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ID0123206700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 232. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1952 10605 232. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1952 Geschäftliche Mitteilungen 10606C, 10616D, 10665D Erweiterung der Tagesordnung 10606D Kleine Anfrage Nr. 293 der Fraktion der SPD betr. Bezüge von Aufsichtsräten (Nrn. 3683, 3720 der Drucksachen) . . . 10606D Achter Bericht des Bundesministers für Arbeit über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (Nr. 3721 der Drucksachen) 10606D Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Art. 102 des Grundgesetzes (Nr. 3679 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Etzel (Bamberg), Dr. Horlacher u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Art. 102 des Grundgesetzes (Nr. 3702 der Drucksachen) . . 10606D Ewers (DP), Antragsteller . 10607A, 10625D Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 10609C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 10610B Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . 10616D Frau Meyer-Laule (SPD) 10618C Wagner (SPD) 10619D, 10625D Dr. Schneider (FDP) 10622A Fisch (KPD) 10623C Dr. Meitinger (FU) 10624D Abstimmungen über Anträge auf Ausschußüberweisung 10628B Zweite und dritte Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, FU betr. den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über den Kapitalverkehr (Nr. 3714 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 3722 der Drucksachen) 10606D, 10628C Scharnberg (CDU), Berichterstatter 10628D Beschlußfassung 10628D Termin der nächsten Fragestunde 10629A, 10665D Erste Beratung des Entwurfs einer Bundesrechtsanwaltsordnung (Nr. 3650 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Einführung der Rechtsanwaltsordnung (Nr. 3667 der Drucksachen) 10629A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 10629A, 10630D, 10634D Wagner (SPD) 10631A Dr. Schneider (FDP) 10632B Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . 10633A Ausschußüberweisung 10636A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf des ehem. Wehrmacht-Pferdelazaretts in Nürnberg, Wallensteinstr. 117, an den Bayerischen Rundfunk, München (Nr. 3690 der Druck sachen) 10636A Ausschußüberweisung 10636B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Winterbeihilfe (Nr. 3672 der Drucksachen) 10636B Frau Korspeter (SPD), Antragstellerin 10636B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10637A, 10640A Willenberg (FU) 10638B Arndgen (CDU) 10638C Kohl (Stuttgart) (KPD) 10638D Freidhof (SDP) 10639C Ausschußüberweisungen 10640C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ersten Wohnungbaugesetzes (Nr. 3676 der Druck sachen) 10640C Jacobi (SPD), Antragsteller 10640D, 10648D Neumayer, Bundesminister für Wohnungsbau 10642B Parzinger (FU) 10643D Paul (Düsseldorf) (KPD) 10644D Lücke (CDU) 10645C Wirths (FDP) 10647D Kalbfell (SPD) 10649D Ausschußüberweisungen 10650D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) über die Interpellation der Fraktion der SPD betr. Devisenkontrolle (Nrn. 3684, 2180 der Druck sachen) 10650D Dr. Serres (CDU), Berichterstatter 10651A Beschlußfassung 10651D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Notenwechsel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kuba vom 7. September 1951 betr. die vorläufige Regelung der Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern (Nr. 3283 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 3685 der Drucksachen) 10652A Lange (SPD), Berichterstatter . . 10652A Abstimmungen 10652B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (24. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Paßgebühren (Nrn. 3635, 3185 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Morgenthaler, Leonhard u. Gen. betr. Paßgebühren (Nr. 3695 der Drucksachen; Anderungsantrag Umdruck Nr. 661 [neu]) 10652C Feldmann (CDU): als Berichterstatter 10652C als Abgeordneter 10655C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10653D, 10655B Morgenthaler (CDU), Antragsteller 10654A Jacobi (SPD) 10654C Abstimmungen 10656A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Ausübung der Krankenpflege (Nr. 3687 der Drucksachen) 10656A Frau Kalinke (DP), Antragstellerin 10656A Frau Dr. Steinbiß (CDU) 10657C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10658C Frau Dr. Hubert (SPD) 10659A Frau Dr. Mulert (FDP) 10660B Frau Strohbach (KPD) 10661A Frau Arnold (FU) 10661C Beschlußfassung 10662A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Hilfe für die sittlich gefährdete Jugend in den Räumen Baumholder, Kaiserslautern, Bitburg und Worms (Nr. 3691 der Drucksachen) . . 10662B Frau Dietz (CDU), Antragstellerin . 106623 Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10662D Frau Dr. Ilk (FDP) 10663C Frau Nadig (SPD) 10663D Frau Thiele (KPD) 10664C Ausschußüberweisung 10665C Nächste Sitzung 10665D Die Sitzung wird um 13 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Paul Lücke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute nicht der Zeitpunkt, die Forderungen, die die CDU an die Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz zu stellen hat, im einzelnen zu erörtern. Wir werden das tun bei der Vorlage der Regierungsnovelle und wahrscheinlich auch bei der von der Christlich-Demokratischen Union erarbeiteten Novelle. Persönlich freuen wir uns über den edlen Wetteifer der Parteien untereinander, den Wohnungsbau zu fördern. Es ist besser, Kollege Jacobi, wenn man ins Programm schreibt „300 000 Wohnungen" und 400 000 erreicht, wie es der Regierung gelungen ist,

