafgerichte den Rang deutscher Strafnormen haben werden. Diese Strafvorschriften schließen sich eng an das bisherige deutsche Strafrecht an, so daß für jede einzelne Norm ein Vorbild aus dem bisher geltenden deutschen Strafrecht, in einzelnen Fällen aus dem früher geltenden deutschen Strafrecht nachgewiesen werden kann. Der Geist, in dem der Vertrag gehandhabt werden soll, ergibt sich aus Artikel 3, in dem die Alliierten sich aus dem Vertrag ergebende Rechte für ihre Truppen nur unter gebührender Berücksichtigung der deutschen öffentlichen und privaten Interessen auszuüben versprechen, während die deutschen Behörden ohne Diskriminierung die Grundsätze des deutschen Rechts für die Behandlung im Inland ständig ansässer Ausländer in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und der internationalen Praxis auch auf die Angehörigen der Streitkräfte anwenden werden. In Artikel 4 ist der Grundsatz ausgesprochen, daß inländische und ausländische Behörden zur Erreichung dieses Zieles zusammenarbeiten werden. Diese Verpflichtungen können im Streitfall vor das Schiedsgericht gebracht werden und geben damit nicht nur den Alliierten, sondern auch der Bundesregierung einen wirksamen Rechtsbehelf in die Hand. Die Schiedsklausel des Bonner Vertrags bezieht sich ausdrücklich auch auf die Angelegenheiten des Truppenvertrages. Im Rechtsausschuß bezogen sich die Diskussionen im wesentlichen auf folgende Punkte: 1. Zu den Angehörigen der ausländischen Streitkräfte gehören nach amerikanischem Wehrrecht u. U. auch deutsche Staatsangehörige, die nach Amerika ausgewandert sind und dort zur Truppe eingezogen werden können, noch bevor sie die amerikanische Staatsangehörigkeit erworben haben. Sie unterstehen, obwohl sie Deutsche sind, als Angehörige der ausländischen Streitmacht der ausländischen Militärgerichtsbarkeit. Es entstand die Frage, ob in dieser Rechtslage ein Verstoß gegen das grundsätzliche Auslieferungsverbot von Deutschen zu erblicken ist. Von Regierungsseite wurde versichert, daß, wenn etwa ein Deutscher dieser Art zu seiner Mutter desertiere, eine Mitwirkung deutscher Behörden bei seiner Festnahme (Dr. Wahl) nicht in Frage komme. Dies sei den Verhandlungspartnern auch ausdrücklich erklärt worden, auch wenn es in dem Text keinen Niederschlag gefunden habe. In seiner Mehrheit stellte sich der Ausschuß auf den Standpunkt, daß hier ein Auslieferungsfall im Sinne des deutschen Auslieferungsrechts nicht vorliege, weil die Exterritorialität, die der ausländische Truppenverband insoweit genießt, der nationalen Ordnung des Grundgesetzes vorgehe. Truppenangehörige unterliegen dem Recht ihrer Flagge, auch wenn sie im Ausland stationiert sind, und wenn deutsche Stellen an der Festnahme nicht mitwirken, fehlt es an dem für die Auslieferung charakteristischen Akt der Übergabe des Täters an eine Behörde, die hier keine Hoheitsrechte ausüben kann. 2. Längere Auseinandersetzungen betrafen die in § 2 Absatz 3 des Anhangs A vorgesehene Streichung des § 100 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs in der Fassung des Strafrechtsänderungsgesetzes, nach dem der Bundestagsabgeordnete rechtmäßig handelt, wenn er nach gewissenhafter Prüfung der Sach- und Rechtslage und nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen sich für verpflichtet hält, einen Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes zu rügen, und dabei ein Staatsgeheimnis öffentlich bekanntmacht. Die Minderheit glaubte, diese Streichung höhle das Prinzip aus, das im Strafrechtsänderungsgesetz in § 100 Absatz 3 Anerkennung gefunden habe, daß der Schutz der Verfassung dem Schutz der Staatsgeheimnisse vorgehe. Da aber der Bundestagsabgeordnete auch in diesem Fall Idemnität genießt und andererseits die Streichung des § 100 Absatz 3 ,) nach der Auffassung der Mehrheit des Ausschusses die Berücksichtigung der Pflichtenkollision, die in solchen Fällen besteht, nicht ausschließt (weil § 100 Absatz 3 nicht nur dem Gedanken der Pflichtenkollision Rechnung trägt, sondern schon bei bloß subjektiver Annahme einer solchen Kollision die Rechtswidrigkeit ausschließt, glaubte die Mehrheit, die Streichung des § 100 Absatz 3 für tragbar halten zu dürfen. Für die zivile Justiz ist der Grundsatz durchgesetzt, daß keine Militärgerichte auf deutschem Boden noch zivile Jurisdiktion haben. Die Streitigkeiten unterliegen allein den deutschen Gerichten. Damit wird im Bereich des Truppenvertrags den unehelichen Kindern ausländischer Truppenangehöriger der Rechtsweg vor den deutschen Gerichten eröffnet unter der Voraussetzung, daß bei den deutschen Gerichten ein Gerichtsstand begründet ist. Ferner werden die Verkehrsunfälle, die durch militärische Fahrzeuge verursacht werden, in Deutschland justiziabel, wobei hier noch darauf hinzuweisen ist, daß nach dem Finanzvertrag der deutsche Staat zu verklagen ist, der seinerseits auf die betreffende ausländische Macht zurückgreifen kann. Die Alliierten hatten ursprünglich eine Art Evokation angestrebt, indem nur sie die Frage des Dienstverstoßes und des dienstlichen Auftrages durch eine Bescheinigung, die für die deutschen Gerichte bindend sein sollte, endgültig klären wollten. Es ist der Verhandlungsführung gelungen, die Bedeutung dieser Dienstbescheinigung durch die Fassung des Artikels 16 außerordentlich einzuschränken. Die Vollstreckung der deutschen Urteile gegen Truppenangehörige geschieht nach militärischer Tradition unter Mitwirkung der jeweiligen militärischen Dienststelle (Artikel 10). Bonn, den 27. November 1952 Dr. Wahl Berichterstatter 2. Zusätzlicher Bericht zu Teil I des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) a) Bericht des Abgeordneten Dr. Wahl Ich bin vom Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten beauftragt worden, über den I. Teil des Überleitungsvertrags Bericht zu erstatten mit der Ausnahme des Artikels 3, über den ein Bericht des Herrn Abgeordneten Dr. von Merkatz beigefügt ist. Ich war Vorsitzender des Untersuchungsausschusses „Vertragsgesetze" des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, der gleichfalls eingehend die Vereinbarungen dieses Vertragsteiles erörterte. Während des Besatzungsregimes haben die Besatzungsmächte auf dem Gebiet der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung Hoheitsbefugnisse in Anspruch genommen. Sie haben Gesetze erlassen, Urteile gefällt und Verwaltungsakte gesetzt. Es fragte sich, welches das rechtliche Schicksal dieser Hoheitsakte nach dem Inkrafttreten des Vertragswerks sein sollte. Von den Besatzungsbehörden der Alliierten erlassene Rechtsvorschriften können von den zuständigen Gesetzgebungsorganen des Bundes und der Länder beseitigt werden. Nur bezüglich der Bestimmungen des Kontrollrats fehlt diese Befugnis. Diese Gesetzgebungsakte bleiben formell in Kraft, aber die Bundesrepublik kann nach jeweiliger Konsultation der Drei Mächte die Rechtsvorschriften des Kontrollrats innerhalb des Bundesgebiets außer Wirksamkeit setzen, soweit nicht gewisse Vorbehaltsbestimmungen des Deutschlandvertrages oder der Zusatzverträge Ausnahmen ergeben oder die Drei Mächte in Ausübung ihrer Vorbehaltsrechte hinsichtlich Berlins und Deutschlands das Inkraftbleiben verlangen. Da das Verhandlungsziel der Bundesregierung, von dem sie nicht abgewichen ist, darin bestand, keinerlei Besatzungsgesetzgebung nach dem Inkrafttreten der Verträge mehr zu dulden und genaue Klarheit über die Schranken, die dem deutschen Gesetzgeber gegenüber dem bisherigen Besatzungsrecht gezogen sind, zu gewinnen, haben die Alliierten es übernommen, diejenigen Bestimmungen, die in Kraft bleiben müssen, in einer Mitteilung an den Bundeskanzler aufzuführen. Diese Aufzeichnung erfolgte am Tage der Unterzeichnung. Auf dieses Schreiben hat der Bundeskanzler am gleichen Tage eine Empfangsbestätigung an die Alliierten gesandt, in der er den Inhalt dieser vorbehaltenen Gesetzesbestimmungen wie folgt charakterisiert: „Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß diese Vorschriften (nämlich die in dem Brief der Alliierten aufgeführten) größtenteils Bestimmungen über das interne Verfahren des Kontrollrats darstellen, die nicht der deutschen Gesetzgebungshoheit unterliegen, in denen daher deutschen gesetzgebenden (Dr. Wahl) Organen die Wirksamkeit nicht entzogen werden kann. Die Bundesregierung erkennt an", heißt es weiter, „daß der Rest dieser Vorschriften, die sich auf den Interzonenverkehr beziehen, unter die Rechte der Drei Mächte betreffend Berlin und Deutschland als Ganzes fallen". Den Unterausschuß beschäftigte besonders die Frage, ob in Zukunft auf diesen beschränkten Gebieten noch Bestimmungen von dem Kontrollrat erlassen werden könnten. Von der Bundesregierung wurde dies verneint, allerdings mit der Einschränkung, daß, wenn etwa im Interzonenverkehr neue Fragen auftauchen sollten, die einer Regelung bedürften, es nicht ausgeschlossen sei, daß zu den aufrechtzuerhaltenden Vorschriften noch Ergänzungsbestimmungen ergingen. Was sodann die Verwaltungsmaßnahmen der Alliierten betrifft, so ist folgende Regelung getrof f en: Sie werden nicht als solche anerkannt, aber die durch sie geschaffenen individuellen Rechte und Verpflichtungen genießen den gleichen rechtlichen Schutz wie von deutschen Behörden begründete Rechte und Pflichten. Insbesondere soll es kein Hindernis für diese rechtliche Anerkennung bilden, daß nach dem angestammten deutschen Recht diese Rechte nicht hätten begründet werden können. Wenn z. B. etwa entgegen der deutschen Gewerbeordnung Geschäftskonzessionen erteilt worden sind, bleiben diese in Kraft. Dies ist der Sinn der Formulierung „sind und bleiben in jeder Hinsicht nach deutschem Recht in Kraft, ohne Rücksicht darauf, ob sie in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften begründet oder festgestellt worden sind". Hier ist der Ausdruck andere Rechts, vorschriften auffallend unbestimmt ausgefallen. Nur aus der Entstehungsgeschichte ist diese Formulierung verständlich. Ursprünglich hatten die Alliierten den Text verlangt „ohne Rücksicht darauf, ob sie in Übereinstimmung mit anderen Vorschriften des deutschen Reents begründet worden seien", was impliziert hätte, daß das ganze Besatzungsrecht deutsches Recht gewesen ist. Dagegen hat die deutsche Verhandlungsführung sich gewendet, um zu vermeiden, daß das Besatzungsrecht als deutsches Recht legitimiert werde. Bei der Diskussion wurde klargestellt, daß, wenn etwa ein Heimatvertriebener ohne juristische Vorbildung von den Alliierten zum Richter berufen worden ist, weil er der Wahrheit zuwider behauptet hatte, das Assessorenexamen gemacht zu haben, wir durch Artikel 2 nicht gehindert sind, die Nichtigkeit des Verwaltungsaktes geltend zu machen, weil hier nach deutschem Recht Abhilfe geschaffen werden muß und die Ablehnung des Verwaltungsakts nicht auf der Mißbilligung der von den Alliierten gehandhabten Rechtsgrundsätze beruht. Erst recht ist ebenso die Saargrenzziehung nicht anerkannt, weil durch sie keine individuellen Rechte und Pflichten geschaffen worden sind, auf die sich nach der Erklärung des Verhandlungsführers Artikel 2 allein bezieht. Wichtig war auch noch die Mitteilung der Bundesregierung, daß Artikel 2 nur die Verwaltungsmaßnahmen der Alliierten selbst betreffe, nicht aber solche Maßnahmen, bei denen deutsche Stellen mitgewirkt hätten, diese unterständen allein deutschem Recht. Artikel 4 enthält die Vorschrift, daß es nach Inkrafttreten des Vertrages nur noch alliierte Militärgerichte in Deutschland geben werde, welche über Deutsche keine Gerichtsbarkeit hätten. Die noch anhängigen Verfahren sollen in einer kurzen Übergangszeit abgewickelt werden. Zu Artikel 5, der die Zivilurteile der