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ID0122906100

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    6. Freidhof.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. September 1952 10419 229. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1952. Geschäftliche Mitteilungen 10421A Änderungen der Tagesordnung 10421B Kleine Anfrage Nr. 285 der Abg. Dr. Schmid (Tübingen) u. Gen. betr. Wohnungsbeschlagnahme in Mannheim und Sigmaringen (Nrn. 3615, 3677 der Drucksachen) 10421B Vorlage des Entwurfs einer Verordnung zur Ergänzung der Verordnung M Nr. 1/52 über Preise für Milch, Butter und Käse 10421B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Großer Knechtsand (Nrn. 3604, 2970 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 10421C Fortsetzung der Beratung der Berichte des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Bau der Zellertalbahn (Nrn. 3485, 440 der Drucksachen), über den Antrag der Abg. Volkholz, Donhauser, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Geplante Einstellung der Lokalbahn Passau-Wegscheid auf der Strecke Obernzell-Wegscheid (Nrn. 3488, 1087 der Drucksachen), über die Anträge der Abg. Dr. Etzel, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Bau einer Autobahn und der Abg. Dr. Baumgartner, Dr. Etzel, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Ausbau und Instandsetzung des Straßennetzes in Bayern (Nrn. 3486, 442, 469 der Drucksachen) und über den Antrag der Abg. Stücklen, Strauß, Dr. Solleder, Bodensteiner u. Gen. betr. Straßenbauten in Bayern (Nrn. 3487, 470 der Drucksachen) . . 10421C Ausschußüberweisungen 10421D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 643) 10421D Beschlußfassung 10421D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (Nr. 3640 der Drucksachen) 10421D Dr. Strauß, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz . . 10422A Dr. Wahl (CDU) 10422C Frau Dr. Steinbiß (CDU) 10423D Dr. Schneider (FDP) 10424C Dr. Hammer (FDP) 10424D Dr. Greve (SPD) 10425B Dr. Reismann (FU) 10427B Fisch (KPD) 10427D Ewers (DP) 10428C Ausschußüberweisung 10429B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau (Nr. 3611 der Drucksachen) . 10429B Ausschußüberweisung 10429C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Auslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik , Deutschland und Frankreich (Nr. 3599 der Drucksachen) . 10429C Ausschußüberweisung 10429D Beratung des Mündlichen 'Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Dr. Nowack, Neumayer, Dr. Atzenroth, Dr. Blank, Dr. Wellhausen, Dr. Oellers u. Gen. betr. Vereinheitlichung des Rückerstattungsrechtes, über den Antrag der Abg. Schmidt (Bayern) u. Gen. betr. Abänderung des Gesetzes für Wiedergutmachung, über den Antrag der Abg. Dr. Solleder, Dr. Horlacher, Bauereisen u. Gen. betr. Änderung des Rückerstattungsgesetzes, über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Wiedergutmachungsgesetzes, über den Antrag der Fraktion der. BP betr. Rückerstattung feststellbaren ehemals jüdischen Vermögens (Restitution), (Nrn. 3583, 159, 886, 1010, 1828, 2447 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anerkennung des deutschen Widerstandes und zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Nr. 3472 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 653, 656) 10429D Dr. Weber (Koblenz) (CDU): als Berichterstatter 10430A als Abgeordneter 10443A Dr. Arndt (SPD), Antragsteller . . 10433C Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10436A Ewers (DP) 10436B Dr. Schneider (FDP) 10437B Müller (Frankfurt) (KPD) 10438C Dr. Greve (SPD) 10440B von Thadden (Fraktionslos) 10442C Abstimmungen 10445B Erste Beratung des Entwurfs eines Arbeitsgerichtsgesetzes (Nr. 3516 der Drucksachen; Umdruck Nr. 647) 10445C Storch, Bundesminister für Arbeit 10445C Sabel (CDU) 10446B Kohl (Stuttgart) (KPD) 10447B Richter (Frankfurt) (SPD) 10448B Dr. Atzenroth (FDP) 10449C Schuster (DP) 10450A Ausschußüberweisung 10450C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung (Nr. 3597 der Drucksachen) 10450C Ausschußüberweisung 10450D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk (Nr. 3598 der Drucksachen) . . . . 10450D Storch, Bundesminister für Arbeit . 10450D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10451D Eickhoff (DP) 10452C Becker (Pirmasens) (CDU) 10453A Freidhof (SPD) 10454C Dr. Hammer (FDP) 10455D Ausschußüberweisung 10456A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nrn. 3566, 3135 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 655) 10456B Frau Kipp-Kaule (SPD), Berichterstatterin 10456B Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10457B Schmücker (CDU) 10457D Kalbfell (SPD) 10458D Storch, Bundesminister für Arbeit . 10459B Dr. Hammer (FDP) 10459D Schuster (DP) 10460A Abstimmungen 10460B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Angestellte und Beamte in Berlin (Nr. 3451 der Drucksachen) . . . . 10460C Frau Kalinke (DP), Antragstellerin 10460C, 10464B Schröter (SPD) 10461B Horn (CDU) 10463A Hübner (FDP): zur Sache 10463D persönliche Erklärung . . . . 10465A Arndgen (CDU) 10464D Beschlußfassung 104653 Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Bundesanstalt für Angestelltenversicherung in Berlin (Nr. 3452 [neu] der Drucksachen) 10465B Frau Kalinke (DP): als Antragstellerin 10465B als Abgeordnete 10469A persönliche Erklärung 10471D Storch, Bundesminister für Arbeit 10466C Dr. Schellenberg (SPD) 10467A Kohl (Stuttgart) (KPD) 10468B Frau Wolff (SPD) 10470A Arndgen (CDU) 10471B Abstimmungen 10471C Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Posttarife (Nr. 3630 der Drucksachen) 10471D Mayerhofer (FU), Antragsteller . . 