    (Abg. Jacobi: Ihrer Regierung ist das gelungen?)

    als daß wir 400 000 verlangen, ohne die 1,6 Milliarden DM, die Sie in Ihrem Entwurf fordern, mit der notwendigen Deckung zu versehen. Vielleicht können Sie hierzu in der Aussprache etwas sagen, woher wir das Geld nehmen sollen.

    (Abg. Jacobi: Ja, das kann ich Ihnen sagen!)

    Im übrigen bleibt das Ziel — und darin, das habe ich früher einmal gesagt, lassen wir uns nicht übertreffen —, daß alles geschieht, das Volumen des Wohnungsbaues nicht nur zu halten, sondern möglichst zu vergrößern.
    Wir wehren uns gegen einen Anlagezwang der Realkreditinstitute, weil die Realkreditinstitute bis heute tatsächlich bewiesen haben, daß sie den Wohnungsbau beliehen haben, und zwar mehr, als sie auf Wunsch des Ministers angegeben haben. Was wir jedoch bei einzelnen Realkreditinstituten bemängeln, ist, daß man den Eigenheim- und den Siedlungsbau oder das Wohnungseigentum — die Rechtsform, die wir erst kürzlich geschaffen haben — nur zögernd beleiht. Es gibt Realkreditinstitute, die erklären, das koste zuviel Konten, das koste zuviel Arbeit, und dann diese Gelder in großen Summen Wohnungsbauunternehmen geben, die dann Mietwohnungen bauen. Ich habe üble Be-


    (Lücke)

