Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute nicht der Zeitpunkt, die Forderungen, die die CDU an die Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz zu stellen hat, im einzelnen zu erörtern. Wir werden das tun bei der Vorlage der Regierungsnovelle und wahrscheinlich auch bei der von der Christlich-Demokratischen Union erarbeiteten Novelle. Persönlich freuen wir uns über den edlen Wetteifer der Parteien untereinander, den Wohnungsbau zu fördern. Es ist besser, Kollege Jacobi, wenn man ins Programm schreibt „300 000 Wohnungen" und 400 000 erreicht, wie es der Regierung gelungen ist,
als daß wir 400 000 verlangen, ohne die 1,6 Milliarden DM, die Sie in Ihrem Entwurf fordern, mit der notwendigen Deckung zu versehen. Vielleicht können Sie hierzu in der Aussprache etwas sagen, woher wir das Geld nehmen sollen.
Im übrigen bleibt das Ziel — und darin, das habe ich früher einmal gesagt, lassen wir uns nicht übertreffen —, daß alles geschieht, das Volumen des Wohnungsbaues nicht nur zu halten, sondern möglichst zu vergrößern.
Wir wehren uns gegen einen Anlagezwang der Realkreditinstitute, weil die Realkreditinstitute bis heute tatsächlich bewiesen haben, daß sie den Wohnungsbau beliehen haben, und zwar mehr, als sie auf Wunsch des Ministers angegeben haben. Was wir jedoch bei einzelnen Realkreditinstituten bemängeln, ist, daß man den Eigenheim- und den Siedlungsbau oder das Wohnungseigentum — die Rechtsform, die wir erst kürzlich geschaffen haben — nur zögernd beleiht. Es gibt Realkreditinstitute, die erklären, das koste zuviel Konten, das koste zuviel Arbeit, und dann diese Gelder in großen Summen Wohnungsbauunternehmen geben, die dann Mietwohnungen bauen. Ich habe üble Be-
schwerden mannigfachster Art aus ganz Deutschland in diesem Sinne erhalten. Deshalb wäre unser Appell im Zusammenhang mit der Frage des Anlagezwangs hier nur der, daß die Realkreditinstitute den Eigenheim- und Siedlungsbau sowie das Wohnungseigentum genau so beleihen sollten, wie man den Mietwohnungsbau beleiht.
Meine verehrten Damen und Herren, ich möchte hier drei Grundforderungen der CDU noch einmal klar herausstellen, weil sie so dringlich sind. Vorweg möchte ich sagen: Herr Bundesminister für Wohnungsbau, die Novelle, die Regierungsvorlage, eilt. Bringen Sie sie ein, auch wenn einzelne Dinge noch nicht ganz in Übereinstimmung mit den verschiedenen Unternehmen und Ressorts zu bringen sind! Wir möchten, daß das Baujahr 1953 unter dem Zeichen der Novelle steht. Sie sagten mit Recht: Das Erste Wohnungsbaugesetz hat seine Bewährung bestanden. Aber, meine verehrten Damen und Herren, in einem Punkte hat das Gesetz versagt, und zwar in der Zielsetzung, die vom Parlament und vom Ausschuß einstimmig angenommen worden ist, mehr Eigentum als bisher zu schaffen, und zwar Eigentum für jene Bevölkerungsschichten, die durch Krieg und Nachkriegsereignisse eigentumslos geworden sind. Ich habe mir aus meinen Akten einen einstimmig angenommenen Antrag vom 13. Dezember 1950 hervorgeholt
Drucksache Nr. 1705 —, der auf Grund der Großen Anfrage der CDU gestellt wurde, und zwar zur Sicherung familiengerechter Wohnungen im sozialen Wohnungsbau. In diesem Antrag haben wir damals erklärt, wir wollen, daß wesent1ich mehr als bisher Eigentum an Wohnungen, Eigenheimen und Kleinsiedlungen für breite Volksschichten geschaffen wird. Wir wollen, daß der Bau familiengerechter Heime sichergestellt wird, in denen sich auch ein normales Familienleben mit vier und mehr Kindern entwickeln kann. Auf Grund dieser Forderung haben wir den Antrag angenommen, den ich hier nicht verlesen will, der sichert, daß mehr Mittel hierfür bereitgestellt werden. Man spricht in dem Antrag von einem „angemessenen Anteil" der für den Wohnungsbau bestimmten Bundesmittel, der für diese Zwecke zu verwenden sei, im besonderen für kinderreiche Familien.