10472A Cramer (SPD) 10472B Leonhard (CDU) 10473A Dr. Schneider, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen 10474B Niebes (KPD) 10475D Hübner (FDP) 10476A Dr.-Ing. Decker (FU) 10476C Ausschußüberweisungen 10476D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Goetzendorff gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 20. Juni 1952 (Nr. 3634 der Drucksachen) . . . . 10476D Muckermann (CDU), Berichterstatter 10477A Beschlußfassung 10477C Beratung der Übersicht Nr. 56 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 641) 10477C Beschlußfassung 10477C Nächste Sitzung 10477C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Josef Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem der Altersversorgung des deutschen Handwerks wird heute nicht zum erstenmal hier in diesem Hause behandelt. Ich darf insbesondere auf die Beratung vom 19. März dieses Jahres und die verschiedenen Eingaben verweisen, die von den verschiedenen Seiten dieses Hauses zu diesem Thema bereits gekommen sind.
    Grundsätzlich möchte ich sagen, daß wir den vorliegenden Gesetzentwurf begrüßen, weil jetzt endlich Ordnung und Ruhe in Handwerkskreisen eintreten kann. Diese Ordnung, .glaube ich, ist eine sozialpolitische Notwendigkeit.
    Im Jahre 1949 hat der damalige Wirtschaftsrat das Sozialversicherungsanpassungsgesetz geschaffen. Ich glaube, genau so notwendig war und ist ein Altersversorgungsanpassungsgesetz. Wir wissen zwar, daß in Handwerkskreisen keine einheitliche Auffassung über die Altersversorgung besteht. Das liegt nun einmal in der wirtschaftlichen, in der sozialen und sonstigen Verschiedenheit der einzelnen Berufssparten, aber auch der einzelnen Berufsangehörigen begründet. Wenn mein Vorredner, der Herr Kollege Eickhoff, angeführt hat, daß ein — ich möchte aber sagen kleinerer — Teil des Handwerks die völlige Freiheit und die Aufhebung des Gesetzes vom 21. Dezember 1938 wünscht, dann möchte ich von mir aus sagen, daß sich zu dieser Argumentation vielleicht manches sagen läßt. Auch unser Kollege Eickhoff weiß ja, daß wir uns gerade in den letzten Tagen unter uns Handwerkerabgeordneten über dieses Problem eingehend ausgesprochen haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Trotzdem läßt sich noch mehr gegen eine solche
    Lösung sagen. Ich möchte aber hier in der ersten
    Lesung dieses Problem nicht allzu sehr vertiefen.
    Der Vorschlag einer eigenen Versicherung, d. h. in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit, findet wohl Befürworter im Handwerk, noch mehr aber in den Kreisen derer, die das Gesetz vom 21. Dezember 1938 als eine Belastung für die Angegestelltenversicherung ansehen. Ich möchte noch einmal wiederholen, es läßt sich manches dafür sagen, wenn ich nur an das Wort Solidarität des Berufsstandes oder aber an die Gefahr der Einheitszwangsversicherung denke, der ich durchaus nicht das Wort reden möchte. Aber all die vielfältigen Schwierigkeiten, die sich einer eigenen Versicherung entgegenstellen, sind wohl im Augenblick nicht zu überwinden.
    Der überwiegende Teil des Handwerks hat die Notwendigkeit einer allgemeinen, auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Regelung der Altersversorgung des Handwerks erkannt, wie es auch in der Begründung des Gesetzentwurfs heißt. Aber alle im Handwerk sind sich wohl darüber einig, daß die starre, allzu zwangsmäßige Form des Gesetzes vom 21. Dezember 1938 gelockert werden muß. Wir wissen, daß von den einzelnen Handwerkern und auch von den Organisationen schon seit Jahren immer wieder — ich möchte sagen — an den Gitterstäben dieses allzu engen Gesetzes gerüttelt wird. Ich gebe gern zu und begrüße es, daß dieser Gesetzentwurf wertvolle Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Gesetz bringt. Doch sind noch sehr viele berechtigte Wünsche offen geblieben. Sosehr
    wir oder doch wenigstens viele Handwerker es begrüßen, daß die Versicherungspflichtgrenze gefallen ist, so müssen wir doch wieder fragen, wo die Erleichterung für einen großen Teil von Handwerkern bleibt, die auf andere Art und Weise für ihren Lebensabend vorgesorgt haben. Ich denke an den Teil unserer ländlichen Handwerker, die neben ihrem Handwerk Eigentum, Grundbesitz, Hausbesitz haben und die von jeher auf diese Art und Weise am besten für ihr Alter vorgesorgt haben. Dieser Menschenkreis hat zu leben, aber bei ihm wird das Wort „Geld" besonders groß geschrieben. Das gleiche gilt für diejenigen, die durch besondere Eigentumsverhältnisse oder sonstige Dinge für ihren Lebensabend vorgesorgt haben. Ich darf in dieser Beziehung nur auf meine Ausführungen anläßlich der Handwerkerdebatte am 19. März 1952 hinweisen. Ich möchte wiederholen, was ich damals sagte: Wir wollen doch die Schaffung und Erhaltung von Eigentum anerkennen und auch fördern.
    Bei der Betrachtung dieses Gesetzentwurfs fragen wir uns: Warum keine Wahlfreiheit bezüglich der Invaliden- und Angestelltenversicherung, insbesondere bei denen, die schon Jahrzehnte als Lehrlinge oder Gesellen ihre Beiträge zur Invalidenversicherung entrichtet haben? Hierüber wird im Ausschuß noch manches zu sagen sein. Ich gebe gern zu, wie es auch meine beiden Herren Vorredner getan haben, daß insbesondere die Übergangsvorschriften Erleichterungen vor allem für unsere älteren Handwerkskollegen bringen. Nur möchte ich meinen, daß die Fristen, die in diesem Entwurf genannt sind, verlängert werden müssen, da ja in den nächsten Wochen doch noch nicht mit einer Verabschiedung zu rechnen ist.
    Aber lassen Sie mich eines sagen: Wir bedauern es wohl alle lebhaft, daß die Aufwertung der Lebensversicherungen für die ab 1938 zwangsversicherten Handwerker nicht gleichzeitig mitangepackt wurde.

