Die sozialdemokratische Fraktion hat einen Änderungsantrag eingebracht, und die Kollegin Kipp-Kaule hat in ihrer Begründung eben vorgetragen, daß die Frage des Mitbestimmungsrechts ein unteilbares Ganzes darstellt. Auf diesem Standpunkt stehen wir auch, und auf diesen Standpunkt kann_ sich nur derjenige stellen, der etwas von den Dingen in der Praxis versteht.
— Jawohl, darum eben, und ich glaube, daß es in der Regierungskoalition eine ganze Menge von Menschen gibt, die von diesen Dingen einfach nichts verstehen und die hier die Hand nur heben, weil vorne einer sitzt, der j a sagt.
Ich bin von meinen Freunden beauftragt, hier zu erklären, daß wir den Vorschlägen der sozialdemokratischen Fraktion mit einer Ausnahme zustimmen. Diese Ausnahme betrifft den Abs. '7, und wir machen sie aus den — ich unterstelle das — bekannten Gründen grundsätzlicher Art.
Aber ich benutze gern die Gelegenheit, zu diesem Paragraphen etwas zu sagen, um wiederum das zu entlarven, was heute ganz besonders betont in den Vordergrund gestellt worden ist. In dem Entwurf, der, wie ich heute morgen schon einmal gesagt habe, draußen diskutiert worden ist, steht in dem Abschnitt ,,Personelle Angelegenheiten": „Personelle Angelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind", und dann geht es weiter. Da wird gar nicht gesagt, daß diejenigen, die einem Betrieb mit weniger als 10 Beschäftigten angehören, bei diesen personellen Angelegenheiten gar nichts zu sagen haben.
Worauf ich hinweisen möchte, ist folgendes. Das, was draußen diskutiert worden ist, ist von Ihnen, der Sie doch angeben, Konzessionen machen zu wollen, um sich mit der Gegenpartei zu einigen, in der zweiten Lesung verschlechtert worden. Herr Dr. Schröder, es ist nicht besonders freundlich und nett von Ihnen, wenn Sie das zu leugnen versuchen. Herr Dr. Schröder, hier ist in der zweiten Lesung entschieden worden: in Betrieben mit in der Regel mehr als zehn wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Betriebsrat usw. Sehen Sie, Sie haben das in der zweiten Lesung schon verschlechtert. In dieser zweiten Lesung hat die Fassung noch gelautet: „mitzubestimmen". Aber zwei Ihrer Freunde wurden heute beauftragt, Anträge einzureichen, in denen diese Mitbestimmung einfach in Mitwirkung umgewandelt worden ist. Mitbestimmung und Mitwirkung sind jedoch zweierlei.
Ich brauche heute über diese Begriffe nichts zu sagen. In Umdruck Nr. 635 von Herrn Euler und in Umdruck Nr. 637 steht das Wort „Mitwirkung" drin; also eine weitere Verschlechterung. Man kann sich schlecht hier hinstellen und erklären, daß dieses Gesetz eine Verbesserung gegenüber dem
bisherigen Zustand bedeutet, wenn jeder in der Lage ist, nachzuweisen, daß das nicht der Fall ist. Ich will selbst noch einmal an die Ausführungen erinnern, die ich in der zweiten Lesung zu der Frage der Betriebsversammlungen gemacht habe. Sie können nicht abstreiten, daß es Unsinn ist, dem Betriebsratsvorsitzenden zuzumuten, die Versammlung zu leiten, d. h. sie zu eröffnen, sich selber das Wort zu erteilen, ein Referat zu halten. Sie haben aber zur dritten Lesung keinen Antrag gestellt, das abzuändern. Lesen Sie § 48 nach, da werden Sie das finden. Das ist doch Unsinn, und draußen werden Sie von den Betriebsräten nicht für voll angesehen.
In einer ganzen Reihe von Betrieben — ich will nicht immer auf das Kontrollratsgesetz Nr. 22 hinweisen — gab es Betriebsvereinbarungen, wo das personelle Mitbestimmungsrecht ganz konkret festgelegt worden ist. Ich will nicht von den Betriebsvereinbarungen sprechen, bei denen ich mitgewirkt habe, so z. B. bei der Demag, bei den Vereinigten Stahlwerken und auch bei den entflochtenen Werken. Ich gehe hier einmal auf eine Vereinbarung ein, die bei Krupp abgeschlossen worden ist, und zwar am 28. Juli 1947. Dort wird in § 13 gesagt: Einstellungen, Entlassungen, Beförderungen, Versetzungen usw. erfolgen mit Zustimmung des Betriebsrats. — Das, was bei Krupp vereinbart ist, wo man nicht sagen kann, daß die Kommunisten die Majorität im Betriebsrat haben, wollen Sie jetzt aus der Welt schaffen. Und dann stellen Sie sich hin und sagen, es sei keine Verschlechterung gegenden früheren Gesetzen. Es bedeutet eine wesentliche Verschlechterung. Ich biete mich an, kommen Sie zu mir oder kommen Sie zu irgendeinem meiner Freunde; wir setzen uns zusammen und gehen Paragraph für Paragraph durch. Ich weise Ihnen nach, daß in jedem Paragraph und in der Hauptsache in den Paragraphen, in denen das sogenannte Mitbestimmungsrecht niedergeschrieben steht, Verschlechterungen gegenüber der bisherigen Praxis in den Betrieben vorhanden sind, wobei es selbstverständlich Betriebe gibt, die jetzt auf Grund dieses Gesetzes mehr Mitbestimmung haben, vielleicht Betriebe, die weit draußen liegen, oder kleinere Betriebe. Das mag alles wahr sein, ich will das nicht bestreiten. Aber in der weitaus größten Zahl der entscheidendsten Betriebe, im Kohlenbergbau, in der Metallindustrie und in den öffentlichen Diensten, sind doch Verhältnisse, die zurückgeschraubt werden müssen, wenn dieses Gesetz Wirklichkeit wird. Wesentlich ist, daß Betriebsräte trotz dieser weitergehenden Mitbestimmung mit den Unternehmern zurechtgekommen sind. Das hat sich eingespielt, und das, was sich eingespielt hat, wollen Sie beseitigen. Ich frage mich nur immer: warum wollen Sie das beseitigen?
Wir haben in der zweiten Lesung den Antrag gestellt, § 90, glaube ich, zu streichen, der vorsieht, die Betriebsvereinbarung muß oder kann sofort innerhalb von drei Monaten gekündigt werden, wenn dies oder das und das vereinbart ist. Sie wissen, wir haben das beantragt. Ich frage mich nur immer: Warum wollen Sie das, was sich eingespielt und zur Zufriedenheit gearbeitet hat, beseitigen? Diese Frage stelle ich mir immer wieder, und da komme ich auf einen Nenner: Sie verfolgen damit einen Zweck. Es steht etwas bevor, was aus dem Schumanplan und aus dem Generalvertrag abgeleitet wird. Das steht bevor, und Sie treffen schon jetzt Vorsorge, denjenigen Fesseln anzulegen, die in den Betrieben bisher etwas zu sagen hatten.
Aus all diesen Gründen sind wir gegen Ihre Gesetze, gegen Ihre Paragraphen, und aus dem Grunde stimmen wir auch mit Ausnahme des Absatzes 7 für den Änderungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion.