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    Deutscher Bundestag — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Oktober 1952 10783 235. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Oktober 1952. Geschäftliche Mitteilungen 10785A Verteilung der Entschließung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland 10785B Kleine Anfrage Nr. 296 der Fraktion der FDP betr. Rückgabe deutscher Vermögenswerte (Nrn. 3728, 3787 der Drucksachen) 10785B Kleine Anfrage Nr. 298 der Fraktion der SPD betr. Hamburger Filmproduzent Walter Koppel (Nrn. 3742, 3788 der Drucksachen) 10785B Kleine Anfrage Nr. 290 der Fraktion der SPD betr. Werbungskosten (Nrn. 3678, 3798 der Drucksachen) 10785C Umstellung von Punkten der Tagesordnung 10785C Fragestunde (Nr. 3770 der Drucksachen): 1. betr. Parken von Kraftwagen in engen Straßen auf nur einer Straßenseite: Dr. Mommer (SPD), Anfragender 10785C, D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10785C, D 2. betr. Äußerung des Bundesverkehrsministers Dr. Seebohm am Abend des Unglücks beim Autorennen auf dem Grenzlandring am 31. August 1952: Renner (KPD), Anfragender 10785D, 10786B, C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10786A, B 3. betr. Bundesmittel für Errichtung von Neubauten für Besatzungsgeschädigte bzw. Rückgabe der Häuser oder Wohnungen: Euler (FDP), Anfragender . . . 10786C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10786C 4. betr. Verwendung des Gebäudes des ehemaligen Generalkommandos in Kassel: Euler (FDP), Anfragender . . . 10787A, B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10787A 5. betr. Verluste an Grunderwerbsteuer durch Angabe zu niedriger Kaufpreise bei Grundstücksveräußerungen bzw. Aufhebung der Preisstoppbestimmungen: Euler (FDP), Anfragender 10787B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10787C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 10787C 6. betr. Bericht über den Fall „Real-Film/ Koppel Hamburg": Rademacher (FDP), Anfragender 10787D, 10788A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10788A 7. betr. Aktion der „Bunkerentschrottung" im Gebiet des früheren Westwalls: Niebergall (KPD), Anfragender 10788B, C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10788B, C 8. betr. Entlassungen im Eisenbahnbetriebswerk Hermeskeil: Niebergall (KPD), Anfragender . . 10788C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10788C 9. betr. Rechtsgültigkeit der Verordnung des ehemaligen Reichsforstamts vom 1. April 1936 über die Ausformung, Messung und Sortenbildung des Holzes in den deutschen Forsten: Dr. Atzenroth (FDP), Anfragender 10788D Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 10788D 10. betr. Aufnahme von Sowjetzonenflüchtlingen in Nordrhein-Westfalen bzw. Beihilfe für die Errichtung von Flüchtlingswohnungen: Dr. Henn (FDP), Anfragender . . 10789A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10789B 11. betr. Leistungen aus dem Härtefonds gemäß § 301 des Lastenausgleichsgesetzes an Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone: Dr. Henn (FDP), Anfragender . . 10789D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10789D 12. betr. Unterbringung heimatvertriebener und kriegssachgeschädigter Werksangehöriger der Bayerischen Motorenwerke Allach in der Siedlung für heimatlose Ausländer in Ludwigsfeld bei München: Reitzner (SPD), Anfragender 10789D, 10790A, B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10790A, B, C 13. betr. Entschädigung bzw. Übergangsbeihilfe an ehemalige Siedler auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Hohenfels: Kohl (Stuttgart) (KPD), Anfragender 10790C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10790C, D 14. betr. gesetzliche Vorarbeiten für die Regelung der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen: Dr. Schellenberg (SPD), Anfragender 10791A Storch, Bundesminister für Arbeit . 10791A 15. betr. Dauer der Entscheidung über Klagen bei den Landesverwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten: Jahn (SPD), Anfragender 10791A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10791B 16. betr. Verspätungen von D- und FZügen: Dr. Mende (FDP), Anfragender . . . 10791C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10791C 17. betr. Entfernung der Schuttmassen zerstörter bundeseigener Bunker: Morgenthaler (CDU), Anfragender . 10792A Schäffer, Bundesminister- der Finanzen 10792A 18. betr. Freigabe des Predigtstuhlhotels in Bad Reichenhall: Parzinger (FU), Anfragender . . 10792B, C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10792C 19. betr. Mißbräuche bei der Subventionierung für das Konsumbrot: Dr. Mende (FDP), Anfragender . . 10792C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 10792D 20. betr. Aufbringung der Mehraufwendungen der Rentenversicherung zur Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz: Dr. Schellenberg (SPD), Anfragender 10792D, 10793A Storch, Bundesminister für Arbeit . 10793A 21. betr. Förderung der Durchführung der Investitionsvorhaben des Bergbaus und der Eisen- und Stahlindustrie durch steuerliche Maßnahmen: Willenberg (FU), Anfragender . . 10793A, C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 10793B, C 22. betr. Erhöhung der Renten in der Sozialversicherung und Kriegsopferversorgung: Willenberg (FU), Anfragender . . . 10793C Storch, Bundesminister für Arbeit . 10793C 23. betr. Maßnahmen zur Besserung der Verkehrssicherheit des Straßenzustandes: Dr. Reismann (FU),* Anfragender 10793D, 10794A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10793D 24. betr. Unfälle auf der Bundesstraße 55 bei Ehreshofen (Rhein-Bergischer Kreis) infolge Beseitigung der Bahnschranken: Hoffmann (Lindlar) (FU), Anfragender 10794B, C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10794B, C 25. betr. Erlaß der Ausführungsbestimmungen zum Lastenausgleichsgesetz und 26. betr. Übergangslösung für die Schaffung von Wohnraum nach dem Auslaufen des Soforthilfegesetzes: Dr. Keller (Fraktionslos), Anfragender 10794C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10794D 27. betr. Abzug der Teuerungszulage zur Unterhaltshilfe durch das Soforthilfeamt Hamburg: Renner (KPD), Anfragender 10794D, 10795A Storch, Bundesminister für Arbeit 10795A, B 28. betr. Pläne für die Errichtung eines sogenannten „Rhein-Walls" bzw. für die Evakuierung der Bevölkerung von Rheinland-Pfalz nach Südfrankreich: Niebergall (KPD), Anfragender . 10795B, C Schäffer, Bundesminister der. Finanzen 10795B, C 29. betr. Räumung bzw. Verwendung des ehemaligen Heereszeugamts in Glinde, Kreis Stormarn (Schleswig-Holstein) und 30. betr. Räumung und Wiederverwendung der Werksanlagen der Firma Krupp in Glinde, Kreis Stormarn (Schleswig-Holstein) : Wegen Fristablaufs der Fragestunde abgesetzt 10795C Nächste Fragestunde, Frist zur Einreichung der Fragen 10795C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über den Betrieb gewisser Rundfunkanlagen innerhalb der Bundesrepublik vom 11. Juni 1952 (Nr. 3726 der Drucksachen) 10795D Frau Strohbach (KPD) 10795D Blachstein (SPD) 10796C Dr. Vogel (CDU) 10798A Dr. Mende (FDP) 10798D von Thadden (Fraktionslos) . . . 10799B Ausschußüberweisung 10799D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Geheimorganisation „Technischer Dienst des BDJ" in Hessen (Nr. 3745 der Drucksachen) 10799D Dr. Menzel (SPD), Anfragender . 10800A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10804A, 10828B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 10810B Zinn, Ministerpräsident des Landes Hessen 10811A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 10815B Fisch (KPD) 10817B Dr. Schäfer (FDP) 10818D Birkelbach (SPD) 10820D Dr. Friedensburg (CDU) 10823A Mellies (SPD) 10824C Freiherr von Aretin (FU) . . . 10826C Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 10827C Ewers (DP) 10828D Renner (KPD) 10829C Euler (FDP) 10830D von Thadden (Fraktionslos) . . . 10831D Meitmann (SPD) 10832B Beschlußfassung 10834D Zweite und dritte Beratung des von den Abg. Gibbert, Schmitt (Mainz), Junglas, Kemper, Dr. Weber (Koblenz), Jacobs, , Dr. Preusker, Dr. Atzenroth, Dr. Mühlenfeld, Freiherr von Aretin u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Steuer auf Schaum- wein (Schaumweinsteuergesetz) Nr. 3593 [neu] der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 3727 [neu] der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 679) 10834D Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter 10835D Dr. Bertram (FU) 10838A Abstimmungen 10838A, 10839B Nächste Sitzung 10839D Die Sitzung wird um 13 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Robert Lehr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)