Meine Damen und Herren, was ergibt nun die Praxis und was veranlaßt uns, auf beschleunigte Verabschiedung der Wohnungsbaunovelle zu drängen? Der Anlaß hierzu ist, daß die Eigenheimbaupolitik ganz erheblich gegenüber dem Mietwohnungsbau in Rückstand gekommen ist. Wir haben im Augenblick noch keine verläßliche abschließende Statistik, aber die Erhebungen des Baujahres 1951, die der Gesamtverband gemeinnütziger Wohnungsunternehmen für sich erstellt hat und die weiter von einzelnen Ländern erstellt wurde, habe ich durchrechnen lassen; wir kommen demnach auf die erstaunliche Ziffer, daß nicht jeder Fünfte, der über den neuen Wohnungsbau eine Wohnung bekommen hat, auch Eigentümer geworden ist — diese Zahl ist vorbehaltlich der endgültigen Statistik mit der gebotenen Vorsicht zu behandeln —, so daß von 1000 Wohnungen, die täglich in Deutschland gebaut werden, 800 Mietwohnungen sind. Ich habe auch das Ergebnis der Erhebungen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, von der als einzigem Unternehmen verläßliche Erhebungen zunächst vorliegen, durchgerechnet. Das sind ganze 14,7% von 151 000 Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues, die im Baujahr 1951 gebaut wurden, zugleich in das Eigentum in Form der Siedlung, des Eigenheims oder des Wohnungseigentums überführt wurden. Das ist zu wenig! Ich freue mich, daß Kollege Jacobi und alle Stellen hier im Hause immer wieder beteuern: Wir wollen Eigentum schaffen für die bislang Eigentums- und Vermögenslosen. Und wenn betont wurde — es ist hier sicherlich nicht ohne Grund von Ihnen geschehen —, daß der verehrte verstorbene Vorsitzende Ihrer Fraktion, Herr Dr. Schumacher, dieselbe Forderung gestellt hat — wie zitiert worden ist —, so kann ich hinzufügen: die Kirchen fordern es, die Organisationen fordern es, und die Menschen in Deutschland, die wohnungslos sind, fordern, daß sie Eigentum bekommen, daß man sie nicht wieder in Mietswohnungen steckt, wo sie jahrzehntelang zahlen müssen und Mieter bleiben.
Wenn nun die Mehrheit des deutschen Volkes Eigentum fordert und das Parlament diese Beschlüsse einstimmig gefaßt hat, ist doch die Frage zu stellen: Warum geschieht denn das nicht? Die Ursachen hierfür sind vielfach: es sind technische Schwierigkeiten, die wir demnächst hier erörtern wollen, weiter finanzielle Schwierigkeiten, aber vor allem fehlt weithin auch der Wille, die viel schwierigere Eigentumspolitik durchzuführen. Wir sind deshalb fest entschlossen, nicht mehr mit „angemessen" oder „bevorzugt" diese Notwendigkeit in die Gesetzessprache einzubauen und zu betonen, sondern werden unsererseits fordern, daß mindestens zu 60 % — mindestens, aber überwiegend —die öffentlichen Mittel des sozialen Wohnungsbaus dazu dienen, Dauerwohnrechte — Wohnungseigentum, Eigenheime und Kleinsiedlungen und Vorratseigenheime — zu erstellen.
