Rede von
Matthias
Hoogen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben vom Herrn Berichterstatter die Geschichte des Prozesses des Abgeordneten Hedler gehört. Wir haben vom Abgeordneten Hedler selbst in seiner Erklärung und in der Zuschrift, die im ganzen Hause verteilt worden ist, gehört, daß er das Urteil kritisiert. Ich spreche im Namen der Koalition und erkläre, daß das Urteil gegen den Abgeordneten Hedler feststeht und nicht kritisiert wird. Ich lehne es aber auch weiterhin ab, aus irgendwelchen Gründen, die mit Stimmungsmache zusammenhängen könnten, zu der Frage Stellung zu nehmen. Ich betrachte die Angelegenheit nach den Grundsätzen, nach denen der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität nach unserer Geschäftsordnung und nach dem Grundgesetz vorzugehen hat.
Nach § 114 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität Grundsätze über die Behandlung von Ersuchen auf Aufhebung der Immunität von Abgeordneten des Bundestages aufzustellen und diese Grundsätze zum Ausgangspunkt seiner zu erarbeitenden Anträge zu machen. Ich habe aus dem Bericht des Herrn Berichterstatters nicht gehört, wie diese Grundsätze lauten. Der Herr Berichterstatter hat wohl berichtet, daß von Grundsätzen ausgegangen
worden sei. Wenn damit die Grundsätze gemeint sein sollten, die im Herbst 1949, als der Bundestag sich erstmalig mit Immunitätsangelegenheiten zu befassen hatte, erarbeitet wurden, dann darf ich bemerken, daß diese Grundsätze damals für Immunitätsangelegenheiten in einer sehr eingehenden Aussprache im Hohen Hause, nicht nur im Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität, erarbeitet worden sind und nach idem Willen dieses Hauses für die Urteilsverfahren gelten. Denn wie der Herr Berichterstatter mit Recht berichtet hat, ist im Gegensatz zur Praxis des Reichstages von uns unterschieden worden zwischen der Aufhebung der Immunität in Verfahren bis zum rechtskräftigen Urteil und der Aufhebung der Immunität für die Zwecke der Strafvollstreckung.
'Mit dem heutigen Fall wird das Hohe Haus erstmalig mit der Aufhebung der Immunität zum Zwecke der Strafvollstreckung befaßt. Es ist mir gesagt worden — —
— Herr Kollege Ritzel, das stimmt nicht. Wir haben bereits zweimal die Immunität aufgehoben, um die Inhaftnahme zum Zwecke der Durchführung von Untersuchungsverfahren, also die Untersuchungshaft, zu ermöglichen.
— Herr Abgeordneter Ritzel, weil der Abgeordnete Reimann sich damals der Vernehmung und der Durchführung des Erkenntnis-. des Urteilsverfahrens entzog, ohne daß wir damals das Urteil kannten!
Unser grundlegender Beschluß war jedenfalls der, daß die Aufhebung der Immunität — und
deswegen werden wir heute mit der Angelegenheit befaßt — nicht für das Vollstreckungsverfahren galt. Für dieses Verfahren haben wir auch Grundsätze zu erarbeiten, und diese sind im Ausschuß nicht erarbeitet worden und stehen bis heute nicht fest. Wenn es die alten Grundsätze sein sollten, dann verstehe ich nicht, daß wir das Verfahren aufgeteilt haben nach Erkenntnisverfahren und nach Vollstreckungsverfahren. Wir sollten uns daran halten.
Ich persönlich muß ferner ganz offen sagen, daß es mich befremdet, daß in diesem Falle von heute auf morgen der Fall auf die Tagesordnung gesetzt wird, während in anderen Verfahren, die ich hier nicht namentlich nennen will,
manchmal der Ausschuß ein ganzes Jahr braucht, um die Sache zu behandeln.
Mit einem solchen Verfahren kann ich mich nicht befreunden,
und deswegen beantrage ich namens der Koalition, die Angelegenheit an den Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität zurückzuverweisen, damit dort die Grundsätze erarbeitet werden können,
nach denen wir in Zukunft in allen Fällen vorzugehen beabsichtigen. Das darf jedenfalls nicht in der überhasteten Form, in der bei dem uns heute vorliegenden Fall verfahren werden soll, geschehen.
— Frau Kollegin, wir haben diese Grundsätze nicht erarbeitet; das Hohe Haus hat diese Grundsätze bisher nicht gutgeheißen. —
Im übrigen darf ich Sie um folgendes bitten: Es wird in diesem Hohen Hause so oft gesagt, man müsse einer großen Fraktion die Gelegenheit geben,
die Grundsätze und die Sache 'in der Fraktion zu besprechen. Diese Sache wird hier von gestern auf heute verhandelt.
Meine Fraktion hat nicht die 'Gelegenheit gehabt, diesen Fall, in dem erstmalig die Immunität zum Zwecke der Durchführung der Strafvollstreckung aufgehoben werden soll, zu besprechen. Sie hat auch nicht die Gelegenheit gehabt, die Grundsätze zu besprechen. Deswegen und aus den anderen von mir vorgetragenen Gründen bitte ich Sie, dem Antrag auf Zurückverweisung der Angelegenheit an den Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität zu entsprechen.