    (Zuruf von der KPD: Der Auch-Soldat, der nie Soldat war! — Weitere Zurufe von der KPD.)

    Bei der Behandlung der Großen Anfrage der SPD beschränke ich mich zunächst darauf, eine präzise Darstellung der Dinge und Beantwortung der Fragen zu geben, und werde anschließend wegen der besonderen Bedeutung dieser Sache noch einige allgemeine Bemerkungen machen. Aber eins möchte ich dem Herrn Kollegen Menzel doch sagen. Wenn Sie mich fragen, warum erst heute die Regierung durch mich hier Stellung nimmt: Ich halte es für richtig, erst in dem Augenblick vor ein Parlament zu treten, Wenn ich konkrete, unanfechtbare Tatsachen hinter mir habe

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien — Lachen und Zurufe links)

    und nicht Angaben zu machen brauche, die auf Vermutungen oder Schlüssen beruhen, die sich nachher als nicht vollständig oder gar irrig erweisen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Denn dadurch wird das deutsche Ansehen im In-und Ausland geschädigt und werden unsere Interessen empfindlich gestört.

    (Abg. Renner: Durch Ihre Person wird das geschädigt! — Zuruf von der SPD: Fauler Zauber! — Weitere lebhafte Zurufe von der KPD und SPD.)

    — Herr Renner, es wird Ihnen noch vieles gesagt werden, was Ihnen nicht paßt.

    (Abg. Renner: Wieder diese Drohung! Sie haben schon öfter gedroht, Sie Provokateur!)

    Von dem Vorhandensein des — —

    (Andauernde Zurufe von der SPD und KPD.)

    — Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen wegen der Bedeutung dieser Sache, einmal ruhig zuzuhören, welcher Tatbestand wirklich vorhanden ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Der erste Punkt. Von dem Vorhandensein des sogenannten Technischen Dienstes, der sich die Schulung von Partisanen zur Aufgabe gemacht haben soll,

    (Abg. Renner: „Soll" ist gut!)

    hat die Bundesregierung erstmalig Mitte September 1952 Kenntnis erhalten, und zwar das Bundesministerium des Innern am 15. September und das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen am 19. September. Daß diese Organisation sich nach Auffassung der hessischen Regierung auch die weitere Aufgabe gestellt habe, Persönlichkeiten des politischen Lebens zu liquidieren, ist der Bundesregierung durch den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Herrn Dr. John, am 1. Oktober 1952 mitgeteilt worden. Diese Angaben hat Dr. John am Abend des 30. September von dem hessischen Ministerpräsidenten, Herrn Zinn, erhalten.
    Von diesem Nachrichtenkomplex — und das ist für die Beurteilung der weiteren Tatbestände sehr wichtig; ich habe bereits in der Presse darauf hingewiesen — ist ein anderer zu unterscheiden, der seit etwa einem Jahr bekannt ist. Darauf bezieht sich — nicht eine „Rede", die ich in Hamburg gar nicht gehalten habe, sondern meine innerhalb eines
    Hornissenschwarms von Reportern, die mich befragten, gegebene Auskunft. Was wir seit einem Jahr wissen, ist nämlich der andere Komplex. Im Laufe des Jahres 1951 waren dem Bundesamt für Verfassungsschutz Nachrichten zugegangen, die darauf hindeuteten, daß sich alliierte Stellen innerhalb der Bundesrepublik mit der Vorbereitung von Maßnahmen beschäftigen, die im Falle eines sowjetischen Angriffs in den Grenzgebieten zu treffen seien.

    (Zuruf von der KPD: Da haben wir es!)

    Gegenstand dieser Informationen war auch, daß sich junge Deutsche in geringer Zahl, unter ihnen Erhard Peters, zu diesen Vorbereitungen bereitgestellt haben.

    (Zuruf von der SPD: Na also!)