    schwerden mannigfachster Art aus ganz Deutschland in diesem Sinne erhalten. Deshalb wäre unser Appell im Zusammenhang mit der Frage des Anlagezwangs hier nur der, daß die Realkreditinstitute den Eigenheim- und Siedlungsbau sowie das Wohnungseigentum genau so beleihen sollten, wie man den Mietwohnungsbau beleiht.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Meine verehrten Damen und Herren, ich möchte hier drei Grundforderungen der CDU noch einmal klar herausstellen, weil sie so dringlich sind. Vorweg möchte ich sagen: Herr Bundesminister für Wohnungsbau, die Novelle, die Regierungsvorlage, eilt. Bringen Sie sie ein, auch wenn einzelne Dinge noch nicht ganz in Übereinstimmung mit den verschiedenen Unternehmen und Ressorts zu bringen sind! Wir möchten, daß das Baujahr 1953 unter dem Zeichen der Novelle steht. Sie sagten mit Recht: Das Erste Wohnungsbaugesetz hat seine Bewährung bestanden. Aber, meine verehrten Damen und Herren, in einem Punkte hat das Gesetz versagt, und zwar in der Zielsetzung, die vom Parlament und vom Ausschuß einstimmig angenommen worden ist, mehr Eigentum als bisher zu schaffen, und zwar Eigentum für jene Bevölkerungsschichten, die durch Krieg und Nachkriegsereignisse eigentumslos geworden sind. Ich habe mir aus meinen Akten einen einstimmig angenommenen Antrag vom 13. Dezember 1950 hervorgeholt
    Drucksache Nr. 1705 —, der auf Grund der Großen Anfrage der CDU gestellt wurde, und zwar zur Sicherung familiengerechter Wohnungen im sozialen Wohnungsbau. In diesem Antrag haben wir damals erklärt, wir wollen, daß wesent1ich mehr als bisher Eigentum an Wohnungen, Eigenheimen und Kleinsiedlungen für breite Volksschichten geschaffen wird. Wir wollen, daß der Bau familiengerechter Heime sichergestellt wird, in denen sich auch ein normales Familienleben mit vier und mehr Kindern entwickeln kann. Auf Grund dieser Forderung haben wir den Antrag angenommen, den ich hier nicht verlesen will, der sichert, daß mehr Mittel hierfür bereitgestellt werden. Man spricht in dem Antrag von einem „angemessenen Anteil" der für den Wohnungsbau bestimmten Bundesmittel, der für diese Zwecke zu verwenden sei, im besonderen für kinderreiche Familien.
    Meine Damen und Herren, was ergibt nun die Praxis und was veranlaßt uns, auf beschleunigte Verabschiedung der Wohnungsbaunovelle zu drängen? Der Anlaß hierzu ist, daß die Eigenheimbaupolitik ganz erheblich gegenüber dem Mietwohnungsbau in Rückstand gekommen ist. Wir haben im Augenblick noch keine verläßliche abschließende Statistik, aber die Erhebungen des Baujahres 1951, die der Gesamtverband gemeinnütziger Wohnungsunternehmen für sich erstellt hat und die weiter von einzelnen Ländern erstellt wurde, habe ich durchrechnen lassen; wir kommen demnach auf die erstaunliche Ziffer, daß nicht jeder Fünfte, der über den neuen Wohnungsbau eine Wohnung bekommen hat, auch Eigentümer geworden ist — diese Zahl ist vorbehaltlich der endgültigen Statistik mit der gebotenen Vorsicht zu behandeln —, so daß von 1000 Wohnungen, die täglich in Deutschland gebaut werden, 800 Mietwohnungen sind. Ich habe auch das Ergebnis der Erhebungen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, von der als einzigem Unternehmen verläßliche Erhebungen zunächst vorliegen, durchgerechnet. Das sind ganze 14,7% von 151 000 Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues, die im Baujahr 1951 gebaut wurden, zugleich in das Eigentum in Form der Siedlung, des Eigenheims oder des Wohnungseigentums überführt wurden. Das ist zu wenig! Ich freue mich, daß Kollege Jacobi und alle Stellen hier im Hause immer wieder beteuern: Wir wollen Eigentum schaffen für die bislang Eigentums- und Vermögenslosen. Und wenn betont wurde — es ist hier sicherlich nicht ohne Grund von Ihnen geschehen —, daß der verehrte verstorbene Vorsitzende Ihrer Fraktion, Herr Dr. Schumacher, dieselbe Forderung gestellt hat — wie zitiert worden ist —, so kann ich hinzufügen: die Kirchen fordern es, die Organisationen fordern es, und die Menschen in Deutschland, die wohnungslos sind, fordern, daß sie Eigentum bekommen, daß man sie nicht wieder in Mietswohnungen steckt, wo sie jahrzehntelang zahlen müssen und Mieter bleiben.
    Wenn nun die Mehrheit des deutschen Volkes Eigentum fordert und das Parlament diese Beschlüsse einstimmig gefaßt hat, ist doch die Frage zu stellen: Warum geschieht denn das nicht? Die Ursachen hierfür sind vielfach: es sind technische Schwierigkeiten, die wir demnächst hier erörtern wollen, weiter finanzielle Schwierigkeiten, aber vor allem fehlt weithin auch der Wille, die viel schwierigere Eigentumspolitik durchzuführen. Wir sind deshalb fest entschlossen, nicht mehr mit „angemessen" oder „bevorzugt" diese Notwendigkeit in die Gesetzessprache einzubauen und zu betonen, sondern werden unsererseits fordern, daß mindestens zu 60 % — mindestens, aber überwiegend —die öffentlichen Mittel des sozialen Wohnungsbaus dazu dienen, Dauerwohnrechte — Wohnungseigentum, Eigenheime und Kleinsiedlungen und Vorratseigenheime — zu erstellen.
    Ich kenne die Schwierigkeiten, Herr Minister, die uns das Grundgesetz auferlegt und die es uns erschweren, die Landesmittel entsprechend zu den. Ich bin aber der Meinung, daß doch jedes Land und jede Partei interessiert sein müßten, Eigentum für jenen Kreis zu schaffen, den wir im sozialen Wohnungsbau umschreiben. Wir werden deshalb davon nicht abgehen. Ich muß jetzt ergänzend die Forderung, die oft mißdeutet worden ist, stellen, daß für die Wohnungsunternehmen ebenfalls eine Bindung erfolgt, daß sie die Hälfte ihrer im sozialen Wohnungsbau gebauten Wohnungen in dieser Rechtsform — also der Rechtsform des persönlichen Eigentums für den künftigen Mieter oder Wohnungseigentümer oder den Eigenheimbesitzer oder den Kleinsiedler — erstellen. Diese Forderung ist wichtig. Sie ist doppelt wichtig angesichts der Dinge, Kollege Paul, die wir in Ostberlin zu sehen die Ehre haben. Leider haben wir noch keine Möglichkeit, Lichtbilder zu zeigen.

