Rede von
Dr.
Victor-Emanuel
Preusker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Seit zwei Jahren, seitdem dieses Gesetz beraten wird, hat sich durch die Reden der Opposition als Hauptanliegen wie ein roter Faden immer das eine hindurchgezogen: der Wunsch nach einer „Gleichberechtigung" von „Kapital" und „Arbeit". Wir haben uns von Anfang an mit aller Entschiedenheit gegen diese antiquierte These gewehrt und haben sie abgelehnt, weil sich für uns in den einzelnen Unternehmen und Betrieben nicht „Kapital" und „Arbeit", sondern nur Menschen gegenüberstehen.
Das „Kapital" ist und bleibt für uns nur die Arbeitsleistung früherer Perioden, die auch nur wieder von Menschen eingesetzt werden kann. Deshalb hat es sich für uns bei der Beratung dieses Gesetzes über die Betriebsverfassung immer nur um die Herstellung wirklich menschlicher und gesunder sozialer Beziehungen zwischen den an den verschiedenen Arbeitsplätzen eines Unternehmens Tätigen — ob Unternehmer, ob leitender Angestellter oder Arbeitnehmer an der Werkbank — gedreht.
Deshalb war für uns das Ziel nicht eine Gleichberechtigung von totem Kapital und menschlicher, lebender schöpferischer Arbeit, sondern für uns ist immer das Ziel die Herstellung einer echten Partnerschaft aller im Betrieb tätigen Menschen gewesen.
In dieser echten Partnerschaft von Menschen kann es sich aber immer nur um die Mitwirkung nach dem Maß der einzelnen Leistung und der einzelnen Verantwortung handeln. Diese Partnerschaft im Betrieb schließt für uns naturnotwendig jedes Hineinwirken dritter oder betriebsfremder Personen in irgendeiner Eigenschaft aus.
Für uns wird diese Partnerschaft aber durchaus nicht etwa mit dem Gedanken der Mitwirkung und Mitberatung nach dem Grad der Verantwortlichkeit beendet, sondern für uns steht das Ziel dahinter, daß auch dem Mitarbeiter im Betrieb, die Möglichkeit der Übernahme der vollen Verantwortung und des vollen Risikos durch Miteigen-
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 10295, 3. Abstimmung.
turn, durch Beteiligung am Aktienbesitz oder sonst irgendwie — das kann nach der Rechtsform verschieden sein — eröffnet wird.
Das Gesetz, das hier vorliegt, stand leider für uns von Anbeginn an noch zu sehr unter der antiquierten Vorstellung des Gegeneinanders von totem Kapital und lebendiger Arbeit. Wir haben unsere ganze Anstrengung in den Ausschüssen darauf angelegt, diese materialistischen, antiquierten Züge des Gesetzes zu beseitigen und es überzuleiten in die neue vom Menschlichen her bestimmte Ordnung zur Partnerschaft.
Das ist uns leider nicht ganz gelungen. Wir haben es auf dem Gebiet des „Personellen" zum Teil erreicht. Wir haben es auf dem Gebiet des „Wirtschaftlichen" zum größeren Teil erreicht.
Wir haben es ferner auf dem Gebiet der Ausklammerung von solchen Betrieben, bei denen die unmittelbare menschliche Beziehung nicht erst eines Vormundes bedarf, noch nicht ganz erreicht; aber .wir sind der Meinung, daß so wesentliche Fortschritte auf dem Wege der Neuordnung der sozialen Beziehungen im Sinne der Partnerschaft erreicht worden sind — das hat uns insbesondere auch die heftige Ablehnung von seiten der Opposition gezeigt —, daß wir glauben, daß die Chance eröffnet ist, diejenigen Verbesserungen, die wir in dieser Richtung noch für nötig halten, gerade erst durch das Wirksamwerden dieses Gesetzes in den Betrieben vollends zum Tragen zu bringen.
Unter diesem Gesichtspunkt sind wir bereit, einem auch noch unvollkommenen Gesetz, das gerade durch unsere Mitwirkung weitgehend in die notwendige Richtung der menschlichen Partnerschaft gebracht worden ist, unsere Zustimmung zu geben.