    Bestätigt wurden diese Nachrichten durch Meldungen über Waffenlager in Bayern, z. B. in Marktschorgast im Landkreis Kulmbach, die Gegenstand der Prüfung durch bayerische Behörden waren und Mitte Oktober 1951 durch Pressemeldungen auch der Öffentlichkeit bekannt wurden.

    (Zurufe von der KPD.)

    Diese Vorbereitungen sind anschließend vom Bundesamt für Verfassungsschutz zum Gegenstand von Besprechungen mit sämtlichen Leitern der Landesverfassungsschutzämter gemacht worden.
    Zum zweiten Punkt. Weitere derartige Organisationen sind der Bundesregierung nicht bekanntgeworden.

    (Zuruf von der KPD: Mit so einer frechen Stirn zu lügen!)

    Zum dritten Punkt. Der Oberbundesanwalt überprüft in strafrechtlicher Hinsicht den Sachverhalt seit Mitte September 1952. Damit sind die erforderlichen Schritte wegen der strafrechtlichen Verfolgung der beteiligten Personen eingeleitet.

    (Abg. Renner: Wer hat sie dann laufen 'lassen?!)

    Das Verfahren, Idas mit allem Nachdruck betrieben wird,

    (Lachen bei der KPD)

    ist zunächst gehemmt worden, und zwar aus Gründen, die nicht in der Behörde des Oberbundesanwalts liegen. Dabei darf ich feststellen, daß eine
    Einflußnahme amerikanischer Dienststellen auf den
    Gang des Verfahrens niemals stattgefunden hat.

    (Abg. Renner: Aha!)

    Der Oberbundesanwalt hat erst durch einen am 6. Oktober dieses Jahres eingegangenen Bericht des Oberstaatsanwalts in Frankfurt am Main und durch die am 9. Oktober dieses Jahres in der Presse veröffentlichte Regierungserklärung des Herrn hessischen Ministerpräsidenten Nachricht darüber erhalten, daß Unterlagen gefunden worden seien, die eine Absicht zur Liquidierung von politischen Persönlichkeiten beweisen sollten.

    (Zurufe von der KPD: „Sollten"! — Die wußten genau Bescheid!)

    Die Unterlagen' sind sogar erst Mitte Oktober dem Oberbundesanwalt zur Verfügung gestellt und das Ergebnis dieser Untersuchungen ist selbstverständlich erst abgewartet worden.

    (Abg. Renner: Aber die Mörder laufen frei herum!)

    — Ja, in der Ostzone!

    (Zuruf von der KPD; Nein, hier!)



    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    Am 2. Oktober 1952 wurde eine gemischte Kommission — —

    (Abg. Majonika: Sie [zur KPD] haben doch Ihre ,eigenen Kollegen ermordet da hinten!)

    — Hören Sie lieber in Ruhe das an, was ich Ihnen zu sagen habe, und regen Sie sich nicht über Herrn Renner auf!
    Am 2. Oktober wurde eine gemischte Kommission zur Nachprüfung der Vorgänge eingesetzt. An dieser Kommission sind durch je einen Vertreter die ,amerikanische Besatzungsmacht, die hessische Regierung und das Bundesamt für Verfassungsschutz beteiligt.

    (Lachen bei der KPD.)

    Die gemischte Kommission hat ihre Tätigkeit am 8. Oktober 1952 aufgenommen und noch nicht abgeschlossen.

    (Zuruf von der KPD: Am 10. Oktober eingestellt!)

    Zum vierten Punkt. Zwischen dem sogenannten Technischen Dienst und dem Bund Deutscher Jugend muß unterschieden werden

    (Sehr richtig! rechts. — Lachen bei der KPD. — Zuruf von der KPD: Jetzt kommt der Witz! — Abg. Renner: Der Ministerdreh! — Heiterkeit.)

    Dem Technischen Dienst, der Organisation des Erhard Peters, sind finanzielle Zuwendungen aus Bundesmitteln niemals, weder unmittelbar noch mittelbar, gewährt worden.

    (Zuruf von der KPD: Das glauben Sie? — Abg. Fisch: Sie werden nicht rot dabei?)

    Dagegen hat der Bund Deutscher Jugend, alber nur aus einem einzigen Anlaß, eine finanzielle Förderung aus Bundesmitteln erfahren. Dieser einmalige Anlaß war das Pfingsttreffen 1952 des BDJ in Frankfurt am Main.

    (Abg. Rische: Dort trat der Technische 'Dienst in Aktion!)

    Ich hatte aber ein Jahr vorher durch das Bundesamt für Verfassungsschutz beim hessischen Landesamt für Verfassungsschutz anfragen lassen

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Hört! Hört!)

    und bekam von diesem im Februar 1951 die Nachricht, 'daß sich der Bund Deutscher Jugend zur 'demokratischen Staatsform bekenne

    (Hört! Hört! in der Mitte — Lachen bei der KPD)

    und daß das hessische Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesamt weiter berichten und weiter seine Beobachtungen mitteilen walle. Das ist aber seit der Zeit nicht mehr geschehen.

    (Lebhafte Rufe von der Mitte: Hört! Hört! — Abg. Renner: Die sind genau so unzuverlässig wie Ihr eigenes Bundesamt!)

    Nach dieser Auskunft haben wir zu dem Pfingsttreffen 1952 positiv Stellung genommen. Dieses Treffen war deshalb aus Bundesmitteln gefördert worden, weil es eine Gegenveranstaltung gegenüber dem FDJ-Treffen in Leipzig war

    (Zuruf von der KPD: Aha!)

    und sich viele andere deutsche und ausländische Jugendgruppen daran beteiligten.

    (Abg. Renner: Ja, die Faschisten!)

    Das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen hat, wie wir bereits am 10. Oktober erklärten,
    10 000 DM für dieses Treffen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus ist das Pfingsttreffen des BDJ in einer ähnlichen Größenordnung auch aus den mir zur Verfügung stehenden Abwehrmitteln gefördert worden.

    (Zuruf von der KPD: Abwehrmitteln!)

    Diese Förderung erfolgte nicht aus Mitteln des Bundesjugendplans.

    (Anhaltende Zurufe von der KPD.)

    Aus diesen ist keine Mark für die Veranstaltung gegeben worden.

    (Zuruf der Abg. Frau Strohbach.)

