Rede von
Dr.
Hans-Joachim
von
Merkatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Deutschen Partei habe ich zu erklären, daß wir trotz der schwerwiegenden Bedenken, die bei uns bestehen, diesem Betriebsverfassungsgesetz unsere Zustimmung erteilen werden. Unsere Bedenken beruhen darauf, daß der Grundgedanke des Gesetzes nicht von der Basis der Betriebsgemeinschaft ausgegangen ist,
sondern daß den Organisationen, die unserm Staat ein völlig anderes Gesicht zu geben bereit sind, ein immer noch sehr spürbarer und vielleicht überwiegender Einfluß eingeräumt worden ist.
Wir wenden uns dagegen, daß in der Zukunft und bei der Verwirklichung dieses weittragenden Gesetzes Formen, die für die politische Demokratie gedacht sind, in einer formalen Weise auch auf andere Lebensgebiete übertragen werden. Auf diese Weise besteht die Gefahr, daß die Demokratie, die auf der persönlichen Freiheit aufgebaut ist, sich in ihr totalitäres Gegenteil verkehrt.
Wir haben Bedenken gegenüber dem Gesetzentwurf im Hinblick darauf, daß den wichtigen Bedürfnissen des Mittelstandes nicht in dem Maße Rechnung getragen werden konnte, wie wir es wollten. Wir erwarten auch hier, daß die Praxis und der Wille zu einem wirklich friedlichen Zusammenarbeiten eine neue Sozialordnung entstehen lassen, die allen Teilen ihr Recht im Sinne der sozialen Befriedung zu geben vermag. Wir wenden uns dagegen, daß wir bei der Beratung dieses Gesetzes — auf dessen Verwirklichung im rechten Geist es entscheidend ankommen wird — in gewissen Abschnitten unter Druck von außen gesetzt worden sind. Wir sind fest entschlossen, dafür zu sorgen, daß in aller Zukunft die letzte Entscheidung beim Staate liegt, und daß unsere Verfassung in ihrem freiheitlichen Wesen voll und ganz gewahrt wird. Wir wenden uns dagegen, daß der Wille des Parlaments von der einen oder anderen Seite präjudiziert wird.
Das Gesetz ist eine Kompromißlösung. Wir stimmen zu, weil es im Wesen des parlamentarischen Systems liegt, Verständigung zu suchen, wenn das vollkommene Ziel zur Zeit unerreichbar ist.
Wir sagen „ja", weil mit dem Erlaß dieses Gesetzes Frieden im sozialen Leben hergestellt werden soll und hergestellt werden kann. Wir werden uns aber mit aller Schärfe dagegen zur Wehr setzen, wenn dieses Werk des Friedens von außerparlamentarischen Einflüssen, sei es von der einen, sei es von der andern Seite, gestört werden sollte.