Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Es ist der Antrag gestellt worden, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten als federführendem Ausschuß und zur Mitberatung dem Ausschuß für Presse, Rundfunk und Film zu überweisen. — Das Haus ist damit einverstanden. Die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf: Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Geheimorganisation „Technischer Dienst des BDJ" in Hessen .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 25 Minuten und eine Aussprachezeit von höchstens 90 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Zur Begründung Herr Abgeordneter Dr. Menzel.
Dr. Menzel , Anfragender: Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Die in einigen Orten
Deutschlands, insbesondere in Hessen und Hamburg aufgedeckten Geheimorganisationen zeigen
mit einer erschreckenden Deutlichkeit, welchen
Weg Deutschland innerpolitisch zu gehen droht,
wenn wir nicht rechtzeitig den Anfängen wehren.
Wir hätten daher erwarten können, daß die Bundesregierung, insbesondere der Herr Verfassungsminister, von sich aus das Bedürfnis gefühlt hätte, den Bundestag über die Vorgänge eingehend zu unterrichten
und sich absolut klar und für jeden, der diese
Staatsordnung anzugreifen droht, völlig unmißverständlich von diesen Vorgängen zu distanzieren.
Wir haben vergeblich gewartet. Nichts ist geschehen. Daher ist es Zweck dieser Großen Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion, die Bundesregierung nunmehr in aller Öffentlichkeit auf diese Verpflichtung hinzuweisen und sie zu zwingen, endlich Farbe zu bekennen, was sie zu den Vorgängen zu sagen hat. Alle Versuche, die Dinge zu bagatellisieren, zu beschönigen oder gar mit Schweigen, wie man es zu Anfang versucht hat, darüber hinwegzugehen, helfen nichts und machen die Sache politisch doch nur schlimmer.
Wir haben es hier mit einer nach unserer Auffassung sehr ernsten Angelegenheit und, wie w i r meinen, mit einem der größten politischen Skandale nach 1945 zu tun.
Daher wäre es die Pflicht der Bundesregierung gewesen, hier nicht nur aufzuklären, sondern anzuprangern, was da geschehen ist.
Ich sagte schon: die Bundesregierung hat geschwiegen. Erst als der Druck der Öffentlichkeit zu stark wurde, hat sie einige merkwürdige Pressekommentare veröffentlicht oder noch merkwürdigere Reden von ihren einzelnen Mitgliedern halten lassen. Der Herr Bundeskanzler hat in der Kundgebung in der Westfalenhalle zu Dortmund und auf dem Parteitag der CDU zu allen möglichen Problemen gesprochen, aber keinen Satz zu den hessischen Vorgängen gefunden.
Er hat, als ihm die Vorgänge mitgeteilt wurden, zunächst gesagt, er bedaure diese Vorgänge. Aber ich meine, er hätte seiner Empörung darüber klar Ausdruck geben müssen.
Das gleiche Verhalten mußten wir leider bei dem Herrn Bundesinnenminister feststellen, der doch die Verfassung zu schützen hat.
Seine erste Verlautbarung beschränkte sich lediglich darauf, daß er in der Öffentlichkeit erklärte: Heraus mit den Proskriptionslisten! Nun, Herr Bundesinnenminister, Ihnen steht doch die große Apparatur der Verfassungsschutzämter zur Verfügung. Sie waren weiß Gott schlecht unterrichtet, wenn Sie glaubten, daß das, was der Herr Ministerpräsident Zinn veröffentlicht hat, vielleicht nicht stimmen könnte.
In Ihrer Hamburger Rede vom letzten Wochenende haben Sie, Herr Bundesinnenminister, die von der Staatsanwaltschaft verhafteten sieben Mitglieder einer illegalen Organisation als Hanswürste bezeichnet. Sie haben sich damit zunächst einmal in einen bedauerlichen Gegensatz zu der Justiz gestellt, die die Sache erfreulicherweise ernster genommen hat. Und als Sie, Herr Bundesinnenminister, darüber hinaus diese Zahl von sieben Hanswursten mit der Zahl der Hamburger Bevölkerung von 1,7 Millionen verglichen, indem Sie sagten: Was sollen schon sieben Männer ausrichten gegen 1,7 Millionen Hamburger, war das, glaube ich, ein Niveau weit unter der Preislage eines Bundesinnenministers.