    Es handelt sich vielmehr um einen Fonds, der lediglich der Überprüfung durch ,den Herrn Präsidentendes Bundesrechnungshofs unterliegt.

    (Erneute Zurufe links.)

    Ich habe diese Förderung des Pfingsttreffens gebilligt, da den verfassungsfeindlichen Umtrieben der kommunistisch gesteuerten FDJ nicht nur mit polizeilichen, sondern auch mit Propagandamaßnahmen entgegengetreten werden muß.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte.)

    Und zum fünften und letzten Punkt die weitere präzise Auskunft: Die Bundesregierung ist nicht darüber unterrichtet, ob und welche weiteren Geldmittel dem sogenannten „Technischen Dienst" und dem BDJ zugeflossen sind. Wer die etwaigen Geldgeber und wie hoch die Beträge sind, wissen wir nicht. Beamte der Bundesregierung waren als Vermittler nicht tätig.

    (Abg. Renner: Fragen Sie mal Herrn Pferdmenges, ob er es nicht weiß! — Weitere Zurufe von der KPD.)

    Und nun, meine Damen und Herren, muß ich angesichts der Ausführungen des Herrn Kollegen Menzel doch noch einiges sagen, namentlich auch angesichts der zahllosen teils richtigen, teils falschen, teils entstellten Meldungen, die über die Vorgänge in Hessen und angebliche weitere Geheimorganisationen in der letzten Zeit durch die Presse gegangen sind. Ich muß dazu grundsätzlich folgendes sagen. Zunächst muß ich noch einmal mit Nachdruck darauf hinweisen, daß die endgültige Klärung der Tatbestände, soweit sie strafrechtlicher Art sind,

    (Abg. Renner: „soweit"!)

    dem Herrn Oberbundesanwalt abliegt. Ich halte es nicht 'für zweckmäßig, wie 'ich schon eingangs sagte, vor Abschluß noch in Gang 'befindlicher Ermittlungen ein abschließendes Urteil abzugeben, und ich hätte es tatsächlich auch. sehr begrüßt, wenn wenigstens die ersten Ergebnisse der Beratungen der Dreier-Kommission, die doch dazu eingesetzt war, um aufzuklären, abgewartet worden wären. Diese Kommission ist doch unter Beteiligung der hessischen Landesregierung eingesetzt worden. Aber dadurch, daß vorzeitig etwas erklärt worden ist, wie es im hessischen Landtag geschah, ist die Öffentlichkeit in einer ganz ungewöhnlichen und alarmierenden Weise unterrichtet worden.

    (Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)

    Bei einer objektiven Betrachtung des gesamten Komplexes müssen Sie drei Tatbestände unterscheiden: Erstens den Tatbestand der Anlegung von Waffenlagern — und zwar amerikanischen Waffenlagern — im Bundesgebiet, zweitens die Ausbildung von Partisanen, drittens die sogenannte Liquidationsliste.


    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    Zu dem ersten Punkt, der Anlegung von Waffenlagern amerikanischen Ursprungs und amerikanischer Zweckbestimmung im Bundesgebiet.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Es handelt sich hier um Vorgänge, die der Öffentlichkeit seit längerer Zeit durch die Presse bekannt sind und die in keinerlei Verbindung mit irgendwelchen Geheimorganisationen zu bringen sind. Das trifft auch auf die bereits vor mehr als einem Jahr in Bayern ermittelten Waffenfunde zu, die die Presse schon ausführlich behandelt hat und zu denen der Herr bayerische Minister des Innern noch kürzlich berichtet hat, daß sich Zusammenhänge zwischen dem Waffenfund und irgendwelchen politischen Untergrundbewegungen nicht ergeben haben.

    (Abg. Rische: Ja, kennen wir alles!)

    Die Ermittlungen haben im übrigen einwandfrei dazu geführt, daß es sich um Waffen aus amerikanischen Beständen, also um militärische Waffenlager handelte,

    (Lachen bei der KPD)

    so daß um so weniger Anlaß dazu bestand, hier eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik anzunehmen.

    (Zurufe von der KPD.)

    Mitteilungen über derartige dem Umfang nach sehr begrenzte Waffenläger sind vor Jahresfrist nicht nur dem bayerischen Minister des Innern, sondern, wie ich bereits 'ausführte, auch dem Bundesamt für Verfassungsschutz zugegangen, und zwar stammten sie von Herrn Peters, der bei seinem Besuch in Köln gleichzeitig darauf hinwies, daß auf Veranlassung und mit Wissen amerikanischer Stellen ein verhältnismäßig kleiner Kreis von Deutschen im Gebrauch dieser Waffen ausgebildet werden sollte. Für das Bundesamt für Verfassungsschutz bestand nach Lage der Sache damals keine Veranlassung, diese Vorgänge unter dem Gesichtspunkt des Verfassungsschutzes zu behandeln; aber das Bundesamt hat nicht unterlassen, von diesen Mitteilungen sämtlichen Landesämtern für Verfassungsschutz mit der Bitte um weitere Beobachtung im Sinne des Verfassungsschutzes Kenntnis zu geben.

    (Abg. Renner: Ja, ja!)

    Darüber hinaus besteht noch das Besatzungsstatut, das mir keine Handhabe zum Eingreifen bietet, weil es einer 'deutschen Dienststelle verboten ist, einen Ermittlungsdienst gegenüber den Alliierten einzuleiten.

    (Abg. Niebergall: Aber gegen die Kommunisten! Dafür werdet Ihr ja auch bezahlt!) — Die Kommunisten sind keine Alliierten.

    Bedenklich wurde vom Standpunkt der öffentlichen Sicherheit die Situation, als wir Mitte September 1952 darüber Mitteilung erhielten, daß in Verbindung mit dem amerikanischen Sicherheitsdienst in Waldmichelbach in Hessen unter dem Namen „Technischer Dienst" regelmäßige Lehrgänge gewisser Gruppen stattfanden, die im Waffengebrauch, aber auch — einem hessischen Polizeibericht zufolge — im Partisanenkampf ausgebildet wurden. Ich bin der Meinung, daß der Ausdruck Partisanenkampf, der in diesem Zusammenhang erstmalig auftritt und zu einer weitgehenden Beunruhigung der Öffentlichkeit geführt hat, zu Unklarheiten Anlaß gibt und noch der Aufklärung bedarf.