    (Zustimmung bei der CDU.)

    Ich möchte sagen, das ist ja die große Sorge, insbesondere unserer älteren Handwerkskollegen.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Jeder von Ihnen, ganz gleich, auf welche Seite dieses Hauses Sie sitzen, Sie alle haben doch schon mehr oder weniger Briefe mit den Klagen älterer Handwerkskollegen bekommen. Deshalb hätte ich es gern gesehen, daß gleichzeitig mit diesem Gesetzentwurf dieses Problem angeschnitten worden wäre.
    Ich möchte nicht gerade den Lebensversicherungen das Wort reden. Manchmal bekomme ich sogar andere Gedanken, insbesondere wenn ich mir die ganzen schönen Neubauten ansehe oder auch mal Zahlen über Direktorengehälter bei den Lebensversicherungen höre. Dann möchte ich meinen, daß es vielleicht für diese Institutionen ganz gut gewesen wäre, wenn sie auch etwas für die Kreise getan hätten, die ihnen Jahre hindurch das Geld für die Versicherungen gebracht haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich spreche nicht gegen das Bauen, im Gegenteil, ich freue mich über jeden Stein, der auf den anderen gesetzt wird. Aber wenn jetzt über den Verwendungszweck des Geldes entschieden werden soll, und zwar entweder für Bauten oder für Menschen, dann möchte ich mich hier doch in erster Linie für die Menschen entscheiden.