Herr Bundesinnenminister, ich erinnere an die damaligen Attentate eines Halacz in Bremen. Da hat auch einer ausgereicht. Und ich bringe in Ihr Gedächtnis zurück, daß es damals nur zweier aktiver Mitglieder der Organisation „Konsul" bedurft hat, um Rathenau zu ermorden.
Die Art, wie der Herr Bundesverfassungsminister das Vorhandensein dieser Listen, ihren Inhalt und die gesamten Vorgänge in Hessen komisch zu finden beliebt, ist doch geradezu unerträglich,
macht auch auf die Dauer ein vertrauenswürdiges Zusammenarbeiten zwischen dem Bund und den Länderministern unmöglich.
Es ist zugleich ein untrügliches Zeichen für ein schlechtes Gewissen, für eine Beunruhigung des Herrn Bundesinnenministers, nachdem er in derselben Hamburger Rede zugegeben hat, seit einem Jahre von diesen Vorgängen zu wissen, daß er diese Dinge durch sein Schweigen geduldet und sanktioniert hat.
Als der Ministerpräsident Zinn die Vorgänge der erstaunten Öffentlichkeit mitteilte, erklärte der Herr Bundeskanzler, er sei überrascht. Sie aber, Herr Dr. Lehr, haben erklärt, bereits seit einem Jahr davon zu wissen. Ist denn die Unterrichtung des Herrn Bundeskanzlers über wesentliche inner-politische Vorgänge durch den Herrn Bundesinnenminister so schlecht, oder liegt das an dem Durcheinander in der Bundesregierung?
Es hätte uns viel eher interessiert, wenn es sich auch um eine vielleicht nicht allzu bedeutende Einzelheit handelt, von dem Herrn Bundesinnenminister zu hören, was er zu der erstaunlichen Tatsache zu sagen hat, daß ein gewisser Hoffmann, der Mitglied dieser Geheimorganisation ist, ehe er in diesen „Technischen Dienst des BDJ" ging, früher beim Grenzschutz Nord, also in der Exekutive des Bundes tätig gewesen ist.
Herr Dr. Lehr hat zunächst, ehe er selbst in die Arena trat, seinen Ministerialdirektor Egidi vorgeschickt, und in einer Pressekonferenz hat Herr Dr. Egidi gesagt, man habe in Bonn den BDJ gekannt, aber keine Veranlassung gehabt, ihm zu mißtrauen. Wie hat man das festgestellt? Wie konnte es kommen, daß es der Bundesexekutive auf diesem Gebiet, die j a da ist, entgangen ist, daß dieser Herr Lüth personenidentisch ist mit
einem gewissen Peter Borr, der seinerzeit durch eine zwar nach 1945 veröffentlichte, aber sehr stark nationalsozialistische Tendenzen enthaltende Literaturgeschichte bekannt wurde? Wie konnte es ihm entgehen, daß dieser Mann zu Unrecht einen Doktortitel führte, daß deswegen ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet wurde, das nur deswegen nicht durchgeführt werden konnte, weil inzwischen die Amnestie kam?
Wie konnte es kommen, daß man auch im Bundesinnenministerium nicht wußte, daß diese Partisanengruppen zu 75 °/o aus illegal tätigen Nazis bestehen, Männer, von denen einer ihrer Angehörigen jetzt in Schleswig-Holstein gesagt hat, es wären zumeist, wie er sich ausdrückte, Rabauken.
Wir hätten erwartet, 'daß der in der Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang am meisten genannte Herr Bundesminister Kaiser sich geäußert hätte. Er hat sich bis heute völlig in Stillschweigen gehüllt,
vielleicht wegen seines schlechten Gewissens, da ja sein eigener Staatssekretär, wie er inzwischen zugeben mußte, in zwei 'besonderen Fällen den BDJ unterstützt hat, und zwar jedesmal mit 10 000 DM.
Welch innigen Kontakt man im gesamtdeutschen Ministerium mit dem BDJ hat, ergibt auch ein Schreiben des Herrn Staatssekretärs Thedieck an einen Abgeordneten dieses Hauses vom April d. J. Ein Abgeordneter dieses Hauses hatte sich bei Herrn Kaiser beschwert, daß seine Versammlung durch BDJ-Teilnehmer gestört worden sei, worauf Herr Thedieck dem ,Abgeordneten antwortete, er habe von dem BDJ einen Bericht angefordert.