Besatzungsgerichte hinsichtlich Rechtskraft und Vollstreckung deutschen Urteilen gleichstellt, erhob sich die Frage, wie es mit den Kapitalabfindungen bestellt sei, welche von den alliierten Besatzungsmächten bei Verkehrsunfällen zugesprochen worden, dann aber der Währungsabwertung unterfallen sind. Von Regierungsseite wurde darauf hingewiesen, daß nach Artikel 3 Absatz III des Überleitungsvertrages Teil 9 die Bundesrepublik für die Besatzungsschäden aus der Zeit nach dem 1. August 1945 weiterhin zahlungspflichtig bleibe. Für die Fälle vor diesem Datum und für besondere sonstige Härtefälle werde der Bundestag frei entscheiden können. Im Auswärtigen Ausschuß stellte der Abgeordnete Wehner dazu die Frage, wie diese Bestimmung sich auswirke auf die Entscheidungen und Verwaltungsmaßnahmen der Alliierten, durch die das Verlangen von Angehörigen der Ostblockstaaten auf Herausgabe ihrer im Bundesgebiet befindlichen Kinder abgelehnt worden sei. Er brachte die Befürchtung zum Ausdruck, daß die Aufrechterhaltung dieser Gerichtspraxis dem Herausgabeverlangen deutscher Eltern bezüglich ihrer im Osten festgehaltenen Kinder abträglich sein werde. Der Regierungsvertreter versprach, diesem für ihn neuen Problem nachzugehen und demnächst über das Ergebnis seiner auch in tatsächlicher Hinsicht erforderlichen Ermittlungen zu berichten. Das sogenannte Kriegsverbrecherproblem hat in dem Deutschland-Vertrag nur eine Teillösung erfahren, indem Artikel 6 sich nur auf solche Personen bezieht, die wegen Kriegsverbrechen von alliierten Gerichten in Deutschland verurteilt worden sind. In der Tat ist nur insofern ein Zusammenhang mit dem bisherigen Besatzungsregime gegeben, während die im Ausland verurteilten oder in Untersuchungshaft befindlichen Personen im Rahmen der nationalen Justizverfassungen dieser Länder zur Rechenschaft gezogen worden sind oder gezogen werden sollen. Für diese Fälle eine internationale Vereinbarung mit Deutschland zu treffen, ist für die Alliierten wesentlich schwerer, schon wegen der hier auftauchenden nationalen Verfassungsprobleme; man denke nur an das Gnadenrecht der Staatspräsidenten oder der Monarchen. Immerhin wurde der Erwartung Ausdruck gegeben, daß die in dem Überleitungsvertrag vorgesehene Regelung nicht ohne Rückwirkung auf die Gnadenpraxis in den rein nationalen Justizbereichen sein werde. Nach dem Überleitungsvertrag wird eine Gemischte Kommission gebildet, die aus 3 Deutschen und je einem amerikanischen, britischen und französischen Mitglied bestehen soll und von nun an über Straferlässe und Strafherabsetzungen entscheiden wird. Für die Kompetenzen und Arbeitsweise dieser Kommission dient der board of review, den die Amerikaner seinerzeit auf Wunsch des amerikanischen Senats für die Dachauer Verfahren gebildet haben, offenbar als Vorbild. Schon für diesen war es charakteristisch, daß er nicht nur Gnadenentscheidungen aus Gnadengesichtspunkten fällen konnte, sondern auch, ohne formell die Urteile aufzuheben, in eine Nachprüfung der Urteile, ihrer tatsächlichen Grundlagen und ihrer rechtlichen Wertungen eintreten konnte. Zur rechtlichen Erfassung dieser Vereinbarungen sind 4 Punkte hervorzuheben. (Dr. Wahl) 1. Nur einstimmige Strafherabsetzungen und Straferlässe sind für die betreffende alliierte Macht, die die Verurteilung ausgesprochen hat, bindend. Mehrheitsentscheidungen haben dagegen nur den Charakter von Empfehlungen. So bedauerlich dies an sich ist, glaubt der Ausschuß sich damit abfinden zu können, da die Empfehlung an moralischer Wirkung der bindenden Entscheidung nicht nachstehen dürfte. 2. Um so wichtiger ist es, daß die Gemischte Kornmission als eine Art Vollstreckungsbehörde im Wege der Mehrheitsentscheidung auch solche Strafmilderungen herbeiführen kann, die sich aus einer bestimmten Handhabung der Strafvollstreckungsgrundsätze ergeben, zu denen insbesondere auch die good-time-Praxis gerechnet wird. Die Gemischte Kommission kann also etwa beschließen, daß bei der Strafverbüßung nicht nur 2 Tage als 3 Tage angerechnet werden, wie es bisher von den Amerikanern gehandhabt wird, sondern 1 Tag als 3 Tage. Wenn es gelänge, diesen Grundsatz zur Anerkennung zu bringen, für den unter anderem in Belgien Vorbilder vorliegen, wäre damit ein wesentlicher Teil der Streitfälle erledigt. 3. Die Bundesregierung hat sich mit Recht unter Bezugnahme auf das Grundgesetz, das rückwirkende Strafgesetze verbietet und volle rechtsstaatliche Garantien für strafrechtliche Verurteilungen fordert, geweigert, die Vollstreckung der Urteile zu übernehmen, die den Japanern im Friedensvertrag zugemutet worden ist. Darum müssen alliierte Strafanstalten zur Durchführung dieser Freiheitsbestrafungen unterhalten werden, und deshalb wurde in Artikel 8, Ziffer 3 des Deutschlandvertrages ein besonderer Vorbehalt erklärt. Von der ursprünglichen Zumutung, diese Gefangenen in deutschen Strafgewahrsam zu nehmen, ist nichts mehr übriggeblieben als Absatz 5, nach dem die deutsche Regierung den Strafvollzug übernehmen wird, sobald ihr die Drei Mächte den Gewahrsam übertragen. Da dieser Zeitpunkt erst dann eintreten kann, wenn in Deutschland eine Verfassungsänderung durchgeführt ist, so liegt darin — und die Verhandlungspartner waren sich darüber klar — auch die Vertagung dieser Übernahme auf unabsehbare Zeit. 4. Besonders wichtig erscheint endlich, daß im Wege der Verhandlungen erreicht wurde, daß, bis der Ausschuß seine Tätigkeit aufgenommen hat, die bisherige Gnadenpraxis von den Alliierten fortgesetzt wird und daß nicht, wie ursprünglich vorgesehen, alle Gnadenentscheidungen der Gemischten Kommission vorbehalten bleiben. Daß das Abkommen in vielen Punkten hinter den Forderungen des Bundestages (Neutraler Vorsitz, sofortige Entlassung der alten, kranken und jugendlichen Häftlinge usw.) zurückbleibt und daß die Erledigung dieses auch für die Wehrbereitschaft unseres Volkes so außerordentlich wichtigen Problems sich in die Länge zieht, ist zweifellos bedauerlich; gewisse Äußerungen in der deutschen Öffentlichkeit, aber auch der in den betroffenen Ländern noch heute nicht überwundene Schrecken der deutschen Besatzungszeit sind nicht unschuldig daran. Da aber bei der letzen Debatte der Kriegsverurteiltenfrage im Plenum bei allen Parteien übereinstimmend keine Neigung bestand, wahllos für alle Verurteilten Straffreiheit anzustreben, ist der Ausschuß überwiegend nicht der Auffassung gewesen, daß man die Ratifikation von gewissen vorherigen Entlassungen abhängig machen kann, da j a eben die Frage, wer zu entlassen ist, sich nicht generell beantworten läßt und eine Überprüfung der einzelnen Fälle notwendig ist. Andererseits bleiben zahlreiche berechtigte Wünsche der deutschen Öffentlichkeit noch offen. Es wurde im Auswärtigen Ausschuß beschlossen, die Anregungen und Wünsche den Fraktionen für die Plenardebatte zu überlassen. An politischer Bedeutung steht die Regelung des Artikels 7 hinter der des Artikels 6 (Kriegsverbrecherproblem) wesentlich zurück. Es geht hier um die Anerkennung der alliierten Strafurteile gegenüber solchen Personen, die sich seit 1945 gegenüber den Alliierten strafbar gemacht haben. Hier entfällt das grundsätzliche Bedenken, daß die Verurteilungen auf rückwirkenden Strafgesetzen beruhen oder daß die rechtsstaatlichen Garantien bei Durchführung dieser Prozesse im allgemeinen nicht genügend gewahrt seien. Infolgedessen könnte hier die Strafvollstreckung von den deutschen Instanzen übernommen werden, die dafür aber auch das Gnadenrecht bekommen haben. Infolge der Bindung der deutschen Gnadeninstanzen an die Stellungnahme des Gemischten Gnadenausschusses ist es aber nicht gelungen, eine völlige Ermessensfreiheit bei der Ausübung des Gnadenrechtes für die deutschen Stellen zu erreichen. Durch Artikel 8 wird den Mitgliedern der Besatzungsgerichte für den Rest ihrer Amtszeit ebenso Immunität gegen gerichtliche Verfolgung im Bundesgebiet eingeräumt wie den Mitgliedern der anderen genannten Gremien. Diese Regelung entspricht im wesentlichen der für die Mitglieder des Schiedsgerichts, der Schiedskommission und des Obersten Rückerstattungsgerichts getroffenen Regelung. Bonn, den 27. November 1952 Dr. Wahl Berichterstatter b) Bericht des Abgeordneten Dr. von Merkatz Der Artikel 3 des Teiles I im Vertrag zur Regelung der aus Krieg und Besatzung entstandenen Fragen. Artikel 3 regelt die Voraussetzungen, unter denen deutsche Stellen Tatbestände aus der Besatzungszeit behandeln können. Der in Absatz 1 aufgestellte Grundsatz der Nichtdiskriminierung bedeutet nicht nur eine Freistellung von der Strafverfolgung, sondern auch ein Verbot der Benachteiligung durch die deutschen Gerichte und Behörden im allgemeinen für gewisse Handlungen, die vor dem Inkrafttreten des Vertrages im Interesse der Alliierten begangen wurden. Das schwierigste Problem in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob auch eine nach den allgemeinen Strafgesetzen strafbare Handlung durch diese Bestimmung gedeckt wird. Nach Mitteilung der Bundesregierung haben die Alliierten bei den Verhandlungen betont, daß es nicht ihre Absicht sei, gemeine Verbrecher der Strafverfolgung zu entziehen. Dies kommt auch durch die Worte zum Ausdruck „Niemand darf allein deswegen ...". Daraus (Dr. von Merkatz) kann entnommen werden, daß eine strafbare Handlung dann strafbar bleibt, wenn sie über den in Absatz 1 genannten Tatbestand hinaus — Sympathisieren mit den Alliierten, Unterstützung ihrer Politik oder Interessen, sowie Lieferung von Nachrichten oder Leistung von Diensten — noch weitere Tatbestandsmerkmale enthält, die den Tatbestand einer nach den allgemeinen Strafgesetzen strafbaren Handlung erfüllen. Die Bundesregierung hat bei den Beratungen erklärt, daß nach Auffassung der Alliierten z. B. ein Diebstahl von Dokumenten auch dann strafbar bleibt, wenn diese für den Nachrichtendienst der Alliierten bestimmt waren. Ob allerdings die Fassung des Absatzes 1 die strafrechtliche Verfolgung von Kemritz durch deutsche Gerichte ermöglichen würde, steht dahin. Absatz 2 und 3 stellen eine prozessuale Sonderregelung für gewisse Tatbestände der Vergangenheit dar, die bisher der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterlagen und dieser auch nicht ohne weiteres nachträglich unterstellt werden können. Demgemäß legt Absatz 3 die Fälle fest, in denen die deutsche Gerichtsbarkeit auch für solche Tatbestände der Vergangenheit ausgeübt werden kann. Im Zivilrecht ist zwischen der Gerichtsbarkeit gegen juristische Personen und gegen natürliche Personen unterschieden. Klagen gegen juristische Personen sollen immer dann zulässig sein, wenn bisher die Gerichtsbarkeit nur auf Grund des Gesetzes Nr. 52 der Militärregierung oder auf Grund der die IG.