    (Becker [Pirmasens])

    Der Vorschlag im Entwurf zur Ablösung der Versicherungspflicht durch Erhöhung der Lebensversicherung von 5000 DM auf 10 000 DM ist, glaube ich, sehr hart, insbesondere für unsere älteren Kollegen. Ja, hier ist er nicht nur hart, hier ist er — ich möchte sagen — unmöglich; denn das Einkommen, insbesondere bei den älteren Handwerkern, schwankt sehr, und zwar nach unten, während die Prämien bleiben. Ich glaube, wir müssen uns im Ausschuß überlegen, ob es nicht wenigstens für die älteren Handwerker von einem bestimmten Lebensalter an oder meinetwegen für die, die in Verfolg des Gesetzes vom 21. Dezember 1938 eine Lebensversicherung abgeschlossen haben, bei der bisherigen Regelung verbleiben kann.
    Lassen Sie mich noch sagen, daß wir uns durchaus der Schwierigkeiten bewußt sind, die das Problem Altersversorgung mit sich bringt. Ich möchte noch zusätzlich sagen, daß wir allein mit versicherungsmathematischen Berechnungen auch nicht mehr auskommen. Wir alle wissen, daß sich das Lebensalter des deutschen Volkes erhöht hat und daß darunter auch nicht wenige Handwerker fallen. Beispielsweise waren 1910 5 % der Bevölkerung über 65 Jahre alt, während es 1950 schon 9,3 % sind! Die Katastrophe des „Tausendjährigen Reiches" sehen wir täglich mehr. Wir müssen heute nämlich feststellen, daß wir genau soviel 65jährige wie 35jährige Menschen haben. Ich will damit nicht sagen, daß wir zuviel 65jährige haben, sondern wir haben zuwenig 35jährige; es fehlen die, die uns in dem Wahnsinn des „Tausendjährigen Reiches" genommen wurden.
    Abschließend darf ich noch einmal darauf hinweisen, daß es immerhin 120 000 Handwerker sind, die mit über 65 Jahren noch als Betriebsinhaber im
    Beruf tätig sind, weil sie es müssen. Viel größer ist, glaube ich, noch die Zahl derjenigen, die ihr Handwerk nicht mehr ausüben und die nun sehen müssen, wie sie ihre alten Tage verbringen. Vielfach ist es das Wohlfahrtsamt, das ihnen der letzte Rettungsanker sein muß, — und das oft nach einer Tätigkeit von 30 und 40 Jahren!
    Trotz all dieser Schwierigkeiten, die das Gesetz mit sich bringen kann und auch bringen wird, möchte ich sagen, daß es psychologisch falsch wäre, wenn wir ein Gesetz verabschieden wollten, das den Widerspruch des gesamten Handwerks auslösen müßte. Deshalb bitte ich, daß wir unsere Aufmerksamkeit den Wünschen und den Problemen, die das Handwerk immer wieder vorträgt und vortragen muß, im Ausschuß eingehend widmen.
    Ein Wort noch zu einem Problem, das mit diesem Gesetzentwurf direkt nichts zu tun hat. Immer wieder kommen Klagen an uns heran über rigorose und drakonische Maßnahmen bei der Beitragseinziehung zur Versicherung. Wir erinnern uns, daß der Herr Bundesarbeitsminister am 19. März 1952 für die LVA eine gewisse Stillhalteerklärung hier abgegeben hat. Wir müssen jetzt leider feststellen, daß einige Landesversicherungsanstalten noch kurz vor Torschluß beim Beitragseinzug mit Methoden vorgehen, die nicht unsere Billigung finden können. Diese Beschwerdebriefe kommen hauptsächlich aus Hamburg. Da darf ich vielleicht sagen, daß andere Landesversicherungsanstalten in dieser Beziehung vorbildlich handeln. Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht Hessen nennen, das auf diesem Gebiete eine vorbildliche Lösung gefunden hat. Deshalb richte ich die Bitte an unser Bundesarbeitsministerium, durch geeignete Maßnahmen auf die einzelnen Landesversicherungsanstalten einzuwirken. Sie mögen stillhalten und sich bis zur Verabschiedung dieses Gesetzes loyal verhalten.
    Die zuständigen Ausschüsse bitte ich, diesen Gesetzentwurf möglichst bald zu verabschieden, damit in unserem Handwerk Beruhigung eintreten kann. Ich schlage vor, wie schon geschehen, diesen Gesetzentwurf dem sozialpolitischen Ausschuß als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zur Mitberatung zu überweisen.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Freidhof.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Freidhof