Er habe den Vorsitzenden des BDJ, der zufällig in den gleichen Tagen bei ihm gewesen sei, gebeten, die Mitglieder des .BDJ anzuweisen, sich in den Versammlungen ordnungsmäßig zu verhalten, und er, Thedieck, habe die Hoffnung, daß seine Einwirkung auf den BDJ ausreichen werde.
Nun die weitere Frage an die Bundesregierung: Sind das alle Mittel, die gezahlt worden sind? Uns ist bekannt, daß Herr Ministerialdirektor Egidi noch vor ungefähr 14 Tagen erklärt habe, aus dem Bereich des Bundesinnenministeriums sei kein Pfennig an den BDJ gegangen. Der gleiche Herr Ministerialdirektor Egidi hat vor einigen Tagen in einer Sitzung in diesem Hause --es war aber nicht die Sitzung, eines Bundestagsausschusses — erklärt, es sei etwas gezahlt worden: 6000 DM aus dem Verfassungsschutzfonds.
Man sagt überhaupt, 'daß Herr Lüth und seine Pseudodemokraten niemals in finanzielle Bedrängnis gekommen seien. Denn der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen habe auch den Volksbund für Frieden und Freiheit finanziert, und dieser habe seinerseits nun wieder mit Wissen 'des Herrn Ministers Kaiser dem BDJ Teilbeträge abgeführt.
Wir möchten .die Bundesregierung ferner fragen, ob es stimmt, daß man auch der Gemeinschaft sogenannter demokratischer Sozialdemokraten, einer Tarnorganisation der KPD,
monatliche Beträge von, wie man sagt, ungefähr 30 000 DM gegeben hat, weil man wußte und weil man erhoffte, daß diese sogenannte demokratische sozialdemokratische Gemeinschaft Infiltrierungsversuche bei der Sozialdemokratischen Partei unternehmen würde.
Da gibt man — und Idas mag der erstaunte Steuerzahler zur Kenntnis nehmen — eine Menge Geld zur Bekämpfung des Kommunismus aus und fällt ausgerechnet auf den alten Kommunisten Lüth herein. Daher sollen die Daten noch einmal ausdrücklich festgehalten werden. Lüth wurde 1946 Mitglied der KPD in Waldorf und hat bis heute sein Mitgliedsbuch nicht zurückgegeben. Er hat dort in den Schulungsabenden über Marxismus und Leninismus gesprochen. Er hat der Gesellschaft zum Studium 'der Sowjetunion angehört und soll — 'das festzustellen wäre längst Aufgabe 'des Herrn Innenministers gewesen — in dieser Eigenschaft auch Reisen in die Ostzone gemacht haben. Heute nun, da man sieht, .daß diese Gelder nicht zum Kampf gegen die KPD benutzt worden sind, sondern zum Teil gegen die SPD, schweigt man betreten.
Aber aus dem Kreise derjenigen, die geschwiegen haben, macht ein Mitglied des Bundeskabinetts eine Ausnahme. Sehr schnell hat reagiert unser verehrter Herr Bundesjustizminister.
Aber der Schuß ging nach der verkehrten Seite. Er mußte nämlich seine Erklärung — es waren noch keine 24 Stunden vergangen — wieder dementieren. Er hat die Mitteilungen und Berichte 'des Herrn Ministerpräsidenten Zinn für einen „faulen Zauber" erklärt.
Vielleicht war die Tatsache, daß die Partisanen eine Abschußliste gegen Sozialdemokraten aufgestellt hatten und daß dann auch ein Sozialdemokrat die Sache aufdeckte, für ihn schon ein genügender Grund, das als ein Wahlmanöver der SPD hinzustellen. Ich glaube, Herr Bundesjustizminister, Sie haben gerade dem Beruf, den Sie in Ihrem Ressort zu betreuen haben, nämlich dem Richterberuf, ein schlechtes Beispiel gegeben. Erst die Tatsachen kennen und sich darum bemühen und dann urteilen!