Ich kenne die Schwierigkeiten, Herr Minister, die uns das Grundgesetz auferlegt und die es uns erschweren, die Landesmittel entsprechend zu den. Ich bin aber der Meinung, daß doch jedes Land und jede Partei interessiert sein müßten, Eigentum für jenen Kreis zu schaffen, den wir im sozialen Wohnungsbau umschreiben. Wir werden deshalb davon nicht abgehen. Ich muß jetzt ergänzend die Forderung, die oft mißdeutet worden ist, stellen, daß für die Wohnungsunternehmen ebenfalls eine Bindung erfolgt, daß sie die Hälfte ihrer im sozialen Wohnungsbau gebauten Wohnungen in dieser Rechtsform — also der Rechtsform des persönlichen Eigentums für den künftigen Mieter oder Wohnungseigentümer oder den Eigenheimbesitzer oder den Kleinsiedler — erstellen. Diese Forderung ist wichtig. Sie ist doppelt wichtig angesichts der Dinge, Kollege Paul, die wir in Ostberlin zu sehen die Ehre haben. Leider haben wir noch keine Möglichkeit, Lichtbilder zu zeigen.
Ich würde Ihnen die Fotos zeigen, Kollege Paul, von den 400 m langen Wohnblöcken an der Stalinallee,
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die als Idealbild für den Arbeiter drüben aufgestellt werden, dem man das Gaukelbild des Eigentums nicht mehr vorführen dürfe, -- so sagte Fleck anläßlich eines Richtfestes. Die Ostzone hat nun weiß Gott auf diesem Gebiet nicht viel nachzuweisen!
Ich möchte weiter ebenso dringlich den Wunsch
aussprechen, daß nun endlich die Forderung verwirklicht wird, kinderreichen Familien bevorzugt
zu helfen. Es ist erschütternd, zu sehen und die Zuschriften täglich lesen zu müssen, daß die Familien mit mehreren Kindern, die doch nun tatsächlich das Sozialprodukt des Staates schaffen und um die wir uns darum in Europa doppelt zu kümmern hätten, keine Wohnungen bekommen können; ausgerechnet nicht die kinderreichen Familien, die besonders hilfsbedürftig sind. Es ist in Deutschland eine bedauerliche Tatsache, daß in den Annoncen der Zeitungen oft, ja meistens zu lesen ist: „Wohnung zu vermieten, nur an kinderloses Ehepaar."
Wenn wir diese Art Wohnungspolitik fortsetzen und nicht dafür sorgen, daß die Familien mit mehreren Kindern Wohnungen mit Vorrang bekommen, daß wir ihnen dazu Eigentum an Wohnungen geben und Familienheime mit Grund und Boden schaffen, dann gibt sich dieses Volk selber auf.
Es ist eine erschütternde Tatsache, daß über 70 Prozent der Wohnungen, die wir gebaut haben — es ist nicht zu leugnen, daß wir rasch bauen mußten —, Ein-, Zwei- und Dreiraumwohnungen sind. Meine Damen und Herren, das sind keine Wohnungen für Familien! Darum fordern wir, daß sowohl hinsichtlich der Wohnungsgröße als auch hinsichtlich der Rechtsform — also als persönliches Eigentum — Wohnungen besonders für die kinderreichen Familien geschaffen werden, denen unsere besondere Sorge zu gelten hat.
Wenn ich hier erwähne, daß wir auch die jungen Familien endlich einmal nennen dürfen, dann, glaube ich, spreche ich damit ein Anliegen von Hunderttausenden junger Eheleute aus, denen man über die Wohnungsämter heute oft erst nach zwei oder drei Jahren eine Wohnung zuspricht. Wir wünschen, daß auch junge Familien mit Eigentum versehen werden, damit sie für ihr eigenes Heim mit Grund und Boden sparen können und ihnen eine Entwicklungsmöglichkeit für ihre junge Familie gegeben wird.