    (Zurufe von der KPD.)

    Ich würde Ihnen die Fotos zeigen, Kollege Paul, von den 400 m langen Wohnblöcken an der Stalinallee,

    (erneute Zurufe von der KPD)'

    die als Idealbild für den Arbeiter drüben aufgestellt werden, dem man das Gaukelbild des Eigentums nicht mehr vorführen dürfe, -- so sagte Fleck anläßlich eines Richtfestes. Die Ostzone hat nun weiß Gott auf diesem Gebiet nicht viel nachzuweisen!

    (Unruhe bei der KPD.)

    Ich möchte weiter ebenso dringlich den Wunsch
    aussprechen, daß nun endlich die Forderung verwirklicht wird, kinderreichen Familien bevorzugt


    (Lücke)

    zu helfen. Es ist erschütternd, zu sehen und die Zuschriften täglich lesen zu müssen, daß die Familien mit mehreren Kindern, die doch nun tatsächlich das Sozialprodukt des Staates schaffen und um die wir uns darum in Europa doppelt zu kümmern hätten, keine Wohnungen bekommen können; ausgerechnet nicht die kinderreichen Familien, die besonders hilfsbedürftig sind. Es ist in Deutschland eine bedauerliche Tatsache, daß in den Annoncen der Zeitungen oft, ja meistens zu lesen ist: „Wohnung zu vermieten, nur an kinderloses Ehepaar."