— Verehrter Herr Kollege Wuermeling, wenn Sie die Veröffentlichungen und vor allem die geheime Denkschrift des Technischen Dienstes des BDJ in einem Umfang von rund 20 Seiten — ich werde gleich einige Sätze daraus verlesen — kennten, würde Ihnen vielleicht doch etwas angst und bange werden. Herr Kollege Wuermeling, wir haben das doch alles schon einmal durchgemacht. Als es 1933 nur darum ging, daß man zunächst die Kommunisten und Sozialdemokraten in die Konzentrationslager schickte, da war es in dem bürgerlichen Blätterwald sehr ruhig und still,
bis man selber später dort endete.
— Im April 1933? Wahrscheinlich jüdische Staatsbürger.
— In der Tat, es ist auch unerhört, was ich Ihnen jetzt mitteilen werde; denn der Herr Bundesjustizminister hätte Veranlassung gehabt, auch dazu etwas zu sagen, wie es dazu kommen konnte, daß der Herr Oberbundesanwalt die von der Polizei verhafteten Leute entließ, weil sich die Beschuldigten darauf beriefen, sie hätten ihre Tätigkeit im Einverständnis mit dem Herrn Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen ausgeübt,
und weil sie sich damit entschuldigten, sie handelten im Einverständnis und auf Weisung der amerikanischen Dienststellen.
Nun, seit wann wirkt es denn im deutschen Strafrecht bei einer strafbaren Handlung strafbefreiend, wenn man sich auf Anordnungen von Amerikanern berufen kann? Ich meine, nicht nur die Bundesregierung, sondern auch jene Amerikaner, die das alles veranlaßt haben und die für diesen politischen Skandal verantwortlich sind, haben sich selbst einen außerordentlich schlechten Dienst erwiesen. Solche Dinge sind doch 'keine. Methoden, die den Kampf um die Wiedervereinigung Deutschlands fördern; sie sind doch nur geeignet, jeden Ansatzpunkt von vornherein 'im Keime zu ersticken.
Zunächst hatten maßgebliche Kreise des Außenministeriums in Washington erklärt, es sei unmöglich, daß ein amerikanischer Beamter beteiligt sei. Das war wahrscheinlich das falsche Ministerium in Washington. Wenn man das Kriegsministerium gefragt hätte, hätte man, wenn man überhaupt eine Antwort erhielt, wahrscheinlich eine andere bekommen müssen. Denn es stellte sich bald heraus, daß einige in Deutschland domizilierte zivile amerikanische Stellen von amerikanischen Militärstellen übergangen worden waren. Daß man das nicht früher entdeckte, ist um so erstaunlicher, als, wie mir erst jetzt mitgeteilt wurde, die amerikanische Zeitung „News Week" bereits am 21. Juli 1952 die Ausbildung von Partisanentrupps in Deutschland gemeldet hat.
Es ist erschreckend, festzustellen, 'daß die Militärs aller Länder gleich sind, politisch unerfahren und ziemlich leichtfertig. Was hätte denn diese ganze Sache militärisch genutzt? Glaubt man wirklich, daß man mit 1000 bis 2000 Partisanen in Deutschland den russischen Vormarsch aufhalten oder nachher die russische Besetzung so sabotieren könnte, daß die Russen das Land wieder räumen würden? Wie naiv und dilettantisch ist das alles, ja geradezu verbrecherisch, wenn man in den besetzten Gebieten Versorgungslager zerstört, Brücken sprengt oder Unterkünfte der etwaigen russischen Besatzungsmacht überfällt! Können Sie sich noch entsinnen, wie empört Sie waren, meine Damen und Herren von 'der Rechten, als Herr Dr. Schumacher bei einer Debatte über den Verteidigungsbeitrag von der 'Gefahr der zweimal verbrannten Erde sprach? Jetzt sehen wir, daß die Amerikaner selbst die Voraussetzungen dafür mitgeschaffen hätten. Denn jeder Terrorakt hätte deutsche Städte und Dörfer in Schutt und Asche
gelegt und ein ungeheures Leid über die Bevölkerung bringen müssen.
Erkennt man denn nicht — 'gerade wenn man sich, wie Sie es tun, für den EVG- und Generalvertrag einsetzt — die Gefahr, daß die Menschen 'draußen in Stadt und Land sagen: Wenn die Amerikaner Partisanen rechtsrheinisch für erforderlich halten, dann rechnen sie selbst damit, daß sie gar nicht stark genug sind, oder dann sind sie gar nicht willens, Deutschland zu retten, d. h. Deutschland schon an der weitmöglichst östlichen Grenze zu verteidigen?