-Farben betreffenden Gesetze ausgeschlossen war. In Strafverfahren sowie in nichtstrafrechtlichen Verfahren gegen natürliche Personen dürfen deutsche Gerichte Gerichtsbarkeit nicht ausüben, wenn solche Verfahren aus der Erfüllung von Pflichten oder aus der Leistung von Diensten für die Besatzungsbehörden entstanden sind. Die Auslegung des Begriff Erfüllung von Pflichten und Leistung von Diensten" stellt ebenfalls ein schwieriges Problem der Auslegung dar. Wird in einem Verfahren streitig, ob jemand in Erfüllung von Pflichten oder Leistung von Diensten gehandelt hat, so kann der Botschafter der betreffenden Macht nach dem letzten Satz des Absatzes 3 hierüber eine Bescheinigung ausstellen. Befriedigend ist es keinesfalls, daß damit die Drei Mächte auch nach Wiederherstellung der deutschen Souveränität in gewissen Fällen in deutsche Gerichtsverfahren eingreifen können. Für Unterhaltsklagen unehelicher Kinder gegen Besatzungsangehörige sind deutsche Gerichte nur insoweit zuständig, als Unterhalt für die Zeit nach Inkrafttreten des Vertrages verlangt wird. Diese Beschränkung erscheint bedauerlich. Sie schließt zwar die Geltendmachung dieser Ansprüche vor ausländischen Gerichten nicht aus; die praktischen Aussichten hierfür sind in der Regel jedoch wenig günstig. In allen Fällen, in denen nach Vorstehendem die deutschen Gerichte nicht zuständig sind, kann aber ihre Zuständigkeit durch eine besondere Vereinbarung mit der betreffenden Macht hergestellt werden. Bonn, den 23. November 1952 Dr. von Merkatz Berichterstatter 3. Zusätzlicher Bericht zu Teil VII des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reismann Der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten hat sich in seiner 102. Sitzung am 24. Oktober 1952 mit dem 7. Teil des Überleitungsvertrages mit folgendem Ergebnis befaßt: I. 1. Artikel 1 a: Die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Durchführung des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer vom 26. April 1951 (BGBl. I S. 269) ist keine sachliche Belastung, da sie dem deutschen Gesetz entspricht und da die Durchführung im wesentlichen schon geschehen ist. Laut Bericht der Bundesregierung ist die ursprüngliche Forderung der Drei Mächte, dieses Gesetz auch in Zukunft nicht wieder aufzuheben, auf deutschen Widerspruch hin im Zuge der Verhandlungen von den Drei Mächten fallengelassen worden. 2. Auch der Beitritt der Bundesrepublik zur Genfer Konvention der UNO über die internationale Rechtsstellung von Flüchtlingen ist sachlich nicht zu beanstanden. Sie enthält einen Mindeststandard des internationalen Flüchtlingsrechts und legt der Bundesrepublik weniger Verpflichtungen auf als das deutsche Gesetz vom 25. April 1951. Der Bundestag hat sich mit diesem Abkommen früher schon befaßt und beschlossen, die Bundesregierung zu ersuchen, dieser Konvention beizutreten, die nach Vorbereitung in Genf Ende 1951 unterzeichnet wurde und dem Bundestag zur Ratifizierung inzwisehen vorgelegt worden ist. 3. Der zu übernehmenden Pflicht zum Erlaß geeigneter Rechtsvorschriften für die Zulassung und Verteilung ausländischer politischer Flüchtlinge entspricht eine Verordnung, die von der Bundesregierung vorbereitet ist (auf Grund Artikel 119 GG). Der Bundesrat hat dieser Verordnung am 10. Oktober 1952 zugestimmt. Diese Verordnung regelt das Verfahren über die Anerkennung als politisch Verfolgter. Die Anerkennung verschafft .dem Flüchtling die Rechtsstellung aus der vorgenannten Genfer Konvention. Als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention und dieser Bestimmungen des Überleitungsvertrages werden z. Z. in Deutschland deutsche Staatsangehörige nicht angesehen, nämlich alle diejenigen Flüchtlinge und Vertriebenen nicht, die im Zufluchtsland die Rechte von Staatsangehörigen haben. Damit wollte man ursprünglich die deutschen Staatsangehörigen ausscheiden. Das trifft aber auch viele andere (z. B. Türken aus Bulgarien), so daß die Aussicht besteht, daß diese einschränkende Auslegung in Zukunft verlassen werden wird. 4. Der unter Artikel 1 d erwähnte „Internationale Suchdienst" (eingerichtet von der UNRRA, weitergeführt von der IRO) wird z. Z. von den Alliierten geführt. Seine Aufgabe ist die Er- (Dr. Reismann) mittlung des Verbleibens von ausländischen und deutschen KZ-Insassen und die Aufklärung über das Schicksal sonstiger Ausländer in Deutschland sowie die Beschaffung der nötigen Dokumente und Unterlagen für personenstandsmäßige Dokumentation durch den Sonderstab des Amtes in Arolsen. Die Arbeiten dieses Suchdienstes im eigentlichen Sinne sind im wesentlichen abgeschlossen. Es verbleiben als Aufgaben noch die Verwaltung des angefallenen großen Materials und die Ausstellung von Bescheinigungen. Der Vertrag verpflichtet die Bundesregierung, diese Arbeiten fortzuführen. Die Bundesregierung plant zu diesem Zwecke die Schaffung einer Anstalt öffentlichen Rechts. Durch einen internationalen Beirat soll zwischen dieser Anstalt und den an diesen Arbeiten interessierten Mächten eine Verbindung hergestellt werden. Darüber laufen z. Z. Verhandlungen. 5. Die in Artikel 1 e zu versprechende Kriegsgräberbetreuung für Zivilisten entspricht dem deutschen Kriegsgräbergesetz vom 27. Mai 1952 (BGBl. I S. 320 ff.). Artikel 2 regelt auf der Basis der Gegenseitigkeit die Soldatenfürsorge. Diese Bestimmungen entsprechen den Artikeln 225 und 226 des Versailler Vertrages. 6. Artikel 4 soll die Übersiedlung von Deutschen von jenseits des Eisernen Vorhanges nach Deutschland hin erleichtern. II. 1. Im Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten wurden bezüglich des sachlichen Inhalts des 7. Teiles keine Bedenken erhoben. 2. Jedoch wurde die Frage aufgeworfen, warum die Ratifizierung der Genfer Flüchtlingskonvention nur für die Bundesrepublik zur Pflicht gemacht wird, nicht auch für die anderen Vertragspartner, die selber dieses Abkommen noch nicht ratifiziert haben. Die Bundesregierung ist der Ansicht, die Aufnahme einer Verpflichtung durch die anderen Vertragspartner sei aussichtslos und auch nicht zu erwarten gewesen, weil es sich für die Alliiierten um die Rechtsverhältnisse zwischen anderen handele, während in diesen Vertragsbestimmungen nur die Ablösung der Verhältnisse in Rede stehe, die sich aus dem Besatzungsstatut ergeben hätten. 3. Die Verpflichtung zur Ratifikation der Genfer Flüchtlingskonvention hat nach Ansicht des Ausschusses zur Folge, daß bei Unterbleiben der Ratifizierung Ersatzvornahme durch das Schiedsgericht möglich ist. Da die Ratifizierung ohnehin vorgesehen ist, gesichert erscheint und nahe bevorsteht, ergeben sich zwar nach Ansicht des Ausschusses in diesem Falle praktisch keine Schwierigkeiten. Es wurde jedoch bei den Beratungen des Ausschusses darauf hingewiesen, daß durch die Zustimmung zu diesem Vertrag nicht schon darin zitierte andere Verträge ratifiziert werden sollen, daß es also noch der besonderen Ratifizierung des Genfer Flüchtlingsabkommens bedarf und daß die Verpflichtung zur Ratifizierung eine . Bindung des Parlaments und etwaiger zukünftiger Parlamente bedeutet und insoweit eine Außerkraftsetzung wichtiger Freiheitsrechte des Parlaments. Rechtlich und politisch sei das prinzipiell zu mißbilligen. Demgegenüber weist die Bundesregierung darauf hin, daß auch die Genfer Flüchtlingskonvention schon zur Ratifizierung vorgelegt sei und daß lediglich technische Schwierigkeiten (Übersetzung ins Deutsche unter Abstimmung mit der schweizerischen Übersetzung) die Verabschiedung der Konvention vor diesem Vertragswerk verhindert hätten, die an sich beabsichtigt gewesen sei. So erklärt sich die Formulierung der Ratifikationsverpflichtung des Artikels 1 b. Bonn, den 22. November 1952 D r. Reismann Berichterstatter 4. Zusätzlicher Bericht zu Teil XI des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Vogel Der Teil XI des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen betreffend „Erleichterungen für die Botschaften und Konsulate der Drei Mächte in der Bundesrepublik" betrifft im wesentlichen den Wunsch der alliierten Seite, eine möglichst lange Übergangsfrist für die Nutzung der von ihnen beschlagnahmten Gebäude zur Unterbringung ihrer Botschaften in der Bonner Enklave und zur Unterbringung ihrer Konsulate außerhalb Bonns zu erhalten. Auf der deutschen Seite mußte naturgemäß das Verlangen vorherrschend sein, nicht nur eine Übergangsfrist von unbestimmter Dauer, sondern ein festes Datum zu erreichen, von dem ab alle bisher bestehenden Beschlagnahmungen von Privateigentum aufgehoben bzw. in normale Mietverträge umgewandelt werden. Es ist gelungen, dieses Datum zu erreichen, vermutlich infolge der Annahme auf der alliierten Seite, daß wir viel früher zu einer Ratifizierung der Verträge gelangen werden, als das jetzt der Fall sein wird. Dieses Datum ist der 1. Oktober 1953, bis zu dem praktisch entweder das beschlagnahmte private Eigentum freigegeben werden muß oder die Beschlagnahmen in normale Mietverträge umgewandelt werden müssen. Wesentlich für das Zustandekommen dieser Freigaben, der Feststellung der Schäden an Gebäuden und an Inventar usw. Ist die Bildung einer Schiedskommission zwischen den beiden Vertragschließenden, auf der deutschen Seite beschickt von dem Bundesfinanzministerium und dem Protokoll des Auswärtigen Amtes, auf der alliierten Seite von dem jeweils betroffenen Vertragspartner, den Amerikanern, Engländern oder Franzosen. Wenn bis zum 1. Oktober 1953 keine Mietverträge zustande kommen, ist die Bundesregierung auf Grund dieses Vertrages trotzdem gehalten, für die Unterbringung der Botschaften und der Konsulate, soweit nicht dafür öffentliches Eigentum zur Verfügung steht, nach Völkerrecht zu sorgen. Das ist eine bindende Verpflichtung, die sich aber nicht nur aus Teil XI dieses Vertrages ergibt, sondern die schlechthin eine völkerrechtliche Verpflichtung auch in anderen Ländern darstellt. Aus der Debatte (Dr. Vogel) ging hervor, daß bis zum 1. Oktober 1953 rund zwei Drittel des bisher beschlagnahmten Privateigentums freigegeben werden. Innerhalb der Bonner Enklave befindet sich ja öffentliches Eigentum nur in verschwindend geringem Maße, so daß diese Ausnahmebestimmung hier nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Das sind im großen und ganzen die Bestimmungen des Elften Teils. Es sind dagegen erhebliche Einwendungen erhoben worden. Es wurde gefragt, weshalb bei dem Abschluß dieses Vertrages nicht die Grundsätze durchgedrückt werden konnten, die im japanischen Friedensvertrag von der Seite Japans durchgesetzt wurden. Japan ist nach dem Vertrag sein ausländisches Eigentum an Botschafts-, Gesandtschafts- und Konsulatsgebäuden zurückgegeben worden, während umgekehrt hier ein ähnliches Entgegenkommen der alliierten Seite nicht erreicht werden konnte. Es ist darauf verwiesen worden, daß in der Zwischenzeit der Erlös aus dem Verkauf der deutschen Botschaft in Washington von amerikanischer Seite zum Aufbau eines neuen Botschaftsgebäudes zur Verfügung gestellt worden ist, daß aber ähnliche Schritte von seiten der Franzosen und der Engländer bisher vergeblich erwartet wurden. Es wurde eingewandt, daß hier eine Schlechterstellung Deutschlands im Verhältnis zu Japan festzustellen ist. Von seiten der Regierung sind erhebliche Versuche in der Richtung gemacht worden, das deutsche Eigentum Zug um Zug entsprechend diesen deutscherseits eingegangenen Verpflichtungen zurückzuerhalten. Weitere Verhandlungen schweben und werden nach Ansicht der Regierung vermutlich erst dann zu einem Erfolg führen, wenn in England und in Frankreich die bisherigen Geschäftsträger in Botschafter um- gewandelt werden. Weiter ist auf Artikel 39 Absatz 7 des Truppenvertrages hingewiesen worden, wonach die Streitkräfte innerhalb von sechs Monaten das erste Anwartschaftsrecht auf diejenigen in öffentlichem Eigentum stehenden Liegenschaften haben, die auf Grund der Bestimmungen des Elften Teils des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen verfügbar sind, mit Ausnahme der Bonner Enklave. Darauf ist jedoch erwidert worden, daß dieses Recht sich hier wohl kaum sonderlich auswirken wird. Eine weitere geringere Beanstandung hat sich dagegen gerichtet, daß in diesem Vertrag rein formaljuristisch als Vertragspartner das Protokoll des Auswärtigen Amtes aufgeführt worden ist und nicht, wie sonst üblich, die deutsche Regierung als solche. Zu einem Beschluß ist der Auswärtige Ausschuß in dieser Frage nicht gekommen. Dagegen beschloß der Ausschuß, dem Bundestag zu empfehlen, in einem förmlichen Beschluß der Erwartung Ausdruck zu geben, daß angesichts der den diplomatischen Vertretungen der Drei Mächte eingeräumten