Diese Forderungen sind für uns unabdingbar; wir wollen sie in der Gesetzesnovelle verankern. Wir werden hoffentlich mit der bisherigen Einmütigkeit an die Frage herangehen können. Ich freue mich darüber, daß Herr Kollege Jacobi angedeutet hat, daß auch Sie diese Dinge so sehen. Aber ich möchte nochmal mit allem Ernst sagen: mit „angemessen", mit „bevorzugt" und „Wohlwollen gegenüber kinderreichen Familien" ist den Menschen nicht geholfen. Diesmal muß eine zwingende gesetzliche Bestimmung geschaffen werden, damit wir diese Pläne verwirklichen können. Es eilt sehr, das erfahren gerade diejenigen, die tagtäglich im Wohnungsbau tätig sind.
Lassen Sie uns hinsichtlich der Sprachregelung von einem Begriff herunterkommen, der da heißt „Wohnungseinheit". Es ist ein gefährliches Wort. Dieser Begriff „Wohnungseinheit" hat dazu geführt, daß man die Familienheime nicht mehr genügend bedacht hat. Es ist notwendig, daß über dem Schreibtisch manches mit dem Rechenstift arbeitenden Baumeisters, manches Wohnungswirtschaftlers und Wohnungswissenschaftlers das Bild einer Familie aufgehängt wird. Dann wird er merken: da kann man mit „Wohnungseinheit" nichts machen, da müssen wir schon zu Familienheimen und zu Familienwohnungen kommen! Ich wehre mich nicht gegen Kleinstwohnungen für Alleinstehende oder „auslaufende" Ehepaare. Wir müssen sie schaffen und wollen sie schaffen. Aber ich wehre mich dagegen, daß diese Kleinstwohnungen die Norm des sozialen Wohnungsbaus werden. Die
Norm des sozialen Wohnungsbaus muß und wird und soll das familiengerechte Heim sein, im Eigentum der Glieder der Familie.
Ferner wurden die Formulare zitiert. Ich habe sie aneinanderkleben lassen. Es hat viel Arbeit gekostet, und Herr Kollege Jacobi hat hier richtig zitiert. Ich möchte nur zur Richtigstellung sagen: diese 132 Meter Formulare schließen nicht nur die Verfahren für die öffentlichen Gelder, sondern auch die Verfahren beim Katasteramt, die Verfahren für die dingliche Sicherung usw. in sich. Auch die Mehrausfertigungen sind aneinandergeklebt. Aber es sind nun mal mit Mehrausfertigungen aneinandergeklebt 132 Meter. Wenn nun jemand einmal im Leben ein Haus baut und durch diesen Wust hindurch soll, wird er es aufgeben und wird lieber als Mieter wohnen wollen. Wir freuen uns über jeden Vorschlag.
— Auch im Süden sind die Katasterämter, Grundbuchämter und Realkreditinstitute alter Schule. Es ist unser Anliegen — und das habe ich mit dem Herrn Minister schon besprochen —, daß wir einen Untersuchungsausschuß einsetzen, der diese Schlange von 132 Metern überprüft und sie mehrfach teilt. Es ist künftighin unser Anliegen, daß wir diese Schlange kürzen. Wir werden also bei den Beratungen auch über diese Dinge sprechen müssen.
Ich möchte, bevor ich die Grundvoraussetzungen, die notwendig sind, um Familienheime und größere Wohnungen für die Familien bauen und Eigentumsmaßnahmen durchführen zu können, hier bekanntgebe — das will ich demnächst tun —, abschließend sagen: wir wünschen, die Parteien mögen sich dahingehend einigen und auch eine entsprechende gesetzliche Regelung finden, daß das Baujahr 1953 und die folgenden Baujahre die Baujahre der Familienheime werden. Wenn wir das erreichen, haben wir unserem Volk einen großen Dienst erwiesen.