Rede von
Hugo
Paul
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der stolze Erfolg, wie der Herr Wohnungsbauminister sagte, in den letzten Jahren kann über die Tatsache nicht hinwegtäuschen, daß der Soziale Wohnungbau durch die Politik der Bundesregierung in eine Sackgasse geraten ist.
Der Wohnungsbauminister wies darauf hin, daß
mit Beginn der Korea-Krise, d. h. mit der wahnsinnigen Aufrüstung in der kapitalistischen Welt
zugleich die Preise gewaltig angezogen haben.
Wir haben in Westdeutschland jetzt den Zustand, daß ein Kubikmeter umbauter Wohnungsraum 60 bis 70 DM kostet, während er vor zwei, drei Jahren 35 bis 40 DM gekostet hat. Das ist die Folge der Politik der Bundesregierung
1 Wenn der Herr Bundeswohnungsbauminister im Zuge der Bereitststellung von Mitteln darauf hinweist, daß man den realpolitischen Boden nicht verlassen dürfe, dann möchte ich darauf hinweisen, daß die enormen Baupreise seine angeblich jährlich bereitgestellten 500 Millionen Mark praktisch halbiert haben. Das ist eine nicht zu bestreitende Tatsache. Wo mehr als 40 % der Mittel des Bundeshaushalts für Besatzungskosten und für die Wiederaufrüstung ausgegeben werden,
hat man wenig Geld für den Sozialen Wohnungsbau.
Der Herr Minister sagte, es sei seine Absicht, vielen Menschen zu einem Eigentum zu verhelfen. Nach meiner Meinung ist aber die Politik der Bundesregierung gerade auf das Gegenteil gerichtet: viele Menschen durch die Steuer- und Preispolitik um ihr kleines Eigentum zu bringen!
Die Regierung will durch die vollständige Freigabe der Mieten die fehlenden Mittel jetzt aus den breiten Massen herausholen. Man hat die Altbaumieten entgegen dem Willen der Mieter und den Interessen der gesamten Bevölkerung jetzt um 10% erhöht; der Mieterbund hat bereits darauf hingewiesen, daß das eine erneute Mehrbelastung der Mieter um mehr als eine Milliarde Mark ausmacht.
Durch die Gesetzesvorlage der SPD soll nun das Erste Wohnungsbaugesetz eine Ergänzung erfahren. Herr Kollege Jacobi, ich habe das Aktionsprogramm des sozialdemokratischen Parteitags aufmerksam studiert.
In diesem Aktionsprogramm sagen Sie, daß sich die Sozialdemokratie nicht der Notwendigkeit einer allgemeinen Reform der Mietpreisgestaltung verschließen wolle; eine Erhöhung der Mieten irgendwelcher Art dürfe aber erst nach vorheriger Lösung der Lohn- und Gehaltsprobleme vorgenommen werden. Ihre heutige Vorlage greift aber der Lösung der Gehalts- und Lohnprobleme vor;
denn sie sieht eine Überschreitung der Richtsatzmieten bei Wohnungen in Stadtkernen um 30 % und bei den Eigentümerwohnungen in Einfamilienhäusern um 25 % vor.
Sie gehen in Ihrer Vorlage sogar noch weiter: Sie wollen noch Zusatzgebühren für sogenannte Einbaumöbel und für Heizung usw. eintreiben. Sehen Sie, Sie sind weit über das Ziel Ihres Aktionsprogramms hinausgeschossen; denn die Löhne und Gehälter wurden ja noch gar nicht erhöht.
Ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit: Über diese Frage muß man sich noch mit der Arbeiterschaft unterhalten. Wir werden in aller Öffentlichkeit über diese Vorlage zu sprechen wissen.
Auf jeden Fall sind wir Kommunisten der Meinung, daß mit der neuen Novelle keine Änderung der festgelegten Richtmieten des Ersten Wohnungsbaugesetzes vorgenommen werden darf. Jede Novelle, die eine Erweiterung in der Richtung der
Freigabe der jetzigen Mieten zum Inhalt hat, wird von uns nicht nur bekämpft und abgelehnt, sondern wir werden im Bunde mit den Millionen von Mietern die Öffentlichkeit gegen diese Maßnahmen mobilmachen.
Das Ziel der Bundesregierung ist ganz offensichtlich. Sie will durch Mieterhöhungen die fehlenden Mittel eintreiben, um so die Milliarden aufzubringen, die man andererseits für die Vorbereitung des amerikanischen Krieges auf deutschem Boden zur Verfügung zu stellen bereit ist. Ich sage Ihnen: Der Soziale Wohnungsbau kann nur gefördert werden, wenn man sich dieser Politik der Bundesregierung widersetzt; denn durch die Verhinderung des Generalvertrags wird es möglich sein, nicht nur die 1,6 Milliarden DM, die die SPD jetzt gefordert hat, jährlich bereitzustellen, sondern wir werden die Möglichkeit haben, das zu verwirklichen, was die KPD anläßlich der Regierungserklärung des Bundeskanzlers forderte, nämlich 10 °/o des Bundeshaushalts zweckgebunden für den sozialen Wohnungsbau aufzuwenden. Das ist aber nur möglich, wenn gebrochen wird mit der Politik des Generalvertrags der Bundesregierung.