Begünstigungen und entsprechend der im Friedensvertrag von San Franzisko von den gleichen Vertragspartnern Japan zugestandenen Rückgabe seiner Auslandsmissionen die eingezogenen Gebäude der früheren deutschen Auslandsmissionen baldigst zurückgegeben werden. Bonn, den 26. November 1952 Dr. Vogel Berichterstatter IV. Zusätzliche Berichte anderer Ausschüsse zu bestimmten Teilen der Vertragswerke 1. Zusätzlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) zu den Verkehrsbestimmungen der Vertragswerke Berichterstatter: Abgeordneter Rademacher Der Ausschuß für Verkehrswesen ist von den Ausschüssen a) für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten mit Schreiben vom 8. Oktober 1952 und b) für Wirtschaftspolitik mit Schreiben vom 13. Oktober 1952 ersucht worden, zu den Verkehrsbestimmungen in den beiden Verträgen Stellung zu nehmen. Der Ausschuß für Verkehrswesen hat in seiner 116. Sitzung am 29. Oktober 1952 wie folgt zu den Verkehrsbestimmungen in den beiden Verträgen Stellung genommen: 1. Beide Verträge bringen für alle Verkehrsträger, insbesondere für die Deutsche Bundesbahn, volle Tariffreiheit. Die Streitkräfte der EVG sind verpflichtet, grundsätzlich die in Deutschland geltenden normalen Tarife zu bezahlen. Soweit normale Tarife für besondere militärische Transportarten (z. B. Panzertransporte u. a.) nicht bestehen, sind die Tarife auf Grund freier Vereinbarungen zwischen den Verkehrsträgern und den Streitkräften festzusetzen. Besonders wichtig ist, daß die Tarife nicht wie die früheren deutschen Wehrmachtstarife nur die Selbstkosten zu decken bestimmt sind. Die Verkehrsträger haben vielmehr einen durch die Verträge rechtlich begründeten Anspruch auf Gewährung „kaufmännischer" Tarife, die ihnen entsprechend den normalen Tarifen einen angemessenen Nutzen gewähren (Artikel 12 Absätze 2 und 5 des Finanzvertrags, Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 16 des Abkommens über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte). 2. Ein angemessener Ausgleich zwischen den zivilen und militärischen Verkehrsbedürfnissen wird durch die Generalklauseln der Artikel 3 und 41 Absatz 1 Satz 2 des Truppenvertrages (nachfolgend TV) und Artikel 3 und 102 des EVG-Vertrages in Verbindung mit Artikel 17 und 18 des Abkommens über die Rechtsstellung der Streitkräfte angestrebt. 3. Wenn die Bundesrepublik Deutschland der Auffassung ist, nicht verpflichtet zu sein, den Anforderungen der Streitkräfte auf Verkehrsleistungen, Einrichtungen von Verkehrsanlagen u. a. m. im Hinblick auf die eigenen zivilen Bedürfnisse zu entsprechen, steht den Streitkräften nach dem Deutschlandvertrag nicht das Recht zu, ihrerseits den deutschen Behörden gegenüber irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Vielmehr bleibt ihnen nur die Möglichkeit, das Schiedsgericht anzurufen (Artikel 9 der Satzung des Schiedsgerichts). Ein etwa hierdurch hervorgerufener Zeitverlust geht zu Lasten der Streitkräfte. Ähnliches gilt nach dem EVG-Vertrag. Hier ist das besondere Verfahren der Artikel 17 und 18 des Akommens über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte vorgesehen (Entscheidung durch den Rat). 4. Die Streitkräfte haben nach den beiden Verträgen ihre Leistungsanforderungen auf dem Gebiet des Verkehrs grundsätzlich bei den zuständigen deutschen Stellen anzumelden, sofern die Anforderungen über den normalen Bedarf hinausgehen. Hierdurch soll nach Möglichkeit vermieden werden, daß die Deckung des zivilen Verkehrsbedarfs beeinträchtigt wird (Artikel 41 Absatz 2 des TV und Artikel 12 Abs. 2 des Abkommens über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte). 5. Beide Verträge gehen von dem Grundsatz aus, daß die Streitkräfte auf dem Gebiet des Verkehrs keine Regiebetriebe errichten sollen (Artikel 17 Absatz 2 und Artikel 41 Absatz 2 des TV und Artikel 14 des Abkommens über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte). 6. Die Betriebsrechte der deutschen Eisenbahnen bleiben unangetastet. Die Streitkräfte können nicht mit eigenem Personal einen Eisenbahnbetrieb in der Bundesrepublik Deutschland durchführen (Artikel 17 Absatz 2 des TV). Auch der EVG-Vertrag gibt den Streitkräften keine dahingehenden Rechte. 7. Der Bau, die Instandhaltung und die Instandsetzung von Verkehrsanlagen und -einrichtungen für die Streitkräfte sind grundsätzlich deutsche Angelegenheit (Artikel 41 Absatz 7 des TV, Artikel 19 Absatz 4 und Artikel 20 Absatz 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte). 8. Soweit Verkehrsanlagen und -einrichtungen für die Streitkräfte errichtet werden, bleibt der Grund und Boden grundsätzlich deutsches Eigentum (Artikel 19 Absatz 3 des Abkommens über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte). 9. Eine etwa erforderlich werdende Enteignung für Zwecke der Streitkräfte ist ausschließlich deutsche Angelegenheit (Artikel 41 Absatz 7 in Verbindung mit Artikel 37 Absatz 3 des TV). Auch der EVG-Vertrag gibt den Streitkräften keine dahingehenden Rechte. (Rademacher) 10. Soweit zur Erfüllung des unabweisbaren Bedarfs der Streitkräfte an Verkehrsleistungen die normalen Mittel zu ihrer Befriedigung nicht ausreichen, wird u. U. die deutsche Seite genötigt sein, Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, die nur unter Wahrung der Bestimmungen des Grundgesetzes auf Grund besonderer gesetzlicher Ermächtigung erfolgen können. Solange das bereits in Vorbereitung befindliche Bundesleistungsgesetz nicht erlassen ist, gelten für die Übergangszeit die Bestimmungen des Reichsleistungsgesetzes. Die in Artikel 37 Absatz 4 des TV enthaltenen Grundgedanken für die Anwendung des Reichsleistungsgesetzes werden auch im Verhältnis zur EVG gelten müssen. 11. Die Kosten für die Änderung, Verstärkung oder Erweiterung bestehender sowie die Beschaffung neuer Verkehrsanlagen für die Streitkräfte fallen grundsätzlich diesen zur Last. Wenn jedoch die Anlagen auch der Befriedigung der deutschen zivilen Bedürfnisse zu dienen bestimmt sind, werden die Kosten zwischen den Streitkräften und der Bundesrepublik Deutschland entsprechend aufgeteilt (Artikel 7 Absatz 6 des Finanzvertrages, Artikel 19 Absätze 1 und 2 des Abkommens über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte). 12. Nach beiden Verträgen haben die Streitkräfte das deutsche Verkehrsrecht zu beachten. Eine Ausnahme gilt nur insoweit, als militärische Bedürfnisse dies erfordern (Artikel 17 Absatz 3 des TV, Artikel 7 Absatz 1 und Artikel 8 Absatz 4 des Abkommens über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte). Die von den Drei Mächten, insbesondere von der amerikanischen Militärpolizei, bisher gegenüber Deutschen vorgenommenen Verkehrskontrollen fallen in Zukunft fort. 13. Den Streitkräften ist nach beiden Verträgen das Recht eingeräumt, die Verkehrswege, -einrichtungen ünd -anlagen einem solchen Ausnaß zu benutzen, wie es zur Erfüllung ihrer Verteidigungsaufgaben erforderlich ist (Artikel 17 Absatz 1 und Artikel 41 Absatz 1 des TV, Artikel 12 ff. des Abkommens über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte). Der europäische Gedanke wird seine sinnbildliche Darstellung in der breiten Öffentlichkeit dadurch erfahren, daß Kraftfahrzeuge, Binnen- und Seeschiffe sowie Luftfahrzeuge der EVG deren Kennzeichen nach außen hin tragen werden. Nach Artikel 17 Absatz 4 des TV können Kraftfahrzeuge, Binnen- und Seeschiffe sowie Luftfahrzeuge der Streitkräfte oder ihrer Mitglieder von den Behörden der Streitkräfte zugelassen oder registriert werden. Es wäre wünschenswert, in Verhandlungen zu erreichen, daß derartige Zulassungen den zuständigen deutschen Stellen laufend gemeldet werden. Ein Ausgangspunkt für eine solche Regelung wären die Bestimmungen der Artikel 4 und 5 des TV, die eine gegenseitige Verbindung und Unterstützung zur Förderung und Wahrung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und der beteiligten Mächte vorsehen. Der Deutschland-Vertrag wird der Bundesrepublik Deutschland die volle Lufthoheit mit zwei Vorbehalten bringen, die sich einmal auf den Berlin-Verkehr und zum andern auf die Kontrolle sowjetischer Luftfahrzeuge beziehen (Artikel 5 und 6 des Zwölften Teils des Überleitungs-Vertrages). Die Übergangsregelung für die zivile Luftfahrt*, die bis zur Aufnahme eines eigenen deutschen zivilen Luftverkehrs vorgesehen ist, entspricht den deutschen Bedürfnissen. Zusammengefaßt, ist der Ausschuß für Verkehrswesen zu der einstimmigen Auffassung gekommen, daß die Artikel der beiden Verträge, die den Verkehr behandeln, erhebliche Erleichterungen und Verbesserungen für den deutschen Verkehr bringen, insbesondere die Freiheit der deutschen Verkehrsgesetzgebung und der Verkehrsverwaltung von besatzungsrechtlichen Bindungen, die Wiederherstellung der deutschen Lufthoheit und die Freiheit der zivilen Luftfahrt, .die freie Tarifgestaltung der Deutschen Bun- desbahn im Verhältnis zu den Streitkräften, den Fortfall der alliierten Verkehrskontrollen und die Freiheit der Forschung und der Indu- strie auf dem Gebiet der Verkehrstechnik. Dort, wo im Interesse der Verteidigung Eingriffe zu erwarten sind, scheinen die Sicherungsmaßnahmen der vertraglichen Bestimmungen zu genügen, um eine die deutsche Wirtschaft einengende Entwicklung zu verhindern. Sicherungen in dieser Hinsicht sind dadurch gegeben, daß — abgesehen von der vorherigen Einschaltung deutscher Behörden bei den Anforderungen militärischer Stellen — im Falle von Meinungsverschiedenheiten die in den Verträgen vorgesehenen Sachverständigen- und paritätisch zusammengesetzten gerichtlichen Instanzen angerufen werden können. Bonn, den 29. Oktober 1952 Rademacher Berichterstatter * Der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten hat den Teil XII des Überleitungsvertrages (Zivile Luftfahrt) in seinen Beratungen ebenfalls behandelt und dabei Kenntnis genommen von der Auslegung der Bundesregierung über die Tragweite des Briefwechsels und davon, daß die Bundesregierung der Auffassung ist, daß im Falle des Nichtzustandekommens einer Einigung zwischen der Bundesrepublik und den Vertragsmächten die Bundesrepublik die Freiheit hat, zivile Flugzeuge nach ihrem Ermessen zu bauen. 