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Der Bundestag hat in seiner 111. Sitzung vor etwa eineinhalb Jahren einstimmig beschlossen, daß die Regierung dem Bundestag ein Gesetz über die Altersversorgung des Deutschen Handwerks vorlegen soll. Daß diese Vorlage so lange gedauert hat, ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß selbst in den Handwerkerkreisen sehr große Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung einer Altersversorgung bestanden haben.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Durch das Erscheinen dieser Vorlage ist einem großen Teil des Handwerks der Wunsch erfüllt worden, eine neue Ordnung und eine neue Rechtsgrundlage für die Altersversorgung des Deutschen Handwerks zu schaffen. Ob alle Wünsche und alle Forderungen, die das Handwerk aufgestellt hat, erfüllt werden können, möchte ich bezweifeln. Das werden wir erst nach den Ausschußberatungen feststellen können, die wir gründlich durchführen müssen, um zu einer befriedigenden Regelung zu kommen.
    Über das soziale Schutzbedürfnis des Deutschen Handwerks besteht, glaube ich, hier im ganzen Hause keine Meinungsverschiedenheit. Meinungsverschiedenheit dürfte nur über das „Wie" bestehen. Über das Wie bestehen auch unter der Handwerkerschaft selbst große Meinungsverschiedenheiten. Wir Sozialdemokraten sind bereit, eine befriedigende Lösung herbeizuführen. Wir werden im Ausschuß unsere Anträge stellen, um zu versuchen, mit diesem Gesetzentwurf zu einer wirklich befriedigenden Regelung zu kommen.
    Nun hat das Handwerk eine Reihe von Forderungen aufgestellt. Ein Teil dieser Forderungen ist von der Regierung schon im Regierungsentwurf abgelehnt worden, weil zweifellos Forderungen aufgestellt worden sind, deren Erfüllung außerordentlich schwierig ist und über die erst in eingehenden Beratungen Klarheit geschaffen werden kann. Das ganze Problem ist schwierig. Dieser Gesetzentwurf knüpft an das während des „Dritten Reiches" im Jahre 1938 erlassene Gesetz an. Das Gesetz vom Jahre 1938 brachte keine echte Altersversorgung und keine befriedigende Lösung. Ich glaube auch, daß es den Gesetzgebern damals im „Dritten Reich" weniger auf die Altersversorgung des Deutschen Handwerks als vielmehr auf die Beiträge ankam, die man zur damaligen Zeit für bestimmte Zwecke notwendig brauchte.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Zu der in dieser Vorlage enthaltenen Wahlmöglichkeit für den einzelnen Handwerker, sich entweder in der Lebensversicherung oder in der An-


    (Freidhof)

    gestelltenversicherung zu versichern, möchte ich doch einige Bedenken anmelden. Die Lebensversicherung ist nach meiner festen Überzeugung keine echte Altersversorgung.

    (Abg. Stücklen: In diesem Gesetz ja, ist gleichwertig!)