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wenn wir diese Art Wohnungspolitik fortsetzen und nicht dafür sorgen, daß die Familien mit mehreren Kindern Wohnungen mit Vorrang bekommen, daß wir ihnen dazu Eigentum an Wohnungen geben und Familienheime mit Grund und Boden schaffen, dann gibt sich dieses Volk selber auf.
    Es ist eine erschütternde Tatsache, daß über 70 Prozent der Wohnungen, die wir gebaut haben — es ist nicht zu leugnen, daß wir rasch bauen mußten —, Ein-, Zwei- und Dreiraumwohnungen sind. Meine Damen und Herren, das sind keine Wohnungen für Familien! Darum fordern wir, daß sowohl hinsichtlich der Wohnungsgröße als auch hinsichtlich der Rechtsform — also als persönliches Eigentum — Wohnungen besonders für die kinderreichen Familien geschaffen werden, denen unsere besondere Sorge zu gelten hat.
    Wenn ich hier erwähne, daß wir auch die jungen Familien endlich einmal nennen dürfen, dann, glaube ich, spreche ich damit ein Anliegen von Hunderttausenden junger Eheleute aus, denen man über die Wohnungsämter heute oft erst nach zwei oder drei Jahren eine Wohnung zuspricht. Wir wünschen, daß auch junge Familien mit Eigentum versehen werden, damit sie für ihr eigenes Heim mit Grund und Boden sparen können und ihnen eine Entwicklungsmöglichkeit für ihre junge Familie gegeben wird.
    Diese Forderungen sind für uns unabdingbar; wir wollen sie in der Gesetzesnovelle verankern. Wir werden hoffentlich mit der bisherigen Einmütigkeit an die Frage herangehen können. Ich freue mich darüber, daß Herr Kollege Jacobi angedeutet hat, daß auch Sie diese Dinge so sehen. Aber ich möchte nochmal mit allem Ernst sagen: mit „angemessen", mit „bevorzugt" und „Wohlwollen gegenüber kinderreichen Familien" ist den Menschen nicht geholfen. Diesmal muß eine zwingende gesetzliche Bestimmung geschaffen werden, damit wir diese Pläne verwirklichen können. Es eilt sehr, das erfahren gerade diejenigen, die tagtäglich im Wohnungsbau tätig sind.
    Lassen Sie uns hinsichtlich der Sprachregelung von einem Begriff herunterkommen, der da heißt „Wohnungseinheit". Es ist ein gefährliches Wort. Dieser Begriff „Wohnungseinheit" hat dazu geführt, daß man die Familienheime nicht mehr genügend bedacht hat. Es ist notwendig, daß über dem Schreibtisch manches mit dem Rechenstift arbeitenden Baumeisters, manches Wohnungswirtschaftlers und Wohnungswissenschaftlers das Bild einer Familie aufgehängt wird. Dann wird er merken: da kann man mit „Wohnungseinheit" nichts machen, da müssen wir schon zu Familienheimen und zu Familienwohnungen kommen! Ich wehre mich nicht gegen Kleinstwohnungen für Alleinstehende oder „auslaufende" Ehepaare. Wir müssen sie schaffen und wollen sie schaffen. Aber ich wehre mich dagegen, daß diese Kleinstwohnungen die Norm des sozialen Wohnungsbaus werden. Die
    Norm des sozialen Wohnungsbaus muß und wird und soll das familiengerechte Heim sein, im Eigentum der Glieder der Familie.

    (Beifall in der Mitte.)

    Ferner wurden die Formulare zitiert. Ich habe sie aneinanderkleben lassen. Es hat viel Arbeit gekostet, und Herr Kollege Jacobi hat hier richtig zitiert. Ich möchte nur zur Richtigstellung sagen: diese 132 Meter Formulare schließen nicht nur die Verfahren für die öffentlichen Gelder, sondern auch die Verfahren beim Katasteramt, die Verfahren für die dingliche Sicherung usw. in sich. Auch die Mehrausfertigungen sind aneinandergeklebt. Aber es sind nun mal mit Mehrausfertigungen aneinandergeklebt 132 Meter. Wenn nun jemand einmal im Leben ein Haus baut und durch diesen Wust hindurch soll, wird er es aufgeben und wird lieber als Mieter wohnen wollen. Wir freuen uns über jeden Vorschlag.

    (Zuruf von der SPD: Kommen Sie nach dem Süden!)

    — Auch im Süden sind die Katasterämter, Grundbuchämter und Realkreditinstitute alter Schule. Es ist unser Anliegen — und das habe ich mit dem Herrn Minister schon besprochen —, daß wir einen Untersuchungsausschuß einsetzen, der diese Schlange von 132 Metern überprüft und sie mehrfach teilt. Es ist künftighin unser Anliegen, daß wir diese Schlange kürzen. Wir werden also bei den Beratungen auch über diese Dinge sprechen müssen.
    Ich möchte, bevor ich die Grundvoraussetzungen, die notwendig sind, um Familienheime und größere Wohnungen für die Familien bauen und Eigentumsmaßnahmen durchführen zu können, hier bekanntgebe — das will ich demnächst tun —, abschließend sagen: wir wünschen, die Parteien mögen sich dahingehend einigen und auch eine entsprechende gesetzliche Regelung finden, daß das Baujahr 1953 und die folgenden Baujahre die Baujahre der Familienheime werden. Wenn wir das erreichen, haben wir unserem Volk einen großen Dienst erwiesen.

    (Beifall in der Mitte, rechts und bei Abgeordneten der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Wirths.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Carl Wirths


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Ich möchte an die Bemerkung des Wohnungsbauministers anknüpfen, das Erste Wohnungsbaugesetz habe sich bewährt. Das kann man im großen und ganzen sagen, und die Kritik, die Herr Kollege Lücke berechtigterweise geübt hat, richtet sich weniger gegen das Gesetz und seinen Inhalt als vielmehr gegen die Handhabung in den Ländern. Deshalb begrüße ich auch, daß nach dem Vorschlag der SPD die Position des Bundeswohnungsbauministers den Ländern gegenüber gestärkt werden sell. Ich habe Ihnen, Herr Kollege Jacobi, hier einige Pluspunkte und einige Minuspunkte aufgeschrieben. Die Pluspunkte überwiegen, aber ich will im Augenblick nicht untersuchen, ob nicht die zwar an Zahl geringeren Minuspunkte doch schwerer wiegen. Also, das ist ein Pluspunkt für Sie, und ich glaube, man muß es machen, damit wir auch zu einer Verfahrensvereinfachung kommen.
    Wenn Sie weiterhin fordern, daß die Rückflüsse wiederum dem Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden, dann ist das ja eigentlich eine Selbstver-


    (Wirths)

    ständlichkeit — zu unserem Entsetzen haben wir im Ausschuß vor einiger Zeit feststellen müssen, daß es leider nicht so ist —, und das entspricht auch den Vorschlägen des Bundeswohnungsbauministers selbst. Wenn Sie es sich aber andererseits relativ leicht machen und 1,6 Milliarden einsetzen, dann muß ich dazu sagen: j a, wenn wir das Geld haben, ist es leicht zu bauen. Sie hätten also mindestens sagen müssen, durch welche Steuererhöhung diese 1,6 Milliarden hereinkommen sollen.

    (Zuruf von der KPD: Wir brauchen gar keine Steuererhöhung; Besatzungskosten senken!)

    — Ja, Herr Paul, dann würde ich doch vorschlagen: übernehmen Sie und Ihre Freunde mal für drei Monate die Regierungsbank

    (lebhafte Zurufe von der KPD — Heiterkeit in der Mitte und rechts)

    und machen Sie das mit den Besatzungsmächten, so wie Sie es im Osten ja nicht fertiggebracht haben!

    (Sehr gut! in der Mitte. — Erneute Zurufe von der KPD.)

    Im übrigen, sehr verehrter Herr Paul, wir kennen uns ja schon eine ganze Reihe von Jahren. Sie waren ja auch mal Wiederaufbauminister des Landes Nordrhein-Westfalen. Damals waren Sie ein relativ vernünftiger Mann.

    (Heiterkeit in der Mitte.)

    Aber die Zahlen, mit denen Sie heute jonglieren — der Kubikmeter umbauten Raumes koste im sozialen Wohnungsbau 60 bis 70 DM —, stimmen doch gar nicht.

    (Abg. Paul [Düsseldorf]: Doch, doch!)

    — Aber lieber Herr Paul, ich bin ein Mann aus der Baupraxis, ich weiß genau, wie die Preise heute sind; das werden die anderen Herren mir bestätigen können, die damit zu tun haben und von den Dingen wirklich etwas verstehen. Im übrigen war das letzte Mal, als Sie und Ihre Freunde in unserem Ausschuß mitgearbeitet haben — das war für mich persönlich durchaus erfreulich —, beim Wohnungseigentumsgesetz. Dann sind Sie verschwunden und sind bis heute überhaupt nicht mehr bei der Ausschußarbeit erschienen.

    (Abg. Kohl [Stuttgart]: Das ist doch eine Geschichtsfälschung, was Sie da machen!)