2. zusätzlicher Bericht des Ausschusses für Post-und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) zu dem das Post- und Fernmeldewesen betreffenden Bestimmungen des EVG-Vertrages Berichterstatter: Abgeordneter Cramer Der Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen ist von den Ausschüssen a) für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten mit Schreiben vom 8. Oktober 1952 und b) für Wirtschaftspolitik mit Schreiben vom 13. Oktober 1952 ersucht worden, zu den das Post- und Fernmeldewesen betreffenden Bestimmungen in den beiden Verträgen Stellung zu nehmen. (Cramer) Der Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen hat in seiner 33. und 34. Sitzung am 29. Oktober und am 10. November 1952 nach eingehender Beratung wie folgt zu den das Post- und Fernmeldewesen betreffenden Bestimmungen in den beiden Verträgen Stellung genommen: I. Deutschland-Vertrag In Artikel 18 Absatz 3 des Vertrages über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland ist festgelegt, in welchem Umfang die Streitkräfte der Drei Mächte eigene Anlagen auf dem Gebiet des Post- und Fernmeldewesens betreiben dürfen. Im Regelfall benutzen die Streitkräfte die deutschen öffentlichen Fernmeldeeinrichtungen. Zu Artikel 18 Absatz 3 Buchstabe (b) äußerten die Vertreter der SPD-Fraktion Bedenken dahingehend, daß die Streitkräfte der Drei Mächte durch den Absatz 3 die Möglichkeit hätten, die Errichtung eigener Fernmeldeanlagen in allen Fällen aus Absatz 3 Buchstabe (a) herzuleiten, mit der Begründung, daß die militärische Sicherheit dies zwingend erfordere. Dadurch würde die Bestimmung des Absatzes 3 Buchstabe (b) praktisch an Bedeutung verlieren. Die Regierungsvertreter erklärten hierzu, daß eine Ausweitung des Tätigwerdens der Streitkräfte durch eine Entscheidung des Schiedsgerichts verhindert werden könne. Dies schien jedoch den Vertretern der SPD-Fraktion keine genügende Sicherung gegen die Ausweitung der eigenen Fernmeldeanlagen der Streitkräfte zu sein. Zum Anhang B des Vertrags über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland, der die Bestimmungen über die Funkfrequenzen behandelt, sind Bedenken nicht zu erheben. Die Tatsache, daß u. a. ein Frequenzausschuß gebildet wird, der die Verteilung der Funkfrequenzen vornimmt und in dem die Bundesrepublik Deutschland vertreten ist, bietet genügend Sicherungen dafür, daß die deutschen Belange gewahrt sind. Zu Artikel 22 wird festgestellt, daß die zur Zeit geltenden Bestimmungen aus dem Besatzungsstatut mit Inkrafttreten des Deutschland-Vertrags fortfallen. Zu Artikel 42, der in Absatz 1 die Bedingungen für die Benutzung der öffentlichen Dienste des Post- und Fernmeldewesens regelt, wird festgestellt, daß bis zum 30. Juni 1953 die zur Zeit geltenden Bestimmungen weiterhin angewendet werden sollen. Für die Zeit nach dem 30. Juni 1953 besteht eine beiderseitige Pflicht zum Abschluß neuer Vereinbarungen. Die Vertreter der SPD-Fraktion erhoben Bedenken gegen die „bevorzugte" Behandlung der Streitkräfte und vertraten die Auffassung, daß die deutschen zivilen Interessen gegenüber den Interessen der Streitkräfte benachteiligt werden könnten. Es wurde festgestellt, daß a) über die Benutzungsbedingungen der Fernmeldeeinrichtungen in erster Linie die Deutsche Bundespost entscheidet, b) die Abwägung der gegenseitigen Interessen eine Ermessensfrage sei und c) im Nichteinigungsfalle eine Entscheidung des Schiedsgerichts herbeigeführt werden könne. Der Artikel 42 Absatz 3 ist im Zusammenhang mit Artikel 18 Absatz 3 zu lesen. Für den Fall, daß die Deutsche Bundespost die Anlagen erstellt, kommt der Artikel 42 Absatz 3 zur Anwendung. In diesem Fall übernimmt die Deutsche Bundespost die Planung, den Bau und den Betrieb. Die Anlagen werden Eigentum der Deutschen Bundespost. Die Kosten dafür werden aus Mitteln der Deutschen Bundespost bestritten; dafür erhält sie die tarifmäßig vorgesehenen Gebühren. Sofern die Deutsche Bundespost nicht in der Lage ist, die Anlagen aus eigenen Mitteln zu erstellen, tritt die Bestimmung des Artikels 18 Absatz 3 Buchstabe (b) in Kraft. Die Kosten für die von den Streitkräften erstellten Anlagen gehen zu deren Lasten. Die Vertreter der SPD-Fraktion wendeten ein, daß die von den Streitkräften erstellten Anlagen den* Bundeshaushalt zusätzlich belasten würden. Demgegenüber wurde festgestellt, daß der Verteidigungsbeitrag gemäß Artikel 4 Absatz 2 des Finanzvertrags auf 850 Mio DM monatlich begrenzt sei. Zu Artikel 42 wendeten die Vertreter der SPD-Fraktion noch grundsätzlich ein, daß dem zivilen Investitionsbedarf für das Post- und Fernmeldewesen erhebliche Mittel (Geld und Materialien) entzogen würden. Dagegen wurde festgestellt, daß es sich hier nur um Anlagen für die amerikanischen und britischen Streitkräfte handle, deren Bedarf im Augenblick im wesentlichen befriedigt sei. Nach Auffassung der Regierungsvertreter werde voraussichtlich kein erheblicher Investitionsbedarf zusätzlich entstehen. Genaue Angaben über den gegebenenfalls noch anfallenden Bedarf können im Augenblick nicht gemacht werden. Artikel 7 Absatz 6 des Finanzvertrags regelt die Frage der Kostentragung in den Fällen, in denen die Anlagen sowohl dem zivilen Bedarf als auch dem der Streitkräfte zu dienen bestimmt sind. In diesem Fall gehen die Kosten für den Bau, die Instandsetzung und die Instandhaltung zu Lasten der Deutschen Bundespost. Lediglich dann, wenn der Bau für die zivilen Zwecke keine Bedeutung hat und auch die Einrichtung keinen Ertrag abwirft, gehen die gesamten Kosten auf Grund besonderer vorher zu treffender Abmachungen zu Lasten der Streitkräfte. Zu Artikel 9 Absatz 1 ist besonders darauf hinzuweisen, daß entgegen den für die öffentliche Hand allgemein geltenden Bestimmungen die Deutsche Bundespost ihre Schäden gegenüber den Streitkräften geltend machen kann. In Artikel 12 Absatz 6 wird bestimmt, daß bis zum 30. Juni 1953 die zur Zeit geltenden Regelungen über die Vergütungen in Kraft bleiben. Für die Zeit nach dem 30. Juni 1953 sollen rechtzeitig neue Vereinbarungen getroffen werden. Der Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen legte einstimmig Wert darauf, daß die in der Bundesrepublik Deutschland allgemein gültigen Gebühren auch gegenüber den Streitkräften angewendet werden. Der Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe (b) regelt die Ausgabe von Mitteln für Bauten der Streitkräfte. Für die Zeit nach dem 30. Juni 1953 wird (Cramer) die Frage der Finanzierung durch Verhandlungen im Sinn des Artikels 3 Absatz 5 Buchstabe (a) des Finanzvertrags neu geregelt. II. EVG-Vertrag Zu den das Post- und Fernmeldewesen betreffenden Bestimmungen des EVG-Vertrags ist festzustellen, daß dieser Vertrag nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, sondern alle übrigen am EVG-Vertrag beteiligten fünf Staaten in gleicher Weise betrifft. Eine gleichmäßige Behandlung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den anderen Teilnehmern ist sichergestellt. Zu Artikel 12 kann zur Zeit nicht übersehen werden, welche Leistungen von der Deutschen Bundespost zur Verfügung zu stellen sind. Zu Artikel 13 wird grundsätzlich festgestellt, daß sämtliche Leistungen der Deutschen Bundespost zu den bestehenden Bedingungen und Gebühren zur Verfügung gestellt werden. Zu Artikel 14 sind keine Bedenken geäußert worden, zumal diese Bestimmung für die Deutsche Bundespost praktisch kaum von Bedeutung sein wird. Die Artikel 17, 19 und 20 sehen Regelungen vor für den Fall, daß die vorhandenen Post- und Fernmeldeeinrichtungen für den Bedarf der Streitkräfte nicht ausreichen. Für diese Fälle sind besondere Vereinbarungen erforderlich. Dabei ist zu beachten, daß a) der deutsche zivile Bedarf genügend berücksichtigt und b) die Kapazität der deutschen Fernmeldeindustrie nicht zu Lasten des deutschen zivilen Bedarfs übermäßig beansprucht wird. Zusammenfassend vertritt der Ausschuß für Postund Fernmeldewesen in seiner Mehrheit die Auffassung, daß beide Verträge gewisse Verbesserungen gegenüber dem jetzigen Zustand enthalten. Bonn, den 10. November 1952 Cramer Berichterstatter 3. Zusätzlicher Bericht des Ausschuses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films (34. Ausschuß) zu bestimmten Abschnitten des Vertrages über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Vogel I. Deutschland-Vertrag 1. Vertrag über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenvertrag) a) Artikel 18 Post- und Fernmeldewesen Unter grundsätzlicher Wahrung der deutschen Post- und Fernmeldehoheit wird den Streitkräften durch Artikel 18 das Maß an Bewegungsfreiheit" zugestanden, das sie für die Erfüllung ihrer militärischen Aufgaben benötigen. Die Regelung bezüglich der Fernmeldeanlagen stimmt in ihren Auswirkungen im wesentlichen mit der des § 1 Absatz 2 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen vom 14. Januar 1928 (Reichsgesetzbl. I S. 8) für „Anlalagen, die zur Verteidigung des Reichs bestimmt sind," überein. Die Einbeziehung von Rundfunksendern für die Truppenbetreuung (Artikel 18 Absatz 3) entspricht der auch damals geltenden Auffassung, nach der Anlagen auch dann zur „Verteidigung des Reichs bestimmt" sind, wenn sie von der Heeresverwaltung zur Erholung der Truppen errichtet sind. Bei Zugrundelegung dieser Auffassung ist die Vorschrift des Artikels 18 Absatz 6, nach der die Mitglieder der Streitkräfte gebührenfrei und ohne Einzelgenehmigung Rundfunkempfangsgeräte aufstellen und benutzen können, lediglich eine sich daraus ergebende Ergänzung. Die Frage der Frequenzen für die Funkstationen, die durch die Streitkräfte betrieben werden, ist in einem besonderen Anhang B zum Truppenvertrag „Bestimmungen über Funkfrequenzen" geregelt (vergl. Absatz 5). Bei den in Absatz 7 behandelten Fernkabeln Fk 12 und Fk 41 handelt es sich um zwei nach Berlin führende Kabel, deren Kontrolle durch die Streitkräfte auf einer Viermächtevereinbarung beruht. Die im Rahmen des Artikels 18 von den Streitkräften errichteten Post- und Fernmeldeeinrichtunden können auch von den den Streitkräften nach näherer Maßgabe des Artikels 36 gleichgestellten Organisationen, Unternehmen und Angestellten benutzt werden. Die Gleichstellung ist nur insoweit zulässig, als die Organisationen, Unternehmen und Angestellten ausschließlich im Dienst der Streitkräfte stehen und als die Gleichstellung für ihren Beitrag zur Erfüllung der Verteidigungsaufgaben der Streitkräfte notwendig ist. Die darüber hinaus in Artikel 36 vorgesehene völlige Gleichstellung bestimmter Organisationen mit den Streitkräften ist für das Gebiet des Post- und Fernmeldewesens auf Grund der Fassung des Artikels 18 nur von geringer Bedeutung. Sie kommt im wesentlichen nur für die der Truppenbetreuung dienenden Rundfunkeinrichtungen (AFN und BFN) in Betracht. Die Rechte und Pflichten aus Artikel 18 gelten gemäß Artikel 50 i. V. m. Anhang C Übergangsregelung für Truppen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft bis zu einem noch festzusetzenden Zeitpunkt, längstens jedoch bis zum 30. Juni 1953 auch für die Mitglieder der EVG. b) Anhang B zum Vertrag über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland Bestimmungen über Funkfrequenzen Grundsätzlich lehnt sich die durch diese Bestimmungen getroffene Regelung sehr eng an die frühere für Anlagen, die zur Verteidigung des Reichs bestimmt waren, an. Sie entspricht im übrigen auch dem in anderen Ländern bestehenden Zustand. Bemerkenswert ist, daß — wie sich aus den folgenden Erläuterungen der „Bestimmungen über Funkfrequenzen" ergeben wird — die Rechte des (Dr. Vogel) Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen nach diesen Vorschriften größer sind als die des Reichspostministers gegenüber dem Reichswehrminister unter der Herrschaft des Fernmeldeanlagengesetzes. Unter die „Bestimmungen über Funkfrequenzen" fallen nur die in Ziffer 1 b bis d näher bezeichneten militärischen Frequenzen. Alle übrigen Frequenzen sind für die deutschen zivilen Funkdienste frei verfügbar. Die zivilen Funkdienste genießen durch den in Ziffer 2 enthaltenen Hinweis auf Artikel 47 des Internationalen Fernmeldevertrages Atlantic City 1947 den gleichen Schutz gegen Beeinträchtigungen oder Störungen durch Funkstationen der Streitkräfte, wie ihn die zivilen Funkdienste anderer Mitgliedstaaten des Internationalen Fernmeldevereins gegenüber ihren eigenen nationalen Streitkräften genießen. Dadurch, daß der Frequenzausschuß (Ziffer 3), der die für die Funkstellen der Streitkräfte benötigten Frequenzen einschließlich der technischen Einzelheiten festlegt (Ziffer 4 Satz 1), seine Beschlüsse nur einstimmig fassen kann, haben die deutschen Vertreter in diesem Ausschuß einen entscheidenden Einfluß. Einen solchen Einfluß hatte der Reichspostminister gegenüber dem Reichswehr-minister durch die Vertretung in der damaligen Funkbetriebskommission nicht, da diese Kommission bei etwa den gleichen Aufgaben nur beratende Funktionen hatte. Die in Ziffer 4 Satz 2 und Satz 6 festgelegte Verpflichtung zur Koordinierung aller Frequenzzuteilungen zwischen den Ausschußmitgliedern entspricht den Gepflogenheiten im internationalen Funkverkehr, wie sie beispielsweise das Internationale Frequenzregistrierungsbüro