Rede von
Gertrud
Strohbach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der bisherige Verlauf der Debatte hat klargemacht, daß sowohl in der Öffentlichkeit wie auch hier in diesem Hause allgemein bekannt zu sein scheint, ein wie brennendes Problem die Frage ist, mit der sich der vorliegende Antrag beschäftigt. Meine Vorrednerinnen haben schon eine ganze Reihe von Fragen angeschnitten, die man in diesem Zusammenhang unbedingt stellen muß. Ich kann mich sehr kurz fassen, weil ich nicht die Absicht habe, das zu wiederholen. Ich bin aber der Meinung, daß man mit dem, was hier zum Ausdruck gekommen ist, die jetzige Not in der Frage des Nachwuchses in der Krankenpflege sei wesentlich auf den Rückgang des Idealismus unter den Frauen zurückzuführen, ganz bestimmt an der Hauptursache vorbeigeht. Wer einmal einige Zeit als einfacher Dritter-Klasse-Patient in einem Krankenhaus zugebracht hat, weiß, daß von den Krankenschwestern Unmögliches verlangt wird. Der Dienst dieser Frauen beginn morgens um 6 Uhr und endet nicht vor 8 Uhr abends. Dabei ist die Mittagspause oft sehr fraglich. Ich habe erlebt, daß die Schwestern einer ganzen Station in einem Stuttgarter Krankenhaus mehrere Tage hintereinander ihre so nötige Mittagsruhe opfern mußten, um die Fußböden ihrer Station zu scheuern und zu bohnern, weil angeblich kein Geld da war, um für diese Arbeit besondere Arbeitskräfte einzustellen. Dazu mußten diese Schwestern mit der Verwaltung noch eine heftige Auseinandersetzung bestehen, um wenigstens zweckmäßige Reinigungsmittel für diese zusätzliche Arbeit zu bekommen; denn selbst daran sollte auf Kosten der Schwestern und ihrer Arbeitskraft gespart werden.
Wir sind der Meinung, daß man von den Frauen und jungen Mädchen, die diesen Beruf ergreifen sollen und möchten, nicht verlangen kann, überhaupt auf jeden Anspruch auf ein eigenes, persönliches Leben zu verzichten, ihre Arbeitskraft und ihr ganzes Leben zu opfern, um irgendwelche Ersparnisse für andere Zwecke zu ermöglichen. Unter den heutigen Umständen werden wir niemals genug junge Mädchen oder Frauen für diesen Beruf interessieren können.
Deshalb ist es sowohl im Interesse derer, die sich der Krankenpflege widmen, als auch im Interesse der hilfsbedürftigen Kranken ein dringendes Erfordernis, dem Pflegepersonal durch gesetzliche Regelung eine geregelte Arbeits- und genügende Freizeit, ausreichende Entlohnung und eine Unterbringung zu sichern, die ihm nach dem schweren Dienst ausreichende Erholung und Entspannung garantiert.
Außer diesen wichtigen Forderungen haben die Frauen und Mädchen, die in der Krankenpflege tätig sind, noch einige dringliche Anliegen. Der Gesetzentwurf muß deshalb nach unserer Meinung in engster Fühlungnahme mit dem Pflegepersonal und seinen Organisationen zustande kommen, damit die tatsächlich vorhandene Not dieser unentbehrlichen Helfer wirklich beseitigt wird. Er sollte aber nicht, wie das hier angeführt worden ist, noch his ins nächste oder übernächste Jahr verzögert werden. Wir sind der Meinung, daß hier dringend schnellste Abhilfe notwendig ist, um der großen Not der in der Krankenpflege Beschäftigten wirklich zu steuern.