Rede von
Johann
Schuster
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf behebt, sofern er Gesetz wird, eine Reihe von Mängeln, die den zur Zeit gültigen Gesetzen anhaften. Eine baldige Verabschiedung des Gesetzes wäre um so begrüßenswerter, als doch der Arbeitsgerichtsbarkeit in Bälde, d. h. nach Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes, noch wesentlich mehr Bedeutung zukommen wird, als das bisher schon der Fall war.
Einer der Hauptmängel bisheriger gesetzlicher Regelungen wird unserer Ansicht nach dadurch behoben, daß es nach diesem neuen Gesetz — 'wenigstens dem Entwurf nach — keine Laienvorsitzenden mehr geben soll. Es ist uns nicht ganz verständlich, meine Damen und Herren, daß hier von einigen Rednern zwar die Bedeutung der Arbeitsgerichte ganz besonders hervorgehoben wurde — was wir voll und ganz unterstreichen —, man sich andererseits aber mit Laienvorsitzenden begnügen will. Man hat doch schon im Jahre 1926 den) Arbeitsgerichten solche Bedeutung beigemessen, daß man damals bereits im Gesetz festlegte, daß nur rechtsgelehrte Richter als Vorsitzende tätig sein können. Wir können doch nicht heute den Arbeitsgerichten weniger Bedeutung beimessen.
Ein anderer Punkt ist die Zulassung von Anwälten in erster Instanz. Zugegeben, für Parteien, die organisiert sind, seien es Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, erscheint das nicht so wichtig. Aber es sind bei weitem nicht alle Arbeitnehmer und auch nicht alle Arbeitgeber organisiert. Um diese handelt es sich hier ja in der Hauptsache; diese müssen doch die Möglichkeit haben, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen, wenn sie sich selber dazu nicht in der Lage sehen, da sie sonst doch einen ganz gewaltigen Nachteil_ haben.
Ebenso zu begrüßen ist die Schaffung einer Bundesinstanz. Über die Notwendigkeit braucht man nicht viel zu sagen; mehrere verschiedene Urteile in gleichgelagerten Fällen in verschiedenen Ländern in der letzten Zeit unterstreichen sie ganz besonders. Was uns aber nicht ganz gefällt, ist die Begrenzung der Berufungsmöglichkeit zur Bundesinstanz. Wenn man auch die Begrenzung der Berufung zum Landesarbeitsgericht auf 300 DM noch hinnehmen will und kann, so geht uns die Begrenzung der Berufungsmöglichkeit zur Bundesinstanz, wie sie im Entwurf vorgesehen ist, ein bißchen zu weit. Es ist hier doch sozusagen in das Ermessen des Landesarbeitsgerichts gestellt, ob die Berufung zugelassen werden soll. Und was die zweite Möglichkeit betrifft — den Fall, daß das Urteil des Landesarbeitsgerichts einer Entscheidung der Bundesinstanz widerspricht —, so wird es eine ganze Weile dauern, bis die Bundesinstanz entsprechende Entscheidungen überhaupt getroffen hat. — Hier wird also unserer Meinung nach im Ausschuß irgendeine andere Regelung gefunden werden müssen.
Im großen und ganzen sind wir der Meinung, daß die Arbeitsgerichtsbarkeit bei der ganz besonderen Bedeutung, die ihr zukommt, der ordentlichen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht nur möglichst angeglichen, sondern ihr möglichst gleichgestellt werden soll. Das Arbeitsgericht ist das einzige Gericht, das Zivilansprüche zu regeln hat, das nicht direkt den Justizbehörden unterstellt ist. Wir werden deshalb dafür plädieren oder wenigstens im Ausschuß den Versuch machen, zu erreichen, daß auch die Arbeitsgerichte direkt der Justizverwaltung unterstellt werden, nicht dem Arbeitsministerium. Es sind ja auch die übrigen Gerichte, z. B. das Jugendgericht, nicht dem Arbeitsministerium, es ist auch das Bauerngericht nicht dem Landwirtschaftsministerium unterstellt. Beim Arbeitsgericht liegt also die einzige Ausnahme vor.
Wir werden im Ausschuß die entsprechenden Änderungsanträge stellen.