für die Mitglieder des Internationalen Fernmeldevereins durchführt. Die Bestimmung der Ziffer 4 Satz 4 trägt dem Erfordernis Rechnung, daß Beobachtungen, die durch die technischen Funküberwachungsstellen gemacht werden, vor ihrer Weitergabe an die internationalen Organisationen daraufhin überprüft werden, ob ihre Bekanntgabe den Interessen der Landesverteidigung abträglich ist. Aus diesem Grunde kann in der Verpflichtung, internationalen Organisationen bestimmte Auskünfte über Frequenzen nur mit Zustimmung des Frequenzausschusses zuzuleiten, eine materielle Beschränkung der Handlungsfreiheit des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen nicht erblickt werden. Zu Ziffer 5 haben die Alliierten bei den Vorverhandlungen eine ähnliche Beteiligung der Streitkräfte auf den internationalen Konferenzen angestrebt, wie sie früher die Vertreter des Reichswehr-ministers hatten. Dieser Forderung ist jedoch nicht entsprochen worden. Ziffer 5 sieht nicht vor, daß die Streitkräfte in der deutschen Delegation vertreten sind. Die deutsche Delegation hat somit auf künftigen internationalen Konferenzen völlige Handlungsfreiheit. Sie ist lediglich verpflichtet, die Entscheidungen des Frequenzausschusses „angemessen zu berücksichtigen" und sich für die Frequenzen der Streitkräfte einzusetzen. Die Mehrheit des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films hat diesen in seine Zuständigkeit fallenden Teil der Verträge zur Kenntnis genommen, die Mitglieder der Fraktion der SPD unter den allgemeinen Vorbehalten gegen die Verträge. Zu Artikel 18 Absatz 6 spricht der Ausschuß die Erwartung aus, daß bei der Durchführung des Abkommens die Gebührenfreiheit so eng wie möglich gefaßt wird. Zu Artikel 42 hat der Ausschuß keine Bemerkungen zu machen. II. Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) Zweiter Teil a) Artikel 1 Vorschriften gegen Wettbewerbsbeschränkungen Auf Grund von Artikel 1 Absatz 4 werden die Anordnung Nr. 1 der amerikanischen und britischen Militärregierung und die Verfügung Nr. 134 der französischen Militärregierung über das Verbot monopolartiger Verhältnisse in der Filmindustrie mit Inkrafttreten des Vertrages automatisch außer Kraft gesetzt. Die genannten alliierten Vorschriften sind auf Grund der alliierten Kartellgesetze (Gesetz Nr. 56 der amerikanischen, Verordnung Nr. 78 der britischen und Verordnung Nr. 96 der französischen Militärregierung) erlassen worden. Die Anordnungen verbieten grundsätzlich den vertikalen Aufbau der Filmwirtschaft, d. h. die Zusammenfassung von Produktion, Verleih und Theaterbesitz in einer Hand, und enthalten Beschränkungen hinsichtlich der Zahl der Theater, die von einem Unternehmer betrieben werden dürfen. Nach den Erfahrungen in der Filmwirtschaft anderer Länder wird sich die Aufhebung des Verbotes der vertikalen Gliederung günstig für die Gesundung der Filmwirtschaft in Deutschland auswirken. b) Artikel 2 Ufa/Ufi-Gesetz Nach Artikel 2 Absatz 1 des Vertrages soll das Gesetz Nr. 32 der Alliierten Hohen Kommission, betr. Verfügung über früher reichseigenes Filmvermögen, in Kraft bleiben, bis ein Bundesgesetz zur Abwicklung und Entflechtung des ehemals reichseigenen Filmvermögens in Kraft getreten ist, das den entscheidenden Bestimmungen des von der Bundesregierung beim Bundestag eingebrachten Entwurfs — Drucksache Nr. 2962 — entspricht. Die „entscheidenden Bestimmungen" im Sinne dieser Vorschrift sind im Vertrage absichtlich nicht näher bezeichnet worden, um die Entscheidungsfreiheit der gesetzgebenden Körperschaften nicht zu beeinträchtigen. Falls über die Frage, ob das Gesetz in seiner endgültigen Form dem Artikel 2 Absatz 1 entspreche, Meinungsverschiedenheiten zwischen der Bundesrepublik und den Drei Mächten entstehen würden, müßten sie auf diplomatischem Wege oder durch Anrufung des Schiedsgerichts entschieden werden. Die Frage ist jedoch rein theoretisch, da den Drei Mächten der Text des vom Bundestag in dritter Lesung verabschiedeten Gesetzentwurfs zur Kenntnis gebracht worden ist, ohne daß sie irgendwelche Einwendungen erhoben hätten. Das Gesetz liegt zur Zeit dem Vermittlungsausschuß vor, den der Bundesrat angerufen hat, weil er mit den Beschlüssen des Bundestages über die Zusammensetzung des Abwicklungsausschusses und über die Notwendigkeit, für Verfügungen über bestimmte Vermögenswerte die Genehmigung des (Dr. Vogel) Bundesrates und des Bundestages einzuholen, nicht einverstanden ist. Die Alliierten betrachten diese Fragen als innerdeutsche Angelegenheiten, so daß sie für das Außerkrafttreten des Gesetzes Nr. 32 keine Bedeutung haben. Die Bezugnahme auf Artikel 1 Absatz 1 des Ersten Teils des Vertrages in Artikel 2 Absatz 1 Satz 2 bedeutet, daß es der dort vorgesehenen Formalitäten für die Aufhebung des Gesetzes Nr. 32 nicht bedarf. Die in Artikel 2 Absatz 1 Satz 3 erwähnte Liquidation der Ufi und der Cautio, d. h. der beiden Dachgesellschaften, in denen das ehemals reichseigene Filmvermögen zusammengefaßt ist, ist bereits in dem deutschen Gesetzentwurf — § 3 — vorgesehen. Für den Fall, daß das deutsche Gesetz beim Inkrafttreten des Vertrages noch nicht in Kraft getreten sein sollte, werden die Befugnisse und Verantwortlichkeiten aus dem Gesetz Nr. 32 nach Artikel 2 Absatz 2 trotzdem auf die Bundesregierung übergehen. Die Zuständigkeit der Alliierten auf dem Gebiet der Film-Entflechtung wird also durch das Inkrafttreten des Vertrages selbst dann beendet werden, wenn das deutsche Gesetz nicht zustande kommen sollte. Aus allgemeinen Erwägungen ist jedoch der Erlaß des deutschen Gesetzes erwünscht, da die in Artikel 2 Absatz 2 vorgesehene Regelung nur als eine Übergangslösung gedacht ist und eine „Versteinerung" des Gesetzes Nr. 32 nicht herbeigeführt,, werden sollte. Das Gesetz Nr. 32 entspricht in vielen Punkten nicht den deutschen Vorstellungen und führt zu Einschränkungen in der Verfügungsbefugnis der deutschen Stellen, die unerwünscht sein würden. Es kommt ferner hinzu, daß das Gesetz Nr. 32 in verschiedenen Punkten schlecht mit dem deutschen bürgerlichen Recht übereinstimmt, so daß seine Anwendung durch die Bundesregierung zu Zweifeln und Schwierigkeiten führen würde. Der Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films hat Artikel 1 und Artikel 2 von Teil Zwei des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen zur Kenntnis genommen und verzichtet auf besondere Empfehlungen. Bonn, den 13. November 1952 Anlage *) Dr. Vogel Berichterstatter Anlage *) Deutscher Bundestag Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films (34. Ausschuß) Der Vorsitzende: Dr. Rudolf Vogel Abschrift Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen ZA 1181-0/1 Frankfurt/Main, den 14. November 1952. An den Ausschuß des Deutschen Bundestages für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films (22 c) Bonn — Bundeshaus Stellungnahme zum Schreiben des Bundeskanzlers vom 26. Mai 1952 (Bundestagsdrucksache Nr. 3500, Anlage 3, Seite 94). Bei den Verhandlungen über den DeutschlandVertrag wurde von den Drei Mächten eine Bestimmung gefordert, durch die die Bundesrepublik verpflichtet werden sollte, auch solche Funkanlagen der Drei Mächte nicht zu stören, die mit international nicht zugeteilten oder vereinbarten Funkfrequenzen sämtlicher Bereiche betrieben werden. Diese Forderung war, da sie über die Verpflichtung gemäß Art. 44 des Internationalen Fernmeldevertrages Atlantic City 1947 weit hinausgeht, für die Bundesregierung unannehmbar. Nach langwierigen Erörterungen ist es der Bundesregierung gelungen, in dem oben bezeichneten Schreiben, das an die Stelle der ursprünglich von den Drei Mächten geforderten vertraglichen Bestimmung getreten ist, die Verpflichtung, Funkdienste der Drei Mächte nicht zu stören, auf den Rundfunk-Mittelwellenbereich und innerhalb dieses Bereiches auf die international zugeteilten Frequenzen zu beschränken. Die hiernach verbleibende Verpflichtung deckt sich mit der aus Art. 44 des Internationalen Fernmeldevertrages Atlantic City 1947, an den die Bundesrepublik ohnehin gebunden ist. Dem steht auch der zweite Absatz des Schreibens nicht entgegen, da dieser Absatz nur im Zusammenhang mit dem ersten Absatz gelesen werden kann. Das ergibt sich zweifelsfrei aus der Fassung: ,,. . . die Bundesregierung ... erkennt demgemäß an . . ." Im Auftrag: gez. Dr. Schuster Anlage Liste von Organisationen, die die steuerlichen Begünstigungen der Streitkräfte genießen sollen (Umdruck Nr. 721) Anlage zum Bericht des Abgeordneten Dr. Kneipp, Seite 11230A Non-German Organizations serving the Forces (U.S. List) Non-German Employees 1. EUCOM Exchange System 2. The Stars and Stripes 3. EUCOM Motion Picture Service 4. Officer and Non-Commissioned Officers Club Fund 5. Recognized Clubs, Associations and Federations set up by the Members of the Forces (Items 1 to 5 inclusive) . . . 1 700 6. American Rad Cross 180 7. University of Maryland 40 8. National Jewish Welfare Board 2 9. International Business Machines, Inc 2 10. ESSO Export Corporation 2 11. American Express Company, Inc. (Banking for Forces only) 12. Chase National Bank of the City of New York (Items 11 and 12) . . . 50 13. Coca Cola Export Corporation 14. Pepsi Cola Company 15. Canada Dry Bottling Company (Items 13 to 15 inclusive) . . . 23 16. Sears and Roebuck and Company 2 17. Montgomery-Ward 2 18. Société Générale de Surveillance 8 19. Six Automobile Insurance Companies 70 20. Life Insurance Companies and Agencies . . None at present 21. Special consultants None at present 2 081 Non-German Organizations serving the Forces (British List) Personnel 1. Navy, Army and Air Force Institutes (NAAFI) . . . 1 050 2. Malcolm Clubs 25 3. Council of Voluntary Welfare Workes (CVWW) . . 275 (including and its subsidiary welfare organizations; i.e. serials 10 and 11) (a) Church Army (b) Church of Scotland (c) Catholic Women's League (d) Salvation Army (e) Young Men's Christian Association (YMCA) (f) Young Women's Christian Association (YWCA) (g) Toc.H. 4. Women's Voluntary Service (WVS) 143 5. British Red Cross Society and Order of St. John . 19 6. Army Cinema Corporation 230 7. R.A.F. Cinema Corporation 9 8. Soldiers Sailors' and Airmen's Families Associations (SSAFA) 32 9. Forces Help Society 1 10. Jewish Committee to H.M. Forces —11. Services Central Book Depot —12. The BAOR Shipping Agents (Messrs. Hogg, Robinson & Capel-Cure) 10 Total . . 1 794 There will also be in the British "Zone": Belgian Central Military Canteen, Falk og Vaern Afteling (Danish), Norwegian Canteen Services and probably an organization or organizations with the Canadian Forces. Organisations non allemandes au service des Forces (Liste française) 1. Economats 419 2. Office du Cinéma pour les membres des Forces 5 3. Caisses de Sécurité Sociale 10 4. Croix-Rouge Française 158 5. Cercles Militaires, Mess et Popotes 64 6. Clubs, associations et syndicats agréés constitués par les membres des Forces 28 7. Organismes de diffusion de la Presse et du Livre . . . 70 8. Presse Militaire 5 9. Photographes et Journalistes accrédités par le Général C C F F A 5 10. Médecins civils français travaillant exclusivement au profit des Forces 7 11. Aumoniers civils travaillant exclusivement au profit des Forces 25 12. Pharmaciens civils travaillant exclusivement au profit des Forces 9 13. Service Social 289 Total . . 1 094
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinz Renner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Ich habe nur noch einen Satz zu sagen; dann bin ich fertig. Warum dieses Eilbedürfnis? Weil unser Volk dem Moloch Krieg geopfert werden soll. Unser Volk will aber Frieden, unser Volk will die Einheit,