Das war übrigens auch die Meinung des „Technischen Dienstes", der in seinen geheimen Richtlinien, die in Ergänzung zu einem Buch von Herrn Lüth über die Partisanen herausgegeben wurden, u. a. folgendes sagt:
Es kann zwar keinem Zweifel unterliegen, daß USA und UNO Westeuropa unter allen Umständen verteidigen werden. Aber es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Verteidigung nicht ausschließt, daß zunächst sämtliche Kräfte zurückgezogen werden, weil es nicht sicher ist, daß eine Verteidigungslinie gehalten werden kann.
Die Amerikaner, 'die monatlich 50 000 DM gegeben haben, haben durch dieses „Geschäft" mehr verloren als das Geld, sie haben einen großen Teil ihres Ansehens in 'Deutschland verspielt,
und sie scheinen diesen Weg fortsetzen zu wollen, wenn es stimmt, was aus Wiesbaden als Nachricht kommt, daß der gemeinsame deutsch-amerikanische Untersuchungsausschuß geplatzt ist, weil die Amerikaner unerfüllbare Bedingungen gestellt haben.
Diese Bedingungen gingen dahin, daß die Vernehmungen derjenigen Mitglieder des Technischen Geheimdienstes, die mit den Amerikanern zusammengearbeitet haben, nicht durch Deutsche, sondern nur durch Amerikaner gemacht werden dürfen,
daß die Zeugenprotokolle den Deutschen nicht zugänglich gemacht werden dürfen und daß sie vor allem geheim bleiben müssen.
Man scheint also sehr viel zu verbergen zu haben.
An der Spitze dieser Organisation stand ein sogenannter Stab; dieser Stab hatte eine Untergruppe I f. Der Stab schulte jeweils 100 Mann — insgesamt wurden rund 1000 bis 2000 Mann geschult — in der Waffenübung, Maschinengewehr, Granatwerfer, Hieb- und Stichwaffen, Spreng- und Sabotagemittel.
Das Referat I f, Abwehrdienst 'genannt, hatte Personen zu ermitteln, die — nach Zeugenaussagen —„nach Ansicht des Technischen Dienstes des BDJ Gegner eines 'deutschen Verteidigungsbeitrages oder aber Gegner des Generalvertrages, der EVG sind,
um sie im Falle des Tages X kaltzustellen."
Wie das aussieht, ergeben 'die gleichen Richtlinien, die ich vorhin schon zitiert habe und in
denen es heißt: „Die allgemeine politische Schulung ist beim Technischen Dienst die gleiche wie bei dem ideologischen Dienst. Der wesentliche ideologische Unterschied besteht zwischen beiden darin, daß die Angehörigen des Technischen Dienstes den Schritt vom Bürger zum Partisanen vollzogen haben müssen, gemäß" — und das ist sicher sehr wichtig für die Herren der Bundesregierung — „unserer Auffassung vom Partisanen als dem Bürger der neuen Welt."
Es wurden außerdem Listen geführt, über sagenannte gefährliche Gebiete 'an der Ostgrenze und nicht weniger als 80 über führende Personen der SPD. Es heißt hier — ich zitiere aus den geheimen Richtlinien des Technischen 'Dienstes —: „Helfen Sie alle mit, unsere Listen der SPD-, Roten Falken-usw. Funktionäre zu vervollständigen, die offen oder geheim mit der KPD oder einer ihrer Hilfs-
und Tarnorganisationen zusammenarbeiten."
Meine Damen und Herren, die Stoßrichtung, die damit angedeutet ist, ist doch von vornherein sinnlos; denn glauben Sie mir, wenn die Russen kämen, der SSD würde sich als erstes die Sozialdemokraten vorknöpfen. Wir sind doch die schärfsten Gegner der KPD im täglichen politischen Kampf gewesen.
Das Zutrauen, das Herr Lüth und Herr Peters zu ihren eigenen Reihen, zu ihren Geldgebern haben, ergibt sich am besten daraus, daß es in den Richtlinien heißt: „Das besitzende Bürgertum wird wahrscheinlich einen modus vivendi finden mit den neuen Machthabern
und wird restlos kapitulieren".