    (Abg. Rische: Das sind einfach Mörder!)

    Aber ich möchte jetzt schon betonen, daß es keiner deutschen Regierungsstelle gleichgültig sein darf, wenn hinter ihrem Rücken Geheimorganisationen aufgezogen werden,

    (Abg. Renner: Aufgedeckt werden!)

    deren Tätigkeit für die deutsche Zivilbevölkerung im Falle eines feindlichen Einmarsches unübersehbare Folgen gehabt hätte,

    (Beifall bei den Regierungsparteien — Abg. Meitmann: Das hätten Sie in Hamburg sagen sollen!)

    ganz abgesehen von der völligen Nutzlosigkeit eines solchen Vorgehens. Bevor ich aber ein endgültiges Urteil abgebe, muß ich bitten, das Ergebnis der eingeleiteten Ermittlungen abzuwarten.
    Ich komme drittens zu den sogenannten Liquidationslisten.

    (Zuruf von der KPD: „Sogenannten"!)

    Sie werden verstehen, daß bei der Mitteilung von dem Vorhandensein solcher Listen am 1. Oktober, die angeblich die Grundlage für die Beseitigung prominenter Persönlichkeiten liefern sollten, bei uns die stärkste Beunruhigung eingetreten ist. Sie werden sich vielleicht fragen, warum wir Ihnen über das Ergebnis der vom Oberbundesanwalt geführten Ermittlungen bisher nichts mitgeteilt haben. Wir haben uns diese Zurückhaltung auferlegt, weil wir uns der hohen Verantwortung gegenüber der deutschen Öffentlichkeit und gegenüber der Sache selbst bewußt sind

    (Abg. Blachstein: Aber in Hamburg haben Sie darüber geredet!)

    und die Verpflichtung fühlen, ohne Vorwegnahme des Ergebnisses nur das als feststehende Tatsachen dem Hohen Hause zu unterbreiten, was gewissenhaft erarbeitet ist und jeder Nachprüfung standhält.

    (Abg. Mellies: Oh, dieser Verwaltungsbeamte!)

    Insbesondere dürfen wir durch voreilige Veröffentlichungen das Ergebnis des Verfahrens, an dem wir
    alle brennend interessiert sind, nicht gefährden.

    (Abg. Renner: Die Liquidationslisten sind doch da!)

    Das ist leider im Anfangsstadium des Verfahrens versäumt worden. Ich kann Ihnen nur versichern, daß der Oberbundesanwalt, der erst Mitte dieses Monats die für seine Entscheidung maßgeblichen Unterlagen erhalten hat, mit Nachdruck — und ich sage dazu: sozusagen mit Tag- und Nachtschichten — die Aufklärung des Falles betreibt, daß er aber auch mit der Umsicht seiner jahrzehntelangen staatsanwaltschaftlichen Erfahrung und — was ich hier besonders betonen möchte — mit unbeeinflußbarem und unbeirrbarem Urteil vorgeht.

    (Abg. Renner: Und auf dem rechten Auge blind ist!)

    Das bisherige Ergebnis wird übrigens nach meiner Auffassung vielleicht nicht in dem Sinne sensationell sein,

    (Abg. Rische: Sie wissen es schon?)

    wie es von manchen mehr oder minder berufenen Stellen von vornherein prophezeit wurde.

    (Zurufe von der SPD: Woher wissen Sie das denn? — Jetzt greifen Sie schon wieder vorweg! — Sie urteilen ja schon, Herr Minister!)

    Gestatten Sie mir, daß ich in diesem Zusammenhang noch näher auf die sogenannte Liquida-


    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    tionsliste eingehe, die in den Zeitungsnotizen und sonstigen Berichten einen so breiten Raum einnimmt, und auf den angeblichen Fememord, der zunächst durch eine Veröffentlichung der Zeitschrift „Der Spiegel" bekanntgeworden ist und dem sogenannten Technischen Dienst des beschuldigten Peters zur Last gelegt wird.
    Der jetzige Stand der Ermittlungen rechtfertigt keinesfalls die sensationelle Aufmachung im „Spiegel". Die sogenannte Liquidationsliste, die nunmehr dem Oberbundesanwalt vorliegt, enthält entgegen den Presseberichten und sonstigen Verlautbarungen soweit irgend erkennbar den Namen keines einzigen SPD-Angehörigen.

    (Hört! Hört! in der Mitte. — Abg. Frau Strohbach: Aber Kommunisten!)

    — Ja, Kommunisten, da haben Sie recht.

    (Abg. Renner: Die sind vogelfrei! Dafür bezahlen Sie ja die Gelder!)

    Wohl enthält sie zahlreiche Namen von Angehörigen der extremen Rechten und der Linken, und zwar der SRP und KPD sowie der ihr angeschlossenen Organisationen.

    (Zuruf von der KPD: Das nennt man die demokratische Verfassung schützen! — Abg. Renner: Deshalb werden sie doch von Ihnen bezahlt! — Zuruf von der KPD: Erzählen Sie doch nichts!)

    — Ach, ich erzähle Ihnen noch mehr.
    Neben dieser Liste ist auch eine Personenkartei gefunden worden, die sich zu einem großen Teil auf Angehörige der SPD, aber auch auf sonstige bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bezieht,

    (Abg. Niebergall: Vielleicht die Schonliste, was?)

    wie auf Abgeordneten Kiesinger, den schleswigholsteinischen Minister Waldemar Kraft und andere. Hier handelt es sich um Nachrichten, die in jedem Informationsbüro gegen Geld erhältlich sind und auch, wenigstens zum Teil, aus einem solchen Büro stammen sollen. Sie enthält aber nicht nur negative, sondern auch positive Beurteilungen von Persönlichkeiten. So werden Bürgermeister Brauer, Senatspräsident Kaisen und Frau Renger, die ehemalige Mitarbeiterin des verstorbenen Herrn Dr. Schumacher, durchaus anerkennend und positiv bewertet.

    (Abg. Rische: Schonliste! — Rufe und Unruhe bei der SPD und KPD. — Abg. Dr. Bucerius: Eine ganz schlechte Liste! Damit kann man gar nichts anfangen!)

    Meine Damen und Herren! Wie kolportiert werden konnte, daß gerade diese drei genannten Personen im Ernstfall beseitigt werden sollten, ist mir allerdings bei der gegebenen Sachlage völlig unerfindlich.