    (Glocke des Präsidenten)

    und unser Volk will eine andere Politik als die Adenauer-Politik und die, die Sie zu betreiben beabsichtigen.


Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zur Geschäftsordnung hat das Wort Herr Abgeordneter Loritz.

(Lachen und Zurufe von der Mitte und rechts.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (Fraktionslos)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Meine Damen und Herren! Der außerordentlich wichtige Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten liegt den allermeisten von Ihnen erst seit Montagmittag bzw. Montagnachmittag vor. Er wurde — ich habe mich genau darüber informiert — im Laufe des Sonntags hier von der Amtsstelle des Deutschen Bundestages zur Post gegeben und konnte schon aus diesen Gründen gar nicht vor Montagmittag bzw. Montagnachmittag in den Händen der zahlreichen Abgeordneten sein, die


    (Loritz)

    1 weit entfernt von Bonn im Norden und Süden unseres Landes wohnen.
    Meine Damen und Herren, der Schriftliche Bericht umfaßt rund 140 Seiten, zweispaltig eng gedruckt, wie Sie alle wissen. Rechnen Sie sich bitte aus, wie lange Sie brauchen, wenn Sie für eine Seite Durchlesen — nur sorgfältig Durchlesen! — des Berichts nur 15 Minuten notwendig haben.