Lassen Sie mich an frühere Vorgänge erinnern. Wir haben schon einmal ähnliche Situationen erlebt. Ich erinnere an die Freikorps Roßbach, Ehrhardt, Heydebreck, Heinz, Wiking, Werwolf, Konsul, Orgesch usw. Eine bunte Blütenlese! Als Forstrat Escherich 1920/21 seine Organisation aufzog, die dem gleichen Zweck diente wie die hier aufgedeckte Geheimorganisation, war es der damalige Justizminister Am Zehnhoff, ein Berufskollege unseres Herrn Bundesjustizministers, der sein Gutachten dahin abgab, daß die Organisation Escherich legal und nicht staatsgefährlich sei. Und als 1919 das Freikorps Oberland aufgelöst wurde und in Zusammenhang damit die vom Freikorps Oberland verhafteten Bergarbeiterführer wieder freigelassen wurden, da war es der Pastor Martin Niemöller, der nicht etwa gegen das Verbot von Oberland protestierte, sondern gegen die Freilassung der Bergarbeiterführer.
Meine Damen und Herren, ich muß noch einmal in Ihr Gedächnis zurückrufen: beim Rathenau-Mord waren Kern und Fischer, die beiden Mörder, aus den Reihen der Organisation Konsul, und aus der gleichen Organisation stammten Schulz und Tillessen, die Mörder von Erzberger.
Als 1923 in Preußen die NSDAP verboten wurde, ihre Angehörigen in das Freikorps Roßbach übertraten und der preußische Innenminister ihr das Tragen von Waffen verbot, gab es auch eine Große
Anfrage im Parlament, und es war die Deutschnationale Volkspartei, die durch ihren Sprecher der preußischen Regierung die schwersten Vorwürfe machte, daß sie der Organisation Roßbach die Waffen weggenommen habe.
Daß die Ewiggestrigen nicht aufhören zu leben, dafür ein Beweis. Vor mir liegen die „Stimmen zur Agrarwirtschaft" des Herrn von Rohr, vom schwarzweißroten FDP-Flügel im Landtag von Nordrhein-Westfalen. In ihr beschäftigt sich Herr Rohr merkwürdigerweise nicht mit dem Butterzoll oder den Kartoffelpreisen, sondern auch mit den hessischen Vorgängen, und zwar unter der Überschrift „Verräter unter uns". Aber das Wort „Verräter unter uns" bezieht sich nicht auf die Partisanen; es bezieht sich auf' diejenigen, die in dieses Wespennest gestochen und die Vorgänge aufgedeckt haben.
Hier heißt es — mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich das vorlesen —:
Zur Verteidigung gehört auch der Einsatz von Partisanen. So vernahmen wir gern, daß bei den letzten Manövern allierte Soldaten in Zivil abgesetzt wurden, um hinter der feindlichen Front mit der Bevölkerung Partisanenarbeit zu üben. Deutschen Stellen blieb es vorbehalten, weitere Vorbereitungen zu verraten.
Und ein Weiteres:
Wir haben außer den Manövermeldungen von dieser Arbeit der Partisanen nichts gewußt. Als wir aber jetzt davon hörten, waren wir dankbar, daß es doch Männer gibt, die nicht nur reden, sondern auch zum persönlichen Einsatz entschlossen sind.
Hier wird also diese illegale, gegen die Demokratie gerichtete Geheimorganisation noch glorifiziert.
Wir fordern daher die restlose Aufdeckung des Sachverhalts und die Bekanntgabe der Hintermänner, insbesondere auch derjenigen Geldgeber, die aus der Wirtschaft stammen, ganz gleich, woher die Geldgeber kommen. Wir verlangen eine strenge Bestrafung der Schuldigen ohne Rücksicht auf den Einspruch etwaiger fremder Besatzungsmächte;
denn ein etwaiger Einspruch könnte sich nicht auf das Recht, sondern nur auf eine rücksichtslose Geltendmachung ihrer Macht stützen.
Das Wirken solcher staatszerstörenden Kräfte muß — und hierzu rufen wir auch die Bundesregierung, die bisher zögerlich gehandelt hat, auf — mit allen Mitteln im Keim erstickt werden. Wir haben klare Fragen gestellt;
wir erwarten eine ebenso klare Antwort. (Lebhafter Beifall bei der SPD und einem
Teil der FU.)