    (Hört! Hört! rechts. — Abg. Renner: Er entschuldigt die Mörder schon im voraus!)

    Es ist Ihnen noch manches Interessante vorzutragen, und zu Ihrer und zu meiner eigenen Beruhigung kann ich Ihnen mitteilen, daß das jetzige Ermittlungsergebnis — ich betone ausdrücklich, das jetzige Ermittlungsergebnis —

    (Abg. Mellies: Seien Sie ja vorsichtig!)

    noch keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Annahme geliefert hat, daß die sogenannte Liquidationsliste oder die Personalkartei

    (Abg. Renner: Auch durchgeführt wird!)

    eine vorbereitende Maßnahme für eine spätere physische Beseitigung der in ihnen aufgeführten Personen darstellt.

    (Abg. Renner: Sie sollen wohl bloß gekitzelt werden! — Abg. Niebergall: Abtreten, Herr Lehr!)

    Dabei sind die wichtigsten Zeugen und Beschuldigten, die für die Aufklärung gerade dieses Punktes in Frage kommen, sorgfältigst vernommen worden. Ich behalte mir weitere Aufklärung der Öffentlichkeit vor und möchte mich zur Frage der sogenannten Proskriptionsliste jetzt auf diese Ausführungen beschränken.

    (Unruhe bei der KPD.)

    Aber nun zum Fememord. Der sogenannte Fememord, der zunächst eine so außerordentliche Wichtigkeit in den Presseerörterungen fand und der schließlich ein Hauptakt der ganzen Ermittlungen zu werden schien, ist erstmalig vom „Spiegel" bekanntgemacht

    (Zuruf von der CDU: Schon wieder der „Spiegel" !)

    und mit dem BdJ in Verbindung gebracht worden. In seiner Ausgabe vom 16. Oktober brachte der „Spiegel" die Nachricht, daß ein Bundestagsabgeordneter der CDU/CSU schon vor längerer Zeit erfahren habe, ein ehemaliger deutscher Offizier, wahrscheinlich ein Oberst a. D., sei zu Beginn des Jahres in einer Partisanenschule zu Waldmichelbach durch Fememord beseitigt worden, weil ihm von den übrigen Kursusteilnehmern der Vorwurf gemacht worden sei, er sei ein Ost-West-Brückenbauer. Der Bundestagsabgeordnete habe diesen Vorfall dem Bundesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt, wo ihm der Tatbestand bestätigt worden sei mit dem Zusatz, die seinerzeit eingeleiteten Untersuchungen hätten auf Befehl der Amerikaner eingestellt werden müssen, weil die Tat auf exterritorialem Gelände begangen sei.
    Was ist wirklich zutreffend? Wir haben uns zur Aufklärung zunächst an die Redaktion des „Spiegel" gewandt,

    (Zuruf links: Das ist die richtige Adresse!)

    aber von dort bisher leider keine Auskünfte bekommen. Einer der Vertreter der Zeitung sagte, man werde zu gegebener Zeit die Frage in einem Artikel des „Spiegel" beantworten.
    Da wir auf diesem Wege nun nicht weiterkamen, versuchten wir den Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU ausfindig zu machen. Wir glauben, daß wir ihn auch gefunden haben, und er hat, kurz gesagt, folgende Erklärung abgegeben. Er sei von einem Studenten brieflich davon unterrichtet worden, daß der Verdacht einer von den Amerikanern aufgezogenen Geheimorganisation bestehe, man möge sich doch dieser Sache annehmen. Nachträglich habe er von einem höheren Offizier der ehemaligen deutschen Wehrmacht die Bestätigung erhalten, daß eine solche Gruppe existiere. Dabei habe der Offizier darauf hingewiesen, daß von einem Fememord auch geredet werde. Eines der Mitglieder der Geheimorganisation soll mit Hilfe eines fingierten Unfalles in einem Steinbruch getötet worden sein.
    Jetzt hatten wird endlich einen Faden. Der für Waldmichelbach zuständige Oberstaatsanwalt in Darmstadt hat in der Zwischenzeit in der Frage des Fememordes für seinen Bezirk eine Untersuchung eingeleitet und dem Vernehmen nach bisher keiner-


    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    lei Anhaltspunkte dafür gefunden, daß in Waldmichelbach ein Mord oder ein solcher Mord geschehen sei oder der BdJ bzw. der Technische Dienst des Beschuldigten Peters mit einem derartigen Mord in Verbindung stehe.
    Auch im übrigen Bundesgebiet haben wir zur Klärung dieser Frage Nachforschungen durchgeführt. Schließlich ist ein Verfahren bekanntgeworden, das offensichtlich zu dem von der Presse verbreiteten Gerücht den Hauptanlaß gegeben hat. Es ist im November vorigen Jahres vom Oberstaatsanwalt in. Hagen (Westfalen) eingeleitet und hat folgendes Ergebnis erbracht: Zwei Arbeiter waren bei Altena nach ausgedehnten Zechereien miteinander in Streit geraten

    (Gelächter bei der KPD)

    und beim Raufen auf die abschüssige Böschung eines Steinbruchs gelangt. Einer von ihnen ist dabei in den Steinbruch abgestürzt und zu Tode gekommen. Mehr Sachdienliches war nicht festzustellen.

    (Zurufe von der KPD.)

    Der am Leben gebliebene Arbeiter konnte über die Vorgänge angeblich wegen Volltrunkenheit keine Angaben machen. Der Oberstaatsanwalt hat das Verfahren eingestellt, weil sich kein hinreichender Verdacht einer strafbaren Handlung ergeben habe.

    (Zurufe von der SPD.)