    (Lachen und Zurufe von der Mitte und rechts.)

    --- Wenn Sie ihn herunterleiern, meine Herren,

    (erneute Zurufe — Glocke des Präsidenten) brauchen Sie bereits fünf Minuten pro Seite! Sie können dieses Beispiel jederzeit an sich selbst durchexerzieren.


    (Unruhe.)

    Wenn Sie ihn einigermaßen durcharbeiten wollen, brauchen Sie 15 Minuten für die Seite; in Wirklichkeit zerfällt sie in zwei Halbseiten. Das macht bei rund 140 Seiten des Berichts bei 15 Minuten Dauer für eine ganze Seite

    (Lachen in der Mitte und rechts)

    — nebenbei bemerkt: im großen DIN-Format die Seite! — allein schon 35 Stunden aus!

    (Abg. Dr. Horlacher: Da muß einer schön dumm sein!)

    Sie haben diese Zeit schon rein technisch nicht zur Verfügung gehabt; denn länger als 10 Stunden pro Tag hält's wohl keiner beim Durchlesen dieses Schandvertrags aus.

    (Lachen in der Mitte und rechts. — Glocke des Präsidenten.)

    Meine Damen und Herren, schon aus diesen Gründen kann, wenn Sie gut gesinnt sind zu unserem Volk, die heutige Beratung nicht stattfinden. Die Bestimmung in der Geschäftsordnung, daß solche Berichte mindestens am zweiten Tag vor der Beratung den Abgeordneten vorliegen müssen, ist eine Mindest-Vorschrift und bezieht sich offenbar nicht auf so lange und so schwierige Berichte, wie ihn der Bericht über den Generalvertrag und den EVG-Vertrag darstellt. Jeder von Ihnen will doch hoffentlich an Hand des Textes des EVG-Vertrags und des Generalvertrags, an Hand der juristischen Gutachten, die wir von namhaften Professoren Deutschlands bekommen haben, an Hand aller möglichen sonstigen Quellen diesen Bericht durcharbeiten. Meine Damen und Herren, das können Sie nicht und das konnten Sie bis jetzt nicht, rein technisch nicht; 35 Stunden haben Sie ja bis jetzt noch gar nicht tatsächilch zur Verfügung gehabt!

    (Abg. Dr. Mende: Zum Unterschied von Ihnen saßen wir aber in den Ausschüssen!)

    Der größte Teil der Abgeordneten dieses Hauses

    (Abg. Dr. Mende: Saß in den Ausschüssen!)

    hat diesen Bericht vorher nicht gekannt! In dem Ausschuß für Außenpolitik sitzt nur ein verschwindend geringer Bruchteil der Mitglieder diese Hauses. Rund neun Zehntel der Mitglieder dieses Hauses sind nicht in diesem Ausschuß. Schon aus diesen Gründen muß es heute zu einer Vertagung kommen. Wollen Sie vor dem deutschen Volk vielleicht den Vorwurf auf sich nehmen,

    (Zurufe von der Mitte und rechts)

    daß Sie über diese entscheidend wichtige Angelegenheit heute beraten und entscheiden wollen, ohne daß Sie auch nur den Bericht haben richtig durcharbeiten können?
    Ich bitte die Mitglieder des Hauses, von jeder Seite des Hauses, mich zu unterstützen, wenn ich hiermit den Antrag auf eine Vertagung, wenigstens noch eine kurzfristige Vertagung, stelle, damit jeder von Ihnen den unendlich wichtigen Bericht auch durcharbeiten kann, diesen Bericht, dessen Schwierigkeit jedem Gutgesinnten allein beim Lesen bereits auffällt,

    (Zurufe rechts)

    einen Bericht, der juristisch und tatsächlich und wirtschaftlich und politisch gesehen die höchsten Anforderungen an jeden stellt, der ihn durcharbeiten muß. Einen solchen Bericht dürfen Sie in seiner Bearbeitung und Auswertung nicht überstürzen! Wenn Sie es gut meinen, wenn Sie hier die Entscheidung wohl überlegt treffen wollen, müssen Sie eine Vertagung bewilligen.
    Ich stelle deswegen den Antrag — ich weiß, daß dazu noch mehr Stimmen notwendig sind, und bitte deshalb um Unterstützung —, die zweite Lesung wenigstens auf die nächste Woche verschieben zu wollen, unbeschadet meiner nach wie vor bestehenden Auffassung, daß eine Beratung dieser Verträge zur Zeit überhaupt unterbleiben sollte!