    — Sehen Sie doch mal die Anwesenheitsliste nach!

    (Abg. Kohl [Stuttgart]: Ihr habt doch geholfen, daß wir aus den Ausschüssen heraus sind!)

    — Sie können j a noch etwas darüber streiten, ob Sie einmal oder zweimal dagewesen sind oder nicht. Im großen und ganzen brauchen wir uns ja auch nicht darüber zu beklagen, daß Sie nicht mehr bei uns erscheinen. Wir werden auch ohne Sie fertig und werden die Gesetze schon hinkriegen.

    (Zuruf von der KPD: Aber wie!)

    Aber da sind doch noch verschiedene Minuspunkte im SPD-Antrag, die ich erwähnen möchte. Wir werden uns im Ausschuß eingehend darüber zu unterhalten haben. Es ist doch, sehr verehrte Kollegen von der SPD, wirklich nicht möglich, eine Bindung der Mittel, die insgesamt den Kapitalsammelstellen zur Verfügung stehen, mit 60 bis 80 % zu fixieren und dann auch noch einen Zinssatz — das ist nämlich das Entscheidende — von
    6 % durch ein solches Gesetz festzulegen. Ich bin der Meinung, durch geeignete Maßnahmen, deren Wirkung wir erhoffen — Kapitalmarktförderungsgesetz -- werden wir allmählich zu einem Zinsabbau für langfristige Gelder kommen müssen. Der normale Zinssatz für erststellige Hypotheken ist 41/2, 43/4, höchstens 5 %. Auch dieser Satz ist sogar zwischen den Kriegen einmal erreicht worden. Da müssen wir wieder hin. Auch 6% halte ich für zu hoch. Bei einem solchen Zinssatz werden Sie immer wieder entweder in Form von öffentlichen Förderungsmitteln, also nachstelligen Hypotheken oder in Form von Zinszuschüssen zu einer Subventionierung des Wohnungsbaus kommen müssen.
    Sie haben erfreulicherweise auch Pluspunkte; ich will einige von ihnen erwähnen. Sie wollen eine Erhöhung der Quadratmeterwohnfläche bei dem weiteren Wiederaufbau. Das ist durchaus erfreulich. Dann kommt natürlich die Konsequenz, daß dann auch die starre Einkommensgrenze erhöht werden muß. Sie wollen auch eine Förderung des Eigenheimbaues und des Baus von Eigentumswohnungen. Bei diesen ganzen Pluspunkten gehen wir mit. Wir wollen aber noch viel mehr auf dieser Seite Ihres Entwurfs haben.
    Meine Damen und Herren, der Herr Minister hat erklärt, daß seine Novelle nur einige Neuregelungen zum Bundeswohnungsbaugesetz bringen wird. Über den Rahmen der Regelungen, die er für erforderlich hält, werden wir im Ausschuß sprechen müssen. Ich habe das Gefühl — weil ich nun glücklicherweise einmal Einsicht in den Referentenentwurf bekommen habe —, daß tatsächlich nicht all das, was zu ordnen wäre, neu geordnet werden soll. Ich erinnere an die Notwendigkeit der Vorfinanzierung. Auch darüber müssen wir in der neuen Novelle etwas sagen. Das ist die ungeheure Schwierigkeit, die wir heute in der Wohnungsbaupraxis haben. Also, kommen Sie doch herüber mit Ihrem Gesetz! Das ist eine Mahnung, an die sich eine Reihe von Ministerien halten sollten. Die Herren Referenten feilen viel zu sehr an ihren Paragraphen herum, sie streiten sich in den Ressorts, dann feilen sie wieder. Dann geht es zum Bundesrat, da wird wieder gefeilt, dann kommt es wieder zurück, dann wird wieder durchgesehen und dann kriegen wir es hierher in den Ausschuß. Meine Herren Minister: es wird ja doch anders; wir ändern ja doch im Ausschuß so viel, daß Sie es nachher nicht wiedererkennen!

    (Heiterkeit.)

    Wir wollen hoffen, daß wir es dann besser machen als Sie und Ihre Herren.

    (Beifall in der Mitte.)