    Dieser Fall, der nach den getroffenen Feststellungen mit einem Fememord nichts zu tun hat,

    (Abg. Renner: Kann ich mir vorstellen!)

    entgegen den Zeitungsberichten nicht zu Beginn dieses Jahres, auch nicht in Waldmichelbach geschehen ist und den Technischen Dienst des beschuldigten Täters überhaupt nicht betrifft, muß bei der Nachrichtenbeschaffung mit anderen Gerüchten unkontrollierbarer Art vermengt worden sein. Die Tatsache, daß ein Teil der Mitteilungen offensichtlich auf den oben erwähnten CDU-Abgeordneten und einen höheren Offizier der deutschen Wehrmacht zurückgeht und daß eine im Steinbruch gefundene Leiche eine Rolle spielt, spricht für den Zusammenhang mit den Zeitungsnachrichten. Jedenfalls kann, da der „Spiegel" eine Aufklärung bis jetzt unterlassen hat, eine andere Erklärung nicht gegeben werden.
    Wenn eine Presse in einem solch wichtigen Falle wie dem vorliegenden unkontrollierte Gerüchte sensationellsten Inhalts in ihre Spalten aufnimmt und ihnen den Anschein gewissenhaft überprüfter Nachrichten gibt, so ist dies schärfstens zu verurteilen.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Fisch: Das erste Mal in Ihrer Rede, daß Sie etwas „schärfstens" verurteilen!)

    Es zeugt mehr von hemmungsloser Kombinationsgabe ihrer Berichterstatter als von Kritik und Verantwortungsgefühl. Wir haben erfahren, daß die veröffentlichten Sensationsnachrichten in der Ostpresse bereits mit Genugtuung aufgenommen worden sind und zu einer noch nicht übersehbaren Gefährdung der Interessen der Bundesrepublik geführt haben.

    (Abg. Renner: Ei, ei, ei!)

    Es geht nicht an, daß die Sensationslust oder der Erwerbstrieb in solcher Weise über das Staatsinteresse gesetzt werden.

    (Lebhafte Zurufe von SPD und KPD.)

    Unverantwortlich ist auch die in der Presse erschienen Nachricht, daß das Bundesamt für Verfassungsschutz den Fememord gekannt, aber seine Weitermeldung nicht nur unterlassen, sondern sogar geflissentlich verhindert, also gegen fundamentale Pflichten verstoßen habe.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Diese Nachricht ist völlig aus der Luft gegriffen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat einen Mord der behaupteten Art früher ebensowenig gekannt," wie es heute von einem solchen weiß. Der Fall des im Steinbruch aufgefundenen Toten war ihm infolge der unpolitischen Bedeutung der Sache verständlicherweise nicht zur Kenntnis gebracht worden. Unerfindlich ist auch, wie die Presse zu der Mitteilung kommt, daß das Bundesamt für Verfassungsschutz dem angeblichen Gewährsmann, dem CDU-Abgeordneten, bedeutet habe,

    (Zurufe von der KPD)

    die eingeleiteten Untersuchungen seien auf Weisung der Amerikaner wegen der Exterritorialität des Tatortes abgebrochen worden. Ich brauche nicht näher darauf einzugehen, daß diese Zeitungsbehauptung schon deshalb keinen Glauben verdient, weil eine Exterritorialität des Tatorts die Untersuchung des Falles durch deutsche Behörden nicht gehindert haben würde.

    (Hört! Hört! links. — Abg. Renner: Das sollen wir glauben?!)

    Ich muß mich nochmals mit den Fragen BdJ und Technischer Dienst befassen. Dabei ist es, wie ich schon eingangs betont habe, notwendig, zwischen BdJ und dem Technischen Dienst scharf zu trennen.

    (Abg. Renner: Aha, jetzt kommt das Entscheidende!)

    Ob und welche Zusammenhänge zwischen beiden Einrichtungen bestehen, ist zur Zeit Gegenstand der Untersuchung.

    (Zurufe von der SPD und von der KPD.)

    Fest steht zur Zeit, daß Herr Peters, der Leiter des Technischen Dienstes, früher Vorstandsmitglied des BdJ gewesen ist, aus dem er vor längerer Zeit ausgeschieden ist. Ich weiß auch noch nicht, wie einzelne hier in Frage kommende Persönlichkeiten des BdJ wirklich zu bewerten sind. Eines aber muß ich hier doch sagen.

    (Abg. Renner: Das Erzählen geht weiter!)

    Es scheint mir doch weit über das vertretbare Maß hinauszugehen, wenn der Technische Dienst schlechthin mit dem BdJ identifiziert und damit die ganze antikommunistische

    (lebhafte Zurufe von der KPD)

    Aufklärungsarbeit des BdJ

    (Abg. Müller [Frankfurt': Raus mit der Sprache!)

    in Grund und Boden verurteilt wird.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ich erinnere nochmals an die Feststellung des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz.
    Wenn die Bundesregierung sich seinerzeit entschlossen hat, der Öffentlichkeit eine Liste derjenigen Organisationen bekanntzugeben, deren Tätigkeit sich nach ihrer Auffassung gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes richtet, so hat sie damit zugleich an die Unterstützung aller verantwortungsbewuß-


    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    ten, auf dem Boden unserer Demokratie stehenden Deutschen appelliert,

    (Zurufe von der KPD)

    und wenn der Herr hessische Innenminister noch in den letzten Tagen seinen Dienststellen eine Liste von 82 kommunistischen Tarnorganisationen allein im Lande Hessen mitgeteilt hat — wir kennen im Bundesgebiet etwa 200 solcher Tarnorganisationen —, so ist das ein Beweis dafür, welcher ungeheuren Gefahr der Bestand unserer jungen Bundesrepublik durch den Weltkommunismus ausgesetzt ist.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der KPD.)

    In solcher Situation sollten wir uns der Mitarbeit
    aller bedienen, die sich rückhaltlos in den Dienst
    der Bekämpfung totalitärer Bestrebungen stellen.

    (Zurufe von der KPD: Hört! Hört! — Unerhört! — Abg. Renner: Der Mörder! Aller Mörder bedienen! — Zuruf von der Mitte: Ist es vielleicht möglich, die Herren etwas zur Ruhe zu bringen?)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das sind keine Zwischenrufe mehr, meine Herren!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Robert Lehr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich wiederhole noch einmal den wesentlichen Satz: In solcher Situation sollten wir uns der Mitarbeit aller bedienen,

    (Abg. Renner: Aller Mörder bedienen!)

    die sich rückhaltlos in den Dienst der Bekämpfung totalitärer Bestrebungen stellen und einwandfrei auf dem Boden der Verfassung stehen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner: Sie erziehen die Massenmörder! — Zuruf von der SPD: Wo ist denn Ihr Maßstab?)