    — Die Lebensversicherung ist keine echte Altersversorgung, weil in dem Gesetz keine Bestimmung enthalten ist — nach dem jetzt bestehenden Rechtszustand kann jede Lebensversicherung bis zu 80 % der eingezahlten Beiträge beliehen werden —, nach der die Möglichkeit besteht, daß, wenn die Lebensversicherung beliehen ist, der Betreffende, wenn er 65 Jahre alt ist, einen Betrag herausbekommt, der ihm noch einigermaßen das Leben ermöglicht. Ob also hier die Möglichkeit besteht, eine geeignete Rechtsgrundlage zu finden, wird in den Ausschußverhandlungen zu prüfen sein.
    Außerdem möchte ich darauf hinweisen, daß doch schon jetzt die Gefahr bestanden hat, daß die Leute nichts erhielten, und zwar durch die Währungsumstellung im Jahre 1948. Ich möchte hier also außerordentliche Bedenken anmelden und möchte sagen: die beste Versicherung auch für den Handwerker ist die Rentenversicherung. Das hat sich nach 1948 erwiesen, als die Umstellung 1 zu 1 stattfand. Alle diejenigen, die eine Rente bezogen, bekamen den vollen Betrag ohne Rücksicht auf die Währungsumstellung ausgezahlt.
    Dem Wunsch der Handwerker, daß die Invalidenversicherung für diejenigen Handwerker, die früher in ihr versichert gewesen sind — und der größte Teil kommt ja aus der Invalidenversicherung — ebenfalls als Grundlage ihrer Versicherung anerkannt wird, hat die Regierungsvorlage nicht Rechnung getragen. Wir werden im Ausschuß feststellen müssen, warum das nicht geschehen ist, und wir werden dann die nötigen Schritte unternehmen, um zu prüfen, ob nicht die Möglichkeit besteht, das doch noch in die Regierungsvorlage hineinzubringen.
    Außerordentlich schwierige Probleme bilden die Forderungen, die heute in der Angestelltenversicherung gesetzlich verankerte Wartezeit von 15 Jahren für Handwerker auf 5 Jahre herabzusetzen und für Handwerker, die das fünfzigste Lebensjahr überschritten haben, die Möglichkeit zu schaffen, die Beiträge für 10 zurückliegende Jahre nachzuzahlen. Diese Fragen können nicht ohne weiteres aus dem. Handgelenk mit Ja oder Nein beantwortet werden, sondern sie werden einer eingehenden Betrachtung unterzogen werden müssen. Die Regierung selber hat in ihrer Begründung zur Gesetzesvorlage darauf hingewiesen, daß es eine Ausnahme wäre und die anderen in der Angestelltenversicherung Versicherten sich zweifellos gegen eine solche Ausnahmeregelung wenden würden. Wir haben ja auch eine Reihe von Briefen von Rentenversicherungsträgern, von der DAG bekommen, die sich gegen eine Sonderregelung wenden. Wir müssen versuchen, bei dieser Regelung beide Teile zu einer befriedigenden Lösung zusammenzuführen.
    Bei der Beratung des Gesetzes in der 199. Sitzung am 19. März dieses Jahres habe ich darauf hingewiesen: es besteht die Gefahr, daß die guten Risiken, nämlich diejenigen, die über ein höheres Einkommen verfügen, in die Lebensversicherung gehen und die weniger guten Risiken — ich will nicht sagen: schlechten Risiken — in die Angestelltenversicherung übernommen werden müssen.
    Der Herr Arbeitsminister hat vorhin mit Recht darauf hingewiesen, daß die Lebensversicherung die Möglichkeit hat, kranke Leute abzuweisen, während die Angestelltenversicherung alle diese Kreise aufnehmen muß. Das sind Fragen, die im Ausschuß eingehend beraten werden müssen.
    Das Grundproblem bei allem ist: wer soll die Mittel aufbringen? Wer bezahlt die ungeheuren Beträge, die notwendig sind, um die Altersversorgung durchzuführen? Zweifellos ist das ein schwieriges Problem, weil nämlich der Handwerksmeister, der kleine Schneider oder Schuster usw., den gesamten Beitrag zu zahlen hat, also auch den Arbeitgeberbeitrag. Nach der Statistik ist erwiesen, daß ein erheblicher Prozentsatz in den unteren Klassen der Angestelltenversicherung versichert ist. Das heißt mit anderen Worten, daß sie, wenn sie invalide werden, nicht viel höher als über die Mindestrente hinauskommen werden. Das sind alles Probleme, die besprochen und gelöst werden müssen.
    Was die Aufwertung der Lebensversicherung anbelangt, so möchte ich mich den Ausführungen des Kollegen Becker anschließen. Wir werden zu prüfen haben, ob die Möglichkeit besteht, die Aufwertung der Lebensversicherung für die Handwerker durchzuführen, nachdem damals eine gesetzliche Verpflichtung bestanden hat, entweder nach der einen oder andern Seite eine Versicherung abzuschließen.
    Ich möchte meine Betrachtungen schließen, mich noch einmal auf meine Ausführungen berufen, die ich in der 199. Sitzung gemacht habe, und sagen, daß wir bei der Bedeutung, die das Deutsche Handwerk in unserer Volkswirtschaft einnimmt, alles tun werden, um eine befriedigende Lösung auch für die Altersversorgung des Deutschen Handwerks herbeizuführen.

    (Beifall.)