    Lassen Sie Ihrer aller Aufmerksamkeit nicht ablenken von dem wirklichen Tatbestand.

    (Ironisches Sehr richtig! links.)

    Deshalb bitte ich das Hohe Haus, zu erwägen, daß die eingangs von mir genannten einmaligen Zuwendungen für das Pfingsttreffen des BdJ

    (Abg. Renner: Weitergehen!)

    in keinem Verhältnis stehen zu den Millionen, die Monat für Monat zur Unterwühlung der Bundesrepublik und ihrer demokratischen Grundordnung von der KP und ihren Hintermännern aufgewendet werden

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien — Abg. Renner: Der große Märchenerzähler!)

    und deren unheilvoller Auswirkung unser Abwehrdienst pflichtgemäß entgegenzutreten hat. Es ist meine Pflicht und Aufgabe,

    (Abg. Renner: Abzutreten!)

    solchen Bestrebungen in jeder Weise entgegenzutreten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich darf schließlich noch auf unsere Beziehungen zu den Besatzungsmächten, insbesondere zu den Dienststellen der Amerikaner hinweisen.

    (Abg. Renner: Ja ja!)

    Wir erinnern uns heute gern der verständnisvollen Förderung, die der amerikanische Hohe Kommissar McCloy und sein Vorgänger Lucius D. Clay mit ihren Mitarbeitern den deutschen Interessen stets haben zuteil werden lassen. Wir glauben auch von
    ihrem Nachfolger, Mr. Donnelly, eine gleiche freundschaftliche Haltung erwarten zu dürfen. Wir bedauern aber, daß sich Vorgänge wie die in Hessen haben ereignen können ohne daß die Bundes- und Landesregierung hiervon unterrichtet worden sind.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner: Also die Konsequenz ist die Unterrichtung!)

    Ich halte es für möglich, daß die maßgebenden amerikanischen Dienststellen von den Vorgängen in Waldmichelbach keine Kenntnis hatten, und habe die Gelegenheit benutzt, den deutschen Standpunkt dem obersten Sicherheitsoffizier der USA in einem persönlichen Besuch mit dem berechtigten Wunsch darzulegen, in Zukunft derartige Maßnahmen, sofern sie überhaupt noch erwogen werden sollten, nicht ohne Einverständnis mit den beteiligten deutschen Dienststellen zu treffen. Der Herr General hat zugesagt, daß er so handeln werde. Er hat im übrigen darauf hingewiesen, daß von amerikanischer Seite schon vor längerer Zeit die Einstellung des Vorhabens angeordnet war und die letzten Abwicklungsmaßnahmen bereits im September dieses Jahres zum Abschluß kommen sollten.
    Wie mir der Herr Bundeskanzler mitteilt, hat ihm der Herr amerikanische Hohe Kommissar erklärt, daß die amerikanischen Behörden der genannten Organisation ihre Unterstützung ausschließlich für Verteidigungs- und Sicherungszwecke gewährt hätten. Der Herr Hohe Kommissar hat weiter erklärt, daß die amerikanischen Behörden von der politischen Tätigkeit der Organisation keine Kenntnis hatten und sie niemals gebilligt hätten.
    Lassen Sie mich noch eine Frage von Herrn Menzel beantworten. Er hat mich nach einem ehemaligen Angehörigen des Bundesgrenzschutzes gefragt. Ich kann ihm erklären, daß dieser Hoffmann nach einer Gastrolle von vier Wochen im Bundesgrenzschutz fristlos entlassen wurde. Wegen des Falles Lüth müssen wir noch einige . Unterlagen haben. Aber ich berufe mich auf Mitteilungen, die in kommunistischen Veröffentlichungen erschienen sind, daß man diesem angeblichen Mitglied Lüth endlich die Maske vom Gesicht gerissen habe. Er scheint also eine unerwünschte -Gastrolle als Zuhörer in Ihren Reihen gespielt zu haben.

    (Abg. Renner: Mancher amerikanische Agent spielt sich hier als deutscher Agent auf! — Abg. Mellies: Sehr interessant, ein Kommunist als Kronzeuge!)

    Es wird beklagt — Herr Menzel hat das heute auch durchklingen lassen —, daß die Bundesregierung nicht energisch genug gegen den Rechtsradikalismus einschreite. Das ist ein Irrtum. Ich kann Ihnen am heutigen Tage erfreulicherweise die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bekanntgeben

    (Abg. Renner: Ich denke, die ist unabhängig von Ihnen erfolgt!)

    — ganz unabhängig —:
    I. 1. Die Sozialistische Reichspartei ist verfassungswidrig.
    2. Die Sozialistische Reichspartei wird aufgelöst.
    3. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die Sozialistische Reichspartei zu schaffen oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen.


    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    4. Das betrifft das Hohe Haus unmittelbar. Die Bundestags-, Landtags- und Bürgerschaftsmandate der Abgeordneten, die auf Grund von Wahlvorschlägen der Sozialistischen Reichspartei gewählt sind oder zur Zeit der Urteilsverkündung der SRP angehören, fallen ersatzlos fort.

    (Bravo! bei den Regierungsparteien.)

    Die gesetzliche Mitgliederzahl der betroffenen Parlamente verringert sich um die Zahl der fortgefallenen Mandate. Die Gültigkeit parlamentarischer Beschlüsse wird hierdurch nicht berührt.
    5. Das Vermögen der Sozialistischen Reichspartei wird zugunsten der Bundesrepublik Deutschland zu gemeinnützigen Zwecken eingezogen.
    II. In den Ländern werden die Minister und Senatoren des Innern mit der Durchführung der Entscheidung zu Ziffer 2 und 3 beauftragt. Insoweit stehen ihnen unmittelbare Weisungsbefugnisse gegenüber allen Polizeiorganen zu. Die Einziehung des Vermögens wird dem Bundesminister des Innern übertragen, der sich der Hilfe der Minister und Senatoren der Länder bedient.
    III. Vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen diese Entscheidung oder gegen im Vollzug dieser Entscheidung getroffene Maßnahmen werden gemäß §§ 47 und 42 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht mit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft. _
    Nun, Herr Renner, werde ich meine ganze Aufmerksamkeit Ihnen zuwenden.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner: Ihre Aufmerksamkeit? Die amerikanische Aufmerksamkeit! Amerikanischer Agent!)